7. Luzerner Hörner und Mordnacht

Da die Schweizer aufstanden und zu Felde zogen gegen ihre Unterdrücker, gebrauchten sie allerlei Kriegsinstrumente. So hatten die von Uri einen Mann, den hießen sie den Stier von Uri, der blies ein mächtig Urhorn, das mit Silber beschlagen war; und wenn man einen Keil ins Mundstück schlug, konnte man auch daraus trefflich trinken. Die Luzerner brauchten eherne Hörner, wie die alten Römer gebraucht, die hießen sie Harschhörner, und die hatte ihnen König Karl verliehen, als sie mit ihm in der Roncevaller Schlacht gestritten, wo Held Roland fiel.

Zur Zeit, als die Schweiz sich erhob, gab es in Luzern eine Partei, die war noch gut österreichisch gesinnt, die erkannten sich an den roten Ärmeln, die sie an ihren Wämsern trugen. Die versammelten sich unter dem großen Schwibbogen an der Ecke der Schneiderzunftstube und verabredeten, daß sie um Mitternacht alle Eidgenössischen überfallen und morden wollten. Ein Bettelbube vernahm's, ward aber entdeckt und mit dem Tode bedreut, wenn er nicht schweige; mußte deshalb einen Eid schwören, niemand den Anschlag anzusagen. Der Knab' ging auf die Metzgerzunftstube, da zechten noch viele Gesellen, und der Knabe legte sich auf die Ofenbank und seufzte:


O Ofen, o Ofen, was muß ich dir klagen,

Wel ich's beim Ced sonst niemand darf sagen.

Die Landsknecht wollen, wenn's Zwölfe wird schlagen,

Alles morden und alles erschlagen.


Da horchten die Zecher hoch auf, und lief alsbald einer aufs Rathaus, ein anderer [21] zum Glöckner, daß er nicht Zwölfe anschlage, ein dritter und vierter und fünfter zu den Zünften, und kamen den Rotmänteln zuvor. Hernachmals ist das Bild des Knaben auf der Metzgerzunftstube hinter dem Ofen gemalt lange Zeit zu sehen gewesen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 7. Luzerner Hörner und Mordnacht. 7. Luzerner Hörner und Mordnacht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-20F5-0