Lysanders Antwort an Arismenen.

Warum wird die Frucht des Lebens
Schönster Engel mir versagt?
Lieb' ich denn so gar vergebens?
Darf kein Griff nicht seyn gewagt?
Heisset das schon übertreten
Wenn man nur die Frucht angreifft?
Sollen denn Egyptens-Ketten
Niemahls werden abgestreifft?
Soll ein steter Sclave bleiben /
Mein so sehr entbrannter Sinn?
[51]
Darf ich nicht die Finger treiben
An das Land der Lüste hin?
Kan man das wol dreiste nennen /
Was die treue Hand verübt?
Die zum Opffer sich verbrennen
Hat man jederzeit geliebt.
So kan auch mein Unternehmen /
Gar kein Trieb der Geilheit seyn;
Denn zum Opffer sich bequehmen /
Nimmt nicht lüstern Geister ein.
Ist es nicht des Schoosses Ehre?
Wenn sie krönet meine Hand /
Weil ich ihr gantz zu gehöre /
Grüsse ich das schöne Land.
Wo sind wo die zarten Wellen /
So des Lebens Perlen thaun /
Und der Wollust Lager-Stellen
Als in ihrer Schooß zu schaun?
Durch das Opffer treuer Finger
Wird kein Heiligthum beschmitzt;
So wird auch ihr Schooß nicht ringer
Wenn sie meine Hand beschützt.
Schützt den Eingang dieses Landes /
Hat ihr Mund ja selbst gesagt;
Ehrt man nicht die Pracht des Strandes /
Vor den man sein Leben wagt?
Sündigen denn meine Hände
Wenn sie ihr Gebote thun /
Und als eigne Liebes-Pfände
Bey des Schoosses Eingang ruhn?
Israel geht durch die Wüsten
Aus der strengen Dienstbarkeit /
Solte mich denn nicht gelüsten
Auch zu seyn in Sicherheit?
Ist nicht in den Rosen-Gründen
Amors liebster Ruhe-Platz /
Und die dunckle Grufft zu finden
So verwahret seinen Schatz?
[52]
Tausend Lüste / tausend Freuden
Wohnen in der Marmor-Schooß/
Und die Myrthen gleichen Heiden
Übergehn der Brüste Schloß.
Durch die Wüsten muß man gehen /
Wenn man will in Canaan /
Bey den Brüsten stille stehen
Nur zum Schein vergnügen kan.
Selbst die Seele kan es fühlen
Was sie da vor Lust geneußt/
Wenn sie kan daselbsten spielen /
Wo sie fast vor Lust zerfleußt.
Jene gingen durch die Wüsten /
Und durchs grosse rothe Meer
So macht meine Hand vom Brüsten
Sich durch Wüsten leer.
Zwar ich wil die schönen Ballen
Ihrer Brüste nicht verschmähn /
Aber durch die Wüsten wallen
Läßt weit grösser Anmuth sehn.
Wo ist wol der Wollust Garten
Ist es nicht die schöne Schooß?
Wo Lust und Ergötzung warten
Nur zu werden Zügel loß.
Und ist nicht die Schooß die Stelle?
Die uns alle Anmuth zolt/
Ist sie nicht die Feuer-Quelle?
Daraus AEthna Flammen hohlt.
Sie ist Pharos, Port und Leuchte /
Und das schöne Morgen-Land /
Ihre angenehme Seichte
Macht den Glückes-Strand bekandt.
Ihre duncklen Opffer-Hallen /
So ein Mirthen-Wald umgiebt /
Sind gezieret mit Corallen /
Deren Schmuck ein jeder liebt.
Marmor / Myrthen und Rubinen
Sind der Zierath ihrer Schoß /
[53]
Selbst die Anmuth muß ihr dienen /
Das Ergötzen macht sie groß.
Drum mein Engels-Kind vergönnet
Meiner Hand den Kröhnungs-Griff /
Gebt zu / daß man sie erkennet
Vor Dionens Muschel-Schiff.
Denn / als die kahm aus den Wellen
Schloß sie eine Muschel ein /
Dieses dadurch fürzustellen /
Daß sie solte heilig seyn.
Ja! ihr Ansehn zu vermehren
Ist sie in die Schooß gesetzt /
Will ich sie nun nicht verehren
So ist Cypris Recht verletzt.
Dieses heist die Muschel kröhnen
Als ein Opffer mit der Hand /
Und nennt jenes ein Verhöhnen /
Wenn man ihr den Dienst entwandt.
Drum / ihr Zierath aller Schönen /
Zürnet nicht mit eurem Knecht /
Wenn er eure Muschel kröhnen
Wollen nach der Venus Recht.
Werfft die Schaam mein Engel nieder /
Und seyd doch so spröde nicht /
Da dem Zierath eurer Glieder
Gar kein Überlast geschicht.
Jene Freyheit meiner Hände
Wird gantz unrecht ausgelegt;
Indem ich mich euch verpfände
Es der Geilheit Nahmen trägt.
Nicht zu strenge / hegt erbarmen /
Schliest den Freudeu-Ort nicht zu /
Sonsten raubt eur Zorn mir Armen
Meiner matten Geister Ruh.
Brüste heissen Sodoms-Früchte /
Die im Schauen lieblich sind /
Aber ein vergnügt Gerichte
Man an ihrer Muschel findt.
[54]
Nicht zu strenge Arismene!
Ach / hegt doch Barmhertzigkeit /
Seyd so gütig / als ihr schöne /
So wird meine Brust erfreut.
Warum soll ich denn verderben /
Und im Feuer untergehn?
Bald im kalten Eyse sterben
Und mich stets gequälet sehn?
Führet meine treuen Sinnen
In den angenehmen Port /
Daß sie freudig sagen können /
Dieses ist der schöne Ort:
Da man kan in süssen Lüsten
Und in Anmuth truncken seyn;
Denn man schmecket bey den Brüsten
Allezeit gemischten Wein.
Was ist sonst der Lüste-Quelle?
Als ihr Schooß mein Engels-Kind /
Und die freuden-volle Stelle?
Da man Lebens-Stärckung findt.
Alle Tage sich von neuen
Da ein neu Ergötzen regt /
Und der rechte Liebes-Reyen
Wird in einer Schooß gehegt.
Nun weiß ich / daß Arismene,
Ihr mirs ferner nicht versagt /
Daß ich eure Schooß bekröne /
Da es Jdalis behagt.
[55]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Celander (auch Johann Georg Gressel). Gedichte. Celanders Verliebte- Galante- Sinn- Vermischte und Grab-Gedichte. Lysanders Antwort an Arismenen. Lysanders Antwort an Arismenen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4B48-D