Ludwig Ganghofer
Der Herrgottschnitzer von Ammergau
Volksschauspiel in 5 Aufzügen

Personen

[3] Personen.

    • Anton Höflmaier, genannt »der Klosterwirt«.

    • Loni, seine Pflegetochter.

    • Fritz Baumiller, Landschaftsmaler.

    • Die Lohner Traudl.

    • Pauli, ihr Sohn.

    • Der Röthelbachbauer.

    • Muckl, sein Sohn.

    • Der alte Pechlerlehnl.

    • Der Lehrer.

    • Der Huberbauer.

    • Der Schneiderjackl.

    • Der Kramerlenz.

    • Der Hochzeitlader.

    • Die Schmiedin.

    • Nandl,
    • Stasi,
    • Modei,
    • Franzl, Sennerinnen.

    • Loisl, der Gaisbub.

    • Resl, Kellnerin.

    • Die Brautmutter.

    • Regerl, Hochzeiterin.

    • Toni, Hochzeiter.

    • Kaspar, Holzknecht.

    • Moni.

1. Akt

1. Szene
1. Scene.
Wirt. Lehnl. Pauli. Traudl.

WIRT
steht im Hintergrunde am Fenster.

Dank' schön! Dank' schön! Laßt's es jetzt nur gut sein und jub'lt's net z' früh'! Es könnt' leicht sein, daß euch später reu'n thät'.

LEHNL
sitzt am Ofen und schneidet Spähne.

A bah! Wär's denn schon dag'wes'n, daß a Bauer 'was in' Himm'l g'hob'n, was er später in d' Höll g'worf'n hat.

WIRT.
Du hast halt all'weil a Schandmaul!
TRAUDL
sitzt mit Pauli vorn am Tische links.
Und das bringt er auch kaum mehr an, bis ihn net ein grab'n.
[5]
WIRT
auf Traudl zugehend.

Ja seid ihr auch da; hab' euch vor lauter Gregori gar net g'seh'n! Na, wie steht's denn mit mei'm Herrgott, Pauli?

PAULI.
Der is schon fertig. I hab' ihn da!
WIRT.

Nachher is recht! Wart' an Aug'nblik, i heb' nur mein Feiertagg'wand auf, dann bin i gleich wieder da! Ab nach links.

TRAUDL.

Hab' mir's heut' wieder 'denkt, wie i in Ettal g'wes'n bin und die Muttergottes so betracht' hab; a solche wenn halt mein Pauli mach'n könnt'!

LEHNL.

Laß dir nur Zeit! Unser Herrgott hat ja auch z'erst's Mandl g'macht, dann hat er erst d' Eva g'schnitz'lt.

TRAUDL.
Du Schwatzer!
LEHNL.
So laß mi schwatzen, i hab' ja sonst auch nix z'thun. Mi bring'n meine Füß' nimmer nach Ettal.
TRAUDL.
Aber in's Wirthshaus bring'n's di 'nein!
LEHNL.
Da geh'n's von selber.
[6]
TRAUDL.
No wart' nur, nachher werd'n's di schon auch amal in d' Höll' 'neintrag'n.
LEHNL.
Ah na! der Teuf'l holt kein' mehr. Es is ihm d' Arbeit z'viel und von selber komm' i net.
PAULI.
Hast nachher für mi auch 'bet' in Ettal, Mutterl?
TRAUDL.
Für was geh' i denn wallfart'n, als daß du amal g'scheidt werd'n sollst.
PAULI.
Bin denn i dumm?
TRAUDL.

No – mit deiner dalket'n Lieb', das wird wohl net g'scheidt sein. So a Narretei, die kein' Heimat hat und kein Abseh'n! Wie oft hat dir d' Loni schon 'zeigt, daß dir nix will, und doch gehst all'weil wieder her und schmachst 's Mad'l an, wie a Kuh 's neue Stad'lthor.

PAULI.
Schau, Mutterl, da verstehst du nix davon.
TRAUDL.

Wenn i auch jetzt nix mehr davon versteh', so hab' i doch amal 'was davon verstand'n. Und das wird jetzt [7] noch g'rad so sein, als zu meiner Zeit. Da wird wohl der Teuf'l net auch sein' Fortschritt 'nein 'bracht hab'n.

PAULI.

Ereifer' di net, Mutterl, i weiß ja doch, daß du's gut meinst mit mir; und dein Bet'n wird wohl auch für 'was gut g'wes'n sein.

TRAUDL.

Das will i hoff'n! Brauchst aber net z'glaub'n, daß i g'rad für di allein 'bet' hab'. Wenn i schon amal nach Ettal geh', so hab' i gar viel am Herz'n! da bet' i für die Armen und Unglücklich'n –

LEHNL.
Vergelt dir's Gott!
TRAUDL.
Was denn?
LEHNL.
Daß du an mi auch denkt hast!
TRAUDL.
An di? Ja g'hörst denn du zu den Unglücklich'n?
LEHNL.
No, i werd' wohl dazu g'hör'n, wenn i die ganze Zeit dein dalket's G'schwatz anhör'n muß.
TRAUDL.

O du Nixnutz, du heilloser! Du hast's notwendig, wo man di so wie so zu nix mehr brauch'n kann als zum Spahnschneid'n.

[8]
LEHNL.

Schimpf' net über mein G'schäft; denn dein Bua, der Herrgottschnitzer und i, wir hab'n 's gleiche Metier und der einzige Unterschied is nur der, daß er krumm in's Holz 'nein schneid't und i g'rad.

TRAUDL.
Aber Schait'n macht's alle zwei!
LEHNL.
Jetzt bist du die G'scheidtere; weil auch so a Schait'n bist.
TRAUDL.
Was, i?
LEHNL.

Ja, du! Sixt, d' Schait'n sind akurat wie d' Mensch'n; die einen sind weich und klieb'n sich so leicht, daß blos a Druckerl brauchst, nachher hast es; die andern sind dir aber schon so hart, zäh und pechig, da kannst g'rad druck'n, was du magst und sie geh'n dir doch net von einander – dabei schneid'st di diemal noch in' Finger auch!

TRAUDL.
Was du aber g'studiert daher red'st!
PAULI.
Er hat ja selber so 'was von ei'm pechig'n Schait'l an ihm!
[9]
LEHNL.
Warum i?
PAULI.

I mein' halt, weil du gar so zäh an der Loni hängst! Euch zwei könnt' man auch schwer auseinander bring'n. Bist ja ihr leibhaftiger Schatt'n. Wo 's Deand'l is, bist du auch!

LEHNL.

Meinst? No, und wenn's so wär', dann hätt' i ja noch 'was mit dir g'mein. Es ist wahr, i häng' am Mad'l, und 's Mad'l vielleicht auch a bisl an mir. Bei dir aber is das Hängets blos einseitig.

PAULI
seufzt.
Ja, leider!
LEHNL
kommt näher.

Sixt, Pauli, i verarg' dir's auch gar net, daß du so seufz'n thust und am End' gar eifersüchtig bist auf mi – is ja kein Wunder. Wenn das Deand'l anschaust, wie's ihr Köpferl so aufwirft und so lieblich d'rein schaut mit ihre Haselnußaug'n, da meinst g'rad, 's Hirn wird dir siedet – dabei hat's a seelengut's Herz und is lieb und freundlich mit jedem Menschen. Das Madel kommt mir g'rad vor wie d' Sonn', die scheint auch unverdroß'n auf a Ros'n wie auf a Brenneß'l.

2. Szene
[10] 2. Scene.
Vorige. Wirt.

WIRT
zu Pauli.
Na also, wo steckt mein Herrgott?
PAULI.
Auf'm Schänkkast'n liegt er drob'n! Steht auf, langt ein Paket herunter und wickelt es auf.
LEHNL
zum Wirt.

Zu was brauchst jetzt du noch an Herrgott? Den Bürgermeister möcht' i kennen, der sich net selber für an Herrgott hält.

TRAUDL.
Scham' di, solche Red'n z'führ'n!
LEHNL.
I hab' mi schon g'schamt g'nug in mei'm Leb'n. Jetzt is mir nimmer der Müh' wert.
WIRT
der unterdessen das von Pauli ausgepackte Crucifix betrachtet hat.
Schön hast dein' Sach' wieder g'macht! Bin z'fried'n! Und was is nachher d' Schuldigkeit?
PAULI.
Das steht bei dir! Zahl' was du magst! Und wenn du nix hergibst, nachher is auch recht!
WIRT.

Jetzt das gibt's net! Da setz' di nieder und laß dir a frische Maß einschänk'n; das Andere werd'n wir nachher schon krieg'n. He! Resl! Wo steckt denn das Deand'l wieder?

3. Szene
[11] 3. Scene.
Vorige. Resl.

RESL
tritt ein.
Bin schon da, Wirt! Wo brennt's denn? Da möcht' man glaub'n, d' Stub'n wär' voller Leut'.
WIRT.
Wo hast denn g'stekt?
RESL.

Der Loni hab' i koch'n helf'n. Wenn der Herr Fritz z' Haus kommt, wird er wohl spür'n, daß er an Mag'n hat.

WIRT.
Dem Pauli schänk' a Maß ein!
RESL.
Das hätt' doch wohl net so pressirt. Es is noch Niemand verdurst' bei uns. Geht ab.
WIRT.
Sei net so g'schnappig und thu, was i dir sag'!
TRAUDL
hat sich unterdessen zu Lehnl an den Ofen gesetzt.

Gelt der Maler, der Herr Fritz is schon wieder da? Is mir doch g'wes'n, als ob i ihn in Ettal g'seh'n hätt'.

LEHNL.

No freilich! Der is für 's Dorf die reinste Fruhjahrsschwalb'n. Kaum daß die erst'n Blatt'ln 'rausschau'n, fliegt er schon 'rein – und so seit a zwanzig Jahr!

TRAUDL.
Is kennt ihn aber auch Alles und a Jedes hat ihn gern!
[12]
LEHNL.
Das macht, weil er mit den Bauern umgeh'n kann, als ob er selber einer wär'.
TRAUDL.
Und red'n thut er dir g'rad wie unsereins.
4. Szene
4. Scene.
Vorige. Fritz Baumiller.

BAUMILLER
ein Mann in den fünfziger Jahren in halb ländlicher Tracht.
Gut'n Abend bei einander!
ALLE.
Gut'n Abend!
WIRT.
Grüß Gott, Herr Baumiller! Sind's fisch'n g'wes'n?
BAUMILLER.
Na, heut hab' i's amal probirt, ob i noch zeichnen kann. I war in Ettal.
TRAUDL
zu Lehnl.

Sixt es, daß i recht g'seh'n hab'; das is a braverer Mann als du, der geht bet'n. Hab' ihn in der Kirch' drin' g'seh'n.

LEHNL.
Hätt' eher denkt im Wirtshaus!
TRAUDL.
Was thät' denn i im Wirtshaus?
[13]
LEHNL.
Was halt ander' Leut' drin thun: eß'n, trink'n und recht g'scheidt red'n.
BAUMILLER
zum Wirt.

Auf'm Mühlberg hab' i heut' a Platz'l g'fund'n, das mal' i heuer. Und demnächst, Pauli, mußt du mi am Sonnenberg führ'n. Das is der einzige Punkt in der Gegend, von wo i noch net 'runterg'schaut hab'.

PAULI.
Recht gern! Mit Ihnen ging' i in d' Höll' auch, wann's sein müßt.
RESL
kommt von rechts mit zwei Bierkrügeln.
Gruß' Gott, Herr Fritz! Hab' Ihnen auch gleich a Halbe mit'bracht, weil i Ihnen hab' kommen seh'n.
BAUMILLER.
Hast recht g'habt, Resl! Thu mir B'scheid.
RESL
trinkt.
G'segn's Gott Zu Pauli. Da – du – hast dein Bier!
BAUMILLER.
Und wie steht's nachher mit dem Ess'n, Mad'l? I hab' an kanibalisch'n Hunger.
RESL.
A Bünd'l Moosschnepf'n wär' da; hat's der Jagdg'hilf' erst vor einer Stund' 'bracht.
[14]
BAUMILLER.
Her damit!
RESL.
D'Loni macht's g'rad z'recht. Wenn's fertig sind, bring' i's gleich. Rechts ab.
BAUMILLER
indem er sich eine Cigarre anzündet.
Also, Pauli, wann steig'n wir 'nauf am Sonnenberg?
PAULI.

Von mir aus gleich morg'n! Mein Herrgott hab' i fertig. Jetzt könnt's mi alle Stund' hab'n. Ist an Baumillers Seite getreten und hat in dessen Skizzenbuch geblättert. Wenn i nur auch so zeichnen könnt' wie Sie!

BAUMILLER.
's Talent hast a; brauchst di nur fleißig z'üb'n.
WIRT.
Das sag' i auch! Da schaut's nur g'rad den Herrgott an, den er mir wieder g'schnitz'lt hat.
BAUMILLER
betrachtet das Crucifix mit steigendem Erstaunen.
Das hast du g'macht! Es ist fast net zum glaub'n! Sag' amal, Bua, wo hast denn du das her?
LEHNL.
Er is ja a Ammergauer – und in Ammergau kommen die Buab'n schon als Herrgottschnitzer auf d' Welt.
[15]
BAUMILLER.

Sünd' und Schad' is, wenn du mir net folgst und mit mir net in d'Stadt gehst, um di ausz'bild'n! Schau' nur einer amal die Stellung der Muttergottes an. Wie schön die Arm' g'macht sind, so ungezwung'n – a wahr's Räts'l, wie du das anstellst.

PAULI.

No mein, a Räts'l is das net! Habt's ja vorhin selber g'sagt, i soll mi fleißig üb'n. I hab' lang g'nug d'ran 'rumprobirt, bis i's so z'samm'bracht hab'.

BAUMILLER.
Du mußt doch a Vorbild g'habt hab'n!
PAULI.

A Vordild! Du mein, i hab' mir halt d'Loni vorg'stellt, wie's so dasteht und mit den zwei Händ' den Millikübel am Kopf hebt.

BAUMILLER.
So, nach dem Modell arbeitest du? D'rum hast auch das feine G'sicht'l so 'rausg'schnitt'n.
LEHNL
der näher gekommen ist und das Muttergottesbild betrachtet hat.
Meiner Seel', das is ja d' Loni, wie's leibt und lebt.
BAUMILLER.
Du hast den Nagel am Kopf 'troffen.Ruft gegen die Thüre. Loni! Loni! Komm amal 'rein!
WIRT.
Seid's so gut, macht's mir mein Deand'l auch noch rebellisch.
5. Szene
[16] 5. Scene.
Vorige. Loni.

LONI
tritt unter die Thüre rechts.
D' Schnepf'n sind noch net fertig, Herr Fritz!
BAUMILLER.
Die pressir'n auch net! Aber da geh' amal her! Geh' nur her!
LONI
erstaunt.
Was wollt's denn?
BAUMILLER
zieht sie nach der Mitte.

So geh' nur g'rad her und paß' auf! Er stellt Loni in die Mitte des Zimmers, läßt sie die Arme erheben in der Art wie die Maria unter dem Kreuze und sieht mit lebhafter Verwunderung vom Schnitzwerk auf das Mädchen und vom Mädchen auf das Schnitzwerk.

LONI
will die Arme sinken lassen.
Aber –
BAUMILLER.
Bleibst gleich steh'n!
LEHNL.
Wie g'sagt, die ganz' Muttergottes, auf und nieder!
LONI
noch immer in der Stellung.

Aber – wie kann man denn nur so an Vergleich anstell'n. Das is ja a Sünd'! Läßt die Arme wieder sinken.

[17]
BAUMILLER.
Aber so bleib' doch!
LONI.
I mag net; das is mir z'dumm. Will abgehen.
BAUMILLER.
No, so schau' amal selber! Hält ihr das Crucifix entgegen.
LONI
nach kurzem Betrachten, wegwerfend.
Wer hat denn das g'macht?
BAUMILLER.

Wie magst da noch frag'n? Is denn im gang'n Gebirg einer, der so 'was fertig brächt', wenn net der Pauli?

LONI.
Eigentlich hätt' i mir's denk'n können, daß sonst kei'm so 'was dumm's einfallt, als dem.
PAULI.

No, no; 's wird ja wohl kein so groß' Unglück sein. I hab' mir halt 'denkt, wenn man a Arbeit thut, so soll man's net blos mit der Hand thun, sondern man soll auch im Kopf' an Begriff davon und im Herz'n a Lieb' dazu hab'n.

LONI.

Und weißt, was i mir denk', es könnt' dir 'was G'scheidter's in' Sinn kommen, als daß du all'weil mi hast – i brauch' mi net von dir ausschnitz'ln z'lass'n!

[18]
PAULI.

Wann i g'wußt hätt', daß dir's net recht wär', oder di gar verschmach'n thät', nachher hätt' i's eh' net 'than. Wirt! Schieb' ihn in 'Of'n 'nein, ich mach' dir an andern!

WIRT.
Was dir net einfallt. Der kommt da 'nauf in's Eck und kein anderer.
BAUMILLER.
Das will i auch hoff'n, denn der Christus da is a Meisterstück!
LONI.
A Meisterstück! Das is zum Lach'n!
BAUMILLER.

Ja, a Meisterstück, das mi auf's Neu' wieder anspornt, mit dem Pauli ausz'führ'n, was i längst im Sinn' trag'.

LEHNL.
Ausbild'n lass'n? Gelt? Ja.
PAULI.

Schau', Loni, wenn du schon dein' Uebermuth auslass'n willst an mir, so thu's in Gott's Namen. Wann aber nur net noch amal a Zeit kommt, wo's di reut.

LONI.
Da müßtest schon du z'erst a anders Mannsbild werd'n, sonst erlebst es schwerlich!
[19]
WIRT.
Müßt ihr jetzt all'weil wie Hund und Katz' aufeinander sein?
PAULI.
I beiß' doch g'wiß net!
LONI.

Das muß wahr sein, denn zum Beiß'n g'hört vor allem a Schneid' – und das Wört'l steht in dei'm Katechismus net!

BAUMILLER.
Glaubst du, Loni, daß i mit eurem Disputat' was z'ess'n krieg?
LONI.
Habt's Recht, Herr Fritz! Soll i euch wieder in der Kuch'l anricht'n?
BAUMILLER.
Ja – am Katzentisch'l.
LONI.
Kommen's nur mit, nachher werd'n wir's gleich hab'n! Ab.
BAUMILLER.
Also, Pauli, morg'n früh' holst mi ab! Nachher geht's auf'n Sonnenberg. Ab.
PAULI.
Is recht!
6. Szene
[20] 6. Scene.
Pauli, Traudl sitzen wieder an ihrem Platze, Lehnl am Ofen. Wirt liest im Hintergrunde an einem Tische die Zeitung.

TRAUDL.

Es is a Glück, wenn du wieder amal auf an Berg 'naufgehst, nachher kriegst doch wieder an andern Gedank'n. Der ewige Daunderlau'n führt doch zu nix. Hint und vorn' halt di 's Deand'l für an Narr'n und macht di vor alle Leut' spöttisch.

PAULI.
Sie meint's net so!
TRAUDL.

Jesses, jesses! Sie meint's net so! Da möcht' i mi doch gleich bucklig lach'n. Is dir das noch net g'nug? Willst noch mehr Schand' und Spott auf di bring'n? Wenn du jetzt g'scheidt bist, so gehst mit mir heim und laßt den Findling geh'n, von dem man net amal weiß, ob er an Vater oder a Mutter g'habt hat.

PAULI.
Geh' nur aweil voraus, i hab' mit 'm Lehnl noch a Wört'l z'red'n.
TRAUDL.

Ja, ja, halt' di nur an' Lehnl! Das is erst der wahre! Der streicht dir den Butter schön 'nauf auf's Brod – und ess'n thut er's nachher selber. B'hüt' di Gott, Wirt! Werd' fein net stolz jetzt als Bürgermeister, [21] daß du einen am End' gar nimmer kennst, wenn man 'rein kommt zu dir.

WIRT.

Mußt hall net z'lang ausbleib'n, sonst könnt's leicht sein, daß mi der Hochmutsteuf'l packet! B'hüt di Gott!

TRAUDL.
B'hüt' di Gott! Geht ab und stößt unter der Thüre auf den Röthelbachbauer.
7. Szene
7. Scene.
Wirt. Lehnl. Pauli. Röthelbachbauer, dann Loni.

