Peter Lauremberg
Neue und vermehrte ACERRA PHILOLOGICA
Das ist:
Sieben Hundert Außerlesene, Nützliche / lustige und denckwürdige
Historien und Discursen
Aus den berühmtesten Griechischen und Lateinischen Scribenten zusammen getragen
Darinnen zu finden
Die meisten Gedichte der Poeten / von Göttern und Göttinnen, die fürnehmsten Geschichte der alten Römer und Griechen, etliche gebräuchliche Sprichwörter / unterschiedliche natürliche Dinge
Allen Liebhabern der Historien zur Ergetzung /insonderheit der studierenden Jugend zu mercklicher Ubung und Wissenschafft beförderlich
Mit Sr. Königl. Maj. und Churf. Durchl. zu Sachsen allergnädigsten PRIVILEGIO

Vorsprach

Vorsprach.
An den großgünstigen Leser in gemein /
und an alle Buchhändler und Buchdrucker insonderheit.
Großgünstiger und wohlwollender Leser.

Man hat eine Welt bekandte Regul / die heisset also: Was du nicht wilt / daß dir geschehe / das solt du einem andern auch nicht thun: Und was du wilt / daß dir geschehe / das solt du einem andern auch thun. An statt Erklärung dieser Worte kan uns seyn / was Chrysostomus setzet Homilia 13. ad populum, wann er unter andern saget: Es bedarff nicht vieler Worte /noch weitläufftiger Gesetze / auch nicht unterschiedener Lehre. Dein Wille sey dein Gesetze. Wilt du Wohlthaten empfangen? Beweise dieselben einem andern. Wilt du Barmhertzigkeit erhalten? Erbarme dich deines Nechsten. Wilt du gerühmet seyn? Rühme andere / etc. und / was du hassest / das thue andern nicht; Wilt du nicht gelästert seyn / mißgönne einem andern nicht: Wilt du nicht betrogen seyn / betrüge andere nicht / etc. Es ist aber mit dieser Regul und derer Meynung also beschaffen / daß sie gegründet ist nicht allein in der Natur selbsten / sondern auch auff gesetzet sich findet in der Heiligen Schrifft Alt. und N. Testaments. Der alte Tobias in seiner an den jungen Sohn gerichteten väterlichen Vermahnung / Cap. 4. Tobiä / drucket ihm auch selbige ein / vers. 16. Was du wilt / daß man dir thue / das thue einem andern. Oder wie es der Lateinische gegeben: Was du hassest / das thue einem andern nicht. Der himmlische Lehrer Christus hat ihrer auch gedacht in seiner geistvollen Berg-Predigt, Matth. 7. v. 12. und setzet hinbey: Das ist das Gesetz und die Propheten. Der H. Kirchen-Lehrer Augustinus, nachdem diese gesetzte Schrifft-örter angezogen / lib. 3. de Doctrina Christi, cap. 14. saget: Diese Regul / wann sie wol in acht genommen würde / so würden auffhören alle Verbrechen / so wol gegen die erste / als die andere Tafel des Gesetzes. Und weiter sagt er: Niemand will / daß ihm seine Wohnung verdorben werde / derowegen soll er auch nicht verderben die Wohnung Gottes / das ist /sich selbst. Und niemand will / daß ihm von andern Schaden geschehe / darum soll er andern solchen auch nicht zufügen. Ob nun gleich ein jederman / ohne Unterscheid Stundes und Alters / mit einem gedoppelten Bande des natürl. und Göttlichen Gesetzes verbunden ist / dieser obgesetzten Regel nachzuleben; dennoch so belehret die tägliche Erfahrung / daß von vielen auff unterschiedene Weise selbige zerrissen und gebrochen werde / wie von andern / also auch von einigen Buchhändelern und Druckern / und zwar von denselbigen / welche, anderer ihre / ihnen von GOtt und rechtswegen / zugehörige Bücher Verlage / hinter der rechtmäßigen Verleger Rücken / aus lauterem Eigengesuch und durchtriebenen Geitz aufs neue auflegen /nachdrucken / und anderwerts verhandeln. Was thun dieselbigen anders, denn daß sie diese allgemeine Regul mit Füssen treten? Denn hätten sie die in gebührenden Ehren / so würden sie nimmermehr ein solches beginnen / und solche Nachdrücke befördern; sintemahl ihr eigen Gewissen es ihnen sagt, daß es ein solch Werck ist / das sie ungern sehen solten, wann es ihnen begegnete / darum solches andern abzuschneiden, die solche nachgedruckte Bücher suchen mit Privilegien und Freyheiten zu versehen / zum Beweiß /daß sie es übel würden nehmen / wann andere mit gleicher Müntze sie solten bezahlen / und ihnen gleich mit gleichem würden vergelten. Handeln also diese Art Leute wider das von GOtt und der Natur uns vorgelegte Gesetze: Sie handeln wider ihr eigenes Gewissen / beflecken ihren guten Fam und Nahmen / setzen sich selbst in die Zahl der Brodt und Nahrung- Diebe / laden auff sich und die Ihrigen den Fluch / und die gerechte Straffe GOttes / die ihnen auff dem Fuß folget, so nicht zeitlich / doch geistlich / mit Beunruhigung des Hertzens / welche in der Ubertretung Beharrligkeit die ewige nach sich zeucht. Diß Urtheil ist nicht meines sondern anderer gewissenhaffter und hochgelehrter vielerfahrner Männer einstimmige Meynung und Gutachten. Der so genannte / und die Welt in allen Ständen straffende Sittewald im 1. Theil der Satyrischen Gesichter im 6. von den Höllen-Kindern führet ein einen in der Höllen sitzenden Buchdrucker /so redende: Ich bin ein Buchdrucker / und im Drucken so vortheilhafftig gewesen / daß ich mir nicht genügen lassen mit denjenigen Schrifften und Büchern / die man mir in das Hauß gebracht: Sondern ich hab auch um Genieß und Vortheils willen andere Bücher zu Schaden und Nachtheil ihrer Verleger nachgedruckt /und so bald ich gesehen / daß irgend ein Werck oder Buch wohl abgangen / dasselbe entweder in ein anderFormat, oder mit anderer Schrifft auffgelegt / damit ich also den Gewinn zu mir ziehen mögen / und damit hab ich nicht gesehen / ob Gott oder der Christenheit damit gedienet werde / sondern einig und allein wie ich meinen Reichthum damit mehren möchte. O helfft mir, ich erwürge. Was Teuffels hast du im Hauß sprach ich: Einen Nachdruck-Teuffel / einen Buch Teuffel / ein feuriges Buch / das ich unlängst einem ehrlichen Mann zum Verdruß und zu Schaden nachgedruckt / deßwegen die Christliche Liebe aus der Acht gelassen / und um Gewinns willen des Teuffels worden. Daß dirs denn der Teufel gesegne / sprach ich / warum hast du dich nicht an dem genügen lassen / das dein ist / hast du nicht GOttes Gebot vor dir gehabt / du solt nicht stehlen? O weh! O weh! schrie er /nicht sagt mir vom stehlen / fast komm ich gar von Sinnen / ich weiß es zuvor wohl / etc. Da urtheilet dieser sinnreiche Mann / daß solches hinterrückige Nachdrucken zuwider lauffe der Liebe des Nechsten in gemein / absonderlich aber sey es zu halten für eine Ubertretung des siebenden Gebotes. Damit aber jemand nicht vermeyne / es sey diß allein dieses Mannes sein Gefühl / auf welchen nicht groß zu sehen /weil er alles wollen tadeln und durch die Hechel ziehen / als will ich auch kürtzlich beyfügen gleiche Urtheile gewissenhaffter Theologen. D. Mengering sel. gewesener Pastor und Superintendens zu Hall. in Sachsen / stellet in seinem Scrutino Conscientiæ Catechetico, Cap. II. p. 988. die 156. Gewissens-Frage an alle Buchhändler und Buchdrucker: Ob sie Bücher / Schrifft und Materien / so andere ihres gleichen mit grosser Unkost verleget / und von den Autorn wol an sich gebracht / mit dem schändlichen und diebssüchtigen Nachdruck / hinter der Autory und Verleger Wissen und Willen / an sich und ihren Willen ziehen und rauben wollen? Da hält ers ingleichen für einen Diebstahl und bewähret seine Meynung mit zweyen Zeugnissen: Einmal des Herrn D. Mart. Lutheti, der in seiner Warnung über den Wittenbergischen Bibeldruck also spricht: Der verfluchte Geitz hat unter andern Ubeln so er treibet / sich auch an unsere Arbeit gemacht / darinn seine Boßheit und Schaden zuüben. Dann nach dem uns allhie zu Wittenberg der barmhertzige GOtt seine unaussprechliche Gnade gegeben hat / daß wir sein heil. Wort / und die heil. Bibel hell und lauter in die Teutsche Sprache bracht haben / etc. So fähret der Geitz zu / und thut unserm Buchdrucker diese Schalckheit / daß es andre bald hernach drucken / und also der unseren Arbeit und Unkost berauben zu ihrem Gewinn. Welches eine rechte öffenliche grosse Rauberey ist / die GOtt wol straffen wird / und keinem Christlichen ehrlichen Menschen wol anstehet. Hernach führet er an die Worte des Hn. L. Joh. Gerhardi, der in der Vorrede Disput. Th. part. I. davon redet / das zu Teutsch so kan gegeben werden: Es ist mir vorgekommen / daß etzliche Buchhändler Vorhabens seyn meine Tomos in fol. aufs neue aufzulegen. Ob sie nun gleich die Beförderung des gemeinen Nutzens vorwenden / so ist es ihnen doch nur um die Privat-Genieß zu thun, etc. Vermahne demnach gantz ernstlich alle Buchhändler und Drucker / daß sie abstehen von diesem Vorhaben / als welches zumalen der Christl. Liebe zuwider läufft. Diesem geben Beyfall alle verständige und gewissenhafftige Leute / und dieweil dem also / so möchte man wohl wünschen /daß alle rechtschaffene Buchhändler und Buchdrucker dahin sich vereinbahreten / daß sie unter Ihnen keinen wolten dulten / der mit gleichem ungebührlichen Nachdrucken sich behülffe / damit im widriggen Falles nicht das Ansehen gewinne, als wären die Buchhändler und Buddrucker solche Leute, bey denen man auch ungescheut dürffte natur- und Göttliche Gesetze übertreten. Ich habe diß insonderheit zu reiffem Bedencken wollen vorlegen denen / die mir meine Acerram Philologicam wider mein Wissen und Willen nachgedrucket haben / ob sie vielleicht zu dem Erkäntniß ihres Verbrechens dadurch möchten gebracht werden. Ich bin gewiß / daß ihr eigen Gewissen es ihnen sagt / daß sie unrecht daran gehandelt haben /und zumal der erstgesetzten Regul entgegen gewandelt. Mein sel. Schwätzer-Vater hat solches Büchlein dem Autori selbsten abgehandelt, Ihm vor einen jeden Bogen gebührlichen Abtrag gethan. Nach dessen Absterben ist solches durch rechtmäßige Abtheilung an mich gefallen, habe auch von der Zeit an, allezeit dahin gesehen, daß an Exemplarien kein Mangel möchte erfunden werden / daß also niemand mit gutem Gewissen mir darein einigen Eintrag thun können. Der Seegen, welchen solche unrechtfertige Nachdrucker mit den Ihrigen davon haben werden, wird nicht groß seyn, noch Wurtzel setzen. Ich werde mir inzwischen mein von GOtt und Rechts-wegen mir zustehendes Büchlein nicht aus den Händen winden lassen, sondern vor wie nach besten Vermögen, auch mit dem Zusatz und Vermehrung der hinter mir nachgedruckten Historien, herausgegeben, wie bey dieser nunmerho auf 700. bereichten Edition zu ersehen ist.


Lebe der gäntzlichen Zuversicht, daß aller ehrliebende Hertzen mir darinn werden recht geben / und der heimtückischen Nachdrucker Beginnen ihnen mißfallen lassen. Der vielgünstige Leser gebrauche diß Wercklein zu seinem Nutzen und zur Gemüthsbehäglichen Erquickung. Lebe hie glücklich, dort ewig seelig. Geschrieben Alten Stettin, den 15. Sept. S.V. 1687.


Johann Adam Plener.

Weil P.L. diese Historien um der studierenden Jugend willen colligiret / als hat man zu deroselben guter Aufmunterung nach folgende Historien / als zur Einleitung / hieher setzen wollen.
Von einem gelehrten Knaben von 10. Jahren.

Mit sonderlicher Lust lieset man / daß zu Gröningen in Frießland ein Mann gewohnet Namens Johannes Canter, der einen Sohn gezeugt / welcher ein solch erwünschtes Ingenium gehabt, daß er leichtlich hat was fassen, verstehen und zu seinem Nutzen anwenden können. Wie nun der Vater ein solches Ingenium bey dem Sohne vermercket, hat er / wiewohl er nicht sonderliches Vermögens gewesen / ihn dennoch nach aller Möglichkeit zur Schulen gehalten / und fleißigen Præceptoren anbefohlen. Es hat aber gedachter Knabe sich dermassen fleißig verhalten, daß er noch vor dem zehenden Jahre seines Alters nicht allein die Heil. Schrifft öffentlich profitieret, sondern auch imJure wohl erfahren gewesen, daß er würdig geachtet /J.U.D. zu werden. Es hat auch solche Erudition demselben Knaben einen solchen berühmten Nahmen gemacht, daß das Gerücht von ihm vor Käyser Friedrichen den Dritten gelanget, welcher auch alsobald eine hertzliche Begierde bekommen denselben zu sehen. Derowegen er nicht allein seine Gesandten an ihn abgefertiget, sondern auch einen Brieff an ihn geschrieben / und auf das freundlichste zu ihm zu kommen ersuchet. Weil dann solcher Brieff wohl werth, daß er von allen Studenten gelesen werde, hat man vor gut angesehen, denselben hieher zu setzen, massen er dann auf Teutsch also lautet: Friedrich, der Dritte, Römischer Käyser, etc. wünschet Glück und Heil dem höchst zu verwunderendem und vortrefflichem Knaben, Andreä Cantern, Johannis Canters zu Gröningen lieben Sohne.

Es ist zu unserer Käyserlichen Majest. Ohren gelanget das herrliche und grosse Gerüchte von dir und der von Zeiten her unerhörte Ruhm deines herrlichen Lobes, wie nemlich Du / O fürtreffliches allerliebstes Kind, noch vor dem zartesten zehenden Jahre deines Alters fast aller und jeder liberalischen Künste Erfahrenheit erlanget und überkommen, ja auch zu der Wissenschafft unserer Käyserlichen Gesetze / und der heiligen Canonen gelangt, und (welches um so viel höher zu verwundern, als seltzamer und ungewöhnlicher es uns zu seyn scheinet) saget man noch über dieses von dir, daß du das gantze Alte und Neue Test. in gantz richtiger Ordnung, nicht ohne sonderbahre Hülff und Beystand der Göttlichen Gütigkeit und Gnaden, öffentlich vor jederman lesen / auslegen, erklären und in öffentlichen Disputationibus mit unerschrockenem, standhafftigem Gemüthe auf alle Fragen und scharffsinnige Schluß-Reden antworten sollest. Dieweil wir dann begierig seyn, die Warheit eines so grossen Wunderwercks selbst eigentlicher zu erfahren / haben wir dich durch diß Unser Schreiben zu ersuchen nicht unwürdig erachtet, mit gnädigstem Ansirinen, daß du dich nicht beschweren wollest in unserer Käyserlichen Majestät besonders geliebten Universität zu Wien, auff das schleunigste, als du kanst, anzulangen: Sintemahl wir mit unaussprechlicher Begierde dich allhier zu sehen, und die hohe Würde deines so herrlichen und vortrefflichen Ingenii der Käyserlichen Geschencke theilhafftig zu machen, ein Verlangen tragen. Demnach so wirst du, so bald du immer kanst, dich auff die Reise anhero nacher Wien begeben, und zu dem Königlichen Throne unserer Käyserlichen Hoheit verfügen / auf daß wir dich, nachdem Wir warhafftige Bewärniß der so hohen Wissenschafft deiner allerzartesten Jugend verspühret haben werden / mit den güldenen Kleinodien desDoctor-Standes krönen und zieren mögen. Dann wir wollen dir (und zwar nicht unbillig) die vornehmste Stelle an unserm Königlichen Hofe überlassen, und du wirst uns so viel angenehmer / werther und lieber seyn / als geringer du bist von Alter und Jahren. Hiemit gehab dich wol / liebster Sohn, und sey darauf beflissen / daß unsere bey so reiffem und hohen Alter baufällige Majestät dich bald sehen / und eines hohen, wunderbaren und ungläubigen Trostes und Freuden nicht länger benommen seyn möge. Gegeben in unserer geehrten Universität Wien, unter unserer Majestät Secret, Anno 1472. den 25. Januarji, unsers Reichs im 33. Jahr.

Admonitio

Admonitio.

Welchem frommen Vater und Mutter wolte doch nicht wohl das Hertze vor Freuden aus dem Leibe steigen, wenn ihrem Kinde, will nicht sagen von 10. sondern 20. oder 30. Jahren nicht von dem höchsten Monarchen, sondern nur von einem Fürsten oder Grafen ein solches Schreiben solte zukommen?


O lerne Kunst und Tugend /
Du liebe zarte Jugend /
Die dich bringen zu Ehren /
Und deinen Ruhm vermehren.

J.H.

Das erste Hundert nützlicher und lustiger Historien

1. Des Papyrii, eines Römischen Knabens - Spitzfündigkeit und Verschwiegenheit
1. Des Papyrii, eines Römischen Knabens /Spitzfündigkeit und Verschwiegenheit.

Aulus Gellius hatte eine lustige Historiam genommen aus des Marci Catonis Orationen einer / und dieselbe erzehlet auf folgende Art:

Bey den alten Römern ist eine Gewohnheit gewesen / daß die Rathsherrn / wann sie ins Rathhauß gegangen / ihre jungen Söhne mit sich hinein genommen: Und wann etwas sonderliches ist abgehandelt /hat man die Sache in geheim und verschwiegen gehalten. Wie nun auf einmal der Knabe Papyrius mit seinem Vater vom Rathhauß heimkommen / hat ihn seine Mutter gefraget / was allda fürgefallen und beschlossen wäre? Der Knabe hat sich entschuldiget /und gesaget / er müste es heimlich halten / und nicht offenbahren. Darauf die Mutter noch grössere Begierde bekommen solche Heimlichkeit zu wissen; Hält derhalben je mehr und mehr bey ihrem Söhnlein an /daß ers ihr offenbahre. Da hat der Papyrius eine höfliche Lügen erdacht / [1] und seiner Mutter beygebracht /daß im Rath gehandelt: Ob es nützlicher wäre dem gemeinen Besten / daß eine Frau zween Männer? Oder daß ein Mann zwo Frauen hätte? Die Mutter erschrickt hierüber / gehet alsbald zu andern Matronen; erzehlet ihnen / was sie gehöret. Des andern Tages kamen alle Frauen der Stadt Rom / mit Hauffen aufs Rathhauß gelauffen; Schreyen / bitten / weinen / man möge viel lieber ordnen / daß eine Frau zween Männer nehme / als daß ein Mann zwo Frauen hätte. Der Rath hat sich hierüber verwundert / und nicht gewust / was dieses Wesen und Aufruhr der Weiber bedeutete. Indeme ist der Papyrius aufgestanden / und den gantzen Handel, wie es ergangen / erzehlet. Darauf ist im Rathe beschlossen / daß hernach keine Knaben mehr solten ins Rathhauß kommen / ausgenommenPapyrius, dem solches Privilegium gegeben / wegen seiner Verschwiegenheit und seines subtilen Verstandes.


Hieraus hat die Jugend zu lernen / welch ein herrlich Ding es sey um die Verschwiegenheit: Und daß dieselbe geliebet / hochgehalten / und auch zu seiner Zeit belohnet werde / wie dann der Poet Horatius recht sagt:


Est & fideli tuta silentio Merces.

2. Eine von den alten weissen Sibyllen beut dem hoffärtigen Tarquinio etliche Bücher an zu kauffen
2. Eine von den alten weissen Sibyllen beut dem hoffärtigen Tarquinio etliche Bücher an zu kauffen.

In den alten Römischen Geschichten wird erzehlet /daß einmal ein altes fremdes unbekantes Weib / ohne Zweiffel eine von den weisen Sibyllen / sey zu dem Könige Tarquinio Superbo kommen / mit sich bringend 9. Bücher / darinnen sie sagte / daß Göttliche Geheimnisse geschrieben wären: Und wolte [2] dieselbigen verkauffen; Tarquinius hat gefraget den Preiß /oder wie theuer sie solche Bücher schätzete? Das Weib hat eine allzugrosse und mächtige Summa Geldes gefodert: Worzu der König sie ausgelacht / als eine / die nicht bey Sinnen wäre. Das Weib hat in des Königs Gegenwart ein Feuer gemacht / und drey von den neun Büchern darein geworffen und verbrannt /alsbald den König gefraget / ob er die übrigen sechs /für dieselbe angezeigte und gefoderte Summa noch begehrte zu haben? Tarquinius hat sie noch mehr verspottet und verlachet / und gesagt: Das Weib wäre ohne Zweifel unsinnig. Da hat das Weib noch drey andere Bücher verbrannt / und den König abermal gefraget / ob er die drey übrigen für dasselbe Geld haben wolte? Da bedencket sich Tarquinius recht /und hält es dafür / daß dieses Weibes Beständigkeit und Anbringen so gantz nicht wäre zu verwerffen. Kauffet derhalben die drey Bücher für den Preiß /dafür er sie hätte alle neune kauffen können. Das Weib aber / nach dem sie von Tarquinio weggegangen / ist von keinem Menschen hernach wieder gesehen worden. Dieselben drey Bücher seynd zu Rom als ein Heiligthum verwahret / und Libri Sibyllini geheissen worden / darein man gesehen und gelesen / wann man die Götter hat wollen um Rath fragen.


Vielen gehts wie Tarquinio, die aus Eigensinnigkeit ein Ding verachten / das ihnen hernach wol höchstnöthig wäre: Oder aus Kargheit etwas fahren lassen / welches sie folgends dreymal theuer kaufften / wann sie es überkommen könten.

3. Ein Gespräch des grossen Alexanders mit etlichen weisen Männern
3. Ein Gespräch des grossen Alexanders mit etlichen weisen Männern: Darinn unterschiedliche subtile Fragen.

[3] Wie Alexander Magnus in Indien kommen / ließ er etliche Gymnosophisten (welche waren kluge / spitzfündige Philosophi, gantz nackend gehend) zu sich fodern / und gab ihnen / sie zu versuchen und aufzutreiben / auf der Reihe etliche schwere Fragen für / die unauflößlich zu seyn scheineten.

Den ersten Gymnosophisten fragte er: Welcher von beyden der meiste Hauffe wäre / der Lebendigen oder der Todten? Derselbe antwortete: Der Lebendigen. Denn / sagte er / die Todten seynd nicht mehr.

Der andere ward gefraget: Welches die grössesten Thiere ernehrete / das Meer oder die Erde? Der antwortete: Die Erde. Denn / sprach er / das Meer ist nur ein Theil der Erden.

Der dritte ward gefraget: Welches das listigste Thier wäre? Der antwortete: Das / welches der Mensch noch nicht hätte erkennen lernen.

Der vierdte ward gefraget: Durch welch Mittel /oder auf was Art der Mensch von sich selber könte einen Gott machen? Der antwortete: Wann er etwas thut / das einem Menschen zu thun unmöglich ist.

Der fünffte ward gefraget: Welches das stärckeste und mächtigste wäre / das Leben oder der Tod? Der antwortete: Das Leben. Dann dasselbe fühlet / erträget und leidet so viel Unglück und Arbeit / davon der Tod nichts fühlet oder weiß.

Auf eine arglistige Frage gehöret eine arglistige Antwort. Mancher meynet einen andern aufzutreiben / läuffet aber mercklich an / und bekommet einen Bescheid /den er nicht erwartet hätte / wie dem Alexandro geschach.

4. Wunderliche Natur und Eigenschafften der Länder unter dem Nord-Pol gelegen
4. Wunderliche Natur und Eigenschafften der Länder unter dem Nord-Pol gelegen.

[4] In den Ländern / welche nach Mitternacht / oder dem Nord-Pol / gelegen seyn / findet man viel Wunderdinge / derer ich etliche erzehlen will. Erstlich ist allda nicht eine Abwechselung der Tage und Nächte / wie bey uns / da wir das Jahr über drey hundert und fünff und sechzig Tage / und so viel Nächte haben: Sondern allda / unter dem Nord-Pol / ist im gantzen Jahr nur ein eintziger Tag und eine Nacht; Der Tag wäret oder ist lang 6. Monat oder ein halbes Jahr: Da ihnen die Sonne immerdar scheinet und zugegen ist / und nimmer sich aus ihrem Gesichte verleuret / sie auch von keinen Dunckel oder Nacht wissen. Die Nacht wäret gleichfals sechs Monat / welche Zeit über sie immerdar im finstern sitzen und nicht einen Augenblick der Sonnen-Licht geniessen: Haben alsdann gute Zeit und Weile auszuschlaffen: Dieselben Leute werden genennet Cimmeri: Und hieher kömmt das Sprichwort /Cimmeriæ tenebræ, das ist / grosse dicke Finsterniß. Dabeneben ist es in diesen bemeldten Nordländern allezeit und immerdar Winter / vom Sommer wissen sie nichts. Das Meer ist allezeit hart gefroren und thauet nimmer auf: Daher es genennet wird Mare glaciale, alles ist bedecket mit Schnee / der so hoch oder dicke allda liegt / als Thürne hoch. Als die Holländer für etlichen Jahren dahin gereiset / nemlich in Nova Zembla, welche ist eine Landschafft der Nordländer /seynd sie nicht allein mit ihren Schiffen allda befroren / also / daß sie nicht haben können wieder wegsegeln: Sondern seynd auch eben zu der Zeit dahin kommen /wie die lange halbjährige Nacht angangen. Dahero sie gantzer sechs Monat haben müssen im Finstern wandeln; Doch zuvor ein kleines [5] Häußlein aufgebauet /welches alsbald vom Schnee ist überdecket worden /ausgenommen das Loch / dadurch der Rauch gegangen / wann sie Feuer gemachet. Endlich nach Verlauff der 6. Monat / wie die Sonne ihnen wieder begonnen zu scheinen / haben sie alles verlassen / und ihre Schiffe im Eiß stehen lassen: Seynd über die gefrorne See spatzieret biß nach Lapland: Und von dannen wieder in ihr Vaterland kommen. Allhie seynd meist alle Thiere weiß: Weisse Raben / weisse Bähren /weisse Wölffe / weisse Haasen und dergleichen. Das Erdreich in Nova Zembla ist so scharff und herbe /daß / wie die Holländer haben ihre Hunde ans Land gesetzet / und sie eine halbe Viertel-Stunde lauffen lassen / seynd sie wieder kommen mit gestümpelten Füssen: Denn die Schärffe des Erdreichs hatte ihnen die Füsse gantz abgeschabt.


