[1] Aufferstehung Jesu Christi

In ietzo neuübliche hochteutsche Reimarten verfasset/ und in Nürnberg


Bey hochansehnlicher Volkreicher Versammlung abgehandelt

Durch Johann Clajen der H. Schrift Beflissenen

Es ist die Aufferstehung Christi der Schlüssel zu unsern Gräbern/ der Anfang und die Vrsache/ ja auch so gar der Bürge und Geisel unserer Aufferstehung.


Theodoretus in der Außlegung des 15.

Capitels der 1 Epistel an

die Corinther.

Denen Edlen/ Ehrenvesten/ Fürsichtigen/ Hoch- und Wolweisen Herren/ Herren Bürgermeistern und Rahte der weitberühmten Freien Käiserlichen Reichsstadt Nürnberg.

[4]

Vberreichungsschrifft

Ihr grossen Vätter nemt/ nemt hin diß mein Gedichte/
Ach nemet es doch an mit gnädigem Gesichte/
Was meine Clio nechst gespielt zur Osterzeit/
In eurer Gegenwart mit schlechter Liebligkeit.
Nun leset/wenn ihr legt die grossen Sorgen nieder
Für diese grosse Stadt/ ihr Vätter/ meine Lieder/
Die ich zu Gottes Lob und eurer Lust gemacht/
Ohn allen Wörterschein/ ohn alle Rednerpracht.
Es hat euch ie und ie von Hertzen wolgefallen
Der edlen Künste Kunst die Poësi vor allen/
Diß weiset Celtes auß 1/ der bey den Sternen steht/
und wie sein Friederich in grünen Lorbeern geht/
Auch Eoban 2/ dem ihr viel gutes habt erwiesen/
Weil in der Römerzung er eure Stadt gepriesen.
Der Römer/ der ihm hat bißher sehr viel getraut/
Ist gegen Teutsch ein Wind und Klingel ohne Laut/
Seid daß wir aufgewacht/ der abgeführten Grichen
Versüster Verseklang gantz emsig nachgeschlichen/
und auch der Mutter Rom den Handgrif abgemerkt/
Der unsrer Sprachen Schmuk nun üm ein mercklichs stärkt.
Jetzt kan ein teutscher Mann sich rechtbehutsam schützen/
Den Feind zu rükke haltn 3 mit seiner Spracheblitzen/
Er gehet der Natur in allen Dingen nach/
Er donnert/ sauset/ braust/ er rauschet gleich dem Bach/
Der Lerchen hört er ab ihr Tiretireliren/
Den Wassern ihr Gesäust und murmelndes Spatziren/
Er rasselt/ prasselt/ brült/ wie wann der Donner brumt/
und bey gewölkter Nacht der Winde Stürmen sumt/
Daß Wild und Wald erstaunt. Wie Berge Feuer streuen/
Bepichen Laub und Gras heissiedend Hartz außspeien/
Spricht ietzt ein teutscher Mund mit schönen Reden auß/
Parnassus ist nun teutsch der Musen Sommerhauß.
[4]
Nun wol so lieber den/ ihr alten teutschen Helden/
Der in der Mutterzung wil euren Ruhm vermelden/
und euer Nürenberg/die Lust und Zier der Welt/
In welcher Kunst und Witz/in welcher Gold und Geld/
Wil in das Sternenbuch mit güldner Dinte schreiben/
Daß es die Nachwelt liest und ewig muß bekleiben.
Den Marmel frist die Zeit/ Stahl rostet und wird alt/
Das Gold wird wieder Koht/ Holtz brent und faulet bald/
Nur ein Poët verbleibt/ und seine Lust die Bücher
Sind für dem Vntergang mit ihrem Vatter sicher/
und pochen Zeit und Tod. Gott kröne diese Stadt/
In welcher Gottesfurcht die Oberstelle hat/
Zunechst Gerechtigkeit; wie der von Brennus Stamme
Der grosse Scaliger/ der Wissenschafften Flamme/
Sagt: Als Astrea 4 ließ das Gottvergesne Land/
Hat sie auf ewig sich nach Nürenberg gewand.
Hier wohnt der Landsknecht Gott und auch die Pierinnen/
Verdoppelt Lorbeerlaub bekräntzet jhre Zinnen
Des Febus und deß Mars. Ich habe viel gelesn/
Es sey der Musen Berg zweyhügelig gewesn/
Hier ist er/ wenn er ist/ hier Febus selber sitzet/
Vom klugen Altdorf wird Parnassus zugespitzet.
Nun lebet allzeit wol in eurer edlen Stadt/
Dergleichen unser Reich und Teutschland nirgends hat/
Vnd du/ du Friedefürst/ laß sich den Krieg verziehen/
Laß unser Feld mit Frucht/mit Zucht die Hertzen blühen/
Schik uns das Himmelskind den güldnen Friede zu/
Erhalte diese Stadt und uns in stoltzer Ruh.

Ihrer Adelichen Herrlichkeiten unterthäniger Johann Clajus.

Fußnoten

1 Cunradus Celtes ist der erste Poët in Teutschland gewesen/ vö Käiser Friederico dem III. glorwürdigsten Andenckens mit eigner Hand gekrönet worden/hat unter andern auch in einer Schrifft die Stadt Nürnberg schön heraußgestrichen/ wie solche mit seiner eigenen Hand ausgezeichnet in hiesiger berühmter Bibliothec befindlichen.

2 Eobanus Hessus ist ein vornehmer Poët gewesen/welcher viel Bücher der H. Schrifft in Verse übersetzet/ hat ein schönes Lobgedichte der Stadt Nürnberg zu Ehren geschrieben/ dergleichen auch gethan Georg. Sabinus/ Jacobus Micyllus/ Andreas Lymvicus/Georg. Fabricius/ Lotichius/ Schösserus/ Schefferus/Lindebergius und andere.

3 Mit dem Frawenzimmer soll man Frantzösisch reden wegen der Lieblichkeit/ mit Fürsten Italiänisch wegen der Zier/ mit Gotte Spanisch wegen der Majestät/ mit Feinden aber Teutsch/ wegen der dringenden Krafft und brechenden schrekkenden Gethöne der teutschen Wörter/ Schottel.

4 Heist die Gerechtigkeit/ weil die Poëten gedichtet/sie were vom Himmel kommen. Es lautet aber des Fürstlichen/ Sieghafften grossen Scaligers Lobrede also:

Diva mihi extremi da munera sacra laboris,

Non tamen extremo conspicienda loco.

Sed velut abducto veneramur in ordine cœlum,

Hic ubi naturæ fine quievit opus.

Non potes æthereis deducere sedibus astra,

Invenies, tibi quæ Norica terra dabit.

Hunc sibi corruptas terras Astrea, relinquens

Fatali statuit sede tenere locum.

Quis putet horrifico sociales Marte Camœnas,

Sacra tamen duplex tempora laurus obit.

Martis habe et Phœbi felici tempore laurum,

Sanctaq sit valido fœdere juncta fides.

[5] [7]J.F.P.Q.

Surrexit Christus! somno evigilavit Adamus.
Surrexit Christus! sunt guttura fracta Colubro.
Surrexit Christus! clausa exit turre Josephus.
Surrexit Christus! devicit Josua Reges.
Surrexit Christus! sua spes impletur Jôbo.
Surrexit Christus! Gideon Seb stravit et Oreb.
Surrexit Christus! super hoste Manoa triumphat.
Surrexit Christus! truncat Goliatha Davides.
Surrexit Christus! Daniel spelæa relinquit.
Surrexit Christus! Jonam cete ejicit alvo.
Surrexit Christus! Phœnix reparatur ab igne.
Surrexit Christus! Bombyci vita novatur.
Surrexit Christus! sunt diruta Tartara Ditis.
Surrexit Christus! nostrum scelus omne sepultum est.
Surrexit Christus! sunt lytra soluta Jehovæ.
Surrexit Christus! sunt debita nostra remissa.
Surrexit Christus! stimulum mors perdidit atra.
Surrexit Christus! demta est victoria Averno.
Surrexit Christus! Victori reddite plausus.
Surrexit Christus! Reduci Pæana sonate;
quem benè præludet Germano carmine CLAIUS,
cujus Romano nuper Clio ore canebat.
Vos, Magni Patres, Vos dedita corcula Musis,
Cras, postquam fuerit tacta Umbra à Sole Secunda,
Teutonici auditum Vatis nova metra venite,
atque, venustatem maternæ audite loquelæ.

P.P. Norimb. 23. April. Anni 1644.


Johannes Michael Dilherrus.

[7] Verteutscht
Ich ruhe in Felslöchern

Nun Christus auffersteht! muß Adam wieder wachen.
Nun Christus auffersteht! zerberst der Schlangen Rachen.
Nun Christus auffersteht! wird Joseph Kerkerloß.
Nun Christus auffersteht! wird Josua sehr groß.
Nun Christus auffersteht! was Job wust/ ist erfüllet.
Nun Christus auffersteht! sind Oreb/ Seb gestillet.
Nun Christus auffersteht! der Samson sieget ob.
Nun Christus auffersteht! singt man dem David Lob.
Nun Christus auffersteht! wird Daniel befreiet.
Nun Christus auffersteht! wird Jonas außgespeiet.
Nun Christus auffersteht! des Fenix Asche lebt.
Nun Christus auffersteht! der Seidenwurm neu webt.
Nun Christus auffersteht! das Raubschloß ist zerschmissen.
Nun Christus auffersteht! die Handschrifft ist zerrissen.
Nun Christus auffersteht! das Lößgeld ist erlegt.
Nun Christus auffersteht! fort keine Schuld sich regt.
Nun Christus auffersteht! der Stachel ist zerstükket.
Nun Christus auffersteht! die Hölle wird durchlükket.
Nun Christus auffersteht! frolokket/ freuet euch.
Nun Christus auffersteht! besingt den Sieg zugleich.
Wie aber dieses könn ein jeder recht verbringen/
Das übernimt Herr Claj euch klüglich vorzusingen/
Der unlängst im Latein/ was seine Clio kan/
Mit einem Kunstgesang hat lieblich dargethan.
Ihr großen Vätter komt/ ihr Kunstergebnen Leute/
Komt/ komt und höret an/was ich euch nur bedeute/
Wann morgen/ liebt es Gott/ der Sonnenschatten rührt
Den zweyten Zeigerstrich/ wird alles außgeführt.
Komt/ komt und höret an das liebliche Vermögen/
Das unser Sprache hat die Hertzen zu bewegen/
Hört dem Poeten zu/ was in gebundner Weiß
In unsrer Mutterzung erlange klugen Preiß.

Nürnberg den 23 April. 1644.


Johann Michael Dilherr.