RÖTHELBACHBAUER.
Hab' i doch 'glaubt, da müßt's fidel zugeh'n, beim neuen Bürgermeister?
WIRT.
Nur 'rein da und mach' du den Anfang.
RÖTHELBACHBAUER.
Kreuzfax'n! Da is ja so stad, als ob einer 'rausg'storb'n wär'!
WIRT.
Resl, a Maß!
RÖTHELBACHBAUER.
Ja, Lehnl, bist auch da! Was treibst denn all'weil?
LEHNL.
Flieg'n fang' i, damit's kein' Bauern stech'n!
[22]
LONI
tritt ein.
Grüß' di Gott, Bachbauer!
RÖTHELBACHBAUER.
Auch so viel Loni! Wirst es jetzt hoch geben als Bürgermeisterstochter.
LONI.

Das is g'wiß. Sixt mir denn net an, Stellt sich auf die Fußspitzen. daß i schon um zwei Schuh höher word'n bin!

RÖTHELBACHBAUER.

Schau – der Pauli is auch da! Was hast denn, machst ja an Kopf, als ob dir der Bader Zähn' g'riss'n hätt'!

WIRT.
Jetzt das ließ' i mir doch net g'fall'n.
RÖTHELBACHBAUER.
Du, Höflmaier, mit dir muß i heut' noch 'was in's Reine bring'n.
WIRT.

Was du net sagst; machst mi ja ordentlich neugierig. Die beiden setzen sich vorne rechts an einen Tisch zusammen.

LEHNL
zu Loni, die mit ihm im Hintergrunde Platz genommen hat.
Hätt'st es net thun soll'n, daß den Pauli so abg'schnalzt hast.
LONI.

Ja aber sag' amal selber! Is das net a Mannsbild wie von lauter Semmelbrös'l. A and'rer hätt' sich halt g'wehrt und hätt' g'sagt, i kann d' Muttergottes schnitz'ln, wie i mag und di geht's nix an! Was hat [23] er aber 'rausdalkt? In langweiligem Tone. Ich mach' dir halt nachher a and're. Is das a Antwort für an Buab'n? Und dann braucht's es halt doch net, daß er g'rad mi zu so 'was hernimmt.

LEHNL.

No wart' nur, er thut dir schon noch amal 'was an. Z'nächst schnitz'lt er dem Teuf'l sein Großmutter, nachher nimmt er auch di als Muster.

LONI.
Jetzt das thut der Pauli doch net!
WIRT
zum Röthelbachbauer, der die ganze Zeit leise in ihn hineingesprochen hat.

Ja, wenn d' Loni mag, mir is recht. Sind war schon viele Hochzeiter dag'wes'n und bei kei'm hat's an'biß'n –

RÖTHELBACHBAUER.
Aber einer wie mein Muckl halt doch net.
WIRT.
No, das werd'n wir gleich hör'n! Loni! Geh' amal her!
LEHNL
halb für sich.

I glaub' gar, der Bauer is auf B'schau da! Er setzt sich zu Pauli an den Tisch und folgt aufmerksam dem Gespräche.

LONI.
Was soll's, Vater?
[24]
WIRT.
B'scheid sollst geb'n, der Röthelbachbauer will di als Schwieger.
LONI.
Mi? Lacht hell auf.
RÖTHELBACHBAUER.

Wenn's di gar so freut, dann freut's ja mi auch! Dann wird's auch weiter kein' Anstand hab'n und i frag' gleich – wann is d' Hochzeit?

LEHNL
zu Pauli.
Hörst es, die geig'n auf der Ehsait'n!
LONI.
Ja, is das G'spaß oder Ernst!
WIRT.
Mit so 'was macht man kein' G'spaß!
LONI.

Dann muß i wohl auch ernstlich werd'n! Also kurz und gut: euer Antrag is mir a große Ehr' und der Muckl ganz a richtiger Bursch, aber heirat'n – thu' i ihn net.

RÖTHELBACHBAUER.
Das war g'schwind bei 'nander!
LONI.
Ja, kurze Haar' sind gleich 'bürst'.
WIRT.

Jetzt will i dir aber 'was sag'n, Deand'l. Es is net 's erstemal, daß du so kurz an'bund'n bist. Das[25] kann net all'weil so fortgeh'n. Ei'm Antrag, wie dem heutig'n, dem schlagt man net g'rad so die Thür' vor der Nas'n zu, sondern schaut sich ihn a bisl von der Näh' an. Denn weißt, wenn du die Sach' bei'm Licht betracht'st, so hat die G'schicht' halt doch an Hack'n. Du bist a Madl, daß a Jed's gern hat und du wirst weder von mir noch von meiner Alt'n selig jemals a Wört'l g'hört hab'n weg'n deiner Herkunft. Aber es gibt halt doch Leut', die's net verwind'n können, daß du a g'legt's Kind bist. D'rum sollst dir so 'was überleg'n und di net z' stark d'rauf steif'n, daß du dem Klosterwirt sein Herzkäferl bist – es könnt' sich leicht keiner mehr find'n, der sich d'rüber wegsetzt über den Namen »Find'lloni!«

RÖTHELBACHBAUER.

Ja, überleg' dir's wohl. I kann mei'm Muckl so viel mitgeb'n, daß sie mit zwei Händ' zugreif'n thät'n in jedem Bauernhof, wo er anklopft.

LEHNL
heimlich zu Loni.
Thu's net – thu's net, wenn du ihn net magst!
LONI.

Gut – Vater – wenn auch keiner mehr kommt, ledig g'storb'n is auch net verdorb'n! Zugreif'n und ja sag'n kann i blos, wenn sich amal da unter'm Brustfleck 'was rührt; denn so lang's da drin todt bleibt, is a Heirat kein Glück, sondern a G'schäft – und a Heirat, die nach dem alt'n Brauch g'macht wird, wo der Bauer zum Bauer sagt: gib mir dein Mad'l, i gib dir noch fünfzig Guld'n und a Kuh d'rauf – a solche Heirat [26] kann mach'n wer will – i net – und i thät's net, wenn i auch kein Find'lkind wär'.

WIRT
nach kurzer Pause.
Ja – wenn du net magst – zwing'n thu' i di net!
LONI.
Das hab' i ja g'wußt, Vater, und d'rum wirst mir auch net bös sein!
8. Szene
8. Scene.
Vorige. Muckl.

MUCKL
tritt ein.

No, was is denn? Jetzt wär' i da bei'm Dasein! Braucht das so lang, bis man ja sagt? Derweil mach i zehn Heirat'n aus.

RÖTHELBACHBAUER.
's geht doch net so g'schwind, als du meinst!
MUCKL.

Wär' net z'wider! Loni – »na« wenn g'sagt hast, nachher beiß' i mir gleich an Kopf 'runter. Bin i net a Kerl, der den Teuf'l in der Luft beut'lt? Was hast an mir ausz'setz'n?

LONI.
Gar nix – aber heirat'n thu' i di net!
MUCKL.
Und warum net?
[27]
LONI.
Frag' nur dein' Vater, dem hab' i's g'sagt.
MUCKL.
I möcht's aber von dir selber hör'n.
LONI.

Wenn du meinst, es is besser, so kann i dir den G'fall'n schon thun. – I mag net! Verstehst? Das wird wohl Grund g'nug sein!

MUCKL.
Is net z' wenig, aber z' dumm is er mir doch!
LONI.

Wenn er dir net paßt, kann i nix dafür. Im Uebrig'n nix für ungut und schönen Dank für die Ehr', die du der Loni mit dei'm Antrag erwies'n hast. Dein G'wiss'n muß di ja schon z'fried'n stell'n, grad wie wenn du a gut's Werk 'than hätt'st. Im Augen blick hat mein Vater g'sagt, es müßt' a ganz b'sond'rer Bursch sein, der sich wegsetz'n könnt' über den saubern Namen »Find'lloni!«

WIRT.

No, no, so war's net g'meint. Und dadurch, daß du jetzt g'sagt hast, »i mag net«, is die G'schicht' aus.

MUCKL.
War also das wirklich 's letzte Wört'l?
WIRT.
Wenn du's net glaub'n willst, mußt halt in's Wasser geh'n, daß di Krebs'n fress'n.
[28]
MUCKL.
So 'was thut der Muckl net. Zum Krebsfutter bin i mir doch z'gut. I denk' halt:

Singt.

A richtiger Bua
Bleibt niemals net hint'
Denn a andere Mutter
Hat auch a lieb's Kind!
RÖTHELBACHBAUER.
Hätt' net 'glaubt, daß du's so leicht nähmst.
MUCKL.

Soll i mi vielleicht abkränk'n, daß i mager würd' wie a Zwief'lröhrl – fallet mir ein! Siehst, Loni, i gib dir sogar den Rat, daß du jetzt erst recht wählerisch wirst. Brauchst net Sorg' z' hab'n, daß du ledig bleibst und als alte Jungfer in der Ewigkeit Wolk'n schieb'n mußt. Der da Auf Pauli deutend. bleibt dir all'weil g'wiß, den hast im Sack und brauchst ihn bloß 'rausz'lang'n. Oder hast mi am End' gar abg'wies'n, weil du di mit ihm schon versproch'n hast?

LONI.

Dein dumm's G'schwatz hat kein' Heimat. Daß zwisch'n uns nix is und nix wird, weißt du so gut als i, sonst wär'st net 'kommen und hätt'st um mi ang'halt'n. Wenn i amal ein' nimm, das muß einer sein, der a Schneid' hat; a richtig's Mannsbild und net einer, der blos so heißt, weil er a Hos'n anhat.

[29]
MUCKL.
Jeh – Pauli, das wenn du leid'st, nachher darfst gleich morg'n Keg'l aufsetz'n.
PAULI
der während der ganzen Scene ruhig am Tische gesessen ist.
Laß' mi aus'm Spiel; ich hab' dir kein' Anlaß net geb'n.
MUCKL.

Jetzt so 'was ließ' i mir halt doch net sag'n. I thät' ihr halt amal 's Wilde 'runter, was sie sich so vom Pechlerlehnl ang'wöhnt hat.

LEHNL
aus dem Hintergrunde.
Du nixnutziger Loder, möcht'st net mi auch noch 'neinbring'n!
MUCKL.

Hätt' i vielleicht net Recht! Von wem lernt's denn all' die Schlauderwört'ln, als von dir? Zeit und G'leg'nheit hat's ja g'nug. Zwisch'n euch dauert d'Schul' g'rad von der Früh' bis auf d' Nacht und es wär' schon lang an der Zeit, daß sie der G'meind a Dankschreib'n schicket, weil's ihr 's ganze Jahr an Schullehrer verhalt.

LONI.

Jetzt schäm' di in d' Seel' 'nein, daß du ihm das Stück'l Brod vorwirfst, was ihm die G'meind' gibt. Thut dir der Pfennig jetzt schon weh, den du amal dazu zahl'n mußt als hausg'sess'ner Bauer? Dank's unserm [30] Herrgott, daß du von einer Mutter bist, die di gleich mitt'n 'neing'setzt hat in an reich'n Hof. Verdient hätt'st es net, nach ei'm solch'n Spott auf an Menschen, der sich sein ganz' Leb'n lang für Bauern z'samm'g'arbeit' und z'samm'g'schund'n hat.

WIRT.
Muckl, die Red' kannst auswendig lernen!
MUCKL.
Hab' gar a schwer's G'merk.
LEHNL
nimmt Loni bei der Hand.

I dank' dir, daß di so 'neing'redt hast weg'n meiner. I hätt' ihm schon 'nausgeb'n können, aber i hör' auf ei'm Ohr nimmer recht.

MUCKL
zu Loni.
Hast di ja ganz heiser g'redt. Geh', bring' mir a Maß Bier, nachher darfst amal trink'n.
LONI.

Trink' du dein Bier selber und laß dir einschänk'n von der, die dazu da is. Resl! Einschänk'n! Im Vorübergehen zu Pauli. Du bist schon der allerschönst'; es is merkwürdig, was a Mensch vertragt!

9. Szene
9. Scene.
Vorige. Loisl.

MUCKL
wie Loisl eintritt.
Jetzt kommt der Recht'; der is uns noch ab'gang'n.
[31]
LOISL.
Gelt, hast Zeitlang g'habt nach mir? Schenkst mir was!
MUCKL.
Bett'lst schon wieder?
LOISL.
Von dem, was du mir g'schenkt hast, kann i mir noch net amal a Schuhschmier'n kauf'n.
MUCKL.
Was thät'st auch damit? Hast ja gar keine Schuh'!
LOISL.
D'rum stünd's dir gut, wenn mir a Paar schenk'n thätst.
WIRT.
Was willst denn eigentlich da?
LOISL.

Botschaft soll i ausricht'n von der Zwerger Nandl. Du sollst morg'n am Sonntag d'Loni auf d'Weglalm lass'n, weil d'Kramerwab'n, die ihr versproch'n hat, über d'Hochzeit von ihrer Schwester ausz'helf'n, erst am Montag in der Früh' kommen kann.

WIRT.
D' Nandl is wohl verrückt?
LOISL.
Da bist g'stimmt; die is g'scheidter wie du!
[32]
WIRT.
I kann doch d'Loni net weglass'n, wo am Montag Hochzeit is und 's ganze Haus voller Arbeit.
LONI.

Wenn du willst, Vater, können wir's schon mach'n. 's Meiste is schon herg'richt', heut' und morg'n bis Mittag is auch noch Zeit und am Montag Vormittags bin i wieder da. Thust ihr halt den G'fall'n.

WIRT.
Ja, wenn du meinst, baß es geht, hab' i nix dageg'n.
MUCKL
für sich.
Da kenn' i ein', der morg'n Nachts auch auf der Weglalm is.
LOISL.
Loni, hast nix für mi zum schnabulir'n.
LONI.
Geh' halt' amal mit in Kuch'l, nachher kriegst a Schmalznud'l.
LOISL.
Eine nur?
LONI.
Kannst auch zwei hab'n, du Bett'lsack. Ab.
LOISL
ruft nach.
Aber drei recht fette! Zu Muckl. Sixt, die schenkt mir schon 'was.
[33]
MUCKL.
Die folgt halt dem Herrn Pfarrer, der sagt, geb'n is seliger als nehmen.
LOISL.

Da hat er auch Recht. I gäb' dir auch lieber zwei Watsch'n, als daß i eine krieg'. Läuft in die Küche.

MUCKL
nachrufend.
Jetzt hast aber Zeit g'habt!

Während der letzten Scene sind immer mehr Bauern und Bursche eingetreten, haben Platz genommen und werden von Resl bedient. Einige Mädchen schauen neugierig durch das Fenster.
RÖTHELBACHBAUER.

Jetzt hab' i all'weil g'meint, es sollt' heut' lustig hergeh'n bei'm neuen Bürgermeister. Bis jetzt rührt sich aber noch nix.

TONI.
A mein, kannst ja nimmer lustig sein! Heut' zu Tag' darfst di ja gar nimmer rühr'n.
LEHNL.

Ihr habt's notwendig, daß ihr euch beklagt. G'rad heut' zu Tag' kann man thun, was man mag und kein Mensch legt ei'm 'was in' Weg. Aber zu meiner Zeit, weil i noch jung war, da wenn du nur g'schnauft hast, bist schon eing'sperrt word'n.

TONI.
No – und g'rad die Alt'n sag'n, früher war a bessere Zeit.
[34]
LEHNL.

G'rauft und g'schlag'n is freilich net so viel word'n als jetzt. Der Kirta hat acht Tag' 'dauert und kein Hirnbatz'l hat's 'geb'n, viel weniger hat einer mit'm Schlagring zug'haut. Dafür hat aber 's Landg'richt sein' Nas'n bei jedem G'spaß g'habt. Amal – da hab'n wir an Kirta begrab'n; der eine hat an Pfarrer g'macht, der andre an Meßmer, und i – i hab' an Tot'n gemacht. Acht Tag' d'rauf sind wir schon am Landg'richt g'wes'n; da hab'n's ei'm Jed'n von den andern sechs Tag 'naufg'hängt und i – weil i der Tote g'wes'n bin, mi hab'n's vierzehn Tag' eing'sperrt.

ALLE
lachen laut durcheinander.
TONI.
Muckl, jetzt solltest uns halt ein's aufspiel'n.
MUCKL.
Her mit der Klampfern. Deand'ln geht's 'rein und schaut's 'naus, 's is g'scheidter!
MODEI
durch's Fenster rufend.
Hab' schon 'glaubt, man wollt' heut' ohne uns tanz'n.
10. Szene
10. Scene.
Vorige, Modei und die andern Mädchen treten in die Stube, werden von den Burschen begrüßt und gruppiren sich mit [35] denselben im Hintergrunde und im Vordergrunde links. Rechts am Tische Muckl mit der Zither, der Röthelbachbauer und der Wirt. Pauli am Tische links. Beim Anschlag der Cither tritt Loni unter die Thüre und hört zu.

TONI.
Also leg' los, Muckl!
MUCKL
singt.
A Bua, der schön sing'n
Und Cithern kann schlag'n,
Der braucht sich bei'm Deand'l
Um a Busserl net z'plag'n.

Jodler.

Brauch' kein Feuer im Of'n,
Blos a Deand'l im Arm,
So spar' i die Schait'n
Und es wird mir doch warm.

Jodler.
LOISL
kommt aus der Küche, in der einen Hand einen Maßkrug, in der andern eine mächtige Schmalznudel.

Singt.

Wär der Kirchthurm a Maßkrug
Und ganz voller Bier,
Man trinket nur ein' Maß
Und net drei oder vier.

Jodler.
Der Vorhang fällt.

2. Akt

1. Szene
1. Scene.
Nandl, gleich darauf Loni und Lehnl.

NANDL
sitzt auf einer Bank vor der Hütte und singt.
Steht d'Sonn' auch am Himm'l
Und scheint's noch so schön,
Weil's Abend muß werd'n
Muß d'Sonn' untergeh'n.
D'rum sorg' di net, Deand'l,
Du sixt es ja ein,
Es is schon so eing'richt'
Und muß auch so sein!

Und wie's mit der Sonn' is,
So is mit der Lieb';
Kaum daß amal hell is,
Gleich is wieder trüb.
Gelt das, du arm's Deand'l,
Das sixt halt net ein,
Und doch is so eing'richt'
Und muß auch so sein.

Ein langgezogener Juhschrei erklingt aus der Tiefe.
[37]
NANDL
antwortet mit einem hellen Jodler.

Da kommt ja gar d'Loni schon und der Lehnl is auch dabei; das soll mi zwar net wundern, denn ohne Loni kein Lehnl und ohne Lehnl kein' Loni.

LEHNL UND LONI
steigen aus der Tiefe.
Grüß' di Gott, Nandl!
NANDL.
Grüß euch Gott mit einander!
LEHNL.

Wir hab'n dir schon lang zug'horcht auf dein' G'sang, weil du's fast so schön kannst, wie die Engerln im Himm'l.

NANDL.
D'rum probir' i's ja all'weil, damit i amal dazustimm', wenn i 'neinkomm'?
LEHNL.
Du darfst net 'nein!
NANDL.
Weg'n was nachher net?
LEHNL.
Bist alles z'verliebt – und die, wo so viel G'spusi treib'n, laßt der Peterl net 'nein.
NANDL.
Müßt' i fast lach'n, wenn's wahr wär'.
[38]
LEHNL.
's Lach'n wird dir schon vergeh'n, 'bald er di amal kriegt, der mit'm Schürhack'l.
LONI.

Geh', schwatz' net so viel und setz' di nieder und schnauf' ordentlich aus. Der Weg da'rauf is kein Katz'nsprung für a alt's Leut.

2. Szene
2. Scene.
Vorige. Loisl.

LOISL
kommt von rechts über den Berg herab gerannt.
Nandl – Nandl, mir is 'was g'scheh'n!
NANDL.
Was is denn schon wieder?
LOISL.
Unser Gaisbock hat mi g'stoß'n – das Vieh!
NANDL.
Hast ihn wieder 'tratzt, gelt?
LOISL.

Na, blos an Renner hab' i ihm 'geb'n, nachher is er mir davon. I hab' ihn fang'n woll'n, hab' ihm zug'red't, 's hat mi aber nix g'nutzt. Auf amal, i hab' schon gar nimmer d'ran 'denkt, steh' i so drauß'n am [39] Kappell'nberg'l und schau' zum Holzergirgl 'nunter – krieg' i von hint' an Puff und purzl' dir über's Berg'l 'nunter wie a Kirtanud'l. Wie i in d'Höh' schau', steht das schwarze Vieh drob'n wie der Teuf'l und schaut mir nach und macht all'weil mehehehe.