Ein jedes Land hat seine sondere Natur von Wetter /Winden / Menschen und Viehe.

5. Wie die jungen Bursche sind zur Arbeit gewehnet und gehalten worden von den Alten
5. Wie die jungen Bursche sind zur Arbeit gewehnet und gehalten worden von den Alten.

Der Pythagoras hat seine Schüler pflegen zu vermahnen / daß sie alle Tage zu Abend / ehe sie sich schlaffen legten / fleißig behertzigen solten diese folgende Stücke:


Quo prætergressus? quid factum in tempore? quid non?


Aus welchem Grunde und Brunnen der Virgilius seine Vers genommen und geschöpffet / in welchen er einen vollkommenen und weisen Mann abmahlet /von dem er saget:


[6]
Non prius in dulcem declinat lumina somnum,
Omnia quàm longè reputaverit acta diei.

Eben auf dieselbe Art habens auch gemacht die Gymnosophistæ, welche (wie jetzt gesagt) seynd gewesenPhilosophi in Indien. Bey denselben / wann zu Mittage die Tische gedeckt waren / ehe man die Speise auftrug / haben sich die Schüler / die jungen Studenten alle müssen versammlen für den Tisch / und ein jeglicher erzehlen / was er den Tag guts verrichtet. Da hat der eine gesagt / wie er auf seiner Eltern Befehl etwas verfertiget: Der andere / wie er aus seinem Kopffe etwas neues erfunden: Der dritte / wie er etwas auswendig gelernet; Und dergleichen Dinge. Wann aber einer ist befunden worden / der nichts hat erzehlen können / derselbe hat müssen hungerig und ungessen weggehen.

Bey den Parthern ist ein alter Gebrauch gewesen /daß niemand den jungen Kindern das Morgenbrodt gegeben / ehe und bevor sie durch Lauffen und Pfeilschiessen sich also geübet / daß ihnen der Schweiß über die Nase geflossen. Gleicher massen schreibetAlexander ab Alex, daß in den Insulen Balearides die Mütter ihre Kinder von Jugend auf darzu gewöhnet /daß sie die Frühekost / oder sonst ander Essen, haben erstlich von fern mit einem Pfeil gerade treffen müssen / ehe sie es haben zu schmecken bekommen.

Der Mensch ist zur Arbeit gebohren / wie der Vogel zum fliegen. Der nicht arbeitet / soll auch nicht essen. Müßiggang ist des Teuffels Ruhe-Bette.

6. Wie unterschiedliche Köpffe und Hirschalen sind befunden worden
6. Wie unterschiedliche Köpffe und Hirschalen sind befunden worden / an den Egyptiern und Persianern

[7] Herodotus seinem Buch Thalia vermeldet / daß wie dermahleins die Egyptier und die Perser eine grosse Schlacht gehalten / da sey auf beyden Seiten eine grosse Menge Menschen geblieben und niedergehauen worden / auch auf dem Felde liegen blieben / und verfaulet / biß daß nichts mehr als die Knochen der Häupter oder Schedel / mit den andern Beinen seynd übrig blieben. Da habe sich ein seltzames Wunder zugetragen: Dann man hat befunden / daß der Egypter Häupter (welche besonders gelegen / und der Persianer Häupter auch besonders) seynd so hart und fest gewesen / daß man den Knochen mit einem grossen Steine nicht hat verletzen / oder entzwey schlagen können. Da hergegen der Persianer Haupt-Knochen oder Hirnschädel so mürbe / daß man sie mit Knipgen oder Finger-Schlägen hat können zerbrechen und zerknirschen. Dieses grossen Unterschieds Ursache / sagt Herodotus sey diese: Dieweil die Egyptier von Jugend auf immerfort ihre Häupter abscheren / und kahl halten / dadurch die Hirnschädel an der Sonnen getrocknet / und hart gemacht wird. Daher es auch kommt / daß die Egyptier nimmer kahl werden. Die Persianer aber gewöhnen sich von Jugend auf / ihre Köpffe mit Hüten zuzudecken / und gehen nimmer mit blossem Haupte / daher die Knochen mürbe und weich bleiben / und von der Lufft oder Sonnen nicht verharten.


Hieraus ist zu ersehen / daß ein Mensch viel stärcker und gesunder bleibe / wann er von Jugend auf seinen Leib mehr hart / in Frost und Kälte unverdrossen / als weich und zärtlich halte.

7. Die sieben Wunderwercke der alten Welt
7. Die sieben Wunderwercke der alten Welt.

[8] Es werden beschrieben und hochgerühmet von denHistoricis die sieben Wunderwercke der Welt als nehmlich: Erstlich die Mauer zu Babylon / gebauet von der Königin Semiramis, deren Umkreiß in sich begriffen 12. teutscher Meilen und ein Stadium: Die Höhe ist gewesen von 120. Ellen: Die Dicke 30. Ellen; Oben auf ist ein Weg gewesen / so breit / daß zwey grosse Wägen einander haben begegnen und vorbey fahren können / und doch noch so viel Rhums übrig / daß grosse Bäume und Weinstöcke / als in einem Walde darauf gewachsen.

Das ander Wunderwerck ist gewesen das grosse Bild / oder Colossus der Sonnen / in der Insul Rhodo, gelegen im Mittelländischen Meer. Ist ein Bild gewesen aus Stein gehauen (oder wie andere melden / von Ertz /) einem Manne gleich / so groß und hoch / daß es in die Wolcken gereichet / zwischen dessen beyden Füssen die grössesten Schiffe haben durchsegeln können mit ausgespanneten Segeln.

Das dritte Miraculum seynd gewesen die Pyramides, derer zwar unterschiedliche in Egypten gestanden / der fürnehmste aber von der Cleope aufgebauet /von welchem Herodotus Meldung thut / daß an demselben gebauet haben hundert tausend Menschen zwantzig Jahr lang / und seynd verzehret worden / nur an Rettig / Knoblauch und Zwiebeln / unter der Arbeit / ein tausend sechs hundert Talenta werth / das ist / neun hunderttausend / und sechtzig tausend Kronen: Seynd bey die vier und zwantzig Tonnen Goldes. Was ist dann über das noch gewandt an andere Kost? An Eisenzeug? An Kleidung der Arbeiter? Es sind aber die Pyramides gewesen hohe Thürne / viereckicht / unten [9] breit / oben spitzig / inwendig nicht hohl / sondern gantz von Steinen / Treppenweiß aufgebauet / unter welchen die Könige in Egypten ihre Begräbniß gehabt.

Das vierdte Wunderwerck ist gewesen / das grosse stattliche Gebäu Mausoleum genannt / welches die Königin Artemisia des Landes Cariæ ihrem Herrn und Ehegemahl Mausoleo, da er verstorben / zum Gedächtniß hat aufgerichtet: Dessen Mausolei Cörper zu Aschen verbrannt / die Artemisia aus grosser Liebe in ihr Getränck gethan / und davon täglich getruncken.

Das fünffte ist gewesen der Tempel der GöttinDianæ zu Epheso / aus eitel Schnee-weissen Marmor gebauet / so sehr berühmet / daß auch in der Apostel Geschicht seiner gedacht wird.

Das sechste ist gewesen das Bild des Jovis in der Stadt Olympia in Griechenland / genannt Jupiter Olympicus, zu welches Ehren die Spiele Olympia seyn gehalten worden.

Das letzte und siebende Wunderwerck ist gewesen das hohe und künstliche Gebäu / Pharos, in der kleinen Insul Pharos, in Egypten gelegen / welches ist gemacht aus reinen weissen Steinen / mit viel Bühnen / darauf man zu Nachzeiten hat brennende Fackeln gesetzet / zu dem Ende / daß die Schifffahrende möchten zu nächtlicher Weile ein Zeichen haben / darnach sie ihre Reise und Schiffart könten ohne Gefahr und glücklich vollführen. Es ist so hoch gewesen / daß man das Licht darauf hat sehen können über 40. Meilweges. Von diesem Pharo werden heutiges TagesPhari genennet die Leuchten / so man an der See aufgerichtet / und für diesem zu Waryemünde am Rostockischen Seehafen auch eine dergleichen gehabt.

[10] Solche und dergleichen mächtige Wercke zeigen an /was menschliche Kunst / Arbeit und Hoffart vermag.Horat. Nil mortalibus arduum est; Cœlum ipsum petimus stultitia. Aber wo seynd diese grosse Wunderwerck jetzund? Alle zu nichts zu Aschen und Staub sind sie worden / daß auch die Städte nicht zu finden / wo sie gestanden.

8. Ein Dilemma zwischen dem Præceptore und Schüler tractiret
8. Ein Dilemma zwischen dem Præceptore und Schüler tractiret / welches für unauflößlich ist gehalten worden
Proverb. Mali corvi, malum ovum.

Protagoras, der Philosophus und beredte Orator, hatte einen Discipel mit Nahmen Evathlus, mit welchem er solchen Vergleich machte: Daß / wannEvathlus so viel würde gelernet haben / daß er eine Sache für Gerichte könte gewinnen und erhalten / so solte er dem Protagoræ ein Talentum, oder 600. Cronen geben. Wie nun dem Protagoræ dauchte / dieser Schüler hätte genug gelernet / hat er von ihm das Geld gefodert. Der Schüler Evathlus hat sich geweigert ihm das Geld zu geben. Da hat Protagoras den Evathlum fürs Gericht gefodert / und gesprochen: O du thörichter Jüngling! Lerne jetz und / daß du mir den zugesagten Lohn geben müssest / es sprechen auch die Richter das Urtheil für dich oder wieder dich. Gewinnest du es / und daß sie für dich sprechen / so bist du mir schuldig / laut unsers Vertrags / der da war / daß du mir bezahletest / wann du die erste Sache würdest gewinnen für Gericht: Sprechen aber die Richter wider dich / und du verleurest die Sache / so bist du mir schuldig zu zahlen das Recht / weil es die Richter also urtheilen. Hierauf hat der Evathlus geantwortet? O weiser Meister! Lerne du jetzund auch / daß ich dir nichts zu geben schuldig bin / wie es auch lauffe; Es sprechen [11] auch die Richter für dich oder wieder dich: Dann verliere ich die Sache / so bin ich dir nichts schuldig / laut unsers Vertrages / denn ich noch nicht so viel gelernet / daß ich eine Sache gewinnen kan. Gewinne ich aber das Urtheil wider dich / warum solt ich dir denn geben? Dieweil es mir würde zuerkant von den Richtern / daß ich dir nichts geben solte? Die Richter / wie sie diese Disputation gehöret / haben sie gesagt: Κακοῦ κόρακος κακὸν ὠὸν. Mali corvi, malum ovum. Das ist: Der Meister taug eben so wenig / als der Schüler: Und haben diesen Streit für unauflößlich gehalten / und gantz kein Urtheil drüber gesprochen.


Es stehet sehr übel für GOtt und den Menschen / wenn ein Schüler seinem Meister die Belohnung vorenthält. Kein grösser Laster ist als die Undanckbarkeit: Und solche listige Ausflüchte / damit man seinen Præceptorem betreugt / bleiben nicht ungestraffet.

9. Aristomenis Messenii seltzames Leben und Ende
9. Aristomenis Messenii seltzames Leben und Ende / dessen Hertz rauch mit Haar bewachsen.

Pausanias beschreibet in seinen Messeniacis eine seltzame Historiam, von dem Aristomene, von Messena gebürtig / daß er an Tapfferkeit und Kühnheit alle Menschen derselben Zeit übertroffen / und allein gantze Kriegsheer verjaget und zertrennet. Nachdem er einsmals dreyhundert Lacedämonier hatte niedergemetzget mit seinen eigenen Händen / und wiederum selber von den Läcedämoniern erstlich gefangen / hernach biß auf den Tod verwundet ward / ist er auch von ihnen in ihre Stadt gebracht / mehr tod als lebendig / und benebens noch 50. andern seiner Mitgefehrten / in einen tieffen stinckenden Abgrund gestürtzet /daraus niemals ein einiger Mensch wieder heraus kommen [12] / weder lebendig noch tod. Die 50. hinabgestürtzte sturben alsbald: Aristomenes hinunter gefallen / erwartete nichts anders / als den Tod augenblicklich / wickelte sich in seinen Mantel / und lag also drey gantzer Tage noch lebendig bleibend: Am vierdten Tage hörete er ein Rauschen / und sahe durch das Schimmern des Tages einen Fuchs / welcher in diesen Abgrund kommen war / und von den Todten Cörpern fraß. Er wartete bis der Fuchs auch zu ihm kam; Da ergriff er ihn mit der einen Hand / und hielt ihn fest; Um seine andere Hand wickelte er seinen Mantel /und so offt der Fuchs um sich bis / hielt er ihm den Mantel für / ließ sich also von dem Fuchs fortschleppen bis an ein klein Loch / da sonsten kein Mensch kunte durch kommen / das machte er mit seinen Händen grösser und weiter / also / daß er dadurch kam /und zu den Seinigen gelangete. Wie den Lacedämoniern vermeldet ward / daß Aristomenes wäre wiederum lebendig herfür kommen / hat mans eben so wenig glauben wollen / als wann einer von den Todten wäre aufgestanden. Nicht lange darnach ist der Aristomenes von sieben Schützen aus Creta bey finsterer Nacht / wie er herum mausete / gefangen worden / und mit Stricken hart gebunden / in ein Wachthauß geführet /die / so ihn solten bewahren / haben sich voll gesoffen / und seynd entschlaffen: Da hat sich Aristomenes, wie er da lage aufm Rücken an Händen und Füssen gebunden / ans Feuer geweltzet. Die Stricke an Händen und Füssen / nicht ohne grosse Verletzung seines Leibes verbrannt / und die Wächter mit ihren eigenen Gewehren alle ermordet / und davon gegangen. Endlich ist er gleichwol von etlich hundert Lacedämoniern gefangen [13] genommen / ihme lebendig der Bauch aufgeschnitten und das Hertz heraus gerissen worden: Da hat man gesehen / daß sein Hertz von Haar so rauch und sehr bewachsen gewesen / als andere Leute Köpffe seyn.


Ist ein Exempel eines überaus kühnen / verschmitzten und Mannhafften Heldens.

10. Vom Palladio der uhralten Stadt Troja
10. Vom Palladio der uhralten Stadt Troja.

Der Stadt Trojæ in Phrygia / mit welcher die Griechen einen zehenjahrigen Krieg geführet / erster Stiffter und Erbauer ist gewesen der König Tros, und nach ihm Ilius, welcher darinnen ein Königliches Schloß hat aufrichten und verfertigen lassen / und von seinem Nahmen genennet Ilium. Wie nun die Stadt und Schloß fertig / hat Ilius darinnen der Göttin Palladi zu Ehren einen köstlichen Tempel zu bauen angefangen: Und ist auch der Tempel gantz fertig gemacht /biß auf das Dach oder die Decke: Da hat sich ein seltzames Ding zugetragen. Denn es ist vom Himmel plötzlich herunter gefallen in den Tempel ein wunderlich Bild / zwar von Holtz gemachet / aber diß Holtz hat kein Mensch erkennen / noch dessen eigentliche Figur / und wem das Bild gleich wäre / verstehen oder vernehmen können. Es hat sich aber dieses Bild bey dem grossen Altar niedergelassen / und an der Mauer sich fest angehängt / da es auch geblieben / und von keinem Menschen sich bewegen lassen / ohn allein vom Priester desselben Tempels / der hat es allein können tragen und beschauen: Von welchem es mit grossen Fleiß und Ehrerbietung bewahret. Dieses Wunderbild ist genennet worden Palladium, von der[14] Pallade. Nun war es also mit dem Palladio beschaffen / und von der Pallade, benebenst den andern Göttern / beschlossen / daß / so lange das Palladium in der Stadt Troja bleiben / und nicht von dannen wegkommen würde / so lange würde die Stadt unüberwindlich seyn / und durch keine Kriegs- oder Feindes-Macht überwältigen und verstöret werden. Darum dann das Palladium von den Priestern gar hoch bewahret / bewachet und geehret ward. Und ob wol die Griechen zehen gantzer Jahr die Stadt belägert und bestritten / so hätten sie dieselbe doch nicht einbekommen / wann nicht die zween Trojanische Fürsten /Æneas und Antenor, verrätherlich gehandelt / mit dem Feinde heimlich accordiret / das Palladium bey nächtlicher Zeit aus dem Tempel / durch den PriesterThoas (mit Gelde darzu gekauffet und überredet) wegtragen lassen / und also die Stadt ihres Patroni und Schutzherrn beraubet. Dermassen ist Troja, so bald das Palladium hinweg gebracht / von den Griechen erobert / alles darinnen ermordet / geplündert /und endlich in die Asche geleget und verbrannt worden.


Diesem Palladio können mit gutem Fuge verglichen werden die Academien / welche / so lange sie in Ehren gehalten und erhalten werden / floriren die Städte / und seynd in gutem Wolstande. Wann sie aber unterdrucket /verberget oder gantz abgeschaffet werden / so pfleget gewißlich darauf zu erfolgen der Städte Unglück und Unter gang.

11. Das wunderschöne Gespräch
11. Das wunderschöne Gespräch / zwischen dem jungen Gesellen Hercule, der Wollust und der Tugend.

Xenophon im 2. Buch seiner denckwürdigen Sachen /wie denn auch Cicero im 1. Buche de Officiis, gedencken einer wunderlichen Historien / welche in [15] alten Zeiten aufgeschrieben ist vom Prodico, und verhält sich folgender gestalt:

Als der Hercules aus seiner Kindheit war getreten /und nun anfieng ein junger Geselle zu werden / da ward er zweiffelhafftig in seinem Gemüthe / ob er solte der Tugend / oder der Wollust sich ergeben? Dieses Zweiffels halben in seinen Gemüthe verirret /ist er in einen Wald gegangen / daselbst sich niedergesetzet / und angefangen die Sache bey sich zu erwegen: Da seynd zu ihm kommen zwo Frauen unterschiedlicher Gebehrden und Zieraths. Die eine mit einer natürlichen Schönheit des Angesichts / mittelmäßiger Länge / einer freyen lustigen Gestalt / züchtig von Gebehrden / mit einem schnee-weissen Kleide; Die andere lang von Statur, etwas feister / gläntzende von angestrichenen Farben unter dem Angesicht / eines leichtfertigen Gesichtes / eines hochmüthigen Gangs / sich offt umher sehende / ob auch jemand nach ihr umschauete / angethan mit einem Kleide von vielen Farben. Diese beyde Weibes-Personen seynd recht hinzu nach dem Hercule gegangen: Und zwar die Erste / (welche war die Tugend /) ist mit einem ebenen / gleichmäßigen Gange herfür getreten. Die andere (war die Wollust) die ist schnell gelauffen / und den Herculem auf folgende Art und Weise angeredet: Ich sehe / lieber Hercules, daß du zweiffelhafftig bist / auf welchen Weg du dich begeben sollest in deinem Leben? Derhalben / so du mich zur Freundin und Führerin erwehlen wirst / will ich dich leiten durch einen Weg / der leicht und lieblich ist. Da du nicht allein schmecken solt alle Lieblichkeit der Welt / sondern auch niemals einige Schmertzen oder Beschwerung empfinden.

[16] Fürs erste solt du mit Krieg / oder Geschäfften /oder Arbeit nichts zu thun haben / sondern nur bedencken / was für wohlschmeckende Speise und Trank du geniessen wollest; Was dir lieblich sey anzuschauen /zu hören / zu erreichen; Und wie du dich wollest mit der Liebe belustigen / und mit jungen Mägdlein ergetzen; Wie du sanfft und süsse schlaffen mögest; Und zwar solt du dieses alles erlangen / ohne einige Arbeit und Mühe / und da entgegen / wo dir solches zu Zeiten mangeln möchte / solt du solches nicht erwerben /oder erlangen durch Mühe und Fleiß / sondern du solt geniessen anderer Leute Arbeit / und kein Ding unterlassen / daraus du einigen angenehmen Gewinst haben könnest.

Als solches der Hercules gehöret / hat er gefraget: O Frau / was bistu für eine? Und wie ist dein rechter Name? Sie antwortete / meine Freunde nennen mich Glückseligkeit / oder Wollust: Die aber / so mich hassen / heissen mich Faulheit. Unter diesem Gespräch ist das andere Frauen-Bild auch heran getreten / sagende: Lieber Hercules, ich komme auch zu dir /kenne deine Eltern gar wol / weiß auch / wie du in deiner Jugend unterwiesen bist: Derowegen ich der Hoffnung und Zuversicht bin / wo du den Weg gehen wirst / den ich dir gedencke zu zeigen / so werdestu nicht allein treffliche Thaten thun / sondern auch einen ewigen unsterblichen Nahmen erlangen. Im Antritt will ich dir nicht schmeicheln mit lieblicher Wollust / sondern nach der Wahrheit aus dem Grunde sagen / was meines Wesens ist. Alles / was fürtrefflich / löblich und gut ist / wird nicht ohne Arbeit /Fleiß und Mühe den Menschen von den Göttern gegeben. Wilt du / daß dir die Götter sollen gewogen [17] seyn / so mustu sie ehren / und ihnen dienen. Wiltu von deinen Freunden geliebet werden / so mustu ihnen Gutes thun. Wiltu von einer Stadt geehret werden /mustu erstlich dich wohl verdient machen um dieselbe. Wiltu Frucht und Einkommen schöpffen von der Erden / so mustu dieselbe bauen und pflügen. Wiltu durch Krieg Reichthum erlangen / so mustu die Krie ges-Künste erstlich von andern lernen / und dich darinn üben. Wiltu ein Redner / ein Artzt / ein Rechtsgelehrter werden / mustu zuvor diese Künste mit Fleiß und Arbeit erlernen. In Summa / ohne Arbeit / Mühe und Fleiß / wirstu keines löblichen Dinges theilhafftig. Kaum hatte dieses die Frau Tugend gesprochen /da fiel ihr die Wollust in die Rede / sagende: Siehestu nicht / O Hercules, welch einen langen und schweren Weg dir das Weib zeiget und fürhält? Ich aber will dich durch einen kurtzen lustigen Fußsteig führen zur Glückseligkeit. Da hub die Tugend an / und sprach: O du elendes Weib / was hastu doch Gutes an dir? du issest / ehe dich hungert: du trinckest / ehe dich dürstet: Allezeit bistu dick und voll: Unbequem etwas Gutes zu verrichten; Den meisten und besten Theil des Tages schläffestu. Ob du wol unsterblich bist / so bistu doch von den Göttern verstossen / von ehrlichen Leuten verachtet und verworffen. Du hast dein Lebenlang nicht eine ehrliche / löbliche That gethan / bist nie von Göttern und verständigen Menschen gelobet worden: Keiner / der noch seiner Vernunfft gebrauchen kan / folget deinem Hauffen nach. Deine Diener / wann sie jung seyn / seyn sie schwach vom Leibe: Wann sie alt werden / seynd sie aberwitzig und unklug. In der Jugend leben sie wohl: Im Alter müssen sie lernen arbeiten. Wann das [18] Ihrige unnützlich ist verzehret / müssen sie Hungers sterben.

Ich gehe mit den Göttern um: Gehe um mit weisen und ehrlichen Menschen. Keine herrliche That / noch Göttliche / noch Menschliche / wird ohne mich begangen. Ich werde in grossen Ehren gehalten von den Göttern und von Menschen. Ich bin eine liebe Gesellin den Handwerckern in ihrer Arbeit: Eine theure Bewahrerin den Haußhaltern in ihren Häusern: Eine Helfferin der Studenten in ihren Studieren: Den Bauern in ihrem Ackerbau: Den Kriegs-Helden in ihren Streiten. Das Essen und Trincken schmecket meinen Freunden wohl / bekommt ihnen wohl / denn sie warten / biß sie hungert: Der Schlaff ist ihnen süsser als Honig / den unterlassen sie gerne der Arbeit halber. Die Jungen erfreuen sich / wenn sie von den Alten gelobet werden. Die Alten erfreuen sich / wenn sie sehen / daß die Jungen Ehre erlangen. Endlich / wann ihres Lebens Ziel vorhanden / so sterben sie nicht ungeehret oder vergessen / sondern bleiben in ewigwährender Gedächtniß / und leben bey jedermänniglich / ob sie schon gestorben seyn. Solche Leute sind gewesen deine Eltern / O Hercules! So gebühret es sich / daß du / als ihr Sohn / ihnen nachfolgest / dahin ich Tugend dich führen will.

