Cupido an Berinne

C.H.v.H.


Aus meiner mutter mund ist dieser brieff geflossen/
So dich/ Berinne/ mehr als ihre tauben liebt/
Durch ihren segen ist dein warmer schnee entsprossen/
Dem iede schwanen-brust sich gantz gefangen giebt.
Es ist der mutter wort/ was ich dir übersende/
Ich hab es nur aus lust in diese reimen bracht.
Was nimmt nicht eine frau mit freuden in die hände/
Was nach der Venus wunsch Cupido fertig macht.
Dir ist nicht unbekandt/ was man die liebe nennet/
Es ist vor deinen geist nicht eine fremde glut;
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Du hast viel angesteckt/ und bist auch selbst entbrennet/
Und kennest/ was mein pfeil vor grosse wunder thut;
Du weist/ daß menschen sich nicht recht entmenschen können/
Und die begierde sie als alte kinder wiegt;
Ich weiß/ so gut als du/ den zunder deiner sinnen/
Und daß nicht eiß und stahl dir um das hertze liegt.
Ich habe dir zunächst zwey schreiben weggerücket/
So an den Criton du hast zierlich auffgesetzt;
Ich habe sie aus pflicht der mutter zugeschicket/
So sie von grösserm werth als ihre perlen schätzt.
Sie hat sie alle zwey in einen schrein verschlossen/
Dahin der diamant nur will verwahret seyn.
Sie sprach: Berinn' ist selbst in diesen brieff geflossen/
Und druckt ihr ebenbild den schönen worten ein.
Ich weiß die edle glut nicht hoch genug zu preisen/
Es steht das lieben dir ja gar zu zierlich an:
Und du/ Berinne/ kanst in einem spiegel weisen/
Wie gold und lieb allein im feuer dauren kan.
Dein unbefleckter mund verschencket keine küsse/
Daran nicht trinckbar gold und lebens-nectar klebt/
Es ist die süßigkeit vor ihnen selbst nicht süsse/
Weil mehr als honigseim auff deinen lippen schwebt.
Die schnelle zauberey/ so du im munde führest/
Macht/ daß dich Criton mehr als seine seele liebt/
Daß er/ so bald du nur die lippen ihm berührest/
Sich selber ihm entzieht/ und dir sich eigen giebt.
Der menschen liebe wird von vieler art gefunden/
Doch deucht mich/ diese sey viel mehr als andre werth/
Dieweil die tugend selbst den brandzeug hat gebunden/
Und diese reine glut durch ihren schwefel nehrt.
Du weist/ als Criton dir den ersten kuß gegeben/
Daß dieses keusche wort aus seinen lippen brach:
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Ich will allhier veracht/ und dort verdammet leben/
Rennt meines geistes trieb verbotnen lüsten nach!
Ich fühl in meiner brust die allerreinsten flammen/
Ich mercke mir genau den gräntz-stein meiner lust/
Es setzt der tugend hand diß endlich noch zusammen:
Ein küßgen auff den mund/ fünff finger auff die brust.
Diß ist die beste lust/ so nicht zu reichlich quillet/
Und wo der abend nicht den tag zu schanden macht.
Wer seinen hunger nicht mit voller kost bestillet/
Der wird der süßigkeit alleine werth geacht.
Ich will hinkünfftig dich als meine schwester lieben/
Mit der ein bruder stets vernünfftig schertzen muß;
Ich wil durch keinen trieb dein keusches wasser trüben.
Und diß versiegelt er durch einen heissen kuß.
Berinne bleib nunmehr auff deinen festen sinnen/
Und dencke: Dieser freund ist treuer flammen werth.
Die schwester wird ja nicht den bruder hassen können/
So in verdeckter brunst sich in sich selbst verzehrt.
Laß diesen tadel doch/ den man den frauen giebet/
Daß list und unbestand bey sie zu hose gehn/
Und keine nicht zu lang und allzu eiffrig liebet/
Laß böse nachbarschafft weit von den gräntzen stehn.
Brenn' und verzehr dich nicht in diesen edlen flammen/
Laß keinen neben-zug verleiten deinen geist:
Kein süsses säiten-werck stimmt so geschickt zusammen/
Als wenn beständigkeit die liebe schwester heist.
Streu die vertrauligkeit/ den zucker reiner hertzen/
Vor deinen Criton nicht mit allzu karger hand;
Laß seinen kühnen blick um deine liljen schertzen/
Es wird ein öle seyn für seinen liebes-brand.
[35]
Ein blick entführt dir nichts/ und kan dich nicht versengen/
Er steiget ohne list in deinen garten ein/
Und wird sich ohne raub in deine blumen mengen/
Denn Criton will dir hold/ nicht aber schädlich seyn.
Berinn' ich will dir itzt nicht mehr gesetze geben.
Dein witz wird führer seyn/ du kennst die rechte bahn/
Du wirst ja diesen nicht auff dornen lassen leben/
Der dich so ehrlich liebt/ und nicht verlassen kan.
So bald dich Criton wird das nächste mahl begrüssen/
So flöß in seinen mund ihm einen solchen kuß/
Von dem der amber selbst wird auff die seite müssen/
Und alle süßigkeit zu wermuth werden muß.
Doch laß nicht deine gunst wie die Cometen gläntzen/
So scheinen und vergehn in einer jahres-zeit;
Die rechte liebe lebt entfernt von allen gräntzen/
Sie folgt den göttern nach/ und sieht die ewigkeit.
Die mutter will alsdenn dich auff den wegen führen/
Wo alle freudigkeit mit vollem munde lacht;
Sie wird dir deinen hals mit einem schmucke zieren/
So auch den diamant schlecht und verächtlich macht.
Ich aber werde dich nun meine schwester nennen/
Ein weib/ so treulich liebt/ ist dieses tituls werth/
Durch mich wird Criton dir das hertze gantz verbrennen/
Er soll dein weyrauch seyn/ sey du sein opffer-heerd.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Galante Gedichte. Cupido an Berinne. Cupido an Berinne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6CD8-7