Johann Christian Hallmann
Die unüberwindliche Keuschheit
oder
Die groszmüthige Prinzeszin Liberata,
Von Johann Christian Hallmann /Juris-Consulto, erfundenes und in hochteutscher Poësie gesetztes Trauer-Spiel

[Widmung]

[238] Dehnen


Hochlöblichen Herren


Fürsten und Ständen


Jm Hertzogthum


Ober- und Nieder-Schlesien /


Meinen


Genädigsten Fürsten und Herren /


Auch


Genädigen und Hoch-GeEhrtesten


Herren.

[Widmungsschreiben]

[238] Hoch-Würdigster / Durchlauchtigster Hertzog /
Durchlauchtigste Hertzoge / Genädigste Fürsten und Herren /
Hoch-Gebohrne Grafen / Hoch- und Wol-Gebohrne Frey-Herren / Hoch-Aedel-Wolgebohrne Ritter und Herren / Hoch- und Wol-Aedle / Gestrenge / Veste /Hoch- und Wolbenambte / Genädige /Hoch-Geehrteste Herren.

Dje allerunterthänigste APPLICATION dieses Schau-Spiels / als worinnen Unsrem Aller-Genädigsten Kayser LEOPOLDO von der Triumphirenden Kirche die GLORIEUSE Bekehrung aller Heyden zum Christenthum durch Seinen Sieg-prangenden Scepter verwüntschet wird / hat mich veranlasset Ewren Hoch-Fürstlichen Durchlauchtigkeiten / wie auch Ewer Excellentz / Genaden /Gestr. und meinen HochgeEhrtesten Herren gegenwärtige LIBERATAM unterthänigst /gehorsamst / und unterdienstlich zu DEDICIren. Denn was könte doch diesem numehro zwey und viertzig Jahr lang Glorwürdigst Regierendem Monarchen vor grössere Freude begegnen / als wann Dessen Welt-gepriesene PIETÄT über Seine erlebte Friedens- und Kriegs-Glückseeligkeiten annoch dieses unvergleichliche Glück erleben möchte? Was würde doch das Aller-Durchlauchtigste Ertz-Hauß von Oesterreich bey allen vier Theilen der [239] Welt in eine grössere ADMIRATION bringen / als wann Dessen unüberwindlichen Scepter nicht nur die allbereit ziemlich gedemüttigte Saracenen / sondern auch die weitentlegneste heidnische NATIONES, welche vor den wahren Drey-einigen GOTT den Teuffelischen AMIDA, FOTOCO und VITZLIPUTZLI anbeten / in reiner Andacht Fuß-fällig verehren müsten? Ja was könte denen Kayserlichen Erb-Ländern / fürnemlich unsrem werthesten Schlesien /grössere Vergnügung erwecken / als wann dieser Aller-Christlichste Regent den gantzen Erdkreiß in einen unüberwindlichen Schaf-Stall deß HErren CHRJSTJ verwandeln könte? Und ob zwar dieses Glück wegen Jhrer Majestät herbey-nahenden Alters nicht etwan alsobald erfolgen dürffte / so wird doch künfftig selbtes vermittelst Göttlichen Beystandes Sein Groß-Mächtigster JOSEPHUS Glorwürdig erfüllen. Massen ohnediß auß dem Holdseeligen Nahmen JOSEPH, durch reine Verwechselung der Buchstaben das Wort SOPHIE nicht ohne merckwürdige Vorbedeutung deß künfftig durch JHN SUBJUGIrenden Byzantinischen Haupt-Tempels richtig heraußer kommet. Jn dieser tröstlichen Hoffnung nun geruhen Ewre Hoch-Fürstliche Durchlauchtigkeiten / Ewre Excellentz / Genaden /Gestr. und meine Hoch-Geehrteste Herren meine gleichfals von dem Heydenthum befreyte LIBERATAM unter die höchst-VENERABLE Schutz-Flügel Dero Genade und Gewogenheit zu nehmen / und weil ihre Keuschheit auch nicht bey dem leiblichen Vater sicher war /Derselben einen sicheren Hafen bey der Genaden-Thüre Dero Tugendvollen Hertzens zuvergönnen: So werden sich ihre Dornen in Lorbern /ihre [240] Hencker in Engel / ihr Kercker in einen Himmel /und ihr Creutz in einen Palm-Zweig verkehren / ich aber vor so hohe Genade ersterben


Ewrer Hoch-Fürstlichen

Durchlauchtigkeiten /

Ewrer Excellentz / Genaden / Gestr.

Und meiner HochgeEhrtesten Herren


Breßlau den 6. April.

Anno 1700.


Unterthänigster

Gehorsamster

Und verbundnester Diener

Johann Christian Hallmann.

Inhalt

[241] Jnnhalt der Geschicht.

Der heidnische König ALPHONSUS in Portugal hatte eine eintzige Tochter / Nahmens LIBERATA, von solcher ungemeinen Schönheit / daß Er Selbte nicht allein unterschiedlichen umb sie werbenden Königlichen Printzen gäntzlich versagte / sondern sich auch selbsten mit ihr / weil seine Gemahlin die Königin ISABELLA Todes verblichen war / zuvermählen entschloß. Alldieweilen aber die Printzeßin LIBERATA ihrem Herrn Vater solch unanständiges Begehren mit höchster Bescheidenheit und Vernunfft verweigerte / zugleich aber auch Jhme / daß Sie eine Christin wäre / und ihrem Himmlischen Bräutigam CHRJSTO JESU treu verbleiben wolte / freymüthig entdeckte /ließ sie der König / umb auff andere Gedancken zu gerathen / in ein wohlverwahrtes Gefängnüß setzen. Jn diesem Orte nun bath die Printzeßin den Allmächtigen GOtt mit Thränen / daß Er doch ein Mittel schicken wolte / wodurch der König von solcher ungebührlichen Liebe möchte abgehalten werden: Welches auch geschach. Denn als ALPHONSUS wiederumb zu der Printzeßin ins Gefängnüß kam / und sie so wol zu seiner Verehligung als auch zu Verlassung deß Christlichen Glaubens bereden wolte / dauchte ihn nicht anders / als wann sich ihr Schnee-weisses Gesichte in einen schwartzen Mohren verwandelt hätte. Welche Verwandelung aber nur bloß dem Könige / nicht aber auch den andern Menschen / also vorkam. Worauff der halb-rasende König / solche abscheuliche Veränderung vor eine Zauberey haltende /die unschuldige Printzeßin LIBERATAM, besonders auch weil auff ihr andächtiges Gebethe der Donner das Götzen-Bild deß Jupiters / dem sie opffern solte /in viel Stücke zerschlug / [242] an ein Creutze zu nageln /und an selbtem verschmachten zu lassen / höchst-grimmig befahl. Allein nach ihrem Tode reuete den König diese Grausamkeit dermassen / daß er nicht allein der Printzeßin ein höchstkostbahres MONUMENTUM aufrichten ließ / sondern auch selbsten nebst seinem gantzen Hof und Königreich den Christlichen Glauben annahm / in welchem er auch biß an sein Ende beständig verblieben.

Einteilung

[243] Erfindung deß Trauer-Spiels.
Der ersten Abhandlung

Erster Aufftritt.


Der heidnische König ALPHONSUS in Portugal hält mit seinen geheimsten Geist- und Weltlichen Räthen zu Lisabona Rath / wie Er seine Regirung glückseelig befestigen möge / welche / ausser dem PALAMEDES einmüthig dahin stimmen / daß der König keinen eintzigen Christen in seinem Königreich beym Leben lassen / und dann seine eintzige Tochter / die Prinzeßin LIBERATAM, weil kein männlicher Kron-Erbe verbanden / einem auß denen dreyen umb sie werbenden Königlichen Printzen / nemlich deme auß Sicilien /Egypten / oder Persien / verehlichen solle. Deren ersteren Vorschlag zwar der König genädigst anhöret /den letzteren aber in Ungenaden vermercket.


Zweyter Aufftritt.


Der in die Schönheit der Prinzeßin LIBERATA heimlich verliebte König sinnet auff Mittel und Wege / die umb sie anhaltende drey Printzen mit Manir abzuweisen.


Dritter Aufftritt.


Der Sicilianische Printz FERDINANDUS ersuchet den König umb gnädige Einwilligung in seine gegen der Prinzeßin tragende Eheliche Liebe / wird aber durch unverhoffte Ankunfft seiner zwey Neben-Buhler / nemlich deß Egyptischen Printzens ARIMANTES, und deß Persianischen Gesandtens [244] deß TIRIDATES, hieran verhindert / wessentwegen Er höfflichen Abschied nimmt und davon gehet.


Vierdter Aufftritt.


ARIMANTES
und TIRIDATES verlangen von dem Könige / daß Er die Printzeßin LIBERATAM, auß Väterlicher Gewalt entweder zu einem gewissen Ja-Worte zwinge / oder aber selbsten Sie einem unter ihnen zweyen ehelich versprechen wolle / welch unförmliches Begehren aber der König höchstungenädig empfindet und entweicht.

Fünffter Aufftritt.

ARIMANTES
und TIRIDATES entschliessen sich die Printzeßin selbsten dessentwegen anzureden / und ihre eigentliche Erklährung zuvernehmen.

Sechster Aufftritt.


Die in einem Pagen-Habit / unter dem Nahmen INFORTUNIO, verkleidete JULIANA, beklaget sich über ihres Herren deß Printzens FERDINANDI, Untreu / und erzehlet die zwischen Jhm und Jhr / als einer Römischen Printzeßin / vorgegangene Liebes-Begebenheit / wie Er Jhr / nemlich zu Rom die Ehe versprochen / und Sie hernachmals treuloß verlassen /weßwegen Sie Jhme in Pagen-Habit nachgezogen /und Dienste bey ihm angenommen; Entschleußt sich dannenhero Jhm als ein Geist zu erscheinen / umb die Beständigkeit seiner Liebe zu prüfen.


Siebender Aufftritt.


Die Königliche Hof-Dame AURORA bemühet sich die verkleidete Printzeßin JULIANA, in der Meynung / daß sie ein rechter Page sey / zu ihrer Gegen-Liebe zu bewegen / aber vergeblich.


[245] Achter Aufftritt.


Sjnnet dannenhero auff allerhand Mittel diesen Zweck zu erreichen.

Neundter Aufftritt.


Dje Printzeßin LIBERATA dancket dem Drey-Einigen GOtte vor die Erleuchtung im Christlichen Glauben / und beklaget die grausame Verfolgung der Christen.


Zehender Aufftritt.

LIBERATA
versichert den ihr auffwartenden Printz FERDINAND, daß / im Fall Sie heyrathen würde /kein anderer als Er Jhrer theilhafftig werden solte; Allein Sie werde durch eine hochwichtige Sache hieran verhindert.

Eilffter Aufftritt.

ARIMANTES
und TIRIDATES bemühen sich zwar auch umb der Printzeßin LIBERATÆ Gewogenheit /aber umbsonst.

Zwölffter Aufftritt.

LIBERATA
erzehlet dem Könige die Beunruhigung dieser dreyen Liebhaber / und daß Sie allen eine abschlägliche Antwort ertheilet habe.

Dreyzehender Aufftritt.


Der hierüber höchst-erfreute König hoffet wegen solcher Verweigerung desto eher die Printzeßin zu seiner Gegen-Liebe zu bewegen.


Die Schönheit rühmet in einem Sinn-reichen Gesange ihre Magnetische Stärcke in der grossen und kleinen Welt.

[246] Der andern Abhandlung

Erster Aufftritt.


TIRIDATES
entschleust sich den fürnehmsten Königlichen Rath OCTAVIUM durch Versprechung eines Persianischen Fürstenthums zu der Entführung der Printzessin LIBERATÆ zu bereden.

Zweyter Auftritt.


Welcher Anschlag ihm auch gelinget / indem beyde dessentwegen einander einen Eyd schweren.

Dritter Auftritt.


Die Reue und die Ehrsucht bekämpffen vortrefflich die Seele deß OCTAVII, selbte aber wird von dieser besieget.


Vierdter Auftritt.

ARIMANTES
wil durch Zauberey die Printzeßin LIBERATAM zur Gegen-Liebe bewegen.

Fünffter Auftritt.


Zu dem Ende giebt ihm die kluge CANIDIA einen gewissen Balsam / durch dessen Erwarmung in der LIBERATÆ lincken Hand sie Jhn ohnfehlbar werde lieben müssen.


Sechster Auftritt.

CANIDIA
erweiset / daß dieses Kunst-Stück keine Zauberey / sondern in der Natur gegründet sey.

Siebender Auftritt.

FERDINANDUS
sincket in Erhebung der LIBERATÆ Schönheit unter einer lieblichen Music in einen sanfften Schlaff.

[247] Achter Auftritt.

JULIANA
erscheinet Jhm in Gestalt eines Geistes /vorgebende / daß Sie Jhr wegen seiner Untreu das Leben verkürtzet; FERDINANDUS aber antwortet im Schlaff mit zweydeutigen Worten / worauff Sie / in Meinung daß diese Reden ihre Person angegangen /höchst-freudig entweichet.

Neundter und Zehender Auftritt.


Die im Königlichen Lust-Garten allein spatzirende Printzeßin LIBERATA wird von zwey vermaßqvirten Mohren gewaltsamer Weise entführet.


Eilffter Auftritt.


Der auff der Prinzeßin ängstliches Ruffen darzukommende RODRIGO nebst den Königlichen Trabanten setzt den Räubern eyfrig nach.


Zwölffter und Dreyzehender Auftritt.


Der höchst-erschrockene König nebst seinen Räthen kommt ebenfalls zu diesem Unwesen / und nachdem Er bey Salvirung der Prinzeßin siehet / daß die zwey gefangen überbrachte vermaßqvirte Räuber selbsten TIRIDATES und OCTAVIUS sind / läst Er diesen durch den Strick / jenen aber / ungeachtet seiner darwider Einwendenden Legations-Freyheit / durch das Beil vom Leben zum Tode bringen.


Die Gerechtigkeit erweiset in einem nachdencklichen Gesange / daß kein Laster verborgen und ungestrafft bleiben könne.

[248] Der dritten Abhandlung

Erster Auftritt.


Der in die Prinzeßin LIBERATAM höchst-verliebte König entschleust sich nach lange bey sich geführtem Gemüths-Streit der Begierde und der Vernunfft Selbte zu heyrathen.


Zweyter Auftritt.


Der Königin ISABELLÆ alß seiner verstorbenen Gemahlin Geist wil Jhn von dieser unanständigen Vermählung abhalten / aber umsonst / massen Er die Prinzeßin vor sich fordern läst.


Dritter Auftritt.


Der König bemühet sich LIBERATAM mit holdseligsten Worten zu seiner Verehligung zu bereden / allein Sie widerleget solch Begehren mit höchster Vernunfft und Bescheidenheit / Jhme zugleich ihre Bekehrung zum Christlichen Glauben entdeckend.


Vierdter Auftritt.


Der höchst-ergrimmte König befihlet dem Heidnischen Priester RAMIRO die Prinzeßin vom Christlichen Glauben abwendig zu machen / der auch mit Jhr eyfrig DISPUTIret / aber vergeblich; Weßwegen Sie ins Gefängnüs geführet wird.


Fünffter Auftritt.


Der Königliche Rath PALAMEDES wird durch der Prinzeßin hohen Witz und Beständigkeit in seiner heimlichen Zuneigung zum Christlichen Glauben vortreflich gestärcket.


Sechster Auftritt.


JULIANA erfreuet sich über der Prinzeßin LIBERATÆ Gefangenschafft / und hoffet hierdurch desto ehender den [249] Printz FERDINAND zu ihrem Gemahl zu überkommen / wirfft dannenhero den Dolch /womit Sie LIBERATAM entleiben wollen / hinweg.

Siebender Auftritt.

AURORA
wil durch allerhand Geschencke JULIAnens Gegen-Liebe erlangen / wird aber nur von Selbter verlachet.

Achter Auftritt.


Die im Gefängnüs sitzende Prinzeßin LIBERATA bittet den Allmächtigen GOTT umb gnädigen Beystand in dieser ihrer Verfolgung / insonderheit aber /daß Er doch ein Mittel schicken wolle / wodurch Jhr Herr Vater der König von solcher ungebührlichen Liebe möchte abgehalten werden / und entschläfft vor lauter Mattigkeit.


Neundter Aufftritt.


Dje schlaffende Prinzeßin LIBERATA wird von einem singenden Engel getröstet.

Zehnder Auftritt.

FERDINANDUS
ersuchet nochmahls.

LIBERATAM umb Jhre Gegen-Liebe / Sie aber schläget Jhm nicht allein selbte gäntzlich ab / sondern Er wird auch durch Jhre Hertzbrechende Reden zum Christlichen Glauben bekehret.


Eilffter Auftritt.

ARIMANTES
wil LIBERATAM durch der CANIDIÆ Balsam mit gewaltsamer Erwischung Jhrer lincken Hand zur Gegen-Liebe bewegen / Sie aber reißt Jhm seine Sebel von der Seiten und jaget Jhn damit in die Flucht.

[250] Zwölffter Aufftritt.


Dem vor lauter Geilheit und Rache brennendem und ins Gefängnüs einbrechenden Könige kommet nicht anders vor / als wenn sich der Prinzeßin Antlitz in einen Mohren verwandelt hätte / wessentwegen Er Selbte als eine Zauberin hinzurichten schlüßig wird.


Die Himmlische Liebe erhebet in einem Trostreichen Gesänge die unbesiegte Keuschheit der Himmlisch-gesinnten Prinzeßin LIBERATÆ.

Der vierdten Abhandlung

Erster Auftritt.


FERDINANDUS
dancket dem Allmächtigen GOTT vor die Bekehrung zum Christlichen Glauben / und rühmet der Prinzeßin LIBERATÆ unüberwindliche Keuschheit.

Zweyter Auftritt.

JULIANA
erscheinet FERDINANDO in jhrem Rechten Frauenzimmer Habit / wie Er Sie zu Rom gesehen / hoffende / es werde hierdurch die alte Liebe in Jhm gegen Jhr entzündet werden / aber vergeblich.
Weßwegen Sie auß lauter Eifersucht Jhme den Todt dräuet.

Dritter Auftritt.

JULIANA
erzehlet dem Könige jhre Römische Liebes-Begebenheit mit FERDINANDO und daß Er durch die Prinzeßin LIBERATAM ein Christ worden sey / welches der König in höchsten Ungnaden empfindet / und zugleich dem RODRIGO, beyde lebendig zu verbrennen / höchst-grimmig befiehlet.

[251] Vierdter Auftritt.


PALAMEDES, als ein heimlicher Christ verflucht diesen Mord-Befehl des Königes / beklaget die Verfolgung der armen Christen / und wil nicht diesem Tyrannischen Schau-Spiele beywohnen / sondern entschleußt sich die Flucht zu nehmen / und sich nach Rom unter die Christen zu begeben.


Fünffter Auftritt.


AURORA, nachdem Sie vernommen / daß JULIANA kein Page / sondern ein rechtes Frauenzimmer sey /lachet sich selber auß / zugleich die Unglückseeligkeit der Menschlichen Seele / als welche durch nichts eher / alß durch die Liebe verblendet werde / beklagende.


Sechster Auftritt.


Der verzweifelnde ARIMANTES dreuet der CANIDIÆ wegen jhrer vermeinten Betrügerey den Todt.

Siebender Auftritt.


CANIDIA, ein kostbares Geschenck vom ARIMAN TES erwartend / wird von demselben mit einem Dolch erstochen.


Achter Auftritt.


Worauff Er sich auch in voller Raserey mit demselben entleibet.

Neundter Aufftritt.


Der König stehet noch im Zweifel / ob Er LIBERATAM und FERDINANDUM, Jene zwar alß seine leibliche Tochter / diesen aber alß seinen nechsten Bluts-Freund wegen des Christlichen Glaubens solle hinrichten lassen / RAMIRO aber verhetzet Jhn dermassen / so daß LIBERATA zur Annagelung an [252] ein Creutze / FERDINANDUS aber zur Hinrichtung durch einen Gifft-Tranck verdammet wird.


Zehender Aufftritt.

LIBERATA
wird in Gegenwart des Königes und des Hofes nach vergeblicher Nöthigung zu des Jupiters Opferung / dessen Götzen-Bild auff Jhr andächtiges Gebeth durch einen Donnerschlag zerschmettert wird / unter Anstimmung eines beweglichen Sterbe-Liedgens zu dem Tode geführet.

Die Streitende Kirche betrauret in einem lamentirlichen Gesange den unschuldigen Todt der vor den Nahmen JESU sterbenden Prinzeßin LIBERATÆ.

Der fünfften Abhandelung

Erster Aufftritt.


Jndem FERDINANDUS den unschuldigen Tod der Prinzeßin LIBERATÆ höchlich beklaget /


Zweyter Auftritt.


Wjrd Jhm wegen des angenommenen Christlichen Glaubens auff Befehl des Königes ein Gifft-Tranck überliefert / welchen Er auch unerschrocken zu sich nimmt / und stirbt.


Dritter Auftritt.


Ejn singender Engel schmücket mit einem Lorber-Krantze und Palmen-Zweige die Leiche FERDINANDI.


[253] Vierdter Auftritt.


JULIANEN
reuet vortreflich jhre Verrätherey / wodurch FERDINANDUS getödtet worden / so daß Sie sich auß Verzweifelung in dem Fluße Tagus ersäuffen wil.

Fünffter Auftritt.


Der schwermüthige ALPHONSUS wil im Grünen Ruhe suchen / und sincket vor lauter Melancholey in einen Schlaff.


Siebender Auftritt.


Dem schlaffenden ALPHONSO verkündigen die Geister der von Jhm wegen des Christlichen Glaubens hingerichteten Prinzeßin PHILIPPINÆ, FERDINANDI, RIBERÆ, und HYACINTHI, als Seiner fürnehmsten Bluts-Freunde / Feld-Herrens / und Obristen Priesters / die unaußbleibliche Rache GOttes / wie auch PALAMEDIS Entweichung.


Achter und Neundter Auftritt.


Dem hierüber höchst-erschrockenen Könige erscheinet der Geist LIBERATÆ in den Wolcken unter einer holdseeligsten Music / welche Jhre erlangte Ewige Glückseeligkeit höchlich preiset / und Jhn zu Verlassung des Heidenthums beweglich ermahnet.


Zehnder und letzter Auftritt.


Worauff der König nicht allein der Prinzeßin LIBERATÆ ein höchst-kostbares MONUMENTUM auffzurichten / sondern auch seinem Hoff und gantzen Königreiche den Christlichen Glauben anzunehmen höchst-eifrig befiehlet.


Die Triumphirende Kirche erfreuet sich in einem Siges-Liede über der erlangten Märtyrer-Krone der unüberwindlichen [254] Princeßin LIBERATÆ, wie auch über der Bekehrung Jhres Herrn Vaters und des gantzen Königreichs Portugal zum Christlichen Glauben / zugleich Unserm Allergnädigsten Käyser LEOPOLDO die GLORIEUSE Bekehrung aller Heyden zum Christenthumdurch seinen Siegprangenden Scepter Hertzinnigst verwünschend.