Durch diese Rede ist Hercules bewogen / von seiner Stätte aufgestanden / die Wollust mit Füssen getreten / der Tugend nachgefolget / und hat durch grosse Arbeit und Fleiß so viel zu wege bracht / daß er hernachmals den Göttern ist gleich gehalten worden.

Diesem Exempel des Herculis folget nach / O ihr jungen Knaben: Lasset euch von der Wollust nicht verführen. Die Tugend / das ist / Sprachen und Künste bringen euch zu hohen Ehren.

12. Exempla der Träume - die nicht zu verachten
[19] 12. Exempla der Träume / die nicht zu verachten.

Cicero und Valerius Maximus erzehlen einen wunderlichen Traum auf folgende Art: Zween gute Freunde aus Arcadia haben auf eine Zeit gewandert / und seynd nach Megaram kommen / unter welchen der eine nach seinem alten Wirth gangen / der ander ist in ein öffentliches Gasthauß zur Herberge eingekehret. Nun trug es sich zu / daß den / welcher bey seinem alten Wirth ware / däuchte im Schlaff / wie sein Gefährte ihn sehr bäte / daß er ihm zu Hülffe käme /denn er von dem Krüger mit Hinter-List würde überfallen. Er könte noch wol frey und errettet werden /wann er nur eilend werde kommen. Durch diß Gesichte ist er aufgewachet / aus dem Bette gesprungen / des Willens / er wolte sich nach dem Gast, Hause oder Kruge verfügen. Hat aber alsbald / wie er zu sich selber kommen / und sich erinnert / daß ihm nur geträumet / sich wiederum ins Bette verfüget / und schlaffen geleget. Aber siehe / alsbald kömmt ihm im Schlaffe wieder für sein Gefährte / sehr verwundert: Bittet ihn /weil er ihm im Leben nicht hätte wollen zu Hülffe kommen / so solte er sich doch nicht wegern / seinen Tod zu rächen / denn er wäre von dem Krüger ermordet / sein Leib auf einen Wagen mit Mist geleget /und nach dem Stadt-Thor geführet. Durch diese inständige Bitte seines Gefährten ist er bewogen / alsbald aufgewachet / nach dem Thor gelauffen / allda den Wagen angetroffen / eben wie ihm im Schlaffe war angedeutet worden: Seinen Gefährten tod darauf liegen gefunden / den Krüger [20] ergriffen und verklagt: Welcherauch alsbald zum Tode verurtheilet worden.

Einem andern träumete auf einmal in Italia, daß er von einem Marmorsteinern Löwen / welcher im Vorgang der Kirchen stunde / mit aufgethanen Munde tödtlich verwundet wäre / derselbe Träumer ist des Morgens in die Kirche gangen / und da er des Löwen Bilde angesehen / von welchen ihm geträumet hatte /hat er lachend seinem Mit-Gesellen den Traum erzehlet / und spottend / alsbald dem steinern Löwen seine Hand in dem Mund gestecket / sprechend: Nun beiß /du gewaltiger Feind / und so du kanst / erwürge mich. Als er diß kaum ausgeredt / siehe da wird er von einem Scorpion / welcher in des Löwen Munde verborgen lage / gestochen und tödtlich verwundet. Erfuhr also in der That / daß sein Traum nicht gelogen hatte.

Zwar die Träume betrügen gemeiniglich / doch treffen sie unterweilen ein.

13. Von dem grossen Glück des Polycratis
13. Von dem grossen Glück des Polycratis.

Zu Samo waren drey Brüder von fürnehmen Geschlechte / Polycrates, Pantagnotus und Syloson. Der Aelteste unter diesen / Polycrates, auf daß er allein herrschen möchte zu Samo, tödtete seinen jüngsten Bruder den Pantagnotum, den andern Sylosontem vertrieb er ins Elend. Es gelung aber dem Polycrati alles so wohl / daß er nicht allein ein Herr ward über Samo, sondern über alle umliegende Städte. Alles gieng ihm glücklich fort / was er thäte / und wo er Krieg hatte / da gewann er allezeit. Er hielt unterdessen grosse Freundschafft mit dem Könige in Egypten / Amasis geheissen: Derselbige / wie er hörete von dem grossen [21] Glück des Polycratis, schrieb er ihm einen Brieff / darinnen er vermeldete / es wäre ihm zwar lieb / daß es ihm / als seinem Freunde / wohl gienge: Hätte aber solch groß Glück sehr im Verdacht / und riethe ihm / er solte das / welches ihm am liebsten wäre / also von sich werffen / daß ers nimmer wieder kriegete / zu dem Ende / daß er das grosse Glück etwas temperirte mit einem Unglück. Polycrates nimmt seinem Pitschier-Ring / worinn ein köstlicher Stein / eines grossen Geldes werth / fähret damit aufs Meer / und wirfft den Ring darein. Was geschicht? Etliche wenige Tage hernach kommen Fischer / die fahen einen grossen Fisch / den verehren sie dem Polycrati: Wie der Fisch wird aufgeschnitten / da findet man den Ring in des Fisches Bauch / und kriegt also Polycrates seinen Ring wieder: Dieses ward dem Amasi verständiget: Der schrieb abermal an den Polycratem, und sagte ihm seine Freundschafft auf. Denn sagte er: Es wäre unmüglich / daß auf ein solch groß Glück nicht endlich würde ein viel grössers Unglück erfolgen / welches dann auch nicht lange hernach geschehen. Denn als Polycrates sich dermaleins fürnahm die Insuln des Jonischen Meers zu bekriegen / da ist er von seiner eigenen Tochter abgemahnet / er solte solches nicht thun / denn sie hätte einen Traum von ihm gehabt / wie daß er wäre in die Lufft gezücket / und von dem Gott Jove gebadet / von der Sonnen aber gesalbet. Polycrates hat seiner Tochter Rath nicht wollen folgen / sondern ist hingezogen. Wie er nach Magnesiam kommen / da haben ihm die Einwohner einen schändlichen Tod angethan / und hernach an ein Creutz gehencket: Also ist seiner Tochter Traum wahr worden / denn / wenn es geregnet / ist er vom Jove [22] gebadet / und wann die Sonne heiß geschienen / daß das Fett aus seinem Leibe Tropfenweise geflossen / so ist er von der Sonnen gesalbet worden.


An dem Polycrate haben wir ein Exempel der Unbeständigkeit des Glücks: Nemlich / daß auf grosses Glück gemeiniglich folget ein grosses Unglück.

14. Der Allemanns Tadler Momus
14. Der Allemanns Tadler Momus.

Der Momus ist ein solcher Mann gewesen / welcher zwar selber nichts gearbeitet und verfertiget / dennoch andere Götter- und Menschen-Wercke und Arbeit immer getadelt / und gemeistert. Insonderheit lieset man von ihm / daß er dreyerley habe getadelt.

Erstlich / daß GOtt und die Natur dem Menschen das Hertz im Leibe so tieff verschlossen / daß man nicht darein sehen könte / was für Gedancken der Mensch habe / und fürgegeben / es wäre viel besser gewesen / wann der Mensch wäre geschaffen worden mit einer gefensterten Brust / ein Fenster habend / dadurch man biß ins Hertze schauen könte.

Zum andern hat er getadelt am Ochsen / daß ihm die Hörner an den Kopff / und nicht forn an die Brust gesetzet wären: Dann wann er die Hörner an der Brust hätte / so könte er aus gantzer Macht des Leibs viel stärcker stossen mit den Hörnern / wie Aristoteles meldet / im dritten Buch von den Theilen der Thiere.

Zum dritten hat er getadelt / daß die Menschen ihre Häuser fest und unbeweglich an der Erden baueten /und nicht also / daß sie sie könten fortschieben / und an andere Oerter bringen / wann sie böse Nachbarn hätten. Nach diesem Momo werden alle dieselbenMomi genennet / welche andere Leute nur reformiren / und [23] selbst nichts guts machen können. Es kommen auch von dem Momo viel Sprichwörter her / als: Vel ipso Momo Judice, wann man ein Ding gar wohl gemacht / also / daß es auch der Momus selbst nicht straffen könte. Item: Momo satisfacere, das hat eben dieselbige Meynung. Die Griechen haben ein solches Wort: ῥᾶον μομεἶϑὴ μιμεῖϑ, Das ist: Es ist viel leichter zu tadeln auf Momi Art / als nachzumachen.

Wie viel Momus-Brüder findet man noch heute / die anderer Leute löbliche Thaten reformiren / und selbst nichts taugen.

15. Vom Lobe etlicher Städte
15. Vom Lobe etlicher Städte.

Plutarchus erzehlet folgende Geschicht: Der Ptolomæus, König in Antiochia / hat auf einmal zu Gaste gehabt sieben Abgesandte / von unterschiedlichen Königreichen / welche unter der Mahlzeit mit einander angefangen zu disputiren / welches Land die besten Gebräuche und Gesetze hätte? Ein jeglicher Gesandter hat sein Land hoch erhoben / und den andern fürgezogen. Daher Ptolomæus es für rathsam angesehen / eines jeglichen Rede und Ursach zu vernehmen /anzuhören / und dann nach Betrachtung der Sachen /seine Meynung zu sagen.

Der Abgesandte von Rom brachte für: Daß allda die Kirchen und der Gottesdienst in grössern Ehren wären / als an einem Orte der Welt.

Der Gesandte von Carthago sagte: Daß daselbst der Adel nicht müde würde vom streiten / der gemeine Pöbel von arbeiten / die Philosophi vom unterweisen.

Der Gesandte von Sicilien sagte: Daß man daselbst die Justitiam handhabete / die Warheit liebete / und daß einer dem andern gleich wäre.

[24] Der Gesandte von Rhodis sagte: Daß daselbst die alten Leute lebeten erbarlich / die Jungen züchtiglich /die Weiber verschwiegen.

Der Abgesandte von Athen sagte: Daß man da selbst nicht gestatte / daß die Reichen wären vortheilhafftig / der Pöbel müßig / die Regenten einfältig.

Der Gesandte von Lacedämone sagte: Daß bey ihnen kein Neid regierete / denn einer wäre dem andern gleich / daß kein Geitz verspüret würde / denn alles wäre gemein / daß keiner müßig gienge.

Der letzte Gesandte sagte / (war der Sicionier) daß man daselbst keine Frembdlinge gestattete / weil sie allezeit was neues brächten; daß man keine Medicos duldete / weil sie die Gesunden tödteten / und daß man keine Advocaten zuliesse / weil sie die bösen Sachen vertheidigten.

Ein jegliches Land hat seine Gewonheit / und einem jeglichen Narren gefället seine Weise am besten.

16. Welches unter den beyden das mächtigste - Feuer oder Wasser
16. Welches unter den beyden das mächtigste /Feuer oder Wasser?

Die Chaldäer haben das Feuer für einen Gott gehalten / und die Egyptier das Wasser. Nun hat sich einmal ein Streit zwischen ihnen erhoben / welcher unter diesen beyden Göttern der Mächtigste wäre? Das Feuer oder das Wasser? Die Chaldäer haben gesagt / ihr Gott / das Feuer / wäre über alle Ding und Götter /denn es verzehret alles / und überwinde alles / daß auch kein Ding für ihm bestehen könte / welches von ihm nicht würde zu nichte und zu Aschen gemachet. Die Egyptier hielten es mit dem Wasser / und sagten: Das Wasser hätte solche Macht / [25] daß es nicht allein gantze Städte mit seiner Fluth ersäuffen / sondern auch die gantze Welt zu nichte machen könte / wie solches aus der Sündfluth zu ersehen.

Dieser Streit konte anders nicht aufgehoben werden / als daß diese beyde Völcker / ein jegliches seinen Gott aufstellete / zu sehen / welcher den andern überwältigen würde. Die Chaldäer haben ein groß Feuer gemachet / und begehret / die Egyptier möchten ihren Gott heran bringen / sie wolten sehen / ob ihn nicht das Feuer zu nichte machen würde? Da haben die Egyptier vom Leim und Erde einen grossen Topff / in Form eines Gottes / gemachet / voller Löcher / welche mit Wachs zugekleibet / und den Topff mit Wasser gefüllet / diesen Topff haben sie als ihren Gott dargestellet / mit dem Feuer zu streiten. Aus welchem / wie er ins Feuer gesetzet / und das Wachs zerschmoltzen /das Wasser häuffig durch die Löcher gelauffen / daß das Feuer gantz ausgeloschen. Also ist der Chaldäer Gott / das Feuer / von der Egyptier Gott / dem Wasser / überwunden und erlöschet worden.

Es haben die alten Väter für der Sündfluth gehöret und vernommen / daß die Welt würde durch Wasser und durchs Feuer untergehen. Haben derohalben zwo Seulen verfertiget: Eine von Leim / die andere von Ertz / und darein gegraben die Wissenschafft und Heimlichkeit der Astronomiæ, darinn sie (die Egyptier) sehr erfahren waren / weil in Egypten es nimmer regnet noch schneyet / sondern der Himmel immerdar klar und hell ist ohne Wolcken / und derhalben der Sternen-Lauff sehr bequemlich kan aufgemercket werden. Sie haben aber diese Seulen gemachet zu dem Ende / daß wann die Welt vergehen würde mit Feuer /[26] so solte die erdne Seule überbleiben unverletzt / (denn im Feuer wird die Erde nur fester und härter /) wo aber die Welt würde durchs Wasser untergehen / so solte die Seule von Ertz unverletzet überbleiben /(denn dem Ertz schadet das Wasser nicht.) Es erzehlet Josephus, daß zu seiner Zeit die eherne Seule noch sey vorhanden gewesen / und von ihm selber gesehen in Egypten / nachdem durch die Sündfluth die andere Seule war im Wasser verschmoltzen und verdorben.

Merckt allhie 1. Die grosse Blindheit der Heyden / welche Feuer / Wasser / ja Knoblauch / Zwiebeln / Katzen und dergleichen Dinge / für Götter gehalten und geehret. 2. Aus den zweyen Seulen ist zu sehen die Fürsorge und der Fleiß / den die Uhralten gehabt / in Fortsetzung guter Künste und Wissenschafft / damit dieselbige nicht untergiengen / sondern an die Nachkömmlinge gebracht würden.

17. Alexandri des Grossen Leich-Bestätigung und bey derselben gehaltener Discurs
17. Alexandri des Grossen Leich-Bestätigung und bey derselben gehaltener Discurs.

Als Alexander Magnus mit Tode abgangen / ist sein Leichnam in einen gantz güldenen Kasten geleget /und nach Alexandriam mit grosser Ehre und Reverentz gebracht worden / begleitet von vielen Königen / Printzen / und andern grossen Herren / welche sein Testament in Verwahrung hatten / und solches ins Werck zu stellen gedachten: Damit aber der lange Weg und die grosse Reise ihnen nicht verdrießlich oder beschwerlich würde / sind sie untereinander eins worden / daß ein jeglicher von deme / dessen todten Cörper sie begleiteten / etwas hersagen solte.

Der Erste sprach: Alexander pflegte vormals das Gold und Silber zu besitzen und zu bewahren / jetzund bewahret das Gold (nemlich der güldene Sarck) den Alexandrum.

[27] Der Ander sprach: Alexander pflegte andere Menschen zu straffen und zu tödten / jetzund ist er selber gestraffet und getödtet.

Der Dritte sprach: Gestern fürchteten Alexandrum die allergrössesten Könige in der Welt / jetzund achtet oder fürchtet ihn nicht der geringste Bettler.

Der Vierdte sprach: Gestern war der gantze Erdboden dem Alexandro zu klein und enge / jetzund ist ihm ein kleiner Kasten groß genug.

Der Fünffte: Gestern kunte Alexander wohl hören /und durffte niemand in seiner Gegenwart etwas sagen: Jetzund redet ein jeglicher / da er gegenwärtig ist /und er höret nicht ein Wort.

Der Sechste: Die gestern Alexandrum sahen /fürchteten sich für ihm / jetzunder fürchtet ihn keiner /der der ihn anschauet.

Die Siebende: Gestern war Alexander derselbe / zu welchen sich seine Feinde nicht dorfften nahen / jetzund begehren ihn nicht einmal seine eigene Freunde zu sehen.

Ein anderer: Gestern folgeten Alexandro alle Lebendigen / heute folget Alexander allen Todten.

Ein anderer: Gestern regierte und führte er seine Soldaten / heute führen und regieren ihn seine Soldaten.

Ein anderer: Gestern bedeckte Alexander das Meer und das Erdreich / heute bedecket das Erdreich Alexandrum.

Ein Anderer: Gestern hatte er viel Freunde und Feinde / heute ist er allen gleich.

Ein Anderer: Gestern wolte Alexander die Menschen fressen / heute ihn die Würme.

[28] Ein Anderer: Gestern roch der Schweiß Alexandri lieblich wie Ambra, heute ist sein gantzer Leib nicht anders / als ein stinckendes Aaß.

Wie diese fürnehme Leute unter solcher Rede und Gespräch nach Alexandriam kommen / haben sie daselbst den Alexandrum aufs allerprächtigste zur Erden bestätiget.

Kein Mensch / wie hoch / mächtig / reich / prächtig /schön und stoltz er sey / kan dem Tode entlauffen. Offtmals wird ein solcher auch von seinen allerbesten und nächsten Freunden verspottet / wenn er gestorben.

18. Welch ein überaus heßlicher und ungestalter
18. Welch ein überaus heßlicher und ungestalter / dennoch weiser Mann der Socrates gewesen.

Socrates ist ein überaus heßlicher und übel formirter Mensch gewesen / dem Fabelmacher Æsopo an Gestalt nicht gar ungleich. Er hat gehabt einen grossen dicken Kopff / Haar wie Sau-Borsten / aufstehende schielende Augen / niederhangende grosse Backen /eine eingebogene Bracken-Nase / dicke aufgeschwollene Lippen / schwartze Zähne / einen stinckenden Odem / einen Höcker auf dem Rücken / kurtze / dicke / krumme Beine / an einer Seiten hinckend / mit kurtzen zu sagen / Socrates ist gewesen ein rechtes Monstrum, dem Leibe nach: Aber dem Verstand belangend / ist er dermassen begabet gewesen mit Weißheit und Tugend / daß zu seiner Zeit auf der Welt seines gleichen nicht ist gefunden worden. Nun hatte Socrates ein groß Auditorium, und unzehlich viel Schüler und Zuhörer / welche täglich bey und um ihn waren /und von ihn Weißheit und gute Künste lerneten. Da trug es sich zu / daß auf einmal zum Socrates und seinen Discipulen ins Collegium hinein kam ein Physiognomus, das ist / solch ein [29] Mann / welcher aus des Leibes Proportion, und äusserlichem Ansehen und Gestalt des Angesichts und andern Gliedmassen urtheilen kan / was einer für ein Ingenium, für Sitten und Natur an sich hat. Diesen Physiognomum fragten des Socratis Schüler, was ihn deuchte bey ihrem Præceptore dem Socrate? Was er für eine Natur an sich hatte? Wie er gesinnet wäre? Was er hielte von seinem Ingenio? Der Physiognomus, nachdem er Socratem beschauet hatte vom Haupt biß zum Füssen / und seines Angesichts / benebenst der andern Gliedmassen Gestalt wol behertziget / hat er geurtheilet / und den Schülern zur Antwort gegeben / ihr Præceptor, Socrates, wäre ein dummer / unverständiger Mensch /hätte kein Gedächtniß / wäre hartlernig / darzu eines schelmischen, verrätherischen Gemüthes / ein Hurenjäger / ungerechter / leichtfertiger Mann: In Summa /er wäre von Untugend zusammen geflicket / und nicht zwey Heller werth. Wie solches unverhoffentlichesJudicium die Schüler gehöret / und wohl wusten / was ihr Meister für ein fürtrefflicher Mann war / haben sie ihre Bücher und Bäncke aufgehoben / und den Physiognomum wollen zu tode schlagen / als einen Lügner / und falschen Verläumder: Aber Socrates ist aufgestanden / hat seine Schüler gestillet / und gesprochen: Lieben Kinder / dieser Mann hat recht und wohl geurtheilet / dann wann ich meiner Natur und angebohrnen Inclination hätte gefolget / so wäre ich eben ein solcher worden / als er mich beschrieben hat; Nun aber habe ich durch Hülffe der Philosophia meine Natur überwunden / bezwungen und geandert / die Philosophia hat mich gemacht von einem dummen zu einem verständigen und klugen / von einem [30] Lasterhafftigen zu einem Tugendsamen. Mit kurtzen / von einem unvernünfftigen Thier zu einem vernünfftigen Menschen. Diese Socratis Weißheit ist groß und berühmt gewesen / daß auch der Gott Apollo durch seinOraculum gesprochen: Σωκρἀτης ἀνδρῶν σοϕἁτατος. Das ist / Socrates ist der Weiseste unter allen Menschen. Es hat auch Socrates einen Geist gehabt /den er genennet seinen Gott / oder Dæmonium, welcher ihn von allen zukünfftigen Dingen verständiget. Von diesem Deo Socratis haben Plutarchus undApulejus eigene Bücher geschrieben. Sein Ehe-Gemahl hat geheissen Xantippe, ein Ausbund aller bösen Weiber / welche er mit grosser Gedult vertruge. Und hat man niemahls gesehen / daß Socrates seines Angesichts Gebährde / oder seinen standhafftigen Sinn solte verandert haben / was ihm auch für Unglück ist begegnet. Wie er nun alt worden / da ist er fälschlich für den Richtern zu Athen / von zweyen Buben Anito und Melito, welche fürgegeben / Socrates hätte spöttlich und lästerlich von den Göttern geredet / verklaget worden. Da hat man ihm ins Gefängniß einen Becher voll Schierlings-Safft gebracht / auf daß er denselben austrincke und stürbe. Denn solches war der Gebrauch zu Athen. Socrates, ob er wol unschuldig / hat dennoch gedultig und unverdrossen gethan / was man ihm hatte auferleget. Und wie er jetzt entschlaffen solte in den ewigen Schlaff / (denn die Atheniensische Cicuta verursachte in dem Menschen einen Todten-Schlaff.) Da hat er zu seinen Schülern gesprochen die ausbündige Oration von Verachtung des Todes / welche von dem Platone, (der des Socratis Discipel auch war /) und dem Xenophonte ist aufgeschrieben.


[31] Man muß einen Menschen nicht allezeit urtheilen nach der eusserlichen Gestalt des Leibes. Mancher ist schön wie Absolon / aber voller Unwissenheit / Laster und Schande. Hingegen sind viel heßlich vom Leibe / aber vom Gemüthe redlich / gelehrt / und tugendhafft.

19. Mutius Scævola ein behertzter und standhafftiger Held
19. Mutius Scævola ein behertzter und standhafftiger Held.

Zu Rom ist in den alten Zeiten ein Edelmann / mit Nahmen Cajus Mutius gewesen. Wie nun der KönigPorsenna die Stadt hart belagert / ist dieser Mutius allein hinaus gereiset ins Lager der Feinde / des kühnen Fürhabens / den Porsennam ums Leben zu bringen. Weil er aber den König nicht kennete / hat er an der Person gefehlet / und des Königes Schreiber für den König ermordet / darauf ist er gefangen worden /und wie man ihn hat wollen zwingen / daß er anmeldete die andern Verräther / da hat er seine Hand / mit welcher er den Stich gethan / ins Feuer gestecket und verbrennet / sprechende: Diese Hand hat unrecht gethan / und gefehlet / darum soll sie diese Straffe leiden: Und du / O König / solt hieraus sehen / daß ich durch keine Pein oder Straffe kan überwunden werden. Der König Porsenna hat sich verwundert über dieses Mannes Hertzhafftigkeit / ihm das Leben geschencket / und frey und loß von sich gelassen / sagende: Der mir das Leben nehmen wolte / dem habe ich sein Leben gegeben. Weil nun der Mutius seine rechte Hand verbrandt hatte / und sich der Lincken muste gebrauchen / ist er nachmahls genennet worden Scævus, ist eben so viel als Lævus.


Böses zu thun seynd die Menschen vermessen und keck genug / aber sehr träge zum Guten.

20. Marcus Curtius stürtzet sich selber in einen tieffen Schlund
[32] 20. Marcus Curtius stürtzet sich selber in einen tieffen Schlund.

Wie vor vielen Jahren zu Rom die verderbliche Pestilentz hefftig regierte / daß viel tausend Leute wegsturben / und mitten auf dem Marckte das Erdreich geborsten / und eine grosse Klufft darinnen worden war /aus welcher heraus rauchete ein böser stinckender Qualm. Da ist den Römern durch ein Oraculum angezeiget / daß wann ein junger Römischer Edelmann sich darein lebendig stürtzen würde / so würde sich die Höle zuthun / und die gifftige Pest-Seuche aufhören. Da hat sich gefunden ein verwegener junger Gesell / Marcus Curtius, welcher begehret / man solle ihm alles vergönnen / und nach Belieben schalten und walten lassen / so wäre er bereit in das Loch zu springen. Solches ist ihm verwilliget / und nachdem er nun mit Fressen / Sauffen / Spielen und Unzucht eine Zeitlang übel gehauset / ist er zu Pferde gesessen / und hat sich mit vollen Sprüngen in den Abgrund der Hölen hinein gestürtzet. Alsbald hat das Loch sich zugethan / da man ein jämmerliches Heulen vernommen / auch die Pestilentz so bald darauf nachgelassen.


Mancher laufft nach seinem eigenen Verderben / und stürtzt sich ins Unglück / ja gantz in die Hölle.

