[42] Schertz-gedancken

C.H.v.H.


Cupido faßte dich vergangen zu gesichte/
Er nahm den besten pfeil/ und griff den bogen an/
Ich schaute/ wie er ihn nach deinem hertzen richte/
Ich sprach: es ist nunmehr um Flavien gethan.
Als aber dieser schalck genugsam angeschauet
Des angesichtes glantz/ so heller ist als tag/
Das haar/ wo ihm das gold ein bergwerck auffgebauet/
Und sonnen-strahlen selbst mit ehren trotzen mag;
Die schönen zauberin/ die fleischichten rubinen/
Die augen/ wo das pech sich in den schnee gesetzt/
Die wangen/ welchen selbst Aurora wünscht zu dienen/
Der hals/ der auch den schwan in seiner pracht verletzt/
Die brüste/ so den witz in kurtzem können blenden/
Die schultern/ so den stuhl der schönheit angericht;
So fiel der bogen ihm aus den geschwinden händen/
Und sprach: dergleichen pracht führt auch die Venus nicht.
Er sanck ihr auff den hals mit mehr als tausend küssen/
Es konte nicht sein mund von ihren lippen gehn/
Er ließ das süßte gifft auf ihre zunge fliessen/
Und in der reinen flut die heisse glut entstehn.
Er bließ ihr in den mund was buhlschafft kan erregen/
Was amber in sich hält/ und bisem mit sich führt/
Was Paphos geben will/ und Cypern denckt zu hegen/
Was kalte geister regt/ und schlaffe sehnen rührt.
Er schwur bey seinem pfeil und seiner mutter brüsten/
Der schönen Flavia zu gönnen ihre ruh;
Er sagte: Werd' ich mich mehr wider diese rüsten/
So schlage Jupiter mit blitz und donner zu!
So tadle mich nun nicht/ weil ich dir stets gesaget/
Daß deine küsse sind mit anmuth angethan;
Das/ was mir itzt an dir am meisten mißbehaget/
Ist dieses/ daß dein geist mich nicht recht lieben kan.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Galante Gedichte. Schertz-gedancken. Schertz-gedancken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6B71-8