[255]

Personen

[256] [366]Personen deß Trauer-SpilesUnd zwarAls Redende.

    • Liberata, Königl. Prinzeßin in Portugal.

    • Alphonsus, Jhr Herr Vater der König.

    • Ferdinandus, Königl. Printz auß Sicilien.

    • Arimantes, Königl. Printz auß Egypten.

    • Tiridates, Abgesandter deß Königes in Perßien.

    • Ramiro, Obrister Heydnischer Prister in Portugal.

    • Octavius,
    • Palamedes, Königliche Statts-Räthe.

    • Rodrigo, Königl. Kriges-Rath.

    • Juliana, eine Römische Prinzeßin im Pagen-Habit unter dem Nahmen Infortunio, Ferdinandi Diner.

    • Aurora, eine Königl. Hoff-Dame.

    • Canidia, Eine kluge Frau und vermeinte Zauberin.

    • Der Geist Isabellæ, deß Königes Alphonsi verstorbenen Gemahlin.

    • Der Geist Ferdinandi, Printzens auß Sicilien.

    • Die Geister der Prinzeßin Philippinæ, Alphonsi Schwester / wie auch deß Feld-Herrns Graffens von Ribera, und deß Obristen Pristers Hiacynthi, welche drey Personen Alphonsus wegen des Christlichen Glaubens / Jene zwar durch das Beil / Diese zwey aber durch Strick und Feuer hinrichten lassen.

Alsz Schweigende.

    • Unterschiedliche Pagen und Trabanten deß Königes.

    • Der Blut-Richter mit seiner Gesellschafft.

[366] Alsz Singende.

    • Zwey Engel.

    • Die Schönheit.

    • Die Gerechtigkeit.

    • Die Himmlische Liebe.

    • Die Streitende und Triumffirende Kirche.

1. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt.
Der Schau-Platz stellet vor einen Königlichen Verhör-Saal.
Alphonsus. Ramiro. Octavius. Palamedes. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.

ALPHONSUS.
Nun ist diß stoltze Reich durch unsern Arm besiegt /
Der Waffen-volle MARS hat diesen Stahl vergnügt /
Deß TAGUS göldnes Haupt / der König aller Flüße /
Legt sich demüthigst nun vor unsrer Hoheit Füsse.
Es mag DIESPITER den blauen Himmels-Saal /
NEPTUN das grüne Meer / AVERNUS Schwefel-Thal
Der schwartze RHADAMANT zu seinem Erbtheil wissen;
Jch kan mich ebenfalls in solche Zirckel schlüssen.
Mein Pol ist Lisabon / der Tagus meine See /
Mein Zorn ein Höllen-Pful / der Marter / Ach / und Weh
Mit Donner-reichem Blitz auff seine Feinde schüttet.
Der freche HALY weiß wie unser Schwerdt gewüttet /
Der weiß-bezähnte Mohr scheut selber unsre Macht /
Weil meine Lorbern Jhn zu solchem Frieden bracht /
Wodurch Fünff Könige zu unsren Sclaven worden
Und gäntzlich sich gelegt jhr Blut-beströhmtes Morden.
Der rauhe Sarazen und der Brasilian
Jst unsrer Majestät mit Freundschafft zugethan.
Ja selbst der grosse Chach / den Ost und West verehren /
Wil Lusitanien durch Bündnüs itzt vermehren.
[256] So hat auch unsre Faust das heilige Altar
Deß grossen Jupiters vor Anstoß und Gefahr
Höchst-Eifrig stets bewacht und mächtiglich beschützet /
So daß kein Donnerkeil auff Dessen Burg geblitzet
Vom schnöden Christen-Volck / weil wir selbst unser Blut
Auch dißfalls nicht verschont / wann etwan diese Glut
Jemanden angesteckt / wie solches PHILIPPINE,
RIBER' und HYACINTH auffs Henckers Folter-Bühne
Der grossen Welt gezeigt / alß jene durch den Stahl /
RIBERA durch den Strick / und HYACINTH am Pfahl /
Weil Christum Sie verehrt / höchst-schimpflich must' erbleichen /
Wodurch ja unser Ruhm die Sternen kan erreichen.
Allein daß dieses Glück uns ferner günstig sey /
So steht / Getreuste / Uns mit klugem Rathe bey /
Und meldet / wie diß Reich noch ferner könne grünen.
RAMIRO.
Durchlauchtigster Monarch / den Ost und West bedienen /
Den Lusitanien als seinen Siger ehrt /
Wo Eure Majestät RAMIRI Rathschlag hört /
RAMIRI, welcher nur des Königs Wolfarth suchet /
Und seine Feinde stets auß rechtem Grimm verfluchet /
So kan deß Zepters Gold / der Krone Diamant /
Des Purpurs Schnecken-Blut / das Völckerreiche Land
Nicht schönem Glantz empfahn / und grössers Wachsthum haben /
Alß wenn den Göttern man mit vielen Opfer-Gaben
Bekrönet jhr Altar; Denn wer die Tempel schützt
Deß grossen Jupiters und auff die Christen blitzt
Mit dem Verfolgungs-Strahl / der kan noch auff der Erden
Mit Lorberreicher Pracht zum jrrd'schen Gotte werden.
Ob nun der Himmel zwar deß Königs Helden-Muth
Wird segnen für und für / weil auch sein eigen Blut
Er niemahls hier verschont / so ist doch auch zuschauen /
[257] Wie Eure Majestät mög' Jhrem Stamme bauen
Den Sitz der Ewigkeit / weil sich kein Erb-Printz zeigt /
Und also Kron und Thron sich zu dem Einfall neigt.
Denn wo kein Nachsaß ist in dem entblösten Reiche /
Da steckt die Ehrsuchts-Glutt / des Auffruhrs gifftge Seuche
Auß toller Freyheits-Lust auch klügste Seelen an /
So daß der HYDRA offt kein HERCUL steuren kan.
Drumb sol der goldne Thron deß grossen Königs gläntzen
Jn unverrückter Macht mit frischen Lorbeer-Kräntzen /
So werde die Prinzeß durch HYMENS Heilges Band
Alß Königin vermählt dem Printzen Ferdinand /
So kan ALPHONSI Stamm durch Jhn verewigt werden.
OCTAVIUS.
So ists / Großmächt'ger Fürst! Der grosse Kreiß der Erden
Wird nur durch eine Sonn' erleuchtet und erqvickt.
Sol ein Monarche nun auch in der Welt beglückt
Und Triumphirend seyn / So muß nur eine Sonne
Jm Glaubens-Himmel strahln mit Seegens-reicher Wonne
Der Edlen Einigkeit. Denn wo der Blut-Comet
Des schnöden Christentums im Pol der Länder steht /
Da siht man leyder nichts als grause Finsternüsse.
Wil Er nun / grosser Fürst / des Glückes sanffte Küße
Empfahn auff seinen Mund / so muß Er in dem Reich
Bloß seine Götter schaun / und stracks durch einen Streich
Der Christen gantze Schaar in Asch und Staub verkehren.
Wahr ists auch daß ein Thron nur Wasser-reiche Zehren
Und Donner-Wetter zeigt / wann den gekrönten Stamm
Kein tapffrer Erb-Printz ziert / und nur der Liebes-Thamm
Jm keuschen Eh-Stand sich auff Prinzeßinnen stützet.
Denn freylich hat allhier ERYNNIS offt geblitzet
Mit Zwietracht / Mord und Brand / wie Alexanders Fall
Jn seiner Monarchie erreget solchen Knall.
Drumb stimm ich willig bey / daß der Prinzeßin Hertze
Jn Liebe werd entzündt durch HYMENS goldne Kertze:
[258] Allein daß Ferdinand den Schatz besitzen soll /
Befind ich nicht vor gut! Jn dem Regirungs-Pol
Muß ein solch Sonnen-Rad mit seinem Golde strahlen /
Das fast die gantze Welt kan prächtig übermahlen.
Hier kan der grosse Chach uns reichen solchen Glantz /
Wodurch vergrössert wird des Königs Lorbeer-Krantz
Und den kein Donner-Keil der Feinde kan zerschmettern.
PALAMEDES.
Jch zweifle mein OCTAV, daß unsern Himmels-Göttern
Ein grosser Dienst gescheh / wenn man der Christen Schaar
Bald unverhörter Sach auffopfert dem Altar
Der strengen NEMESIS, und sich nicht vor bemühet
Den Jrrthum / dessen Frucht in jhren Seelen blühet /
Durch klugen Unterricht zu reissen gäntzlich auß.
Man pflegt / wann Dampff und Glut umringen Hoff und Hauß /
Nicht stracks mit Picq' und Axt die Zimmer einzuschlagen /
Es wird vor zu dem Brand des Wassers Flut getragen /
Eh die Verzweifelung zu diesen Mitteln greifft.
Ja auff der Unschuld Bild wird offtmals selbst geschleifft
Das strenge Richter-Beil und grimme Hencker-Eisen.
Zudem welch SENECA wird diesen Vorschlag preisen /
Daß ein gekrönter Fürst sein annoch zartes Kind /
Dehm überjrrdscher Glantz der Schönheit sich verbindt /
Jn ein entferntes Land / wo Barbarn nur regiren /
Und nichts als Tyger sindt / unweißlich solle führen?
Hat dann ALPHONSUS schon den einen Fuß im Grab?
Jst Lusitaniens Demantner Richter-Stab
Zu schwer in seiner Faust? Kan nicht durch keusche Flammen
Er seine Einsamkeit mit guttem Fug verdammen /
Umarmen ein Gemahl / vermehren sein Geschlecht /
Und trotzen Zeit und Todt? Wer tadelt dieses Recht?
Fürwahr kein kluger Geist! Drumb ziehlt mein treues Hertze
[259] Auff diesen Vorschlag hin / daß keine Liebes-Kertze
Entzünde die Prinzeß; Hingegen sey die Brust
Deß grossen Königes beflammt mit dieser Lust /
Wodurch ein junger Printz auff diesen Kreiß der Erden
Zu Trost gantz Portugals noch kan gebohren werden.
OCTAVIUS.
Wie daß mir Palamed in beydem widerspricht?
PALAMEDES.
Weil beydes schädlich ist des Königes Gericht.
OCTAVIUS.
Was kan der Christen Tod dem Reich vor Schaden bringen?
PALAMEDES.
Der Glaube läst sich nicht durch Stahl und Flammen zwingen.
OCTAVIUS.
Wo Gütte nichts verfängt / da braucht man die Gewalt.
PALAMEDES.
Die Liebe gegen uns wird hierdurch nur erkalt.
OCTAVIUS.
Was achtet unser Hoff die Liebe dieser Hunde!
PALAMEDES.
Viel besser daß Sie stehn mit uns in einem Bunde.
OCTAVIUS.
Dem König steht kein Bund mit seinen Sclaven an.
PALAMEDES.
Es giebt doch dieses Volck so viel es geben kan.
[260]
OCTAVIUS.
Diß heischt die Schuldigkeit / sonst wär'n Sie längst vertrieben.
PALAMEDES.
Was wäre wol vor Nutz dem grossen Reich geblieben?
OCTAVIUS.
Jm Glaubens-Himmel sol nur eine Sonne stehn.
PALAMEDES.
Viel Sternen können mehr deß Himmels Glantz erhöhn.
OCTAVIUS.
Des Glaubens Vielheit ist ein Zunder aller Sünden.
PALAMEDES.
Hierdurch kan ein Regent den Goldnen Schlüßel finden.
OCTAVIUS.
Der goldne Schlüßel wird auff andre Art bereit.
PALAMEDES.
Jedoch nicht ohne Schmertz und Schlangen-vollen Neid.
OCTAVIUS.
Wie daß dein freyer Mund die Christen so beschützet?
PALAMEDES.
Weil sich auff jhre Treu des Reiches Wolfahrt stützet.
OCTAVIUS.
Warum verwirffst du dann die Heyrath der Prinzeß?
PALAMEDES.
Weil auß der Liebe wichst deß Unglücks Traur-Zypreß.
[261]
OCTAVIUS.
Wer ist wol mächtiger als der Monarch der Persen?
PALAMEDES.
Sol künfftig dieses Volck dann Portugall beherrschen?
OCTAVIUS.
Nein! Liberata wird der Persen Sonne seyn.
PALAMEDES.
Cometen sihst du an vor göldnen Sonnen-Schein.
OCTAVIUS.
Hat denn der PALLAS Brust dich nur allein geträncket?
PALAMEDES.
Vielleicht hat Sie mehr Milch mir wol alß dir geschencket.
OCTAVIUS.
Wer allzuklug seyn wil / wird offters selbst zum Thor.
PALAMEDES.
Du magst Apollo seyn in diesem Musen-Chor!
OCTAVIUS.
Was hat die Red' auff sich? Bleib Palamed im Schrancken!
Sonst wird dein frecher Geist – –
ALPHONSUS.
Halt inn mit diesem Zancken!
Hierdurch wird nicht gestützt des Reichs-Throns göldne Zier!
Rodrigo trag uns auch itzt deine Meinung für.
RODRIGO.
Durchlauchtigster Monarch / wo ich mich darff erkühnen
Zu melden wie der Thron des Königs könne grünen
[262] Den frischen Zedern gleich / so muß ich frey gestehn /
Des Glaubens Eifer kan Jhn / grosser Fürst / erhöhn /
Wie solches wahr gemacht die Fürstin Philippine /
Riber' und Hyacinth auffs Henckers Folter-Bühne.
Denn wann der kalte Brand des Cörpers Bau entzündt /
So wird dasselbe Glied / das seine Stück empfind /
Eh sich die Hefftigkeit der grimmen Glut vermehret
Und das Escurial des Leibes gantz versehret /
Durch Sägen abgelöst und also Rath geschafft.
So ists auch hier bewandt; Man nehme in Verhafft /
Man säge schleunig ab die angesteckten Glieder /
Wo sich der kalte Brand der Christen setzt darnieder /
Eh diese strenge Seuch und Höllen-gleiche Pest
Auffs Königs göldnen Thron jhr Teuflisch Gifft außläßt /
So wird die gantze Welt die edle Cur erheben.
Denn Zepter / Kron und Thron muß stets in Furchten schweben /
Wo diese Pestilentz / die mit den Göttern kämpfft /
Durch kluges Gegen-Gifft nicht schleunig wird gedämpfft.
Wie Rom ein Trauer-Spiel in diesem Fall kan weisen.
Denn ob demselbten zwar Strick / Pfeile / Räder / Eisen /
Pech / Fackeln / Säcke / Bley / und was die Christen qvählt /
Zu dämpfen diese Pest zu keiner Zeit gefehlt /
So haben doch alldar die Sieges-reichen Käyser
Vor Lorbern offt gesehn nur die Zypreßen-Reiser /
Wie Nero / Commodus / Tiberius / Trajan /
Coccejus / und Valer diß klärlich zeigen an.
Drumb muß Alphonsus auch die grimme Pest außfegen /
Sonst möcht' in Lisabon was Frembdes sich erregen!
Was aber anbetrifft die Fürstin Liberat /
So schätz' ich mich zu schwach zu geben einen Rath
Jn diesem Heyraths-Werck! Doch wär' hier zu bedencken /
Ob Ferdinanden nicht der ädle Schatz zu schencken /
Weil Tugend und Verstand den Printzen zieren kan.
[263]
ALPHONSUS.
Wir nehmen / Treuste / zwar mit sondern Gnaden an /
Daß meisten Theils auß Euch die Stimmen dahin zielen /
Wie unsre Majestät den Eyfer möge kühlen
Jm NAZARÆNER Blut durch Flammen / Beil / und Rad /
Und was der Themis Faust in jhren Schrancken hat.
Es sol Rodrigo auch höchst-eyfrig seyn beflissen
Der Christen tolle Schaar in Kett- und Band zu Schlüssen.
Allein daß die Prinzeß / die kaum das Sechste Jahr
Zum Drittenmahl erlebt / auff Hymens Brand-Altar
So zeitlich opfern sol die Schönheit Jhrer Glieder /
Diß ist ein solcher Rath / der gäntzlich unß zuwider.

Sie gehen alle ab bis auf den König.
2. Auftritt
Zweyter Auftritt.
ALPHONSUS.
Nein Liberata! Nein! Dich sol noch Ferdinand /
Noch Persens grosse Macht / viel minder Arimant
Von Unsrer Majestät zu seiner Braut erlangen!
Denn deine Schönheit sol alleine mich umfangen!
Ach Liberata! ach! Du Sonne unsrer Zeit
Du VENUS dieser Welt! Du Bild der Göttligkeit!
Verzeih / daß meine Brunst Dir keine andre Flammen
Als Unsre eignet zu! Du wirst auch nicht verdammen
Den Zustand meiner Pein / daß ich dein Vater bin!
Wo sol die Liebe mehr als in den Eltern blühn?
Wo sol die Liebe mehr alß in den Kindern wohnen /
Besonders im Pallast und Gold-besteinten Cronen?
Ach Liberata! Ach! Jedoch was fällt mir ein
Zu lindern meine Qvahl! Jch muß bemühet seyn
Die Printzen ins gesambt / die stündlich sich erkühnen
[264] Jn heisser Liebes-Brunst die Fürstin zu bedienen /
Auß Väterlicher Macht mit dem beperlten Stab
Von unserm Lisabon zu weisen listig ab.
Nur Muth Alphonsus! Muth! Du wirst den Hafen finden!
Der Liebe Klugheit ist unmöglich zu ergründen.
3. Auftritt
Dritter Auftritt.
Alphonsus. Ferdinandus.

FERDINANDUS.
Durchlauchtigst-grosser Fürst / Jhm ist gar wol bewust /
Daß Liberatens-Glantz durchpfeilet meine Brust /
Und daß der Liebes-Brand ein solches Feur erreget /
Das mich / wo Rettung fehlt / gewiß zu Grabe träget.
Wil Eure Majestät nun meine Sterbligkeit
Bewahren vor der Grufft und blassem Todten-Kleid /
So bitt' Jch auff dem Knie / Sie wollen sich erbarmen
Der Jugend meiner Zeit und lassen mich umarmen
Jhr Engelzartes Kind / das Wunder aller Welt /
Das mein verliebter Geist vor seinen Abgott hält.
So wird Alphonsus Ruhm bis an die Sternen steigen /
Und sich Sicilien vor seinem Zepter neigen;
Ja Ferdinandus wird vor die so hohe Gnad
Ein ew'ger Sclave seyn der Fürstin Liberat
Und Eurer Majestät auch in der Bahre dancken!
ALPHONSUS.
Daß sich Printz Ferdinand in den bescheidnen Schrancken
Der keuschen Liebe halt und höflich an Unß sinnt /
Daß unser höchster Schatz und eintzig-liebstes Kind
Sein Hertz vergnügen sol / diß ist Unß nicht verborgen.
[265] Es wolle nur der Printz besänfftgen seine Sorgen /
Biß wir – Allem / wer kommt?
FERDINANDUS.
Der König lebe wol!
4. Auftritt
Vierdter Auftritt.
Alphonsus. Arimantes. Tiridates.

ARIMANTES.
Der Fürst verzeihe mir daß sich im Sternen-Pol
Des göldnen Portugals mein brauner Schatten findet!
Es weiß die Majestät wie hefftig mich entzündet
Die heisse Liebes-Glut ob Liberatens Glantz.
Weil die Prinzessin nun deß HYMENÆUS Krantz
Mir nicht ertheilen wil / so wolle doch sein Hertze /
Durchlauchtigst-grosser Fürst / mich auß dem strengen Schmertze /
Krafft Väterlicher Macht versetzen in die Ruh /
Und zur Gemahlin mir die Fürstin sprechen zu /
So werd' ich vor die Gnad höchst-danckbar Ewig bleiben!
TIRIDATES.
Auch Tiridates wird mit Diamanten schreiben
Jn das Krystallne Buch der edlen Danckbarkeit /
Wo Eure Majestät den grossen Chach erfreut
Und seinem liebsten Printz wird die Prinzeß vermählen
Auß Königlicher Macht / weil keinen nicht erwählen
Auß eigner Hoheit wil die Fürstin Liberat.
Drumb sucht mein Chach Bescheid durch seinen Tiridat.
ALPHONSUS.
Ha ungereimte Bitt'! Solch thörichtes Begehren
Jst Unsrer Majestät unmöglich zu gewehren!
5. Auftritt
[266] Fünfter Auftritt.
Arimantes. Tiridates.

ARIMANTES.
Der Abschied ist sehr schlecht! Wie? Jst Printz Arimant
Ein Dorn ins Königs Aug? Jst denn sein liebstes Pfand
Die Fürstin Liberat zu hoch vor einen Mohren /
Dem gantz Egypten-Land alß wahrem Printz geschwohren?
Da seyn die Götter vor! Bin ich gleich nicht ein Schwan /
So führ' ich doch so wol ein Königliches Fahn
Alß wol Alphonsus führt! Jedoch ich wil im Hertzen
Den angethanen Schimpf auß Höfligkeit verschmertzen
Und selbsten der Prinzeß Erklärung holen ein.
TIRIDATES.
So ists! Auch mich hat fast verkehrt in einen Stein /
Daß sich Alphonsus darff so trotzig unterfangen
Deß Persischen Monarchs höchst-billiches Verlangen
So frech zu schlagen ab! Wie? Jst mein grosser CHACH
Nicht dieser Fürstin werth? Ergrimme Rechte Rach!
Doch die Begierde sol mein Hertze nicht entzünden!
Gesandten sollen sich durch Klugheit überwinden.
6. Auftritt
Sechster Auftritt.
JULIANA
in Pagen-Habit.
Wje spielt des Himmels Schluß mit Prinzeßinnen doch!
Wer hätte wol vermeint daß mir das strenge Joch
Der schweren Dienstbarkeit solt an die Glieder fallen!
Wir Menschen sind wol recht deß Glückes Federballen.
O falscher Ferdinand! Wie hast du doch geschertzt
Mit deiner Julian! Jhr Götter ach wie schmertzt
[267] Mich diese Untreu doch! Wie hast du schon vergessen /
Daß Julian' allein dein brennend Hertz besessen?
Daß Julian' allein dir eine Göttin war /
Alß du dich Jhr ergabst zu eigen gantz und gar
Und Jhr die Eh versprachst bey der geweihten Tyber /
Biß ich im Pagen-Kleid verzweifelnde herüber
Nach Lisabona kam in deß Alphonsus Reich
Und Dienste bey dir sucht? O Untreu sonder gleich!
Doch weil Jhm der Habit die Sinnen noch nicht rühret /
So wil ich / umb zu sehn ob noch die Liebe führet
Jn Jhm die Oberhand / in eines Geists Gestalt
Jhn schrecken / mit Bericht daß Julian' erkalt
Durch seine Falschheit sey. Vielleicht wird Er sich fühlen /
Und ferner nicht sein Hertz nach Liberaten zilen!
7. Auftritt
Sibender Auftritt.
Juliana. Aurora.