21. Ritterliche That Horatii Coclitis
21. Ritterliche That Horatii Coclitis.

Billich und hoch ist zu rühmen die Tapfferkeit des fürtrefflichen Heldens Horatii Coclitis, denn wie dieHetrusci die Stadt Rom stürmeten / und bereits an die Brücke / Sublicium genannt / kommen waren / da hat der Horatius den äussersten [33] Theil der Brücken vor eingenommen / seine Person allein den gantzen Hauffen der Feinde aufgehalten / und als ein Held gegen sie gestritten: Also daß unterdessen hinter seinem Rücken die Brücke von den Römern abgebrochen /und dem Feinde der Weg abgeschnitten / in die Stadt zu kommen. Wie er nun gesehen / daß sein Vaterland durch dieses Mittel von der Gefahr entfreyet / ist er gantz gewapnet / wie er war / mit seinem Pferde in den Fluß Tybrim, der durch die Stadt Rom fleusset /gesprungen. Uber welche Tapfferkeit nicht allein die Menschen sich haben verwundert / sondern GOtt hat ihm auch seine Treue vergolten / indem er gesund ohne einigen Schaden durch die Tyber geschwummen / und lebendig davon kommen ist. Das mag wohl heissen: Pugna pro Patria. Durch diese That hat derHoratius Cocles bey den Nachkömmlingen einen ewigen Nahmen und Lob erlanget / der auch nicht wird ausgelöschet werden / so lange die Welt stehet.


Rühmlich ists vor sein Vaterland streiten.

22. Viel Menschen seyn gestorben - nicht vor Leid - sondern vor Freuden
22. Viel Menschen seyn gestorben / nicht vor Leid / sondern vor Freuden.

Ich will euch jetzund zwey Exempel erzehlen derer Leute / die aus unversehener allzugrosser Freude des Todes verfahren seynd / welche Exempla bey demAulo Gellio zu lesen. In der Insul Rhodo wohnete ein gemeiner Bürger Diagoras, der hatte drey Söhne /unter welchen der eine war ein Fechter / der andere ein Ringer / der dritte ein Springer. Auf einen Tag wurden zu Athen angestellet die gebräuchlichen Streite / welche man nennete Olympios [34] ludos, in welchen alle drey Söhne des Diagoræ das beste thäten / und derhalben mit Kräntzen gekrönet wurden. Wie nun diese drey junge Gesellen zu ihrem Vater kamen /demselben um den Halß fielen / ihme auch ihre Kräntze auf sein Haupt setzten / darnebenst das Volck aus Frolocken viel schöne Blumen auf ihn zuwurffe / da ist der Vater mitten auf dem Platz / in Beyseyn und Gegenwart des gantzen Volcks / vor grossen Freuden schleunig gestorben.

Ferner / wie das Römische Volck und das Kriegs-Heer geschlagen ward bey Cannas, da war eine alte Frau zu Rom / der ward angesagt / daß ihr Sohn auch mit umkommen / dahero sie groß Leid getragen / dieses Geschrey aber war falsch / denn nicht lange her nach kam der junge Gesell nach Rom frisch und gesund aus der Schlacht. Die Mutter / wie sie ihres Sohnes also unversehens ansichtig worden / hat sie sich so hertzlich darüber erfreuet / daß sie alsbald todt zur Erden gefallen.

Noch Freude noch Traurigkeit soll man sich gar zu sehr zu Hertzen ziehen. Beydes zu viel ist ungesund.

23. Des grossen Alexandri Leib-Pferd - genannt Bucephalus
23. Des grossen Alexandri Leib-Pferd / genanntBucephalus.

Philonicus aus Thessalia bürtig / hat dem Philippo, König in Macedonien / des grossen Alexandri Vater /ein seltzames Pferd zu kauffe gebracht / dessen Haupt gewesen wie ein Ochse / (daher es Bucephalus genannt) gar böser unbändiger Natur / dafür hat Philonicus ungefehr acht tausend Kronen / oder zwantzig tausend Gülden gefodert. Wie man diß Pferd hat versuchen und bereiten wollen / hat es von keinem [35] Menschen können gehandthieret / vielweniger beritten werden. Dahero der Philippus bewogen / solch Pferd /als ein böses ungezähmtes Thier / abzuschaffen. Wie solches der Alexander gehöret und gesehen / hat er begehret / man möchte es ihm vergönnen / er wolte das Pferd wol zähmen und zwingen. Der Vater / Philippus, hat ihn hierüber hart angeredet / daß er als ein Kind ein so grosses Werck sich unterstünde / welches alte erfahrne Männer nicht hätten verrichten können. Doch wird Alexander endlich seiner Bitte gewähret /da gehet er zum Bucephalo, greifft es beym Zügel /ziehet es herum mit dem Kopffe nach der Sonnen /(denn er vielleicht gemercket / daß das Pferd seinen eignen Schatten nicht leiden könne / sondern sich gleichsam dafür entsetzte:) Redete es auch an mit freundlichen Worten / streichelt es mit der Hand / und lässet mählich seinen Mantel fallen / schwinget sich mit der rechten Hand schnell und gerade auf das Pferd / und hält es fest beym Zügel / ohne schlagen und stossen / biß endlich das Pferd seinen Zorn hat fallen lassen / und zu schnauben und schnarchen aufgehöret / da hat ihm Alexander den Zaum gelassen / und im vollem Lauff zu lauffen vergönnet; Philippus sahe seinem Sohne nach / mit grosser Angst / Furcht und Zittern / als er aber schauete / wie Alexander das Pferd so artig wendete und kehrete / und nun zu ihnen wieder gelauffen kam / auch die umstehenden Leute sich über die massen verwunderten / ist Philippus von grossen Freuden weinend worden / und hat seinen Sohn geküsset / sagende: O hertzlieber Sohn / du magst dir wol ein ander Königreich suchen / denn mein Macedonia ist dir gar zu klein und zu geringe. Auf diesem Pferde hat hernach Alexander allezeit [36] geritten / wie er die Welt unter sich gehabt / wie nunBucephalus endlich von den Indianern in einer Schlacht ist erstochen und gestorben / hat Alexander zu dessen Gedächtniß eine grosse Stadt erbauen lassen / und dieselbe Bucephalon genennet / auch nach des Alexandri Tode ist einer von seinen Fürsten aus Griechenland mit einem Schiffe über die See gefahren / (auf welches Schiff das Haupt Bucephali ist für ein Zeichen gemahlet gewesen) an den Balthischen Ländern angelanget / und hat allda eine Stadt gebauet. Von welchem Ursprung herkommen sind die Fürsten von Mecklenburg / die dahero noch heutiges Tages in ihrem Wappen führen das Haupt Bucephali, oder Büffelkopffes: Von welchem Bucephalo gleicher Gestalt die Stadt Bützow / Bucephalæa, ihren Nahmen hat.


Mit Gewalt will sichs allezeit nicht thun lassen. Man muß offt Glimpff brauchen / wie Alexander an seinemBucephalo.

24. Aus einem Holtz-Träger wird Protagoras ein Philosophus
24. Aus einem Holtz-Träger wird Protagoras ein Philosophus.

Der Protagoras ist in seiner Jugend ein Arbeits-Knecht gewesen / und hat um Lohn gedienet / daß er seine Kost erwürbe / meistentheils aber Holtz auf seinem Rücken getragen. Auf eine Zeit ist er nach der Stadt Abderam (darinnen er zu Hause gehöret) gegangen / auf dem Halse tragende ein groß Bund Holtzes /mit einem Stricke künstlich zusammen gebunden. Da ist ihm der Democritus, aus der Stadt kommende / begegnet / welcher / wie er gesehen / daß er mit einem so unbequemen und schweren Hauffen Holtzes so leicht und gemächlich einher trat / [37] ihn gebeten / er möchte stille stehen / auch gefraget / wer das Holtz auf solche Geometrische Art und Weise zusammen gebunden? Darauf Protagoras antwortet: Er hätte es selber gethan. Da hat Democritus ihn gebeten / er wolte es auflösen / und es wieder zusammen binden /daß er es selber sehe. Als nun Protagoras solches gethan / hat Democritus gesaget: Lieber junger Geselle /weil du einen guten Verstand hast etwas zu verrichten / so komme mit mir / du must zu höhern und grössern Sachen gebrauchet werden: Hat ihn hiemit in sein Hauß geführet / ihm alle Nothdurfft gegeben / und ihn in der Philosophia unterwiesen. Also ist Protagoras vom Holtz-Träger ein solcher berühmter Philosophus worden / daß auch Plato einem seiner Dialogen den Titul gegeben / Protagoras.


Hieraus ersehen wir / daß offtmals stattliche Ingenia gefunden werden / auch bey Leuten geringes Standes. Und hat Terentius recht geredet: Ut sæpe summa ingenia in oculto latent.

25. Vom Könige Mithridate
25. Vom Könige Mithridate.

Mithridates ist ein König in Ponto gewesen / so mächtig / daß er geherrschet über zwey und zwantzig Königreiche / darneben von so trefflichen Gedächtniß / daß er hat 22. Sprachen reden / und allen seinen Unterthanen das Recht / in ihrer eigenen Sprache / ohne Dolmetscher sprechen können. Er hat auch nicht allein selber viel herrliche Medicamenta erfunden / besondern durch täglichen Gebrauch derselbigen so viel zu wege gebracht an seinem Leibe / daß kein Gifft /wie starck auch solches mag gewesen seyn / ihm hat schaden können. Endlich ist er von dem Pompejo im Römischen Kriege überwunden / und von seinem eigenen Sohne Pharnace in einem Thurm / (darein er geflohen /) belagert [38] worden / und weil er seines Lebens satt gewesen / hat er einen Becher voll starckes Giffts getruncken / hoffend / er würde davon sterben /das Gifft aber hat ihm nichts thun wollen. Also hat er einem seiner Knechte befohlen / er solte ihn tödten. Der Knecht / wie er solches hat thun wollen / ist durch des Mithridatis Königl. Gestalt also erschrocken / daß er den Stich nicht hat vollbringen können. Darauff Mithridates selbst sein Schwerdt zur Hand genommen / und sich durchstochen.


Hier siehestu was Artzeney vermag. Siehest aber auch was Verzweiffelung thut.

26. Von Monima, des Königs Mithridatis Ehe-Gemahl
26. Von Monima, des Königs Mithridatis Ehe-Gemahl.

Nachdem nun der Mithridates von den Römern also überwunden worden / und die Königin Monima vergewissert / daß ihr Herr und Gemahl schon gestorben / hat sie den Königlichen Zierath von ihrem Haupte gerissen / denselben um ihren Hals gebunden / und sich daran erhenckt / wie aber dieses Band / wegen ihrer Leibes-Schwere / zerrissen / und sie auf die Erde gefallen / hat sie aus Unmuth und Zorn gesaget: O du verfluchtes Diadema, du wilt mir auch nicht einmal zu diesem traurigen Dienste behülfflich und nützlich seyn / das sprechende / hat sie das Band auf die Erde geworffen / darauf gespyhen und mit Füssen getreten /zuletzt ihrer Kammer-Diener einem den Hals hingereichet / der hat ihr das Schwerdt durch die Gurgel gestochen. Seynd also diese beyde / Mithridates undMonima, elendiglich gestorben.


Je höher Person / je grösser Unglück und Fall.

27. Des grausamen Tyrannen Neronis Leben und Tod
27. Des grausamen Tyrannen Neronis Leben und Tod.

[39] Nero ist gewesen einer von den grausamsten und erschrecklichsten Menschen / so jemahls auf der Welt gelebet. Wie er anfänglich ist Käyser worden zu Rom / hat er sich gar fromm und weise angestellet; Auch also / daß / als er einen Brieff / durch welchen ein Mensch solte zum Tod verurtheilet werden / unterschreiben sollen / er gesaget hat: O wolte GOtt / ich könte keinen Buchstaben lesen oder schreiben! Aber bald darnach hat er seine schreckliche Thaten und abscheuliches Leben angefangen. Denn er hat seine beyde Frauen / Octaviam und Poppæam, greulich ermorden lassen / wie dann auch seinen Bruder Britannicum, seine Mutter Lepidam, und unzehlich viel andere fürnehme Manns- und Weibs-Personen. Er hat St. Petrum creutzigen / und St. Paulum enthaupten lassen. Hieran war es nicht genug: Er ließ auch durch Gifft ermorden (1) seinen eigenen Stieff-Vater Claudium, der Käyser für ihm war: (2) Seine eigene Mutter Agrippinam, (3) und seinen Præceptorem Annæum Senecam.

(1) Seinem Vater gab er zu fressen etliche gifftige Schwämme / davon er starb.

(2) Seine Mutter Agrippinam jagte er elendiglich aus ihrem Pallast: Reitzte etliche böse Buben auf / die sie musten mit Worten und Wercken sehr ängsten; Dreymal brachte er ihr Gifft bey / sie zu tödten; welches doch nicht wircken wolte / weil sie ihren Leib mit Artzneyen kräfftiglich verwahret hatte. Als er sahe / daß ihm dieses nicht angienge / da hat er den Boden der Stuben / darinnen sie schlieff / also zurichten lassen / daß er ihr im Schlaffe auf den Halß fallen / und sie also zu tod schlagen solte. Solches ist ihr heimlich [40] offenbahret. Da hat er ferner ein Schifflein zurichten lassen / also / daß wanns mitten aufs Wasser käme /es sich von einander thäte / und die Mutter ins Wasser fiele und ersöffe. Die Mutter hat zwar müssen darein steigen / und aufs Meer fahren / ist aber / weil das Schiff gebrochen / davon geschwummen / und ans Land kommen. Wie Nero die Zeitung / daß seine Mutter wäre beym Leben erhalten / erfahren / da hat er mit seiner eigenen Hand und Dolch den Boten erstochen. Endlich hat er etliche verwegene Bursche hingesandt / die haben ihr das Hertze abstechen müssen / wie das geschehen / hat er sie lassen todt für sich bringen / ihren Leib entblössen / alle ihre Gliedmassen nach einander besehen / und unterdessen offt getruncken / und schrecklicher Läster-Worte sich verlauten lassen.

(3) Mit seinem Præceptore, dem Seneca, hat ers also gemacht. Er hat zu ihm geschicket etliche Diener / die ihn anmelden solten / daß er sterben müste. Seneca saß eben mit seiner Haußfrauen / und aß. Als seine Frau solches gehöret / hat sie ihren Mann nicht allein wollen sterben lassen / sondern so viel Bitte erhalten / daß sie möchte mit umgebracht werden. Da seyn alsbald Senecæ und seiner Frauen die Adern an beyden Armen aufgehauen worden; Und weil Seneca alt / mager und schwach war / hat das Blut nicht häuffig fliessen wollen / da hat man ihn auch zerschnitten die Adern an den Beinen und Füssen. Wie aber nichts destoweniger wenig Blut heraus lieffe / hat er seinen getreuen Freund / den Statium gebeten / er möchte ihm das schon vorlängst zugerichtete Gifft herlangen /auf daß er nicht länger gequälet würde. Das hat er ausgetruncken / so aber nicht würcken wollen: [41] Zuletzt ist Seneca in ein Bad gangen / durch dessen Qualm und Wärme das übrige Blut vollends heraus gelauffen / daß er also ohne einige Schmertzen gestorben; DesSenecæ Frau aber hat der Nero die Adern wiederum zubinden lassen / auf daß sie für dißmal noch lebendig bliebe / und hernach desto besser möchte geplaget werden. Es hat daneben Nero sein eigen Vaterland /die Stadt Rom / an unterschiedlichen Orten mit Feuer anstecken lassen / dadurch sie meistentheils verbrandt / und wie die Flamme am allergrössesten / hat er gefrolocket / und sich belustiget / sagende: Er sehe jetzund die andere Stadt Troja im Feuer stehen. Dieses Feuer ist sehr schrecklich gewesen / und hat gewähret sechs Tage lang / und sieben Nächte / dadurch die allerbesten Gebäude der Stadt weggenommen.

Ferner / also prächtig hat sich dieser Nero gehalten / daß er sein Lebenlang ein Kleid nicht mehr als zweymal angezogen. Seine Pferde und Maul-Esel haben alle silberne und güldene Huf-Eisen gehabt /und er ist niemahls mit weniger als tausend Kutschen gereiset. Er hat gefischet mit Netzen von Gold und Purpur gemacht. Er hat Comödien spielen lassen /darinnen auff das Theatrum gemacht und gebracht worden grosse See von Wasser / in denen Wallfische gangen / und Schlachten mit Schiffen gehalten worden. Mit diesem Wesen hat er alle seine und des Römischen Reichs Schätze ausgeschöpffet / daß er nachmals wenig übrig behalten. Wie er nun lange genug gewütet und getobet / hat ihn der Rath zu Rom wollen umbringen lassen / er aber hat sich mit seines eigenen Dieners Spieß selbst erstochen / in Jahr seines Alters 33. nach [42] Christi Geburt 68. Unter ihm ist gewesen die erste Verfolgung der Christen.

Wer übel thut / bekommet endlich seinen Lohn. Wenig Tyrannen sterben natürlichen Todes.

28. Des gelehrten Eulen-Spiegels Diogenis Leben und Thaten
28. Des gelehrten Eulen-Spiegels Diogenis Leben und Thaten.

Der Diogenes ist zwar gewesen ein berühmter Philosophus, aber daneben ein wunderlicher und lächerlicher Mann / von närrischen Anschlägen / wie aus folgenden Geschichten zu ersehen:

1. Der grosse Alexander / wie er zu Corintho war /und jederman ihm Glück wünschete / zum Theil / weil er den Krieg mit den Persern wolte angehen / vermeynet er / Diogenes würde auch zu ihm kommen / da er aber sahe / daß Diogenes ausbliebe / gieng Alexander selbst zu ihm / und fand ihm in der Vorstadt liegen lang ausgestrecket in der Sonnen. Diogenes, ob er wol den Alexandrum sahe und kannte / bekümmerte er sich doch weder um ihn / noch um seine bey sich habende Gesellschafft. Alexander grüssete ihn freundlich / und fragte / ob er nicht etwas bedürffte? Er solte es nur kühnlich fordern: Da antwortete Diogenes und sprach: Ja / das nemlich begehre ich / daß du mir aus der Sonnen weichest / und beyseit gehest / auf daß mich die Sonne recht möge anscheinen. Alexander lachte / und gieng davon / sprechende zu seinen Gefährten: wenn ich nicht wäre Alexander / so wolte ichDiogenes gerne seyn. 2. Auf eine Zeit gieng Diogenes auf dem Marckte zu Corintho spatzieren im Mittage /und hatte ein Stück Brods und Käse in der Hand /davon aß er öffentlich. Wie er nun gefraget ward /warum er [43] auf dem Marckte esse / und nicht zu Hause? Antwortete er: Darum esse ich auf dem Marckt / dieweil mich auf dem Marckte hungert. 3. Wie er zu Athen war / nahm er einsmals eine Leuchte mit brennendem Lichte / und gieng am hellen Mittag auf den Marckt / wie er aber gefraget ward / was er thäte /sprach er: Ich suche Menschen. 4. Er wohnete allezeit in einem Wein-Faß / das war sein Hauß: Und wie die Stadt hart belägert war / und alle Bürger sehr geschäfftig dem Feind abzuwehren / da nahm er sein Weinfaß / weltzete das die Gasse auf und nieder / sagende: Nun jeder man bemühet ist / muß Diogenes nicht allein müssig und stille seyn. 5. Wann Diogenes gesehen / daß man die verstorbene Menschen in die Erde vergraben / hat er zu seinen Schülern gesagt / sie solten ihn / wann er todt wäre / unbegraben liegen lassen; Denn / sprach er: Ich werde die herrliche Brgräbniß bekommen / welche mir die Zeit geben wird / und wird mein Leib von den zweyen edelsten Dingen verzehret werden / nemlich von der Sonnen und dem Regen. Seine Zuhörer aber warffen ihn für / daß er vielleicht von den Thieren würde aufgefressen werden / welches abscheulich / da hat er geantwortet / sie solten ihm einen Stecken in die Hand thun / damit wolte er die Thiere und Vögel wegtreiben; Hierauf antworteten seine Zuhörer / wenn er todt wäre / so würde er nichts mehr fühlen / noch sehen / wie er denn könte die Thiere von sich treiben? Da sprach Diogenes: Ihr Narren / weil ich nichts mehr fühle oder sehe / oder nichts vernehme / wann ich gestorben bin / was ist mir dann daran gelegen / wo ich liege / oder wer mich verzehret. Ferner fragten seine Zuhörer: Ja / wer wird dich denn todt aus dem [44] Hause tragen? Angesehen du keine Magd / noch sonst einen Menschen bey dir hast / sprach Diogenes: Derselbe wird mich aus dem Hause tragen / welcher meines Hauses bedürffen wird. 6. Wie er diesen Discurs mit seinen Discipeln gehalten hatte / lieff er gantz nackend in den Schnee /und weltzte sich darinn / seine Schüler fragten ihn /ob ihn nicht friere; Da fragte er sie wiederum: Ob die Stirn ans Menschen Angesicht auch friere? Wie sie antworteten / nein: Da hat er gesagt: Ey so verwundert euch nicht / daß mich nicht freuret: Denn ich bin über meinem gantzen Leibe nicht anders / als eine Stirn. 7. Aus dem Schnee gieng er alsbald ins Bad / und badete auf denselbigen Tag zweymal. Da fragten ihn seine Schüler / warum er das thäte / und zweymal badete? Antwortet er: Darum / daß es mir nicht gelegen ist /dreymal zu baden. 8. Wie er gefraget ward / welche Zeit man essen solte? sagte er: Ein Reicher esse /wann er will / ein Armer / wann er etwas hat. 9. WieDiogenes auf einmal von einem Bürger ward ins Hauß geführet / das überaus zierlich geschmücket und auch auf der Erden mit Tapecerey bedecket war / und man dem Diogeni verbot er solte nicht ausspeyen / da hat er einen Hauffen Speichel in den Mund gesammlet / und es dem Wirthe des Hauses ins Angesicht gespeyet / sagende: Er sehe keinen schlimmern Ort im gantzen Hause da er seinen Speichel hinwerffen könte. 10. Er hatte allezeit eine höltzerne Schale /daraus er tranck und aß / wie er nun einmal sahe einen armen Jungen mit der Hand Wasser schöpffen / und aus der Hand trincken / hat er seine höltzerne Schale weggeworffen / und gesaget: Bin ich nicht ein Narr /daß ich fremder Dinge gebrauche [45] / da mir doch die Natur gegeben hat / was mir nöthig ist. 11. Ein übel berüchteter Mann hat auf sein Haus schreiben lassen: In diß Hauß komme nichts Böses. Da hat Diogenes (wie er das gelesen) überlaut geruffen? Wo nichts Böses soll durch die Thür ins Haus gehen / wo soll denn der Wirth hinein kommen? 12. Wann andere Leute die wolriechende Salben auf ihre Häupter schmiereten / so schmierete sie Diogenes auf die Füsse / und sagte: Der Geruch der Salben steigt vom Haupt in die Höhe / und kömmt dem Menschen nicht zu Nutze / aber von den Füssen steiget er nach dem Haupt und der Nasen / daß man seiner geniessen kan. 13. Auf einmal saß er und aß Käse und Brodt in seinem Weinfasse / da kamen die Mäußlein zu ihm gelauffen / und assen die abgefallenen Brocken. Darüber ward Diogenes lachend / und sprach: siehe da! DerDiogenes ernehret auch seine Mund-Diener und Schmeichler. 14. Der Plato hatte in seiner Academia einen Menschen also beschrieben / daß er wäre ein zweyfüßiges Thier ohne Federn. Da nahm Diogenes einen lebendigen Hahn / pflückete demselben alle Federn aus / daß er gantz kahl ward / setzte ihn in desPlatonis Academien / und ließ ihn lauffen / schrie überlaut: Sehet da einen Platonischen Menschen. 15. Der König Perdiccas ließ ihm drohen / wo er nicht zu ihm käme / wolte er ihn tödten. Ey / sprach Diogenes, welch eine grosse That würdestu thun. Kan solches doch auch wol thun das kleineste Thierlein Phalangium, oder Scorpion. 16. Er sahe auf eines reichen Schlemmers Hause geschrieben stehen: Diß Hauß ist zu verkauffen. Da sprach Diogenes: Sagte ich es nicht / daß diß Haus würde seinen Herrn ausspeyen? 17. Er ward von den [46] Sinopensibus aus der Stadt verjagt: Da sprach einer zu Diogene, die Sinopæi haben dich verdammet zum weggehen. Antwortete Diogenes: Und ich habe die Sinopæos verdammet zu bleiben / oder daß sie in ihrer Stadt bleiben sollen. 18. Als er einen Durchbringer auf den Abend Oliven und Brod essen sahe / sprach er: Hättestu also allezeit zu Mittage gessen / so würdest du also nicht zu Abend essen. 19. Er sahe / daß sich zwey Weiber an einen Oelbaum erhencket hatten / da sprach er: O wolte GOtt / daß alle Bäume solche Früchte trügen! 20. Wie er gefragt ward von einem / was wiltu Diogenes, daß ich dir eine Ohrfeige gebe? Antwortet er: Einen eisern Helm / so fühle ich die Schläge destoweniger. 21. Auf eine Zeit sahe er / daß ein junger Gesell sich sehr schmückete / und die Haare kräusete / zu dem sagte er: Schmückest du dich für die Männer? Das ist nur vergebens: Für die Weiber? Das ist dir keine Ehre / sondern eine Schande. 22. Wie er gefraget ward /was er für Wein am liebsten trüncke? Antwortete er: Den / welcher mich nichts kostet. 23. Sein Knecht /der Manes, war ihn entlauffen; Da vermahneten ihn die Leute / er solte ihn wieder suchen / das ist seltzam / sprach er: Weil Manes leben kan ohne dem Diogene, und Diogenes nicht leben solte ohne dem Mane. 24. Als er in die Stadt Mindum kam / und sahe / daß das Thor gar groß / die Stadt aber nur klein war / rieff er: Ihr Leute aus Mindo, thut euer Thor zu / auf daß eure Stadt nicht hinaus lauffe. 23. Er sahe einmal ein Huren-Kind mit Steinen werffen unter einen Hauffen Volcks / da sprach Diogenes: Siehe zu / O Junge /daß du nicht deinen Vater treffest. 26. Er pflegete zu sagen / daß unter allen Narren die [47] grössesten wären diese folgende: Erstlich die Grammatici, denn die erforscheten / wie viel Unglück der Ulysses gelitten hätte / und ihr eigenes wüsten sie nicht. Darnach die Musici, denn sie stelleten die Seiten auf ihren Instrumenten / aber die Seiten ihres Gemüths liessen sie übel gestellet. Ferner die Astronomi, denn sie wolten wissen / was im Himmel geschehe / und wüsten nicht / was ihnen vor den Füssen läge. Item die Oratores, denn sie redeten viel von der Gerechtigkeit / lebeten aber sehr übel. 27. Als er nun gar alt war / und man ihm sagte: Er solte nunmehr aufhören zu arbeiten /sprach er: Ihr Narren / wenn ich mit einem in den Schrancken liefe / und wäre bald zum Ende kommen /solte ich denn aufhören zu lauffen?