LEHNL.
Der is halt g'scheidter wie du!
LOISL.

Das is schon a Kunst auch, wenn man ein' von hint' erwischt. Aber wart' nur, jetzt hol' i mein Geiß'lsteck'n, nachher kriegt er Wix. Ab in den Heuschuppen.

NANDL
zu Loni.

Und i richt' mi jetzt schön z'samm', daß i weiter komm', weil du doch schon so gut warst und 'rauf bist.

LONI.
Ja, geh' nur, 's is Zeit, sonst kommst noch in d' Nacht 'nein.
NANDL.

Brauchst nix mehr, als an Trank aufz'setz'n, nachher wird dein G'schäft bei'nander sein. Ab in die Hütte.

LONI.

I will dir's schon recht mach'n! Sie bindet sich eine grobe Schürze um und macht sich mit dem umherstehenden Geschirr zu schaffen.

LEHNL.
Kommst aus der Arbeit jetzt gar nimmer 'raus; bald du 'nunter kommst, geht's drunt' auch wieder an.
[40]
LONI.

Mein, 's wird mir doch d' Arbeit net z'viel werd'n, und gar da herob'n. Kann's denn a schöner's Platz'l geb'n, als d'Weglalm? 'Bald du jetzt da vorgehst, sixt g'rad 'nunter auf Graswang und da liegt's dir so friedlich und heilig da wie a Kripperl.

LEHNL.
Nur geht ihm 's Christkind'l ab, wenn du net daheim bist.
LONI.

Geh', du bist a verliebter Gisp'l. Man meint, was i dir schon 'than hätt', daß du gar so an mir hängst.

LEHNL.

Du lieber Gott! Warum hast du a Nagerl gern, i Ros'n oder d'Sonn'; thut dir auch nix b'sonders z'lieb und magst es doch; wenn du amal verheirat' bist, wird's ohnedas anders.

LONI.
Damit hat's noch gute Weg.
LEHNL.
Das kannst net sag'n; so 'was kommt über Nacht. Hätt'st erst gestern dein Glück mach'n können.
LONI.

Es ist net dein Ernst, was da sagst – obgleich der Muckl noch der einzige wär', von dem man noch red'n könnt'.

[41]
LEHNL.
Der einzige?
LONI.
I wüßt' sonst kein' – bei uns wenigstens net.
LEHNL.
No – und der Pauli?
3. Szene
3. Scene.
Vorige. Loisl dann Traudl.

LOISL
kommt mit einer Peitsche aus dem Heuschuppen.

Das is a Geiß'lsteck'n, der gibt aus! Freu' di Gaisbock, jetzt kann's losgeh'n – Jeh, da schau', da kommt d' Traudl! Was willst denn du bei uns! Wir geb'n nix; i geh' selber bett'ln.

TRAUDL
steigt auf die Bühne.
Ja, das weiß Gott! Was soll denn amal aus dir werd'n?
LOISL.
A Kapuziner, der bett'lt auch.
TRAUDL.
Du Nixnutz, du!
LEHNL.
Was hat denn di da'rauf g'schneit?
TRAUDL.
Mein – Enzian such'n bin i 'gang'n.
[42]
LOISL.
Hast schon wieder all'n 'trunk'n?
TRAUDL.
Du Loder, du; i sag' dir's gleich, wenn du meinst, du darfst a arm's alt's Weib hies'ln.
4. Szene
4. Scene.
Vorige. Nandl.

NANDL
mit Hut und Bündel.
So, jetzt hab' i's; b'hüt euch Gott und halt's mir gut Haus!
TRAUDL.
Gehst zu der Schwester? Segnest ihr'n Hausstand mit ein?
LOISL.

Nimm nur recht viel Seg'n mit. I hab' gestern ihr'n Kamatwag'n g'seh'n. Du, die hat dir a Wieg'n, da kannst gleich drei 'nein leg'n!

NANDL.
So 'was sixt du halt gleich!
LOISL.

I schon, i! Und a blauang'strich'ne Himm'lbettstatt hat's, da sind zwei rote flammende Herz'n d'raufg'mal'n, größer wie mein Kopf.

[43]
NANDL.
Und das will viel sag'n. Also b'hüt' euch Gott!
LOISL.
Wart', i geh' mit; könnt'st leicht ausrutsch'n.

Nandl und Loisl ab.
5. Szene
5. Scene.
Loni. Lehnl. Traudl.

LEHNL.
Also Enzian such'n bist 'gang'n.
TRAUDL.
Ja, und in der Lehnhardikapell'n war i auch und hab' für mein' Buab'n 'bet'.
LEHNL.
Bei'm Lehnhardi?
LONI.
Das is der recht' Heilige für dein' Pauli!
TRAUDL.
Sollst es ihm net gar so koch'n. I weiß bald nimmer, was i damit anfang'.
LONI.
Schau', daß er fort geht; es soll a Land geb'n, wo Lappen leb'n, da paßt er hin!
LEHNL.
Da wird's ihm aber z'kalt sein.
[44]
LONI.
Hast du ihn schon amal warm g'seh'n!
TRAUDL.

Mein, er ist halt a stiller Bursch. Es is sein Vater auch net anders g'wes'n, aber 's nämliche gute Herz hat er, wie der Alt', is brav und ordentlich und plagt sich redlich um die paar Kreuzer, die er sich verdient. Daß er verliebt is, das wird wohl kein' Sünd' sein.

LONI.

Na, Sünd' is es keine, aber aufsteck'n kann er's, wann er mag. I kann kein Mannsbild net leid'n, das all'weil 'rumgeht wie a Henn', die an Zipf hat. Herrgott – i wann a Bua wär', der wildest' müßt' i sein im ganz'n Thal, rauf'n müßt'n sich d' Mad'ln um mi – und wo i so denk', soll mir der Pauli g'fall'n, der sich hinter an Weiberkitt'l steckt und meint, was er net fertig bringt, das soll sein' Mutter können.

TRAUDL.

Da thust ihm unrecht. I bin schon von selber 'rauf, weil i g'hört hab', daß du auf der Weglalm bist – und da hab i mir 'denkt, i könnt' amal allein mit dir red'n.

LEHNL.
Aha, das ist der Enzian, den du suchst!
TRAUDL.

Mein Pauli hat kein Wört'l zu mir g'schnauft. Gestern wie er heim'kommen is, hab' i schon g'schlaf'n und wie i heut' d'Aug'n aufg'macht hab', war er mit'm Herrn Fritz schon über alle Berg'.

[45]
LONI.
Gott sei Dank, da hab' i doch auch amal an Tag, wo er mir net auf die Füß' 'rumtritt.
TRAUDL.

Jetzt red' net so daher! Kannst ja der G'schicht' leicht a End' mach'n. Sag' halt amal g'radweg zu ihm: I will di net und mach' daß weiter kommst. Du bist ja sonst a gut's und a brav's Madl, aber an Fehler hast; den Mannsbildern verdrehst den Kopf und das is amal net recht.

LONI.

I hab's noch kei'm g'schafft, daß er weg'n meiner damisch wird. Aber daß du so red'st, begreif' i, denn wo wär's anders in der Welt, als daß die Alt'n für die Jung'n zwitschern.

TRAUDL.

Oho – mußt net glaub'n, daß i dir mein' Pauli 'naufdisputir'n will; da thät' i mi schon schamen. Aber eins könnt' man verlang'n, daß man mit ei'm Buab'n, der's so gut meint, net sein Spiel treibt, denn wo's gar so gäh in d'Höh geht, möcht's leicht a Unglück geb'n. Nix für ungut, i red' halt, wie i's versteh' und wie i mein', daß es recht könnt' sein. So – jetzt weißt, wie i mein' und wie i denk' und jetzt b'hüt' di Gott! Sie wendet sich zum Gehen.

LEHNL.

An dir is a Pfarrer verlor'n 'gang'n, du red'st ja wie a Evangelium. Man hört rechts von der Höhe einen lauten Juhschrei.

TRAUDL.
Jesses, das war der Pauli.
6. Szene
[46] 6. Scene.
Vorige. Baumiller. Pauli, später Loisl.

BAUMILLER
steigt mit Pauli rechts die Höhe herab.
Ja – Pauli – wo hast denn du mi hing'führt? Da sind wir ja auf der Weglalm bei der lustig'n Nandl?
LONI.
Heut' müss'n's aber schon mit mir vorlieb nehmen, Herr Fritz.
BAUMILLER.
Ja Loni, seit wann bist denn du Sennerin?
LONI.

A halbe Stund' is her. Aber jetzt werden's müd' sein. Setz'n's Ihnen nieder und rast'n's aus. Hab'n thu' i nix als a Milch und an frisch'n Butter.

BAUMILLER.
Nur her damit!
LONI
geht ab in die Hütte.
TRAUDL
zu Baumiller.
Ja wo kommt's denn her?
BAUMILLER.
Vom Sonnenberg.
TRAUDL.
Was! Spöttisch. Da habt's g'rad den nächst'n Weg g'macht; das muß i sag'n.
[47]
LEHNL.

Hat ihn ja der Pauli g'führt; und so wie der Herr Pfarrer sagt, alle Weg' führ'n nach Rom, so führ'n bei dem alle Weg' nach der Weglalm, wenn d' Loni da is.

LONI
tritt mit einer Schüssel voll Milch aus der Hütte und stellt dieselbe auf die an der Außenwand der Hütte angebrachte Bank.
Kommen's, Herr Fritz, da setz'n's Ihnen her.
BAUMILLER
geht nach der Bank, schiebt seinen Rucksack darunter und beginnt zu essen.
TRAUDL.

Und i mach' jetzt, daß i weiter komm', sonst wird's mir z' dunk'l. Also b'hüt' euch Gott bei 'nander Geht nach dem Hintergrunde.

BAUMILLER UND LONI.
B'hüt' Gott!
LEHNL.
B'hüt' di Gott, alte Pelzhaub'n!
LOISL
der Nandl ein Stück Weges begleitet hat, stößt auf die abgehende Traudl.
Gehst schon wieder? Gelt, bring' mir 's nächstemal 'was von Ettal mit.
TRAUDL.
Ja, a g'weiht's Wachsstöck'l. Geht ab.
LOISL.
Das is g'scheidt; nachher kann i dir gleich heimleucht'n!
[48]
LONI
zu Pauli, der sich zur Seite des Brunnens auf einen Stein gesetzt hat.
Is dem Herrn vielleicht auch 'was g'fällig?
LEHNL.
Wie magst frag'n, den speist ja d' Lieb'!
LONI.
Mit dir hab' i net g'red't!
PAULI.
Sonst war's wohl so Brauch auf der Alm, daß man a Schüß'l Milch kriegt.
LONI.
Thät' halt 's Maul aufmach'n. I kann dir net 'neinschau'n in' Mag'n. Ab nach der Hütte.
LOISL.
Pauli, hast dein Schweg'lpfeiferl net bei dir?
PAULI.
I schon.
LOISL.
Schenk' mir's.
PAULI.
Wenn i amal stirb.
LOISL.
Wann stirbst denn?
PAULI.
Ja, das weiß i net!
[49]
LOISL.
Das dauert mir z'lang. Thu's 'raus, nachher blas'n wir mit einander.
PAULI.
I bin heut' net aufg'legt dazu.
LONI
bringt Pauli eine Schüssel mit Milch.
Da, unterhalt' di damit!
PAULI.
Vergelt' dir's halt Gott, daß du so gut bist und mi net schlechter halt'st als an Andern.
LONI.

O du g'nügsamer Mensch! Sie geht nach der Hütte und räumt das vor derselben zum Trocknen aufgestellte Geschirr zusammen.

LOISL.
Jeh, der Maler – hab' di ja gar net g'seh'n!
BAUMILLER.
Ja Loisl, wie geht's dir denn all'weil?
LOISL.
A mein, schlecht g'nug. Schenk' mir 'was!
BAUMILLER.
Magst a Milch?
LOISL.
Na, a Geld.
BAUMILLER.
Ja, lieber Freund, i hab' kein's!
LOISL.
Du lügst ja, d' Stadtleut' hab'n all'weil a Geld.
[50]
BAUMILLER.
So, meinst! Aber net zum Herschenk'n!
LOISL.
No, ess'n könnt's es ja doch net!
BAUMILLER.
Was thät'st denn nachher damit!
LOISL.
A Bier kauf'n.
BAUMILLER.
Kriegst ja kein's da herob'n.
LOISL.
Geh' schon 'nunter in's Wirtshaus.
BAUMILLER.
Wenn du aber an Rausch kriegst?
LOISL.
Das macht nix, der is g'sund!
BAUMILLER.
Hast schon amal ein' g'habt?
LOISL.
Jeh, schon öfters. Neulich hab' i ein' g'habt, da hätt' man gleich zwei d'raus mach'n können.
BAUMILLER.
Magst net an Schnaps auch?
LOISL.
I mag alles.
BAUMILLER.
So lang' 'nein in mein Rucksack, da is einer drin.
[51]
LOISL.

Du hast halt doch a gut's Herz. Er holt die Flasche aus dem Rucksack hervor. Vergelt' dir's Gott! I sag's ja, der Mensch darf nur recht g'scheidt red'n, nachher kommt er zu 'was.

LEHNL.
Und du bist schon so a grundg'scheidter Kerl.
LOISL.

Ja – und i bin net amal stolz d'rauf, denn i red' auch mit ei'm, der dümmer is als i. Trinkt die Flasche leer.

BAUMILLER.
So, jetzt brech'n wir auf, Pauli jetzt wird's Zeit.
LOISL.
Maler, schenkst mir das Flasch'l?
BAUMILLER.

Fallt dir sonst nix mehr ein. Z'erst trinkt er mir den Schnaps aus, und nachher will er 's Flasch'l auch noch hab'n.

LONI.
Schamst di jetzt gar net, du Bett'lbua. Dein' Krax'n nimmst und machst, daß 'nunter kommst.
LOISL.
I kann nimmer, i hab' an Rausch.
LONI.
No wart', i werd' ihn dir vertreib'n!
LOISL
lachend.
Jeh, die glaubt's net, daß i an Rausch hab'. Ab in die Hütte.
[52]
BAUMILLER.

Also Loni, b'hüt' di Gott. Morg'n auf der Hochzeit seh'n wir uns wieder. Wirst denn nachher auch mit mir tanz'n?

LONI.
No, wär' net aus, wenn Sie mir die Ehr' schenk'n.
PAULI.
Was is denn mit dir, Lehnl, gehst du net mit?
LEHNL.

Na! Leise zu Pauli. I muß erst noch für di 's Maul aufmach'n. Und schlaf'n werd' i wohl da herob'n, denn d' Loni laß i net allein.

LONI
ruft dem Maler nach, der schon vorausgegangen ist.
B'büt' Gott, Herr Fritz!
PAULI.
B'hüt' di Gott Loni! Geht ab.
LONI.
B'hüt' di Gott auch; vergeh' di halt net wieder so g'schwind auf d' Weglalm.
LEHNL.
Hab' kein' Sorg', wenn du net da bist, find't er net her.
LOISL
kommt mit der Kraxen aus der Hütte.
Halt, Pauli du mußt mi führ'n, sonst fang' i' s kug'ln an.Gilt den Andern nach.
7. Szene
[53] 7. Scene.
Loni. Lehnl.

LEHNL.
Kannst jetzt für den Buab'n gar kein freundlich's Wört'l find'n?
LONI.

Laß mir mein' Ruh' und fang' net wieder von dem Leimsieder an. Du kannst viel zu mir sag'n – wenn du aber sonst nix z' red'n weißt, nachher kannst mi fuchtig mach'n.

LEHNL.
I thu's doch net, um di z' ärgern, im Gegentheil, i thu's ja nur, weil i dir's gut mein'!
LONI.
Was du net sagst.
LEHNL.

Laß doch die dalket'n Kübeln amal in Ruh'; setz' di her zu mir, i will a g'scheidt's Wört'l mit dir disk'rir'n.

LONI.
Red' nur zu, i hör' so auch.
LEHNL.

Sixt – gestern, wie dem Muckl sein Vater um di ang'halt'n hat, is mir völlig Angst 'word'n, du könnt'st »ja« sag'n. Der Muckl is a guter Kerl – das heißt, wenn er mag – aber wenn du ihn auch gern g'habt hätt'st, ihr hättet doch net z'samm'paßt. Er is a Mensch, der 's Leb'n nimmt, wie d' Sennerin den Rahm – von oben weg. Bei dir is die G'schicht' ganz anders, und zwei Leut', die in der Art verschied'n sind, die paß'n [54] niemals net z'samm'. Der einzige – nimm mir's net übel, daß i wieder davon anfang' – der einzige, der in der Art zu dir paßt, das is und bleibt der Pauli. Schau', Loni, du mußt blos denk'n, wen du auf der Welt noch hast. Dein' Pflegmutter liegt schon unter der Erd'n und dein Pflegvater is auch schon a alter Kerl. I will g'wiß nix berus'n, aber man weiß halt doch net, was heut' oder morg'n g'scheh'n kann.

LONI.

Warum fahrst jetzt da so lang 'rum im Nebel. Sag' doch kurz, du hast kein' Mensch'n auf der Welt, von dem du sag'n könnt'st, er g'hört zu dir und du zu ihm. Schau', i hab' selber schon öfters über dem Pauli seiner Lieb' nach'denkt. Und wenn's mir dann in Sinn' kommt, wie verlass'n i auf der Welt bin, da thut's mir wohl, wenn i mir sag'n kann, es gibt an Mensch'n, von dem i weiß, i bin sein ganz' Denk'n, i bin sein Alles. Aber wenn i nachher den Pauli wieder anschau', wie er is und wie er thut, dann muß i mir sag'n, i kann ihn net mög'n, i kann net.

LEHNL.
Wenn ihn nur i heirat'n könnt'!
LONI
setzt sich zu Lehnl auf die Bank neben dem Brunnen.

Mein Pflegvater hat g'wiß viel für mi 'than, i hab' ihn auch ganz gern, aber die rechte Lieb', wie man's zu ei'm Vater hab'n soll, is das halt doch net. Wenn i mir das alles sag', dann spür i's recht schwer, daß i so gar kein' Mensch'n hab' auf der Welt, den i so recht von Herz'n [55] lieb hab'n kann. Sixt, in ei'm solch'n Aug'nblick, da steigt's mir heiß auf, und i kann die Stund' nur verfluch'n, in der meine recht'n Eltern mi der Gnad' und Barmherzigkeit von fremd'n Leut'n überlass'n hab'n.

LEHNL.
Weißt denn auch g'wiß, ob's kein' Sünd' is, wenn du so von deinen Eltern red'st?
LONI.

Sixt, Lehnl – in mei'm Herz'n, da is mir g'rad, als wär' a Kammerl drin, das mir unser Herrgott ganz extra für d' Eltern g'schaff'n hat. Und wie weh' mir's thut, daß die Kammer leer 'blieb'n is, das kann kei'm Mensch'n sag'n. I hab' keine Eltern und hab' doch a Herz dafür und mir will's net in' Sinn, daß es Leut' geb'n soll, die a Kind hab'n und kein' Lieb' dazu, die's weggeb'n können in Gleichmut oder gar in Haß.

LEHNL.
Wer sagt dir denn g'wiß, daß es so is?
LONI.

Wie könnt's denn anders sein? O ja – ein's könnt' i mir noch denk'n, daß i a Mutter g'habt hab, di mi wegg'legt hat aus Angst vor der Schand', daß sie Mutter word'n is. O hätt's mi b'halt'n! Mein' Lieb' hätt' ihr müss'n alles vergess'n lass'n, die Treulosigkeit von ihrem Schatz und 's Achselzuck'n von den andern Mensch'n.

LEHNL
nach kurzer Pause.

Sag' amal, Deandl, wie's kommt, daß du, wenn du von deinen Leut'n red'st, blos all'weil die schlecht'n Seit'n anführst und nie a gute.

[56]
LONI.
Wüßtest du da eine z'find'n?
LEHNL.

Denk' amal, sie hätt'n Unglück g'habt und wär'n so recht im Elend g'steckt, daß gar net g'wußt hätt'n, wie sich von ei'm Tag auf den andern durchbring'n; kannst dir jetzt da gar net denk'n, daß deine Leut' di g'rad deßweg'n, weil's di so gern g'habt, fortgeb'n hab'n unter Kummer und Herzleid, blos damit's dir besser geh'n sollt' im Leb'n.