AURORA.
Mein Infortunio bleib doch hier etwas stehn!
JULIANA.
Jch muß zu meinem Herrn Printz Ferdinanden gehn.
AURORA.
Jtzt wird Printz Ferdinand vor der Prinzeß sich neigen.
JULIANA.
Ein Page muß sich stets zum Dienste fertig zeigen.
AURORA.
Zwey Worte werden dich / mein Kind / verhindern nicht.
[268]
JULIANA.
Wenn hat Aurora mich gebohren an das Licht?
AURORA.
Es hat die Liebe dich zu meinem Kind erkohren.
JULIANA.
Nicht mich / Cupiden hat die Venus nur gebohren.
AURORA.
Du wirst CUPIDO mir / ich dir die VENUS seyn.
JULIANA.
Aurora stelle nur die Liebes-Poßen ein.
AURORA.
Wil deine Schönheit dann mein brennend Hertz verlachen?
JULIANA.
Die Jugend meiner Zeit weiß nichts von Liebes-Sachen.
AURORA.
Der Liebe Wissenschafft braucht keine grosse Kunst.
JULIANA.
Die Liebe wird sich hier nur kehrn in Rauch und Dunst.
AURORA.
Ach nein! Diß Feuer wird zur hellen Sonne werden.
JULIANA.
Ein Jrrlicht wird es seyn auff diesem Kreiß der Erden.
AURORA.
Es wird die Liebe unß erhöhen bis zum Pol.
[269]
JULIANA.
Diß Werck versteh ich nicht; Aurora lebe wol!
Mich rufft mein Dienst von hier; Jch kan nicht länger warten.
8. Auftritt
Achter Auftritt.
AURORA.
Seht mir die Hoffarth an! Jch muß durch andre Arten
Deß kleinen Leckers Hertz auff meine Seite ziehn.
Durch Gaben können offt die Liebes-Rosen blühn
Jm Marmor-harten Sinn. Durch Gaben wird vergnüget
Der grosse Jupiter / ja hierdurch wird besieget
Selbst der Astræen Thron: Drumb eil Aurora! eil!
Und schau wie deine Faust Cupidens scharffen Pfeil /
Vor dessen Donnermacht sich Ost- und Westen bücken /
Durch niedliche Geschenck glückseelig möge schicken
Dem Infortunio in seine kalte Brust
Durch Zucker-süsse Brunst und unerschöpffte Lust.
Nur Muth Aurora! Muth! Laß allen Zweifel schwinden!
Es kan die Künheit offt den Liebes-Hafen finden.
9. Auftritt
Neundter Auftritt.
Der Schau-Platz verändert sich in der Prinzeßin Liberatæ Zimmer.

LIBERATA.
Gott! Dreymahl Grosser GOTT! HErr über Leib und Geist /
Der die verirrte Seel' auß düstrem Nebel reißt /
Monarch / ob dessen Glantz die Engel selbst erbeben /
[270] Wie sol ich ärmste Magd doch deine Gnad erheben!
Es ist zwar grosses Glück / daß Fürst Alphonsus mich
Auff diese Welt gezeugt / daß Witz und Schönheit sich
Vermählet meinem Haupt / daß Perlen und Rubinen
Den lieblichen Pallast der Glieder mir bedienen /
Daß Lisabona mir der Ehre Purpur gibt /
Ja gantz Hispanien die Liberatam liebt;
Alleine dieses Glück ist nichts alß Dunst und Schatten /
Weil falsche Lehrer mir die Seel' umnebelt hatten
Mit solchem Götzen-Dienst / der ins Verterben stürtzt
Und diesem / der jhm folgt / den edlen Geist verkürtzt.
Von diesem Unglück nun hast du / O GOTT / befreyet
Die ärmste Liberat / du hast mein Hertz verneuet /
Weil deine Allmacht mir den rechten Weg gezeigt /
Der zu dem Himmel führt und zu den Sternen steigt.
Ade nun Heydenthum! Sey tausendmahl verfluchet!
Willkommen aber sey mein JESUS / den stets suchet
Der Liberaten Geist zu seinem Bräutigam /
Weil Er sich mir vertraut anß Heilgen Creutzes Stamm!
Vor diese Gnad / O GOTT / wil ich dich stets erheben /
So lange Seel' und Hertz in meinem Cörper schweben!
Ach schütze ferner nur der Christen ärmste Schaar /
Der Fürst Alphonsus stets deß Henckers Mord-Altar
Jn höchstem Eifer baut durch Fackeln / Rad und Eisen /
So wird den starcken Schutz stets deine Sclavin preisen!
10. Auftritt
Zehnder Auftritt.
Liberata. Ferdinandus.

FERDINANDUS.
So wil Sie nicht Prinzeß / erleichtern meine Pein?
[271]
LIBERATA.
Jch wüntschte daß ich könt' ein kluger PŒON seyn.
FERDINANDUS.
Sie / schönste Isis, kan nur meine Schmertzen lindern.
LIBERATA.
Ein überjrrdsches Werck wil diese Cur verhindern.
FERDINANDUS.
Blitzt denn Diespiter auff unsre Liebes-Brunst?
LIBERATA.
Die Furcht / mein werther Printz / ist nur ein eitler Dunst.
FERDINANDUS.
Wie? Oder wil Alphons die süsse Glutt vertilgen?
LIBERATA.
Es weiß Alphonsus nur von meinen Keuschheits-Lilgen.
FERDINANDUS.
Die Keuschheits-Lilge kan auch bey Vermählten stehn.
LIBERATA.
Vermählte müssen stets auff Dorn- und Disteln gehn.
FERDINANDUS.
Hier wird die Hölle selbst zu einem Paradise.
LIBERATA.
Wehm ist doch nicht bekandt der Sorgen grosser Rise?
FERDINANDUS.
Gekrönte haben ja den Himmel auff der Welt.
[272]
LIBERATA.
Der Himmel ist allein mein schönstes Liebes-Zelt.
FERDINANDUS.
Wie? Wil Sie sich Prinzeß vielleicht mit Göttern küssen?
LIBERATA.
Es wird mich GOTT und Mensch in Seine Armen schlüssen.
FERDINANDUS.
Die Red ist mir zu hoch! Sie stecke doch ein Licht
Den duncklen Wörtern an durch deutlichen Bericht.
LIBERATA.
Der Mohr und Pers' erscheint! O unbeliebtes Zeichen!
FERDINANDUS.
O unverschämtes Paar! Ade! Jch muß entweichen.
11. Auftritt
Eilffter Auftritt.
Liberata. Arimantes. Tiridates.

ARIMANTES.
Der Himmel segne Sie / Durchlauchste Liberat!
LIBERATA.
Diß wünsch' Jch ebenfalls / und beyden klugen Rath.
ARIMANTES.
Jst Arimantes dann nicht würdig Jhrer Flammen?
LIBERATA.
Ach Liberata muß die schnöde Brunst verdammen!
[273]
ARIMANTES.
Jst dieses schnöde Brunst wann Sie ein König liebt?
LIBERATA.
Durch diese Liebe wird mein Hertze nur betrübt!
ARIMANTES.
Warumb wil Sie mit mir kein Ehlich Bündnüs schlüßen?
LIBERATA.
Er frage die Natur / Vernunfft / und das Gewissen.
ARIMANTES.
Es ist ja Arimant ein Mensch wie Liberat.
LIBERATA.
Doch daß die Menschheit hier nicht gleiche Staffeln hat.
ARIMANTES.
So sol ich Ewig mich in diesen Flammen qvälen!
LIBERATA.
Ein Rabe kan sich nicht mit einem Schwan vermählen.
TIRIDATES.
Wie aber steht mein CHACH in der Prinzeßin Huld?
LIBERATA.
Jch ehre seine Gunst / doch mehr der Keuschheit Gold.
TIRIDATES.
Hat Eure Hoheit dann der Vesta sich geweihet?
LIBERATA.
Noch VESTA noch DIAN' hat jemahls mich erfreuet.
[274]
TIRIDATES.
So hat auch kein Gelübd' der Keuschheit Sie gethan.
LIBERATA.
Mein Keuschheits-Zeichen ist des Creutzes Purpur-Fahn.
TIRIDATES.
Es kan nicht Tiridat die dunckle Reden fassen.
LIBERATA.
Jtzt kommt der König gleich! Er wolle mich verlassen!
12. Auftritt
Zwölffter Auftritt.
Liberata. Alphonsus.

ALPHONSUS.
Glückzu mein Augen-Trost! Wie so bestürtzt mein Kind?
Wie daß ein Nebel sich in jhren Sonnen findt?
Hat etwan jhre Brust ein herber Traum beschwehret?
Sie melde was Sie drückt / was Sorgen Jhr gewehret
Und jhren zarten Sinn auß seiner Ruhstadt reißt /
Denn jhre Traurigkeit betrübt auch meinen Geist!
LIBERATA.
Daß Eure Majestät auß Väterlicher Liebe /
Warumb deß Kummers Last mein schmachtend Hertz betrübe /
Genädigst wissen wil / darfür erstatt' ich Danck
Jn Demuths-voller Pflicht; Der dreyen Printzen Zanck
Umb meine Gegenhuld / die offters sich erkühnen
Mit jhrer Gegenwart mich ärmste zu bedienen /
Erweckt mir solchen Schmertz / so daß ich lieber wollt'
[275] Jn einer Wüsten seyn / als Perlen-reiches Gold
Jns Königes Pallast auff meinen Gliedern tragen!
ALPHONSUS.
Prinzeß Sie stelle ein die Seufftzer-reichen Klagen
Und sehe nur auff mich als jhren besten Freund
Jn dieser gantzen Welt / ders treulich mit Jhr meint /
Der wird auch diesem Werck und schwehren Liebes-Sachen /
So wahr ich Vater bin! Ein glücklich Ende machen.
13. Auftritt
Dreyzehender Auftritt.
Alphonsus.

ALPHONSUS.
Nun freu Alphonsus dich! Nun Liberatens Hertz
Der dreyen Buhler Gluth und heisse Liebes-Kertz
Jn Himmel-hohem Witz Großmüthig hat verhönet!
Wer ist es der mein Haupt mit frischen Rosen krönet?
Wer ist es der mir baut ein Lorberreich Altar
Ob dieser Fröligkeit / die mir wird meine
Jn Trismegistens Gold und Nestors Silber kehren
Und Neuen Lebens-Safft dem Phönix gleich gewehren?
Es rühme Artaxerx die süsse Liebes-Glutt /
Die Jhm Aspasia erweckt in seinem Blutt /
Durch Liberatens Blitz / der Götter selbst verletzet /
Wird mein verliebter Geist in größre Lust gesetzet.
Wol dir Alphonsus! wol! Nun bricht dein Glücks-Fest an!
Versäume keine Zeit zu führen diesen Schwan
Der schönsten Göttligkeit zu deinen Liebes-Flüßen /
Wo selbst die GRATIEN einander lieblich küßen!
Versäume keine Zeit zu leschen diesen Brand /
E etwan Tiridat / der Mohr / und Ferdinand
[276] Jn toller Fantasie was schädlichs möchten wagen!
Man muß im Liebes-Werck deß Argus Augen tragen.

Die Singende Schönheit.


1.

Jhr Sterblichen kommt ehret meine Kertzen /
Ob derer Blitz der kältste Stein zerfallt!
Mein Opffer sind viel Tausend tausend Hertzen /
Mein Tempel ist die Groß- und Kleine Welt /
Und mein Magnet thut stets durch seine Stärcke
Jn Ost und West die grösten Wunderwercke.

2.

Der Götter Schloß der blau-gewölbte Himmel
Sieht schöner auß beym goldnen Sonnenschein /
Alß wenn ein Blitz und rasendes Getümmel
Erschröcklich schlägt mit Donner-Keilen ein;
Die dunckle Nacht kan uns vielmehr erqvicken
Wenn Mond und Stern jhr schwartzes Schlaf-Kleid schmücken.

3.

Der Jugend Glantz / der Augen schwartze Sonne /
Der Wangen Schnee / der Brüste Alabast /
Erwecken ja den Sinnen größre Wonne /
Sind der Natur ein süßrer Liebes-Gast /
Alß wenn mit Schmertz deß Alters Blut-Cometen
Jm Liebes-Pol der Seele Labsal tödten.

4.

Es ist kein Stand vor meiner Fackel sicher
Wenn jhre Glutt das Antlitz überstrahlt;
Der Purpur hat wol ehr die Badetücher
[277] Ob meinem Blitz mit süsser Brunst bezahlt /
Wie Adalbert ein klares Beyspiel zeiget /
Alß Er sein Hertz zur Agnes hat geneiget.

5.

Ja die Natur starrt selbst ob meinen Flammen!
Wenn mein Magnet läst seine Stärcke schaun /
So zieht sein Geist auch das Geblüth zusammen /
Und läst mit Lust deß Hymens Tempel baun /
Wie Liberat ein Rares Beyspiel gibet /
Jn die sich selbst der Vater hat verliebet.

6.

Kurtz: Schönheit ist die Fürstin dieser Erden /
Der Stand / Natur / und alle Klugheit weicht /
Gantz Troja muß durch mich zur Asche werden /
Wann Helenen mein goldner Glantz erleucht.
Drumb ehret doch die Flammen meiner Kertzen /
So werdet Jhr empfinden keine Schmertzen.

2. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt.
Der Schau-Platz stellet vor den Königl. Lust-Garten.

TIRIDATES.
Jhr Götter dehrer Arm gantz Persien beschützt /
Auff dehrer Hoheit sich mein grösser Sefi stützt /
Erleuchtet mein Gemüth und gebt mir zu erkennen /
Ob itzt die Rache sol in meiner Seele brennen!
Gebt / grosse Götter / doch mir einen treuen Rath /
Ob seinen Vorsatz sol vollziehen Tiridat!
Ob die Prinzeßin Jch / die Zucht und Schönheit ziehren /
Durch Schlangen-gleiche List dem Vater sol entführen!
Wahr ists; Alphonsus hat den grossen Schach verhöhnt /
Dehn Norden / Ost und West mit tausend Lorbern krönt;
Jch bin auch wol bedacht die Rache vorzunehmen /
Durch die deß Königs Hertz sich wird zu Tode grämen.
Allein diß wicht'ge Werck begleitet die Gefahr /
Auff dieser That beruht die schwänze Todtenbahr.
Drumb ist hier ein Ulyß und Seneca vonnöthen /
Der mir verjagen kan die dreuenden Cometen.
Hier sol Octavius mein treuer Leit-Stern seyn.
Man weiß der Ehre Gold wirfft einen solchen Schein
Und hellen Glantz von sich / daß auch die klügsten Sinnen /
Besonders im Pallast / die Ehrsucht kan gewinnen.
Diß Kleinod wil ich nun vorstellen diesem Rath /
Und daß Octavius durch solche Helden-That
Vom Grossen Sefi werd ein Fürst in Persen werden /
Dehm keiner gleiche sey auff diesem Kreiß der Erden.
[279] Steht / grosse Götter / mir in diesem Wercke bey /
Schafft / daß Octavius mir ein Ulysses sey /
Damit gantz Persien in dieser Liebes-Sache
Empfinde Glück und Sieg von Tiridatens Rache!
2. Auftritt
Zweyter Auftritt.
Tiridates. Octavius.

TIRIDATES.
Wohin mein Freund Octav so einsam / so betrübt?
OCTAVIUS.
Jch suche diesen Orth / der Ruh und Frieden giebt.
TIRIDATES.
Jst dann im grossen Hoff nicht Fried' und Ruh zu finden?
OCTAVIUS.
Wo wil diß Kleinod ehr alß im Pallast verschwinden?
TIRIDATES.
Wie kan diß möglich seyn weil Themis hier regiert?
OCTAVIUS.
Offt wird der gelbe Neid mehr alß das Recht verspührt.
TIRIDATES.
Wo zielt die Red' hinauß? Jst Themis dann erblichen?
OCTAVIUS.
Ja! Palamedes macht daß dieser Schatz entwichen.
[280]
TIRIDATES.
Entdecke doch mein Freund was deine Sinnen drückt.
OCTAVIUS.
Die Heyrath der Prinzeß hat mir mein Ziel verrückt.
TIRIDATES.
Hat etwan Palamed was schädlichs hier gemischet?
OCTAVIUS.
Ja freylich; Weil Octav vergeblich hier gefischet.
TIRIDATES.
Hat eine Stimme nur mein grosser Schach gehabt?
OCTAVIUS.
Ja / weil Printz Ferdinand mit zweyen ward begabt.
TIRIDATES.
Jst aber nicht Octav bedacht den Schimpff zu rächen?
OCTAVIUS.
Wer wil auff Rache sehn wo Mittel woll'n gebrechen.
TIRIDATES.
Jch wil das Mittel seyn zu dieser Edlen Rach.
OCTAVIUS.
Die Rache zieht nach sich nur Jammer / Weh und Ach!
TIRIDATES.
Mein Freund Er hat allhier ein allzuzart Gewissen.
OCTAVIUS.
Wer dieses rein bewahrt / darff nicht in Ketten büssen.
[281]
TIRIDATES.
Der Ehre reiches Gold sticht alle Ketten weg.
OCTAVIUS.
Die Ruhe deß Gemüths ist meiner Sinnen Zweck.
TIRIDATES.
Die Ruhe deß Gemüths wohnt auff dem Berg der Ehren.
OCTAVIUS.
Deß Unglücks Donner-Keil kan diesen Berg versehren.
TIRIDATES.
Die Sonne auff dem Thron verjaget allen Blitz.
OCTAVIUS.
Der Thron ist an sich selbst ein Dornen-reicher Sitz.
TIRIDATES.
Mein Freund! Unß dienet nichts diß leere Wort-Gefechte.
Die Rache lassen zu offt selbst die schärffsten Rechte.
Es kan Octavius ein Fürst in Perßen seyn /
Dafern sein kluger Sinn stimmt meinem Vorsatz ein /
Krafft dessen die Prinzeß wir beyde wolln entführen
Jn diesem Lust-Refier und unß mit Masqven zieren.
OCTAVIUS.
Diß siht gefährlich auß! Doch wo mit kluger List
Nur Tiridates ist vollkommen außgerüst /
Und durch den theuren Eyd bekräftigt sein Versprechen /
So wil ich mich nebst Jhm an dem Alphonsus rächen /
Und zeigen daß ich sey deß Tiridatens Freund
Jn diesem wicht'gen Werck.
[282]
TIRIDATES.
O mehr alß wol gemeint!
Entblösse deinen Stahl!

Octavius zieht seine Säbel auß / auff welche Tiridates zwey Finger leget und also knieende schwehret.
TIRIDATES.
Jch schwer' auff dieser Erden:
Es sol Octavius ein Fürst in Perßen werden /
Zugleich ein Fürstenthum / das dreyßig Städte hat /
Empfahn vom grossen Schach durch Tiridatens Rath!

Tiridates stehet wieder auff und entblößet gleichfalls seine Säbel / auff welcher Octavius ebener massen schwehret.

Und hier ist auch mein Schwerdt!
OCTAVIUS.
Schau meine Lippen schwehren /
Daß ich dem Tiridat wil die Prinzeß gewehren
Jn diesem Lust-Refir und in vermumter Tracht
Sie führen auß dem Land biß Sie in Persen bracht!
TIRIDATES.
So lebe wol mein Freund! Jch trau auff dein Versprechen!
OCTAVIUS.
Nicht anders!
TIRIDATES.
So muß man sich an dem Feinde rächen!
3. Auftritt
[283] Dritter Auftritt.
OCTAVIUS.
Es ist nun zwar bereit der Rache Rosen-Bahn!
Allein Octavius! Was hast du doch gethan?
Was hast du doch gethan? Wo bleibet dein Gewissen?
Wo deines Ambtes Eyd? Ach tödtliches Entschlüssen!
Ach geh Octav in dich! Bedencke was du thust!
Ach sol das Meyneids-Gifft beschwärtzen deine Brust?
Wie wenn dein Fürsten-Hutt sich in ein Klotz verkehrte /
Und deinem stoltzen Haupt deß Henckers Beil gewehrte?
Denn die Verrätherey nimmt selten ein gutt End.
Wahr ists / daß Reu und Furcht in meiner Seele brennt!
Jdoch nur Muth Octav! Der Ehre goldne Kertzen /
Die Persien verspricht / verjagen alle Schmertzen /
Die Kleinmuth mir erweckt. Jch trau dem Tiridat
Und seinem theuren Eyd! Ein Königlicher Rath
Jst keinem Fürsten gleich / dem tapffere Vasallen
Gleichwie dem grossen Schach zu Fuße müssen fallen.
Nur Muth Octavius! Ein Gold-gestickter Saal
Jm grossen Jßpahan / der dreyßig Städte Zahl
Sticht weg ein kahles Hauß in Lisabonens Mauren!
Ja mit der Ewigkeit wird meine Fama tauren!
Drumb auff Octavius! Jag alle Sorgen weg /
Der Ehre Apennin ist meiner Sinnen Zweck!
Zudem kan auch der Eyd nicht füglich seyn gebrochen;
Ein Weiser bleibt bey dem was einmahl Er versprochen.
4. Auftritt
Vierdter Auftritt.
ARIMANTES.
Jst Arimant ein Rab' und Liberat' ein Schwan?
Jch wil es machen wahr so viel ich immer kan!
[284] Jch wil ein Rabe seyn und einen solchen Raben /
Der alle Schwanen trotzt / zu meinem Beystand haben.
Wahr ists; Jch bin beschimpft! Jch feyr auch länger nicht!
Eh Tacht und Wachs entgeht dem angezündten Licht
Und sein verlodernd Schein sol Grufft und Bahre mahlen /
Verdoppelt Jhm der Todt die nunmehr schwachen Strahlen.
Auff Arimantes! Auff! Dein Lebens-Oel verrinnt /
Weil Liberata dir den Sterbe-Kittel spinnt!
Doch auff! Eh du verhönt solst Glantz und Glutt entbehren /
Muß dir Canidia den letzten Zweck gewehren.
Schaut Sterbliche wie unß die Liebe martern kan!
Daß man auch Rettung sucht auff ungemeiner Bahn.
Hier wohnt mein kluger Artzt!
5. Auftritt
Fünfter Auftritt.
Arimantes. Canidia.