Weise und kluge Leute thun auch offtmals närrische Thaten.

29. Alexander ist kranck - und wird von seinem Medico Philippo curiret
29. Alexander ist kranck / und wird von seinemMedico Philippo curiret.

Zu der Zeit / als der grosse Alexander mit dem mächtigen Könige Dario wolte eine Schlacht halten / trug es sich zu / daß Alexander gefährlich / ja tödtlich kranck ward. Nun hatte er einen getreuen / wohlerfahrnen Artz bey sich / den Philippum, dem Alexander viel zu trauen pflegte. Derselbe / wie er sahe die grosse Gefahr / darinnen sein Herr schwebete / ward Raths / das äusserste zu versuchen / damit er ihn nur möchte beym Leben erhalten. Verfertigte derhalben ein Medicament, und brachte solches in einem Becher dem Alexandro, ihn vermahnend / er wolte das getrost austrincken: Wie nun dieser Philippus mit seiner Artzney vor Alexandri Bette stehet / siehe / da kömmt dem Alexandro ein Schreiben von dem Parmenione, (einem [48] geheimen Rathe und ausbündigem Freunde des Alexandri,) dieses Inhalts: Alexander solte sich hüten für des Philippi Artzney / denn er wäre vomDario mit Gelde dazu gekaufft / daß er ihm mit Gifft vergeben solte. Diesen Brieff laß Alexander, und hielt ihn so lange bey sich unter dem Bette / biß daß es Zeit war die Artzney zu trincken. Da nahm er mit seiner einen Hand den Becher von dem Philippo, und mit der andern Hand gab er ihm des Parmenionis Schreiben / und satzte zur Stund den Becher an den Mund /und tranck die Artzney aus. Unterdessen laß Philippus den Brieff. Das war ein Wunder anzusehen / wie der eine (Alexander) im Trincken den Philippum anschauete / nicht mit zornigen Augen / oder als einer /der sich fürchtete / sondern mit frischen behertzten Geberden / sich verlassend und trauend auf seinenMedicum: Und aber wie der andere (Philippus) die Hände gen Himmel schlug / sich beklagend über die Falschheit des Parmenionis; Kürtzlich davon zu reden: Als das Medicament anfieng zu wircken / da fiel Alexander in eine Ohnmacht / daß die Umstehenden auch nicht anders meyneten / er würde sterben. Aber die Natur überwand / und ward Alexander durch Krafft und Tugend der Artzney / und durch seines treuen Medici Hülffe / innerhalb wenig Tagen wiederum gesund. Zog hierauf dem Dario entgegen / welcher bey sich hatte sechsmal hundert tausend Mann /und überwand denselben.


Ein getreuer und frommer Medicus ist Goldes werth. Wohl dem Patienten / der einen solchen überkömmet. Verläumder finden sich in allen Ständen / aber man muß nicht bald gläuben / wann dieser oder jener saget /vornemlich / wenn man eines Menschen Hertz und Gemüth selbst weiß und kennet.

30. Wie der Heliogabalus sich zu seinem Tode bereitet
[49] 30. Wie der Heliogabalus sich zu seinem Tode bereitet.

Dem grausamen Tyrannen Heliogabalo ward es propheceyet von einem Priester aus Syria, daß er solte eines gewaltsamen und unnatürlichen Todes sterben. Da hat er sich unternommen / auf solchen Fall / doch nicht anders als Königlich / zu sterben. Derowegen hat er ihm lassen verfertigen etliche Stricke von Seiden / Gold und Scharlacken gewircket / daß / wann er ja hencken solte / er zierlich und prächtig henckete. Hat auch starcken Gifft zugerichtet / und in güldene /Hyacinthine / Chrystalline Becher gegossen / und also verwahret / auf daß / wann es nöthig wäre / er aus Königlichen Geschirre den Tod trincken könte. Er hat ferner einen hohen Thurn stattlich erbauen lassen /und unten auf die Erde güldene und mit Edelgesteinen gestickte Tapeten hingestrecket und geleget / auf daß /wann er sich solte herunter stürtzen / und den Hals brechen / er zierlich und köstlich zu liegen käme. In Summa / er hat gesaget / sein Tod müste auch köstlich und theuer seyn. Aber was geschicht? Es kommen bey Nachtzeiten unversehens zu ihm etliche leichtfertige Lotterbuben / ermorden ihn jämmerlich / weltzen ihn in seinem eigenen Blut / binden ihm einen Strick um den Hals und schleppen ihn durch die Gassen /und allen Unflath: Ja endlich durch die Cloacken und heimliche Gemächer / und werffen ihn letzlich in die Tyber. Also gebühret zu sterben einem solchen schändlichen Tyrannen.


Daß man sterben muß / ist gewiß. Wie aber und auf was Art man werde sterben / weiß kein Mensch zuvor. Der auch im Tode gedencket seine Hoffart zu treiben / ist ein Narr. Denn es wiederfähret ihm selten / und ist ihm nichts damit gedienet.

31. Milo und Titormus, zween der stärckesten Männer
[50] 31. Milo und Titormus, zween der stärckesten Männer.

Milo Crotoniates ist ein starcker Mann gewesen / der seines gleichen zu seiner Zeit wenig gehabt. Wann er ist gestanden mit blossen Füssen auf einem Tische mit Oel bestrichen / hat ihn kein Mensch von der Stelle können abziehen. Er hat einen gantzen Ochsen /ohne Odemholen / über 125. Schritt tragen / und ihm hernach mit einer Faust zu todt schlagen können /auch denselben gantz in einem Tage aufgefressen. Er band um sein Haupt eine dicke Seene oder Strick /und hielt den Odem steiff ein / biß daß die Adern des Haupts voll Geblüts wurden / und aufschwollen / also zerriß er den Strick ohne Zuthun der Hände. Er streckete seine platte Hand aus / und hielte die Finger so fest zusammen / daß ihm kein Mensch den kleinesten Finger von den andern abbringen konte. Mit diesemMilone hat auf eine Zeit gestritten ein Küh-Hirt / Titormus genannt / also und dergestalt: Titormus hat einen grossen sehr schweren Stein mit seinen beyden Händen erstlich an sich gezogen / und hernach wieder hingeleget. Solches hat er zwey / dreymal gethan. Darnach hat er denselben aufgehoben biß zu den Knien. Endlich hat er ihn auf die Schulter genommen / und eine halbe Meile getragen: Welchen Stein der Milo nicht hat regen / noch von der Stätte bringen können. Darauf ist er / der Titormus zu seiner Heerde gegangen / und hat den grössesten und stärckesten Stier bey einem Fuß ergriffen / so fest / daß / ob er schon hat gerne lauffen wollen / er sich doch nicht hat regen können. Wie dieses Milo gesehen / hat er laut geruffen: [51] O Jupiter! Hastu uns irgend einen andernHerculem zugesandt? Milo aber / wie er alt worden /hat wollen einen grossen Eichen-Baum voneinander reissen; Ist aber / weil ihm die vorige Stärcke und Kräffte vergangen / mit den Händen in der Spalte stecken blieben / und von den Wölffen aufgefressen worden.


Es ist keiner so vollkommen / er findet seinen Meister. Die besten Schwimmer ersauffen am ersten. Die Stärcksten werden am meisten erschlagen.

32. Von der köstlichen Mahlzeit des Antonii und Cleopatræ
32. Von der köstlichen Mahlzeit des Antonii und Cleopatræ, darinnen Cleopatra eine theure Perle aufgegessen.

Cleopatra, Königin in Egypten / hat in ihrem Besitz gehabt / und an ihren Ohren getragen zwo Perlen / die grössesten / so jemals von Menschen gesehen worden / welche ihr hinterlassen von ihren Vorfahren / den Königen in Egypten. Nun hat der Antonius Cleopatræ Mann / alle Tage aus der massen köstlich gespeiset / und in der Uppigkeit gelebet / also / daß er auch auf einmal die Cleopatram gefraget / ob auch einiger König theuerbahrer und prächtiger Panquet jemals gehalten / oder noch halten könte? Cleopatra hat denAntonium ausgelachet und gesaget: Sie wolte auf ein Abend-Essen spendiren und verzehren / (sie alleine) fünffmal hundert tausend Gülden. Antonius begehrte solches zu sehen; Gläubete aber nicht / daß es geschehen könte. Sie haben zusammen gewettet / und das Urtheil einem / mit Nahmen Lucio Plancio, übergeben und anbefohlen. Des andern Tages ladet die Cleopatra den Antonium zu Gaste / setzet ihm erstlich etliche / aber nur geringe Essen für. Darüber der Antonius gespottet / und gefraget: Wie sie [52] wolte mit der Rechnung zurechte kommen? Cleopatra ist auf ihrer Rede beständig blieben / und ihn vergewissert / sie wolte in derselben Mahlzeit so viel Goldes werth /nemlich fünffmal hundert tausend Gülden verzehren. Hierauf hat sie den Dienern anbefohlen, ein kleines Fäßlein mit Eßig zu bringen; Da hat sie eine von den grossen theuerbaren Perlen aus dem Ohre gerissen /und in den Eßig geworffen / welche auch alsbald darinn verschmoltzen: Denselben Eßig mit der Perle hat sie ausgetruncken: Alsbald die Hand auch an die andere Perle geleget / und die gleicher massen wollen herunter reissen. Da ist der Lucius Plancius eilends hinzu getreten / und ihr die Hand begriffen / und ein Urtheil gefället / Cleopatra hätte gewonnen / und Antonius verlohren. Hat also die Cleopatra das eine Wunderwerck der Natur aufgeschlucket. Das andere der Plancius gerettet.


Was thut Ubermuth nicht: Und was jaget der Mensch nicht durch den Hals? Aber gemeiniglich mit seinem eigenen Schaden / wie der Cleopatræ und Antonio geschehen.

33. Von den Schlangen-Vertreibern Psyllis
33. Von den Schlangen-Vertreibern Psyllis, und dem Untergang Cleopatræ und Antonii.

Von den Völckern Psyllis thut Plinius Meldung / daß dieselbe in Africa gewohnet / und eine sonderliche Art und natürliche Eigenschafft gehabt / die Ottern oder Schlangen zu vertreiben mit ihrer Gegenwart / Speichel / Odem / Anrühren / dadurch sie denselben alle Krafft / Gifft und Schädlichkeit benommen. Dannenhero Plutarchus Meldung thut / daß der Cato allezeitPsyllos um und bey sich gehabt in seinen Kriegs-Zügen / welche ihn kunten für den gifftigen Schlangen versichern / und wann er vielleicht [53] gebissen würde /wiederum heilen. Hieher gehöret / was Suetonius schreibt vom Octavio Augusto. Nachdem die Cleopatra den Antonium mit freundlichen Worten überredet / daß er sein Ehe-Gemahl / des Augusti Schwester /von sich gestossen / und sie (die Cleopatram) wiederum zum Weibe genommen / hat der Augustus (hierdurch sehr erzürnet) mit einer Kriegs-Macht den Antonium überzogen / und in einer Schlacht bey Actio ihn mit seinem Kriegs-Heer erleget. Als dieses Cleopatra gesehen / hat sie ihr selbst an beyde Brüste zwo grosse Ottern geleget / damit sie durch derselben Gifft möchte getödtet werden. Augustus aber / weil er gern hätte die Cleopatram zum Spectacul lebendig mit sich nach Rom geführet / und sie biß zu seinem Triumph behalten / hat etlichen Psyllis befohlen / ihr die Brüste auszusaugen / ob sie vielleicht könten den Gifft heraus ziehen. Solches aber ist zu spätgewesen. Denn das Gifft ist schon zum Hertzen gestiegen / darauf sie alsbald Todes verblichen.


Viel Heimlichkeiten seynd in der Natur verborgen /derer Ursachen kein Mensch wissen noch erforschen kan / wie an den Psyllis zu sehen.

34. Was der Labyrinth für ein Gebäu gewesen
34. Was der Labyrinth für ein Gebäu gewesen /zugleich die Historia Thesei und Ariadnes.

Dædalus ist ein sehr künstlicher Meister und Arbeiter gewesen / welcher / wie er vom Könige Minoë gefangen gehalten ward in der Insul Creta, allda gebauet hat einen wunderbaren Irrgang / Labyrinthum geheissen / der mit so vielen krummen Gängen ist unterschieden gewesen / daß kein Mensch / der einmahl hinein gegangen / sich hat wiederum heraus [54] finden und kommen können. Mitten in dem Labyrintho war ein schreckliches Wunderthier / halb ein Ochse / halb ein Mensch / Minotaurus geheissen / welchen die Poeten nennen Semibovemque virum, semivirumque bovem. Dieser Minotaurus hat alle, so hinein gekommen / aufgefressen. Endlich ist auch Theseus ein hübscher junger Geselle zum Labyrintho geschicket: Denselben hat die Jungfrau Ariadne, des Königs inCreta Tochter lieb gewonnen / und ihm einen Rath gegeben / wie er soll sicher in den Labyrinth, und auch wieder heraus gehen. Ja auch das Monstrum gar tödten: Nemlich / er solte einen langen Faden nehmen / und davon ein Ende an die Thür oder Eingang desLabyrinthi fest anbinden: Mit den andern Faden solte er durch alle Gänge des Labyrinthi gehen / biß er zum Minotauro käme, dem solte er etliche Küchlein von Pech und andern Sachen gemacht / vorwerffen. Wann er die würde aufgefressen haben / so würde er alsbald sterben. Damit er nun könte wieder heraus kommen /so solte er seinen Faden folgen / der würde ihn wiederum geleiten biß an die Thür. Solches hat der Theseus gethan: Ist also der Gefahr entrunnen. Von diesem Labyrintho seynd hernachmals alle schwere /verworrene Sachen Labyrinthi genennet / und das Sprichwort / in Labyrinthum incidere, ist zu verstehen von dem / der in unrichtige und verworrene Sachen sich vertieffet / oder hinein stürtzet. Gleicher Gestalt wird das Sprichwort filum Ariadnæum gebraucht für ein Ding / welches uns nützlich ist zu helffen und zu entfreyen / aus schweren und verworrenen Händeln. Also ist die Logica ein filum Ariadnæum, dadurch [55] wir uns können auswickeln aus irrigen und verführenden Reden und Discursen / wie dieser Vers anzeiget:


Filo Adriadnæo nisi te Dialectica ducat;
Ex Labyrintheis non potes ire plagis.

Man kan auch den Labyrinth auf das Menschliche Leben / und dessen Zustand deuten und ziehen. Denn dasselbe ist ein rechter Sünden-Labyrinth / in welchem lieget der höllische Minotaurus des Teuffel: Von dessen Gewalt wir werden erlöset / wenn wir alsobald im Eingang unsers Lebens vermählet werden durch die H. Tauffe Christo JEsu / welcher uns giebet den Faden seines Heil. Worts und des wahren Glaubens /Krafft dessen wir können durch Tod und Leben in den Himmel hinein dringen.

35. Etliche wunderbare Arten von Menschen
35. Etliche wunderbare Arten von Menschen.

Aulus Gellius meldet aus den alten Scribenten / daß die Scythæ, Völcker nach dem Norden hin wohnende / eben also Menschen-Fleisch essen / als wir Ochsen-Fleisch: Ja wol offtmahls rohe / ohngesotten: Daher sie genennet werden ἀνϑρωπὁφαγοι: das ist / Menschen-Fresser. Solches thun auch heut zu Tage der Americaner etliche / welche kein bessers Wildpret haben / als Menschen-Fleisch. Ferner / schreibet er /sollen daselbst in Scythia Menschen seyn / die nur ein Auge haben fornen an der Stirne / gleichwie Homerus erinnert / daß die Cycoples solche gewesen. Diese einäugige Leute heissen Arimaspi. Noch andere / sagt man / seyn daselbst / welche nur einen grossen Plat-Fuß haben: Andere / welche zwar zwey Füsse haben /aber hinter sich nach dem Rücken gekehret / gleich als unsere Füsse voran stehen. Diese Leute sollen gewaltig [56] schnell und fertig lauffen können. Dabeneben sollen auch andere Menschen seyn ohne Köpffe / die in der Brust Augen und Nasen haben / aber keinen Mund / ἄςομοι genannt / welche nur vom Winde leben. Andere / welche nicht grösser als eine Spann hoch seyn / den jährigen Kindern gleich / Pignæi genannt: Die sollen einen ewigen Krieg führen mit den Kranichen. Andere / die so groß seyn / als halbe Thürne / zweymal höher als die Männer dieses Landes. Letzlich sollen auch Weiber seyn / die durch ihr bloß Anschauen / nur mit den Augen die Leute tödten / vergifften / und um die Gesundheit bringen. Diese sollen in jeglichen Auge zwey Sünen oder Aug-Aepffel haben. Dieses alles wird zwar von den Historicis erzehlet / ist aber eitel Fabelwerck: Denn solche Leute nirgend auf der Welt zu finden / noch zu sehen seynd /ob schon zu dieser Zeit der gantze Erdkreiß ist besuchet / und also durchwandert von den Schiffern / daß kein Ort / da sie nicht solten gewesen seyn: Ausgenommen die Riesen oder grossen Leute / die seynd häuffig zu finden in Chili, einer Provintz Americæ: Item ausgenommen die Zäuberinnen / welche mit ihrem Gesichte die jungen Kinder vergifften / welches geschicht durch einen bösen Qualm / und schädliche Lufft / so aus ihrem Munde / Nasen / Augen und gantzem Leibe gehet: Davon der Poet Virgilius schreibet:


Nescio quis teneros oculus mihi fascinet agnos.


Es ist nicht ohne / man findet wunderliche Art Menschen / als wilde und zahme / schwartze und weisse / gar lange und hingegen ganz kurtze: Zu geschweigen der grossen Mißgeburten, die öffters an diese Welt kommen. Aber man muß wohl zusehen / was und wem man hierinn glaubet und trauet.

36. Grosse Treue zwischen einem Löwen und Androclo
[57] 36. Grosse Treue zwischen einem Löwen undAndroclo.

Zu Rom ist vorzeiten ein Gebrauch gewesen / daß man in einem Circo hat beschlossen etliche Menschen / die den Tod verwircket: Und zu denselben als zu einen Spectacul und Schauspiel hinein gelassen grausame Thiere / als Löwen / Bären / Uhr-Ochsen /Hunde / und dergleichen / mit welchen die Menschen haben streiten und kämpffen müssen: Nun hat es sich zugetragen / daß einer mit Nahmen Androclus, zu den Thieren hinein gebracht worden. Denselben hat ein schrecklicher grosser Löwe angelauffen: Und wie er nahe zu ihm kommen / hat er Androclum scharff angesehen / ist stehen blieben / mit seinem Schwantze ihme geliebkoset / und mit der Zungen ihn gelecket.Androclus, der schon aus Furcht halb todt war / hat ein Hertze wieder gefasset, den Löwen betrachtet /und ihn endlich auch erkannt. Haben hierauf angefangen / der Androclus und der Löwe / sich gegen einander frölich und frolockend zu erzeigen. Hierüber hat sich sowol der Cæsar, als das andere Volck verwundert. Wird derhalben Androclus für den Käyser gebracht / und gefraget / wie dieses zugienge? Da hatAndroclus angefangen zu erzehlen / wie er vor etlichen Jahren einen Todtschlag begangen / und in eine Wildniß flüchtig worden / sich in eine Höle verborgen / den Todt erwartende: Da wäre zu ihm hinein getreten dieser Löwe / welcher ihm seinen rechten Forder-Fuß in den Schooß geleget / sehr geseufftzet und gegruntzet. Androclus habe den Fuß besehen / der voll Bluts gewesen / und vermercket / was des Löwens Begehren. Habe ihm derhalben einen grossen Splitter aus dem Fusse gezogen / sey auch [58] viel Jahr daselbst geblieben / und habe ihm der Löwe alle Tage Speise von andern Thieren zugebracht / die habe er an der Sonnen gekocht / und dergestalt sein Leben aufgehalten. Endlich aber sey er in Abwesen des Löwens wieder nach Rom kommen / daselbst ergriffen / und im Spectacul dem Löwen vorgestellet worden; Da habe sich zugetragen / was sie gesehen: Nemlich / daß der Löwe ihn als seinen alten Medicum gekennet / und ihm deßhalben nicht habe wollen Schaden zufügen. Hierauf hat der Käyser und das Volck / beydes denAndroclum und den Löwen frey und loß gegeben /mit Blumen auf sie geworffen / zum Zeichen der Freude / und geschrien: Hic est Leo hospes hominis: Hic est homo Medicus Leonis. Hernach hat der Löwe den Androclum nimmer verlassen wollen / sondern ist als ein Hündelein bey ihm hergelauffen / die Zeit seines Lebens.


Siehe / also treu seynd die unvernünfftigen Thiere dem Menschen / da offt ein Mensch des andern Teuffel ist. Lerne auch hieraus / daß viel Thiere danckbarer seyn für erzeigte Gutthaten / als mancher Mensch.

37. Solon und Croesus
37. Solon und Crœsus.

Solon, einer von den sieben Weisen aus Griechenland / ist auf einmal nach Sardos kommen zu dem sehr reichen und mächtigen Könige Crœso, von welchem er sehr freundlich empfangen. Und wie er etliche Tage allda verharret / hat ihm Crœsus durch seine Diener allen seinen Reichthum und Königlichen Schatz zeigen lassen. Wie solches geschehen / hat Crœsus denSolonem gefraget: Ob er auch je einen glückseligern Menschen gesehen? (Vermeynete nemlich / daß ers wäre;) Solon, der nicht gesinnet war einigem Menschen zu schmeicheln / antwortete: Er hielte [59] Tellum für den Glückseligsten. Crœsus verwunderte sich /fragte wer der Tellus wäre? Solon sprach: Tellus wäre ein Bürger zu Athen gewesen / der hatte viel wolerzogene Kinder nach sich gelassen: Und die hatten wiederum, andere Kinder: Und wäre Tellus eines herrlichen Todes gestorben / streitend für sein Vaterland.Crœsus ist fortgefahren und gefraget / welchem er die andere Stelle der Glückseligkeit gebe? Nicht zweiffelend / Solon würde ihn nun endlich nennen. Da sagteSolon: Nebst Tello wären die Glückseligsten Cleobis und Biton, zween Brüder / von welchen beyden er dem Crœso auch viel erzehlete. Da ist endlich Crœsus bestürtzt worden / sagende: Lieber Solon, deucht dich denn unser Wesen so gantz nichts seyn / daß du unsere Glückseligkeit auch nicht solchen Privat-Personen vorzeuchst? Hierauf antwortet Solon: O Crœse dieweil des Menschen Glück / so lang er erlebet / nicht allein alle Jahr / sondern alle Monat / ja alle Tage / ja alle Stunden sich vielfältig verändert /so achte ich nicht / daß ein einiger Mensch könne glückselig geschätzet werden / ehe und bevor er sein Leben geschlossen und geendet. Damit hat Solon vom Crœso Urlaub bekommen. Wie wahr aber dieses desSolonis Ausspruch gewesen / hat hernachmalsCrœsus wol empfunden davon wir auch etwas vermelden wollen:

Nachdem der reiche König Crœsus mit den Persianern lange Zeit gestritten / ist er endlich überwunden /und gefänglich zu dem Cyro, der Perser Könige / gebracht worden. Da hat Cyrus einen grossen Hauffen Holtzes zusammen tragen lassen / den Crœsum mitten darauf gesetzet / und ihn also verbrennen wollen.Crœsus, ob er wol in grosser Angst gewesen / [60] so ist er dennoch eingedenck worden dessen / was ihm fürlängst Solon gesagt hatte; Nemlich / daß kein Mensch glückselig zu schätzen / ehe er sein Leben zum Ende gebracht. Hat derhalben mitten im Feuer mit lauter Stimme geruffen: O Solon! Solon! Dieses Ruffen haben des Königes Cyri Diener gehöret / und es dem Könige angemeldet: Der hat Crœsum fragen lassen /was er damit meynete? Crœsus hat geantwortet: Er hätte denselben Mann genennet / den er wünschen möchte / daß er alle Tyrannen anredete. Dann was er ihm vorzeiten gesaget / das gienge alle Menschen an. Hat also Crœsus dem Cyro erzehlet / was er vormals für ein Gespräch mit dem Solone wegen der Glückseligkeit gehalten. Cyrus hat in sich geschlagen und gedacht / er wäre eben sowol ein Mensch als Crœsus: Und Crœsus wäre eben sowol ein reicher / mächtiger König gewesen / als er. Hat sich derohalben / daß er den Crœsum also zur Straffe verurtheilet / reuen lassen / so bald darauf befohlen / man solte das Feuer auslöschen / und Crœsum beym Leben erhalten. Das Feuer aber hatte schon dermassen überhand genommen / daß mans nicht löschen können; Da ist wunderbarlicher Weise und unversehens ein solcher schrecklicher Regen vom Himmel gefallen / daß die Glut des Feuers gantz und gar gedämpffet / und also Crœsus noch lebendig heraus und zu dem Könige Cyro bracht worden / der ihn hernach hoch und werth gehalten.