[8] Christo Jesu zu Ehren

(Der Eingang ist von Dactylischen Versen auff Sapphische Manier.)

Setzet an/ blaset die feyer Trommeten 1/
Lasset erklingen die hohen Clareten/
Lasset die küpfernen Trummeln erschaln/
Prasseln und haln.
Stekket die Fahnen 2 auß/ lasset sie fliegen/
Man hat die höllische Vestung erstiegen/
Lasset dieTempel mit Waffen außschmükn/
Löset die Stükn,
Ladet von neuen/ begrüsset den Himmel/
Thäler antworten mit Gegengetümmel/
Nunmehr ist unser der blutige Krieg
Wahlstat vnd Sieg.
Singet und klinget in Christlichen Landen/
Christus ist heute von Toden erstanden/
Christus hat heute den Teufel besiegt/
Satan erliegt.
Die Cherubinen 3 nun Sternen ab fliegen/
Singen und sagen von Kriegen vnd Siegen/
Das Deamantine Himmlische 4 Zelt
Freudevermeldt.
[9]
Sehet/ wie schimmert die güldene Sonne/
Hüpffet und springet für Freuden und Wonne/
Höret/ die künstliche Nachtigal wacht/
Schlirffet und lacht. 5
Wasser vnd Wogen mit Brausen sich heben/
Ströme die Freude mit Rauschen angeben/
Der West verjünget die nichtige Zeit/
Blumen außbreit.
Rühret der Harfen bewegliche Seiten/
Lasset das Orgelwerk klüglich bestreiten/
Alle Welt soll Ihn mit völligem Chor
Heben empor.
Flötet/ posaunet/ versüssete Lieder/
Christus der Höllen Bestürmer kömt wider/
Alles/ was Odem hat/ lobe den HERRN/
Nah und auch fern.
Stille! der Siegesfürst kommet gezogen/
Richtet auff lieblich bekräntzete Bogen/
Machet die mächtigen Thaten berufft/
Füllet die Lufft.
Hertzog/ du Hertze des Friedes/ willkommen!
Freude der Engel/ Erlöser der Frommen/
Retter der Sterblichen/ Tröster in Noht/
Leben im Tod.

(Der Poët oder Evangelist gebrauchet sich hinfort der Alexandrinischen Verse/ alldieweil sich solche zu dergleichen Erzehlungen am besten schikken.)


[10]
Die Fakkel 6 dieser Welt/ das Flammenschöne Licht/
Das mit vergüldten Haubt die braune Nacht zerbricht/
War noch nicht aufgewacht; es spielte durch das blaue
Die gelblichrohte Braut/ die Mutter kühler Taue/
Die Fürstin des Gestirns/die neubegrünte Welt
Lag noch wie fast vor tod in ihrem Nebelzelt.
Der tieffe Hertzensschnitt/ das Sorgenvolle Wachen/
Allein das fromme Weib Marien munter machen/
Der ist hinweggerafft/ nachdem sie hat gewacht
Nicht sonder Threnenflut den dritten Tag 7 und Nacht.
Wer träget wol ein Feur im Busen/ das nicht schmertze?
Die Liebe birgt sich nicht/ der Mund verräht das Hertze.
Der abgeseelte Leib/ das newe Todenhauß/
Die liegen jhr im Sinn/ drüm bricht sie folgend auß.

Fußnoten

Hat der Tichter nicht der Tiefgelehrten halben/ die viel mehr wissen/ angefüget/ sondern der Jugend zu Liebe/ als welcher unsere annoch Teutsche in der Wiegen liegende Poesis nicht allerdings möchte bekant seyn.


Der Eingang/ wie gemeldet/ ist Dactylisch oder gedeutscht/ von langgekürtzten Versen/ werden von ihrem Erfinder Buchnerische genennet.


1 Ist eben was Göttliche Majestät geboten hat. DerPoët Sabinus sagt: Atria festivis perstrepuëre tubis, und an einem andern Orte: resonant tergora densa boum.

2 Wie die Römer pflegten ihre Siegseinzüge zu halten/ kan der teutschgierige Leser suchen in dem Himmlischen Jerusalem D. Meyfarti.

3 Daß unterschiedene Orden der Engel/ ist auß dem Heyden-Doctor zu sehen/ daß aber unsere Widersacher dieselben also namhafft machen/ als wenn sie neulich dem Himmlischen Stadtgerichte beygewohnet/ist auff lauter Sand gebauet.

4 Der uhralte Geschichtschreiber Moses nennet es עיקר, welches die LXX Dolmetscher gegeben ςερέωμα.

5 Plinius saget schön/ die Nachtigal führet in ihrer vollkommenen Singkunst den rechten Schlag/ jetzo hält sie stille/ bald singt sie etzliche Notẽ ohne Veränderung in einem Athẽ/ ietzt beuget sie die Stimme/ietzt singt sie etwas kleiner/ ietzt mit bebender/ ietzt mit lauterer Stimme/ bißweilen machet sie kurtze/bißweilen lange Gesetze.

6 Ist eine Beschreibung der hereinbrechenden Morgenröhte/ wenn die Demmerung beginnet zu tagen.

7 Gewiß ist es/ daß unser Heiland nur etwan 39. Stunden im Grabe gelegen/ und ist die H. Schrifft voll von dreyen Tagen. Die Jüden/ wie wissend/ fangen ihre Tage mit der Nacht an/ die erste Nacht/ sagen die Vätter/ sey gewesen die unerhörte Finsternis von der 6 bis zur 9 Stunde/ nach dem Christus begraben worden/ sind noch drey Stundẽ vom Tage übrig gewesen/diß ist der erste Tag. Den Sonnabend ist er den gantzen Tag und Nacht/ Sontags die volle Nacht und etzliche Stunden im Grabe blieben/ denn er mit der Sonnen aufferstanden/ besage der zween Wandersleute nach Emaus/ Luc. 24.

Maria Magdalena redet die andern Weibesbilder an

(Trocheische Ode.)


Komm Maria komm/ bestreiche
Mit mir noch zu guter Letzt
Die verblaste Liebes-Leiche/
Die wir neulich beygesetzt/
Daß der Leichnam in der Erde
Nicht zu Staub vnd Asche werde,
So will ich ihn balsamiren 1/
Er sol unvergessen seyn/
Vnd mit Tulipanen 2 zieren
Den beliebten Leichen-Stein/
Rosen/ Liljen und Narzissen
Sollen üm den Sarg entsprissen,
[11]
Aber wol! der Himmel lachet/
Kombt jhr Schwestern/ säumt euch nicht/
Eh die Welt zu Feld sich machet
Vnd das volle Liecht einbricht/
Last uns eilen in die Höle
Mit dem heiliggrünen öle.
Was nemt ihr euch doch für/ ihr vnbedachten Frauen?
Das ist ja wider Zucht/ des Mannes Leib beschauen;
Was unterfangt ihr euch? die Nacht ist niemands Freund/
Die Sonne schläffet noch/ der halbe Monde scheint/
Man hat euch Weg und Steg 3 mit Centnerlast verriegelt/
Pilatus Petschafft-Ring hat Thür und Thor versiegelt/
Die Posten sind besetzt/ der kühne Römer wacht/
Ist euch schon ausser Sinn der strengen Waffen Macht
und schwartzen Adler 4 Flug? Wolt jhr euch selber schänden?
Es kan nicht möglich seyn/ die Liebe muß euch blenden/
Die tolle Lieb hat euch Gemüt und Sinn bethört/
Die liebe Liebe macht/ daß ihr nicht seht noch hört.
Pfui! schämet ihr euch nicht/ daß ihr so gantz vermessen
Des Herren Wort und euch gestellet in Vergessen?
So richtet zwar ein Mensch/ der Menschen Vrtheil hegt
und nach dem Augenmaß den Himmel überlegt.
Sie gehen schüchter fort; wie die gescheuchte Hinde/
Die kaum des Jägers Pfeil und leichtgefüsten Winde
Entschlupfet und entwüscht/ durch Büsch und Wälder setzt/
Die nunmehr Stamm und Strauch nach ihrer Meinung hetzt.
So zaget dieses Volk; es brennet in der Kühlen/
Erschrikt im Fall/ der West wil mit den Blättern spielen/
Der ungefärbte Schein der Himmelsliebe macht/
Daß man Ehr/ Gut und Blut/ und Noht/ und Tod verlacht.
[12]
Sie kommen an das Grab/ es kam auch hergefahren
Die Feuerrohte Sonn 5 mit auffgeflamten Haaren/
Die mit verklärtem Haubt des Himmels Gunst entdekt/
Die Goldgestralte Lufft und alle Welt erwekt.
Ein Engel fährt herab/ der durch den Weg gezogen/
In ungebähnter Bahn/ der hellgestirnten Bogen/
Die/ so das Grab verwacht/ die liegen da bestürtzt/
Als welchen gleich der Tod den Lebens-Rest gekürtzt.
Der Jüngling schwinget auf die Silberblanken Flügel/
Weltzt ab 6 des Grabes Stein/ zerreisset Brief und Siegel/
und setzet sich darauf. O güldne Friedens-Zeit 7/
Die Engel rasten nun mit Sternen außgekleidt!
Sein Liechtbemaltes Haubt war gleich den schnellen Blitzen/
Die auf den dikken Wald viel Wolkenkeile sprützen/
Wann ietzt der Donner rollt 8; der Purpurwangen Licht
Ist wie der schöne Stern/ der Tag vnd Nacht zerbricht.
Das runde Silber hing an den gekräusten Lokken/
Sein Kleid 9 das gleichte sich den kalten Himmels-Flokken.
Die Weiber stehen da entgeistert und halb todt/
Besprachen sich also: Hilff Gott der bittern Noht!
Wer wil uns doch den Stein/ der übergroß 10/ abheben?
Kein Weib vermag es nicht vnd kostet es das Leben.
Ist doch der Stein hinweg/ kein Kriegsknecht mehr verwacht
Die Grufft/ sie haben sich bestürtzt darvongemacht.
Was säumen wir? Last uns mit Blumwerk erst bestreuen
Des Grabes Thür/ darnach mit starken Specereien
Den Cörper balsamirn; Vermöge treuer Pflicht/
Wir kriegen solchen Herrn und Meister nimmer nicht.
Ach/ Ach der Hertzensnoht! das Grab ist öd und wüste/
Ach rauffet euer Haubt 11/ jhr Weiber/ schlagt die Brüste/
[13]
Schlagt eure Brüste doch/ stimt Klagelieder an/
Es wiederschall hiervon des Gartens grüner Plan.
Ach/ Ach ihr treues Volk! ihr Grabbegleiterinnen/
Bestreuet euer Haar mit Asche/ last es rinnen
üm den entblösten Hals/ Ach heulet nach vnd nach/
Es flisse Wangen ab der Threnenreiche Bach.
Die Magdalena läufft/ den Jüngern zu verkünden/
Wie daß des Herren Leib im Grabe nicht zu finden.
Inmittelst stehen da zween Engel außgeschmükt
Mit gülden Stück/ ihr Kleid ist durch und durch gestikt.
Die fromme Schaar weiß nichts vor Zittern anzufangen/
Läst jhr betrübtes Haubt tief in die Asche hangen/
Der Liechtbegläntzte Printz 12/ der hohen Hofstadt Held/
Gantz freudig diesem Volk diß Osterneu vermeldt.