ARIMANTES.
Ach wo in dieser Hölen
Mehr alß Hochweise Frau die höchst-verliebten Seelen
Dein Heiligthum geküßt und dich umb Rath gefragt
Wenn Sie der Venus Grimm bis auff das Marck geplagt /
So hilff / O Jsis / mir und den geqvählten Geistern /
Die itzt Cupido wil Tyrannisch übermeistern!
Librata ist der Schütz / Jhr schöner Leib der Pfeil /
Der Bogen Jhr Gesicht / die Schwanen-Brust das Seil /
Und das getroffne Ziel mein gantz verwundtes Hertze!
Hilff mir Canidia von dem so strengen Schmertze
Eh mich die grimme Glutt in Asch und Spreu verkehrt
Und in den Abgrund stürtzt!
CANIDIA.
Was seinen Geist beschwert /
[285] Jst zwar Durchlauchter Printz / unmöglich zu ertragen;
Doch Liebe / die man zwingt / erweckt nur größre Plagen.
Es muß ein Mittel seyn / durch welches die Natur /
Und keine Zauberey / ertheilt die Liebes-Cur
Dem schwachen Patient. Doch wir ich sehr vergnüget /
Wenn Er ein Zeichen nur von Der so Jhn besieget /
Mir könte stellen zu: Ein Ring von Jhrer Hand /
Ein Haar / ein Tropffen Blutt / von jhrem Arm ein Band /
Ein Nagel von der Faust / ein Drat von jhrem Kleide /
Ein Schnupfftuch / eine Blum / und Nadel vom Geschmeide /
Ein Seidenreicher Flor von jhrer Schwanen-Brust /
Die könten Augenblicks erwecken grosse Lust /
So daß Jhn die Prinzeß freywillig müst' umbfangen.
ARIMANTES.
Man kan nicht einen Kuß / geschweige diß / erlangen!
CANIDIA.
Es zeigt mein Cabinet zwar Tausend-fache Cur /
Doch derer Wunder-Macht laufft wider die Natur!
Hier liegt Gutthurnens Bild / daß durch der Augen Stärcke
Bey der Napæen Schaar thut rechte Wunder-Wercke!
Hier ist der Plejas Schweiß! Der Dipsas Myrten-Krantz /
Den Mycale geraubt des Mondens Silber-Glantz!
Hier ist der Circen Kraut / das Nymfen kan entzünden
Und ein Demantnes Hertz der Paphien verbinden!
Hierinnen liegt die Haut der rauchenden Geburth /
Die / wenn man sie zertheilt und derer Wunder-Gurth
Legt auff geweihten Stein und fünffmahl spricht den Seegen /
Den Marmor-harten Sinn zur Liebe kan bewegen
Diß Glaß verbirgt das Oel / das durch deß Priesters Hand
Vermischt dem heilgen Bad die Seelen mir verband /
Wenn sie mit dessen Krafft so Brust als Mund befeuchtet!
Hier ist das Pergament mit Jungfern-Blut erleuchtet /
Das selbst den Mavors zwingt und zu der Liebe führt!
[286] Hier ist der Edle Strick / der alle Sinnen rührt /
Und dehn Agrippens Kunst bey der Dianen Schimmer
Gehenckten nehmen ließ in dem durchsicht'gen Zimmer!
Allein mir fallt was bey! Es sol Jhm seyn gewehrt /
Was ich noch keinem gab der meinen Rath begehrt!
Jch wil die strenge Glut und heisse Liebes-Flammen
Durch solche Heimligkeit vergötternd ziehn zusammen /
So daß stracks die Prinzeß durch Liebe wird bestrickt.
Jn diesem Golde wird des Balsams Krafft erblickt /
Der / wann Er nur erwärmt in der Prinzeßin Händen /
Durch sondre Würckung Jhm wird Pein und Schmertzen enden.
Doch muß die lincke Hand empfinden seine Krafft /
Sonst wird in diesem Werck vergeblich Rath geschafft.
ARIMANTES.
Jch werde diese Gunst nach Mögligkeit bedienen!
So bald Dian' erscheint / besuch Sie mich im grünen.
6. Auftritt
Sechster Auftritt.
CANIDIA.
Der Printz hat zwar vermeint durch Satans Tausendkunst
Zu leschen seine Glutt und heisse Liebes-Brunst /
Jn welchem Vorsatz auch Er mich zu Rath gezogen
Jn diesem wichtgen Werck: Allein Er ist betrogen!
Denn dieses Balsams Krafft ist keine Zauberey /
Noch Zoroastres Frucht / noch Jambres Fantasey!
Ach nein! Daß dessen Oel den Geist durch Lieb entzündet /
Diß ist in der Natur und der Vernunfft gegründet.
Man weiß was dieses Kraut CHARISIA genannt /
So bald dasselb' erwärmt in einer Nymffen Hand /
Vor grosse Würckung reicht: Man weiß auch was der Saamen
[287] Von Wachteln richtet auß. Diß ist der kluge Hamen /
Womit Canidia im grossen Liebes-Teich
Viel tausend Fische fingt; Und durch den edlen Streich
Wird Arimantens Faust auch seine Schmertzen enden /
Wo Er die Artzney nur recht klüglich an-wird-wenden.
Nur Muth Canidia! Es wird Printz Arimant
Den Balsam dir in Gold verwandeln in der Hand.
Drumb muß ich wachsam seyn dem Glücke zu begegnen:
Die grosse Göttin pflegt nicht allzeit Gold zu regnen!
7. Auftritt
Sibender Auftritt.
FERDINANDUS.
O Felsen-schwere Pein! O Höllen-heiße Qvaal!
So sol ich die Prinzeß im hohen Sternen-Saal /
Nicht aber auff der Welt / bey GOTT und Menschen sehen?
Ach Liberata! Ach! Nun ists umb mich geschehen /
Nun ists umb mich geschehn / wo deine Schönheit nicht
Mir schleunig Labsal reicht! Wo deiner Augen Licht
Mir nicht mit Freuden wil zur Hochzeits-Fackel werden!
Ach ich elendester auff diesem Kreiß der Erden!
Ach Liberata! ach! Du Chloris dieser Welt!
Jch darff mir suchen nicht ein Blumen-reiches Feld /
Denn dein Gesichte kan ein Paradiß mir zeigen /
Vor dem sich Tag und Nacht die schönsten Rosen neigen.
Ach Liberata! ach! Der Mariamnen Glantz
Jst gegen deinem Strahl ein blaßer Lilgen-Krantz!
Es muß dir Helena und Sisigambis weichen!
Ja selbst Dione muß vor deinem Blitz erbleichen!
Ach Liberata! Ach! Jdoch was qväl' ich mich?
Es wil ein sanffter Schlaff in meine Glieder sich
[288] Einfinden! wol! ach wol! So sincket nun darnieder
Jns Kräuter-reiche Graß jhr abgemalten Glieder!

Er leget sich ins Graß und schlummert unter einer lieblichen Music ein.
8. Auftritt
Achter Auftritt.
Der schlaffende Ferdinandus. Juliana in Gestalt eines Geistes.

JULIANA.
Ruht hier Printz Ferdinand? Der Falschheit Ebenbild?
Wie? Hat ein tieffer Schlaff die Sternen Jhm verhüllt
Mit seines Nebels Flor? So ists! Jch muß mit Schrecken
Den ungetreuen Printz auß seiner Ruh erwecken.
Auff! auff! auff! Ferdinand! Thu deine Augen auff
Und hemme jtzt dem Schlaff den vorgesetzten Lauff!
Thu deine Augen auff! Schau Julianens Schatten
Muß mit den Geistern sich erbärmlich Jetzt begatten /
Weil dein untreues Hertz Sie zur Verzweiflung bracht /
Daß Sie sich durch den Dolch gestürtzt in Plutons-Nacht!
Drumb auff untreuer Printz! Auff Ferdinand! Erwache!
Schau meine Wunden an! Jch fodre Straff und Rache!
Jch fodre Straff und Rach! Wolan Er rühret sich!
Laßt hören was Er sagt!
FERDINANDUS
schlafend.
Jch liebe Ewig dich
O Göttin dieser Welt!
JULIANA.
Glückseelge Juliane!
Diß gilt dir!
[289]
FERDINANDUS
schlafend.
Ja mein Schatz! der Venus Siges-Fahne
Wird ehstes Unß erfreun!
JULIANA.
Jhr Götter macht es wahr!
FERDINANDUS
schlafend.
Jch schwer dir Pflicht und Treu auff Zypripors Altar!
JULIANA.
Sehr wol! Jch bin vergnügt! Der milde Himmel gebe
Daß ehstes dieses Glück umb meine Glieder schwebe!

Juliana vermeinende als wenn Ferdinandi Reden im Schlafe Sie angegangen / da doch selbte von der Liberata zu verstehen / gehet mit freudigen Gebehrden hinweg.
9. Auftritt
Neundter Auftritt.
LIBERATA.
Weil mich in dem Pallast stets Unruh überfällt /
So such ich sanffte Ruh in diesem Lust-Gezelt /
Wo Tulpen und Jaßmin und liebliche Narzissen
Mit Ros' und Lilgen sich in schönster Anmuth küssen.
Ach wolte wolte GOTT daß eine Schäfferin
Jtzt Liberata wär' und keine Königin /
So würd ich sicherer bey Wollen-reichen Schaffen
Auff Blumen / Kraut / und Graß / als Schwanen-Federn schlaffen!
Allein welch eine Angst und strenge Traurigkeit
Befällt mich doch so schnell bey dieser Abend-Zeit /
So daß vor lauter Furcht ich gleichsam gantz erzitter'?
Bewahre mich / O GOtt! vor allem Ungewitter!
10. Auftritt
[290] Zehnder Auftritt.
Liberata. Tiridates und Octavius alß verlarvte Mohren.

LIBERATA.
Jdoch was sehen wir? Welch Unmensch greifft mich an
Jm Königlichen Schloß / auff dieser Freyheits-Bahn?
Entweicht jhr Bestien! Jhr Höllen-gleiche Trachen!
Sonst wird der Hencker Euch zu schnöden Aessern machen!
Ach helfft! Ach helfft! Ach helfft! Man raubt die Liberat!
Rodrigo schütze mich! O höchst-verfluchte That!
Auff auff! Trabanten! auff! ach eilet! eilet! eilet!
Eh mich der Donnerschlag des Unglücks gantz durchpfeilet!
11. Auftritt
Eilffter Auftritt.
Rodrigo nebst den Königl. Trabanten.

RODRIGO.
Wer rufft so ängstlich doch! Es ist der Fürstin Stimm!
Auff! Setzt den Raubern nach in heiß-erhitztem Grimm!
Auff! Folgt mir schleunig nach mit den entblößten Klingen /
Eh diese Bestien und Teuffel unß entspringen!
12. Auftritt
Zwölffter Auftritt.
Alphonsus. Ramiro. Palamedes. Die Pagen und übrige Trabanten.

ALPHONSUS.
Welch grauser Wetter-Sturm erregt sich im Pallast!
Jst Lisabona dann dem Himmel gantz verhaßt!
[291] Ach! Wo das Unglück sich auff die Prinzeß verschwohren /
So ist Alphonsus todt / gantz Portugal verlohren!
Jhr Götter dieses Reichs beschützt doch die Prinzeß /
Daß Unsre Lorbern sich nicht kehren in Zypreß!
Bringt doch die Liberat dem ärmsten Vater wieder /
So sollen Euch erschalln viel tausend Freuden-Lieder!
Dem Himmel sey gedanckt jtzt kommt Rodrigo an /
Zugleich auch Liberat!
13. Auftritt
Dreyzehender Auftritt.
Alphonsus. Ramiro. Palamedes. Liberata. Rodrigo. Octavius und Tiridates als verlarvte Mohren. Die Königl. Pagen und Trabanten. Der Blut-Richter mit seiner Gesellschafft.

ALPHONSUS.
O Rosen-volle Bahn!
Willkommen liebstes Kind! Sey tausendmahl gegrüsset!
Nun wird die Koloqvinth des Traurens unß versüßet!
Rodrig' eröffn' unß doch die schröckliche Gefahr.
RODRIGO.
Hier bring' ich / grosser Fürst / diß saubre Mohren-Paar /
Das in dem Garten sich an die Prinzeß gewaget
Und dem ich diesen Schatz hertzhafftig abgejaget.
ALPHONSUS.
Jhr Götter dieses Reichs / Jch danck' Euch auff dem Knie
Vor den so starcken Schutz / Es sol Euch spat und früh
Zur schuldgen Danckbarkeit ein Freuden-Opfer brennen /
So lange Portugal wird unsern Nahmen nennen!
Allein wir müssen schaun wer doch die Räuber seyn!
[292] Ach Himmel ich erstarr! Mir zittert Arm und Bein!
Wie? Hat Octavius zugleich nebst Tiridaten
Dem König rauben wolln die schönste Liberaten?
Welch Teuffel hat dich doch / Octavius / verblendt /
Daß in diß Unglück du so freventlich gerennt?
Jst diß dein theurer Eyd? Dein Ehrliches Gewissen?
Jst dieser ein Legat? Jhr sollt mir Redlich büssen!
OCTAVIUS.
Großmächtigster Monarch ich laugne nicht die That;
Allein es hat hierzu der freche Tiridat
Durch theurversprochne Schätz' und Hoheit eines Fürsten /
Nach welchem Kleinod offt die klügsten Seelen dürsten /
Mich liederlich verführt / so daß nun leider itzt
Deß Himmels strenge Rach auff meine Scheitel blitzt /
Und meinen Glücks-Stern mir verwandelt in Cometen!
ALPHONSUS.
Es ist in diesem Werck kein Blut-Rath nicht von nöthen /
Weil deß Rodrigo Faust Sie beyd' auff frischer That
Nebst der Trabanten Schaar allhier ergrieffen hat.
RAMIRO.
Die Larven schicken sich sehr wol zu diesem Laster /
Weil schwartzes Meineyds-Gifft hier ist das schönste Pflaster!
PALAMEDES.
So ists; Ein schwartzes Hertz hegt auch ein schwartz Gesicht /
Drumb haben billich Sie der Mohren Schwärtz erticht!
ALPHONSUS.
Holt stracks die Hencker her mit Stricken / Block und Beilen /
Daß diesen Frevlern wir verdienten Lohn ertheilen!
[293]
RAMIRO.
Wer GOtt und Recht verletzt / der fühl' Astræens Stahl!
PALAMEDES.
Durch diß baut sich ein Fürst des Nachruhms Sternen-Saal.
TIRIDATES.
Wil man der Völcker Recht an den Gesandten brechen?
ALPHONSUS.
Ja! Wann Gesandten Selbst das Recht der Völcker schwachen.
TIRIDATES.
Durch was hab' ich das Recht der Völcker wol versehrt?
ALPHONSUS.
Daß du deß Königs Kind geraubet und entehrt.
TIRIDATES.
Deß Königs Majestät ist hiedurch nicht entehret.
ALPHONSUS.
Auch an den Kindern wird die Majestät versehret.
TIRIDATES.
Beym blossen Vorsatz findt die Straffe keine statt.
ALPHONSUS.
Hat man Euch Beyde nicht ertappt auff frischer That?
TIRIDATES.
Allein es hat die That nicht jhren Zweck erreichet.
ALPHONSUS.
Durch diese Außflucht wird die Themis nicht erweichet.
[294]
TIRIDATES.
Es läßt die Themis offt Genade gehn vor Recht.
ALPHONSUS.
Jn diesem Laster ist die Gnade gar sehr schlecht.
TIRIDATES.
Jch bin Schach Sefi Mund / Jch führe seine Waffen.
ALPHONSUS.
Wo Einer sündiget / da ist Er auch zu straffen.
TIRIDATES.
Der Persische Monarch hat mich zu straffen Macht.
ALPHONSUS.
Umb diese Freyheit hat dein Frevel dich gebracht.
TIRIDATES.
Mich hat Octavius zu dieser That verleitet.
ALPHONSUS.
Drumb wird Dir und auch Jhm das Rach-Schwerdt zubereitet.
TIRIDATES.
Man schreibe meinem Fürst! Man höre seinen Schluß!
ALPHONSUS.
Wann du wirst seyn erblaßt!
TIRIDATES.
O bittrer Todes-Gruß!
O strenge Tyranney die auff Gesandten blitzet!
[295]
ALPHONSUS.
Der Titul ist nun weg / du wirst nicht mehr geschützet.
Vollziehet den Befehl! Jdoch daß Unsre Gnad
Noch dieser Frevler seh / so sol Octavi That
Zum Ersten seyn bestrafft. Laßt den Verräther leiden
Durch der Astræen Strick gedreht auß fester Seyden!
OCTAVIUS.
Ach Gnad' Jhr Maiestät! Alphonsus ach Genad!
Sie bitte doch vor mich / Durchlauchste Liberat!
LIBERATA.
Du hast es nicht verdient!
OCTAVIUS.
Ach Gnade grosser König!
ALPHONSUS.
Die Gnad ist längst verschertzt / die Straff ist noch zu wenig.
Greifft den Verdammten an!
OCTAVIUS.
Jhr schnöden Menschen jhr /
Die Gold und Hochmuth reitzt / bespiegelt Euch an mir /
Laßt doch der Ehrsucht Glantz nicht euren Geist verblenden /
Bleibt Eurem Fürsten treu mit Seele / Mund und Händen /
So trifft Euch keine Rach! Nun grosser Fürst Ade!
Hier ligt Octavius! O Jammer-reiches Weh!
RODRIGO.
Es wil der müde Geist auß seinem Cörper scheiden.
ALPHONSUS.
Laßt diesen Frevler nun auch durch das Richt-Beil leiden!
[296]
TIRIDATES.
Hier geht Gewalt vor Recht! Jdoch mein grosser Schach
Wird die durch meinen Todt Jhm zugefügte Schmach
Krafft seiner Majestätt nicht ungerochen lassen.
Ach sol dann ein Legat auff diesem Klotz erblassen!
ALPHONSUS.
Ein Mohr / und kein Legat! Gib dich nur willig drein:
Nicht Wir / das Recht strafft dich; Es kan nicht anders seyn!
TIRIDATES.
Wolan so hauet zu! weil ich / Tyrann! sol sterben /
So laß auß meinem Blutt dir einen Purpur färben.
RAMIRO.
Der Abschied klingt sehr wol!
PALAMEDES.
Der Trotz wird nur verlacht /
Der keinen Nachdruck hat und sonder alle Macht!
ALPHONSUS.
Laßt beyde Bestien ins Galgens Abgrund werffen!
Bey grossen Lastern muß man auch die Straffe schärffen!

Die Singende Gerechtigkeit.


1.

O Blinde Sterbligkeit!
O schnöde Sicherheit /
Die Euren Geist regiret /
Wenn Euch Fürst Rhadamant
Mit seiner Höllen-Hand
Zu Sünd und Lastern führet!

[297] 2.

Gedenckt / daß dieses Schwerdt
Auch durch die Risen fährt;
Und daß die Wage-Schaalen /
Wenn sich mein Zorn ergrimmt /
Den Untergang bestimmt
Den schönsten Ehren-Strahlen!

3.

Die Schätze dieser Welt /
Vor denen niderfällt
Die hochgesinnte Seele /
Die lifern eurer Brust
Vor eine kurtze Lust
Deß Henckers Folter-Höle.

4.

Ein Beyspiel zeiget Euch
Jtzt deß Alphonsus Reich /
Wo tolle Ehrsuchts-Flammen
Dem allerklügsten Rat
Wie auch den Tiridat
Zu Strick und Beil verdammen.

5.

Wohin Octavius
Rennt doch dein frecher Fuß
Zugleich mit Tiridaten?
Wo bleibt Eur hoher Witz /
Daß jhr von jhrem Sitz
Wollt rauben Liberaten?

6.

Es wird die Majestät
Des Königes verschmäht
[298] Nicht nur an seinen Glidern /
Mein Stahl wird auch geschleifft
Auff dehn / der sich vergreifft
An Kind / Gemahl / und Brüdern.

7.

Und hier ist kein Legat
Befreyt von Schwerdt und Rad!
Dem allerschönsten Tittel
Reich ich beym Sonnen-Glantz
Offt den Zypreßen-Krantz
Und einen Sterbe-Kittel.

8.

Drumb denckt stets an den Eyd /
Verlacht die Sicherheit /
Bewahret das Gewissen;
Sonst wird eur falsches Hertz
Mit Jammer-vollem Schmertz
Jn Kett- und Feßeln büßen!

3. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt.
Der Schau-Platz bildet ab den Königl. Saal.

ALPHONSUS.
Der Schluß ist fest gemacht! Jch zaudre länger nicht!
Das Wasser der Vernunfft muß der Begierden Licht
Die Ehre und Natur der Schönheit Strahlen weichen!
Das Troja meiner Seel' hegt einen solchen Brand /
Den niemand leschen kan als Liberatens Hand /
Sol anders Unß der Tod nicht die Zypreßen reichen!
Allein wo rennt doch hin Alphonsus dein Gemüth?
Betrachte deinen Stamm / dein Hauß / und dein Geblüth!
So wirstu klärlich sehn daß deine Liebe fehlet /
Daß HYMENÆUS Dir verweigert sein Altar;
Denn in gantz Portugal stellt sich kein Beyspiel dar /
Daß imahls sich ein Fürst mit seinem Kind vermählet.
Waß aber gehen Unß doch die Exempel an?
Es ist die Sonne nicht dem Schatten unterthan;
Ein König darff sich nicht nach den Gebräuchen richten /
Er hebt Gesetze auff und führet andre ein.
Mein Beyspiel in dem Werck sol eine Richtschnur seyn /
Nach welcher Themis wird die Heyraths-Sachen schlichten.
Wahr ists! Die Rechte stehn in eines Königs Hand /
Der mindert und vermehrt dieselbten in dem Land:
Allein das grosse Recht / das die Natur Unß setzet /
Hat einen solchen Grund / dehn kein Papinian /
Kein Africanus nicht mit Fug verändern kan /
Ja dehn noch Zeit noch Todt mit jhrem Stahl verletzet.
[300] Ha toller Aberwitz! Warumb hat die Natur
Mir solchen Brand gezeigt / so zeige sie die Cur
Und Artzney-Mittel auch / wodurch ich kan genesen!
Hätt' die Natur nicht Schuld / so wäre Julie
Nicht Baßianens Braut / noch in verbothner Eh
Die schöne Stratonitz des Sohnes Frau gewesen!
Stellt aber die Natur nicht andre Schönheit dar /
Die dich vergnügen kan auff Hymens Brand-Altar?
Nein! Liberata ist die Schönst' in Unsrem Hertzen!
Drumb auff Alphonsus auff! versäume keine Zeit
Zu küssen diesen Schatz! Denn dessen Göttligkeit
Kan eintzig und allein vermindern deine Schmertzen!
Was aber wird die Welt urtheilen von der That?
Was frag' ich nach der Welt! Ein Freyer König hat
Schon Mittel an der Hand die Lästerer zu straffen!
Deß Mondens Silber acht der Hunde Bellen nicht /
Noch eines Han's-Geschrey das goldne Sonnen-Licht.
Drumb auff! Ein Libender muß keine Zeit verschlaffen!
Allein was stellt sich hier vor eine Fackel dar?
Wil Uns der grimme Tod schon dreuen mit der Bahr?
2. Auftritt
Zweyter Auftritt.
Alphonsus. Der Königin Jsabellæ Geist.

