[41] An Amaranthen/ über sein an sie geschicktes bildniß

C.H.v.H.


Mein bildniß hast du hier auff dünnes glaß geleget/
Es scheint/ daß zwischen mensch und glaß verwandniß sey/
Denn die gebrechligkeit ist beyden eingepräget/
Sie seyn von dem verderb fast keine stunde frey.
So bald ein glaß zerbricht/ kan auch ein mensch vergehen.
Das glaß zerbricht der mensch/ den menschen Gottes hand;
Es können beyde nicht die länge recht bestehen/
Ihr end und anfang ist fast nichts als asch und sand.
Zerbricht das glaß nicht gantz/ so kriegt es schnöde flecken/
Laufft von dem wetter an/ und wird sehr ungestalt:
So will die kranckheit offt uns allen schein verdecken/
Und macht gemüth und leib verdrießlich/ schwach und kalt.
Zerfällt das schönste glaß/ wer achtet dessen stücke?
Man stößt es schändlich hin/ als schlechten ziegel-grauß:
Die menschen sparen nicht den menschen ihre tücke/
Man hat uns kaum verscharrt/ so ist die freundschafft aus.
Ruhm, nahme und gestalt ist alsobald verschwunden/
Wenn man uns nach gebrauch das letzte hemde giebt.
Wo hat man dieser zeit wohl einen freund gefunden/
So an das grab gedenckt, und nach dem tode liebt.
Hier ist das dünne glaß, wilt du es bald zerbrechen/
So nehm ich es von dir vor keine feindschafft an;
Denn Amaranthen weiß ich nicht zu widersprechen/
Indem mich ihre hand in nichts verletzen kan.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. An Amaranthen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6BF2-8