Fußnoten

Maria Magdalena führet allerhand Arten der Verse/weil sie als ein betrübtes Weibesbild bald in diese/bald in jene Gedancken geräht.


1 Diese Gewohnheit haben die Jüden von den Egyptiern entlehnet/ von welchem Herod. im 2. Buch. Schindler in seinem Wörterbuche sagt auß der Wurtzel טנח/ daß sie solche Salben zubereitet auß Myrrhen/Alöen/ Wildhonig/ Saltz/ Wachs/ Jüdenleim und Hartz.

2 Dieses ist bey Heyden und Christen üblich gewesen/daß man die verstorbenen und dero Gräber mit allerhand Blumen außgeschmükket. Virg. im 6. Buche vom Eneas:

– – – manibus date lilia plenis,

Purpureos spargam flores animamque nepotis

His saltem accumulem donis.

Prudentius in dem Lobgesange bey Leichbegängnissen.

Nos tecta fovebimus ossa

Violis et fronde frequenti

Titulumque et frigida saxa

Liquido spargamus odore.

3 Es sind die heiligen Vätter der Meinung/ daß das Grab nicht allein mit Pilatus Daumringe/ sondern auch mit des Geistlichen Gerichts Petschafft/ üm mehrer Glauben sey versiegelt worden. Nicephorus sagt/ der Stein sey mit eisernen Stäben vor deß Grabesthür eingefüget worden/ wie denn Beda meldet/daß zu seiner Zeit die Löcher noch an dem Steine zu sehen gewesen.

4 So werden in weltlichen Schrifften die Fahnen genennet. Lucanus im ersten Buche von der Pharsalischen Schlacht:

– – – infestisque obvia signis

Signa, pares aquilas. – – –

und die Fändriche Adlerträger/ Cæsar l.3. de bello civ. In eo prælio cum gravi vulnere esset affectus aquilifer.

5 Wiewol hier scheinet/ als wenn die Evangelisten widereinander weren/ so ist doch solche nur scheinliche Streitigkeit von unserseits Gottsgelehrten herrlich verglichen worden. Denn die Weiber nach Mitternacht außgangen/ als der Himmel anfangen zu grauen/die Sonne gemach sich mercken lassen und dennoch Finsternis mit untergelauffen. Ist also nach Marcus Aussagung die Sonne aufgangen/ nach Lucas frü/nach Johannis Düster gewesen/ Die quippe surgente, aliquæ relictæ tenebrarum tantò magis extenuantur, quantò magis oritur lux. Wie S. August. schon zu seiner Zeit diesen Streit abgeleinet/ besitze hiervon D. Gerharden/ Calixtum/ Walthern und andere.

6 Nicht daß der Herr Christus könte auß dem Grabe hervorgehen/ massen er schon auferstanden war/ wiePrudentius singet:

Inde est quod omnes credimus,

Illo quietis tempore,

Quo gallus exultans canir,

Christum rediisse ex inferis.

Sondern daß die Weiber die Engelischen Osterprediger hören/ und denẽselben Glauben geben köntẽ/ wieJustinus, Hieronymus, Chrysostomus und andere heilige Vätter wider unsere Widersacher bezeugen.

7 Sedebat Angelus regnantem indicans, qui in nativitate stando bellaturum significabat.

8 Der Poët hat wollen das starke und bewegliche Rollen deß Donners vorstellen. Bey hiesieger Gelegenheit weiset er den Leser in die 4 Lobrede deß tiefsuchenden Schottelii/ in welcher er die Lieblichkeit/ Pracht Majestät/ Anmut/ Klang/ unserer Mutterzunge dermassen heraußstreichet/ daß sie es auch allen Sprachen weit zuvorthut.

9 Er war so weiß/ daß er die Augen verblendete/Luth.

10 Daß der Stein groß gewesen/ bezeugen die Evangelisten sattsam. Dahero es der Syrer gegeben/ sie habẽ jhn vor geweltzet/ worzu Joseph von Arimathia und Nicodemus jhre Diener gebrauchet.

11 Diß haben die Weiber bey Beklagung der Verstorbenen im Gebrauch gehabt/ wie bey dem Virgilius/Ovidius/ Catullus und andern zu sehen.

12 Denn unter diesen zween Engeln ist auch der gewesen/ welcher den Grabstein abgeweltzet.

Die zween Engel im Grabe

(Anapestische Verse.)

Was suchet ihr Gottesergebenen Frauen/
Was kommet ihr finstere Gräber zu schauen?
Christus der Krieger/
Höllen Besieger
Ist heute mit hüpfender Sonnen 1 erstanden/
und hat euch errettet von eisernen Banden/
Stillet das Leiden/
Heget nur Frewden!
Der traurige Winter ist gäntzlich verschwunden/
Es haben sich Blumen vnd Blüten gefunden/
Gehet zu schauen
Wiesen und Auen.
[14]
Last Himmel und Erden erfreulichen singen/
und Buchen vnd Eichen in Wäldern erklingen:
Christus der Krieger
Höllen Besieger!
Nun gehet/ die fröliche Zeitung zu bringen
Dem Petrus 2 von solchen behäglichen Dingen/
Höret ihr Brüder!
Christus kömbt wider.
Die Jünger waren noch mit Furcht 3 vnd Angst ümfangen/
Der eine hier hinauß/der ander dort gegangen/
Ihr Haubt hängt wie das Schilff/ die Furcht frist die Gestalt/
Es werden Hertz vnd Haubt vor ihrem Alter alt
Von abgegrämten Leid; Bald däucht sie/ wie sie hören
Den Rosenrohten Mund mit Honigsüssen Lehren/
Bald steht ihr trüber Sinn in das bekante Hauß/
Der eine gehet ein/ der ander wieder auß.
Weil Vnlust Wirthin ist/ die furchtsam sich geberdet/
und Freud und Frölichkeit mit Christus sind beerdet:
Wie wann der Bienenmann/ in dem der Lentz ankömbt/
Den Honig-Vögelein den Blumenmust außnimbt/
Die kleinergrimte Zucht/ wenn sich der Rauch verzogen/
Kömbt auff sein Königreich mit Vngestüm geflogen/
Es sumt und brummet alls vor Schmertz und Traurigkeit/
Sie schwermen ein und auß/ und tragen Hertzeleid
üm den beraubten Stock. Die Magdalena stehet/
In dem zu guter Stund von Salems Schlössern 4 gehet
Der graue Schlüsselmann 5/ der vor bey tunkler Nacht
Durch helles Haangekreh zur Busse ward gebracht.
Der Adler 6/ welcher sonst/ zu Freud- und Leideszeiten/
Dem Herrn Jesu lag an seiner lieben Seiten/
Auch damals/ da er sich mit ihnen hat geletzt/
und zum Valet der Welt das Nachtmal eingesetzt.
[15]
Zu diesem saget sie: – – –

Maria Magdalena zu Petro und Johanne.

(Trocheische.)

Singt ihr Brüder
Trauer-Lieder/
Den wir hingebracht
In des Grabes Nacht
Hat man weggenommen/
Eh die Sonne kommen.
– – – – Sie wundern ob den Dingen/
und können solche Wort in ihren Kopf nicht bringen/
Ein Theil läufft 7 eilend auß und klettert auff die Klufft/
Wird unverhofft gewahr der leeren Grabesgrufft/
Der alte Petrus wagts/ besichtiget die Stäte/
Die Leinen liegen hier 8/ dort ist das Sterbgeräte/
Ein Theil verlacht die Post/ wie träumt der auch/ der wacht?
Das leere Grab hat ihr der Schlaff heint fürgebracht.
Maria setzet sich und wil das End erwarten/
Netzt mit dem Threnen-Meer den neubegrünten Garten/
Nun wird es heller Tag/ es wacht die Schläfer-Welt/
Der Wald wird wider Wald/ das Dorf geht in das Feld/
Das Lufftvolk ist erfreut/ mit krausen Tireliren/
Allein die Nachtigal/ die sonst weiß außzuführen
Ein süsses Morgenlied/ sitzt an dem klaren Bach
und widerholet nur ihr bittersüsses Ach.
Sie winselt/ sagt und klagt/ sie wimmert/ jammerlächtzet/
Weil sie verwäiset ist/ wie wann die Täubin ächtzet/
Die nunmehr Gattenloß/ so klagen jhre Noht/
Die Nachtigal Gewalt/ Maria Raub und Tod.

[16] Maria Magdalena führet diese Klage an einem besondern Ort im Garten.

(Die Verse sind Jambisch.)

Er küsse mich (sagt sie mit Schmertzen)
Nach den ich mit Verlangen schau/
Ach daß ich seinen Mund möcht hertzen
und kosten seinen Lippentau/
Ich bin sehr krank/ bringt Oepfelmust/
Brecht Blumen/ labet mir die Brust.
Ich sitze hier in deinem Garten/
O lieber Buhle komm doch bald/
Wie lange soll ich deiner warten/
Du meines Lebens Auffenthalt?
Du wolgezierte Fürstenblut
Hast mir genommen Sinn vnd Mut;
Ach laß mich hören deine Stimme.
Dir ist mein Bräutigam bewust/
Wie daß ich gantz vor Liebe glimme/
Dein Beyseyn ist mir mehr als Lust/
Führ mich ab in die Kellerey
und bringe mir den Trostwein bey.
Mich hungert/ gib mir einzubinden
Von den Granaten deiner Frucht/
Gewürtze/ Saffran/ Zimmetrinden/
und was mein mattes Hertze sucht/
Komm/ lindre meine Liebeslast/
Die du mir zugefüget hast.
[17]
Die Zeit 9 wird ihr zu lang/ sie gehet zu beschauen
Das angeneme Grab/ da findet sie gehauen
Von kluger Meisterhand/ das glasegrüne Meer/
Darinnen walt vnd spielt das blaubeschupte Heer/
Vorauß ist in der Flut von Marmorstein verhanden
Ein grosses Wasserthier 10/ das gleich begünt zu stranden/
Spert seinen Rachen auf/ und speiet an das Land
Des Amithaons Sohn/ den Jonas sonst genand.
Sie denket bey sich selbst/ wie nicht mit Menschensinnen
Zu fassen/ daß ein Mensch hätt sollen bleiben können
In eines Fisches Schlund/ wo Tag und Lufft gebricht/
und sonder Sterbensnoht biß an das dritte Liecht:
So könt es hier auch seyn/ daß sich der Held gerochen
An seiner Feinde Heer/ und Grab und Tod durchbrochen.
Ich Hofnungblosses Weib 11! hinunter ist ein Weg
Zur Grabesthür/ herauff ist weder Bahn noch Steg/
Wer eins gestorben ist/ muß in den Schos der Erden
Auff ewig seyn verbannt/ zu Staub vnd Asche werden.
Ey nun so mag ich auch nicht mehr im Leben seyn/
Komm gelblichblasser 12 Tod und kürtze meine Pein
Hier unter diesem Baum: Bey dem Cypressenstrauche 13
Will ich zuvor/ eh ich deß Leibes Gast 14 verhauche/
Noch klagen meinen Schmertz. – – –
(Gemeine Verse mit einem Gegenhall.)