ISABELLÆ
Geist.
Alphonsus! Ach mein Schatz! Was wil dein Hertz beschlüßen?
Wilst du der geilen Lust
Auff deiner Tochter Brust
Jn höchst-verbothner Eh und toller Brunst genüßen?
Sol Liberata Dir
Durch jhren Purpur-Mund und Alabaster-Brüste
[301] Erfüllen die Begier
Und stillen deine Lüste?
Sol dann die zarte Schoß
Der Mutter und des Kinds von Dir berühret werden?
O grimmer Hertzens-Stoß!
Entweiche Phaëton mit deinen göldnen Pferden!
Ach gehe doch in Dich!
Bedencke Sie und Mich!
Schau! Jsabella muß auß jhrer Ruh sich heben
Und umb dein Antlitz schweben!
Ach! Ach! Ach!
Laß ab von dieser Sach!
Laß die Begierde nicht beherrschen dein Gemüthe!
Denn dieser Libes-Schluß
Und schnöde Geilheits-Kuß
Laufft wider die Natur und kämpft mit dem Geblüthe!
Laß Jhre Schönheit nicht umbnebeln deinen Sinn!
Es gibet mehr Fürstinnen auff der Erden;
Durch die dein lodernd Hertz nach Wunsch vergnügt kan werden.
Nur laß den Glantz der Tochter fahren hin!
Drumb lasse die Vernunfft in dir den Zepter führen /
So wird dein göldner Thron
Und Diamantne Kron
Jn Siges-reicher Ruh der Götter Segen spühren!

Der Geist verschwindet.
ALPHONSUS.
Geh eitler Schatten! geh! diß rede Kindern ein!
Die Flamme brennt zu sehr! Es kan nicht anders seyn!
Ach! Liberata sol mein Eh-Schatz seyn und bleiben /
Bis mir der dürre Tod wird meine Grab-Schrifft schreiben!
Diego bringe stracks Uns die Prinzeßin her /
Vermeldend' daß diß sey des Königes Begehr!
[302] Trotz allen Furien! Trotz allen Schatten-Geistern!
Ja Pluto Selber sol mein Hertz nicht übermeistern!
Hat Hercules auß Libe sich verhüllt
Jn eine Frau und spinnend Weibes-Bild /
Was Wunder ists daß auch Alphons auff Erden
Ein Sclave muß der schönen Tochter werden?
Hat Jupitern der Libe Siges-Fahn
Verkehrt in Gold / Weib / Satyr / Rind / und Schwan /
Was Wunder ists daß auch Alphons auff Erden
Ein Sclave muß der schönen Tochter werden?
Hat Cypripor dem Phöbus seinen Schmuck
Durch List verkehrt in einen Schäffer-Rock /
Was Wunder ists daß auch Alphons auff Erden
Ein Sclave muß der schönen Tochter werden?
Hat Venus auch Selbst den Gradiv bewegt /
Daß Er den Helm und Harnisch abgelegt /
Was Wunder ists daß auch Alphons auff Erden
Ein Sclave muß der schönen Tochter werden?
Jhr Himmel! Ach itzt kommt itzt kommt die Göttin an!
Bewaffne Cypris mich mit deinem Siges-Fahn!
3. Auftritt
Dritter Auftritt.
Alphonsus. Liberata.

ALPHONSUS.
Hjr pranget Unsre Sonn'! Es mögen tausend Strahlen
Des Himmels Vatican mit Diamanten mahlen!
Diß goldne Sonnen-Rad / der ädle Diamand
Besiegt mit seinem Blitz das gantze Sternen-Land!
Willkommen liebstes Kind! Du Seele meiner Seele!
Wie so betrübt mein Schatz? Entreiß dich auß der Höle
Der blassen Traurigkeit / die nur den Geist verzehrt /
[303] Und den Zypreßen-Krantz vor Rosen Unß gewehrt!
Prinzeß! mein Hertze kan Jhr langer nicht verschweigen
Die Flammen unsrer Brunst! Es giebt sich Jhr zu eigen
Mein gantzes Sinnen-Hauß! Sie schaffe was Sie wil!
Denn Liberata ist mein schönstes Liebes-Ziel!
Sie wundre sich auch nicht! Wo solche Engel wohnen /
Da wil die Lieb' auch nicht selbst der Natur verschonen;
Denn deine Schönheit hat die Glut in mir erregt
So daß Alphonsus sich zu deinen Füssen legt
Und süsses Labsal sucht zu lindern seine Schmertzen.
Jch liebe dich mit mehr alß Väterlichem Hertzen!
So kühl' Unß demnach ab den heissen Libes-Brand
Durch deiner Lippen Tau / der Brüste Zuckerkand!
So kühl' Unß demnach ab die heissen Libes-Flammen
Auff deiner Lilgen-Schoß! Es knüpffe Unß zusammen
Deß Hymens heil'ges Band!
LIBERATA.
Ach Eure Majestät!
Auff welchen Jrrweg wird jhr hoher Witz geweht /
Daß Sie jhr eignes Kind selbst wider das Gewissen /
Natur / Vernunfft / und Recht wil in dem Eh-Bett küßen?
ALPHONSUS.
War nicht Antiochus der Mutter Ehgemahl?
LIBERATA.
Diß Beyspil schickt sich nicht auff diesen Libes-Saal.
ALPHONSUS.
Die Väter werden ja so gutt seyn als die Mütter?
LIBERATA.
Dort war ein Stif-Sohn nur / hier aber (ich erzitter!)
[304]
ALPHONSUS.
Sie melde frey herauß was Jhre Sinnen qvählt!
LIBERATA.
Hir sol das wahre Kind dem Vater seyn vermählt!
ALPHONSUS.
Wehn sol ein Kind wol mehr als seinen Vater liben?
LIBERATA.
Doch nicht durch geile Brunst Jhn und auch sich betrüben.
ALPHONSUS.
Der Kinder süße Brunst entspringt auß der Natur.
LIBERATA.
Gehorsam ist allhir die schönste Libes-Cur.
ALPHONSUS.
Wol! wol! So sey Sie auch gehorsam Unsrem Willen!
LIBERATA.
Was Zucht und Ehre heischt das werd' ich stets erfüllen.
ALPHONSUS.
Es wird die Ehre nicht durchs Vaters Kuß verletzt.
LIBERATA.
Bey disem der die Ehr als einen Schatten schätzt.
ALPHONSUS.
Wil nicht Cambysens Mund Atossens Lippen küßen?
LIBERATA.
Von Schwestern lasset sich's nicht zu den Töchtern schlüßen.
[305]
ALPHONSUS.
Hat Agrippina nicht deß Nero Brunst gesucht?
LIBERATA.
Weiß Eure Majestät auch diser Geilheit Frucht?
ALPHONSUS.
Es schläft in Persien der Vater bey dem Kinde.
LIBERATA.
Was fraget Portugal nach Persens grosser Sünde!
ALPHONSUS.
Deß Purpurs Majestät deckt alle Fehler zu.
LIBERATA.
Es sucht hier Liberat nur die Gewissens-Ruh!
ALPHONSUS.
Durch was wird doch allhier verletzet das Gewißen?
LIBERATA.
Daß Liberata sol des Vaters Lippen küßen.
ALPHONSUS.
Der Küße Marzipan erqvickt die gantze Welt.
LIBERATA.
Nicht aber diesen Geist / der sich zun Sternen hält.
ALPHONSUS.
Die Sternen küssen selbst einander in dem Himmel.
LIBERATA.
Die Sternen wissen nichts von solchem Libs-Getümmel.
[306]
ALPHONSUS.
Dianen küßt Mercur / Gradiv der Venus Mund.
LIBERATA.
Diß Gleichnüs / grosser Fürst / hat einen schlechten Grund.
ALPHONSUS.
Deß Himmels Tau küßt auch die feuchte Schoß der Erden.
LIBERATA.
Diß Beyspiel kan uns nicht zu einer Richtschnur werden.
ALPHONSUS.
Wil Sie dann klüger seyn als Himmel und Natur?
LIBERATA.
Es ist die Einsamkeit hir meiner Sinnen Uhr.
ALPHONSUS.
Der Baum der Einsamkeit trägt nichts als Sorgen-Früchte.
LIBERATA.
Der Andacht Paradiß macht dise Qval zunichte.
ALPHONSUS.
Deß Ehstands Rose zeigt das schönste Paradiß.
LIBERATA.
Wehm ist hier nicht bekandt der Dornen grosser Ries'?
ALPHONSUS.
Schau daß die Rosen nicht in Dornen sich verkehren!
LIBERATA.
Der Keuschheit Lilie kan Dornen nicht gewehren.
[307]
ALPHONSUS.
Durch einen schlechten Wind fällt diese Blume hin.
LIBERATA.
Die Edle Blume ist der Blumen Käyserin.
ALPHONSUS.
Du bist die Käyserin von meinen Libes-Blumen!
LIBERATA.
Der König suche Jhm nur Rosen auß Jdumen.
ALPHONSUS.
Wie? Höhnst du deinen Fürst? Diß ist was frech gewagt!
LIBERATA.
Da sey der Himmel vor! Jch bin des Königs Magd!
ALPHONSUS.
Nicht mache daß von Unß die Vater-Lieb' entweiche!
LIBERATA.
Durchlauchtigst-grosser Fürst hir hat Er meine Leiche!
ALPHONSUS.
Wer nach dem Tode seufftzt / entsetzt sich wann Er kömmt!
LIBERATA.
Nicht ich / die ich diß Hertz zum Opfer Jhm bestimmt!

Sie kniet vor Jhm nieder.

Ach Eure Majestät / der tausend Siges-Cronen
Der milde Himmel gibt / Sie wollen doch verschonen
Der Tochter keusche Brust mit solcher Libes-Brunst /
Die nur Cometen zeigt und Unglücks-vollen Dunst!
Ach Eure Majestät / wofern Jhr nicht zu wenig
[308] Der Tochter Zufall ist / so nehm Er grosser König
Doch diese Thränen an / und laß durch Jhre Fluth
Außleschen in der Brust die schnöde Libes-Glut!
ALPHONSUS.
Prinzeß Sie stehe auff und hemme jhre Schmertzen!
LIBERATA.
Zudem so können auch nicht unsre Libes-Kertzen
Jn gleichen Flammen stehn / weil Eure Majestät
Der Christen wahren Gott in Jhrem Sinn verschmäht /
Dehn Jch doch eifrigst ehr'! Kurtz: Liberatens Seele
Hat gäntzlich sich befreyt von der pech-schwartzen Höle
Deß schnöden Heidenthums / und betet disen an /
Der Jedem / der Jhm dint / den Himmel geben kan.
ALPHONSUS.
Jhr Götter ich erstarr' ob dehm was ich vernehme!
LIBERATA.
Es ist im minsten Noth daß sich der König gräme.
ALPHONSUS.
Jhr Götter ich erstarr! Was wird Uns hir gewehrt?
Wie? Hat sich Liberat in einen Christ verkehrt?
Wie? Hat sich Liberat der Teuffels-Brutt vermählet?
Diß kan unmöglich seyn! Mein Außspruch hat gefehlet!
LIBERATA.
Nein grosser König! Nein! Hir ist kein Jrrthum nicht!
Jch habe mir vermählt das wahre Glaubens-Licht /
Jch habe mich vermählt deß wahren GOttes Sohne /
Der mir verehren wird die göldne Lebens-Crone!
[309]
ALPHONSUS.
O Jrrthum sonder gleich! O schändliche Begir!
Daß nebst den Räthen stracks erscheine der Ramir.
Jhr Götter dieses Reichs / die Jhr die Macht verkürtzet
Den Göttern dieser Welt und in den Abgrund stürtzet
Was Eure Hoheit schimpfft / maßt doch dem König nicht
Den grossen Unfall bey / der meine Seel anficht!
Laßt diese Missethat / die alle Welt wird schelten /
Doch den Alphonsus nicht und seine Cron' entgelten!
Schreibt doch dem Vater nicht des Kindes Frevel zu /
Weil ich nichts anders such' alß nur deß Reiches Ruh!
Jch schwehre / Eur Altar wil Ewig ich beschützen /
Und auff der Christen Schaar mit meiner Rache blitzen!
4. Auftritt
Vierdter Auftritt.
Alphonsus. Liberata. Ramiro. Palamedes. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.

RAMIRO.
Hjr sind wir grosser Fürst!
PALAMEDES.
Was schafft die Majestät?
RODRIGO.
Was ficht den König an?
ALPHONSUS.
Ach! Ach! Wir sind verschmäht!
Ach! Liberata ists die solchen Schmertz erwecket
Weil Christus schnöde Lehr jhr zartes Hertz beflecket /
Drumb sey dein hoher Witz bemühet mein Ramir /
Wie diese Glaubens-Pest verbannet werd' auß Jhr!
[310]
RAMIRO.
Der König sorge nicht! Es sol nach Wunsch geschehen!
Mit was vor Recht kan Sie auff unsre Götter schmähen /
Vermäßne Liberat / und Christum beten an?
LIBERATA.
Dieweil mein Christus mehr alß Euer Abgott kan.
RAMIRO.
Eur Christus / wie jhr sagt / ist ja ein Mensch gewesen.
LIBERATA.
Zugleich auch wahrer GOTT / durch welchen Wir genesen.
RAMIRO.
O Einfalt sonder gleich! Diß Wesen reimt sich nicht!
LIBERATA.
Bey diesem der nicht hat das wahre Glaubens-Licht.
RAMIRO.
Wie kan dem grossen GOtt' ein Sohn gebohren werden?
LIBERATA.
Sol das nicht möglich seyn dem Herrscher aller Erden?
RAMIRO.
Kan eine Jungfrau dann auch eine Mutter seyn?
LIBERATA.
Ja! Weil der Höchste GOTT es also setzet ein.
RAMIRO.
Den grossen Göttern sind diß ungereimte Sachen.
[311]
LIBERATA.
Auff deine Götter wird der Rache Donner krachen.
RAMIRO.
Vom Donner ist befreyt deß Jupiters Altar.
LIBERATA.
Wie offt hat sich sein Bild verkehrt in eine Bahr!
RAMIRO.
Prinzeß Sie fällt gantz ab von dehm umb was wir streiten.
LIBERATA.
Ramiro läst sich selbst auff einen Abweg leiten.
RAMIRO.
Jch sage noch einmahl: Eur Jrrthum ist zu groß.
LIBERATA.
Welch Jrrthum? Daß ein Kind sitzt in der Jungfrau Schoß?
RAMIRO.
Was die Vernunfft nicht faßt / da muß der Glaube weichen.
LIBERATA.
Es muß hir die Vernunfft die stoltzen Seegel streichen.
RAMIRO.
Durch diese Außflucht wird die Thorheit nicht beschützt.
LIBERATA.
Schau daß die Thorheit nicht auff deine Scheitel blitzt!
RAMIRO.
Der ist ein grosser Tohr / der diser Lehre glaubet.
[312]
LIBERATA.
Noch grösser der sich selbst deß süssen Trosts beraubet.
RAMIRO.
O Hoffnungs-leerer Trost der nur Verzweiflung bringt!
LIBERATA.
O Trost durch den ein Christ zu GOTT in Himmel dringt!
RAMIRO.
Jhr werdet ja kein Kind zu Eurem Gotte haben?
LIBERATA.
Diß außerkohrne Kind kan alle Menschen laben!
RAMIRO.
Ein Kind'scher Glaube muß auch Kinder bethen an!
LIBERATA.
Diß Kind wird stürtzen dich in Plutons Höllen-Kahn!
RAMIRO.
Es sol Eur Christus auch am Creutze seyn gestorben?
LIBERATA.
Ja! Und Sein Aufferstehn hat Unß das Heil erworben.
RAMIRO.
Wer todt ist / bleibet todt und steht nicht wieder auff.
LIBERATA.
Der Fürst hemmt auch im Tod dem Tode seinen Lauff.
RAMIRO.
Ein wahrer GOtt stirbt nicht / nur blosse Menschen sterben!
[313]
LIBERATA.
Es muste GOtt und Mensch den Himmel Unß erwerben.
RAMIRO.
Woher weiß Liberat daß diß die Warheit sey?
LIBERATA.
Auß GOttes Heil'ger Schrifft / die meldet solches frey.
RAMIRO.
Wer weiß ob diese Schrifft nicht ist erfüllt mit Lügen?
LIBERATA.
Die Kirche / so nicht irrt / kan keinen Mensch betrügen.
RAMIRO.
Woher weiß Sie daß nicht die Kirche irren kan?
LIBERATA.
Weil Jhr der Heil'ge Geist zeigt alle Warheit an.
RAMIRO.
Was ist das vor ein Geist dehn Jhr so heilig nennet?
LIBERATA.
Er wird von aller Welt vor einen GOTT erkennet.
RAMIRO.
Die kleine Christenheit ist nicht die gantze Welt.
LIBERATA.
Der ist mehr alß zu groß der sich zu Christo hält!
ALPHONSUS.
Wie so bestürtzt Ramir? Was führt Er vor Gedancken?
[314]
RAMIRO.
Wer wil sich ferner doch mit einem Weibs-Bild zancken
Das gäntzlich ist verstockt / das sich nicht lencken läßt /
Und das durchauß vergifft die Galilæer Pest!
Man räume vielmehr weg diß Unkraut von der Erden!
ALPHONSUS.
Wahr ists: Es muß die That mit Ernst bestraffet werden!
Daß nun die Pestilentz und schnöde Glaubens-Seuch
Nicht weiter umb sich freß und in die Seelen schleich /
So führt die Bestie ins Kerckers Finsternüssen /
Bis Sie sich gegen Unß was anders wird entschlüssen!
5. Auftritt
Fünfter Auftritt.
PALAMEDES.
Was dünckt dich Palamed zu diesem Glaubens-Werck?
Jch zitter und erstarr ob Liberatens Stärck /
Daß die Amazonin den klugen Geist bezwungen
Durch das geschärffte Schwerdt der wolberedten Zungen!
Fürwahr diß Wunderwerck und grosse Helden-That /
Weil einen Prister selbst ein Weib besiget hat /
Wodurch sich Liberat kan bis zum Pol erhöhen /
Erleuchtet mein Gemüth und gibt mir zu verstehen /
Daß Christus seiner Schaar gewaltig stehe bey
Jn Sachen / welches doch der rechte Glaube sey.
Ach Dreymahl grosser GOTT! Jn diesem Hospitale
Ligt nun mein Hertze kranck; Allein die göldne Schale /
So Jhm zur Heilung sol ertheilen Hülff und Rath /
Jst eintzig und allein die Fürstin Liberat.
Drumb muß ich wachsam seyn den klugen Artzt zu schauen.
Vor keiner Tyranney sol Palameden grauen!
Denn dieses ist mein Schluß: So wenig Antonin
[315] Den Muth Mauritii / wie auch den Saturnin
Valerian erschreckt / so wenig wird im Hertzen
Der Fürst mir leschen auß die reinen Glaubens-Kertzen!
Er raase wie Er wil auff meines Leibes Zelt!
Hier steht Sebastian der unbewegte Held /
Dehm deß Tyrannen Pfeil wird keine Furcht erwecken!
Nur Muth! Ein kluger Geist laßt sich kein Wetter schrecken!
6. Auftritt
Sechster Auftritt.
JULIANA
als ein Page.
Nun bin ich höchst-vergnügt / weil Ferdinandus mir
Jm sanfften Schlaff entdeckt die hertzliche Begir /
Die seine Libes-Brunst zu meiner Schönheit träget.
Kein Zweifel / meine List hat Jhn hirzu beweget /
Krafft dehrer als ein Geist ich Jhm erschienen bin.
Zudem weil Liberat in jhrem stoltzen Sinn
Jhm keine Gegen-Huld und Libe wil erweisen /
Auch diese Zweifels-frey durchs grimme Hencker-Eisen
Ob jhrem tollen Wahn / womit Sie Christum ehrt /
Und hiedurch auch zugleich deß Königs Schluß versehrt /
Mit höchstem Jammer wird von diesem Erd-Kreiß scheiden /
So wirst du Julian' auch deinem Schmertz und Leiden
Ein glücklich Ende sehn und diese Pein vergehn /
Weil so kein Dornen-Strauch mehr wird im Wege stehn
Den Rosen deiner Treu und keine Neben-Sonne
Sodann verhindern wird dir deine Libes-Wonne.
Drumb weg verfluchter Dolch! Jdoch daß Ferdinand
Mich nehme gnädigst an zum wahren Liebes-Pfand /
So sol Jhm Julian' / wie Sie zu Rom erschienen /
Noch eh die Nacht anbricht / erfreuen in dem Grünen.
Allein was sehe ich! Es zeigt sich gleich Auror!
Was wird die Närrin doch jtzt wieder tragen vor!
7. Auftritt
[316] Sibender Auftritt.
Juliana. Aurora mit allerhand Geschencken auff einer Silbernen Schale.

AURORA.
Mein Jnfortunio / mein außerwähltes Leben /
Dem meine Seele sich in höchster Brunst ergeben /
Nihm libster Engel doch die süssen Gaben an /
Die deine Sclavin dir verehrt auff Chloris Bahn.
Empfah den edlen Krantz / der mit Zitronen-Blättern
Dein Himmel-werthes Haupt recht artlich wird vergöttern!
Der schöne Blumen-Strauß erqvicket deinen Geist:
Wenn du der Nasen Schnee die Pomerantze weißt /
Wird unerschöpffte Lust dein lasses Hertz erfüllen.
Diß Kammer-Tuch kan vor der Sonne dich verhüllen /
Wenn sie zu hefftig brennt der Wangen Alabast.
Nihm Rosen-Puder an der keinem ist verhaßt /
Diß helle Chrystallin gefüllt mit solcher Schmincken /
Durch die dein Angesicht den Engeln gleich kan blincken.
Steck' in den Purpur-Mund diß Genueser-Werck /
Das dir ertheilen wird recht überirrdsche Stärck.
Der Schatten kan dir auch gewüntschte Lufft zuwehen.
Wie? Wil dein Sonnen-Paar die Gaben itzt verschmähen?
Aurora suche dir mit etwas beßrem Rath!
Wie lacht mein Conterfey auff diesem Kupfferblat!
Ja wo dichs nicht vergnügt / so nihm dir selbst Auroren /
Die deiner Göttligkeit auff Ewig sich verschwohren!
JULIANA.
Jsts möglich daß du kanst empfinden solche Pein?
AURORA.
Jst Jnfortunio geschnitzt auß Marmorstein?
Du hast mein Hertz verwundt / drumb solst du diß auch heilen.
[317]
JULIANA.
Du kanst nur zum Barbir umb sanffte Kühlung eilen.
AURORA.
Ach! es kan kein Barbir mir leschen diesen Brand
Alß Jnfortunio mit seiner zarten Hand.
JULIANA.
Du wirst dich besser kühln ins Tagus kaltem Fluße!
AURORA.
Ach nein! die schönste Cur beruht auff einem Kuße.
JULIANA.
Ach was ist doch ein Kuß? Ein Schatten an der Wand!
AURORA.
Der Lippen Marzemin / der Seele Zuckerkandt.
JULIANA.
Gib diesen Zuckerkand nur deiner Mutter Händen.
AURORA.
Wil Jnfortunio nicht meine Schmertzen enden?
JULIANA.
Jch bin kein Theophrast! Curire selber dich!