Dieses ist ein schön Exempel der Unbeständigkeit des menschlichen Glückes. Ein jeglicher hat sich zu spiegeln an seinen Nechsten. Was einem andern widerfähret / dem bist du ebenmäßig unterworffen. Man soll eines Klugen Rath nicht in den Wind schlagen. Auf Reichthum soll man nicht trotzen. GOtt kan wunderlich helffen / denn wann der Menschen Hülffe aus ist / so weiß GOtt noch Rath.

38. Des Intaphernis Haus-Frauen denckwürdige Thaten
[61] 38. Des Intaphernis Haus-Frauen denckwürdige Thaten.

Herodotus schreibet / daß an des Königs Darii Hofe sey gewesen einer von den fürnehmsten Räthen / mit Nahmen Intaphernes, welcher / als er um etlicher Ubelthaten willen vom Könige ins Gefängniß geleget / endlich auch zum Tode verurtheilet / und zwar nicht allein er / besondern alle seine Kinder / Verwandten /und gantzes Haus-Gesind. Da hat sich des Intaphernis Haus-Frau täglich finden lassen für des Königs Saal; weinend und schreyend den König dahin beweget / daß er ihr hat anmelden lassen / sie solte aus allen Gefangenen einen auslesen / den sie am liebsten behalten wolte / demselben wolte der König aus Gnaden das Leben schencken. Die Frau hat sich eine Weile bedacht / doch letzlich für den König tretende /gesaget: Weil mir der König unter allen eine Seele (oder Menschen) willfahren und schencken will; so erwehle ich unter allen / meinen Bruder. Hierüber hat sich der König verwundert / und zu wissen begehret die Ursache / warum sie nicht um eines von ihren Kindern bete / die ihr doch näher verwandt / oder um ihren Mann / von dem sie mehr Freundschafft haben könte als um ihren Bruder? Die Frau hat dem König zur Antwort gegeben: O König / wann ich schon mei nen Mann und Kinder verliere / so können mir die Götter einen Mann und andere Kinder wieder geben; Aber einen Bruder werden sie mir nicht geben / angesehen meine Eltern vorlängst gestorben. Diese Rede hat dem Könige dermassen gefallen / daß er ihr nicht allein den Bruder / besondern auch ihren ältesten[62] Sohn loßgegeben / die andern aber alle tödten lassen.


Dieses ist gewesen ein Urtheil eines Weibes / ein vernünfftiger Mann hätte viel anders erwehlet und geurtheilet.

39. Tyranney des Astyagis: Des Cyri Geburt und Auferziehung
39. Tyranney des Astyagis: Des Cyri Geburt und Auferziehung.

Es ist ein König in Media gewesen / mit Nahmen /Astyages: Der hat eine Tochter gehabt / Mandane geheissen / von welcher ihm einmal träumete / daß aus ihrem Bauche wüchse ein Weinstock / der sich ausbreitete über gantz Asiam. Daher er sich befürchtet /es würde dermaleins von seiner Tochter einer gebohren werden / der über Asiam würde herrschen und regieren; Hat derhalben seiner Tochter einen schlechten Mann zur Ehe gegeben. Und wie sie schwanger worden / und einen Sohn gebohren / hat er das Kind zu sich genommen / selbiges seinem getreuen Diener dem Harpago übergeben / und befohlen / solches zu tödten. Harpagus hat sich zwar gegen dem Astyagem nicht anders vernehmen und mercken lassen / als wolte er solches gehorsamlich ins Werck stellen: Hat aber selber das Kind nicht getödtet / sondern es seinem Küh-Hirten zugestellet / und demselben anbefohlen / solches umzubringen. Wie der Küh-Hirte mit dem Kinde zu Hause kommt / da hat eben desselben Küh-Hirten Frau ein junges Kind gebohren; Uberredet derhalben ihren Mann / er solte das ihrige Kind nehmen / und ihr das fremde wieder geben / das wolte sie für ihres auferziehen. Welches dann auch geschehen / und dieses Kind hernach Cyrus genannt worden. Cyrus wuchs auf / und meynet nicht anders / er wäre des Küh-Hirten Sohn. Nun trug es sich [63] zu / daßCyrus mit andern Bauers-Kindern im Dorffe eines spielte / und ward von demselben zum König erwehlet im Spielen. Da findet sich einer von den Knaben /der des Cyri, als des Königs Gebot nicht vollbringen wolte / den hat er durch die andern sehr schlagen lassen. Der geschlagene Knabe klaget solches seinem Vater: Der Vater thut so viel / daß er für den KönigAstyagem kommt / der lässet dem Küh-Hirten mit seinem Sohn Cyro zu sich fordern; Da giebet Astyages Achtung auf dem Knaben Cyri Geberden und Gestalt (denn er ihm und seiner Tochter sehr gleich sahe) und gewinnet alsbald einen Argwohn / fragte den Küh-Hirten scharff / wo er diesen Knaben bekommen? Derselbe leugnete es nicht / sondern bekennet / er sey ihm von Harpago überantwortet: Also erfähret Astyages, daß Cyrus sein Tochter-Kind sey: Und damit er seiner loß würde / sendet er ihn in Persien nach seinen Eltern. Allda ist Cyrus so lange geblieben / biß er erwachsen. Da hat er durch Hülffe des Harpagi ein grosses Krieges-Heer zusammen gebracht / und demAstyagem bekrieget / überwunden / und ihm sein Königreich genommen. Dieser ist der grosse KönigCyrus, der Persen und Meder Monarcha: Die Ursach aber / warum Harpagus dem Astyagi untreu worden /ist diese: Dieweil Astyages des Harpagi einigen Sohn einen Knaben / tödten / und in Stücken hauen lassen solchen gekochet / dem Harpago unwissend zu essen gegeben; Und nach geschehener Mahlzeit / ihm den Kopff / die Hände und Füsse in einem Korbe lassen fürsetzen / darum daß er den Cyrum nicht hatte getödtet / sondern ihn dem Küh-Hirten überantwortet: Solche greuliche That hat Harpagus gerochen / indem [64] er den Cyrum wider den Astyagem aufgeredet / und ihm auch des Astyagis Kriegs-Heer in die Hände gegeben.


Man soll nicht alle Träume verachten / es finden sich natürliche / es finden sich offt auch göttliche Träume. Man siehet alsbald in der Jugend / was aus einem werden will. Unrechtmäßigen Befehl der Obrigkeit soll man nicht vollbringen. Mordthaten soll man nicht ungerochen lassen. Wen GOtt erhalten und erheben will / den kan kein Mensch verderben / wie klug ers auch angreiffe.

40. Welche Sprache die älteste - hat Psammetichus erkunden wollen
40. Welche Sprache die älteste / hatPsammetichus erkunden wollen.

Zu Zeiten des Königs Psammetichi war ein Streit zwischen den Egyptiern und Phrygiern / welche Sprache unter den beyden die älteste wäre? Solchen Zwiespalt zu schlichten / hat der Psammetichus angeordnet / man solte zwey junge säugende Kinder nehmen /und die in eine Wüsten hinlegen unter das Vieh / auf daß sie keines Menschen Stimmen oder Rede höreten: Und wann die aufgewachsen wären / solte man hören / was sie vor eine Sprache reden würden von sich selbsten / dieselbe würde zweiffels ohn die älteste und natürlichste seyn. Solches ist geschehen und vollbracht worden. Wie die Kinder etliche Jahr unter dem Vieh gelebet / ausserhalb und ferne von aller Menschen Gesellschafft / da hat Psammetichus etliche Männer hingesandt / zu vernehmen / was die Kinder reden würden. So bald die Kinder der Menschen ansichtig worden / haben sie geschrien: Bec, Bec, das ist so viel auf Phrygisch / als Brod / Brod. Daher derPsammetichus gesaget / die Phrygische Sprache wäre die älteste. Ich aber halte es dafür / daß der Psammetichus sey in seiner Meynung betrogen gewesen. [65] Denn weil die Kinder mit dem Vieh / als mit Ziegen /Schaafen / Böcken und dergleichen umgiengen /haben sie das Be / Be / von denselben gehöret und gelernet: Und ist ihnen solches nicht angebohren als eine natürliche Sprache. Warlich / wir Menschen haben zwar von Natur eine Stimme / wie auch die andern Thiere / aber die unterschiedliche Sprache ist uns nicht angebohren / sondern wir müssen alle Sprachen / wie sie auch seyn / aus dem Gehör haben und durch Aufmerckung erlernen. Wann ein Mensch taub gebohren wird / also / daß er andere nicht kan reden hören /der wird auch nothwendig stumm / ob er an der Zungen oder am Munde schon keinen Mangel hat. Ursache / weil er andere nicht kan hören reden / so kan er auch nicht reden lernen. Dann kein Mensch bringet einige Wissenschafft von Künsten oder Sprachen mit sich auf die Welt / sondern wir müssen alles durch Arbeit und Fleiß / durch Hören und Aufmercken lernen und begreiffen Aristoteles hat wohl und weißlich gesaget: Unsere Seele sey gleichförmig einer Schreib-Tafel / darinnen nichts geschrieben ist / kan aber allerley hinein geschrieben werden. Wann wir auf die Welt gebohren werden / wissen wir nichts von Künsten und Sprachen besondern können hernachmals alle Künste und Sprachen mit unserm Gemüthe begreiffen und lernen.


Die Menschen streiten und zancken sich offt um unnütze Dinge. Ein Mensch ist von Natur ein elendes und jämmerliches Ding.

41. Vom Sesostri und dessen Sohn Pherone
41. Vom Sesostri und dessen Sohn Pherone.

Sesostris ist ein König in Egypten gewesen / derselbe wie er mit andern Völckern Kriege führete hat seinen Bruder in Egypten zu einem Stadthalter [66] gesetzet. Wie er nun nach verrichteten Sachen wiederum in Egypten kommen / und mit seiner Gemahlin und Söhnen in einen grossen Saal gesessen / da hat sein Bruder ein groß Feuer rund um den Saal gemachet / und den Sesostrem mit allen den Seinigen verbrennen wollen. Wie nun Sesostris sich in äusserster Leibes-Gefahr gesehen / da haben zween von seinen Söhnen gesagt: Sie wolten sich lang ausgestreckt ins Feuer legen / so solte der Vater / die Mutter und die andern Kinder über ihnen / als über einer Brücke / hingehen und ihr Leben retten: Solches ist auch geschehen / und alsoSesostris mit den Seinigen errettet worden. Dieser Sesostris hatte einen Sohn / Pheron genannt / der ward König nach ihme. Es betraff ihn aber das Unglück /daß er gantz blind ward / und eilff Jahr blind bliebe. Im eilfften Jahr ward ihm vom Oraculo angedeutet /er solte wieder sehend werden / wann er sich wüsche in dem Wasser einer Frauen / welche zu keinem andern als ihrem eigenen Manne kommen wäre. Pheron hat angefangen sich zu waschen mit seiner eigenen Gemahlin Wasser / aber er ist blind blieben nach wie vor. Darnach hat er auch anderer Frauen Wasser gebraucht in grosser Menge / biß endlich eine kommen /durch welcher Wasser er ist sehend worden. Darauf hat er seine Gemahlin samt den andern Frauen / die er nicht richtig befunden / bringen lassen in die StadtErytrobulum und die Stadt mit Feuer angestecket /und alle Frauen verbrennet. Die eine aber / durch welche ihm geholffen ward, hat er wiederum zur Gemahlin genommen.


Wercke 1. wie unter Brüdern auch grosse Untreu regiere / Fratum quoque gratia rara. 2. Lerne / daß Zucht und Ehre offt wenig gewinnen wird bey denen /die sich am allermeisten der Keuschheit rühmen.

42. Des Königs Cyri unglückseliger Untergang
[67] 42. Des Königs Cyri unglückseliger Untergang.

Jene merckliche Historia ist uns vom Herodoto beschrieben / von dem mächtigen Könige Cyro, der Perser und Meder ersten Monarchen / wie derselbe so jämmerlich sein Leben geendet. Dann als der Cyrus mit der Tomyride der Massageten Koniginne kriegete / gebrauchete er sich erstlich dieser List: Er hinterließ etliche Fässer mit Wein gefüllet in seinem Lager / und wiche mit seinem Volck etwas von dannen: Da kamen die Barbaren / welche niemals Wein getruncken / und soffen sich voll / und unter denselben auch der Tomyridis Sohn. Wie nun die Massageten gantz voll und truncken / und theils nicht stehen konten / zum Theil mit Schlaff überfallen waren / da hat sie Cyrus alle erleget / und der Tomyridis Sohn gefangen genommen / welcher / wie er den Rausch ausgeschlaffen / ihm selber das Gewehr in Leib gestossen und sich getödtet. Solches ist der Tomyridi zu Ohren kommen. Diese hat sich mit ihrem Volcke gestärcket und in einer grausamen Schlacht den Cyrum mit aller seiner Macht erleget und getödtet: Folgends auch unter den erschlagenen Cörpern den Cyrum herfür suchen /ihme den Kopff abhauen und einen ledern Sack mit Blut füllen lassen / in welchen sie des Cyri Haupt gestossen / darauf mit Füssen getreten / und gesagt Du / Cyre, hast meinen Sohn und mein Volck nicht mit Redlichkeit / sondern mit List überwunden und getödtet: Dich hat allezeit sehr gedürstet nach Blut. Siehe da / ich erfülle dich mit Blute: Sauff jetzum des Blutes so viel du kanst. Also hat Cyrus ein jämmerliches[68] Ende genommen / und ist nach ihm König worden sein Sohn Cambyses.


Siehe / so seynd die Weiber nicht weniger grausam und tyrannisch als Männer. Man soll redlich fechten und handeln / so wird einem redlich gelohnet. Tyrannen sterben selten eines guten Todes.

43. Des Herculis Leben und grosse Thaten
43. Des Herculis Leben und grosse Thaten.

Es hat niemals ein Mann gelebet / der so grosse Ehre und unsterbliches Lob durch seine Tapfferkeit und grosse Leibes-Stärcke erlanget / als der Hercules. Denn wie derselbe erstlich auf die Welt kommen /und kaum eines Tages alt gewesen / seynd zwo grosse Schlangen zu seiner Wiegen gekrochen / die ihn umbringen wollen: Diese hat er in beyde Hände genommen / und zu tode gedruckt. Wie er erwachsen / ist er noch eins so groß worden als andere Menschen: Hat drey Reihen Zähne im Munde gehabt. Wie er ein Knabe gewesen von 14. Jahren / ist er in den WaldMemeam gelauffen / hat einen grossen unüberwindlichen Löwen beym Kopffe genommen / und denselben in Stücke zerrissen. Dieses Löwen Haut hat er hernachmals allezeit um seinen Leib getragen als ein Kleid. Bald darnach ist er kommen zu dem Thespio, Könige in Bæotien, der hatte funfftzig Töchter / welche Hercules in einer Nacht alle schwanger gemacht /also / daß jegliche einen Sohn gebohren. Wie das geschehen / ist er hingangen zu der Hydra Lernæa, davon an andern Orte etwas gesaget / und hat dieselbe auch umgebracht. Darnach hat er das ungeheure Grimantische wilde Schwein (welches gantze Länder verwüstet / und trefflich viel Leute ermordet) aus dem Wege geräumet und gefället. Es war auch ein König[69] in Elide, Augias geheissen / der hatte in einem Stalle stehen drey tausend Ochsen / der befahl dem Herculi, er solte in einem Tage allen Mist aus dem Stalle bringen / (dessen denn ein sehr grosser Hauffe war /) welches Hercules auch gethan. Ferner war in Hispania ein König Geryon, der hatte drey Leiber / dabeneben einen Hund mit zween Köpffen / und einen Drachen /der Feuer speyete: Diese beyde hat Hercules auf einen Tag todt gemacht. Wie Hercules aus Spanien in Africam reisete / traff er unter Weges an den erschrecklichen Riesen Antæum, dessen Länge oder Höhe war 64. Ellen / und hätte solche Natur / wann er auf die Erden zu liegen kam / so ward er noch eins so starck /als er zuvor gewesen / den ergriff Hercules, warff ihn etlichemal zur Erden / er aber ward allezeit stärcker. Wie das Hercules merckte / nahm er ihn in beyde Hände / hielt ihn in die Höhe / und druckte ihn starck und steiff / daß er starb. Unzehlich viel andere Thaten hat Hercules verrichtet. Daher ist er genennet wordenMonstrorum domitor. Letzlichen ist er nach der Höllen gelauffen / und hat den dreyköpffigen Feuerspeyenden Höllen-Hund Cerberum getödtet. Als er aus der Höllen wieder kommen / hat er die Omphalem /eine Weibes Person / lieb gewonnen / also / daß er auf ihren Befehl Frauen-Kleider angezogen / und ihr zu Gefallen unter andern ihren Mägden gesessen und gesponnen. Vom Hercule seynd viel Sprichwörter genommen / als Herculeus labor, das ist: Schwere Arbeit: Ne Hercules adversus duos: Auch dieses:Augiæ stabulum. Wird verstanden von einer schweren unsaubern Arbeit. Item / Hercules servivit Omphalæ, wann einer [70] sich den Weibs-Personen allzusehr unterthänig machet.


Man findet zuweilen bey Menschen übernatürliche Stärcke. Niemand verlasse sich auf seine Stärcke / es kan gar leicht ein Stärckerer über ihn kommen und ihm seinen Muth brechen. Die Christen solten auch starck seyn in dem HErrn / und der Welt Meister spielen / siehe / so dienen sie einem schnöden Weibe / nemlich den Lüsten des Fleisches.

44. Wunderlicher Diebstahl zur Zeiten des Königs Rampsiniti
44. Wunderlicher Diebstahl zur Zeiten des Königs Rampsiniti.

Eine seltzame Historie erzehlet Herodotus von einem listigen Diebe auf folgende Art: Der König Rampsinitus in Egypten hat mehr Baarschafft an Gold und Silber gehabt / als jemals ein König für ihm. Aber daß er nun diesen Schatz desto sicherer und besser behalten möchte / hat er einen neuen tiefen Thurn bauen lassen / und das Gold und Silber hinein gelegt. Der Baumeister aber hat in der Mauer einen Stein / den er ausnehmen und einsetzen können / daß es niemand gemercket / loß gelassen: Durch das Stein-Loch ist er in den Thurn gestiegen / so offt er gewolt und hat heraus genommen an Golde / was ihn gelüstet. Wie der Meister sterben wollen / hat er solche Heimlichkeit seinen zween Söhnen offenbahret / die auch ebener massen /als ihr Vater / durch den verborgenen Gang in den Thurn gestiegen / und nach ihren Lüsten daraus genommen. Der König Rampsinirus hat gemercket /daß sein Schatz in Thurn sich verringerte / und weil er keinen Gang finden kunte / hat er heimliche Stricke geleget. Die zween Brüder steigen des Nachts wieder in den Thurn / und wird der eine in den Stricken gefangen: Damit aber nicht offenbar würde / wer er wäre / hat der andere Bruder [71] dem Gefangenen den Kopff und eine Hand abgeschnitten / mit sich weggenommen und das Loch wieder zugemachet. Folgendes Tages läst der König den Cörper auf eine Mauer an den Galgen hencken / hoffend / die / welchen er verwand / und die daran Schuld hätten / würden sich nicht bergen können: Der überbliebene Bruder hat indeß seinen Bruder gern vom Galgen erlösen wollen / und derhalben diese List erdacht: Er hat ein Fuder Wein den Galgen vorbey geführet / und sich gestellet als lieff ihm der Wein aus / die Hüter des Galgens und des Aufgehenckten sind zugelauffen / diese hat er lassen allen Wein austrincken / davon sie truncken und mit Schlaff überfallen worden: Er aber indeß seinen gehenckten Bruder vom Galgen genommen / nach Hause getragen und begraben. Der König hierüber aus der massen sich verwundernd / hat seiner Tochter anbefohlen / sie solte bey allen Männern schlaffen /nur darum / daß sie ausforschen möchte / wer solche That begangen. Der Thäter ist auch zu der Tochter kommen / hat bey ihr geschlaffen / und auf ihr hartes Begehren bekennet / daß er wäre in den Thurm gestiegen / seinem Bruder den Kopff abgehauen / und ihn auch vom Galgen weggenommen hätte: Es hatte aber dieser / ehe er zu des Königes Tochter gegangen / mit sich genommen seines todten Bruder Hand: Wie nun die Tochter nach bekandter Sachen ihn ergreiffen und bey der Hand fest halten wollen / hat er ihr die abgehauene todte Hand fürgeschoben die sie auch ergriffen / er aber ist davon gelauffen. Der König Rampsinitus sich noch mehr verwundernde / und denselben / der so spitzfindig gewesen / hochhaltende hat öffentlich ausruffen lassen / wer solches gethan [72] solte sich zu erkennen geben / er solte nicht gestrafft werden / sondern des Königs Tochter zum Weibe haben / und hernach König werden. Auf diese Zusage ist der Thäter hingegangen und hat sich angemeldet: Deme der König /was er versprochen und zugesaget / gehalten / und ihme die Tochter gegeben / wie nicht weniger nach seinem Tode das Königreich aufgetragen.


Einem gelinget zwar bißweilen seine List und Bubenstück; es ist übel darauf zu trauen.

45. Syloson verehrete Dario einen Purpur-Mantel
45. Syloson verehrete Dario einen Purpur-Mantel.

Für diesem ist gemeldet / daß der glückselige Polycrates einen Bruder gehabt / mit Nahmen Syloson, welchen er ins Elend verjagt / auf daß er allein könte herrschen zu Samus. Dieser Syloson ist einmal auf den Marckte zu Memphis spatzieren gangen / und hat an oder um gehabt einen rothen Purpur-Mantel. Da hat Darius, damals noch ein Trabant und Diener des Persischen Königs Cambyses, sich zum Sylosonti verfüget / grosse Lust zu dem rothen Mantel bekommen / und den Sylosontem gefraget / ob er den Mantel verkauffen wolte / und wie theuer? Syloson hat geantwortet: Lieber Gast / dieser Mantel ist mir zwar nicht feil / wo du ihn aber tragen und nimmer von dir kommen lassen wilst / so will ich ihn dir verehren: Darius hat frölich den Mantel genommen. Hernacher aber /als Darius König worden / und Syloson von seinem Bruder Polycrate ins Elend verjagt gewesen / ist Syloson hingereiset zum Dario, und hat auf die Schwelle des Königlichen Hauses sich nieder gesetzet / [73] und dem Könige ansagen lassen: Es wäre allda ein Mann aus Gräcia / der hätte sich wohl verdient gemacht um den König. Solches ward dem Könige angemeldet /der sprach mit Verwunderung: Wer ist der unter den Griechen / der den mächtigen Monarchen Dario solt haben Freundschafft und Wohlthaten bezeiget? Ließ darauf den Sylosontem zu sich führen: Der erinnerte und erzehlete ihm die geschehene Sache mit dem rothen Mantel. Da sprach Darius: O du redlicher Mann / hastu mir / da ich noch nicht König war / eine so liebe / ob wol schlechte Sache / verehret / was soltestu jetzt wol thun / nun ich König bin? Ich will dir wiederum Gold und Silber schencken / so viel du dessen begehrest. Syloson antwortete: O König / Gold oder Silber begehr ich nicht von dir / sondern gib mir nur wieder meine väterliche Stadt Samum, daraus ich von meinem Bruder Polycrate vertrieben bin. Alsobald hat Darius ein Kriegs-Heer hingesandt / und die Stadt Samum dem Sylosonti wieder erobert.


Wohlthaten an redlichen Leuten erwiesen / werden nicht vergessen: Danckbarkeit ist eine schöne Tugend /zieret das Alter und die Jugend.

46. Geschwinde listige Kriegs-Räncke etlicher Tyrannen
46. Geschwinde listige Kriegs-Räncke etlicher Tyrannen.

Tarquinius Superbus ist gewesen einer von den hoffärtigsten und grausamsten Königen zu Rom. Der hat einen Sohn gehabt / Tarquinius Collatinus geheissen / welcher die ehrliche Frau Lucretiam mit Gewalt zu seinem unehrlichen Willen gebracht; Darum denn Lucretia sich selber erstochen / und der König Tarquinius mit den Seinen aus Rom vertrieben / auch nach ihm kein König mehr erwehlet worden.

[74] Von diesen beyden Tarquiniis erzehlen die Historien-Schreiber / daß / als der Vater dem abwesenden Sohne verständigen und befehlen wollen / er solte die fürnehmsten Häupter der Gabiorum tödten lassen /und aber solches nicht durffte dem Schreiber vertrauen / vielweniger einen Boten mündlich und offenbar befehlen: Er einen seiner Diener zu sich genommen /und sey in den Garten gegangen / habe mit einem Stecken alle den hohen Mohn die Mohn-Häupter stillschweigend abgeschlagen / und hiemit den Diener zu seinem Sohn verreisen lassen. Derselbe / wie er zu dem jungen Tarquinio kommen / hat berichtet / was der Vater im Garten gethan. Der Sohn / so alsbald des Vaters Willen gemercket / hat die fürnehmsten Gabios köpffen lassen.