Hier schlag ich auf mein schwartzes Todenzelt/
Weil kein Trost mehr in frischbegrünter Welt.
Gegenhall. in der Welt.
Ach Gegenschall wilstu mich noch erquikken
und Freud und Trost auß deinem Wald herschikken?
Gegenhall. bald herschikken.
[18]
Wo ist mein Schatz/ darnach ich so gestrebt?
Ich glaube nicht/ daß er/ Ach Gott! mehr lebt.
Gegenhall. Gott! Er lebt.
Sag/ was du wilt/ er ist nicht mehr verhanden/
Er ist jo nicht von Toden aufferstanden.
Gegenhall. aufferstanden.
Ich habe mir die Augen außgeweint/
Mein Augentrost ist er auch noch mein Freund?
Gegenhall. noch dein Freund.
Ach rede fort/ entbürde mich der Sorgen?
Wann war der Tag/ der hocherfreute Morgen?
Gegenhall. heute morgen.
Ach solt ich nur den weißlichrohten Mund
Noch einmahl sehn/ ach käm anietzt die Stund!
Gegenhall. ietzt die Stund.
O Felsenkind 15! wie thörestu die Leute/
Du sagest mir von morgen und von heute/
Ein Nachklangswort/ ein blosser Gegenhal/
Den mir ertheilt der angelegne Thal/
Der wieder stirbt/ eh er recht wird geboren/
und offt vergeht/ eh als er kömt vor Ohren/
Ich glaub ihm nicht/ wie glaubig ich auch bin/
Zu euch trägt mich jhr Sternen noch mein Sinn.

Fußnoten

Die zween Engel im Grabe haben Anapestische Verse/ oder zu teutsch/ kurtzlange. Es sind aber in allem bey der Aufferstehung Jesu Christi gesehen worden 6 Engel/ der 1 weltzet den Stein von deß Grabes Thür und erschrekket die Wächter/ 2 predigen den Weibern/ 2 erscheinen Marien Magdalenen/ der 6 wieder Magdalenen.


1 Denn die Sonne/ wenn sie auffgehet/ scheinet sie für unsern Augen/ als wenn sie tantzete/ denn die meisten Vätter dahin gehen/ daß Christus mit auffgehender Sonnen erstanden/ eh noch ein Engel vom Himmel kommen.

2 Theophylactus vber diese Wort gibt diese Erklärung: Weil Petrus den Herrn verläugnet hatte/ setzet der Engel außdrücklich den Namen Petrus hinzu/ sonsten/ wenn die Weiber weren zu jhm kommen/ und gesaget/ sie solten diese Post seinen Jüngern vermelden/ hätte Petrus einwenden mögen/ ich bin sein Jünger nicht/ ich habe jhn verläugnet/ dergleichen Meinung sind Victor Antiochenus, Gregorius M. und andere.

3 Diß ist kein Wunder/ denn wo der Vnglaube die überhand bekommen/ da herrschen neben ihm Traurigkeit und Zehren. Greg. Hom. 22. in Evang.

4 Solyma regia, weil daselbst die Hofstadt war/ denn so werden die Städte genennet/ wo Hofhaltungen sind.

5 Ist Petrus.

6 Ist der Evangelist Johannes/ wird wegen seiner hohen Sinne mit dem Adler verglichen/ denn wie Mattheus durch ein Menschengesichte für gebildet wird/wegen der Beschreibung der Menschwerdung und Geburt deß Messias/ Marcus durch einen Löwen/ weil er Busse außruffet/ Lucas durch einen Ochsen/ weil er viel von Opffern handelt/ also hat Johannes den Adler bekommen. Sedul. im 1. Buch:

Hoc Matthæus agens Hominem generaliter implet

Marcus ut alta fremit vox per deserta Leonis,

Jura sacerdotis Lucas tenet ore Juvenci,

More volans Aquilæ verbo petit astra Johannes.

7 Sind Petrus und Johannes. Gregorius saget: Die lauffen am meisten/ die vor andern mehr lieben.

8 Es war bey den Jüden bräuchlich/ daß sie jhre Verstorbene in köstlichen Leinwad einhülleten/ und ein sonderliches Schweißtuch üm das Haubt bunden/ Joh. 11/44.

9 Der Poët gibt hier vor/ als wenn die Histori Jonas were über deß Grabes Thür eingehauen gewesen/ auß welcher ihr das Weib süsse Gedancken geschöpffet.

10 Besihe unsern S. Opitzen in seinem Jonas.

11 Sie war in dem Wahn/ als wenn Leib und Seel auff dem Platze blieben: unser Poëte führet solche Jammerklage ein in der Außlegung der andern Handlung der Trojanerin.

12 Blaß/ weil er die Menschen blaß machet. Horat. pallida mors. Virg. von der Dido: et pallida morte futura.

13 Wurden bey den Leichen gebrauchet/ daß sie die verbliechenen Cörper vor Verwesung sicherten/ daher heist es noch bey den Römern Cupressus funesta feralis.

14 Prudentius nennet den Leib der Seelen Hauß/ so kan ich wol die Seele deß Leibes Gast nennen/ wie der böse Käiser Hadrianus in seinen nicht bösen Versen:

Animula blandula, vagula,

Hospes comesque corporis

Quæ nunc abibis in loca!

15 Hier wird der Gegenhall Felsenkind getauffet/ alldieweil er in den felsichten Oertern/ Thälern/ Gebürgen und Zusammenfliessungen der Wasser geboren wird.

(Anacreontische Ode.)


In der Person Mariae Magdalenae

Weil du von oben blinkest
Du blasses Schwesterlicht/
[19]
und mit den Hörnern winkest
Auff mein bleich Angesicht/
Ach wiltu mir nicht sagen/
Wer mich so sehr betrübt/
und den hat weggetragen/
Den meine Seele liebt?
Ihr Sternen weil jhr blikket
Annoch mit halbem Licht/
und euch zur Reise schikket/
Im Fall der Tag einbricht/
Ach wolt jhr mir nicht sagen/
Was Trost und Labsal gibt/
Wie hat man weggetragen
Den meine Seele liebt?
Ihr Auen/ Büsch und Wälder/
Der schwangern Erdenlust/
Ihr Wiesen/ Saaten/ Felder/
Ist irgend euch bewust/
Wenn hat man weggetragen
Den meine Seele liebt?
Ach mindert doch mein Klagen/
Das mich kränkt und betrübt!
Jhr grünen Wüsteneien/
Du buntbeblumte Flur/
Wo neue Blüten schneien/
Ach zeiget mir die Spur!
Ach sagt mir ihr Violen!
Wo der sich hingewand/
So heinte mir gestolen/
In dem mein Hertz entbrand.

[20] Maria Magdalena.


– – – Das Wasser rinnet mir
Auß beyder Augen Qvell ohn Vnterlaß herfür/
Die Haut ist Scherbendürr/ das Mark schwind in den Knochen/
Das Hertze lebet nur und ängstet mich mit Bochen.

Sie sihet Jesum von ferne/ und meinet/ es sey der Gärtner

(Trocheische.)

Es ist jemand 1 dort im Garten/
Wo mich nicht der gelbe Klee
Treuget/ noch der Liljen Schnee/
Lauff ich oder soll ich warten?
Sondre Schönheit/ wie mich deuchtet/
Auß den hellen Augen leuchtet.
Rosenfarben sind die Wangen/
und das Lokkenschöne Haar
Ist betauet Silberklar/
Auch des teuren Purpursprangen
Hat er herrlich angeleget/
und sich freundlich zu mir träget.
Was führt er wol in den Händen?
Der Masirten Felder Schein
Seiner Augen Weide seyn:
Wo mich nicht die Stralen blenden/
Kömt der Meister dieser Betten 2
Mit dem Grabscheid hergetretten?
[21]
Da steht der Siegesfürst/ des schwartzen Todes Tod/
Der Höllen Gifft und Pest/ der Retter in der Noht/
und spricht Marien zu: Was pressestu vor Zehren
Auß deiner Augen Bach? wen mussestu entberen?
Darauff das kühne Weib: – – – –

(Anacreontische Verse.)

Maria Magdalena.

Hast du den weggetragen 3/
Der meiner Liebe pflegt?
Wie? wiltu mir nicht sagen/
Wo du ihn hin gelegt/
Ich will/ ich will ihn holen/
Hätt auch ein grimmes Wild/
Ein grimmes Wild gestolen
Deß Vatters Ebenbild.
Ich will/ ich will es holen/
Wer es auch in der Glut
ümbringt mit Feuerkohlen
Mein allerliebstes Gut/
Ich will/ ich will es holen/
Hätt auch die wilde Flut/
Die wilde Flut gestolen
Mein allerschönstes Blut.
– – – Der Honigsüsse Mund
Gibt seinen Sieg an Tag und macht sich selber kund.

[22] Christus in der Gestalt des Gärtners.

(Anapestische Verse.)

Ach eile Maria 4/ die zwitzscherten Sänger einziehn/
Ach eile Maria/ der bittere Winter ist hin/
Der Felderbereiffer
und Wiesenzerschleiffer.
Es kommen die Silbercrystalinen Brunnen
Durch Wälder und Felder mit Lisplen gerunnen/
Da rastet der Schläfer/
Der bräunliche Schäfer.
Die künstlichbemahlete Tulipe prächtiglich läst/
Dieweil sie geschmükket und stikket der blümigte West/
Der Kältebezwinger
und Blumenanbringer.
Es kirren und girren die Tauben im Schatten/
Die frommen und friedlichen Störche 5 sich gatten/
Violen außblühen/
Was wiltu verziehen?
Schau meinen durchboreten Leib und eröfnete Brust/
Auß welcher geqvollen der röhtlichgefärbete Must/
Betrachte die Glieder/
Wie gläntzen sie wieder:
Ach/ hertze mich nicht 6/ ich bin noch nicht gezogen
Hin durch die mit Sternen gewölbeten Bogen/
Der Fried ist getroffen/
Der Himmel ist offen.
Ach eile Maria/ den flüchtigen Jüngern zu sagn/
Ich fahre zu meinem und euerem Vatter mit Wagn/
Die Thronen mich gleiten/
Den Einzug bereiten.
[23] Maria.