Sie lauft weg.
AURORA.
Ey warte doch mein Schatz! O grimmer Seelen-Stich!
Bin ich nicht deiner werth Tyranne der Tyrannen?
Wolan! Jch wil nunmehr die tolle Brunst verbannen!
8. Auftritt
[318] Achter Auftritt.
Der Schauplatz verändert sich in ein Gefängnüs.

LIBERATA.
Jch bin zwar höchst-betrübt daß mich des Königs Macht
Ohn' alle Schuld gestürtzt ins Kerckers schwänze Nacht /
Daß vor die Engel ich in meinem Andachts-Zimmer
Hir muß gewärtig seyn der bösen Geister Schimmer /
Daß vor die Pagen mich ein Schergen-Knecht bedient /
Vor Lorber-Cronen mir nur die Zypreße grünt /
Vor Ehren-Kertzen ich nur Todten-Fackeln schaue /
Und im Gefängnüs mir das Grabmahl selber baue!
Allein mich kränckt vielmehr daß deß Alphonsus Hertz
Nicht weißlich weichen wil von seiner Libes-Kertz /
Vermeinend / daß ich mich ins Kerckers Finsternüssen
Ob diesem Heyraths-Werck was anders werd' entschlüssen.
Weil ich nun ärmstes Kind in höchsten Nöthen bin /
So lenck / O grosser GOTT / doch seinen schnöden Sinn
Durch deine Allmachts-Hand zu einem solchen Ende /
Daß Er die tolle Brunst von meinen Glidern wende.
Ach steh mir gnädig bey Du Dreymahl Grosser GOTT!
Zu deines Nahmens Ehr scheu ich noch Noth noch Todt!
Zu deines Nahmens Ehr wil ich gantz willigst leiden /
Es sol kein Unfall mich von deiner Liebe scheiden!
9. Auftritt
Neundter Auftritt.
Die Schlaffende Liberata. Ein Singender Engel redet Sie also an.

1.

Allerschönste Prinzeßinne /

Sey getrost in dieser Noth!

Es wird dich der grosse GOTT

Stärcken in dem Trauer-Sinne.


[319] 2.

Es wird JESUS dich erhören

Bey dem bittern Sorgen-Streit /

Der ein Mittel schon bereit

Dise Libe zu zerstöhren.


3.

Zwar mit Rasenden gebehrden

Wird Alphonsus dreuen Dir /

Weil Printz Ferdinandens Zir

Auch durch Dich ein Christ wil werden.


4.

Rad und Schwerdter / Creutz und Flammen

Werden sollen gantz und gar

Auff deß Henckers Mord-Altar

Schlagen über dich zusammen.


5.

Doch laß alle Sorgen fahren

Ob der grimmen Tyranney /

Denn dein JESUS steht dir bey

Mit der Seraphinen Schaaren.


6.

Drumb schlaff wol O Prinzeßinne

Und schleuß deine Augen zu

Biß die Engel dich zur Ruh

Führen auff die Sternen Zinne!


Er verschwindet.

LIBERATA.
O liebliche Music! O Englisches Gesicht!
Ach eile doch nicht weg O Gnaden-reiches Licht!
Jdoch wer kommet an? Welch Unfall ist vorhanden?
Welch Unstern zeiget sich? Wie sehn Wir Ferdinanden?
10. Auftritt
[320] Zehnder Auftritt.
Liberata. Ferdinandus.

FERDINANDUS.
Strahlt meine Sonne dann in dieses Kerckers Nacht?
LIBERATA.
Hilff GOTT! Was hat den Printz an diesen Ort gebracht?
FERDINANDUS.
Die Liebe / derer Glut schlägt über mich zusammen!
LIBERATA.
Hir ist kein Wasser nicht zu leschen diese Flammen.
FERDINANDUS.
Göttinnen werden ja nicht so erzörnet seyn.
LIBERATA.
Nachdem das Opfer ist der seufftzenden Gemein'.
FERDINANDUS.
Das Opfer ist mein Hertz / das Altar jhre Glieder.
LIBERATA.
Mein GOTT-verlobter Geist schlägt diesen Vorsatz nieder.
FERDINANDUS.
Prinzeß! Jst Sie verlobt? Wer ist der Bräutigam?
LIBERATA.
Der alle Welt erlöst ans Heil'gen Creutzes Stamm.
FERDINANDUS.
Wo hat Sie dann den Ring und die Verlobungs-Kette?
[321]
LIBERATA.
Der Christen Folter-Banck ist hir das Himmel-Bette.
FERDINANDUS.
Ein sanffter Schlaff-Zelt wird Jhr zeigen Ferdinand.
LIBERATA.
Sein Schlaff-Zelt führet nicht in das gestirnte Land.
FERDINANDUS.
Mein Schlaff-Zelt ist beziert mit Demant und Rubinen.
LIBERATA.
Es kan diß Lager nichts zur Seeligkeit mir dinen.
FERDINANDUS.
Die schönste Seeligkeit ist wahre Libes-Brunst.
LIBERATA.
Die Liebe dieser Welt ist nichts als Rauch und Dunst.
FERDINANDUS.
Sie sol Holdseligste durch mich unsterblich werden.
LIBERATA.
Wer Christum libt der ist unsterblich auff der Erden.
FERDINANDUS.
Jch werde Jhr ADON / Sie meine VENUS seyn!
LIBERATA.
Es stelle nur der Printz die Libes-Reden ein /
Dafern Jhm Liberat sol Jhr Gespräch' erlauben.
Er lasse sich vielmehr der Christen wahren Glauben
Und Libe gegen GOTT / wodurch man nach dem Streit
[322] Mit höchstem Ruhm erlangt den Krantz der Ewigkeit /
Jn seinen Helden-Muth und tapfre Sinnen steigen!
FERDINANDUS.
Da seyn die Götter vor! Solt' ich vor dehm mich neigen /
Solt' ich dehn beten an der an dem Creutz erblaßt?
LIBERATA.
Hat meinen Außspruch dann nicht Ferdinand gefaßt /
Wodurch ich den Ramir mit Ruhm gemacht zu schanden /
Daß nehmlich GOTT und Mensch in Christo sey verhanden?
FERDINANDUS.
Jch hab' es wol gehört! allein! – – –
LIBERATA.
Was vor ein Brand
Der Seufftzer steckt Jhn an bestürtzter Ferdinand?
FERDINANDUS.
Ach Liberata! Ach! Sie kan ja leicht ermässen
Daß meine Krone sich wird kehren in Zypreßen!
LIBERATA.
Deß Königs Gnade wird nicht dieses lassen zu.
FERDINANDUS.
Ach! Es ligt mancher Printz in der beschimpften Ruh /
Der durch die Tyranney des Freundes must' erbleichen!
LIBERATA.
Der Libe gegen GOTT muß alle Kleinmuth weichen.
Gesetzt / es woll' auff Jhn der Eifer-volle Fürst
Außschütten Gall und Gifft weil Jhn nach Blute dürst /
So wird Jhn dieses doch noch fest zurücke halten /
[323] Daß Er nicht lassen wird so nahes Blut erkalten.
Ja solt auch gleich Alphons Jhm dreun mit Tod und Qval /
So wird Er doch mein Printz im Goldnen Sternen-Saal
Von aller Fürsten Fürst ein schöner Reich ererben.
FERDINANDUS.
Wolan! Jch bin bereit vor Christi Creutz zu sterben!
Jch leb' und sterb' ein Christ! Hir hat Sie meine Hand!
LIBERATA.
O Himmels-werthes Wort! O libster Ferdinand!
11. Auftritt
Eilffter Auftritt.
Liberata. Arimantes.

LIBERATA.
Wje bin ich doch erfreut daß Ferdinandus auch
Mit höchstem Ruhm verlaßt der Heiden eitlen Rauch /
Daß dessen Geist auch wil mein Glaubens-Licht erwählen
Und sich dem wahren GOTT in reiner Treu vermählen!
Zu wünschen wär' es nur daß deß Alphonsus Sinn
Sich auch bekehren möcht' und von sich werffen hinn
Der Heyden tollen Wahn und Gauckel-volle Poßen!
Allein ich fürcht'! ich fürcht'! Sein Hertze sey verschloßen /
Weil Jhn Ramiri Haß der Christen so entzündt /
Daß kein bekehrter Christ bey Jhm Genade findt.
Jdoch diß alles steht in GOttes Allmachts Händen /
Der kan der Menschen Hertz / wohin Er wil / stets wenden!
ARIMANTES.
Prinzeß es ist mir leid das Unglück so Sie trifft!
[324]
LIBERATA.
Sein Ankunfft / Arimant / ist mir wie Gall und Gifft.
ARIMANTES.
Jch trag' Jhr Zucker vor der süssen Libes-Flammen.
LIBERATA.
Er weiß ja daß mein Hertz den Zucker muß verdammen.
ARIMANTES.
Ach Sie erzeige doch Genade jhrem Knecht!
LIBERATA.
Genade! Aber nicht der Libe süsses Recht.
ARIMANTES.
Genad' und Libe sind ja Einer Mutter Kinder.
LIBERATA.
Wehn dieser Wahn bethört der ist ein rechter Sünder.
ARIMANTES.
Mir wird ja jhre Gnad den Hand-Kuß lassen zu.
LIBERATA.
Auch dieser ist ein Werck zu stöhren meine Ruh.
ARIMANTES.
Auß einem Kuß' ist nicht die Liebe bald zu schlüssen.
LIBERATA.
Wer Küße schon erlaubt / der hat kein zart Gewissen.
ARIMANTES.
Hat Sie denn gegen mir ein Hertze nur auß Stein?

[325] Jndem Er Sie auß hefftiger Libe umarmen und jhre lincke Hand erwischen wil / reißt Sie jhm die bloße Sebel von der Seiten und jaget jhn damit in die Flucht.
LIBERATA.
Wilst du ein Holofern / so werd' ich Judith seyn.
ARIMANTES.
Wie? Untersteht Sie sich mir mein Gewehr zu rauben?
LIBERATA.
Von hier! Die Keuschheit kan den Frevel nicht erlauben!
Jo Triumff! Triumff! Stimmt Freuden-Lieder an /
Weil GOTT an seiner Magd solch Wunder hat gethan!
Es ist der Feind besigt / sein toller Trotz verletzet /
Und mein Bethulien in sichre Ruh gesetzet.
Ach schütze ferner mich du Heyland aller Welt /
Dehm Liberata sich zu treuem Dienst darstellt!
Laß diese Klinge mir zu einem Palm-Zweig werden /
So hat mein Hertze schon den Himmel auff der Erden!
12. Auftritt
Zwölffter Auftritt.
Liberata. Alphonsus. Die Trabanten.

ALPHONSUS.
Du Unthier! Hast du nun verändert deinen Sinn?
Jedoch was sehen wir! Steckt eine Zauberin /
Ein brauner Mohren-Kopff in Liberatens Kleide?
Wie? Hat in schwartzes Pech der Wangen zarte Kreide /
Jn einen Raben sich der Stirnen Schwan verkehrt?
Wird eine Furie vor Engel Unß gewehrt?
Jst diese Göttin dann zu einem Teuffel worden?
[326] Noch mehr! Wil Liberat den Vater selbst ermorden?
Was zeigt der blancke Stahl? Sag an du Bestie /
Was deine Mörder-Faust vor Jammer-volles Weh
Mit dem entblöstem Stahl wil Unsrer Scheitel dreuen?
Sag' an! Wo nicht / so wird mit tausend Rasereyen
Der Hencker deine Seel' auß jhrem Wohn-Hauß ziehn!
LIBERATA.
Der König lasse nicht deß Eifers Dornstrauch blühn
Jm Väterlichen Hertz! Hir ist kein Zauber-Wesen!
Es ist ja Liberat / wie allzeit Sie gewesen
Jn voriger Gestalt: Die Lilgen im Gesicht /
Die Rosen auff dem Mund sind / grosser König / nicht
Jn braunen Kohl verkehrt / die Alabaster-Wangen
Sind nicht mit dunckler Nacht noch schwartzem Pech umfangen /
Deß Halses Helffenbein / der Wangen weisser Schwan
Hegt keinen Raben nicht! Er sehe nur recht an
Durchlauchtigst-grosser Fürst der Liberaten Glider!
So ist die Meinung auch gantz der Vernunfft zuwider /
Daß Eure Majestät mir einen Mord schreibt zu
Ob dem entblößten Schwerdt! Hat jemand Frid und Ruh
Dem König ie gewünscht mit Segens-reichen Stunden /
So ist es Liberat! Hir wird die Treu gefunden
Die unverrückte Treu / so jhren Vater ehrt /
Und sein Durchlauchtes Hertz zu keiner Zeit bethört!
ALPHONSUS.
Wer gab Dir dann diß Schwerdt?
LIBERATA.
Die Rettung meiner Ehre.
ALPHONSUS.
Diß ist ein falscher Fund!
[327]
LIBERATA.
Er gebe doch Gehöre!
Diß Schwerdt gehöret zu dem frechen Arimant /
Alß seine Geilheit ich besigt mit eigner Hand.
ALPHONSUS.
Hat Arimantes sich der Künheit unterfangen?
Es sol die Bestie verdinten Lohn empfangen!
Allein welch Zaubrer hat so Teuflisch dich verstellt?
Trabanten sagt wie Euch itzt die Prinzeß gefällt /
Jst nicht jhr Antlitz schwartz?
DIE TRABANTEN.
Nein! Nein!
ALPHONSUS.
Jhr blinden Hunde!
Jhr habt den schwartzen Stahr! Wollt jhr deß Königs Munde
Nicht Glauben stellen zu?
LIBERATA
à part.
Hir ist deß Höchsten Hand!
ALPHONSUS.
Weil Du dem Teuffel dinst / so sol auch Rhadamant
Mit seiner Fackel Pech auff deine Glider blitzen!
LIBERATA.
Der König aller Welt wird seine Magd beschützen!

[328] Die Singende Himmlische Libe.


1.

Mein brennend Hertz hat GOTT Selbst angezündet
Eh Sonn und Mond erleuchtet Pol und Welt /
Mein Lilgen-Strauß / der JESU Euch verbindet /
Jst euer Schild / der Engel Lust-Gezelt;
Mein Lorber-Krantz und keusche Sternen-Krone /
Jst Euch ein Licht zu GOttes Heilgem Throne.

2.

Mein Purpur-Rock / der mehr alß Phöbus strahlet /
Und welchen Mir die Ewigkeit verehrt /
Hat Christus Selbst mit seinem Blut bemahlet /
So daß kein Blitz den Edlen Zeug versehrt /
Ja dieses Kleid kan erst am schönsten schimmern /
Wann Hencker jhm die blutge Bahre zimmern.

3.

Seht wie mit Lust die Fürstin Philippine
Den Scharlach Rock umb jhren Leib gehüllt!
Wie Graff Riber aufs Henckers Marter-Bühne
Mit Ruhm getrotzt des Teuffels Ebenbild!
Wie Hyacinth deß Abgotts toller Prister
Sich einverleibt dem Christlichen Register.

4.

Seht wie diß Kleid auch Liberat ergreiffet /
Und in dem Schmuck den wahren GOTT anrufft /
Ob der Tyrann gleich Schwerdter auff Sie schleiffet
Und jhren Leib wil streuen in die Lufft /
Ja ob auch gleich selbst Zaubrer auff Sie gehen /
Doch bleibt Sie fest gleich einem Felsen stehen!

[329] 5.

Seht wie Jhr Witz von Satans schweren Banden
Von Plutons Höl und schwartzen Ewigkeit
Mit höchstem Ruhm befreyt Printz Ferdinanden
Durch diesen Schmuck und schönes Ehren-Kleid /
So daß Er itzt die Jrrdsche Libes-Flammen
Vor meiner Glut und Fackel wil verdammen.

6.

Drumb die jhr wollt in Tugend-vollem Sinne
Einst glücklich blühn im goldnen Sternen-Land /
Folgt freudig nach der keuschen Prinzeßinne /
Jngleichen auch dem Printzen Ferdinand!
Denn jrrd'sche Brunst muß wie ein Staub verschwinden /
Jch aber kan dem Himmel Euch verbinden!

4. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt.
Der Schau-Platz stellet vor den Königl. Lust-Garten.
Juliana höret hinter einem Baume heimlich zu / bis Sie hernachmals erscheinet.

FERDINANDUS.
Wje sol ich grosser GOTT doch rühmen deine Gnad /
Daß Liberatens Witz mir so befestigt hat
Deß wahren Glaubens Grund / daß Jch numehr kan wissen
Was man vor einen GOTT in Andacht solle küssen.
O kluges Frauen-Bild! Du Pallas Unsrer Zeit!
Du Sonne dises Reichs! Du Schatz der Seeligkeit!
Es wird dich Ferdinand bis an den Pol erheben
So lange Seel und Geist in meinen Adern schweben!
Jch hab' / es ist nicht ohn / in diesem Wercke zwar
Durch Glimpf und reiches Gold der Wächter muntre Schaar /
Weil es die Seel antrifft / Mir allbereit verbunden;
Jdoch Verrätherey wird stets im Hoff gefunden.
Nur Muth bestürtzter Geist! Es komme wie es wil /
Weil schon Alphonsus hat diß grimme Trauer-Spil
An seiner Freunde Blut Tyrannisch angefangen /
So dürfft' Er auch an mir wol stillen sein Verlangen!
Ach Seel'ge Philippin / Riber / und Hyacinth!
Wer weiß wer der Prinzeß und mir den Faden spinnt
Zu unsrem Untergang! Schlafft wol hochwerthe Leichen!
Es wird die Tugend Euch das schönste Grabmahl reichen!
2. Auftritt
[331] Zweyter Auftritt.
Ferdinandus. Juliana alß eine Prinzeßin bekleidet.

JULIANA.
Jst Er mein Augen-Trost nun einmahl recht vergnügt /
Daß seine Julian zu seinen Füssen ligt /
Daß Er die Julian / der Er die Treu geschwohren /
Nun wieder hat erlangt die vormahls war verlohren?
Wie? Kehrt dein Angesicht die Augen von mir weg /
Die ich dein Leitstern war und einig libster Zweck /
Und die beym Tyber-Strom dein brennend Hertz erjaget?
FERDINANDUS.
Ach Nymfe Sie verzeyh! Jch weiß nicht was Sie saget!
JULIANA.
Es bittet Julian' umb Lindrung jhrer Noth!
FERDINANDUS.
Diß bitten ist umbsonst denn Julian ist todt!
JULIANA.
Nein! Juliana lebt und wird Dir Ewig dinen.
FERDINANDUS.
Es ist im Garten ja jhr Schatten mir erschinen.
JULIANA.
Diß war ein Schatten nur und eine blosse Lufft.
FERDINANDUS.
Die Geister kommen nicht zurück auß Sarg und Grufft.
JULIANA.
Durch Libe pflegen offt die Geister zu erwachen.
[332]
FERDINANDUS.
Jch mag mit Geistern mich nicht zu gemeine machen!

Er lauft weg.
JULIANA.
Jhr Götter! Er laufft weg! Ach falscher Ferdinand!
Ach ungetreuer Printz! Jst diß der Liebe Pfand?
Ach mein ertichter Fund von meiner blassen Leichen
Wird machen daß ich auch warhafftig werd' erbleichen!
Wolan! Es sol geschehn was Ferdinandus wil /
Was Ferdinandus wünscht! Es sol diß Trauer-Spil
Durch meine treue Hülff an Dir und Liberaten
Bekommen seinen Schluß durchs Henckers grimme Thaten!
Du solst nach deinem Wunsch nebst deiner Liberat /
Weil Euch der Höllen Mohr so sehr bezaubert hat /
Dem tollen Hyacinth / Riber / und Philippinen
Auch gleichfalls folgen nach auff Themis Folter-Bühnen!
Jhr Götter! Jch erstarr'! Hat dises Weibes-Bild /
Nachdem Sie seinen Sinn mit schnöder Brunst erfüllt /
Jhn Teuflisch auch gebracht umb die so theure Seele /
Und durch der Christen Schwarm gestürtzt in Plutons-Höle?
Kein Zweifel / Ferdinand wird seine Cron und Thron
Der Bröckin eignen zu nebst der Religion /
Denn keine Kette kan die Seelen mehr verbinden /
Alß wo sich Einigkeit des Glaubens läßt befinden.
Drumb Julian' ists Zeit zu rächen deine Schmach!
Die Götter geben Dir die Zucker-süße Rach
Jtzt selber an die Hand! Ja / ja Du solst erfahren
Untreuer Ferdinand / daß sich im Hofe pahren
Verrätherey und List! Jch wil dem König gleich
Entdecken meinen Schmertz / und daß dein Edles Reich
Ob deinem Abfall steh auff Bodem-losen Grunde.
O höchst-gewünschte Rach! O Freuden-volle Stunde!
Jdoch der König kömmt!! Wol! wol! Diß dint vor mich /
3. Auftritt
[333] Dritter Auftritt.
Juliana. Alphonsus. Ramiro. Palamedes. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.