LONI.

Jetzt so a Lieb', die will mir net recht in' Kopf; i mein' d' Lieb' müßt' b'sitz'n, d' Lieb' müßt' hab'n; man sagt doch net umsonst: lieb hab'n.

LEHNL.

O mein Deand'l, Lieb' und Lieb' is zweierlei. Es gibt auf der Welt gar verschiedene Lieb'n, aber die richtigste und die wahrste is halt doch blos d' Elternlieb', weil sie die einzige is, die all'weil gibt und niemals nimmt und nehmen will. A Bua, wenn er di noch so gern hat, wenn er sich dir ganz z'eig'n gibt, warum thut er's – Narr weil er di dafür will. Aber was kann a Kind sei'm Vater oder seiner Mutter geb'n? Wenn's brav is, hab'n die alt'n Leut' a Freud', es is schon wahr – wenn's Kind die alt'n Leut' recht lieb hat, wenn sie's hegt und pflegt, wie's im viert'n Gebot steht, es thut ihnen wohl – aber 's Rechte und 's Ganze is das noch all'weil net. Die größte Freud', die man an Kindern erleb'n kann, das is, wenn's glücklich [57] werd'n. 's Glück von den Kindern is d' Seligkeit von den Eltern.

LONI.

Ja, Lehnl, i schau' nur g'rad und frag' mi, wo bei dir das alles herkommt. So kann a Mensch net red'n von der Lieb', wenn er's net selber g'spürt hat.

LEHNL.
No mein, freilich hab' i's g'spürt.
LONI.
Was du sagst, 's erste Wörtl'l, seit i di kenn'.
LEHNL.
Was hätt' i auch für an Grund g'habt zum Red'n?
LONI.

Wenn auch sonst kein', doch wenigstens den, den i hab', wenn i dir mein Herz ausschütt' – daß es leichter wird.

LEHNL.

Du mein Gott, was wär' auch am End' an der G'schicht' z' erzähl'n. So 'was kommt alle Tag' vor. Gern hab'n wir uns g'habt, 's Mad'l und i; aber g'habt hab'n wir alle zwei nix und d'rum haben's dem Deand'l seine Leut' auch net zug'lass'n, daß wir Hochzeit g'macht hab'n. 's Deand'l war a folgsam's Kind, so hab'n wir halt g'wart', bis die Alt'n g'storb'n sind. Es hat a bisl lang dauert, i war schon in die vierzig und 's Mad'l net weit vom Dreiß'ger. In der Früh' sind wir copulirt word'n und am Nachmittag bin i in's Holz'n 'gang'n und mein jung's Weib auf d'Alm. Aber wir hab'n uns gern g'habt und war'n z'fried'n, wenn's gleich oft [58] 'kommen is, daß wir bloß über'n andern Tag warm 'gess'n hab'n. Zur richtig'n Zeit war auch a Kind da. Jetzt hat 's Unglück ang'fang'n. Mein Weib hat sich nimmer erholt und net lang hat's 'dauert – da hat man 's ein'grab'n. – Mi hat's an dem Ort nimmer g'litt'n, vom arbeit'n war kein' Red' mehr, jed'n Tag hat's mi an's Grab 'trieb'n – und i hab' doch 'was verdienen müß'n, schau', schon weg'n dem Kind. – So bin i halt amal fort, es war a eisig kalter Wintertag – 's Kleine am Arm – da bin i in d' Nacht 'nein'kommen – 's Kind hat 's Wimmern ang'fangt, daß i g'meint hab', es zerreißt mir 's Herz, meine eig'nen Kräft' hab'n mi verlass'n – und wie 's wieder Morg'n 'word'n is – hab' i kein Kind mehr g'habt.

LONI.
Is g'storb'n in der Nacht?
LEHNL.
G'storb'n – ja – g'storb'n!
LONI.

Arm's Würmerl! Auffahrend. Lehnl! Aus jedem Wort, was du da g'red't hast, hört man den Kummer und den Schmerz um deine verlornen Lieb'n. Und wenn i bedenk' wie lieb und gut du mit mir schon bist, wie gern mußt du erst dein eig'nes Kind g'habt hab'n. Lehnl, red' – sag' mir, hätt'st du dein Kind weggeb'n können? Sag' »ja« und i kann vielleicht den Groll und den Haß geg'n meine Eltern erstick'n, der mir so schwer am Herz'n liegt.

[59]
LEHNL.

Deand'l, das is a schwere Frag'; i kann net »na« sag'n und i will's auch net. Aber ein's weiß i g'wiß, wenn i in jener Nacht mein Kind unserm Herrgott anvertraut und brav'n Leut'n vor die Thür' g'legt hätt' – und wenn i's auch net hab'n könnt' und dürft' net zu ihm sag'n »mein Kind« – es wär' a Trost für mi, wenn i wüßt', daß es jetzt besser d'ran is, als es je bei mir hätt' hab'n können.

LONI.
I dank' dir, Lehnl, für das Wort!
LEHNL.

Wenn's di tröst'n kann, soll mir's wohl thun! Jetzt sag' i dir halt gut' Nacht und wenn du di niederlegst und kannst net gleich einschlaf'n, so denk' halt a wen'g nach über das, was i dir g'sagt hab'. Gut' Nacht! Geht nach der Hütte ab. Eine leise Musik setzt ein.

LONI.

Gut' Nacht, Lehnl! Sie blickt ihm nach, bis er durch die Thüre des Heuschuppens verschwunden ist. I hab' den Alt'n schon all'weil recht gern g'habt. Aber seit i weiß, daß er g'rad so verlass'n und allein auf der Welt is, wie i, seit der Stund' kommt's mir vor, als ob i ihn noch so gern hätt'. Seine Red'n hab'n mir so wohl 'than und mir is jetzt so leicht wie damals, wo i als a ganz jung's Deand'l zum erst'n Mal beicht'n g'wes'n bin. I kann's gar net begreif'n, wie i all'weil so sündhaft von meine Eltern hab' red'n mög'n. Freilich, hab'n 's mit net fortg'stoß'n von ihrem Herz'n, weg'geb'n an fremde Leut'? [60] Mög'n sie's jetzt 'than hab'n aus Lieb' oder aus Haß, das macht an dem, was g'scheh'n is, nix besser und nix schlechter. In Gott's Namen, unser Hergott wird's wiss'n und wird's schon recht mach'n. I werd' mi jetzt auch schlaf'n leg'n – aber ein's will i zuvor noch thun, was mir bis heut' noch nie eing'fall'n is: für meine recht'n Eltern will i 's erste Vaterunser bet'n. Ab nach der Hütte.

8. Szene
8. Scene.
Muckl, gleich darauf Lehnl.

MUCKL
tritt von links aus dem Gebüsche, wie Loni die Thüre schließt.

Hat lang' phantasirt, bis weiter'kommen is. Wenn die a Ahnung hätt', daß heut' noch an solch'n B'such kriegt! Schleicht nach der Hütte, in deren Fenster ein Licht aufgeflammt ist. Das Bankerl ist g'rad wie g'macht für mi! Setzt sich auf die Bank und blickt durch's Fenster. Is a fromm's Deand'l, da kniet's und bet's – und wie schön sie's Kreuz mach'n kann. O Jegerl, jetzt fangt sie 's ausschnür'n an! Die Musik endigt mit einem starken Accorde und das Licht am Fenster erlöscht. Da hast den Teuf'l, jetzt hat sie's Licht ausg'löscht.

LEHNL
erscheint unter der Thüre des Heuschuppens.

Loni! Loni! – Sie wird schon schlaf'n 'gang'n sein! Aber mi leid't's net da drin, mir is so heiß, i leg' mi lieber – halt! was is denn jetzt da – was rührt sich da!

MUCKL
hat sich bei Lehnls Erscheinen an die Wand gedrückt und will jetzt über den Hügel hinunter springen.
Im gleichen Augenblicke faßt ihn Lehnl an der Brust.
[61]
LEHNL.
Wart' i will dir –
MUCKL.
Auslass'n, oder –
LEHNL.
Die Stimm' sollt' i ja kennen!
MUCKL
hat Lehnl bei der Kehle gepackt und denselben über den Hügel hinabgedrängt.
I will nur seh'n, ob du net – auslaßt! Er schleudert ihn mit voller Kraft von sich.
LEHNL
stürzt zu Boden und schlägt mit dem Kopfe wider das Gestein.
Jesses!
MUCKL
will im ersten Augenblick entfliehen, bleibt aber dann ratlos stehen.

Herrgott, was hab' i da ang'fangt! Er rüttelt den Gestürzten. Lehnl! Lehnl! Er will ihm aufhelfen; im gleichen Augenblicke hört er nahende Schritte. Jetzt führt der Teuf'l noch wen daher! Er springt in das Gebüsch.

9. Szene
9. Scene.
Vorige. Pauli.

PAULI
eilt, den Bergstock in der einen und einen Edelweißstrauß in der andern Hand aus dem Hintergrunde hervor.

Was is denn da! Da hat's 'was 'geb'n! 's wird doch der Loni nix g'scheh'n sein! Er erblickt den bewußtlos daliegenden Lehnl. Jesus Maria, da liegt a Mensch! Er wirft Bergstock und Strauß bei Seite und kniet zu Lehnl nieder; der Mond bricht hervor und beleuchtet die Scene. Der Lehnl! Ja was is denn da g'scheh'n! [62] Mein Gott, Lehnl, komm' zu dir! Er hebt Lehnl empor und sieht das Blut über dessen Stirne rinnen. Rasch taucht er sein Tuch in den Brunnen und verbindet ihm den Kopf.

LEHNL
kommt zu sich.
Was is denn? Wo bin i denn?
PAULI.
Auf der Weglalm – und i bin bei dir – der Pauli!
LEHNL.
Der Pauli! Und du kommst heut' Nacht nochmal da 'rauf; da hat unser Herrgott a Wunder g'wirkt!
PAULI.
Das Wunder bringt d' Lieb' allein auch zuweg'. Aber red', was is mit dir, du bist ja voller Blut.
LEHNL.

Macht nix, macht nix, wenn's auch der letzte Tropf'n is. I sag' dem Himmel Vergelt's Gott, daß i am Platz' g'wes'n bin – dem Deand'l war's schlecht vermeint.

PAULI.
Wieso? Was is denn?
LEHNL.

Der Muckl war da, i hab' ihn recht wohl 'kennt. Und was er woll'n hat, wirst dir denk'n können. Aber was i heut' von ihr abg'wend't hab', das kann ihr morg'n zustoß'n! Wer weiß, ob i die Nacht noch überleb' – die Angst drückt mir fast Herz ab – Pauli, i mein', i kenn' di als den, der an der Loni hängt mit Leib und Seel' Pauli, wer weiß, was mit mir vorgeht – dann steht [63] das arme Deand'l allein auf der Welt. Bei allem, was dir heilig sein kann, bitt' i di, sei du a Schutz und a Hilf' für mein arm's Kind.

PAULI
sieht ihn starr an.
Dein Kind!
LEHNL.

Jesus Maria, mein' Angst und mein' Sorg' hat verrat'n, was i di ganz' Zeit verheimlicht hab' – ja, Pauli – die Loni is mein Kind. Trag's ihr net nach, daß sie mich zum Vater hat – versprich mir's.

PAULI.

Alles, alles, was du willst. Sei nur jetzt stad, 's Red'n könnt' dir leicht schad'n. Setz' di daher auf's Bank'l, i weck' derweil d' Loni.

LEHNL.
Na, na, thu's net; sie könnt' erschreck'n, wenn's mi so sieht.
PAULI.
Wie du meinst, daß besser is. Probir'n wir's, vielleicht kommen wir 'nunter.
LEHNL.
's Beste is, du laßt mi da sitz'n – wenn i fortging', i könnt', ja net sein vor Angst.
PAULI
energisch.

Na, Lehnl, das geht net. Jetzt folgst mir und gehst mit mir 'nunter in d' Holzerhütt'n. Dort breit' i di recht gut 'nein und wenn du di erholt hast, so geh' i wieder 'rauf und setz' mi daher, bis Tag wird.

[64]
LEHNL.
Thu's Pauli, unser Herrgott wird dir's vergelt'n.
PAULI
hebt Bergstock und Strauß von der Erde auf.

Die Musik setzt wieder ein und begleitet die Scene bis zum Schlusse. Bist auch blutig word'n, Sträuß'l, und hab' mi so 'plagt um di! I nimm di halt wieder mit und wenn je in mir der Mißmut aufsteig'n sollt' geg'n 's Madl, dann soll'n mi die Blüm'ln mahnen an die jetzige Stund'. Komm' Lehnl, häng' di ein in mi! Er hilft Lehnl auf, schlingt seinen Arm um ihn und geleitet ihr so gegen den Hintergrund.


Vorhang fällt.

3. Akt

1. Szene
1. Scene.
Hochzeitlader. Wirt. Röthelbachbauer. Muckl. Schneiderjackl. Kramerlenz. Baumiller. Loisl. Toni. Loni. Traudl. Stasi. Moni. Resl. Schmiedmargreth. Regerl.

NANDL
Bursche und Mädchen.

Tanz.
Hierauf Chor mit Tanz.

Deand'l, geh', dreh' di g'schwind,
Dreh' di um wie der Wind,
's Röckerl, das muß flieget werd'n
G'rad als thät's dein gar net g'hör'n.
Bua, wenn der Handschlag schallt
Und wenn der Juhschrei hallt
Und hell vor Freud' 's Deanerl lacht,
's is a Staat und a Pracht!

Tanz und Gesang und zu Ende und drängt Alles nach dem angrenzenden Gastzimmer.
[66]
DER HOCHZEITLADER
stellt sich unter die Thüre und drängt mit seinem blumengeschmückten Stabe die Paare in den Tanzsaal zurück.
Halt! da 'blieb'n und net gleich wieder karessir'n,
Jetzt hat der Hochzeitlader 'was zum dist'rir'n!
A and'rer Tanz wird jetzt losgeh'n,
I mein', ihr könnt mi leicht versteh'n,
A Tanz, wo kein Baß brummt und kein Clarinett' pfeift,
Sondern wo a Jeder in sein' Tasch'n 'neingreift.
Ihr müßt net glaub'n, daß man umsonst trinkt und ißt
Und nachher auf's Beste, auf's Weiset vergißt.
Die Braut und der Bräutigam woll'n auch leb'n
Und können net 's Geld blos für eure Mäg'n hergeb'n.
Drum richt's euch jetzt z'samm', daß mir ja keiner fehlt
Und wie i ihm schrei', so zahlt er 's Mahlgeld!

Nach jedem der nun folgenden Aufrufe tritt das Betreffende an den Tisch der Brautleute und legt eine Geldspende auf einen vor der Brautmutter stehenden Teller, welche jede einzelne Gabe in die unter dem Teller stehende Schüssel gleiten läßt. Der Bräutigam reicht sodann jedem Schenkenden den Bierkrug.

Den Anfang macht die ehrsame Jungfrau Anastasia Grübl,
Die hat a Paar Wad'ln wie Rührmilliküb'l.

Jetzt kommt die Jungfrau Monika Briel
Die hat um das z'wenig, was die and're hat z'viel.

D'rauf kommt der Röthelbachbauer, dem fehlt's net an Batz'n,
Aber d' Haar' geh'n ihm aus, d'rum kriegt er a Glatz'n.

[67] Hint' d'rein geht sein Sohn, genannt der schöne Muckl,
Der hat krumme Füß' und an recht breit'n Buck'l.

Jetzt ruf' i d'Schmiedin, das is a rieg'lsam's Wei',
Die wann i möcht', die nähmet i glei'!

D'rauf kommt der Schneider, der meckert und springt,
Und kann's kaum erwarten, bis er 's Gerst'l anbringt.

D' Wirtsloni will auch mitthun; jetzt die kann leicht lach'n,
Thut selber mit'm Schnitzerpauli bald Hochzeit mach'n!

Zum Schluß hätt' i bald den Kramer vergeß'n,
Der mag recht viel trink'n und net wenig eß'n –
Und gern hab'n ihn alle seine Vettern und Bas'n,
Denn er hat an schönen Schmuck, a versoffene Nas'n.

Und jetzt schönen Donk, schönen Dank,
Vom Tisch auf die Bank,
Von der Bank auf'n Tisch,
Und zahlt habt's frisch –
Und wieder kriegt's euer Geld,
Wenn Fastnacht am Aschermittwoch fällt.
WIRT
zum Hochzeitlader.
Brav hast dein' Sach' wieder g'macht.
LONI.

Aber für mi hätt' dir a besserer G'spaß einfall'n dürf'n. Wenn das dein' ganze Weisheit is, kannst di heimgeig'n laß'n, wenn du magst. Ab nach dem Hintergrunde.

[68]
WIRT.
Hast's auf der unrecht'n Seit'n erwischt.
HOCHZEITLADER.

Laß nur gut sein, i krieg's schon wieder auf der recht'n auch! Geht mit dem Wirt nach dem Hintergrund.

2. Szene
2. Scene.
Toni und Regerl am Tische, Loisl, später Resl und Modei.

LOISL
tritt zu den Brautleuten an den Tisch.
Hochzeiterin, schenk' mir 'was!
REGERL.
I hab' selber nix.
LOISL.
Jeh, a ganze Schüß'l voll Geld.
TONI.
Was thät'st denn du mit'm Geld?
LOISL.
Auch heirat'n.
TONI.
Warum net gar!
LOISL.
Meinst vielleicht, i könnt's net. Was jeder Dumme kann, bring' i auch noch z'samm'.
TONI.
No, wenn du heirat'st, kauf' i dir a paar neue Schuh'.
[69]
LOISL.
Die brauch' i net, i geh' in Schlapp'n.
REGERL.
Aber auf d' Feiertag!
LOISL.
Da geh' i baarfuß.
REGERL.
O du Loder!
LOISL.
Geh' weiter, Hochzeiterin, sei net so neidig, i wünsch' dir nachher 'was an.
REGERL.
Und was denn?
LOISL.
A Stub'n voll Kinder!
TONI.
Is a frommer Wunsch.
LOISL.
Und christlich – aber so schön müß'n's alle sein wie i.
REGERL.
Das wär' d' Hauptsach'.
RESL
zieht Loisl bei Seite.
I sag' dir's, Loisl, wenn du wieder bett'lst, nachher laß' i mi gar nimmer seh'n.
[70]
LOISL.

Solang' du mi net von meiner Krankheit kurirst, wird's net anders. Mit uns zwei muß jetzt bald 'was geh'n, das einspännig' Leb'n hab' i satt. Du wirst alle Tag sauberer –

RESL.
Und du alle Tag' wilder, du Bett'lbua!
LOISL.

Das macht die Angst und der Kummer, daß i di verlier'n könnt'. Sixt, Resl, mein' Lieb' zu dir is schon so schwer, jetzt hat sie sich vom Herz'n schon 'nunter g'senkt bis in' Mag'n; d'rum druckt's mi all'weil so und daher kommt der große Durst. Wo soll i aber 's Geld hernehmen, um den Durst z'lösch'n, wenn i net bett'ln darf.

RESL.
I sag' dir halt soviel, wenn die Bettlerei net aufhört, so is mit uns aus.
LOISL.

Und i kann di net auslass'n, du hast mir all's z'viel Heiratgut! Fällt auf beide Kniee. Resl, schau' mi an, sieh i net aus wie einer von den vierzehn Nothelfern?

RESL.
Stehst gleich auf und schamst di!
LOISL.
Bei meinen traurig'n Zuständ' hört alle Scham auf.
MODEI
tritt zu den Beiden.
Is a recht schön's Bild'l, das! Ihr seid wohl gar Lieb'sleut'?
[71]
LOISL
steht auf.
Und wenn's so wär', ging's di 'was an?
MODEI.
No freilich, i hätt' mi gern selber zug'macht an di!
LOISL.
Di möcht' i schon, du zaundürre Zelleriwurz'l!
MODEI.
Wirklich net? Jetzt hab' i schon g'wiß 'glaubt, i könnt' 'was profitir'n von deiner Dummheit.
LOISL.
Hast an der deinen noch net g'nug?
RESL.
Und überdies, geht denn di sein' Dummheit 'was an?
MODEI.
Mi net; aber du, scheint's hast a Freud' d'ran.
LOISL.
Jetzt weißt, i kann so dumm sein, als i mag; so dumm wie du bin i auch, vielleicht noch dümmer.
3. Szene
3. Scene.
Vorige. Muckl. Nandl und Wirt treten herbei.