Hör ich meinen Liebsten nicht/
Hör ich ihn nicht lieblich singen?
Sehet doch mein werthes Liecht
Auf dem grünen Hügel springen/
Wie der Rehbok sich erzeiget
und die wilde Gemse steiget.
Sie schlägt jhr auß dem Sinn und bannet auß dem Hertzen
Der magern Sorgen Schaar/ die Kummerreichen Schmertzen/
Die Wangen läutern sich/ das wolgearte Blut
Bemahlt der Augen Licht/ es steht die Threnenflut/
Wie wann jetzund im Lentz die Blumen außgesprossen/
Sind durch die kühle Nacht mit Perlentau begossen:
So war mit vollen Röht und Zieraht angefült/
Jedoch von Threnen naß das edle Rosenbild.
Sie strekt der Arme Band 7/ den Herren zu ümfangen/
Den Leib 8/ der vormals blieb in jhren Haaren hangen/
ümsonst/ der Herr ist weg/ da geht von neuen an
Der trübe Klagethon/ sie ruffet/ was sie kan:
Ach/ Ach wo bist du 9 doch du starcker Schlangentretter/
Was fleugestu vor mir du grosser Menschenretter?
Ach kehre wieder üm du wolgezierter Held/
Mein Gantzich deine Brunst alleine mir gefält.
Sie ruffet/ daß es schalt durch finstrer Wälder Schatten/
Erseuftzet/ rennet/ läufft/ durch Auen/ Thal und Matten/
Fragt: Habt ihr nicht gesehn/ den meine Seele liebt?
Sein Haubt ist lauter Gold/ das Liebeeblitze gibt.
Sein Haar ist aufgekräust/ Kohlpechschwartz wie die Raben/
Der Augen Glantz ist gleich wie Tauben Augen haben/
Wie schön/ wie purpurroht ist seiner Wangen Pracht/
Die Gärtenmahlwerk auch an Zieraht finster macht/
[24]
Sein Athem ist der West/ der durch die Liljen streichet/
Der Leib ist Helfenbein/ dem auch der Schnee nicht gleichet/
Der von Saffiren blinkt; es steht der Füsse Schein/
Wie Marmorseulen vest in Gold gegossen seyn.
In dessen saget man 10/ daß Christus aufferstanden
und seiner Feinde Heer gemacht zu Spott und Schanden/
Gantz Solyma wird voll/ die Gräber thun sich auff/
Die Beine regen sich 11 und nemen jhren Lauff
Ins Leben durch den Tod. Vnd gehen auß zu sagen
und zeugen überall/ daß Belial 12 geschlagen/
Ermordet/ ümgebracht/ zerqvetzschet und gefält/
In dem ihn hat erlegt Immanuel 13 der Held.
Das Auge dieser Welt 14 begunte sich zu senken
und wil im grünen Saltz die Feuerhengste tränken 15/
Der Silberweisse Mond gehörnet überlacht
Das güldne Blumenfeld 16 der Sorgenstillen Nacht.
Als nun der Jünger Volk zu Tische sich gesetzet/
Den tunkeltrüben Mut mit Speiß und Tranck ergetzet/
Tritt Jesus mitten ein 17/ zeigt sich als Gott und Held/
Sein Glantz zertrent die Nacht 18 im Hertzen und im Zelt.
Das Haar war üm und üm mit Sternen eingeflochten/
So/ daß sie diesen Glantz zu sehen kaum vermochten/
Sie sind vor Furcht halb todt/ die Zunge steht gehemt/
Das sehr geschrekte Blut den Muht und Farbe dämt.
Wie wann der Himmel zürnt 19 und ob der Städte Frevel
Schlägt in ihr Gotteshauß mit Macht den heilgen Schwefel/
Die Kirche flamt im Feur/ der Hagel schmeist ergrimt/
Der Nordwind saust und braust und alle Sonne nimt,
[25]
Kein Mensche kan vor Furcht nicht eine Hand anlegen/
Die Glut brent lichterloh/ der Weiber Zehrenregen 20
Sol Flut und Rettung seyn. Hierauf der Heiland spricht.
Christus mitten unter seinen Jüngern dactylisiret.

Friede mit euch 21 ihr erlöseten Bürger/
Sehet/ hier stehet der Goliathwürger 22/
Wendet und endet den trüglichen Sinn/
Sehet/ daß ich zu Jerusalem bin.
Gläubet doch vestiglich/ daß ich gerochen
Teufel und Fessel und Ketten zerbrochen/
Gebet der Traurigkeit nimmer nicht Statt/
Friede mit Freude die Siegerhand hat.
Schauet doch meine durchnagelte Hände 23/
Meinet ihr/ daß ich die Sinnen verblende?
Welches Gespenste hat völligen Schein/
Den Leib geädert mit Fleisch und Gebein?
Die Jünger wurden fro und gläubten dem Bericht.
Der treue Menschenfreund begibet sich zu Tische/
Sie tragen Honig auf und wolgebratne Fische 24/
Er isset 25 als ein Mensch in aller Gegenwart/
Erklärt der Seher Wort und strafft sie zimlich hart.
Nachdem kömt Thomas heim/ der neulich außgerissen 26/
Als Petrus mit dem Schwert und Eiver dreingeschmissen/
Dem bringen sie die Post: – – –

[26] Die eilff Jünger zu Jerusalem.

(Neue Trocheische männlicher Art.)

Ach wo bistu doch gewesen/ Bruder Thoma/ höre doch/
unser allerliebster Meister Christus Jesus lebet noch/
Die gespitzte Dörnerkrone und das Blutgefärbte Haar 27/
Auch der Leib 28/ der vormals nimmer einem Menschen ähnlich war/
Ist von neuem außgeziert 29/ wie die Morgenröhte stralt/
Wie die weißbetauten Hügel die beflamte Sonne malt/
Als wir vns zu Tisch gesetzet/ nimt er nach uns seinen Lauff/
Denn den umümschrenkten Gott halten keine Schlösser auff 30/
Was für Hertzens fromme Wort gab uns der beliebte Gast/
Ach wo bistu doch gewesen/ daß du diß versäumet hast!
– – – – Wacht jhr vnd träumet auch?
Ihr habet fehl gesehn/ Ich kauffe keinen Rauch/
Sagt Thomas. In dem sie die Freud ihm noch erklärten/
Kömt Cleophas auch an mit seinen Weggeferten 31
und saget dieses auß: – – –

Die beyden Jünger von Emaus.

(Neue Trocheische weiblicher Art.)

Haltet doch den Wehmut an/ höret/ was uns ist geschehen/
Als wir auf der Strassen seyn/ haben wir den Herrn gesehen/
Da wir gleich üm Sicherheit nach Emaus 32 vesten Höhen/
Als die Sonn nach Westen lief 33/ mit betrübten Hertzen gehen/
Kömt der dritte Wandersmann schnurstracks auf uns zugegangen/
Fraget: Was für Hertzleid hat bethrenet eure Wangen 34?
Wir/ der trüben Seuftzen voll müssen nach der Läng erzehlen/
Was da häuffet vnser Leid/ was vermehret Seelenqvälen/
[27]
Wie man unsern lieben Herrn hat gebunden 35 und gefangen/
Außgemartert 36/ abgeseelt/ an ein hohes Holtz gehangen 37/
Da doch unser Hoffnung war/ daß sein Zepter würde zwingen
Das verruchte Römervolk und uns hoch zu Ehren bringen
Seine Gegenantwort war: O ihr ungehirnte Thoren!
Seyd ihr noch nit bey euch selbst! blind an Augẽ/ taub an Ohrẽ/
Muste nicht der Herre Christ diesen herben Tod außstehen/
Durch deß finstren Grabeshauß in die Sternenporte gehen?
Drauff hat er uns außgelegt länger dann zwo gantzer Stundẽ 38/
Was von Christo Gottes Sohn in den Schrifften wird gefunden/
Mit milchsüsser Lieblichkeit. Es verschwind die Himmelskertze
und die schrekkenvolle Nacht kleidet sich mit Wolkenschwärtze/
Wir erreichen nun den Markt/ er sagt: Ich will weiter reisen/
Bey dem Abschied bitten wir/ daß er mit uns möchte speisen:
Bleibe bey uns Reisemann/ weil der müde Tag sich neiget 39/
und die güldne Sternensaat 40 an dem blauen Saal sich zeuget.
Drauf so kehrt er bey uns ein/ setzet sich gleich in die Mitten
und zerbricht das süsse Brod/ als wenns ein Stahl zerschnitten 41/
Wir vergessen Speiß und Tranck/ wollen Danck und Ehr erzeigen
Deme/ vor dem sich die Welt und verdambten Geister beugen/
unverhoffet hat er sich unsrer Augen Licht 42 entzogen/
Wir sind seines Beyseyns loß/ ehe wir es recht erwogen.
– – – – Was Cleophas bericht/
Dem Thomas mit Gewalt und Trotzen widerspricht:
Ich gläube das Ding nicht 43/ wie sehr ihr es bejahet/
Wo sich der Meister nicht so harte zu mir nahet/
Daß ich die Nägelmahl und Narben sehen kan/
Den Seitenstrom 44/ darauß sein Blut und Wasser ran.
[28]
Darauf 45 sie durch die Nacht dem Thomas noch vermelden/
Wie Gott sie wol staffirt als außgerüste Helden/
Mit seines Wortes Schwert. Den Geist von Gott gesandt/
Von Gott und selber Gott in einer Gottheit Band/
Den Himmel anvertraut/ was sie hier würden lösen/
Solt auch in jener Welt gelöset seyn vom Bösen/
und was gebunden blieb bey Christen in gemein/
Solt in der Schwefelglut auf ewig straffbar seyn.
Siegeslied.