JULIANA.
Durchlauchtigster Monarch / wo Seine Gnade sich
Jm Lusitan'schen Reich hat jemahls lassen sehen /
So woll Er / grosser Fürst / Anitzo nicht verschmähen
Die Bitte einer Magd / so Jhm zu Fuße fällt!
Mein Vaterland ist Rom / der Julier Gezelt
Mein Wapen-reiches Hauß. Als nun vor wenig Jahren
Auff das berühmte Rom Printz Ferdinand gefahren /
Hat Selbter sich alldar / Dehn sonst die Tugend lobt /
Jn keuscher Libe mir mit Mund und Hand verlobt;
Allein in kurtzer Zeit Mich Treu-loß gantz verlassen /
So daß ich disen Schluß nothwendig müssen fassen
Jn einem Pagen-Kleid Jhm schleunig nachzuzihn /
Doch leider nur umsonst / weil Liberata Jhn
Durch Jhrer Augenblitz dermassen eingenommen /
So daß Er / wie ich furcht / noch wird von Sinnen kommen.
Ja was noch arger ist / durch der Sirenen Macht
Jst Ferdinandus auch zu jhrem Glauben bracht.
Was dieser Abfall nun dem Reich vor Schaden bringe /
Ligt an dem hellen Tag.
ALPHONSUS.
O Wunder-volle Dinge!
Jst Ferdinand ein Christ? Prinzeß Sie stehe auff!
Jst Ferdinand ein Christ? O höchst-verwirrter Lauff!
Was wird Jhr Götter doch auß Unsrem Hofe werden /
Wo Liberaten man noch langer liß't auff Erden?
RAMIRO.
Was ist es Fragens Noth? Ein Demant sonder Glantz /
Ein Tempel ohn Altar / ein dürrer Lorber-Krantz /
[334] Ein Himmel ohne Stern / und Sonne ohne Strahlen.
Wer nichts alß Blut vergeust / der mag mit Blut auch zahlen.
Weil Liberata nun ein solches Blut-Qveil ist /
Das einem Krebße gleich noch ferner umb sich frißt /
Wie diß am Hyacinth / Riber und Philippinen
Nur leyder ist bekandt / so mag auff Themis Bühnen
Jhr Blut-begirges Hertz auch lassen Blut und Geist.
RODRIGO.
So ists: Man muß die Flut / eh sie den Thamm umreißt /
Und Hauß und Hoff verschlingt / mit Erd und Sand verschütten;
So muß der König hier die Sündflut auch verhütten /
Eh jhrer Wellen Sturm das gantze Land ersäufft.
PALAMEDES.
Wann der erzörnte Nord umb Mast und Segel pfeifft /
So pfleget man zuvor die Ancker einzusencken
Eh man die Sinnen läst zu der Verzweiflung lencken.
ALPHONSUS.
Hir dint kein Nachsehn mehr! Wir haben gnug geschont;
Wer disen Sturm erregt / der werde auch belohnt.
Drumb laßt die Liberat zugleich nebst Ferdinanden
Verbrennen an dem Pfal mit Ketten-reichen Banden!
4. Auftritt
Vierdter Auftritt.
PALAMEDES.
O Teuflischer Befehl! O höllisches Gericht!
O Unheil sonder Recht / das meine Seel' anficht!
O höchst-verfluchter Schluß! Vermaledeyte Thaten!
Ach! Sol der Leibes-Bau der schönsten Liberaten /
[335] Vor dehm selbst Alabast / Schnee / Schwan / und Kreid' erbleicht /
Ja dem Cythere selbst die Siges-Palmen reicht /
Durch unerschöpffte Pein der grimmen Glut verschwinden?
Jst keine Rettung dann in dieser Noth zu finden?
Ach! Palamedes kan diß Traur-Spil nicht anschaun!
Ehr wil ich selber mir ein Blut-Gerüste baun
Und durch der Adern Bronn das Richt-Beil lassen dringen /
Eh Jch beywohnen wil dem Teufflischen Vollbringen!
Drumb auff bestürtzter Geist! Auff Palamedes! Auff!
Vollziehe deinen Schluß! Befödre deinen Lauff!
Die Edle Tyber sol nun meine Ruhstadt werden /
Weil nur der Tagus wird ein Rothes Meer auff Erden.
Dar soll mein stiller Sinn nebst fromer Christen-Schaar
Dem wahren Himmels-Fürst auffrichten ein Altar.
Ja solt auch mich gleich dar die Tyranney umfassen /
Doch wil ich wie Riber mein Leben willigst lassen!
5. Auftritt
Fünfter Auftritt.
AURORA.
O Schnöde Eitelkeit! O falsche Anmuths-Höl!
Wie kan die Libe doch verblenden unsre Seel!
Wer hätte wol vermeint / daß in dem Pagen-Kleide
Deß Jnfortunio / der meiner Augen Weide
Und höchstes Labsal war / ein zartes Frauenbild
Verborgen solte seyn und listig eingehüllt!
O Unglückseeligkeit die unsern Geist bethöret!
Wie daß der Libes-Blitz so die Vernunfft versehret /
Die doch der Götter Gunst so herrlich hat geziert /
So daß Sie unß nicht leicht auff einen Jrrweg führt!
Drumb sey Aurora nun der Keuschheit Morgen-Röthe!
Der geile Venus-Stern sey numehr ein Comete
[336] Jm Himmel deiner Seel! Geh ins Palladium
Der Ehre und Vernunfft! Das schönste Heiligthum
Laß stets in deinem Hertz Dianens Tempel bleiben /
So wird die Fama dich mit Diamanten schreiben
Jns Buch der Ewigkeit das keine Zeit verzehrt.
Ja wer die Rosen hir in keusche Lilgen kehrt /
Dehn wird der Ehre Faust bezirn mit Lorber-Blättern.
Denn Keuschheit kan allein der Nymffen Schaar vergöttern!
6. Auftritt
Sechster Auftritt.
ARIMANTES.
Ach unverhoffte Qval! Ach Arimantes! Ach!
Wie wird mein Hertze doch bekämpfft von Lieb und Rach!
Rach' und auch Libe sind jtzt meine Kärckermeister /
So mich mehr peinigen als alle Höllen-Geister!
Sol mich ein Weibes-Bild entwaffnen und zugleich
Mit dem entblößten Stahl mir einen scharffen Streich
Zu geben trotzig dreun? Solln schwache Frauen-Hände
Dem Printzen / dessen Ruhm vom Auffgang biß zum Ende
Der Sonnen sich erstreckt / so einen Schimpff anthun?
Jhr grossen Götter Jhr! Mein Geist kan hir nicht ruhn!
Sol Lib' und Rache dann mich unauffhörlich plagen?
Solln diese Nattern mir die Seele stets durchnagen
Biß mich der dürre Todt mit seinem Stahl begrüßt?
Nein Arimantes! Nein! Ein solches Leben ist
Viel ärger alß der Todt! Es ist kein ander Mittel
Alß daß Verzweiflung mir den blassen Sterbekittel
Umb meine Glieder leg' und stürtze in die Ruh.
Jdoch eh Arimant die Augen drücket zu /
So sol Canidia / weil Sie mich hintergangen /
Durch disen scharffen Dolch verdienten Lohn empfangen!
7. Auftritt
[337] Sibender Auftritt.
Arimantes. Canidia.

CANIDIA.
Jst nun / Durchlauchter Printz / sein brennend Hertz vergnügt /
Daß Liberaten Er durch meine Kunst besigt /
Daß diese Göttin Jhm / der Venus selbst muß weichen /
Numehro wil den Krantz der sanfften Liebe reichen?
Jtzt kan Printz Arimant wie Jason sich erfreun
Weil mit dem göldnen Fließ Er frölich schiffet ein
Jn den vergnügten Port der Zuckergüssen Flammen
Wo unerschöpffte Lust fügt Mund an Mund zusammen!
Wie? Kehrt Er grosser Printz sein Antlitz von mir weg /
Von der Canidia / die Jhm den edlen Zweck
Und das belibte Zil zu diesem Glück gezeiget?
Jst diß mein goldner Lohn? Jhr Götter ach! Er schweiget!
ARIMANTES.
Nihm hin den goldnen Lohn du andre Hecate /
Die du mir hast erregt solch Jammer-volles Weh!
So fahre demnach hin du Folter meiner Seele /
Du Untreu-volles Weib / in Plutons Schwefel-Höle!
CANIDIA.
Ach weh! Ach weh! Ach weh! Was hab Jch dir gethan
Daß deine Faust mich stürtzt in Charons Todten-Kahn?
Wil nimand helffen mir? Ach ach! Es ist vergebens!
Ade verfluchter Hund! Du Mörder meines Lebens!

Sie stirbt.
8. Auftritt
[338] Achter Auftritt.
ARIMANTES.
Wje wird mir? Seh ich nicht das schwartze Höllen-Heer
Auff Arimantens Kopff entblössen sein Gewehr?
Seht wie Tisiphone mit Flammen-reichen Schlangen
Gerüst mit Pech und Feur wil meinen Leib umfangen!
Seht wie mir Rhadamant nach meiner Scheitel zihlt
Und seiner Fackel Glut in meinen Adern kühlt!
Seht wie Megæra mir mit gifft'gen Pfeilen dreuet
Und dieses Mord-Geschoß auff meine Glieder streuet!
Welch Donner blitzt auff mich? Wie schwimm ich in der See?
Welch Teuffel schreyt mir zu das Jammer-volle Weh?
Wie? wil das Erdreich selbst in tausend Stücke brechen
Und sich am Arimant ob dieser Mordthat rächen?
Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Ein Narr ist der so lebt!
Der in der Hölle schon noch auff dem Erdkreiß schwebt!
Komm her du edler Dolch! Du solst mich itzt ergetzen!
Stoß ein! So muß man sich in goldne Freyheit setzen!

Er sticht sich und stirbt.
9. Auftritt
Neundter Auftritt.
Der Schauplatz verändert sich in den Königl. Saal nebst einer Heydnischen Capelle und Altare mit des Jupiters Statua.
Alphonsus. Ramiro. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.

ALPHONSUS.
Es hat Rodrigons Faust nach unsrem Außspruch zwar
Den Printz nebst der Prinzeß auff die beschwärtzte Bahr
[339] Der Flammen-reichen Glut höchst-grimmig sollen stürtzen /
Allein weil Wir hirdurch das Leben Unß verkürtzen
Jndem durch Beyder Todt der Reichs-Thron wird geschwächt /
So stehen Wir noch an das außgesprochne Recht
An jhrer Glider Bau vor jetzo außzuführen.
RAMIRO.
Welch Zweifel wil dem Fürst doch seine Sinnen rühren /
Daß Er der Bestie noch ferner schonen wil /
Nachdem der Teuffel ja in diesem Trauer-Spil
Sich selbst leibhafftig zeigt / weil Liberatens Sinnen
Durch jhren schwehren Fall erregen solch Beginnen?
Mit kurtzem: Liberat' hat Bahr und Todt verdint.
ALPHONSUS.
Wann diese todt so hat mein Stamm-Baum außgegrünt.
RAMIRO.
Viel besser keinen Stamm als Nazareths Geschlechte.
ALPHONSUS.
Bey Cronen lindert man der Götter strenge Rechte.
RAMIRO.
Der Götter Ehre siht noch Stamm noch Cronen an.
ALPHONSUS.
Vielleicht läst die Prinzeß der Christen tollen Wahn.
RAMIRO.
Es ist ein eitler Traum! Jch wil entschuldigt leben /
Wann sich der Götter Grimm wird auff diß Reich erheben.
[340]
RODRIGO.
Es fällt Rodrigons Mund Ramiri Meinung bey
Daß Beyder Fall und Tod dem Reiche nützlich sey.
Ja selbst ASTRÆens Mund wird diesen Rathschlag rühmen
Und mit dem Lorberkrantz deß Nachruhms stets beblühmen!
ALPHONSUS.
Wolan der Schluß bleibt fest! Holt die Verdammte her!

Zwey Trabanten holen die Liberatam.

Weil diese Furie erreget dieses Meer /
Auff dessen Wellen nichts als lauter Creutze stehen /
So mag diß Unthir auch an einem Creutz vergehen!
Jdoch eh Liberat sinckt auff die schnöde Bahr /
So wollen wir vor schaun ob Sie auff dem Altar
Dem Ertzgott opffern wird und jhren Fall bereuen.
Geschieht es / wol! So sol die Gnade Sie erfreuen.
Was aber unsern Freund den Ferdinand betrifft /
So sol Rodrigo Jhm ein starckes Schlangen-Gifft
Einlifern in die Hand / wann Liberat erblichen /
Vermeldend / daß von mir die alte Gunst entwichen /
Weil keinen Christen ich zu meinem Freund begehr.
Drumb sol Er alsobald den Gifft-Kelch machen leer
Und Unsern Schluß vollziehn! Wil aber Er vertreiben
Den tollen Aberwitz / so mag Er lebend bleiben!
Jhr Götter dieses Reichs steht meiner Rache bey
Daß deß Alphonsus Schwerdt stets ein Vertilger sey
Der schnöden Christen Schaar die Euren Nahmen schmähen
Jn toller Fantasie! Laßt Götter diß geschehen!

Sie bringen die Liberatam.
10. Auftritt
[341] Zehnder Auftritt.
Alphonsus. Ramiro. Rodrigo. Liberata. Die Pagen und Trabanten.

ALPHONSUS.
Gleichwie der Götter Zorn nicht stracks auff frischer That
Die tolle Welt bestrafft / so sol auch Liberat
Jn dieser Sicherheit ohn allen Anstoß schweben /
Dafern Sie Unsrem Schluß gehorsamst nach wird leben.
Sie weiß / wie hoch Sie hat den grossen Jupiter /
Den Himmel / Erden / See / ja selbst das Höllen-Heer
Jn tieffster Demuth ehrt / durch jhren Fall verletzet /
Weil Christum hoher Sie als seine Gottheit schätzet.
Es hat auch dessen Rach und Eyfers volle Stärck
Bey diesem Abfall sich und schnödem Glaubens-Werck
Recht sichtbarlich gezeigt / indem Er jhre Glider
Jn einen Mohr verkehrt selbst der Natur zuwider.
Weil nun kein Mittel ist zu dämpfen disen Blitz /
Alß daß Sie wider sich zu seinem Sternen-Sitz
Und heiligem Altar in wahrer Andacht wende /
Die jhn versöhnen wird / so hat man zu dem Ende
Diß Opffer Jhr bestellt / wodurch die Schönheit Sie
Der vorigen Gestalt ohn alle fern're Müh
Gewiß erlangen wird. Kan Sie nun diß erfreuen /
So wolle Weyrauch Sie auff diesen Altar streuen /
Auff-opfern jhre Seel und bitten umb Genad
Vor jhren schwehren Fall und grosse Missethat /
So wird Sie nicht allein den grossen Gott versöhnen /
Es wird auch selbst Alphons Jhr Englisch Haupt bekrönen
Mit dem Jaßminen-Krantz der Väterlichen Gunst.
So knie Sie nun Prinzeß in Andachts-voller Brunst
Vor dises Söhn-Altar deß grossen Ertztgotts nider /
Jndem sich hören laßt die Anmuth heil'ger Lider!

[342] Jndem höchst-liblich zum Opfer musiciret wird / und der König nebst dem Ramiro mit allerhand charessirenden Minen die Liberatam zum Opfer zu bewegen sich vergeblich bemühet / redet der höchstergrimmte König also.

Halt inn mit der Music! O übergrosser Trotz!
Verlacht dann Liberat deß grossen Gottes Schutz?
Auff! Weigre länger nicht die Andacht zu vollbringen /
Sonst wird der Hencker dich mit tausend Martern zwingen!

Liberata betet kniende zu GOTT in den Himmel / der Statua den Rücken kehrende / also.
LIBERATA.
Ach Dreymahl-grosser GOTT! beweise deine Stärck
Und deiner GOttheit Macht in diesem Glaubens-Werck!
Steh mir genädigst bey in dieser Unglücks-Stunde
Und stürtze was dich schimpfft durch deinen Arm zu Grunde!

Der Donner schlägt die Statuam des Jupiters in viel Stücke / welche Ramiro mit vielen Küßen von der Erden auffhebet und wieder aufs Altar leget.
ALPHONSUS.
Hilff grosser Jupiter! Was leider sehen Wir!
Welch Blitz schlägt auffs Altar? Jhr grossen Götter jhr!
Wird dises Bild entweiht durch Liberatens Sünden?
Wie? Sol sich größre Pein der Frevlerin verbinden?
Wie? Oder ist vielleicht verfluchte Zauberey /
Durch welche offters sich die Christen machen frey
Von der verdienten Qvahl / in disem Werck verborgen?
Jhr grossen Götter Jhr! Benehmt mir doch die Sorgen!
RAMIRO.
So ists großmächt'ger Fürst! Der Christen schnöde Schaar
Baut offt durch Zauberey dem Teuffel ein Altar.
[343]
RODRIGO.
Die meisten Christen sind die grösten Hexenmeister!
Sie führen stets bey sich kunstreiche Höllen-Geister!
LIBERATA.
O Einfalt sonder Grund! Mein JESUS ist der Mann /
Der Lufft und Blitz regirt und alles stürtzen kan /
Und Diser wil auch hir durch dises Beyspil lehren /
Daß man den wahren GOTT in diser Welt sol ehren.
Und disen ehr' auch Jch! Es mag Alphonsus nun
Durch grimmste Tyranney mit Liberaten thun
Was seinen Sinn gelüst / so wird in diesem Hertzen
Doch stets mein JESUS stehn auch bey den grösten Schmertzen!
RAMIRO.
Sie dencke doch Prinzeß an jhren Ehren-Stand!
LIBERATA.
Die Ehre dieser Welt ist Schatten / Rauch / und Sand.
RODRIGO.
Wo bleibet Jhre Pracht und Sonnen-helle Strahlen?
LIBERATA.
Die Engel werden mir den schönsten Purpur mahlen.
RAMIRO.
Wo bleibt Jhr Demant-Schmuck und prächtiger Talar?
LIBERATA.
Es ligt mein schönster Schatz auff Christi Creutz-Altar.
RODRIGO.
Wo bleibt die Liberey der Pagen und Trabanten?
[344]
LIBERATA.
Vor dise werd' ich schaun des Himmels Musicanten.
RAMIRO.
Wo bleibet doch Prinzeß Jhr grosser Helden-Muth?
LIBERATA.
Die schönste Hurtigkeit besteht in Christi Blut.
RODRIGO.
Wil Sie deß Zepters Gold verwandeln in Zypreßen?
LIBERATA.
Der SISIGAMBIS Stab hat längst die Zeit gefressen.
RAMIRO.
Sol Jhr der Purpur-Rock ein Sterbe-Kittel seyn?
LIBERATA.
Jch hülle mich mit Lust in diesen Scharlach ein.
RODRIGO.
Wil Jhre Krone Sie in Todten-Kopff verkehren?
LIBERATA.
Mir wird der Engel-Hauff den Siges-Krantz gewehren.
RAMIRO.
Erschreckt sie nicht Prinzeß der Marter-volle Todt?
LIBERATA.
Ach nein! Der Tod führt mich auß aller Pein und Noth!
RODRIGO.
Die Art des Todes kan den bittern Todt erherben!
[345]
LIBERATA.
Es kan der schwache Mensch mehr nicht alß einmahl sterben.
ALPHONSUS.
Wolan! Der Grimm reißt auß! Weil gar nichts helffen wil /
So mag die Bestie ein blutigs Trauerspil
Dem Erd-Kreiß stellen dar! so mag das Thir erbleichen!
Die Vater-Libe muß der Götter Ehre weichen.
Zudem hat Africa deß Molochs grimmer Glut
Zum Opfer dargestellt gekröntes Fürsten-Blut /
Wann etwan Mars gedreut mit Ketten / Band und Eisen
So wird auch niemand Unß dehn Urthelspruch verweisen.
Drumb lasset ohn Verzug auffs Henckers rauhen Bahn
Die grosse Sünderin ans Creutze nageln an /
An welchem / weil gantz nichts Jhr Hertze kan erweichen /
Sie durch gehäuffte Qval höchst-kläglich mag erbleichen!
LIBERATA.
Gar wol Durchlauchster Fürst! Nun wird mein Wunsch erfüllt!
Was ist doch dise Welt? Der Eitelkeiten Bild!
Die Marter scheinet zwar unmöglich zu ertragen;
Jdoch mein JESUS wird mir lindern alle Plagen.
Seyd tausendmahl gegrüßt Jhr tapffren Märtrer jhr /
Ribera / Philippin' / und Hyacinthens Zir!
Jhr habet allbereit die Straße mir gezeiget
Auff der mein froher Geist zun Seraphinen steiget.
Ade nun werthes Reich! Geübtes Vaterland!
Der Himmel schütze dich! Auch Er / dehn ich erkant
Alß Vater in der Welt / bleib Ewiglich gesegnet!
Jch steh und wancke nicht ob es gleich Schwefel regnet!

Sie betet abermahls kniende zu GOtt.

Käyser Himmels und der Erden
Jn dem grossen Sternen-Saal /
[346] Lasse dieses Creutzes Qval
Mir zur Himmels-Fackel werden!

Leuchte mir zu meinem Leiden
Mit der Sonne deiner Gnad!
Laß die ärmste Liberat
Fröhlich von dem Erdkreiß scheiden!

Laß die Freyheit nun erlangen
Meinen Nahmen mit der That /
So wird deine Liberat
Ewiglich in Freyheit prangen!
ALPHONSUS.
Vollziehet den Befehl und führt das Unthier weg /
Daß die gerechte Rach' erreiche jhren Zweck!

Jndem Liberata zum Tode geführet wird / wird hinter dem Theatro nachfolgendes Lidgen nebst einer beweglichen Music gesungen.

1.

Reise frölich nach dem Himmel
Helden-gleiche Märterin!
Reise frölich! Denn dein Sinn
Fährt von diesem Welt-Getümmel!

2.

Reise frölich nach der Krone
So in diesem harten Streit
Dir dein Jesus hat bereit
Auf dem Heilig-hohen Throne!

3.

Reise frölich zu dem Sterben /
Denn es hat der grosse GOTT
Ebenfalls durch solchen Todt
Uns den Himmel wolln erwerben!

[347] Hierauff erscheinet unter einer lamentirlichen Music.

Die Singende Streitende Kirche.


1.

O Traurigkeit!
O bittres Leid!
Jst das nicht zu beweinen?
Liberatens Tugend-Glantz kan nicht ferner scheinen!

2.

O herber Fall!
O Donnerknall /
Der meine Scheitel rühret
Und mich in den Labyrinth tiefster Sorgen führet!

3.

Ach wer wird nun
Mir guttes thun
Und meine Kinder küßen /
Nun die schönste Liberat muß die Augen schlüßen?

4.

Mein Bräutigam
Der sich am Stamm
Deß Creutzes mir vertrauet /
Auf dich wird mein höchster Trost in der Noth gebauet!

5.

Zu Dir flieh ich!
Ach schütze mich
Vor deß Alphonsus Rasen /
Welcher deiner libsten Braut wil den Geist außblasen.

[348] 6.

Laß meinen Flor
Jns Himmels Thor
Zu einem Wetter werden /
Welches disen Ertz-Tyrann reisse von der Erden!

7.

Die Thränen-Bach
Sey eine Rach
Wodurch deß Mörders Seele
Jämmerlich versincken müß' in deß Satans Höle!

5. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt.
Der Schau-Platz stellet vor deß Printzens Ferdinandi Zimmer.

FERDINANDUS.
Jst Liberata todt und ich bin noch im Leben?
Jst Liberata todt? Sol ich im Angst-Meer schweben?
Jst Liberata todt? Ach leyder es ist wahr!
Die Göttin ligt entseelt aufs Henckers Mord-Altar!
Ach aber wer ist schuld an dem so strengen Rasen?
Wer hat doch meinem Licht die Lichter außgeblasen?
Wer hat mir doch geraubt die Schönste Liberat?
Ach ach! Jhr Vater selbst! O höchst-verfluchte That!
Ha Tyger-gleiches Hertz! Tyranne der Tyrannen!
Du Nero Unsrer Zeit! Wie kontest du verbannen
Mein außerwähltes Hertz / das ich vil höher hilt
Alß meine Seele selbst? O Götter-gleiches Bild!
Wie wird mir? Schwebet nicht der Liberaten Schimmer
Geschmückt mit Perl und Gold in Ferdinandens Zimmer?
Ja / ja dort schimmert ja jhr Lilgen-reiner Geist!
Seht wie mir Jhre Faust die Siges-Palmen weist!
Seht wie Jhr Todten-Creutz alß eine Sonne gläntzet!
Wie Jhre Scheitel ist mit Stern und Gold bekräntzet!
Seht wie Jhr Purpur-Mund der Mörder Schaar verlacht /
Die Jhren zarten Leib ans schnöde Creutz gebracht!
Prinzeß verzeihe mir! Prinzeßin sey versöhnet!
Es hat nicht Ferdinand dein Englisch Haupt entkrönet!
Ach nein! Dein Vater selbst und deß Ramiro Mund
[350] Hat diesen Fall gestifft der höchst-verdammte Hund!
Jedoch wer kommet an?
2. Auftritt
Zweyter Auftritt.
Ferdinandus. Rodrigo nebst zwey Trabanten /Dehren Einer ein Goldenes Trinck-Geschirr trägt.

