Schuldigste Seufftzer und Wünsche, als Se. ChurFürstl. Durchl. auß Dero Hertzogthum Preussen in Dero andere Erbländer sich begeben

den 15. May 1646.


Ihr Seufftzer hier im Lande,
Ihr Trähnen in gemein,
So viel auß jedem Stande
Nur auffzubringen seyn,
Sucht jetzt vor Gott zu schweben,
Bringt aller Hertz vor Ihn,
Der ChurFürst, unser Leben,
Wil numehr von uns ziehn.
Sein Vorsatz muß nur walten,
Ja keine Bitt hat Macht
Ihn länger an-zu-halten,
Er giebt uns gute Nacht,
Verlässt den edlen Pregel
Und diesen fruchtbarn Ort,
Sein Volck geht theils zu Segel
Und theils zu Lande fort.
Ich seh' auch unsre Frewde
Und Zuflucht mit Ihm gehn,
Wir werden stets in Leide
Und tieffem Trawren stehn.
Kein Heerpauck wird nun kingen,
Der zwölff Trompeten Schall
Wird nicht, wie vormals, dringen
Durch Städte, Berg' und Thal.
Des Schlosses Pracht, die Dächer
Empfinden jetzund Pein,
Die Fürstlichen Gemächer
Nimmt Staub und Grawen ein,
Der Mey ist selbs, von wegen
Des Auffbruchs, Kält und Wust,
Und wil durchauß nicht hegen
Gewünschte Vorjahrslust.
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O fasst recht zu Gemüte,
Wer jetzund von uns eilt,
Durch welchen alle Güte
Von Gott uns wird ertheilt.
Wer ist für Elend, Trawren,
Angst, Schrecken und Beschwer
Uns hohe Wäll' und Mawren?
Der Höchste nur und Er.
Gleich wie uns hie bestämmet
Der Nehrung wilde Höh,
Sonst würden wir verschwemmet
Von strenger Fluth der See,
So ist auch unsern Sachen
Er einig Schutz und Rhue,
Sonst schlügen alle Wachen
Des Jammers auff uns zu.
Wer Andacht hat zu behten,
Reich, Arm, sampt Jung und Alt
Komm' jetzt vor Gott getreten,
Und öffn' Ihm mannigfalt
Die heimlich' HertzensPforten,
Der kleinen Kinder Schaar
Soll mit zerbrochnen Worten
Ihm klagen die Gefahr.
Man hört die Rede fliegen,
Da aber Gott vor sey,
Der Nort woll' uns bekriegen,
Wer steht uns Armen bey
In diesem schweren Stande?
Was Schutz wird uns gewehrt,
Wann unser Haupt im Lande
Sich auch nun von uns kehrt?
Bleib hie, O Liecht der Erden,
Schaw, in was Angst wir seyn,
Daß wir getröstet werden,
Laß Dich erbitten! nein.
Dein Erbe thut imgleichen
Zu ängstiglich nach Dir,
Und wil für Furcht erbleichen,
Dieß reisset Dich von hier.
Du magst, O Held, wol sagen,
Daß deiner Herrschafft Last
Kaum müglich Dir zu tragen,
Wenn kriegstu doch wol Rast?
Wenn kanstu dich ergetzen?
Das Glück muß jederzeit
An deine Länder setzen
Mit Zorn und Grausamheit.
Du bist in solchen Jahren,
Da lauter Lieb und Lust
Dir solten wiederfahren,
So ist Dir nichts bewust
Als Arbeit, Sorg und Wachen;
Ist dieß Dein hoher Standt?
Ist es mit ewren Sachen,
Ihr Fürsten, so bewandt?
Wer so Euch an wird schawen,
Nicht Ewrer Hoheit Zier,
Wie soltt' ihm doch nicht grawen
Ein Herr zu seyn, wie Ihr?
Wol, daß die Sorgen wohnen
Versteckt in grossen Schein,
Sonst würden Pracht und Krohnen
Oed' und verlassen seyn.
Gott wolle ja Dich stercken,
Daß Du, des Himmels Lust,
Magst seinen Beystandt mercken
In allem was Du thust,
Er setze Ziel und Grentzen
Des Glückes Tyranney,
Daß deines Lebens Lentzen
Es nicht zu mächtig sey.
Und weil Du denn must scheiden,
So müsse Dich kein Fall
Und keine Noht beleiden,
Fahr glücklich überall,
Gott nehme Dich in Segen,
Des Himmels Auffsicht thue,
Herr, über deinen Wegen
Und Dir kein Auge zu.
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Es müssen Lieb' und Lachen,
Rhue, Gnüg' und Freundlicheit
Dich überall bewachen,
Die liebe Vorjahrs-Zeit,
So biß anher gewesen
Kält, Ungemach und Pein,
Sol Dir jetzt außerlesen
Warm, hell' und lieblich seyn.
Und schaw, das schöne Wetter
Nimmt deiner Reiß' auch war,
Der Wald gewinnet Blätter,
Die Bäche rinnen klar,
Dir hat zu Lust und Frommen
Der Monden Printz, der Mey,
Den Mantel umbgenommen
Von Farben mancherley.
Die Heerd' und Hirten springen,
Man hört umb Berg' und Thal
Die süssen Vögel singen,
Vorauß die Nachtigall
Sitzt auff begrünten Zweigen,
Hebt ihre Stimm' empor,
Und thut es allen Geigen
Und Lauten weit zuvor.
Dir wird mit schönen Flüssen
Des Nagots klare Flut
Sich legen zu den Füssen,
Der Weichsel Ubermuth
Wird Dir geneigt sich zähmen,
Dich, unser thewres Pfandt,
Sanfft in die Arme nehmen
Und setzen an das Landt.
Wie wird dich doch empfangen
Die Marck, dein Ankunfft-Hauß!
Berlihn sieht mit Verlangen
Zu allen Fenstern auß,
Das Feld wird Rosen schwitzen
Erfüllt mit Fruchtbarheit,
Cüstrihn und Spandaw blitzen,
Und alles seyn erfrewt.
Sind wir bey Gott in Gnaden
So wird es, Herr, geschehn,
Daß wir gefernt von Schaden
Dich frölich wiedersehn.
Fahr glücklich und in Frieden!
Sey von uns mit Gesicht
Und Leibe zwar geschieden,
Doch mit dem Hertzen nicht.

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Schuldigste Seufftzer und Wünsche. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-663F-F