Nun trauter Pelican 46/ ich habe dich gesungen/
Der du mit deinem Blut beseelest deine Jungen/
Wie wenn deß Nilus 47 Wurm betrit den trucknen Strand/
Spert seinen Rachen auf und schnarchet unverwand/
Da/ wo mit schwangrer Flut die starcken Ströme fliessen
In sieben Thüren auß Egypten zu begiessen/
Wüscht ihm in Bauch hinein die Götterliebe Mauß 48/
Zernaget jhm den Wanst und beist sich wieder auß/
Wo er am dünsten ist. So hast du Held erleget
Den Leviathan 49/ der mit stoltzen Schuppen reget
Die bodenlose See/ und macht ihm Weg und Raum/
Wo Scylla 50 von sich wirfft den höchstgefürchten Schaum/
und wie der Seidenwurm 51 sich selbsten aufferwekket/
Auch in der Loderasch ein junger Fenix 52 stekket/
Der Erbe seines Leibs; O Löw von Juda Stamm 53/
Durch dessen Brüllen uns das Leben wiederkam/
Drüm ist der Himmel 54 fro/ das Menschenhauß erklinget/
Weil unser Josua die Siegesfahne schwinget/
Der hochgestimte Lerm 55 der Kesselpaukken halt/
Das laute Trarara der Feldtrommeten schalt/
Sieg/ Sieg/ Jö Sieg/ Sieg/ der Teufel hat verrekket/
Der Tod ist selber todt/ Geripp und Knochen strekket/
[29]
Der gifftgefüllte Wurm/ die Sünd ist übermannt/
Das Raubschloß ist gestürmt/ geschleiffet/ außgebrannt.
Sieg/ Sieg/ Jö Sieg/ Sieg/ der Herr 56/ Herr ist erhöhet/
Des Herren Rechte kämpfft/ sie kämpfft und männlich stehet/
Der Herr erhält das Feld. Du Sünd 57/ wo ist dein Krieg?
Du Tod/ wo ist dein Stahl? und Höll/ wo bleibt der Sieg?
Gott aber sey gedanckt/ der uns den Sieg gegeben
und auß der Erden Staub hervorgebracht das Leben/
Durch unsern Herren Christ. Gebt Feuer in die Lufft
und überlaut Sieg/ Sieg in unsre Salven rufft 58.

Fußnoten

Folgende Vers sind in einen Gegenhall gesetzet/massen wir die Griechen/ Italiäner/ Frantzosen in dieser Manier weit übertreffen/ ja die Römer müssen sich gantz verkriechen.


1 Maria sihet/ daß die Engel im Grabe aufstehen/darüm wendet sie sich üm. Chrysost. Athanas. Gerson sagt: Ideo conversa est, quia Angeli assur rexerunt præsentiæ Christi.

2 κηπουρὸς, der Syrer אננג, heist ein Gärtner/ weil es früh war/ geräht sie in die Gedancken/ es hätte hier kein Mensch nichts zu schaffen/ als der/ dem der Ort anvertrawet were. Viel halten darvor/ Christus habe die Gestalt vnd Habit eines Gärtners angenommen/andere/ es weren Marien Augen gehalten worden/denn nach Außsage Brentii: Christus talis videtur aspicientibus, qualia animorum conspicilla habent, hoc est, qualiter affecti sunt, qui ipsum vident.

3 Hiesiege Anacreontische Ode soll etzlicher massen Mariens unbesonnenes Vornemen außdrukken/ sie meinet nach Art der Liebhabenden/ als wenn alle Menschen sonst an nichts gedächten/ als an jhren liebstẽ Heiland/ darüm fraget sie: Herr hast du ihn weggetragen? Den Gärtner heist sie erst einen Herrn/welches zu viel war vor eine niedrige Person/ darnach beschuldiget sie jhn Diebstal/ vergisset jhres Geschlechts/ jhrer geringen Kräffte/ saget mehr zu/ als sie halten kan/ sie wil ihn holen und in das alte Grab tragen/ da doch ein Mann/ in seinem besten Alter mit 100 Pfunden Specereyen balsamiret/ schwerer war/als daß ihm ein zartes furchtsames Weibesbild tragen solte/ sie wil durch Feuer und Wasser lauffen und keine Gefahr scheuen/ wie ihr solches die H. Vätter abgemercket. Orig. Aug. Luth. im 5. Jen. Theile/ Gerhard und Stegmann.

4 Dieser Gesang ist genommen auß dem Himmlischen Salomonischen Brautliede/ massen solche Wort von den H. Vättern auf die liebliche und fröliche Osterzeit gezogen werden. Daß sie aber der Heiland jetzt bey ihrem Namen rufft// da er sie zuvor nur Weib hiesse/sagt Ambrosius also: Quando non credit, mulier, quando converti incipit, Maria vocatur, hoc est, nomẽ ejus accipit, quæ Christum parturit. Est enim anima, quæ Christum spiritualiter parit.

5 Publius Syrus vom Storche.

Pietaticultrix gracilipes, crotalistria,

Avis exulhyemis.

6 Es haben die heiligen Vätter je und je die Köpfe darüber zerbrochen/ warüm der Herr Christus zu der Marien gesaget: Rühre mich nicht an/ denn ich bin noch nicht aufgefahren/ gleich als könte er im Himmel besser angerühret werden. Kürtzlich/ es wolte der Heiland/ daß Maria schleunig den sehr erschrockenen Jüngern diese fröliche Osterzeitung brächte/ sie aber fält nieder/ schlägt ihre Hände üm seine Füsse/ (welches bey den Jüden der Weiber Ehrerbietung gegen die Männer war/ 2. Reg. 4/27.) Darauf der Herr Christus: Ey Maria/ es ist jetzo nicht Zeit/ die Füsse zu küssen/ rühre mich nicht an/ ich bin noch nicht aufgefahren/ ich werde noch etzliche Tage bey euch verharren/ du kanst mich noch vielmal sehen und hören/jetzo eile und vermelde den Jüngern/ was du gesehen und gehöret.

7 Dieses bringet das Griechische άπτεϑαι mit sich/welches eigentlich heisset/ sich anhängen/ einflechten.

8 Hierauß folget/ daß unser Osterkönig nicht am ersten seiner Mutter erschienen/ als welche niemals zum Grabe kommen/ wiewol Sedulius singet:

Virgo parens aliæque simul cum munere matres

Messis aromaticæ noctu venere gementes

Ad tumulum.

Dieses wie es vielleicht der Poët nur auß Erlaubnis seiner Freiheit gethan/ also solten sich solches die andern zu behaubten/ nicht unterstehen/ massen thunRupertus, Durandus, welchen gefolget der CardinalBaronius/ der Jesuit Maldonatus und andere. Was der Dichter hier singet von Marien Magdalenen/ will er weder bejahen noch verneinen/ im Ansehen/ daß viel der Vätter der Meinung seyn/ als were es die grosse Sünderin/ die etzliche vor des Cananeischen Weibleins Tochter halten.

9 Hier führt der Poët die klagende Maria Magdalena ein/ nachdem sie Christum verlohren/ auß dem Hohenliede Salomonis am 5.

10 Denn da bejahen die Aufferstehung Christi nicht allein die Engel/ seine Jünger und guthertzigen Weiberlein/ sondern auch seine eigene Feinde die Römischen Kriegsknechte/ und ob diese zwar mit Gold bestochen worden/ ein anders außzusagen/ hieß es doch/quod judæus in Judæa obscuraverat auro, id fide toto claruerit in mundo, Severianus.

11 Prudentius im Lobgesange zu allen Stunden:

Tunc patres sanctique; multi conditorem prævium

Jam revertentem tertio demum die

Carnis indumenta fumunt, èque; bustis prodeunt.

Cerneres coire membra de favillis aridis,

Frigidum venis resumtis pulverem tepescere:

Ossa, nervos, ac medullas glutino cutis tegi.

und in Apotheosi:

– – – inferna refringens

Regna, resurgentes secum jubet ire sepultos.

Wer aber dise Heiligen gewesen/ ist zweiffelhafftig/in gemein wird davorgehalten/ daß die Vätter Altes Testaments mit Christo aufferstanden und zu Jerusalem biß auff die Auffart vielen frommen Leuten erschienen/ hernach mit ihm gen Himmel gefahren.

12 Ist ein Name deß Teufels/ לעיבל heist so viel als ein Schadenfroh.

13 Der Herr Christus wird Immanuel geheissen/ weil er ist Gott mit den Menschen/ Gott unter den Menschen/ Gott in den Menschen/ Gott wegen der Menschen.

14 Ist die Sonne/ denn so nennet sie der unbekante Lateinische Poët:

Sol oculus mundi, fons vitæ, cereus orbis.

15 Die Poëten geben vor/ die Sonne habe vier Pferde/das erste heisse Feuerspeier/ das ander Morgenlicht das dritte Anzünder/ das vierdte Brenner/ diese reite sie alle Abend in das gesaltzene Meer zur Träncke. Schlag auf Ovidium im 2. Buche der Verwandlungen.

16 Ist der bey Nacht gestirnte Himmel/ massen die Poëten das jenige/ was der Sternen eigen/ denen Blumen durch angeneme Lieblichkeit zuschreiben/ und im Gegentheil von Sternen also reden wie von Blumen/ wie solches herrlich außgeführet der Edle und Weltberühmte Buchner im Außlegung des Lobgesanges dem Venantius Fortunatus dem Aufferstandenen Siegsfürsten auffgesetzet/ worinnen die Blumen stellantia lumina gestirnte Liechter genennet werden/Columella heisset sie jrdische Gestirn/ Manilius verkehret es/ sagt von den Sternen/ wie von den Blumen/also:

Tunc conferta licet cœli fulgentia templa

Cernere seminibus densis totisque; micare

Floribus. – – –

17 Improvisus adest et inobservabilis hopses, Vida.

18 Denn es war sehr spat/ fast üm Mitternacht/ wie Gottes des Herrn sein Gebrauch bald vom Anfange gewesen/ zu unsern ersten Eltern kam er mit frölicher Zeitung םויה חורל, als es auff den Abend kühle worden/ Gen. 3.

19 Fast ein solches Gleichnis führet der Poët im 6 Buche von Christo:

Quales aut templum, domini aut ubi divitis ædes

Marmoreas petiit ruptis de nubibus ignis,

Stant intus pavidi cives: quatit omnibus horror

Pectora – – – – –

20 Dergleichen Art hat Lotich/ welcher nach Aussage unsers S. Opitzens ein Fürst aller teutschen Poëten:

– – – Flet rustica conjux

Ceu lacrymis sedare incendia posset.

21 Er sagt םולש, alldieweil er ist םולש-רש. Es heisset aber Friede bey den Ebreern alles Gutes/ was zu diesem und jenem Leben nützlich/ wiewol er jhnẽ nicht so sehr den Leiblichen nach Jüdischem Gebrauch als den Geistlichen Gewissensfrieden wünschete/ damit er sie üm desto mehr tröstete und auffrichtete.

