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Unsere Universität hat eine ziemliche Zahl Studenten, man rechnet zwischen 1000 und 1100. Seit Hegel hier ist, scheinen die philosophischen Studien mehr Freunde zu finden, als leider bisher der Fall war, denn Solger hatte nie soviel Zuhörer und soviel Beifall, als seitdem, obgleich Hegel doch wohl ein zahlreiches Auditorium hatte. Es sind eine große Menge zum Theil noch sehr junger Docenten im philosophischen Fache hier, von denen einige z. B. Fichte, Ritter, Stiedenroth ein verdientes Glück bei den Studenten zu machen scheinen. Doch scheinen sie davon allein noch keineswegs leben zu können, indem das Ministerium mit freiwilligen Gratificationen (statt der Besoldung) von Zeit zu Zeit zutritt, um sie der Universität zu erhalten. Meistens lesen sie auch publica, um sich erst bekannt zu machen und sich nach und nach ein Auditorium zu bilden. Ueberhaupt glaube ich schwerlich, daß man auf einen großen Ertrag an Honorar bei diesen Vorlesungen rechnen dürfte. Es ist der ärmere Theil der Studenten, der sie besucht. Von dieser Seite kann ich Ihnen daher die Aussichten nicht sehr lachend darstellen. Dagegen werden Sie von Seiten der Facultät alle mögliche Bereitwilligkeit und Gefälligkeit finden. Es kommt bloß darauf an, daß Sie Ihre im Druck erschienenen Schriften als specimina, nebst lateinischem curriculo vitae und Doctordiplom, bei dem ebenfalls lateinisch zu verfassenden Gesuch um Zulassung als Privatdocent einsenden, um ohne Fehl sogleich die zustimmende Antwort zu erhalten. Dann würde nur noch eine deutsche Vorlesung in consessu facultatis, worüber nach Befinden nachher ein colloquium gehalten wird, so wie nachmals bei Anfang der Vorlesungen eine kleine lateinische Einführungsrede zu halten sein. Die Kosten betragen[273]10 Thaler Gold. Decan der Facultät ist jetzt Herr Professor Boeckh, an ihn ist das Gesuch einzusenden, doch an die Facultät zu richten. Es würde mir am zweckmäßigsten erscheinen, erst hierher zu kommen und dann alle diese Schritte zu thun, denn das Hin- und Herschreiben in solchen Angelegenheiten verzögert das Ende gewaltig.

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 8. Dezember 1819. Lichtenstein an Schopenhauer. Z_1819-12-08_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-4E37-D