MUCKL.
Da schau', der Loisl hat's G'riß.
[72]
MODEI.
Ja, wir werd'n ihn gleich ausspiel'n, wer ihn kriegt.
RESL.
Du net, das merkst dir!
MUCKL.
Es kommt nur d'rauf an, ob ihr ihn ganz wollt, oder nur seine dalkete Seit'n.
LOISL.
Dein' G'scheidheit kannst auch leicht trag'n, du ewiger Hochzeiter.
ALLE.
Hahaha!
WIRT.
Au weh', Muckl, dasmal bist ein'gang'n mit dei'm Dachskopf.
NANDL.
G'schieht ihm g'rad recht, was muß er ihn immer föppeln.
MUCKL.
Man meint schon, ihr wärt alle verliebt in den Gimp'l.
LOISL.
Was Gimp'l! Selber Gimpl'l!
MUCKL.
Wenn du net bald stad bist –
LOISL.
Du kannst mir 's Red'n net verbiet'n – und grob sein kann i, so viel i mag; ich bin majoren.
[73]
RESL.
Geh' zu, Loisl – laß' ihn geh'n!
LOISL.

Der Kerl is mir schon so z'wider wie d'Arbeit und das will viel sag'n! Mit Resl ab nach dem Hintergrunde.

WIRT.
Heut' hab'n's di aber bös bei der Falt'n, Muckl.
NANDL.
Was muß er sein' Nas'n überall drin hab'n.
MUCKL.
I mach's halt dir nach!
NANDL.
Um di hab' i mi doch noch net 'kümmert.
WIRT.
Das is eb'n der Fehler. Ihr zwei sollt' euch z'samm' halt'n; ihr paßt zu einander wie g'macht.
MUCKL.
Na, d' Nandl is mir z'kalt; die is die meiste Zeit wie der Kach'lof'n um Jakobi.
NANDL.

Mit deiner Hitz' kannst erst recht daheim bleib'n. Du bist wie a Sonnwendfeuer: fluderst alle Jahr amal auf, aber am andern Tag' is nix mehr da als a einschichtige Kohl'n.

WIRT.

I will euch 'was sag'n, macht die G'schicht' allein mit einander aus. Jetzt gibt's 'was G'scheidter's z'thun. [74] Ihr sollt eure lustig'n Hochzeitsg'stanz'ln loslaß'n und wenn nachher d' Leut' zuhorch'n, derweil stehl'n wir die Braut.

MUCKL.
Das laß' i mir g'fall'n, denn wo's a Spitzbüberei gilt, is der Muckl all'weil dabei!
NANDL.
Wahr is, bei 'was G'scheidt's sieht man di niemals.
MUCKL.
Laß nur gut sein, g'scheidt werd i erst, wenn i di als Weib krieg'.
NANDL.
Daß du dir fein kein' Zahn ausbeißt!
MUCKL.
Weg'n deiner könnt' man schon ein paar riskir'n!
WIRT.
Das will i glaub'n – Nandl, wenn du jetzt net dumm bist, beißt 'nein in den Apf'l.
NANDL.
Möchst wohl gleich wieder a Hochzeit in dei'm Haus hab'n?
WIRT.
Freilich; und das müßt' eine werd'n im ganz'n Landg'richt dürft' noch keine dag wes'n sein!
MUCKL.
Nandl, schlag' ein!
[75]
NANDL.
Net um a G'schloß.
MUCKL.
Aber um an Bauernhof und dreiß'g Roß' –Stößt sie mit der Schulter. gelt, das thät' di eher kitz'ln?
NANDL.
Wenn i di net dazu hab'n müßt'.
MUCKL.

Plausch' net, es rührt sich doch 'was unter'm Brustfleck für mi; und die Birnen muß man schütt'ln, wenn's zeitig sind.

NANDL.
Schüttl' halt nach'm Loostanz nochmal, vielleicht fall'n Zwetschg'n auch dazu. Läuft davon.
WIRT.

Muckl, eing'schlag'n hat's, jetzt laß' nur nimmer aus. Bis der Auswärts kommt, stehl'n wir dir die Braut auch.

MUCKL.

Das wenn wahr wird, Klosterwirt, kauf i dir die schönste Kuh, die zwanz'g Stund' im Umkreis auftreibst.

WIRT.
Die Kuh g'hört schon mein.
MUCKL.
G'hört schon dein! Beide ab nach dem Hintergrunde.
4. Szene
[76] 4. Scene.
Baumiller und Traudl.

BAUMILLER
während er mit Traudl langsam in den Vordergrund tritt.
Schau' Mutterl, dein Wort gilt bei'm Pauli doch Alles, und wenn du ihm zured'st –
TRAUDL.

Nachher is erst recht nix. Der Bua is amal bis über d' Ohr'n verliebt und die Verliebt'n sind narrische Leut', die seh'n und hör'n nimmer.

BAUMILLER.

Aber trotzdem sollt'st net auslaß'n, und dem Pauli ordentlich zured'n, daß er mit mir in d' Stadt geht. Es kann ja nur zum Glück für euch alle zwei sein!

TRAUDL.
Laßt's mir a Ruh mit dem Glück; mein größtes Glück wär', wenn i mein Buab'n z'frieden sehet.
5. Szene
5. Scene.
Vorige. Schneiderjackl. Muckl.

SCHNEIDER
kommt, von Muckl verfolgt nach vorne gelaufen; seine Rockschöße stehen weit ab, da die Taschen über Maß vollgepackt sind.
Du Galg'nstrick kommst aber auch hinter alles.
MUCKL.
Jetzt das sieht ja a Blinder, und wenn er a halbe Stund' weg is.
BAUMILLER.
Was is denn, Muckl?
[77]
MUCKL.

Den Schneider schaut's an, der hat ja gleich alle Tasch'n so voll g'stopft, daß er a Vierteljahr nix mehr z'kauf'n braucht.

TRAUDL.
Bist ihm neidig d'rum?
MUCKL.
G'wiß net, i gib ihm 's Meinige auch noch und leih' ihm an Leiterwag'n, daß er's heimfahr'n kann.
TRAUDL.

Recht hast, Schneider, so a Hochzeit is net alle Tag' und deine Kinder freu'n sich auch, wenn du ihnen was z'Haus bringst.

BAUMILLER.
Habt ihr denn Kinder?
MUCKL.
In a paar Woch'n, glaub' i, wird 's Dutzend voll.
SCHNEIDER.
Was weißt denn du, du Gelbschnab'l!
6. Szene
6. Scene.
Vorige. Nandl, gleich darauf der Wirt, der Hochzeitlader und sämmtliche Hochzeitsgäste.

NANDL
kommt herbeigesprungen.
Muckl, der Wirt meint, Zeit wär's zum sing'n.
MUCKL.
I bin schon g'stellt; hast die Klampfern auf'zog'n.
NANDL.
Der Wirt bringt's schon.
[78]
WIRT
kommt mit der Cither; ihm folgen die Gäste.
Also, Leut', z'samm'g'setzt; der Muckl und die Nandl laß'n mit'samm' ihre Hochzeitsg'stanz'ln los!
HOCHZEITLADER.
So is recht, i hab' schon 'glaubt, es rührt sich gar nix heut'.

Muckl und Nandl haben, mit dem Rücken gegen die Coulisse, am Brauttische Platz genommen. Ihnen gegenüber sitzt die Braut. hinter deren Stuhl der Bräutigam steht.
MUCKL UND NANDL.

Duett.

Grün is d' Welt im Frühjahr
Und schön weiß im Winter –
Daß d' Brautleut' vergnügt sind
Das sieht ja a Blinder.

Jodler.

Jeder Strick kann reiß'n
Brech'n jedes G'lander
Blos zwei brave Eh'leut'
Bringt nix von einander.

Jodler.

Wenn der Himmel trüb is
Und wenn d' Eh'leut' streit'n,
Braucht's euch d'rum net z'sorg'n,
's hat nix zu bedeut'n.

Jodler.

[79] Denn wann d' Sonn' is g'sunk'n
Und wann's Nacht will wer'n
Wird man bei zwei Eh'leut'
Auch kein' Streit mehr hör'n.

Jodler.

Ostern wenn vorbei is,
Nachher kommen d' Flieg'n –
Und wenn Hochzeit g'macht is,
Braucht man bald a Wieg'n.

Jodler.
Während Alles dem Gesange lauscht, dessen Jodler von den Hochzeitsgästen lebhaft mitgesungen wird,
verwickeln der Wirt und der Schneider den Bräutigam in ein Gespräch und ziehen ihn lachend und tanzend immer weiter vom Tische weg. Inzwischen wird vom Hochzeitlader und einigen Burschen die Braut gestohlen und hinweg geführt. Nach dem Schlusse des Gesanges hört man von allen Seiten Rufe: Wo is denn die Braut?
TONI.

Himmelseit'n! Jetzt hat man mir's doch g'stohl'n! Er läuft ab, um sie zu suchen; alle Gäste drängen sich ihm lachend nach.

7. Szene
7. Scene.
Loni. Loisl. Muckl; später der Wirt und Pauli.

LONI
hält Loisl auf.
Wo is denn der Lehnl?
LOISL.
Frag' den da, den Sieb'ng'scheidt'n Auf Muckl deutend. der weiß Alles! Läuft davon.
[80]
MUCKL
tritt im gleichen Augenblicke von selbst zu Loni.
Hast du vielleicht 'was g'hört, wie's dem Lehnl geht?
LONI.
Wie's ihm geht? Ja – fehlt ihm denn 'was?
MUCKL
verlegen.

Ja – das heißt – i weiß net; i hab' nur so 'was läut'n hör'n, als ob er g'fall'n wär' und hätt' sich am Kopf' oder am Arm' aufg'schlag'n.

LONI.
Du machst mir ja völlig Angst.
MUCKL.
Der Pauli soll ihn nachher g'fund'n und soll ihn heim'bracht hab'n.
LONI.

Sixt es, sixt es, hab' i mir doch heut' früh' gleich 'denkt, es müßt' 'was g'scheh'n sein. Weißt, er is mit mir gestern auf d'Alm 'gang'n und über Nacht drob'n 'blieb'n. Heut' in der Früh' schrei' i ihm – schrei' all'weil, krieg' aber kein' Antwort – und wie i in sein' Liegerstatt schau', is er nimmer da.

MUCKL
naiv.
Geh' weiter! Aber wie g'sagt, i kann dir gar nix G'wisses sag'n.
LONI.

Da muß i gleich nach'm Pauli schau'n; der is vorhin in der Stub'n drunt' g'wes'n, der wird's wohl wiss'n. Ab.

[81]
WIRT
kommt eilig auf Muckl zu.

Was sagst, Muckl, hab'n wir ihm sein' Hochzeiterin net schön ausg'führt; was! Geh' aber jetzt mit 'runter, daß die Gaudi net so gleich ausgeht.

MUCKL.

Da hast recht; i will ihn noch a bisl hies'ln.Beide gehen ab und stoßen auf den rasch eintretenden Pauli.

PAULI.
Halt Muckl, i hab' a Wört'l z'red'n mit dir!
WIRT.
Halt' ihn net auf, wir hab'n kein' Zeit!
PAULI
zum Wirt.
Geh' nur zu, er kommt gleich nach!
WIRT.
Aber g'wiß! Ab.
MUCKL
spöttisch.

Kommst du gar auch zum Tanz? I hätt' 'glaubt, deine Schuh' wär'n noch net trock'n, 's is gar feucht g'wes'n heut' Nacht!

PAULI
scharf.

So! A einzig's Wört'l wenn du schnaufst über die G'schicht', so bring' i di auf's G'richt. Der Lehnl liegt daheim im Sterb'n, daß du's weißt.

LONI
tritt auf, blickt suchend umher und eilt dann auf Pauli zu.
Pauli, is wahr, was i g'hört hab' vom Lehnl? Muckl schleicht sich davon.
[82]
PAULI.
Von wem hast du 'was g'hört?
LONI.
G'rad vorhin vom Muckl.
PAULI.
So, von dem! Und wie kommst denn nachher dazu, daß du mi fragst?
LONI.
Du hast ihn ja g'fund'n, hat der Muckl g'sagt.
PAULI
gedehnt.
So – der Muckl hat's g'sagt.
LONI.
Is denn net so?
PAULI.
Ja – ja – es is schon so –
LONI.
Aber i möcht' nur wiß'n, wie der Lehnl dazu kommt, daß ihm so 'was passirt?
PAULI.

I denk' mir halt, er wird in aller Früh' aufg'stand'n sein, um dir an Busch'n Almenrausch z'brock'n, damit er dir gleich a Freud' mach'n könnt', wenn du aufwachst.

LONI.
Der gute Mensch!
PAULI.

Und da wird's halt noch a wenig finster g'wes'n sein – und ja – no, und da wird er halt g'fall'n sein.

[83]
LONI.
Aber wie kommst denn nachher du –
PAULI
rasch unterbrechend.

I war heut' in der Früh' schon amal da, um dir an Gruß ausz'richt'n vom Lehnl und dir z'sag'n, du sollst kein' Angst net hab'n und es wär' net so schlimm; hast es aber so nötig g'habt, daß du mir sag'n hast laß'n, du könnt'st dir net denk'n was i mit dir z'red'n hätt'! – Jetzt weißt es ja, wie's mit'm Lehnl steht. Wendet sich zum Gehen.

LONI.
Aber wo hast ihn denn du g'fund'n?
PAULI.
Wo i ihn g'fund'n hab'? – ja – sirt das is ja net so wichtig – und –
8. Szene
8. Scene.
Vorige. Hochzeitlader. Wirt. Loisl. Resl. Muckl. Toni. Regerl. Modei und alle andern.

HOCHZEITLADER
kommt mit einer brennenden Laterne und einem Spieße.

Zwei mit Heugabeln bewaffnete Bursche folgen ihm und führen in ihrer Mitte die Braut; noch andere sind mit Besen, Stöcken etc. bewaffnet. So, da hätt'n wir's glücklich wieder eing'führt. Jetzt, Hochzeiter, halt's fest, dann laß' i die bewaffnete Mannschaft abtret'n. Exekutionstruppen! G'wehr bei Fuß! So – jetzt fahrt ab in der schönst'n Ordnung! Bleibt aber schön beieinander, denn der Loostanz geht gleich an!

[84]
BURSCHE UND MÄDCHEN.
Juhe! Das is g'scheidt!
MUCKL
zum Hochzeitlader.

Daß du mir fein d' Loni mit dem Pauli z'samm'thust; das gibt a Mordsgaudi, i werd' nachher d' Loni schon noch a bisl kitz'ln, daß sie lachet wird, wenn's der Pauli zum Tanz holt.

HOCHZEITLADER
der die Loose in seinen Hut füllt.
Und di muß i halt mit der Nand'l z'samm'thun, gelt?
MUCKL.
Das is g'wiß!
HOCHZEITLADER.
Also her da zum G'spiel. Bub'n und Deand'ln! Jed's kommt an's Ziel! Seid's alle da?
ALLE.
Ja!
HOCHZEITLADER.

Net wahr is, da geh'n noch viel' ab! Franzerl geh' her, mach' du den Anfang! Also auf'paßt! Franzl hat gezogen und öffnet nun das Loos. Erstes Paar: die ehr- und tugendsame Jungfrau Franziska Reindl mit dem hochlöblichen Jüngling Kaspar Hintermeier!

KASPAR.

Da bin i schon. Her zu mir Franzl! Er drängt sich durch die Gäste, faßt das Mädchen um die Hüften und mit einem Juhschrei schwingt er es im Kreise umher.

[85]
HOCHZEITLADER.

Sap'rment noch amal, i sieh noch so viel', die net da sind. Es scheint, i muß Jedem nachlauf'n. Wißt's was, Buab'n und Deand'ln – geh'n wir 'naus! Er geht ab durch den Hintergrund; der ganze Schwarm der Bursche und Mädchen drängt sich ihm lachend und jubelnd nach.

LOISL.
Jetzt paß' auf, Resl, jetzt geht's an! D' Schuhsohl'n hab' i schon eing'schmiert, daß krach'n!
RESL.
Mit dir tanz' i net, weil i mi scham'. G'rad vorhin hast wieder den Röthelbachbauer anbett'lt.
LOISL.
Hab' i ihn anbett'lt? Wirklich? – Hab' schon g'meint, i hab' ihn vergeß'n!
RESL.
Ja fürch'st di denn net vor dem Sünd'ngeld?
LOISL.
Na, d' Sünd' büß' i ab und 's Geld steck' i ein!
RESL.
Und mit so ei'm sündhaft'n Mensch'n soll i mi abgeb'n?
LOISL.

Das kannst mach'n, wie du willst. Bist so wie so all'weil so eiszapf'nkalt geg'n mi. Wirst seh'n, die G'schicht' nimmt kein gut's End'.

RESL.
Du bist a –
[86]
LOISL
hält ihr den Mund zu.
Sag's lieber net, es könnt' di reu'n!
HOCHZEITLADER
tritt ein; die inzwischen ausgeloosten Paare folgen ihm.
Da sitzt ja d' Loni! Er geht auf den Brauttisch zu. Also Loni, 'neing'langt; du bist die Letzt'.
LONI.
Na, so geh' her, daß a Ruh' is. Sie nimmt das Loos und wickelt es auf.
MUCKL
steht hinter ihr und blickt über ihre Schultern; spöttisch lachend.
Der Pauli!
ALLE.
Was! Der Pauli? Jeh!
HOCHZEITLADER.

Letztes Paar: die ehrengeachtete Jungfrau Appollonia Höflmaier mit dem tugendsamen Jüngling Paulus Lohner, Herrgottschnitzer allda!

MUCKL.

Sixt es, der Pauli! Der muß dir rein von unser'm Herrgott aufg'setzt sein, weil er ihn dir sogar bei'm Loostanz bis auf d' Letzt' aufhebt.

LONI.
Das is a ab'kartete G'schicht' – da thu' i net mit!
HOCHZEITLADER.
Ja wär' net z'wider! Wie 's Loos fallt, so muß es g'scheh'n, das is Gott'swill'n!
[87]
LONI.
Da hätt' unser Herrgott viel z' thun, wenn er sich um eure Dummheit'n bekümmern müßt'!
HOCHZEITLADER.
Wo steckt denn der Pauli?
ALLE.
He, Pauli! Pauli!
MUCKL.

I werd's ihm sag'n lass'n, dem blind'n Gock'l, was ihm 's Glück für a Gerst'nkörn'l in's Maul g'steckt hat. Geh' Loisl, rühr' di, such' ihn!

LOISL.

Ja, wenn er net so schwer z' find'n wär'. Diemal wenn i mein' i hab' ihn, dann hab' i ihn net und diemal wenn i mein' i hab' ihn net, dann hab' i ihn.Ab.

LONI
ruft ihm nach.
Mach' dir kein' Müh', er wird's noch zeitlich g'nug erfahr'n.
MUCKL
lauernd.
Du wirst doch net »Na« sag'n.
LONI.
Was i thu', is mein Sach'!
MUCKL.
Das schon; aber der Loostanz is a alter Brauch und wie sich's trifft, so muß 'tanzt werd'n.
ALLE.
Ja, jawohl!
[88]
MUCKL.
Da thät'n wir uns g'hörig auf d' Füß' stell'n, wenn du a Ausnahm' mach'n wollt'st.
LONI.
I sag' net, daß i 's will; aber wenn i's wollt', könnt's ihr mi net davon abhalt'n.
ALLE.
O ja! Das können wir schon.
MUCKL.
Geh', plag' di net so, du Feinspinnerin. Man weiß ja doch, daß du bald Hochzeit machst mit'm Pauli!
LONI.

Dumm's G'schwatz, einfältig's! Hab' i vielleicht je amal an Grund 'geb'n, daß du so daherred'n kannst?

MUCKL.
Auf'm Tanzbod'n vielleicht net, aber – wer weiß – vielleicht bei der Nacht auf der Alm!
LONI
aufschreiend.
Muckl!
MUCKL.

Deßhalb brauchst net so aufz'fahr'n, es is doch schon wie's is. In aller Früh' hab'n 's ja d' Spatz'n schon am Dach pfiff'n, daß der Pauli heut' Nacht auf der Weglalm bei dir am Kammerfenster war.

