[66] Eine trübe Stunde

Das hab' ich wohl erfahren
In manchen bitt'ren Jahren,
Es giebt für mich kein Glück!
Wo Andre Rosen brechen,
Mich nur die Dornen stechen:
So will es mein Geschick.
Nie streckt' ich meine Hände
Nach reichster Glückesspende,
Ich brauche wenig nur:
Ein freundliches Verstehen,
Ein geistiges Umwehen,
Und Trösterin Natur.
Allein: »du sollst entbehren,
Entbehrend dich verzehren!«
So sprach das Leben hart.
Was nützet eitle Klage,
Was nützet mir die Frage,
Warum dies Loos mir ward?
Ich gehe ruhig weiter,
Geduld ist mein Begleiter,
Ein kalter, trockner Freund;
[67]
Regt sich mein Geist zum Kämpfen,
Wird er den Aufschwung dämpfen,
Daß er sich selbst verneint!
Hebt Phantasie die Schwingen,
Entzückung mir zu bringen,
Die meine Sehnsucht stillt;
Flieh' ich zurück zur Wahrheit
Und seh' in bitt'rer Klarheit,
Es war ein täuschend Bild.
Ist's wahr, daß solche Seelen,
Die sich nichts mehr verhehlen,
Schon sind des Todes Raub –
Muß bald mein Geist entschweben,
Dies täuschungsleere Leben
Hinsinken in den Staub!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Büchner, Luise. Gedichte. Frauenherz. Spätere Tage. Eine trübe Stunde. Eine trübe Stunde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4647-6