Auf dieselbige Art / doch durch andere Mittel / hat auch Histiæus die Miletenser zum Aufruhr und Abfall vom Könige Dario vermahnet und angereitzet: Histiæus hat einem seiner Diener den Kopff lassen gar kahl machen / und das Haar glat abscheren / auf den kahlen Kopff aber mit spitzigen Eisen gewisse Figuren geritzet / und folgends den Diener so lange bey sich behalten / biß die Haar ihm wieder gewachsen. Wie das geschehen / hat er ihn nach Miletum gesandt / an den Aristagoram Millesium und ihm sagen lassen / er solte diesem das Haar abscheren / und besehen / was darinnen verborgen. Das hat Aristagoras gethan / und ist durch solch Stratagema vergewissert der Miletenser halber / haben sich zusammen gerottet / und seynd gegen den Darium aufrürisch worden. Diese Historie ist vom Herodoto beschrieben / wie dann auch die folgende selbiges Inhalts:

[75] Periander war ein Tyrann zu Corintho, und Thrasybulus ein Tyrann zu Mileto. Einsmals sandte Periander einen Boten zum Thrasybulo, ihn zu fragen /wie er am besten könte seine Regierung bestätigen?Thrasybulus hat den Boten mit sich aufs Feld genommen / ins reiffe Korn geführet / und mit einem Stecken die längsten und obenaus stehenden Aehren niedergeschlagen / auch dem Boten keinen andern Bescheid gegeben / sondern ihn hiemit von sich gelassen. Der Bote / wie er wieder heimkommen / hat dem Periandro erzehlet / was Thrasybulus beym Korn gethan: Woraus der Periander des Thrasybuli Meynung verstanden / und die Fürnehmsten der Stadt Corintho aus dem Wege geräumet.

Das ist der Tyrannen Art / was sie nicht öffentlich thun dürften / das verrichten sie heimlicher Weise durch List.

47. Durch des Zopyri Treu und Kühnheit erobert Darius die Stadt Babylon
47. Durch des Zopyri Treu und Kühnheit erobert Darius die Stadt Babylon.

Die Stadt Babylon ward vom Könige Dario belägert darum / daß die Einwohner ihm waren abtrünnig worden. Dieselben hatten sich aber sehr wol fürgesehen mit Proviant / und damit ihnen der nicht mangeln möchte / hatten sie zuvor alle ihre Weibes-Personen mit Stricken erwürget / wenig ausgenommen / die ihnen Brodt backen könten. Als nun Darius 19. Monat dafür gelegen / haben die Babylonier aus der Stadt geruffen: O ihr Perser! was verharret ihr doch allhier? Ehe werdet ihr unsere Stadt nicht gewinnen /ehe dann ein Maul-Esel gebähren wird. (Die Maul-Esel sind alle in ihren Geschlechten unfruchtbar.) Was geschicht? Kurtz hernach gebiehret [76] des Zopyri Maul ein Füllen. Dieser Zopyrus war einer von den fürnehmsten Räthen und Freunden Darii. Welcher hierdurch in seinem Hertzen ist gewiß worden / daß nunmehr Babylon solte gewonnen werden. Er thät aber eine wunderliche unerhörte That: Seine beyde Ohren / Nase und Lefftzen schneidet er sich selber ab: Gehet zum Dario, sagt er wolle ihm die Stadt in die Hände lieffern / er solte nur nach 10. Tagen tausend Soldaten für die Stadt schicken / und dann über 10. Tage abermal zwey tausend: Er aber / Zopyrus laufft also verwundet nach der Stadt Babylon: Wird von denen Bürgern ergriffen. Diesen klagt er / wie Darius ihn also zerstümmelt / und so gar tyrannisch mit ihm umgegangen. Die Babylonier glaubten seinen Worten. Zehen Tage hernach kamen die tausend Soldaten desDarii vor die Stadt / Zopyrus begehret / man soll ihn auslassen / er wolte mit den Soldaten fechten / nimmet etliche aus der Stadt zu sich / und erschlägt die tausend Männer: Durch diese That hat der Zopyrus in der Stadt groß Lob und Macht bekommen. Nach zehen Tagen kommen auch die zwey tausend Personen / diese erschlägt Zopyrus gleicher massen. Als nun die Babylonier sehen / daß Zopyrus so für sie streitet / vermeynen sie / er thue es aus getreuen Hertzen / und übergeben ihm die Schlüssel der Stadt und alle Gewalt: Endlich aber bricht Darius mit seinem Kriegs-Heer selber auf / und kömmt persönlich vor Babylon. (Zopyrus hatte es also mit ihm abgeredet:) Da zeucht Zopyrus mit der Babylonier Heer ihm entgegen / und liefert ihm nicht allein das Volck in die Hände / welches vom Dario erschlagen ward / sondern führet ihn auch in die Stadt. Also [77] ward Babylon die grosse Stadt vom Dario, durch Hülffe des Zopyri erobert und gewonnen.


Ist ein Exempel eines treuen Dieners. Süssen Worten soll man nicht allezeit trauen.

48. Des Psammeniti Beständigkeit im Unglück
48. Des Psammeniti Beständigkeit im Unglück.

Als der Perser König / Cambyses, die grosse StadtMemphim belagert / und nachmals auch erobert hatte / da hat er den Psammenitum König in Egypten / mit seinen Kindern / und viel tausend andern Personen /jung und alt gefangen genommen Psammenitum und etliche andere Egyptier aber hat er in die Vorstadt gesandt / und auf folgende Art ihr Herz erfahren wollen:

Erstlich hat er des Psammeniti Tochter mit Königlichen Kleidern angethan / in der Hand einen Eymer tragend / hingesandt Wasser zu holen / und ebenermassen mit ihr viel Jungfrauen / der andern Egyptier Töchter: Wie diese alle für ihren Eltern seynd fürüber gangen / haben sowol die Töchter / als die Eltern überlaut geheulet und geweinet / ausgenommenPsammenitu ist mit niedergeschlagenen Augen still gestanden. Bald hernach hat Cambyses gleicher massen lassen herkommen des Psammeniti Sohn / deme die Hände mit Stricken gebunden / um den Hals einen Strick / und im Munde einen Zaum und Gebiß habende / und mit ihm 2000. der Egyptier Knaben gleiches Alters. Wie diese auch für ihren Eltern fürüber gangen / haben sie beyde die Alten und Kinder sehr zu weinen und schreyen angefangen: Aber Psammenitus hat still geschwiegen die Augen abermal nach der Erden kehrend; Wie das geschehen / ist auch fürüber geführet worden ein alter [78] greißgrauer Mann / desPsammeniti guter Freund und Zech-Bruder / als diesen der Psammenitus gesehen / hat er nicht wie zuvor still geschwiegen / sondern überlaut und jämmerlich zu weinen angefangen. Solches ist dem Könige Cambysi hinterbracht: Der hat hingeschickt / und um die Ursach solches Weinens den Psammenitum fragen lassen. Nemlich / warum er nicht vielmehr geweinet über seine junge Kinder / sondern nur allein um diesen alten Mann / der doch nicht lange mehr leben könte / und ihm nicht befreundet wäre? Da hat Psammenitus geantwortet: Saget dem Könige Cambysi; Domestica mala esse majora lachrymis: Eigen Unglück an den Kindern erleben / sey grösser / als daß es mit Thränen könte gnugsam beweinet werden. Solche Antwort hat dem Cambysi sehr wohl gefallen: Und derhalben befohlen / daß man des Psammeniti Sohn solte beym Leben lassen: Aber er war schon mit dem Schwerdte getödtet. Darauf hat Cambyses denPsammenitum zu sich bringen lassen / und ihn bey sich behalten in grossen Ehren / so lange er gelebet.

1. Im Creutz und Unglück soll man standhafftig seyn. 2. Die Liebe zwischen den Eltern und Kindern ist über die Massen groß. 3. Kein grösser Hertzeleid kan Eltern widerfahren / als wann sie sehen / daß es ihren Kindern schmertzlich und übel gehet.

49. Gygis Ring von wunderbarer Krafft
49. Gygis Ring von wunderbarer Krafft.

Der Philosophus Plato schreibet in seinen andern Buche de Republic eine solche Historiam vom Gyge.

Gyges war ein Schaaf-Hirte in Lydia. Wie derselbe auf dem Felde einsmals seiner Schaafe wartete / da erreget sich unverhofft ein groß Ungewitter mit Donner / [79] Blitz und Platz-Regen / also / daß durch ein Erdbeben die Erde sich aufthät und zerspaltete / und eine grosse Klufft oder Höle in derselben ward. Gyges hat sich erkühnet / und ist in die Höle gegangen / darinnen er sehr viel seltzame Wunder-Dinge gesehen /und unter andern ein grosses Pferd von Ertz gemachet / welches inwendig hohl war: In dieses Pferds Seiten war ein Fenster / dadurch Gyges ins Pferd hinein gesehen / und ist gewahr worden eines verstorbenen grossen darin verschlossenen männlichen todten Cörpers / gantz nackend ohne einige Zierath / ausgenommen einen Ring am Finger habend: Denselben Ring hatGyges dem todten Cörper abgezogen / und ist damit weggegangen. Indem aber Gyges diesen Ring an seinem Finger träget / wird er gewahr / daß er unsichtbar wird / und daß keiner von den Umstehenden vermercket / daß er gegenwärtig sey. Hat demnach des Ringes Krafft besser probiret und in acht genommen /auch befunden daß / so offt er den edlen Stein des Ringes gegen seinen Leib kehrete / er unsichtbar wurde / so offt er ihn aber von seinem Leibe kehrete /wieder sichtbar wurde. Hernach hat er sich an den Hof des Königs der Lydie verfüget / sich / so offt er gewolt / unsichtbar gemacht bey der Königin geschlaffen / den König endlich selber umgebracht / und die Königin hinwieder gefreyet / und ist also aus einem Schaaf-Hirten durch Hülffe dieses Ringes / ein König worden. Daher ist das Sprichwort kommen: Er hat Gygis Ring / welches von einem glückseligen Menschen / der alles / was er nur wünschet / erlangen kan / gesaget wird.

Unsichtbar machen ist weder in der Natur / noch in menschliche Kunst. Der Teuffel ists / welcher seine Kunst in seinen Diener practiciret. [80] Der Christen Ring ist die Gnade GOttes in Christo JEsu / die in ihrem Hertzen durch den Heiligen Geist versiegelt wird. Dann wann sie die haben / haben sie alles /was sie nur wünschen mögen / etc.

50. Unterschiedliche Zünffte der alten Philosophen
50. Unterschiedliche Zünffte der altenPhilosophen.

Unter allen Ständen und Secten der weisen Männer /die man Philosophos nennet / seynd die nachfolgenden fünffe die Fürnehmsten gewesen.

1. Die ersten und ältesten seynd die Pythagoræi, deren Haupt gewesen Pythagoras, ein Mann von solcher Weißheit und Ansehen / daß alles / was er gesagt / von seinen Schülern aufgenommen / als wanns GOtt selber geredet hätte. Man hat auch nicht gefraget warum? Sondern sie haben alles vertheidigt mit dem Worte ἀυτὸς ἔφα: Er hats gesagt. Es haben aber desPythagoræ Schüler fürs erste fünff gantzer Jahr stillschweigen / und nichts reden oder fragen / sondern allein zuhören müssen. Dieses haben sie geheissen έχεμυϑἰαν, oder silentium Pythagoræum quinquennale.

2. Hernach folgen die Academici, deren Haupt gewesen Plato, welcher zu Athen / an einem Ort Academia geheissen / gelehret: Daher sie / diese Philosophi, ihren Nahmen bekommen. Der Plato aber / wie er 81. Jahr alt gewesen / ist / indem er gegessen und geschrieben / gestorben.

3. Die Peripatetici haben ihren Anfang vom Aristotele. Es war aber Aristoteles ein Schüler des Platonis, und ward hernach Præceptor des grossen Alexandri, Aristoteles, wann er lase / oder seine Zuhörer [81] unterwiese / gieng allezeit spatzieren / und verrichtete also seine Profession im gehen: Daher er genennet ward πέιπατητικὸς, das ist Spatzierer und seine Discipuli, Peripatetici. Als dem Könige Philippo Allexander gebohren ward / hat Philippus gesagt: Er schätzte sich glückselig / nicht so sehr darum / daß ihm Alexander gebohren wäre / als daß er zur Zeit des Aristotelis gebohren wäre. Und wie Alexander vom Aristotele in aller Weißheit unterrichtet ward / hat Alexander gesagt: Er wisse dem Aristoteli viel grössern Danck / als seinem eigenen Vater: Dann von seinem Vater habe er nur bloß das Leben / aber vom Aristotele habe er / daß er ein vernünfftiger weiser König wäre.

4. Die Stoici haben zum Haupt gehabt Zenonem. Der hat gelehrt an einem Orte / genannt Stoa: Davon die Stoici ihren Nahmen haben. Unter allen Philosophen sind keine so nahe kommen dem wahren Christenthum / als diese. Dann sie haben gesagt: Der Leib wäre nichts: Vielweniger die leiblichen Güter: Sondern der Mensch und dessen Vollkommenheit bestehe in der Seelen / und deren Tugend; Die Stoici haben sich beflissen frey und ledig zu seyn von allenAffecten. Sie haben nicht gezürnet: Nichts gefürchtet; Sich nimmer betrübet um irrdische Dinge: Keine Schmertzen des Leibes geachtet: Das Gold und den Reichthum für gelben Dreck gehalten. Summa: Sie haben sich einig und allein beflissen / ihre Gemüther mit Tugend und Weißheit begabt zu machen.

5. Die letzten sind gewesen die Epicuræi. Ihr Nahmen und Ursprung haben sie vom Epicuro. Diese seynd den Stoicis gantz zuwider gewesen: Haben für ihr höchstes Gut gehalten die Wollüste des Leibes:[82] Nichts anders gethan / als gegessen / getruncken / geschlaffen: Das Gemüthe aber und die Seele nichts geachtet: Noch sich um einige Tugend oder Weißheit bekümmert. Daher sie auch genennet worden / Epicuri de grege porci.

So mancher Kopff / so mancher Sinn. Darum soll man wohl zusehen / wessen Meynung man bestimme / dann viele lehren / was ihnen im Sinn kömmet.

51. Vier Monarchien der Welt
51. Vier Monarchien der Welt.

Monarchia wird genennet ein solch Regiment / darinnen eine Person das oberste Haupt ist / dem alle andere unterthänig seyn / es sey ein Käyser oder König. Nun solcher Monarchien seynd auf der Welt in allem Viere gewesen.

Die erste ist der Assyrer und Chaldäer oder Babylonier / deren erster Anfänger gewesen der Ninus und seine Hauß-Frau Semiramis, welche die Stadt Babylon aufbauen lassen. Einer von den letzten Königen dieser ersten Monarchiæ war der weibische Sardanapalus, welcher von den Medern ist getödtet worden /und also der Assyrer Monarchia an die Meder kommen.

Die andere Monarchia ist gewesen der Meder und Perser / deren fürnehmster Herrscher Cyrus Major. Nachdem dieser auch jämmerlich umkommen / und seine Nachkömmlinge / nemlich erst Astyages, hernach Darius, eine Zeitlang geherrschet / seynd sie endlich auch alle ausgerottet / und ist der letztere König der Perser / Darius Codomannus, vom Alexandro Magno überwunden / und also der PerserMonarchia an die Griechen gebracht worden.

Die dritte Monarchia ist gewesen der Griechen. [83] Ihr Haupt war Alexander der Grosse / welcher nicht allein den Darium, und die Perser und Meder überwunden / sondern auch bey nahe gantze Welt unter seine Macht gebracht. Alexander aber ist sehr jung gestorben / und von ihm die Monarchia auf die Römer kommen.

Die vierdte und letzte Monarchia ist gewesen die Römer / und ist eben dasselbe Römische Reich / in welchem wir Teutschen leben. Für diesem hat das Griechenland auch darzu gehöret: Jetzt aber hat der Türckische Käyser solches eingenommen / und dem Römischen Reiche abgeschnitten: Darum dann noch heute diesen Tag der Römische Käyser und die teutsche Nation den Krieg wider den Türcken führet. Wie dann auch das die Ursach ist, warum das Römische Wapen / der Adler / zwar einen Leib / aber ein zertheilten und zweyfachen Kopff führet: Dienzwey Häupter das Reich inhaben / der Römische Käyser und der Türckische. Dieser vierdten Römischen Monarchien erster Anfänger ist gewesen Cajus Julius Cæsar; der jetzt regierende Käyser aber ist Carolus.

Es ist nichts beständigs auf dieser Welt. Das eine gehet weiter / das andere kommt wieder empor und hervor.

52. Exempel einer wahren getreuen Freundschafft zwischen Damon und Pythia
52. Exempel einer wahren getreuen Freundschafft zwischen Damon und Pythia.

Was und wie viel die wahre unverfälschte Freundschafft vermöge / ist zu ersehen aus folgender Historia von Cicerone im dritten Buche Officiis, und vomValerio Maximo erzehlet:

Damon und Pythias waren zween Jünglinge Pythagorischen Secten zugethan; Die hielten so grosse[84] Freundschafft mit einander / daß es schiene / nur eine Seele / ein Gemüthe / ein Wille zu seyn in zweyen Leibern. Zu den Zeiten lebte der grausame TyrannDionysius, der / ich weiß nicht aus was Ursachen /den Damonem zum Tode verurtheilete / und einen gewissen Tag ansetzete / an welchem er sterben solte.Damon, wie er merckte / daß er sterben müste / bat den Tyrannen / er möchte ihn hinreisen lassen nach seinen Eltern / da hätte er so nothwendige Sachen zu verrichten / die er keinen andern vertrauen oder anbefehlen könte. Und gelobete ihm / er wolte nicht allein gegen denselben Tag / darinn er sterben solte / gewißlich wieder kommen / und sich darstellen / sondern auch unterdessen seinen vertrauten Freund / Pythiam, an seine Stelle verlassen / und ihn zum Pfande setzen. Dionysius war hiemit zufrieden / ließ den Damonem ziehen: Pythias stellete sich willig für seinen Freund den Damonem ins Gefängniß / sich nicht weigernd auch für ihn zu sterben. O welch ein groß Vertrauen und getreue Brüderschafft! Der Tag des Urtheils kam herbey / darinn Damon sterben solte. Er blieb aber noch zur Zeit aus. Hierum bekümmerte sich Pythias gantz nicht / sondern wie der Tyrann Dionysius befahl / man solte Pythiam an statt des Damonis tödten / da ist er willig und gutes Muths zum Tode gegangen / nur daß er seinen Freund Damonem beym Leben erhielte. Aber siehe abermal ein Exempel der Brüderlichen Treue: Als Pythias solte niedersitzen / und sich das Haupt wegschlagen lassen / da kömmt Damon zugelauffen / schreyend er sey allda / man solte denPythiam leben lassen. Diese Sache ist für den Dionysium kommen / der hat sich über die massen verwundert über dieser Treu und [85] Freundschafft: Und dieses getreue paar Freunde nicht allein frey und ledig gelassen / sondern auch gebeten / sie möchten ihn zum dritten Mann und Freund zu ihrer Gesellschafft nehmen.

Wol dem / der einen solchen Freund hat. Freunde in der Noth / Freunde im Todt / seynd ein köstliches Kleinod.

53. Liebe und Treue zweyer Brüder gegen ihr Vaterland
53. Liebe und Treue zweyer Brüder gegen ihr Vaterland.

Folgende Historiam beschreibet Valerius Maximus im 5. Buche.

Carthago und Cyrene waren zwo Städte nicht ferne von einander gelegen; Dahero es sich zu trug /daß sie in Streit und Zwiespalt geriethen / wegen der Gräntze ihrer Aecker. Sie wurden aber den Sachen also eins / daß auf einen Tag / in einer angestimmten Morgen-Stunde / aus jeglicher Stadt zweene Jünglinge zugleich solten anfangen auszugehen. Und wo dieselben zusammen kommen / und einander begegnen würden / allda solten die gemeinen Gräntzen und Scheidungen beyder Städte seyn. Wie der Tag heran kommen / fiengen der Carthaginenser Jünglingen (welche 2. Brüder waren / Phileni genannt /) nicht redlicher / sondern betrüglicher Weise an / früher oder zeitiger auszugehen / als angeordnet war / auf daß sie ihre Stadt-Gräntze desto weiter möchten aussetzen. Die Cyrener Jünglinge aber handelten aufrichtig / und fiengen an zu gehen recht auf die bestimmte Zeit. Wie beyderseits Jünglinge nun zusammen kamen / da merckten alsbald die Cyrener / daß die Carthaginenser nicht hätten aufrichtig gehandelt / und nach vielem disputiren sprachen sie endlich aus Ungedult: Als dann [86] würden an dem Ort die Gräntzen seyn / wann die Phileni sich allda würden lebendig begraben lassen: Anzudeuten / daß solches unmüglich wäre / und nimmermehr geschehen würde. Die beyden Brüder aber dachten sich einen ewigen Nahmen zu machen /besonnen sich nicht lange / sondern liessen alsobald auf derselben Stätte sich lebendig begraben / und gönneten ihrem Vaterlande viel lieber / als ihrem eigenen Leben ein langes Ziel / nur einen unsterblichen Nahmen und ewiges Lob dadurch zu erlangen. Warlich /Carthago ist schon längst zu Staub und Asche worden: Aber dieser beyder Carthaginenser Brüder Ruhm bleibet und floriret noch heut zu Tage.

Wo findet man jetzo solche Treu? Man muß billich Gut und Blut vor sein Vaterland wagen: Aber wann es nur um eine Hand voll Erde ist / soll man sein Leben höher halten.

54. Wie die neue Welt durch Columbum erstlich entdecket worden
54. Wie die neue Welt durch Columbum erstlich entdecket worden.

Die gantze runde Kugel des Erd-Kreises von Wasser und Erde zusammen gesetzet / wird getheilet in die alte und neue Welt. Die alte Welt ist dieselbige / in welcher wir wohnen: Begreifft in sich Europam, liegend nach dem Norden oder Mitternacht: Asiam, nach dem Osten oder Aufgange: Africam, nach dem Mittage oder Süden; Die neue Welt / genannt America, lieget nach dem Westen oder Niedergang der Sonnen. Und ist zwar vom Anfang der Erschaffung eben so wol / als die alte Welt gewesen; Aber uns in der alten Welt wohnenden nicht ehe bekant worden / als ohngefehr vor hundert und vier und funfftzig Jahren. Mit der Erfindung ist es also zugegangen:

[87] Christophorus Columbus, bürtig aus Genua in Italien / ein erfahrner und gelehrter Naturkündiger / da er in Hispanien an der West-See offtmahls spatziren gieng / ward er gewahr / daß zu gewissen Zeiten des Jahrs aus dem Meer vom Westen oder Niedergang der Sonnen starcke und langwährende Winde weheten. Nun wuste er wol aus der Natur / daß alle Winde ihren ersten Ursprung aus der Erden hätten. Derhalben muthmassete er und vergewisserte sich in seinem Hertzen / daß nach dem Niedergange der Sonnen über die grosse See ferner hin ein Land seyn müste / daraus die Winde kämen. Hat sich auch fürgenommen / wenn er nur nothwendige Mittel haben möchte / solch unbekandtes Land zu suchen. Ist hierauf an unterschiedener Könige und Potentaten Höfe gereiset / seine Meynung / von Suchung einer neuen Welt / angegeben /Schiffe / Volck / und andere Nothdurfft darzu begehret; Ist aber von allen ausgelachet / und als ein närrischer Mensch verstossen worden: Biß endlich der König in Castilien sich überreden lassen: Derselbe hat dem Columbo Schiffe und andere Nothdurfft dargereichet. Ist also Columbus im Jahr 1492. von Spanien nach dem Untergang der Sonnen zu ausgefahren. Da er aber viel Tage gefahren / und doch kein Erdreich gefunden / und unterdessen aller Proviant von Essen und Trincken / ihme und seinen Mitgesellen nunmehr zu mangeln begunte; Da haben die Schiff-Bursche angefangen wider der Columbum zu murren und zu schelten / ihn für einen Verräther ausgeruffen: Auch befohlen / er solte alsbald wiederkehren / oder sie wolten ihn in die See werffen. Columbus, sich in solcher Gefahr sehend / hat sein [88] Gefehrten und Schiffer gebeten / sie möchten doch nur noch 3. Tage verharren: Wo sie unterdessen nicht würden Land finden / wolte er mit ihnen wieder zurücke fahren. Solches hat er endlich mit grossem Bitten von ihnen erlanget. Zwey Tage waren schon vorbey / und sie sahen noch kein Land. Da war Columbus etwas traurig: Ließ sichs doch nicht mercken / sondern sprach seinen Gefehrten ein Hertz zu / und versicherte sie / ehe der morgende Tag würde vorbey seyn / solten sie durch GOttes Hülffe Land sehen. Wie die Nacht nun heran kommen / und Columbus unten im Schiff saß / da steiget einer von den Schiffer-Jungen oben auf den Mastbaum / siehet um sich her / und fänget an zu schreyen: Feuer / Feuer: Ich sehe Feuer: Da kommen sie alle zugelauffen / fassen einen Muth / und thun so viel / daß sie kurtz hernach ans Land kommen / nemlich an die Insuln disseits America gelegen. Denn Columbus ist nicht an das feste Land America kommen /sondern Americus Vesputius, von welchem hernach diese Welt ihren Nahmen erhalten. Wie sie nun zu Lande angelanget / da fallen alle Leute / so im Schiffe gewesen / auf die Knie / bitten Columbum um Verzeihung / und beten ihn als einen Gott an. Columbus läst alsbald von Holtz ein Creutz machen / richtet dasselbe auf an dem Ort / da sie erst angelanget / zum Gedächtniß des gecreutzigten Christi. Also seynd An. 1492. die Insulen der neuen Welt / Hispaniola, Cuba, Jamaica durch Columbum erfunden / der das Jahr hernach mit unaussprechlichem Schatz von Gold /Silber und Edelgesteine wieder nach Spanien gefahren / und wie es ihnen ergangen / kund und offenbahr gemacht. Fünff Jahr hernach / nemlich Anno [89] 1497. ist auch dahin gereiset Americus Vesputius, der nicht allein die Insulen besehen / sondern auch das feste Land / die neue Welt entdecket; Daher dann auch von ihme diese gantze neue Welt ihren Nahmen bekommen /und jetzund America genannt wird. Hernacher ist auch dahin gesegelt Ferdinandus Magellanus, von welchem sie Magellanica genannt; Und ist man zeithero Jahr aus / Jahr ein dahin gereiset.