22 Die Schlacht David mit dem Goliath ist ein Vorbild des Sieges Christi. Sedulius/ wenn er das alte und newe Testament gegeneinander hält:

Tu decus omne tuis, qui sternis cæde Goliam,

Qui vincis mundum, tu decus omne tuis.

23 Aug. Ad dubitantium corda sananda, vulnerum sunt servata vestigia.

24 Haymo sagt sehr schön: Durch den gebratenen Fisch wird das bittere Leiden angedeutet/ in welchem das Osterlamb Christus von dem Feuerbrennenden Zorn Gottes auß heisser Liebe am Stamme deß Creutzes gebraten worden: Durch den Honig seine Aufferstehung in welcher er uns den Himmelsfriede mitgebracht/ der süsser als Honig und Honigseim.

25 Damascenus: οὐ νόμῳ Φύσεως, ἀλλὰ ὀικονομίας τρόπῳ, und Beda: Christus hat nicht auß Noht/ sondern auß freiem Willen Speise zu sich genommen. Denn auff eine andere Weise zeucht die Erde das Wasser an sich/ auff eine andere Weise die Sonne/Die Sonne durch ihre Krafft/ die Erde auß Noht/ weil sie durstig ist.

26 Hieron sagt: Credibile est, Thomam nondum rediisse ex fuga. Wiewol Beda ein anders erweisen wil.

27 Was dieses vor Dörner gewesen/ ist bey den Kirchenvättern noch streistig. Clemens Alexandrinus saget: Es weren stachlichte Brambeersträucher gewesen/ Casaubonus wider Baronium/ Weißdorn/ welchẽ sie/ wie Biel meldet/ nicht lange künstlich geflochtẽ/sondern mit jhren blechenen Handschuhen dem Herrn auß allen Kräfften in das Haubt gedrükket/ daß das Blut häuffig herabgeflossen. Vincentius gibt vor/ es sey das H. Haubt durch diese Dörner mit 72 Wunden durchlöchert worden. Ein anderer/ es weren der Dörner 77 gewesen/ deren ein jeder 3. Spitzen gehabt. S. Bernhard: Caput dillud ivinum densitate spinarum usque; ad cerebrum fixum fuit, ita ut sangvis ex capite dractus, frontem, venas et collum perfunderer.

28 Hiervon haben geweissaget der Evangelist Altes Testamentes im 53. Capit. Der Prophet unter den Königen im 22 Psalm/ da er den Herrn Messiam einführet/ als ein zerriebenes und zerquetschtes תעלות, Blutwürmlein/ wie denn Gerson erzehlet/ daß unser Heiland nur in der Geißlung 5375. Streiche empfangen/und anderswo stehet/ daß grosse Stükken Fleisch in den Peitschen hangen blieben.

29 Ist eine Beschreibung der verklärtẽ Cörper/ weil sie ἰσάγγελοι, Engelgleich seyn sollen und leuchten wie die Sonne in ihres Vatters Reich.

30 Vida: Clausæ mansére fores, mansére fenestræ.

31 Dieser Cleophas soll nach Außsage Eusebii und Egesippi Josephs deß Pflegevatters Christi Bruder gewesen seyn/ sein Weib der allzeit-Jungfrauen Marien Schwester/ sein Reisegeferte Lucas/ weil er diese Geschicht mit allẽ Vmständen so fleissig aufgezeichnet.

32 Heisset eine Vestung/ ist von Jerusalem gelegen eine gute teutsche Meilweges.

33 Weil es nach Mittage gewesen.

34 Denn sie schwatzeten von dem traurigen und bitteren Leiden jhres Meisters/ sie waren gantz blaß/ die Augen stunden ihnen voller Wassers/ darüm fraget er sie. Im Syrischen heist es: Warüm sehet ihr so schwartz und trübe auß?

35 Der H. Kirchenlehrer Anshelmus saget/ daß sie den lieben Herrn die Fäuste so hart auff den Rükken gebunden/ daß das Blut auß allen Nägeln häuffig geflossen.

36 Wer wil die Marter und Pein unsers Seligmachers außsprechen/ kein Engel vermags nicht/ geschweig ein sterblicher Mensch. Der zarte Leib war von dem heiligen Geiste empfangen/ kein Trost und Linderung wurde zugelassen/ alle Wirkungen und Kräffte der Seele musten leiden/ was sie leiden kunten. Da lieget er auf seinem Angesichte/ windet und krümmet sich wie ein armer Wurm/ da stehet er vor den ungerechtẽ Richtern/ seine Hände sind mit Fessel und schweren Ketten gebunden/ sein Angesichte ist braun und blau von Schlägen/ seine Wangen voller Speichel und Vnflat/ sein Mund aufgelauffen von Maulschellen/ da blutet er an der Stäupseule/ die verteufelten Kriegsgurgeln hauen ihn unbarmhertziger Weise mit knödichten und mit Schafsknöcheln eingeflochtenen Peitschen/ biß auff die Rieben. Man führet ihn herauß mit einem zerlumpten und verlegenen Purpurmantel/ verhönet und bekrönet ihn mit einer stachlichten dornen Krone.

37 Der Hertzfromme Isaac trägt sein Creutze auf die Gerichtsstatt/ da wird er entblösset/ auf die Erden niedergeworffen/ alle Glieder werdẽ ihm zerzerret und außgerissen/ der Leib und die Hände werden mit härnen Strikken auf das durchborete Querholtz gebunden und aufgezogen/ die Arme außgespannet und die Hände an dem vor durchboreten Baum angenagelt/wie auch die Füsse (nicht geschrenket/ sondern jeder absonderlich) mit eben unmenschlicher Grausamkeit angeheftet/ wie solches unser vielbelesener/ tiefgelehrter und niemals gnugbelobter Dilherr in seinem/wiewol kleinem/ jedoch Sinn- und Trostreichen Büchlein von der Creutzigung Christi gründlichen außgeführet/ zu welchem wir den Christlichen Leser wollen gewiesen haben.

38 Wie weit Emaus von Jerusalem gelegen/ ist obẽ gemeldet wordẽ/ nun aber als sie in den Markt angelanget/ wird es Abend/ sie aber kommen vor Mitternacht wider zu Hause/ erstrekt sich also diese gantze Reisefahrt auf vier Stunden. Worauß dann leichtlich die Rechnung zu machen/ daß er zwo gantzer Stunden jhnen die Schrifft in Sprüchen und Fürbildern wird erkläret haben. Besihe D. Gerhard. S. in Harm. Evang.

39 Sie meinen/ er sey ein Frembdling/ welcher deß Osterfestes wegen nach Jerusalem verreiset/ weil nun in allen Städten und Märkten ein grosse Menge Volks/ den Gottesdienst abzulegen/ hausete/ sol er bey ihnen bleiben/ damit er nicht in Vnglück kommen möchte.

40 Schlage auf/ was wir oben aufgezeichnet zu dem 432 v.

41 Diese Meinung/ wie wir sie nicht behaubten/ so haben wir sie doch/ nach Freyheit der edlen Poësi/auß dem Lyra ümgesetzet/ welcher über diesen Ort schreibet: Accepit panem et benedixit, et fregit et porrigebat illis sicut consveverat facere ante passionem: Sic enim frangebat panẽ ac si scinderetur cultello. Was der Cardinal Bellarminus und Jesuit Becanus auß diesem Ort erzwingen wollen/ ist von den Vnserigen zur Gnüge wiederleget worden. Sonsten hat uns neulich unser hochberühmter Dilherr erkläret/daß die süsse Brod so zugerichtet gewesen/ daß man sie leicht zerbrechen und abtheilen können/ wie auß der Wurtzel רבש und beygefügter Figur zu sehen.

42 Dieses ist geschehen nach Art der glorificirten Cörper/ welche können gesehen werden/ und nicht können gesehen werden/ wenn sie wollen/ nun war Christus der Herr/ der nicht allein einen verklärten Leib/ sondern der auch die Göttliche Krafft und Macht hatte/ welche vermag/ daß auch ein unverklärter Leib wunderbarlich nicht kan gesehen werden/ wie Thomas von Aquin schön lehret.

43 Der ungläubige Thomas meinet/ es were seinen Ambtsverwandten eine blaue Dunst vor die Augen gemachet worden/ er aber wolte sich besser fürsehen/und nicht allein die Nägelmahl wol beschawen/ sondern die Grösse derselben/ vorauß derer/ die in der Seite/ gnau abmessen/ welches wenn es alles richtig eintreffe/ alsdann und nicht ehe woll ers gläuben. Besihe D. Gerhard und D. Calixtum.

44 Was für schöne Sachen von der eröffneten Seiten unsers Seligmachers zu lesen/ ist so anmutig/ so tröstlich. Vnser vielgepriesener Dilherr beweiset in einerDisputation/ (welche er auf der Hohenschule zu Altdorff unter dem Vielsprachkündigen Crinesius gehalten) auß dem Arabischen/ daß es die rechte Seite gewesen/ und in dem Büchlein von der Creutzigung Christi schreibet er/ daß solches auch behaubten Bonaventura/ Innocentius/ Bernhardus: Aber weil der Landsknecht erforschen wollẽ/ ob der Herr gestorben/hält ers mit D. Gerharden/ daß er nach dem Sitz des Lebens/ dem Hertzen/ gestochẽ/ welches mehr zur linken als rechten Hand lieget Das Blut und Wasser/ so darauß geflossen/ ist ein grosses Wunderwerck/ und ist nicht/ wie Calvinus mit seinem Spießgesellen wil/natürlich zugangen/ über diß/ so ist das Blut mit dẽ Wasser nit vermenget wordẽ/ sondern es ist beydes zugleich als auß zweyen Röhrlein gesprungen. Die H. Kirchenlehrer deuten es auf die Tauffe und Nachtmahl des Herrn. Warüm Wasser und Blut/ fragt Theophylactus/ und beantwortet sich: Wasser/ das uns reinigte/ Blut/ das uns erlösete.

45 Folgende Verse melden/ wie er jhnen den H. Geist neben dem Löß- und Bündschlüssel gegeben.

46 Von diesem Vogel haben die alten Vätter ein schön Gleichnis genommen/ die Aufferstehung Jesu Christi zu erklären/ massen von demselben gemeldet wird/ als wenn er (ich weiß nicht von welcher Kindermörderin) seine ertödete Junge mit seiner eröffneten und blutrinnenden Brust widerüm belebete.

47 Ist einer von den grossen Flüssen/ der mit sieben gewaltigen Strömen und Vngestümm gleich unserer Donau ins Meer fält.

Ovidius: Per septem portas ermissus in æquora Nilus.

Besihe hiervon nebenst des Lucani 10 Buche den Weltkündigen Cluverium.