LONI.
Der Pauli – an mei'm –
9. Szene
[89] 9. Scene.
Vorige. Loisl. Pauli.

LOISL
schreit aus dem Hintergrunde.
Da is der Pauli!
PAULI
drängt sich durch die Umstehenden.

Ja Deand'l, is denn wahr, was i g'hört hab'? Du und i – das is ja doch 's reinste Glücksspiel. A Freud' hab' i, daß i gleich damisch werd'n könnt'. Und z'schamen brauchst di g'wiß auch net mit mir. Denn wenn i auch 's Tanz'n schon lang nimmer 'trieb'n hab', verlernt, mein' i, hab' i's doch noch net!

LONI.

Ich will dir aber sag'n, was du verlernt hast: die Rechtschaff'nheit von ei'm brav'n Bursch'n – du falscher, scheinheiliger Mensch, der sich net schämt, a brav's Deand'l um ihr'n ehrlich'n Namen z' bring'n durch dein' Schlechtigkeit und Hinterlist –

PAULI.
Loni, das geht z'weit!
LONI.

Jawohl z'weit – und d'rum sag' i dir jetzt, da wo i bin, hast du in Zukunft nix mehr z' such'n. Dein' Tanz aber – Zerreißt das Loos und wirft ihm die Fetzen vor die Füße. – da hast ihn, den kannst du halt'n mit wem du willst. Die Loni is von heut' an nimmer für di auf der Welt, das merkst dir! Und daß du's net vergißt und die Mad'ln alle, wie sie da 'rum steh'n, wiß'n, wie [90] man mit ei'm solch'n nixnutzig'n Bursch'n umgeht, so will i's ihnen zeig'n – du schlechter Mensch! Sie schlägt ihn in's Gesicht und wendet sich um Gehen.

MUCKL
rasch und leise zu Pauli.
Das laßt du dir g'fall'n vom Pechlerlehnl seiner Tochter!
PAULI
will sich in der ersten Aufwallung auf Muckl stürzen, besinnt sich aber plötzlich, eilt der abgehenden Loni nach und hält sie zurück.

Halt Loni – und net von der Stell', bis i dir g'sagt hab', wozu du mi 'rausg'fordert hast. Wie i jederzeit zu dir g'stand'n bin, wie mein Herz an dir g'hängt is das brauch' i dir nimmer z'sag'n; wohl aber, daß kein' mehr find'n wirst auf der Welt, der 's so ehrlich mit dir meint, wie i!

LONI.
Ja glaubst denn du –
PAULI.

Red' net! Was i dir jetzt z' sag'n hab is kein' Frag' und braucht auch kein' Antwort. I will auch den Grund net wiß'n, warum du mi g'schlag'n hast. Denn was man dir auch von mir eing'red't hat – Mit einem Blicke auf Muckl. und i weiß auch, wer dir's eing'red't hat –, so weit hätt'st mi kennen soll'n, daß wenn's 'was Schlecht's g'wes'n wär', daß es g'rad deßhalb a Lug hätt' sein müß'n. Uebrigens – brauch i mi net vor dir zu vertheidig'n – i wüßt' net wozu – aber [91] i sag' dir blos das einzige: Sei froh, daß du a Deand'l bist, das erspart dir wenigstens die Vergeltung für den Schlag. Die Fetz'n vom Loos hätt'st mir auch net vor d' Füß' z' werf'n brauch'n. Denn daß i noch mit dir tanz'n wollt', das wirst ja doch net glaub'n. Zwar – wann i wollt' – mußt net meinen, daß mi was abhalt'n könnt' – denn – da schau' dir's an, die zwei Arm', mit denen thät' i di dreh'n und lupfet di in d'Höh'. – Er faßt Loni bei beiden Armen, hebt sie empor und stellt sie auf der andern Seite energisch nieder. Hast es g'seh'n! Da stehst – und jetzt wenn sagst: zwisch'n uns is nix und zwisch'n uns wird nix, nachher kannst Recht hab'n! – B'hüt' di Gott! Ab.


Der Vorhang fällt.

4. Akt

1. Szene
1. Scene.
Wirt. Röthelbachbauer. Huberbauer. Kramerlenz. Schneiderjackl und Lehrer sitzen im Gemeinderate beisammen.

WIRT.

Also – die zwei Sach'n wär'n erledigt. Jetzt kommt 'was and'res. Am Steg' über'n Amperbach is 's G'lander 'broch'n und sind schon drei Stück Vieh' 'nunterg'fall'n. Es fragt sich jetzt, wer soll das G'lander mach'n laß'n.

RÖTHELBACHBAUER.
No, das is gleich bei'nander – wer's eing'rennt hat, zahlt's.
WIRT.
Eing'rennt hat's dem Simlechner sein Ochs.
RÖTHELBACHBAUER.
No, der Ochs wird's net zahl'n, also zahlt's der Simlechner.
WIRT.
Der sagt aber, die G'meind' müßt's zahl'n, denn das Vieh, das über'n Steg geht, is G'meindevieh!
HUBERBAUER.
Der Ochs g'hört aber net blos in d' G'meind', er g'hört auch dem Simlechner.
[93]
RÖTHELBACHBAUER.
Da wird's halt doch am Ochs'n häng'n bleib'n.
HUBERBAUER.
Oder an alle Ochs'n von der G'meind'.
WIRT.
Auf die Weis' wird 's G'lander gar net g'macht!
LEHRER.
Jetzt, i mein' halt –
RÖTHELBACHBAUER.
Der Lehrer hat gar nix z' meinen, sondern nur z' schreib'n.
HUBERBAUER.
Der Simlechner muß mach'n laß'n und damit hasta!
WIRT.
Das thut er net!
HUBERBAUER.
Nachher laß'n wir's auf an Prozeß ankommen.
WIRT.
Freilich – 's G'lander mach'n, das kost' vielleicht zehn Mark und hundert Mark verprozessir'n wir!
HUBERBAUER.
Wenn wir an Advokat'n nehmen –
WIRT.
So steckt der 's Geld ein und wir schau'n unser 'broch'n's G'lander an.
[94]
RÖTHELBACHBAUER.
Nachher zieh'n wir derweil an Strick 'rüber und überleg'n uns das Andere.
HUBERBAUER.
A recht!
LEHRER.
I hätt' halt' 'denkt –
RÖTHELBACHBAUER.
Der Lehrer hat gar nix z' denk'n, sondern nur z' schreib'n!
WIRT.
Also bleibt's bei'm 'broch'nen G'lander?
ALLE.
Ja!
WIRT.

Geh'n wir nachher zu 'was andrem über. Betreff Unterstützung des Pechlerlehnl – der Lehnl hat seit zwei Jahr' a kleine Beisteuer zu sei'm Unterhalt von der G'meind' 'kriegt und es fragt sich jetzt, wie das weiter soll g'halt'n werd'n. Eigentlich ging's die G'meind' gar nix an, denn der Lehnl g'hört in's Oest'reichisch' 'nüber. Aber in Anbetracht, daß er seit dreiundzwanz'g Jahr' der G'meind' manch'n Dienst erwies'n hat, fleißig und arbeitsam g'wes'n is, hat man ihm die Unterstützung zukommen laß'n.

HUBERBAUER.

I bin dafür, daß man 's eingeh'n laßt. Plag'n hat sich a andrer auch müß'n und kriegt nix, warum soll g'rad den die G'meind' erhalt'n?

[95]
WIRT.

No, von erhalt'n kann g'rad kein' Red' sein; mit dem allein, was er kriegt, kann er net leb'n, aber –

LEHRER.
Verhungern kann er damit.
HUBERBAUER.

Jetzt möcht' i den Herrn Bürgermeister doch schon d'rauf aufmerksam mach'n, daß das D'reinred'n vom Lehrer net geht.

LEHRER.
Nix für ungut, i hab' nur laut 'denkt.
WIRT.

Leb'n thut der Lehnl von mir, also kann man net sag'n, die G'meind' erhalt' ihn – und die paar Pfennig' Zulag', meinet i, könnt' man ihm laß'n.

RÖTHELBACHBAUER.
Wenn der Herr Bürgermeister meint, laß'n wir's ihm.
ALLE.
Laß'n wir's ihm!
HUBERBAUER.
Ja, laß'n wir's ihm! I bin auch dafür.
2. Szene
2. Scene.
Vorige. Loisl.

LOISL
tritt ein.
Der Lehnl wär' drauß'n und möcht' gern 'rein.
WIRT.
Die Sitzung is gleich 'rum.
HUBERBAUER.
Loisl, geh' wieder 'naus!
[96]
LOISL.

Warum pressirt's denn so? I möcht' die G'schicht' auch lernen, daß i später net aufsitz', wenn i auch amal einer von den Großkopfet'n bin.

HUBERBAUER.
Müß'n wir uns das g'fall'n laß'n, Bürgermeister?
WIRT.
So weit bin i noch net im G'setzbuch, daß i wiß'n kann, ob großkopfet a Injurie is oder net.
HUBERBAUER.
Lehrer, notir' den Ausdruck!
LEHRER
schreibt.
G'schwollschäd'l.
HUBERBAUER
zu Loisl.
Und du gehst aug'nblicklich.
LOISL.
Erst muß mir d' G'meind' 'was schenk'n!
WIRT
steht auf.
Wart', i schenk' dir 'was!
LOISL.
Mi stimmst! Läuft ab.
WIRT.
Somit wär' die Sitzung aufg'hob'n.
LEHRER.
Dürft' i vielleicht jetzt auch red'n?
HUBERBAUER.
Hast am End' gar an Fehler g'macht?
[97]
LEHRER.

I mein', a Fehler könnt' darin lieg'n, daß die G'meind' noch nicht den Dank ausg'sproch'n hat für die Uebertragung der Schnitzarbeit'n die der Huberbauer in uns're Kirch' g'stift' hat, an den Lohnerpauli.

RÖTHELBACHBAUER.
Der Lehrer hat Recht! Was der Pauli macht, is schön.
WIRT.
Den Dank muß man wohl dem Herrn Baumiller zukommen laß'n, denn der hat den Pauli empfohl'n.
RÖTHELBACHBAUER.
Wenn der Huberbauer net in Tasch'n 'neing'langt hätt', wär' alle Empfehlung umsonst g'wes'n.
HUBERBAUER.
I kann's ja leicht mach'n: I hab's ja! Mir geh'n die Batz'n noch lang net aus und wer –
LEHRER.
Wer net so viet Geld hat, is a Lump!
WIRT
geht an die Thüre und ruft hinaus.
Der Lehnl kann jetzt 'reingeh'n!
3. Szene
3. Scene.
Vorige. Lehnl.

LEHNL
tritt ein mit verbundenem Kopfe.
Wenn der hohe Magistrat erlaubt –
RÖTHELBACHBAUER.

Aber daß dir Löcher in' Kopf schlagst, damit die G'meindskassa Doktor und Apotheker zahl'n kann, das erlaub'n wir net.

[98]
LEHNL.

Darüber könnt's ruhig schlaf'n. Der Pauli, der mi 'pflegt hat, hat g'sagt, das wird er auch noch z'samm' bring'n.

HUBERBAUER.

Oho langsam! So 'was gibt's net; solang i in der Verwaltung bin, braucht sich die Kassa nix schenk'n z'lass'n.

KRAMERLENZ.
I muß mir jetzt a halbe Bier kauf'n; i bin vor lauter Sitzung ganz trock'n im Hals.
HUBERBAUER.
Du hast ja gar nix g'red't.
KRAMERLENZ.
Aber trock'n bin i doch!
HUBERBAUER.
So komm', feucht'n wir uns mit einander an.
SCHNEIDER.
I glaub' es könnt' mir net schad'n, wenn i auch mitging'. Alle drei ab.
4. Szene
4. Scene.
Wirt. Röthelbachbauer. Lehrer und Lehnl.

RÖTHELBACHBAUER
zum Wirte, während Lehnl im Hintergrunde mit dem Lehrer spricht.
Weißt schon, daß mit mei'm Muckl und der Nandl alles richtig is?
[99]
WIRT.
Wie is denn jetzt das so schnell 'gang'n?
RÖTHELBACHBAUER.
No mein, wie's halt bei junge Leut' geht.
WIRT.
Meinst net, er schlagt wieder um?
RÖTHELBACHBAUER.

Soll nur umschlag'n, nachher schlag' i zu; die ewige Heiraterei wird mir z'dumm. Auf d'Woch'n müß'n's zum Standesamt.

WIRT.

Das Standesamt bin i! I hab mir schon die Bög'n alle 'kauft, wo's draufsteht, wie und wo und was. I will mir net nachsag'n laß'n, daß i mein G'schäft net versteh'. Den letzt'n zwei, die dag'wes'n sind, hab' i's schon hing'sagt, daß sie's nur g'rad so g'stoß'n hat.

RÖTHELBACHBAUER.

Studier' dir nur für die meinen zwei auch a schöne Red' ein. Wer weiß, ob du's net bald für d' Loni brauch'n kannst. A alter Spruch sagt, dreimal hintereinander brennt's und dreimal wird g'heirat'.

WIRT.

Das glaub' i net! Seit der letzt'n G'schicht is d' Loni wie umg'wand'lt. Sie kommt mir g'rad vor wie a Sulz; wenn du's anrührst, zittert's.

[100]
RÖTHELBACHBAUER.

Das hätt's damals auch bleib'n laß'n können; denn kein's im Dorf' steht auf ihrer Seit'n. Aber tröst' di, über alles wachst a Gras.

WIRT.
Blos über'n Kirchthurm net! Röthelbachbauer mit Lehrer ab.
5. Szene
5. Scene.
Wirt. Lehnl. Baumiller.

LEHNL.
Also mein' Pension bleibt mir, wie mir der Lehrer g'sagt hat.
WIRT.
Vor der Hand schon; wie's weiter geht, werd'n wir ja seh'n!
BAUMILLER
tritt ein.
Na, wie steh'ts, Bürgermeister? Seid's schon amal drüb'n g'wes'n in der Kirch'n?
WIRT.
Ja, erst am Sonntag in der Früh'.
BAUMILLER.
Ach was, i mein', ob ihr schon nachg'schaut habt, wie weit der Pauli mit der Kanz'l is?
WIRT.

Das werd' i schon noch amal z'seh'n krieg'n. I will net z'samm' kommen mit dem Wildling, der mei'm Deand'l so mitg'spielt hat. Der Mensch hat ja g'schimpft wie a Rohrspatz. Der Teuf'l soll ihn hol'n.

[101]
BAUMILLER.

Jetzt das wär' g'rad net notwendig; aber fort wenn er käm', fort aus'm Ort, dann wär' allem abg'holf'n.

LEHNL
halb für sich.
Aha, blast der Wind wieder aus dem Loch!
WIRT.
Der wird fortgeh'n; was euch net einfallt!
BAUMILLER.
Wer weiß – wenn ihr amal ernstlich mit ihm red'n wolltet!
WIRT.
I red'n mit'm Pauli! Da fließt schon eher der Amperbach aufwärts, eh' das g'schieht.
BAUMILLER.

Man muß nix verred'n! Ihr wißt, daß i dem Pauli schon lang antrag'n hab', mit mir in d' Stadt z'geh'n, um sich dort ausz'bild'n. I mein', es wär' auch a Pflicht für die G'meind', die so an talentvoll'n Mensch'n hat, daß sie ihn net aufwachs'n laßt wie Erdäpf'lkraut. Ihr müßt 'was dazu thun, daß aus dem Buab'n 'was wird. Geld braucht ihr kein's dazu her z'geb'n.

LEHNL.
Das is für an Bauern d' Hauptsach'!
WIRT.

Jetzt wenn du net dein Schandmaul wieder dazwisch'n hätt'st, wär's gar net ganz. Wirst net nachgeb'n, bis 'nausfliegst.

[102]
LEHNL.
Wär' net z'wider; is mein Kopf so noch net ganz.
WIRT
zu Baumiller.
Ja – wenn's nix kost', nachher ließ sich vielleicht 'was mach'n.
BAUMILLER.

Das mein' ich eb'n auch! Aber ihr als Vorsteher müßt ihn halt vor Allem dazwisch'n nehmen. Was wär' das für euer Dorf für a Auszeichnung, wenn er berühmt werd'n thät'. Von der ganz'n Welt kämen d'Leut' herg'lauf'n, um den Ort und das Haus anz'schau'n, wo er gebor'n is.

WIRT.
Meint's ihr?
BAUMILLER.
No freilich!
LEHNL
spöttisch.

Und den Herrgott, den er dir g'schnitzt hat, den kauft dir nachher amal so a Stadtfex um so viel Geld ab, daß gleich an ganz'n Bauernhof d'rum kriegst.

WIRT.
Das wär mir schon recht!
BAUMILLER.
Und wenn ihr noch dazu sag'n könnt: i bin's g'wes'n, der ihn so weit 'bracht hat.
WIRT.
Himmelsap'rment, i probir's! Gleich geh' i 'nüber zu ihm in' Kirch'n!
[103]
BAUMILLER.
So is recht!
WIRT.
In einer Viert'lstund' bin i wieder da und nachher muß die G'schicht' in Ordnung sein! Eilig ab.
6. Szene
6. Scene.
Lehnl. Baumiller. Loni.

LEHNL.
Die Müh' könnt' er sich erspar'n, denn der Pauli geht net!
BAUMILLER.
Weißt du das so g'wiß?
LEHNL.
Leichter tragt a Birnbaum Nuß'n, eh' das g'schieht.
LONI
tritt unter die Thüre.

Ja, Herr Fritz, im ganz'n Haus such' i schon nach Ihnen; 's Frühstück is schon lang fertig. Soll i 's 'reinbring'n?

BAUMILLER.
Na, i komm' schon. Geht ab. Loni will ihm folgen.
LEHNL.
Hehe, Deand'l, mi sixt wohl gar net?
LONI
springt auf Lehnl zu.
Meiner Seel', der Lehnl! Ja wie geht's dir denn, du armer Kerl! Was macht denn dein Kopf?
[104]
LEHNL.

Mein Gott, so ei'm dick'n Schäd'l schad't net leicht 'was. Wie geht's denn dir? – Schaust net gut aus – hab' all'weil Zeitlang g'habt nach dir und hab' 'glaubt, du b'suchst mi amal.

LONI.
I wär' schon kommen – wenn – aber
LEHNL.
Wenn – aber – in das Haus gehst net 'nein, gelt?
LONI.
Du hast wohl g'hört –
LEHNL.
G'hört und g'seh'n g'nug – Deand'l – das war net recht!
LONI.
Sagst du auch so! I muß mir schon von den andern Leut' g'nug hör'n.
LEHNL.

Meinst vielleicht, i sollt' di noch lob'n auch? Das wär' doch z'viel verlangt. Wer den Pauli g'seh'n hat wie i – wie er heimkommen is, kein Wort g'red't, sein Feiertagsg'wand wegg'worf'n hat und wieder n'aus is bei der Thür' – Deand'l – der kann dir kein Fleißbillet geb'n. Erst am andern Tag' in der Früh' is er wieder 'kommen, und wie i ihn frag'n hab' woll'n, was denn is, hat's g'heiß'n: red nix, wenn du hab'n willst, daß i dir gut bin.

[105]
LONI.

Du bist halt auch wie die andern; red'st allweil blos von ihm, aber net von mir. Hab' i mi schon so g'freut, daß i mit dir über die G'schicht' disk'rir'n könnt', derweil is das auch wieder nix. – Jetzt is halt aus!

LEHNL.

No – das möcht' i g'rad doch net so steif behaupt'n. Wasamal a rechte Lieb' war, diebleibt's auch, mag da g'scheh'n, was will!

LONI.

So – du hast ihn net g'seh'n, wie er dag'stand'n is und g'red't hat – a ganz' Mannsbild, wie man sich's denkt – und wie er g'sagt hat: jetzt wenn sagst, zwisch'n uns is nix und zwischen uns wird nix, nachher kannst Recht hab'n! – Und das B'hüt' Gott – i dank'!

LEHNL.

Ja, ja – das will i schon glaub'n – aber – wenn auch bei ihm, wie i mein', 's Eis net gar so hart wär' – du kannst ihn ja doch nimmer mög'n.

LONI.
Na! Nie! Lieber sterb'n!
7. Szene
7. Scene.
Vorige. Wirt. Baumiller.