RODRIGO.
Durchlauchter Printz ich klage /
Daß ich ein Bothe bin so herber Post und Plage!
Der König ist betrübt zugleich auch höchst-ergrimmt /
Daß Ferdinandens Hertz auff diesem Strudel schwimmt /
Wo nichts als Gifft außstreun die Christlichen Sirenen /
Die unsrer Götter Macht und Tempel stets verhönen.
Weil Er nun keinen Christ vor seinen Freund erkennt /
Auch selbst daß Recht von Jhm Kron / Thron und Leben trennt /
So wil Er daß der Printz stracks durch diß Gifft erblaße /
Es sey dann daß sein Sinn den tollen Wahn verlasse.
FERDINANDUS.
Nein Nein! Rodrigo! Nein! Jch schelte diesen Rath!
Jch sage Ewig Danck der Fürstin Liberat.
RODRIGO.
Die Jhn deß Throns beraubt und auff die Bahre stürtzet?
FERDINANDUS.
Die mir der Sorgen Qval auff dieser Welt verkürtzet?
RODRIGO.
Die seine Jahre kürtzt und Fürst und Reich betrübt?
[351]
FERDINANDUS.
Die vor des Tagus Gold mir Sternen-Kronen giebt?
RODRIGO.
Wie hat doch seinen Sinn bezaubert die Sirene!
FERDINANDUS.
Hir ist kein Zauberwerck / nur Himmlisches Gethöne.
RODRIGO.
Der Printz erwählet Glaß vor rechte Edelstein.
FERDINANDUS.
Genug Rodrigo! gnug! Man rede mir nicht ein!

Er reichet nach dem Gifft-Geschirr und trincket auß selbtem das Gifft auff einmahl auß.

Wilkommen libster Tranck / du Nectar meiner Seele!
Komm führe meinen Geist auß seines Kerckers Höle!
Komm führe meinen Geist in das Elyser-Feld /
Wo Liberata sich in schönster Wonn auffhält!

Er setzet sich auff sein Ruhe-Bette.

So reis' ich nun getrost auß disem Kreiß der Erden!
Laß JESU mir diß Gold zu einem Glücks-Stern werden!
Und wann mich nun bestürmt des Todes rauhe Pein /
So laß mir dises Gifft ein Lebens-Wasser seyn!

Er leget sich auffs Bette.

Ade nun grimmer Fürst! Gedencke an mein Sterben /
Und daß du Ursach seyst an Ferdinands Verterben!
Das Gifft dringt mir zum Hertz! O Jammer-volles Weh!
Mein JESUS nihm mich auff! Jch zitter! Jch vergeh!

Er stirbt.
RODRIGO.
Es wil die Seele sich auß jhrem Wohnhauß schwingen /
Jch muß den Todes-Fall dem König hinterbringen.
3. Auftritt
[352] Dritter Auftritt.
Die Leiche Ferdinandi. Ein singender Engel.

Der Engel.


1.

So hat nun auch der Gifft-Pocal

Dir werther Printz den Geist entrissen /

Worüber tausend Thränen flissen

Jm Seraphinschen Sternen-Saal?


2.

So muß dein Thron in eine Grufft /

Dein Purpur sich in blutge Zehren /

Dein Zepter in Zypreßen kehren?

O Traurens-volle Todten-Lufft!


3.

Hat dann die Jugend deiner Zeit

Das nahe Blut dich von den Ketten

Deß Todes gar nicht können retten?

O strenger Schmertz! O bittres Leid!


4.

Doch sind wir frölich auch darbey /

Daß Dich Beständigkeit gekrönet /

Und daß Du den Tyrann verhönet

Mit seiner blinden Raserey!


5.

Wol Dir O libster Ferdinand!

Dein JESUS schickt von seinem Throne

Dir disen Zweig und Lorber-Krone

Aus Gnaden alß ein Libes-Pfand.


[353] 6.

So schließ nun deine Augen zu

Geneuß der sanfften Libligkeiten!

So Dir dein Heyland wil bereiten!

Schlaff wohl in Zucker-süsser Ruh!

4. Auftritt
Vierdter Auftritt.
Der Schauplatz verändert sich in den Garten.

JULIANA
im Frauenzimmer-Habit.
Unglücklichs Frauen-Bild! Elende Julian'!
Nun ists umb dich geschehn! Ach was hast du gethan!
Ach was hast du gethan! Ach sol dann mein Gewissen
Schon in der grossen Welt wie in der Hölle büssen?
Jch habe zwar vermeint der König werde mich /
Weil Ferdinandens Fall zun Christen-Hunden Jch
Jhm treulich hab entdeckt / mit sondrer Gunst bestrahlen /
So find ich leyder nichts alß Perlen-leere Schalen!
So geht es in der Welt fürnehmlich im Pallast:
Verrätherey ist lieb / Verräther sind verhaßt.
Es sey der Tag verdammt / die Stunde sey verfluchet /
Jn der du Julian deß Printzens Todt gesuchet!
Wie wird mir? Seh ich nicht sein fleckichtes Gesicht /
Das Jhm der Gifft-Pocal so scheußlich zugericht!
Seht wie sein grimmer Geist mir mit der Fackel dreuet
Und tausendfaches Weh auff meine Seele streuet!
Ach werther Printz verzeih! Sey Ferdinand versöhnt /
Daß meine Eifersucht so kläglich dich entthront!
Sey Ferdinand versöhnt! Jch wil dich schon vergnügen /
Die Reue sol in mir der Rache Glut besigen!
Sey Ferdinand versöhnt! Bin ich doch schon bereit
Zu legen von mir ab den Rock der Sterbligkeit!
[354] Sey Ferdinand versöhnt! Zu stillen mein Gewissen
Wil ich zu deinem Trost gleich in den Wellen büssen!

Sie laufft ergrimmt davon.
5. Auftritt
Fünfter Auftritt.
POLLIO ASINIUS
der Juliana schleunig nacheilende.

Ritornate Prencipessa! Ritornate! Ritornate! ô Dio! Che veggio! O Misera Donna! O questa Pazzia senza Esempio! ô! ô! ô!


Ad Spectatores.

Signori Illustrissimi! Io son Romano, ma non Portugese. Son servo faceto da questa Corte en Lisabona. Mio Nome e Pollio Asinio, fu fatto cattivo da mio signore Rodrigo Capitano del Re. Allein ich muß Deutsch reden daß mich auch das Frauenzimmer verstehen könne. Sie wundern sich nicht / daß ich alß ein kurtzweiliger Hoff-Bedienter des Königes Alphonsi mich so sparsam sehen lasse; Denn bey traurigen Sachen müssen derogleichen Personen / wie ich bin / nur wie die Würtze in der Speise gebrauchet werden. Die Ursach aber warumb ich mich præsentire / haben die erschröcklichen Begebenheiten dieses Hofes causiret. Denn hir wird bald einer verbrennet / bald ersäuffet / bald mit Pfeilen erschossen / bald mit dem Beile des Kopfes kürtzer gemachet / bald gehencket / bald gerädert / und was des Scharff-Richters Ingeniosität etwan nur ersinnen kan / meisterlich practiciret. So sind auch meine Tractamente dermassen schlecht beschaffen / daß ich anstatt eines gebratenen Cappauns nur mit einem stücke schwartzen Brodts und anstatt eines gutten Spanischen [355] Weins nur mit einem starcken Truncke auß dem Fluße Tagus vorlieb nehmen muß. Der Hertz-kränckenden Exagitirungen / daß die Pagen und Lacqveyen offters meinen gravitätischen Nahmen Pollio Asinio abutiren und mich einen vollen Asinum nennen / zu geschweigen. Hingegen in mea Patria zu Rom en la Santa Città e Miracolo del Mondo ist von derogleichen Henckereyen und Mördereyen nichts zu befinden / sondern dar kan ich meinem Magen eine Ehre anthun con Boccale del Vino Bianco, Vino Rosso, Vino Muscato, Vino di Belvedere, Vino di Luca, Vino de Montefiascono, Vino d'Albano, und was vor delicate Liquores allda mehr zu befinden seyn / worzu das annehmliche Käyser-Brodt nicht übel accordiret. Jch schmecke schon im Geiste wie mir diese Delicatezzen so wol bekommen werden! Allein ich sehe von fernen den König ankommen! Mein Gott wie sauer sehen seine Augen auß alß wann Er zwantzig Eimer des schärffsten Wein-Eßigs in seinem Leibe hatte! Fürwar ich traue nicht / Er möchte mich wol etwan meines Capitolii berauben oder wol gar in der Lufft arrestiren lassen! Drumb ist es am besten daß ich mich schleunig unsichtbar mache ehe etwan diese Tragödie an meiner Person möchte geendiget werden. Adio donque Lisabona! Io vado à la Roma! Adio Signori! Adio!

6. Auftritt
Sechster Auftritt.
ALPHONSUS.
Der Traur-Geist dringt sich ein bey mir auff allen Seiten!
Jch fühle Rach und Reu in meiner Seele streiten!
Herodes ward so sehr durch Schwermuth nicht bestürtzt /
Alß Mariamnen Er den Lebens Drat verkürtzt /
Jngleichen Baßian alß Er in toller Hitze
[356] Den Geta hingericht wie auch deß Landes Stütze
Den grossen Wunder-Mann den Held Papinian /
Alß meine Sinnen wol die Schwermuth greiffet an.
O Traurens-volle Zeit! Begeb ich mich ins Zimmer /
So seh ich leider nichts als wunderliche Schimmer.
Beschreit ich Saal und Hoff / so zeigt sich dem Gesicht
Jch weiß nicht was vor Dunst und Nebel-volles Licht.
Drumb weil sich im Pallast nur Angst und Furcht begatten /
So wil ich suchen Ruh auff Blumen-reichen Matten
Jn diesem Paradiß und grünen Lust-Refir /
Zu sehen ob vielleicht der Traur-Geist sich verlier.
Wol wol! Ein süsser Schlaff wil sich in mir erregen /
Jch muß bey diesem Baum mich etwas niederlegen!

Unter einer annehmlichen Music schlummert der König ein / worauff nachfolgende Geister erscheinen.
7. Auftritt
Sibender Auftritt.
Der schlaffende Alphonsus. Die Geister Philippinæ, Ferdinandi, Riberæ, und Hyacinthi.

PHILIPPINÆ
Geist.
Ruht hir der außerkohrne Fürst /
Der Sanfftmuth Ebenbild / die Krone jrrdscher Götter?
Dehn nur nach Christen-Blute dürst?
Und der stets in Henckers-Klingen kehret seine Lorber-Blätter?
Ein unvernünfftigs Thier / das keine Sinnen hat!
Pflegt niemals nicht zu fressen seines Gleichen /
Weil die Natur verdammet solche That /
Und du machest Philippinen deine Schwester zu der Leichen /
[357] Jndem des Henckers schnödes Beil /
Weil ich Christo mich verpflichtet /
Mir geschnitzt deß Todes-Pfeil /
Und mich schimpflich hingerichtet?
Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß!
Schau wie die Rache dich bey deinem Haupt umbfasset /
Jndem Printz Ferdinand durch grünes Gifft erblasset!
So strafft der Grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen-Hauß!
FERDINANDI
Geist.
So ists; Deß Wütterichs verfluchtes Mörder-rasen
Hat mir alß seinem ändern Sohn
Und nechstem Nachsaß auff dem Thron
Auch durch geschicktes Gifft die Geister außgeblasen.
Verdammter Hund! Kein heiß-erhitzter Tyger
Am strudel-reichen Niger
Frißt seine Zucht und deß Geschlechtes Art /
Und du frißt dein Geblüth / O grimmer Leopard
Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß:
Schau wie die Rache Dir noch mehr jhr Zorn-Schwerdt zeiget /
Weil Palamed sich auch vor unsrem Jesu neiget.
So strafft der grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen Hauß!
HYACINTHI
Geist.
Ja freylich ist GOTT ein gerechter Richter /
Der keinen Mord läßt unbestraffet seyn /
Zumahl wenn man die GOtt-geweyhten Lichter
Der Prister werthe Schaar nur qvält durch grimme Pein /
Wie leider mir als deinem Seelen-Artzt
Und der ich Dich zu Christo wolte führen /
Thränens-würdig ist begegnet / als durchs Henckers Pech und Hartzt
Jch die höchst-geqvählte Seele must' an diesem Pfahl verlihren!
[358] Drumb ists kein Wunder nicht daß dich der Traur-Geist plaget
Und für und für an deinem Hertzen naget /
Daß Dir so Tag alß Nacht
Wunderliche Schatten-Bilder schröcklich werden vorgebracht.
Jedoch diß Traur-Spil ist nicht auß /
Schau wie die Rache dich noch weiter wil ergreiffen /
Weil Juliana sich im Tagus muß ersäuffen.
So strafft der grosse GOTT der Ertz-Tyrannen Hauß!
RIBERÆ
Geist.
So ist es: GOTT ist ein gerechter GOTT!
Der wird gewiß mit seinen Donner-Waffen
Auch meinen Fall und unverdienten Todt
An dir du Wüttrich straffen!
Kein witziger Regent hat seines Feld-Herrns Haupt /
Auff den das Kriegs-Heer sich als einen Atlaß stützet /
Durchs Henckers rauhen Strick
(O grimmes Ungelück!)
So schimpflich je geraubt!
Und dennoch hat dein Grimm so starck auff mich geblitzet /
Wie dieser Strick an mir ein Beyspiel zeiget /
Wodurch ich ward ins schnöde Grab geneiget!
Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß:
Mich dünckt ich sehe schon wie dich durch seine Waffen
Der Fürst Jberiens bey Evora wird straffen!
So stürtzt der Grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen Hauß!
PHILIPPINÆ
Geist.
Diß Mörder-Beil wird dich Du Mörder noch zerhauen!
FERDINANDI
Geist.
Diß Goldne Gifft-Geschirr wird dir die Bahre bauen!
[359]
HYACINTHI
Geist.
Der schwartze Pfal wird stets in deiner Seele glühn!
RIBERÆ
Geist.
Und dieser Hencker-Strick Dich in die Hölle zihn!
PHILIPPINÆ
Geist.
Rach'!
FERDINANDI
Geist.
Rache!
HYACINTHI
Geist.
Rache!
RIBERÆ
Geist.
Rach!
ALLE VIRE.
Rach! Rache! grosser GOTT!
PHILIPPINÆ
Geist.
Rach'!
FERDINANDI
Geist.
Rache!
HYACINTHI
Geist.
Rache!
RIBERÆ
Geist.
Rach!
ALLE VIRE.
Rach' über unsern Todt!
[360] NB.
Hierauff treten alle vir Geister dem Könige nahe vors Gesichte / dreuen Jhm mit den brennenden Fackeln und reden Jhn ergrimmt an mit nachfolgenden Worten.

Grausamer Wüttrich! Erwache! Erwache!
Weil auff dich blitzet die Göttliche Rache!

Sie verschwinden unter Donner und Blitzen.
8. Auftritt
Achter Auftritt.
ALPHONSUS.
Jhr Götter was ist diß! Was blitzt und donnert hier!
Wer reist mich auß dem Schlaff mit rasender Begir!
Welch Teuffel dreuet Unß mit schrecklichen Gebehrden!
Wie wil diß Paradiß zu einer Hölle werden?
Wie wil zur Folter-Banck mir werden dieser Baum?
Jsts Warheit oder nicht? Wie? Oder ists ein Traum /
Daß mich Printz Ferdinand / Ribera / Philippine
Und Hyacinth erschreckt auff dieser Blumen-Bühne?
Ach ja man sihet noch der Fackeln schwartzen Rauch!
Jst Ferdinand dann todt und Juliana auch?
Jst Palamed ein Christ / wie mir die Geister sagen?
Ach leider es ist wahr! O Felsen-schwehre Plagen!
Verzeih mir Philippin / ingleichen Ferdinand /
Riber' und Hyacinth! Nicht deß Alphonsus Hand /
Ach nein! Ramiro hat dem Tode Euch vermählet!
Ach daß deß Himmels Zorn so meine Seele qvählet!
Was sol ich fangen an Jhr grimmen Götter Jhr
Daß Jhr mir jtzund stellt so grause Schauspil für!
Ach Ach! Alphonsus wird bey so viel blassen Leichen
Durch die Verzweifelung wol müssen auch erbleichen!
Jedoch welch Seiten-Spil erschallt im Sternen-Zelt!
Wie? Wird mir Liberat in Wolcken vorgestellt?
9. Auftritt
[361] Neundter Auftritt.
Alphonsus. Der Geist Liberatæ in helleuchtenden Wolcken.

LIBERATÆ
Geist.
Nun ist mein Geist erfreut im goldnen Sternen-Saal!
Dem Höchsten GOTT sey Danck / der alle Pein und Qval
Durch seinen Allmachts-Arm genädigst mir besiget
Und mit der Seeligkeit mein treues Hertz vergnüget!
Die Krone / so anjtzt auff meinem Haupte strahlt /
Jst schöner alß der Bund / womit Schach-Sefi prahlt;
Der Edle Palmen-Zweig / so meine Glider ziret /
Sticht weg den goldnen Stab / dehn Arimantes führet;
Schaut wie deß Henckers Kreutz und Marter-volle Pein
Sich bey mir hat verkehrt in hellen Sonnenschein!
Die Tropffen meines Bluts sind schöneste Rubinen.
Vor Schergen schau ich jtzt die reinen Seraphinen!
Der Himmel ist nunmehr mein Fürstlicher Pallast /
Der Außerwählten Schaar mein allerlibster Gast!
Die Sternen leuchten mir anstatt der Diamanten /
Der Engel Heil'ges Chor sind meine Musicanten!
O Höchst-beglückter Stand! O Seel'ge Liberat!
Weh aber Jhm Alphons / wo Er durch falschen Rath
Noch ferner auff die Schaar der ärmsten Christen wüttet
Und in verblendtem Wahn dem Himmel Trotz anbittet.
Ach werthes Vater-Haupt! Ach gehe doch in Dich!
Dein Hochbegabter Sinn woll jtzund spigeln sich
An meinem Wolstand doch / der klärlich Dich kan lehren /
Was doch vor einen GOTT dein Hertze sol verehren!
Ach Grosser König! Ach! Ach Ach Alphonsus hör!
Er gebe doch dem GOTT dem wahren GOTT die Ehr /
Dem GOTTE / welcher Erd und Himmel hat erschaffen /
Dem GOTTE / dessen Arm durch seine Allmachts-Waffen
Den Lucifer gestürtzt! Dem GOTTE / dessen Macht
[362] Durch seines Sohns Geburth das Leben wiederbracht!
Dem GOTTE / der am Creutz vor unser Heil gestorben
Und Unß durch seinen Todt das Paradiß erworben /
Dem GOTTE / Welcher einst / wenn das beblümte Zelt
Der Erden wird vergehn / wird richten alle Welt /
Dehn beth' Er doch itzt an / O mächtiger Regirer /
So wird der Himmel seyn Alphonsi Treuer Führer!
Ja wo die Warnung wird durch Seine Seele gehn /
So wird Er künfftig auch bey Liberaten stehn /
Und beym Drey-Ein'gen GOTT der wahren Lebens-Sonne
Ererben gleiches Glück in Ewig-süsser Wonne!

Sie verschwindet.
10. Auftritt
Zehnder Auftritt.
Alphonsus. Ramiro. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.

ALPHONSUS.
Ach wertheste Prinzeß! Mein Hertze wird gerührt!
Weil Dich dein Christus hat mit dieser Cron gezirt /
Die keine Tyranney von deinem Haupt kan trennen!
Numehro muß Alphons den wahren GOTT erkennen /
Den GOTT der Unß den Weg zum Himmel zeigen kan!
Mein JESU nihm mich auch zu deinem Diner an /
Und glaube daß Alphons wird deinen Nahmen ehren
Biß Jhm der dürre Todt die Geister wird versehren!
Jdoch nicht ich allein verehre disen GOTT /
Es sol gantz Portugal durch Ernstliche Geboth /
Die wir alß Landes-Fürst dem Reiche werden zeigen /
Sich auch vor dessen Macht in tieffster Demuth neigen.
[363] Und weil Uns die Prinzeß zu solchem Glück gebracht /
So ist mein ernster Schluß / daß Sie mit höchster Pracht
Zu Ewiglichem Ruhm der theuren Märtrer-Krone
Ein goldnes Ehrenbild empfah zu jhrem Lohne.
Laßt demnach im Pallast ein Creutze richten auff
Auß Peruan'schem Gold und stellt Jhr Bildnüs drauff!
Den Leichnam aber laßt auffs prächtigste begraben.
»Die goldne Keuschheit muß ein goldnes Grabmahl haben!«

Die singende Triumffirende Kirche kommet auß einem helleuchtenden Himmel auff den Schau-Platz.

1.

Jo Triumff! Stimmt Siges-Lider an!
Denn Jesus hat ein grosses Werck gethan
An der Prinzeß der schonen Liberaten /
Die allen Libes-Reitz
Ja Selbst das grimme Creutz
Großmüthig hat besigt durch Jhre Helden-Thaten!

2.

Io Triumff weil nicht nur Liberat /
Auch Selbst Alphons nebst seinem Reiche hat
Den Purpur-Rock des Glaubens angeleget /
Wodurch des Satans Macht
Glückseelig wird verlacht /
Hingegen Fried und Wonn' im Sternen-Saal erreget!

3.

Io Triumff! So wird mein Reich vermehrt /
Mit welchem mich mein Bräutigam beehrt!
[364] So wird erqvickt das Heer der Seraphinen /
Die stets der Märtrer Schaar
Bey jhrer Todten-Bahr
Mit einem Lorber-Krantz und Palmen-Zweige dinen!

4.

Io Triumff! Mich dünckt ich sehe schon /
Wie LEOPOLD auff seinem goldnen Thron
Der Fromme Fürst und Spigel aller Kayserg
Der Heyden grosse Macht
Und Pfauen-gleiche Pracht
Zu Christo bringen wird durch seine Lorber-Reiser!

5.

Io Triumff! Großmächt'ger LEOPOLD!
Der Starcke GOTT ist deinem Zepter hold!
Der wird auch Dir in diesem Glaubenswercke /
Wodurch ich werd' erfreut /
Zugleich Dein Thron verneut /
Verleihen Glück und Sieg und Alexanders Stärcke!

6.

Io Triumff! So sige nun Dein Stahl
Und schwinge Sich biß zu dem Sternen-Saal!
Der Engel Schaar wird Dir Selbst helffen streiten /
So wird ohn alle Müh
Den Tempel der SOPHIE
Dein JOSEPH mit der Zeit Glorwürdiglich beschreiten!

Und wird also unter dem Schall der Trompeten und Paucken dieses Schauspil beschlossen.
[365]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hallmann, Johann Christian. Dramen. Liberata. Liberata. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-33FD-3