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[50r]
Hochwohlgeborner
Höchstzuverehrender Herr Geheimer Staats Minister!

Ew Exzellenz werden gnädigst verzeihen daß ich nicht schon früher meinen ganz
unterthänigsten Dank, sowohl für die gütige Verlängerung meines Urlaubs
als auch für die neue {Unterstitzung} abgestattet habe. Ich würde es auch nicht
solange verschoben haben, wenn ich es nicht in der Absicht gethan hätte
um Ew Exzellenz etwas bestimteres über die hier anzufertigenden Arbeiten
sagen zu können, von welchen ich, da ich erst spät die Erlaubnüß erhalten, bis
jetzt erst die 13 Tänzerin und die 4 Centauren Gruppen aus Herkula[n]um
kopirt habe, wobey ich mich dißmahl der Oehlfarben bedient habe, weil ich
dadurch die Originale, welche mit Wachsfarben auf dunklen Grund gemahlt und
mit einem Firnüß überzogen scheinen, am genauesten nachzuahmen glaubte
besonders da ich die Kopien in der Größe wie die Originale gemacht, ohne das
[50v]geringste zu ändern oder zu ergänzen wie es bei den Kupfern in dem Werke
von Herkulanum geschehen ist, und wodurch soviel von der Originalität der
Figuren verloren gegangen ist, da man sich nicht einmahl die Mühe gegeben
hat die halbverwischten und schmutzigen Stellen genauer zu untersuchen
sondern wie die ganz verdorbenen willkührlich ergänzt hat. Meine zwahr
mühsamen aber auch ganz treuen Nachahmungen sind mir sogut gelungen
daß sie hier allgemeinen Beifall finden, und ich aufgefordert worden bin mehrere
derseleben zu mahlen und in Kupfer ste[c]hen zu lassen; ich werde dahero meinen
Aufenthalt hier möglichst verlängern; weil ich auch gern einige von den vortreff-
lichen Bronzen, die ebenfals in den Kupfern sehr schlecht wiedergegeben
sind zeichnen möchte.

Für Ew Exzellenz habe ich schon eine von den {Tänzerin} kopirt, und werde, sobald
ich die nachgesuchte Erlaubnüß erhalten, die schöne Leda, welche in Her-
kula[n]um
gefunden worden, und ohngefehr die Größe wie die Figuren in
der aldobrand: {Hochtzeit} hat, für Hochdieselben kopieren.

[51r]

Unter diesen Umständen werde ich wohl schwärlich vor {Weinachten} nach Rom
kommen, sosehr ich mich auch darnach sehne, besonders da ich durch einige Portraits
welche ich hier gemalt soviel verdient daß ich noch einige Zeit hier verweilen
kann, was mir sonst, ohnerachtet der gütigen Unterstützung Eines Hohen Mi-
nisterii
bei dem hier sehr teurem Leben nicht möglich gewesen wäre.

Da ich aber von der Portraitmalerei künftig wenig Gebrauch machen kann, wenn
ich die mir in Italien vergönnte Zeit gut benutzen, so unterstehe ich mich
Ew: Exzellen[z] zu bitten, mich förnerhin bei meinen Studien zu unterstützen;
so wie ich es auch wage, meine frühere Bitte um eine genauere Bestimmung
meiner künftigen Verhältnüße bei meiner Anstellung in Bonn zu
wiederholen, um meine Studien zwe[c]kmäßig betreiben zu konnen. Denn
ohnerachtet ich mich in dieser Hinsicht, nach dem mir vom Herrn Ober-Bau-
Rath Schinkel vorgeschriebenen Lehrplan richte, so arbeite ich doch immer
mit Ungewißheit, da ich nicht weiß ob derselbe beibehalten wird, da indem1 ich
[51v]auf mein Ansuchen, in dieser Beziehung zu Rom einige architektonische
Werke anschaffen zu dürfen keine Antwort erhalten habe. Eine gewiß-
ere Bestimmung meiner künftigen Verhältnüße würden gewiß einen
sehr günstigen Einfluß auf meine Studien in Italien haben, weßwegen
ich auf eine baldige Bestimmung derselben mit Sehnsucht hoffe. Und
indem ich mein künftiges Schicksahl Ew: Exzellenz Wohlgewogenheit, em-
pfehle habe ich die Ehre in tiefster Verehrung zu verharren

Ew: Excellenz ganz unterthänigster Diener
Joseph Raabe Zeichenlehrer
bei der Universität zu Bonn.
da indem]
CC-BY-NC-SA-4.0

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 28. November 1820. Raabe an Altenstein. Z_1820-11-28_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-3BA4-6