LEHNL
zum Wirte, der zur Thüre hereinstürmt.
Das is aber g'schwind 'gang'n!
[106]
WIRT.
Wo is der Maler? Wo is denn der Maler?
LONI.
Drauß'n! Ruft zur Thüre hinaus. Herr Fritz, kommen's g'schwind 'rein! Zum Wirte. Aber was is denn?
BAUMILLER
tritt ein.
Wo brennt's denn? Schon wieder da?
WIRT.
Da bin i schön an'kommen.
BAUMILLER.
Wie so denn?
WIRT.

No, wie so! – I hab's noch recht fein eing'fad'lt auch; hab' a Zeitlang sein' Arbeit ang'schaut und nachher hab' i ganz schlau g'fragt: gehst jetzt bald 'nein in d' Stadt mit'm Herrn Baumiller? Antwort hab' i keine 'kriegt, hab' aber doch net aus'laß'n und hab' ihm alles vorg'stellt, wie's is und wie's wär' und wie's sein könnt' – und was meint's, daß er nachher g'sagt hat?

BAUMILLER.
No?
WIRT.

Net viel! Hing'stellt hat er sich vor mi und hat g'sagt: »Sixt Klosterwirt, verbiet'n kann i dir's net, daß du red'st – aber wenn noch viel am Herz'n hast, nachher geh' i derweil heim und 'bald fertig bist, laßt mir's sag'n, nachher komm' i wieder und arbeit' schön stad weiter« – hat mi steh'n laß'n und is in d' Sacristei 'nein.

[107]
BAUMILLER.
Das is doch a damischer Teuf'l.
WIRT.

Daß i nimmer mit ihm red', das weiß i g'wiß. Was hab' i jetzt davon? Auslach'n thut er mi, und d' Zeit hab' i versäumt. Lehnl, gleich gehst mit mir in' Keller Für sich. Jetzt fang' i vor lauter Wut 's Pansch'n an! Eilig ab.

LEHNL
zu dem erregt auf- und abgehenden Baumiller.

Was hab' i g'sagt? I kenn' meine Leut'. Der Pauli hat alles z'viel Respekt vor der Stadt. Er denkt sich, d'Herrenleut' sind wie Katz'n, streicht man's schön glatt über'n Buck'l 'nunter so schnurr'n's und schmeichel'n's, streicht man's aber widerborstig, so funk'ln's und kratz'ns. Ab.

8. Szene
8. Scene.
Loni. Baumiller.

LONI
steht unschlüssig in der Mitte des Zimmers.

Ja, ja! Mit einem schweren Seufzer. So geht's schon manchmal auf der Welt. – Jetzt werd' i halt wieder an mein' Arbeit' gehn. Wendet sich zum Gehen.

BAUMILLER
ruft ihr nach.
Loni!
LONI.
Was is, Herr Fritz?
[108]
BAUMILLER.
Könnt' man jetzt mit dir net auch amal a g'scheidt's Wört'l red'n –
LONI.
Man müßt's halt probir'n!
BAUMILLER.
Weg'n meiner und weg'n Pauli.
LONI.
Jesses, wenn i nur den Namen nimmer hör'n müßt'; i kann ihn net aussteh'n.
BAUMILLER.

I red' ja nur g'rad deßweg'n von ihm, daß du amal zur Ruh' kommst. Und das g'schieht net eher, vor der Pauli net geht.

LONI.
Aber daß er net geht, habt's ja grad vom Vater g'hört.
BAUMILLER.
Die Sach is halt net recht an'packt word'n. Du mußt die G'schicht' in d'Hand nehmen!
LONI.
Das versteh' i net.
BAUMILLER.

Wirst's gleich versteh'n. Komm', setz' di amal a bisl daher zu mir. Beide setzen sich. Sag', Loni, kannst du's begreif'n, daß a Mensch mit ganz'm Herz'n und ganzer Seel' was wünscht und hofft, so, daß er gar kein' andern Gedank'n mehr hat. Begreifft du das?

[109]
LONI
tief aufseufzend.
O ja!
BAUMILLER.

Sixt, Loni, so a G'fühl hab' i g'habt, wie i a junger Mensch war. Wie i ang'fangt hab' z' mal'n und wie i die Bilder g'seh'n hab' von unsere groß'n Künstler, da is in mir der Wunsch aufg'stieg'n, 'was gleiches z'schaff'n und auch Bilder z'mal'n, vor denen die ganze Welt staunen müßt'. Der Wunsch war a recht schöner und was an mei'm gut'n Will'n und an mei'm Fleiß g'leg'n is, das is auch redlich g'scheh'n. Aber weiter hab' i's halt doch net 'bracht, als daß meine Bild'ln gern 'kauft word'n sind und daß i mir a bisl 'was erworb'n hab'. Da find' i auf amal an Mensch'n, der die Gab', die mir g'fehlt hat, im reichst'n Maß besitzt und dem, um das z' werd'n, was mir beim best'n Will'n und allem Fleiß net g'lung'n is, gar nix fehlt, als die richtige Schul'!

LONI
erregt und beklommen.
Is das – der Pauli?
BAUMILLER.

Ja, Deand'l, das is der Pauli. All'weil besser und besser hab' i ihn kennen lernen – und wie mein Glaub'n an sein Talent immer mehr und mehr bestärkt word'n is, da hat in mir unter all' der Asch'n die alte Glut wieder aufg'flammt. I seh' den Mensch'n im Geist schon wachs'n und werd'n, i seh' im Voraus schon die Kunstwerk', die unter seiner Hand entsteh'n soll'n und in Gedank'n [110] seh' ich die Leut' sich d'rum 'rum dräng'n und hör', wie sie einander erzähl'n: Der alte Maler is, der den Mensch'n für die Kunst g'wonnen hat – und von dem Dank', den die Welt ihm 'bracht hätt', wär' auch für mi a Theil abg'fall'n, wenn auch nur a ganz kleiner – und i wär' z'fried'n g'wes'n.

LONI
ist aufgesprungen und streckt dem Maler in unverhaltener Rührung beide Hände entgegen.
Was kann i thun, daß es so kommt, sagen Sie's mir und i thu's!
BAUMILLER.
Du mußt mit'm Pauli red'n.
LONI.
Na! Na! Verlang'n's was woll'n, aber das kann i net.
BAUMILLER.

Und g'rad das is 's einzige, was noch helfen kann. Soviel Lieb' is bei ihm noch all'weil daheim, daß er dir's net abschlagt, wenn du zu ihm sagst: Pauli, i bitt' di, geh' fort, mi leid't's nimmer im Dorf', solang' du da bist! – Wenigstens mußt es versuch'n. Schau', du hast schon a Schuld abz'trag'n an dem Mensch'n und i mein' fast, es könnt' dir dein Herz a bisl leichter mach'n, wenn du dir sag'n kannst, du hast 'was zu sei'm Glück bei'trag'n.

LONI
zögernd.
Glaub'n's denn auch g'wiß, daß es sein Glück sein wird, wenn er geht?
[111]
BAUMILLER.
Das is mein' feste Ueberzeugung.
LONI.

In Gott'snamen – i thu's – weil Ihnen a G'fall'n damit g'schieht – und weil – weil i so froh bin, wenn i den Mensch'n nimmer sieh.

BAUMILLER.

So is recht. Jetzt kann i ruhig wieder auf meine Berg 'naufsteig'n. Weißt, es muß ja net gleich sein. Wenn i heut' Abends heim komm', können wir nochmal d'rüber red'n und nachher wird sich schon amal die rechte Zeit dazu find'n. Jetzt b'hüt' di Gott und i dank' dir halt im Voraus für dein' gut'n Will'n – B'hüt' Gott! Ab.

LONI.

B'hüt' Gott! Nach kurzem Bedenken. Es muß ja net gleich sein, hat er g'sagt – Wohl muß es gleich sein, denn a alt's Sprichwort sagt: man muß 's Eisen schmied'n, so lang's heiß is. – Resl! – Die muß ihn mir gleich 'rüber hol'n.

9. Szene
9. Scene.
Loni. Resl später Loisl.

RESL
tritt ein.
Was magst?
LONI.
Geh' 'nüber in' Kirch'n und sag' dem Pauli, der Herr Baumiller möcht' gleich mit ihm red'n.
[112]
RESL
sieht Loni fragend an.
Ja – aber –
LONI.
Schau' net so dumm und thu' was i dir schaff'.
RESL
im Abgehen.
Das is aber g'spaßig!
LONI.
A Herzklopf'n hab' i schon, als ob a Hammerschmied'n da drin wär'!
LOISL
stürzt athemlos herein.
Loni – Loni – um Gott'swill'n – g'schwind!
LONI
zitternd vor Schreck.
Was is denn?
LOISL.
D' Su – d' Supp'n lauft über.
LONI.
Du dummer Kerl; jetzt bin i aber schon so erschrock'n.
LOISL.
No ja – wenn 's Beste 'rauslauft aus'm Haf'n.
LONI.
So zieh' ihn weg vom Feuer, Gisp'l dummer!
LOISL.
Wenn i mi aber brenn'?
[113]
LONI.
Wär' auch kein' Schad'.
LOISL
für sich.
Jetzt mag i extra net. Geht ab.

Von außen hört man Pauli's Stimme: Is der Herr Baumiller drin?
LONI.
Heilige Mutter steh' mir bei, da is er schon.
10. Szene
10. Scene.
Loni. Pauli.

PAULI
tritt hastig ein.

Jesses d' Loni! Er bleibt bei der Thüre stehen und dreht in peinlicher Verlegenheit den Hut zwischen den Händen.

LONI
mit der einen Hand auf den Tisch gestützt, der in der Mitte des Zimmers steht.
Grüß' Gott!
PAULI.
Grüß' Gott auch. I weiß net, ob i da recht bin? I soll zum Herrn Baumiller kommen!
LONI.

Ja, ja, bist schon recht – er hat g'sagt, du sollst da wart'n, er wird gleich kommen – hat er g'sagt.

PAULI.

No, da werd' i's wohl thun müß'n. Er setzt sich mit dem Rücken gegen Loni an den rechts an der Wand stehenden Tisch. Verlegene Pause. Loni versucht zu sprechen, vermag aber kein Wort hervorzubringen; die Hände auf dem Rücken, geht sie nun mit dein Anscheine möglichster Gleichgiltigkeit nach dem Hintergrunde. Verstohlens sieht Pauli nach ihr um, dreht aber hastig das Gesicht wieder gegen die Wand, sowie Loni Kehrt macht.

[114]
PAULI
steht auf.
I werd' doch lieber drauß'n wart'n.
LONI.

Na, na – so bleib' nur – er kommt gleich! Das heißt – es könnt' ja möglich sein, daß er auch net gleich käm' – aber – wenn du's vielleicht mit der Arbeit recht notwendig hast – i weiß auch, was er dir z'sag'n hat – nachher – wenn du meinst – und wenn du's von mir anhör'n willst – nachher könnt's ja i dir auch sag'n.

PAULI.

Schau' Loni, plag' di net. Du hast's schon in Manchem recht weit 'bracht, aber 's Lüg'n bringst doch net recht z'samm'. Druck's nur 'raus, was mir z'sag'n hast; i merk's ja doch, daß a abg'machte Sach' is, daß du mit mir red'n sollst.

LONI.
Na, g'wiß net – das heißt –
PAULI.
Es is schon gut! Er bleibt regungslos bei der Thüre stehen. Abermals verlegene Pause.
LONI
setzt sich zur Seite des mittleren Tisches auf einen Stuhl und beugt sich über dessen Lehne zutraulich gegen Pauli.
Wie geht's denn dei'm Mutterl, hab's lang net g'seh'n?
PAULI.
I dank', ganz gut!
LONI.
I hab' g'hört, sie red't dir all'weil zu, du sollst mit'm Herrn Baumiller in d'Stadt geh'n.
[115]
PAULI.
Kann schon sein.
LONI.
Und du wollt'st net.
PAULI.
Is auch möglich!
LONI.
Und warum denn net, wenn man frag'n darf?
PAULI.
Weil's mi net freut.
LONI.

Das is freilich a ganz g'wichtiger Grund. Aber wer weiß, ob dein Mutterl net am End' Recht hat und ob's net dein Glück wär', wenn ihr folg'n thät'st.

PAULI.

No also, sixt es, da wär'n wir ja bei der Sach'. Vor einer halben Stund' war dein Vater bei mir und jetzt schicken's di!

LONI
steht auf.

Ja, Pauli, i will's auch net länger läugnen; der Herr Baumiller hat mir 's Versprech'n abg'nommen, daß i dir zured'n soll, daß du mit ihm in d' Stadt ging'st. A klein's bisl, hat er g'meint, könnt'st doch noch auf das hör'n, was i dir sag' – und nachher hat er g'meint, wenn i dir saget: Pauli, mi leid't's nimmer im Dorf, solang' du da bist – mein' Rast und mein' Ruh is weg – geh' fort von da – so – so thät'st du's auch – hat er g'sagt.

[116]
PAULI
rauh.

Und du schamst di net, mir so 'was in's G'sicht z'sag'n. Mein' Ruh' hast mir g'stohl'n, um meiner Lieb' will'n hast mi b'schand'lt vor alle Leut' und jetzt kommst und willst mein' Lieb z'Hilf' nehmen, um mi von meiner Heimat z'treib'n, von Mutter und Haus. Loni, das is grundschlecht!

LONI.

Pauli, i bitt' di um Gott'swill'n, glaub' so 'was net von mir. Wenn i mi hab' überred'n lass'n, daß i dir zured', so war's, weil i überzeugt bin, es wär' besser für di, wenn ging'st – weil du mi dann vielleicht vergeß'n könnt'st und alles, was g'scheh'n is. Und wenn du nachher a berühmter Bildhauer werd'n thät'st und alle Leut' dich gern hätt'n und in Ehr'n halt'n – und wenn du nachher recht reich werd'n thät'st – so hätt' i halt g'meint, könnt'st leicht auch das find'n, was in deiner Heimat umsonst g'sucht hast – die Lieb' von ei'm brav'n Deand'l.

PAULI.

Also g'rad weg'n mei'm Glück? Du mitleidig's Deand'l! – I sag' dir, i glaub' dir's net; i glaub' viel eher, daß du jetzt lügst und daß dein' erste Red' Wahrheit war, daß mich blos fort hab'n willst, weil i dir im Weg umgeh'.

LONI.
Na, Pauli, g'wiß net!
PAULI.

Laß' es gut sein! – Ja, i geh' dir aus'm Weg. Du sollst dein' Ruh' find'n, ob i mein Glück, das is a [117] and're Frag'. Glaub' ja net, daß i mir aus dem Maler sei'm G'schwatz a Hoffnung mach'. I will net berühmt werd'n und brauch' kein' Reichthum – was i brauch', hab' i Gott sei Dank und wollt' i mir mehr wünsch'n, müßt' mi unser Herrgott straf'n. Aber mag's jetzt sein, wie's will – i geh' – und wenn i auch in mein Unglück renn'.

LONI.
Ja, wenn du so denkst, Pauli, da wär' mir's gleich lieber, du blieb'st da.
PAULI.

Plag' di net, dein Ernst is ja doch net! I bin schon über gar viel weg'kommen und werd' mi auch da durchschlag'n. Freilich, wie schwer als es mir wird, das kann dir gleich sein, wenn's nur nach dei'm Kopf geht.

LONI.

Na, Pauli – wenn du mi auch für recht schlecht haltst, so schlecht bin i doch net – und sixt, wenn du meinst, es wär' net so, wie der Herr Baumiller sagt, sondern so wie du sagst – sixt – da mein' i, wär's besser, du gingst net fort, sondern bliebest da und thät'st auch gleich –

PAULI.

Geh' sei stad – es is jetzt vorbei! Aber g'rad dadurch, daß i geh', will i dir noch beweis'n, wie gern i di g'habt hab' – und somit b hüt' di Gott. Er wendet sich zum Gehen.

[118]
LONI
angstvoll.
Pauli!
PAULI.

Was is? Loni macht vergebliche Versuche, zu sprechen. Wenn noch an Wunsch hast, schenir' di net – jetzt geht's in ei'm hin!

LONI.

Wenn's wirklich a b'schloß'ne Sach' is, daß gehst – nachher – nachher könnt'st mir ja doch noch zum B'hüt' Gott dein' Hand geb'n? Sie streckt ihm die Hand entgegen.

PAULI
eilt freudig auf sie zu.

Loni! Plötzlich hält er inne. Na! Das geht ja doch net, daß i die Hand drück', die nach mir g'schlag'n hat.

LONI.

Wenn i dir aber sag', wie weh' mir's schon all'weil g'wes'n is – und wie i schon oft mit naß'n Aug'n die Stund' verwünscht hab', wo i dir so a schwer's Unrecht hab' anthun können – wenn i di so recht von Herz'n um Verzeihung bitt', darfst mir dann dein' Hand auch net geb'n?

PAULI.
Ja, Loni, da hast du's! Das Wort laßt viel vergeß'n und wird mir mein' Weg leichter mach'n.
LONI.
Und willst denn jetzt auch wirklich fort?
[119]
PAULI.

Du fragst mit einer Stimm', so gut und lieb, wie i's noch nie von dir g'hört hab' und aus deinen Aug'n schaut's mi an, daß i's fast net für möglich halt'n kann. Loni – meinst net, es könnt' noch anders werd'n zwisch'n uns?

LONI.
Meinst du?
PAULI.
I schon.
LONI.
Ja, wenn du vergeß'n könnt'st, was i dir für a Schand' an'than hab', nachher mein' i auch!
PAULI.

A was Schand' – es wär ja gar nie a Schand' g'wes'n, wenn net d' Leut' dabei g'stand'n wär'n. Und du hast es ja blos in der Hitz 'than. Sixt, alles ließ' sich wieder gut mach'n, wenn du nur an fest'n Will'n hätt'st und wenn du di a wenig z'samm' nähmst.

LONI.
So sag' mir doch g'rad wie.
PAULI.

Wenn du mit mir Hand in Hand in' Kirch'n ging'st und auf die Frag' vom geistlich'n Herrn, ob mi hab'n willst für 's ganze Leb'n, vor all' den Leut'n recht laut sag'n thät'st: Ja! Willst das, Loni?

[120]
LONI.

Ja – ja – i will! Und so laut will i's sag'n, daß deine geschnitz'n Heilig'n selber a Freud d'ran hab'n soll'n. Ja, dein will i g'hör'n mit Leib und Seel'. Sie fällt ihm um den Hals. Du braver du treuer Bursch!

11. Szene
11. Scene.
Vorige. Wirt und Lehnl treten ein.

WIRT.
Ja Loni, was treibst denn?
LONI.
I halt' den Pauli, daß er net fort kann.

Der Vorhang fällt.

5. Akt

1. Szene
1. Scene.
Traudl und Modei sitzen vor dem Hause. Später der Hochzeitlader.

MODEI.

Geh' Traudl, mach' dir doch keine unnütz'n Gedank'n. 's Rad'l lauft jetzt schon, wie's lauf'n soll. D' Hauptsach' is doch, daß d' Loni Ja g'sagt hat.

TRAUDL
eifrig strickend.

O mein, red' net, da hab'n schon manche ihr Stuhlfest g'halt'n und nachher is doch noch z'rückgang'n. Was wär bei der Wetterhex' net möglich?

MODEI.

No ja, das is schon wahr, aber g'rad das is a Hauptzug von der Loni, daß wenn's amal sagt, so is und so muß sein, nachher beibt's auch und kommt kein Tipferl mehr davon weg.

TRAUDL.

Ja, ja – aber 's Ganze is mir halt doch z'schnell gang'n. 's Mad'l hat ja umg'schlag'n wie's Wetter im [122] April. Und nachher – jesses – jesses – jesses – jetzt is mir schon wieder a Masch'n 'nunterg'fall'n. I sag's ja, gar nix geht mir mehr z'samm'.

MODEI.
Du strickst wohl schon d' Hochzeitssock'n?
HOCHZEITLADER
tritt durch's Gitterthor mit der Pfeife im Munde.
Die soll'n schon fertig sein, wenn der Hochzeitlader einspricht.
TRAUDL.
Ja was willst denn du bei mir?
HOCHZEITLADER.

Di net, denn du tragst mir nix mehr ein. Aber dein Bub'n darf i nimmer auslaß'n. Wie i g'hört hab', Hochzeit wird, gleich hab' i dir's Rennen ang'fangt wie a Roß, wenn's a Brems'n sticht.

TRAUDL.

Und hast's gleich im ganz'n Thal aust'rommelt – da sagt man all'weil von den alt'n Weibern – d' Mannsbilder wenn anfang'n sind zehnmal ärger und gar du, du bist der allervoreiligst; du wirst schon aus der Nud'l an Dalk'n mach'n.