48 Daß die Egyptier glückselige Leute gewesen/ ist ausser Zweiffel/ denn die Götter wuchsen jhnen in jren Gärten/ die Zwiebeln beteten sie an/ weil sie/wenn sie aufgeschnitten waren/ einen halben Monden zeigeten/ und das Jchnevmon ehreten sie Göttlich/weil es der gifftigen Würmer Eier üm den Nilus verderbete/ oder wenn sie schlieffen/ waltzte es sich in den Koht und lief ihnen in den Rachen/ und zernagete ihnen jhre Eingeweide/ Besage Plinii und anderer neuen Reißerfahrnen.

49 Durch den Leviathan verstehen wir den Höllischen ןתיול, welchen der Idumeer König Hiob mit lebendigen Farben abgemahlet. Ob es zwarten in der heiligen Sprache lautet/ als wenn תימהב von einem Efefanten/ןתיול von einem grossen Walfische geredet würde/ so kan doch solches artlich auf zween verdamte Geister gezogen werden. Die Gelehrten schlagen auf Antibarbarum Biblicum Sixtini Amama/ Synagogam Judaicam Buxtorfii/ Clavem Scripturæ Flacii.

50 Scylla und Charybdis sind/ wie bekant/ zwey grundlose/ dahero höchstgefürchtete und gefährliche Oerter.

51 Vida hat in zweyen Büchern diesen Wurm schön beschrieben/ unter andern singet er im 2 also:

Ecce autem ut rostro follem terebravitacuto,

Protinus erumpit – – –

Alitis in parvæ bombyx collecta figuram,

Et nova se rerum facies mirantibus offert.

52 Mit diesem Vogel verglichen die Alten unsern erstandenen Siegsfürsten/ wie Clemens und viel der Vätter thun. Was sie von jhm schreiben/ ist kürtzlich dieses: Wann er das fünffhunderte Jahr hinter sich gebracht/ soll er jhm ein Nest von Zimmet/ Weyrauch und dergleichen/ gegen der Sonnen Auffgang bauen/durch der Flügel stetigs Bewegen dasselbe entzünden und sich verbrennen/ auß der Asche aber ein gleicher Vogel herfürkommen/ wie Plinius und auch Ovidius dessen gedenken.

53 So wird unser Osterkönig genennet Apocal. 5. üm vielerley Vrsachen willen. Besihe den Weltberühmten Theologen D. Hoen im andern Buch über die Himmlische Offenb. Den S.D. Stegmann in Christognosia Melet. X. Vnser Dilherr im obbelobten Büchlein meldet: Dieser Löw ist vorgebildet worden in dem Panier deß Stammes Juda/ welches ein Löwen führete/ darnach auch/ weil das Feuer/ das die Opfer verzehrete/einen Löwen vorstellete. Was hier angeführet/ gehet dahin/ gleichwie der Löw seine tod zur Welt gebrachte Jungen mit Brüllen beseelet: Also wird auch Christus allen Verstorbenen dermaleins/ mit dem durch die Gräber dringenden Stehet auf ihr Toden/ das Leben wiedergeben.

54 Venantius Fortunatus:

Laudantritè Deum lux, polus, arva, fretum.

Eben er:

Laætitiamque; suam sidera clara probant.

55 Der Poët hat das Brausen der Paukken und das laute Getöne der Trommeten außdrükken wollen.

56 Psal. 118.

57 Ist das Siegslied auß dem Heydendoctor Paulo I Cor, 15. v. 55. 57. Ose 13. v. 24.

58 Oben im 188 Verse haben wir das Wort Valet gesetzet. Hier kan die Jugend merken/ daß etzliche Wörter seyn/ so auß der Lateinischen Sprache vorlängst entlehnet/ und nun als Teutsche gleichsam worden sind/ auch von männiglich verstanden werden/ als da sind Firmament/ Regiment/ Reverentz/ Cörper/ Poët/Regirẽ/ v.d.g. Welcher aller man sich sicher und ohn einiges Gewissen gebrauchen mag/ weil man sonst andere nicht wol haben kan. Welches nicht weniger von etlichen Frantzösischen zu verstehen/ die nun mehr dem gemeinsten Manne bekand/ als Capitain/Soldat/ Printz und wenig andere/ wie solches herrlich in seiner Teutschen/ wiewol noch nicht an Tag gegebener Prosodi außführet der fürtreffliche Buchner. Auch ist so gar keine Zunge unter dem Himmel/ welche nicht zuzeiten auß ihrer Nachbarn Grentze/ ohne Nachtheil/ etwas borge. Alectorander in den Außlegungen des übersatzten Museus. Sonsten solte es uns vnschwer gefallen seyn/ andere Wörter an die Stelle zu setzen/ wo uns dieses nicht sonderlich beliebet hätte.

Schluß

Setzet all 1 euer Vermögen zusammen/
Himmel/ Wind/ Erde/ Gewässer und Flammen/
Preiset und rühmet Ihn ewiglich.
Alles was lebet durch Göttlichen Segen/
Hagel/ Gewölke/ befrüchtende Regen/
Preiset und rühmet Ihn ewiglich.
Sonne/ Mond/ Silbergestirnete Felder/
Thäler/ Gebürge/ belaubete Wälder/
Preiset vnd rühmet Ihn ewiglich.
Alles Geflügel im dikken Gebüsche/
Mancherley Wunder der schwimmenden Fische/
Preiset und rühmet Ihn ewiglich.
[30]
Alles/ was dienet deß Herren Geheisse/
Raupen/ Gewürmer und Käfergeschmeisse/
Preiset und rühmet Ihn ewiglich.
Kommet ihr seligen Geister und Seelen
Auß den ümschatteten Gruben vnd Hölen/
Preiset und rühmet Ihn ewiglich.
Kommet von nahen her/ kommet von ferren/
Preiset und rühmet den Herren der Herren
Ewiglich/ ewiglich/ ewiglich.

Gott allein die Ehre.

Fußnoten

1 Der Schluß ist genommen auß dem Gesange der drey Männer im feurigen Ofen/ welchen Drepanius Florus in Römische Verse versetzet:

Omne, quod æternus per verbum condidit autor,

Autoris nomen celebret laudesque resultet,

Hunc sol argenti psallat splendore coruscus,

Hunc gelido fulgens collaudet lumine luna,

Hunc pariter totus stellarum concinat ignis etc.

[31] [52]Lobgedichte

Wiederkehr/ Entgegengesetzt den Verächteren der Teutschen Sprache.


(Anapestische Verse.)

1.

Es tönen Trompeten/ die Fahnen ümfliegen/
es drönen die Waffen mit blutigen Siegen/
man höret nur Klagen/ und sagen von Kriegen.
Wie! müssen die Musen verstummet erliegen/
ins Elend verjaget/ und zagend sich schmiegen?
sol unsere Heldenzeit bleiben verschwiegen?
Ihr Teutsche! besinnet eur hohes Vermügen/
und hasset ausländischer Sprachen Betrügen.
Euch solte nur euere Zunge benügen/
(in welcher die Künste sich gleiches fals fügen/)
ihr hättet den Helicon längsten erstiegen/
und würde der Griechen Berühmen versiegen.
Es müssen der Stimplere Reimen versiegen/
Bald Opitz so liebliche Höhen erstiegen/
Ihm wolten auch rühmliche Folge nachfügen
Herr Werder und Buchner der Musen Vernügen.
Apelles/ Rist/ Schottel entdekken das Trügen
der Sprache Verächter: ihr Wunder vermügen/
und Schikklichkeit bleibet nun nimmer verschwiegen.
Schaut frevele Klügelwitz schmeltzen und schmiegen.
Hier höret/ wie Christus nicht blieben erliegen
im Grabe! hier sehet das Höllenbekriegen!
Erstaunet Emanuels Himmlisches Siegen!
Nun gleichet der Mukken und Adeler Fliegen.

Wolmeinend angefüget von Georg-Philip Harsdörffen.

[52] 2.

Wer wolte dem grossen Besieger der Höllen/
dem Rächer von Edomi im Purpur-Gewand/
dem Löwen von Juda/ nach blutigem Stand/
ein Liedlein zu Ehren mit Willen nicht stellen?
Je solte der Vndank zurükke doch prellen/
und quetschen die Pflichte vergessene Hand/
je solte der ewigaufwallende Brand
das Hertze doch schmächen dem Lügengesellen.
Ach singet/ ach klinget/ ach rühmet mit Schallen/
last Himmel und Erden und alles erhallen/
zu preisen/ zu heben den mächtigen Sieg/
Ach folget dem wunderbegabten Poeten/
für deme die Musen fast müssen erröhten/
da/ als er den Pindus in Teutschland erstieg.

Zu sonderm Ehrenbelieben machte dieses Johann Vogel.

3.

Ihr/ dessen kluger Geist/ mit Honigsüssen Lippen/
besungen die Geburt/ den Wunderstern/ die Krippen
[53]
Des zweygestamten Helds: habt in der Lentzenlufft
Nun auch den Wundersieg/ die Sigelveste Grufft/
Die Freudenwiederkunfft/ des Höchsten Menschenlieben/
Auff Kunstgebundne Weiß erklungen und beschrieben.
Herr Claj setzet fort/ last euren tiefen Sinn/
Der Teutschen Sprachezier und selber Ehrgewinn
Beloben mehr und mehr. Der dreygedritte Orden
Der saget: Clajus sey die teutsche Clio worden/
So wird der Clajen Lob durch euren Geist verneut/
Vnd euer Name blüht in greiser Ewigkeit.

Zu Ehren und Freuddienstbezeugung setzet es auf Johann Grav.

4.

Der/ welcher vom teutschen Geblüte hergrünet/
Vnd rühmlich sich eigener Sprache bedienet/
Feyret die Grichin und Römerin nicht/
Weil ihm kein Zieraht in seiner gebricht.
Womit die Pelasgen und Römer stoltzieret
Hat Teutschland außbündig und kündig gespüret/
Was den beliebten Camenen beliebt/
Was nur bepalmet und Lorbeerlaub giebt.
[54]
So kämpfet jhr Sprachen üm löbliches Siegen/
Erkühnet euch sämtlich als Ritter zu Kriegen/
Febus wird richten und geben den Preiß:
Teutscher/ du jagest sie alle vom Kreiß.
Ihr aber erschwinget der Sinnen Geflügel/
Herr Claj postieret mit flüchtigem Zügel
Himmelan/ höret die obere Lufft
Euch schon als einen Poëten zurufft.

Seinem geehrten Freunde zu Wilfahren schriebe es M. Christian Betulius.


Ende.


Notes
Erstdruck: Nürnberg (Wolfgang Endter) 1644.
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TextGrid Repository (2012). Klaj, Johann. Aufferstehung Jesu Christi. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AF68-F