HOCHZEITLADER.

's Dalk'n mach'n is dein' Sach' – 's Heirat'n mach'n die meine. Wie i nur wo zwei schnauf'n sieh als Liebsleut', kommen's mir nimmer von einander.

TRAUDL.
Man muß aber 's Heu net einführ'n bevor 's dürr is.
[123]
HOCHZEITLADER.

Aber heirat'n, solang' man jung is. I hab's all'weil g'sagt, der Pauli hat a Roßglück. A Deand'l, wie d' Loni is, kommt nur alle heilige Zeit'n amal auf d' Welt.

MODEI.
No, no, jetzt lob's nur net gar über'n Schell'nkönig.
HOCHZEITLADER.
Von euch kann man so 'was freilich net sag'n.
MODEI.
No mein', wir sind auch aus kei'm schlechtern Holz.
HOCHZEITLADER
hat während dessen ein Zündhölzchen um's andere an seiner ledernen Hose anzustreichen versucht.

Wenn i an Vergleich anstell'n wollt', dürft' i blos sag'n: Zwisch'n euch und der Loni ist a Unterschied, wie bei den Zündhölz'ln, die einen taug'n was, die andern nix. Man hört einen Juhschrei.

TRAUDL.
Jesses, da kommt er! Da is a gut's Zeich'n.
2. Szene
2. Scene.
Vorige. Pauli. Loni. Wirt.

PAULI
tritt auf, Loni an der Hand führend.

Mutter, da bring' i dir jetzt die Tochter in's Haus. Schau' dir's ordentlich an und weil du weißt, was mir das Deand'l wert is, so wirst auch wiß'n, wie's g'halt'n muß werd'n bei uns.

LONI.

Traudl, du gute Seel', i hab' dir so viel abz'bitt'n, daß i gar net weiß, wo i anfang'n soll. Verzeih' mir [124] halt und nimm mi gern auf in dein Haus, i will dir g'wiß a brave Tochter und dei'm Bub'n a rechtschaffen's Weib sein.

TRAUDL
zwischen Lachen und Weinen.

O mein lieber Herrgott, i weiß ja gar net, was i sag'n soll. A solche Freud' soll i altes Leut noch erfahr'n! Dein Herz hat sich um'dreht und die bessere Seit'n is 'rauswärts 'kommen. Du hast mein' Pauli gern und willst ihn heirat'n!

HOCHZEITLADER.
Na, er heirat' sie.
WIRT.
Jetzt i sag', sie heirat' ihn.
HOCHZEITLADER.
Da muß a Schiedsg'richt her!
PAULI.
Das is gleich entschied'n. Wir heirat'n einander und damit is aus.
HOCHZEITLADER.
Na da geht's erst recht an.
3. Szene
3. Scene.
Vorige. Loisl. Huberbauer. Schneiderjackl und Andere.

LOISL
mit einem Schubkarren, auf dem ein Fäßchen Bier liegt.
He! Aufg'schaut! A Ochs kommt!
HOCHZEITLADER.
Und das kein kleiner!
[125]
LOISL.
Sonst ging'st du net auf d' Seit'n.
WIRT.
So is recht, daß Bier da is; jetzt kann die Gaudi gleich angeh'n.
HUBERBAUER.
Und wenn das Faß'l leer is, zahl' i a neu's.
HOCHZEITLADER.

Das laß' i mir g'fall'n. Wenn der Verspruch schon so g'feiert wird, wie wird's nachher erst auf der Hochzeit zugeh'n!

LOISL.
Da kommen wir dann aus'm Rausch gar nimmer 'raus.
WIRT.

Packt's an, Buab'n, das Faß'l kommt in d' Stub'n 'nein. Es kommen noch mehr Leut', denn i hab' alles eing'lad'n, was mir unterwegs g'lauf'n is.

LOISL.

Und i bin bei alle Vettern und Bas'ln g'wes'n und hab's herkommen g'heiß'n, aber g'schenkt hat mir kein's 'was.

LONI.
Du kriegst schon 'was von mir, Loisl!
LOISL.
Ja – wenn's alle wär'n wie du; aber das sind lauter Notnick'l.
PAULI.
Loisl, thu' stad und werd' net grob!
[126]
LOISL.

Di mein' i net, du hast selber nix, d'rum kannst mir auch nix geb'n. Er zieht ihn auf die Seite. An schönen Gruß soll i dir ausricht'n vom Lehnl.

PAULI.
Warum kommt er denn net selber?
LOISL.

Er hat g'sagt, er kann net und du thät'st schon wiß'n, warum 's besser wär', wenn er wegbleibet. I hab' ihn nachher ausg'lacht und hab' g'sagt, er wär' a dummer Kerl; denn wo's so a gut's Bier gibt, da bleibt a g'scheidter Mensch net weg.

PAULI.

No, wär' net z'wider, wenn der Lehnl heut' Abend fehl'n thät'! I hol' ihn. Er schleicht sich nach kurzer Zeit hinweg.

4. Szene
4. Scene.
Vorige. Röthelbachbauer. Muckl und Andere.

TRAUDL.
Aber das is schön, Bachbauer, daß du da einsprichst, freut mi schon recht und vom Muckl auch.
LOISL.
Der freut mi am meist'n. Ab in's Haus.
RÖTHELBACHBAUER.
I werd' doch net wegbleib'n von ei'm Haus, wo 's Glück ein'zog'n is?
WIRT
zum Hochzeitlader, der immerwährende Versuche macht, seine Zündhölzchen zum Brennen zu bringen.
Was hast denn du da für ein Schnellfeuerzeug?
[127]
HOCHZEITLADER.

Weiß der Teuf'l! Bei dir z' Haus hab i's ausg'führt; hab'n alle großmächtige schwarze Köpf', aber kein einzig's taugt 'was.

WIRT.
Ja, mein Lieber, das sind keine Zündhölz'ln für Bauern; die geh'n an der ledernen Hos'n net an.
HOCHZEITLADER.
Habt's aber auch lauter so neumodisch' G'lump!
WIRT.

Die hab' i mir eigens für solche Gäst' ang'schafft, die d' Zündhölz'ln blos im Wirtshaus kauf'n. Weißt – ohne die Schacht'l brennen's net.

HOCHZEITLADER.
I dank' dir halt recht schön, daß du mir's g'sagt hast; 's nächstemal stiehl i d' Schacht'l mit.
WIRT.
Schlecht g'nug bist dazu! Man hört Schläge aus dem Hause. Weiter jetzt, an'zapft wird.
HOCHZEITLADER.

Heiliger Florian, a frisch' Bier! Bauern, halt's mi, sonst dreht's mi. Alles ab in das Haus bis auf Loni und Muckl. Vom Anfange der zweiten Scene bis hieher muß ein immerwährend reges Leben herrschen mit Kommen und Gehen, Begrüßen und Glückwünschen, ohne doch den Dialog zu stören.

5. Szene
[128] 5. Scene.
Loni. Muckl.

MUCKL.

No, Loni, jetzt is halt doch so 'word'n, wie i dir all'weil g'sagt hab' und man darf dir und dem Pauli Glück wünsch'n.

LONI.
Das darfst thun. Mi wundert's nur, daß du so g'schwind bei der Hand damit bist.
MUCKL.

I bin mir schon net recht g'scheidt g'wes'n, was i thun soll, denn auf die Weis', wie du mi die letzt' Zeit behand'lt hast, hätt' i beinah' 's Kurasch verlor'n.

LONI.
Riskirt hast's aber doch!
MUCKL.

No mein, i hab' mir nachher auch gleich wieder 'denkt, den Kopf kannst mir ja doch net 'runterreiß'n.

LONI.
Du hast Recht g'habt, denn weißt, jetzt is mir schon eins, jetzt kannst sag'n was magst.
MUCKL.

No, du hast di früher auch net viel d'ran 'kehrt. Aber schau' jedem schlagt sein' Stund'. Mi hat's mit der Nandl bös erwischt, die zieht dir d' Masch'n weiters net z'samm'. In vier Woch'n sitz' i drin im Schlaghäus'l und nachher heißt's parir'n.

[129]
LONI.
Aber sonst, wie's scheint, stehst die ganz gut dabei.
MUCKL.
Kann mi net beklag'n. Weißt, d'Nandl hat ihre gut'n Sach'n auch.
LONI.
Und g'wiß hast's besser 'troff'n, als du's wert bist.
MUCKL.

Möchst di wieder einschmeich'ln bei mir? Aber schau', soll'st mir halt doch verzeih'n, schon deßweg'n, weil mein' Eifersucht dein Glück g'macht hat.

LONI
lacht.
Wenn sagst, daß di reut, will i dir wieder gut sein.
MUCKL.

Freilich reut's mi, wenn i auch net läugnen kann, daß mir a große Gaudi g'macht hat, wie ihr auf amal auf einander losg'fahr'n seid's, wie die g'stupft'n Gock'ln

LONI.
Du bist a netter Mensch, du!
MUCKL.
Und doch hast mi net mög'n.
LONI.
Na!
MUCKL.

Hätt' i nur von Anfang net so viel Angst ausg'stand'n weg'n Lehnl. Das hatt' weiters net dumm ausg'schaut, wenn [130] i, der einzige Sohn vom Röthelbachbauern, a paar Monat' hätt' sitz'n müß'n wegen so einer dalket'n G'schicht'.

LONI.
Ja – hast denn du dem Lehnl 'was 'than?
MUCKL.
Weißt denn du da nix davon?
LONI.
Aus dem G'schwatz werd' i net g'scheidt.
MUCKL.

Kannst dich ja doch leicht noch erinnern an den Tag, wo i mit mei'm Vater zu euch 'kommen bin und wo du mir nachher so g'schwind an Korb 'geb'n hast, da war gleich d'rauf d' Red', daß du am andern Tag' auf d'Alm gehst. Da hab' i mir denkt, den Katz'nsprung könnt' i auch noch d'ran wag'n. Vielleicht red't man sich leichter mit dir, wenn du allein bist.

LONI
gespannt.
Und du warst in der Nacht auf der Alm?
MUCKL.

Freilich, und g'rad wie i an dein Fenster hab' klopf'n woll'n, da kommt der Lehnl dazu, packt mi und wie's geht, i hab' ihn halt wegg'schlenzt – und da – da is er halt unglücklich g'fall'n.

LONI.
Weiter – weiter –
[131]
MUCKL.

In der erst'n Angst, man könnt' mi seh'n, bin i ausg'riß'n. Freilich hat mi d' Sorg' um den Lehnl net weit kommen lass'n. So bin i wieder z'rück und hab' g'seh'n, daß der Pauli da is und dem Lehnl aufhilft. Der arm' Kerl hat g'meint, er müßt' schon sterb'n weg'n dem bisl Loch im Kopf und hat den Pauli heilig versprech'n laß'n, daß er dir a Schutz sein wollt' und a Hilf', ob du gut oder ungut mit ihm wärst. Alles hab' i mit ang'hört, auch wie er ihm verrat'n hat, daß du sein leiblich's Kind wär'st. Zutraulich. Weißt, von mir aus hat's kein Mensch erfahr'n und erfahrt's auch Niemand. Brauchst di net z'sorg'n, daß i's weiß.

LONI
steht im ersten Augenblicke wie gelähmt, vergebens ringt sie nach einem Worte; plötzlich bricht es herzzerreißend aus ihr hervor.
Heilige Maria – was – hast du g'sagt!
MUCKL.
Ja weißt denn du da auch nix davon?
LONI
blickt angstvoll und in höchster Erregung um sich; dann stürzt sie in das Haus mit dem Rufe.
Pauli – wo is der Pauli!
MUCKL.

Jetzt das is a schöne G'schicht', Herrgott von Mitt'nwald! I glaub', Bruder, da hast a Dummheit g'macht. Ab ins Haus.

6. Szene
[132] 6. Scene.
Pauli. Lehnl, später Loni.
Schon während Muckl nach dem Hause schreitet, hört man die Stimmen Paulis und Lehnls.

LEHNL.
So laß' mi doch geh'n und zwing' mi net.
PAULI.

Gar nix sagst und gehst mit 'rein. Er zieht ihn durch die Thüre des Gitters. Du hast am allererst'n a Recht und a Pflicht, daß da bist.

LEHNL.

Wenn du wiß'n thät'st, wie's bei mir da drin ausschaut, nachher sähest ein, daß i in kein' lustige G'sellschaft paß'.

PAULI.

A was da! Du hast all'n Grund, lustig z'sein, jetzt wo dein Lieblingswunsch in Erfüllung geht, daß d' Loni und i a Paar werd'n.

LEHNL.

Ja – früher – da hab' i's mir ausg'mal'n in Gedank'n, wenn mein Deand'l amal an richtig'n Bursch'n zum Mann krieget und wie i nachher ganz glückselig wär', wenn i mit anseh'n könnt', wie das Deand'l so mitten drin sitzt im Wohlsein und in der Zufried'nheit.

PAULI.

Und warum soll das net sein? Wir hab'n uns gern, und was an mir liegt, das weißt, wird auch g'scheh'n.

[133]
LEHNL.
Eb'n weil i das weiß, wird mir der Abschied lichter, als eigentlich für an Vater recht ist.
PAULI.

Geh', red' kein so dalket's Zeug, du wirst fortgeh'n – wo willst denn du alter Zwick'l noch hin. A überspannte G'schicht' is, weiter nix.

LEHNL.

I will di net von dei'm Glaub'n abbring'n, aber es wird doch so sein müß'n, daß i geh'. Du weißt, daß der Muckl damals alles g'hört hat, was auf der Alm zwischen uns g'red't word'n is.

LONI
tritt hastig aus dem Hause, bleibt aber bei'm Anblicke der beiden plötzlich stehen und zieht sich unter die Thüre zurück.
LEHNL.
Und wenn der was weiß, so weiß es auch's ganze Dorf.
PAULI.

Und was is nachher? I bin der erst', der vor der ganz'n G'meind' dir die Händ' entgeg'nstreckt und sagt, daß i di mein' Vater heiß'n und als solch'n halt'n will. Und grad so wie i wird auch d' Loni –

LEHNL.

Sei stad – sei stad – du weißt net, wie das Deand'l über ihre Eltern denkt. Wenn d' Loni je erfahret, daß i ihr Vater bin – so gern's mi bis jetzt g'habt hat – mit dem Wort bin i ihr z'wider bis in d' Seel' 'nein. Und erfahr'n muß sie's, denn wenn der Muckl bis jetzt auch g'schwieg'n hat, so war das nur die Angst vor'm G'richt.

[134]
PAULI.

I hab' von der Loni an bessern Glaub'n. Weißt was – jetzt hol' i's 'raus, nachher red'st off'n mit ihr.

LEHNL.

Na, Pauli, na! Um Gott'swill'n net! Sie könnt mir's nie verzeih'n, daß i sie weg'geb'n hab', wenn's auch nur g'scheh'n is aus Lieb' und in der G'fahr. Mir druckt's fast 's Herz ab, daß i 's Deand'l von jetzt ab nimmer seh'n soll, aber es geht net anders. I geh' in mein' Heimat z'rück, die paar Jahr'ln, wo ich noch z'leb'n hab', werd'n meiner G'meind' net z' viel sein. Halblaut erklingt aus dem Hause die Melodie der Hochzeitsg'stanz'ln. A Bitt' hätt' i aber noch an di. Sixt, da hab' i mir a bisl was erspart. Es könnt' g'rad so viel sein, daß man von da bis in mein Dorf amal dafür hin und herfahrt. Wenn nachher amal hörst, daß i g'storb'n bin, so laß' mi um das Geld mit'm Wag'n hol'n und laß mi eingrab'n an ei'm Platz'l, wo i mir denk'n dürft', 's Mad'l kommt amal neb'n mir z'lieg'n. Und jetzt laß mi geh'n.

PAULI.
Na, Lehnl – na – du darfst net geh'n. Bleib' da – bei uns!
LEHNL.
Es geht net und kann net sein!
LONI
tritt über die Stufen der Veranda.
Auch net, wenn i di bitt'?
LEHNL
fährt zusammen und wankt mit einem bangen Aufschrei auf Loni zu.
Loni!
[135]
LONI.
Mein Vaterl! Mein lieb's Vaterl!
LEHNL.
Loni – du sagst zu mir lieb's Vaterl –
LONI.

No freilich, i weiß ja, daß du's bist. 's is noch kein' Viertl'stund' her, daß sich der Muckl gegen mi verschnappt hat. Aber was hab' i von dir hör'n müß'n? Du willst deine Kinder verlaß'n? Untersteh' di – du – da müßt' i ja gleich in der erst'n Stund', wo i mein' Vater find', 's Greinen anfang'n.

LEHNL.
Kannst mir denn verzeih'n, was i dir –
LONI.

Red' net vom Verzeih'n. Im erst'n Aug'nblick, wo i g'hört hab', daß du mein Vater bist, is mir mit ei'm Schlag' alles Liebe eing'fall'n, was i von dir erfahr'n hab' seit dem Tag', wo du zum erst'nmal mein klein's Kinderhanderl 'druckt hast. Mein arm's Vaterl, was mußt du g'litt'n hab'n, wo du mich so gern g'habt hast. Aber jetzt soll dir's auch von uns zwei vergolt'n werd'n. Gelt, Pauli?

PAULI.
Deand'l, was fragst noch?
LEHNL.

O mein lieber Herrgott – die Freud' – i könnt' jetzt gleich an Juhschrei mach'n, daß alle Berg' zum wak'ln anfang'n. Wenn i mir denk', daß wir alle mit einander in Fried'n haus'n – daß i noch Enk'ln am [136] Arm 'rum trag' – und wenn's größer sind, auf die Knie' reit'n laß' – und die Kindswäsch' – und die Dutz'ln – Pauli, halt' sonst mach' i an Kreuzsprung!

PAULI.
Nur zu, wenn kannst!
LEHNL.
Aber d' Leut' – Kinder – was werd'n d' Leut dazu sag'n?
PAULI.
Laß' sag'n, was woll'n – was kümmern wir uns d'rum?
LONI.

Jawohl – und damit 's net lang Zeit zum tratsch'n hab'n – am nächst'n Sonntag, wenn i und der Pauli 's erstemal in der Kirch'n aufbot'n werd'n so soll der Herr Pfarrer mi gleich bei'm recht'n Namen ruf'n. Mit mei'm Pflegevater und mit deiner Mutter red'n wir heut' noch sobald die Gäst' fort sind. Is dir's so recht, Pauli?

PAULI.
Alles, was du willst.
LONI
fällt ihm um den Hals.
Du bist halt doch a lieber, guler Bua!
7. Szene
7. Scene.
Vorige. Baumiller.

BAUMILLER
tritt durch die Gitterthüre.
Ja Loni – is das all's, was du ausg'richt' hast?
[137]
LONI.
Ja, das is all's.
BAUMILLER.
No, nachher hab' i mi schon an die rechte g'wend't.
PAULI.

Sind's uns net bös, Herr Fritz, daß ihr Plan net 'naus'gang'n is; aber zwei Leut' z'wiß'n, wo's zu jeder Stund' gern g'seh'n sind und a Heimat hab'n, i mein', das wär' auch 'was wert. Bleib'n's uns gut!

LONI.
Ja – i thät' schon auch recht schön bitt'n.
BAUMILLER
reicht ihnen die Hände.
I sag's ja, unter Lieb'sleut' muß man sich misch'n, nachher geht man g'wiß ein.
8. Szene
8. Scene.
Vorige. Wirt. Loisl und die anderen treten aus dem Hause.

WIRT.

Ja was wär' denn jetzt das? Da drin sind die Gäst' und die Brautleut' treib'n sich 'rum weiß Gott wo. Schau', der Herr Maler? No – was sag'n 's denn da?

BAUMILLER.
I werd' mi hüt'n, zu denen noch 'was z'sag'n.
LOISL.

Weißt was, Maler, weil den Pauli net kriegst, jetzt nimmst mi 'nein in d' Stadt; mi kannst ausbild'n laß'n, so viel als magst.


[138] Singt.

Und bin i auch kein Schnitzer,
So kann i Schnitzer mach'n
Und über meine Schnitzer
Werd'n d' Stadtleut' damisch lach'n.

Jodler.
Der Vorhang fällt.

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TextGrid Repository (2012). Ganghofer, Ludwig. Drama. Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B63C-5