Die sich wol verdient machen um Land und Leute /derer Nahme / Ruhm und Lob bleibt unsterblich. Christen sollen diß zum Exempel nehmen / und damit sie dermaleins den Himmel erreichen / keine Gefahr ausschlagen / noch scheuen.

55. Etliche Gesetze der Römer Gastereyen belangend
55. Etliche Gesetze der Römer Gastereyen belangend.

Die Römer seynd billich zu loben in dem / daß sie in ihren Gastereyen so gute Ordnungen und Gesetze gemacht und gehalten haben: Dern ich die fürneymsten erzehlen will.

1. Erstlich halten sie ein Gesetze / genannt Lex Fabia vom Bürgermeister Fabio gemacht. Dasselbe statuirete / daß keiner mehr verzehren durffte auf einem Banquet / als dreyßig Sestertios, ist so viel /als zwölff Thaler ohngefehr.

2. Nach solchem kam Lex Messinia, vom Bürgermeister Messinio geordnet / welches geboth / daß man keinen fremden Wein zu trincken einlegen durffte.

3. Hierauf folgete Lex Æmilia, vom BürgermeisterÆmilio gemachet / durch welches den Römern befohlen ward / mehr nicht / als 5. Gerichte zu speisen.

4. Bald hernach kam Lex Antia, vom Bürgermeister Antio geordnet / darinn begriffen / daß ein jeder[90] möchte ein Handwerck lernen / darzu er Lust und Neigung hätte / ausgenommen das Kochen: Denn sie hielten es dafür / daß / wo viel Köche wären / die Leute nur arm / der Leib ungesund / die Seele aber und das Gemüthe beflecket würden.

5. Nach solchem kam Lex Julia, vom Julio Cæsare aufgebracht / darinn geordnet / daß niemand durffte essen mit zugeschlossener Thür / auf daß die Censores desto besser sehen und erfahren könten / ob auch jemand im Essen Uberfluß gebrauchte.

6. Letzlich kam Lex Aristimia, vom BürgermeisterAristimio vorgeschrieben / darinn gebothen / daß man zwar des Mittags jemand möchte zu Gaste haben /aber nicht länger biß gegen den Abend behalten.

Uberfluß im Essen und Trincken ist schädlich / ungesund / unnöthig. Die Natur ist mit wenigem zufrieden. Solche Gesetze wären zu dieser Zeit auch wol nöthig.

56. Welches das höchste Gut. Davon unterschiedliche Meynungen
56. Welches das höchste Gut? Davon unterschiedliche Meynungen.

Die Heydnischen Philosophi haben unterschiedliche Meynungen gehabt / worinn die Glückseligkeit des Menschen bestehe.

1. Der Æschines vermeynete / daß des Menschen beste Freude und höchstes Gut bestünde im Schlaffen. Dann wann er schlieffe / sagte er / so bekümmerte er sich nirgends um: Er empfände keine Schmertzen des Leibes: Keine Anfechtung des Geistes. Aber wie dieser Æschines einmal saß und schlieff am See Meotis, da ließ ein Adler hoch aus der Lufft auf seinen kahlen Kopff eine grosse Schnecke fallen / daß Æschines also im Schlaffe starb.

[91] 2. Pindarus der berühmte Poet gab für / die höchste Glückseligkeit bestünde darinn / wann ein Mensch keine Schmertzen an seinem Leibe befünde.

3. Zeno saget / die menschliche Glückseligkeit bestünde darinn / wenn einer wohl ringen könte. Dann wie auf einmal die Egyptier ein Certamen Luctatorium hielten / da kam herfür ein fürnehmer Ringer /welcher alle andere zu Boden warff. Wie solches derZeno gesehen / hat er mit diesem Meister zu ringen angefangen / und ihn / so offt er gewolt / an den Erdboden geworffen! Darüber der Zeno so grosse Freude empfunden / daß er öffentlich disputirte und erhielte /des Menschen Glückseligkeit bestünde an der Stärcke zu ringen und einen andern nieder zu werffen.

4. Die Corinthier satzten ihr höchstes Gut in spielen / und hielten es für eine grosse Ehre / wann sie ein Spiel gewonnen / als die Römer / wann sie eine Schlacht erhielten. Auf einmal als die Corinthier ihr Jahr-Fest begiengen / kam Chilo der Philosophus nach Corintho gefahren in die Stadt / und sahe jederman spielen: Es spielten die Knaben im Felde mit Ballen; Es spielten die Alten auf dem Marckte mit Würffeln und Karten. Es spielten die Weiber mit einander in den Gärten / tantzten und lieffen. Die Priester spielten und schossen mit dem Armbruste. Die Fechter übten sich auf der Fecht-Schul. In Summa es spielte alles / was in der Stadt war; Das war nach ihrer Meynung / ihre gröste Glückseligkeit.

5. Epicurus hielt seinen Bauch für seinen Abgott und bildete sich ein / es wäre keine grössere Glückseligkeit / als wann ein Mensch immer in Wollust / in Essen / Trincken / Buhlen / und dergleichen lebete.

[92] 6. Andere seynd gewesen / die ihr höchstes Gut und Glückseligkeit in der Ehre gesetzet; Andere im Reichthum; Andere in Schönheit; Andere in Gesundheit /und dergleichen.

7. Aristoteles ist weiser als alle diese vorgemeldete gewesen: Derselbe hat recht und wohl gelehret / daß das summum bonum, und die höchste Felicität bestehe in der Tugend / nemlich wann ein Mensch nicht allein mit Weißheit und Tugend begabet / sondern auch das Leben und alle sein Thun nach der Tugend anstelle.

Am allerbesten aber lehren / wissen und glauben wir Christen / daß unser höchstes Gut und wahre Glückseligkeit bestehe in der Erkäntniß GOttes und JEsu Christi /und Vollbringung dessen Willens.

57. Wunderbahre Krafft des Hollunders oder Flieder-Baums
57. Wunderbahre Krafft des Hollunders oder Flieder-Baums.

Michaël Neander hat in seiner Physica aufgezeichnet eine Historiam, welche wol würdig / daß sie behalten und angemercket werde.

Eine Fürstliche Person war auf eine Zeit auf die Jagt geritten: Und wie sie sich verspätet / und von der andern Gesellschafft verlohren / und in die Irre geritten / ist sie endlich gelanget an ein kleines Bauer-Hauß / mitten im Walde gelegen. Für dieser Bauers-Hütten hat der Fürst einen alten greisen Mann sitzen sehen / sehr heulend und weinend; den hat er gefraget / warum er weine? Der Alte antwortete: Er weinete darum / weil er von seinem Vater sehr hart geschlagen / und übel tractiret worden. Der Fürst verwunderte sich / daß so ein alter Mann noch einen Vater lebend hätte / und er noch so starck / daß er Schläge könte austheilen. Fragete derhalben den alten Greisen [93] ferner / was dann die Ursach sey / und warum ihn sein Vater geschlagen? Da hat der Alte geantwortet: Das wäre die Ursache / dieweil er seines Vaters Vater oder seinen Groß-Vater hätte sollen vom Stuel aufheben / und auf eine andere Stelle setzen / so hätte er ihn unversehens auf die Erde fallen lassen. Hierüber ist der Fürst noch mehr bestürtzet worden; und hat begehret diese alte Leute in ihrem Häußlein selber zu sehen / und die Wahrheit dieses Handels in Augenschein zu nehmen: Ist auch deswegen ins Häußlein gegangen / und die Sache also befunden / mit den Alten geredet / und gefraget / was sie doch für Kost oder Speise essen / dadurch sie so lange bey Leben / Gesundheit und Kräfften geblieben und erhalten worden? Die Alten haben ihm geantwortet: Sie wären zwar keiner andern als gemeiner Speise gewohnet; ässen auch nicht anders als Käse / Milch / Brod und Saltz: Aber gebrauchen jährlich etliche mal / auf gewisse Zeiten das Muß von ausgedruckten Hollunder-Beeren / dasselbe habe sie bey frischer Gesundheit biß anhero erhalten / und zu so hohem Alter gebracht. Der Fürst hat solches alles wol in acht genommen. Mittlerweil aber seynd seine Diener wieder zu ihm kommen / mit dem er wiederum von diesen alten Leuten nach seinem Fürstlichen Hofe gereiset.

Mäßigkeit in Essen und Trincken erhält den Leib / und die Gesundheit. Mancher ist stärcker und lebet länger bey Käß und Brod als ein anderer / der noch so leckerhafftig isset.

58. Von den Kunstreichen Meistern Stasicrate und Archimede
58. Von den Kunstreichen Meistern Stasicrate und Archimede.

Hephæstio war einer von den besten Freunden und getreuesten Gefehrden des grossen Alexandri. [94] Wie derselbe nun starb / da verordnet Alexander 60. mal hundert tausend Ducaten zum Begrabniß / und zum Gedächtniß des Hephæstionis: Ließ auch unter andern zu sich fodern den trefflichen und kostbahren Meister Stasicratem, der das Monumentum verfertigen solte. Dieser Stasicrates gab dem Alexandro an die Hand / daß der Berg Athos so eine bequeme Figur und Gelegenheit hätte / daß man zum Monumento des Hephæstionis nichts bessers antreffen möchte. Dann er wolte den grossen Berg also formiren / und ihm zwo Hände anmachen / daß er einem Menschen gleich würde / ja daß er die Gestalt des Hephæstionis kriegte. In der Lincken solte er haben eine grosse Volckreiche Stadt: Aus der rechten Hand solte heraus fliessen ein grosser Schiffreicher Fluß / darauf man ins Meer fahren könte. Laß mir das einen Meister seyn! Diesen hat dennoch übertroffen der Archimedes, ein Fürst aller Mathematicorum. Als der König Hieron bey Syracusa ein grosses ungeheures Schiff hatte bauen lassen / und dasselbe nun in die See solte gebracht werden / da hat es mit keiner Macht wegen der Grösse und Schwere von der Stelle können bewegt werden. Archimedes ist zum Könige gegangen / und hat zu ihm gesagt: Er wolte es machen / daß der König allein mit einer Hand daß Schiff solte ins Meer bringen: hat alsobald seine Mathematische Instrumenta herfür gebracht / und so viel dadurch verursachet / daß der König alleine ohne einige Hülfe das Schiff vom Lande gestossen / welches etliche tausend Menschen zuvor nicht hätten verrichten können. Dieses war nicht genug; Besondern Archimedes traute seiner Kunst dermassen / daß er zum Könige [95] sagte: Er solte ihm einen Stand geben ausserhalb der Erden / so wolte er den gantzen Erdboden aus seiner natürlichen Stelle hinwegrücken.

Ein anderer Kunstmeister gab sich einmal bey dem grossen Alexandro an / verhoffende grosse Verehrung zu gewinnen. Er ließ ihm von ferne fürhalten etliche spitzige Nehe-Nadeln / und nahm die Hand voll Linsen oder Erbsen / warff eine Erbse nach der andern also daß sie auf der Spitze der Nadel bestecken blieben. Alexander / nachdem er solches gesehen / hat befohlen man solte diesem Meister zur Verehrung ein kleines Maaß voller Erbsen geben / und nichts mehr. Also geringschätzig hat er diese Kunst gehalten.

Menschliche Vernunfft vermag viel mit ihrer Kunst. Meiste von Brodlosen Künsten seynd dem gemeinen Besten nichts nütze.

59. Mancherley Art die Todten zu begraben
59. Mancherley Art die Todten zu begraben.

Auf vielerley Art haben die Lebendigen ihrer Verstorbenen Freunde Leichen bestattet. Erstlich ist an etlichen Orten der Gebrauch bey den Alten gewesen / und noch jetzund / daß man die Todten in einen Sarck leget / und in die Erde verscharret: Die sie denn verwesen / und wieder zur Erden werden.

Fürs 2. sind etliche gewesen / die ihre Todten in Feuer geworffen / und zu Pulver und Asche verbrenne. Bey den Römern hat diesen Gebrauch erstlich aufgebracht Cornelius Sylla, welcher / wie er seines Feindes des Caji Marii Gebeine aus der Erden wieder ausgraben lassen / und sich befürchtet / es möchte ihm eben dasselbe von andern auch widerfahren / angeordnet hat, man solte die Todten verbrennen: Nun ist es mit diesem [96] Brennen also zugegangen; Man trug viel Holtz auf einen Hauffen zusammen / (welchen Hauffen sie Rogum oder Pyram nenneten) und legten herum Stöcke von Cypressen-Holtz / den Stanck und garstigen Geruch zu vertreiben. Auf diesen Rogum legten sie den Todten aufn Rücken; Eröffneten ihm die Augen / daß er gen Himmel sahe / thaten ihm in den Mund einen Pfennig / zum Fahr-Geld dem Charonti, und zündeten alsdenn das Holtz an. Zur Stund wurffen sie auch in das Feuer des Verstorbenen liebste Sachen / als Kleider / Schwerdter / Schilde / und dergleichen: Dabeneben auch sehr viel Blumen / und wohlriechende Salben und Gewürtz. Acht Tage nach dem Verbrennen kamen des Todten nächste Freunde /Mutter / Schwester / Frau und andere / nahmen und sammelten fleißig zusammen alle Knochen des verbrannten Cörpers / giengen nach Hause / wuschen die Knochen mit Wein und Milch / und thäten sie in ein Gefäß / Urna genannt / setzten es hin / und verwahrtens mit grosser Devotion.

In Indien / wann ein Mann gestorben / und ins Feuer geworffen / versammleten sich bey dem Feuer des Verstorbenen Hauß-Frauen allzumal / (denn an dem Ort hat ein jeglicher Mann so viel Frauen / als er selber will / und ernehren kan.) Welche denn unter diesen Frauen dem Verstorbenen am liebsten gewesen / die stürtzte sich lebendig ins Feuer / und zog sich solches zu hohen Ehren. Die übergebliebenen aber wurden deshalben ihr Lebenlang verachtet.

Die dritte Art der Begräbniß ist bey den Egyptiern gebräuchlich gewesen. Dieselben salbeten die Cörper der Verstorbenen mit Balsam und andern köstlichen[97] Oelen und Gewürtzen / wickelten dieselbe in herrliche mit Balsam beschmierete Tücher / und legten sie so in die Sonne / daß der Balsam und das Gewürtz den gantzen Leib durcharbeitete / und durchzog. Also blieben die Cörper unversehret / ohne Verfaulung etliche viel hundert Jahr. Und solche balsamirte Cörper wurden genennet Mumia.

Zum letzten und vierdten haben die jetzigen Americaner eine sonderliche Art die Todten zu begraben. Nemlich / sie hauen sie zu Stücken / legen sie auf die Rosten / bratens / und essen einander selber auf / oder verkauffens andern Leuten / und machen sich also lustig dabey. Denn sie meynen / sie können ihre Eltern und guten Freunde an keinen bessern Ort verwahren und vergraben / als in ihrem eigenen Bauche.

Ein jedes Land hat seinen Gebrauch. Kein Volck ist nie so barbarisch / daß nicht seine Todten solte ehrlich begraben. Mercke aber hiebey den Mißbrauch und Aberglauben der Heyden und Un-Christen.

60. Von der Naphtha
60. Von der Naphtha.

Naphtha ist eine ölhafftige Fettigkeit / und so wunderlicher Natur / daß sie sich auch entzünde vom blossen Schein des Feuers oder des Lichtes / ob sie schon kein Feuer anrühret: Zündet auch beneben sich umher die Lufft an. Wie Alexander Magnus durch Babylonien gezogen / und das gantze Land überwunden hatte / da haben die Barbaren dessen Orte ihm die obbesagte wunderliche Natur der Naphtha zeigen wollen. Haben derhalben auf der Stadt Gassen / neben welcher Alexander sein Logiament gehabt / etliche wenige Tropffen der Naphtha gesprenget: Bald eine angezündete Fackel genommen / und [98] sich nach derselben Gassen begeben. Da hat sich zur Stund und im Augenblick die Lufft angezündet / dergestalt / daß es eitel Feuer und Flamme zu seyn geschienen / von dem einen Ende der Gassen biß zum andern. Nun hatte der Alexander bey sich einen jungen schönen Knaben /der ihm pflegte vorzusingen: An demselben wolten des Alexandri Hof-Leute dieser Naphthæ Krafft auch probieren / welches ihnen denn Alexander vergönnete / und der junge Knabe auch selber Lust dazu hatte. Also / wie sie alle nackend im Bade sassen / ward der Knabe mit der Naphtha bestrichen auf seinem blossen Leibe: So bald der Badstüber oder Bader mit der Fackel ins Bad kam / (denn es war zu Abend oder Nachtzeit) da ward die Lufft zur Stund entzündet; Der Knabe fieng an zu brennen / und gantz und gar mit Flammen umringet zu werden: Dahero auch Alexander selbsten in grossen Sorgen stund; Und wann die andern mit Wassergiessen und häuffigem Netzen dem Knaben nicht wären zu Hülffe kommen / wäre er zweiffels ohne gantz verbrennet. Er ist aber nach der Zeit niemals recht gesund worden. Hierdurch sind etliche bewogen worden zu glauben / daß das Gifft /damit Medea die Krone und Schleyer hatte gestrichen / (davon in des Jasonis Historia Meldung geschehen /) sey nichts anders gewesen als dieses Naphtha. Dann als des Jasonis junge Beyfrau diesen Schleyer angezogen / und die Krone aufs Haupt gesetzt / ist sie lebendig darinn verbrannt / dieweil man mit der Fackel zu ihr gelang / davon die Lufft so schleunig entzündet / daß es kein Mensch hat mercken können /woher es käme. Diese Ursach der schleunigen Anzündung ist / dieweil [99] aus der Naphtha herfür rauchen sehr truckene / subtile Spiritus, die nicht allein leichtlich anbrennen / sondern ziehen auch zu sich / aus Gleichheit der Natur / des Feuers Flammen. Daß aber diese Naphtha in Babylonien so häuffig herfür quillet / ist nicht zu verwundern / weil das Erdreich daselbst so trucken und heiß / daß auch die auf die Erde geworffene Gersten-Körner von sich selber tantzen / und regen / als lebten sie. Die Einwohner können auch sonsten sich nicht schlaffen legen / sondern seynd gezwungen / grosse lederne Säcke mit Wasser zu füllen / und unter ihre Häupter zu legen / darauf sie als auf Küssen schlaffen / wie solches beym Plutarcho, im Leben Alexandri Magni, zu lesen.


Viel grosse Wunder-Dinge seynd in der Natur. Glückselig ist der / so die Ursachen derselben verstehet.

61. Weissagung aus dem Vogelfliegen
61. Weissagung aus dem Vogelfliegen.

Die alten Lateiner und Griechen haben grosse Achtung gegeben auf das Fliegen und Geschrey der Vögel / und daraus zukünfftige Dinge / gute oder böse / dadurch die Vögel zur rechten oder lincken Hand geflogen oder gesessen seyn / verkündigen wollen. Virgilius in seinem Bauer-Gespräch sagte also:


Sæpe sinistra cavâ prædixit ab ilice cornix.


Solche Weissagungen haben sie genennet augurium oder auspicium, von dem Anschauen der Vögel, quasiavium aspectum. Daß aber solche Aufmerckung oder Aberglaube eine grosse Thorheit sey / ist aus folgender Historia zu sehen / welche erzehlet wird vomJosepho im Buche contra Appionem.

Als der grosse Alexander mit seinem Kriegs-Heer[100] ans rothe Meer gekommen war / ist unter andern Reutern / so ihm mit nachfolgeten / ein Jude gewesen /mit Nahmen Mosellanus, ein behertzter Mann / und der beste Schütze unter dem gantzen Hauffen. Nun trug es sich zu / wie das Kriegs-Heer fortzoge / daß ein Wahrsager Achtung gab auf der Vögel Fliegen und Geschrey: Rieff / man solte stille halten. Der Jude Mosellanus fragte / warum man solte stille halten? Der Wahrsager antwortete: Er sehe einen Vogel (zeigete hiemit denselben) und sagte: Wann der sitzen bliebe / so wäre es zu rathen / daß sie alle stille hielten: Wann er davon flöge / daß sie dann auch fortzögen: Wann er aber zurücke würde fliegen / daß auch sie zurücke ihren Zug wieder nehmen solten: Der Jude schwieg stille / zog seinen Bogen herfür / und schoß den Vogel tod. Als nun derohalben der Wahrsager und etliche andere unter den Hauffen zornig wurden /und ihn verfluchten / sprach er: Was schwärmet ihr? Was habt ihr mit den unglücklichen Vogel zu schaffen? Denn weil der sein eigen Unglück nicht zuvor gewust / wie wolt er uns von unserm Aufzuge Gutes oder Böses propheceyen? Wann er künfftige Dinge zuvor hätte sehen können / so wäre er nimmermehr an diesen Ort kommen / sondern hätte sich gefürchtet /Mosellanus der Jude möchte ihn mit seinem Pfeil erschiessen.

Die heydnischen Leute seynd recht abergläubisch gewesen / in welchen der Teuffel sein Narren- und Affen-Spiel gehalten. Denen sollen die Christen nicht nachahmen / dieweil sie aus der Schrifft wissen / daß Glück und Unglück / Leben und Tod / alles von GOtt komme.

62. Vom grossen Platonischen Jahr
62. Vom grossen Platonischen Jahr.

[101] Es haben die Sternseher unterschiedliche Art von Jahren bestellet. Etliche nennen sie Sonnen-Jahr / welche beschrieben und regieret werden von der Sonnen-Lauff / nemlich die Zeit von einem Vorjahr biß zum andern / oder von einem Sommer biß zum andern; Da unterdessen die Sonne den gantzen Thier-Kreiß durchläufft / und wiederkommet an dasselbige Punct /davon sie zu lauffen angefangen. Dieses Jahrs Länge ist 365. Tage und 6 Stunden. Ferner so haben sie noch eine andere Art von Jahren / die sie nicht nach der Sonnen regieret / sondern nach den Fix-Sternen am Firmament / denn dieselben haben auch ihren eignen Lauff. Wann nun alle die Fix-Sterne den Himmel so herum gelauffen / daß sie wiederum kommen an den Ort / da sie am allerersten gestanden / so ist verflossen ein Jahr / welches genennet wird Annus Siderius, oder das grosse Platonische Jahr: Und geschicht solches innerhalb 48. tausend gemeinen oder Sonnen-Jahren / nach der Meynung des Platonis. Von diesem grossen Welt-Jahr hat Plato geschrieben / wann solches verflossen / so soll alles wiederum kommen / wie es zuvor gewesen ist. Zum Exempel / über 48. tausend Jahr soll ich und du / und er / eben so leben / so stehen / gehen / so gekleidet seyn / so reden und schreiben / als wir jetzund in dieser Stunde thun. Summa: Alles was jetzund ist / soll damals auch seyn / nichts geändert. Dieses ist nur ein erdichtetes Ding und Fantasey. Denn die Welt nicht über 7000. Jahr /ich geschweige über 48. tausend Jahr stehen wird. Von diesem Anno magno mundano, Sidereo, Platonico, muß ich euch eine kurtzweilige Historiam erzehlen. Zweene Studenten reiseten auf [102] eine Zeit / und kamen zur Herberge bey einer Wirthin / die eine Wittwe war / unter Essens fiengen die beyden Studenten an zu reden und zu disputiren von dem grossen Platonischen Welt-Jahr; Wie nemlich / wenn solches zum Ende / alles würde eben so wiederum gestalt seyn / als es anietzo ist. Wie sie nun vermerckten / daß die Wirthin ihren Reden mit Verwunderung zuhörete / hat der eine unter demselben / dieselbe auf diese Art angeredet: Liebe Wirthin / wir zweene arme Studiosi haben wenig Geld bey uns: Denn unser Patrimonium ist im Studiren alles drauf gegangen: Wann ihr nun wollet mit uns Gedult haben / und so lange verharren mit der Bezahlung / biß das grosse Welt-Jahr zum Ende geflossen / so wollen wir euch alsdenn richtig und mit Danck geben / was wir schuldig seyn / weil wir doch eben alsdenn hie an diesem Orte / eben zu dieser Stunde / wir selbst in Person / und ihr / uns wiederum werden zusammen finden / und eben so reden / wie wir jetzund thun. Die Wirthin bedachte sich nicht lange / war spitzfindig und sprach: Ihr lieben Studenten / ich will mit euch zufrieden seyn / biß auf das zukünfftige grosse Welt-Jahr. Aber ihr müsset mir erst zahlen für das abgewichene grosse Welt-Jahr. Denn für 48. tausend Jahren waren wir drey auch allhier zusammen / eben wie jetzund / und ich verborgete euch damals / das bezahlet mir erstlich / alsdann will ich mit euch zufrieden seyn.


Also ward List mit List vergolten / und musten die Studenten ihre Zeche zahlen / ehe sie von dannen giengen.

63. Exempel rechtfertiger Leute
63. Exempel rechtfertiger Leute.

[103] Wie Alexander Magnus mit seiner Macht und Kriegs-Gewalt den Erdboden überzoge / und viel Städte und Länder unter sein Gebiet brachte / trug es sich zu / daß er auf einmal verborgener und unbekannter Weise in eine Stadt kam. Auf daß er aber vernehme / ob man auch die Gerechtigkeit allda handhabete / gieng er selbst (doch von niemand erkannt) auf das Rathhauß / und hörete allda zu / wie die Leute für dem Gerichte ihre Sachen vorbrachten. Da hörete er einen reden auf solche Art: Herr Richter / ich habe von diesem Manne / hie zugegen / ein Hauß gekaufft; und wie ich darinnen habe graben lassen / einen Keller zu machen / da habe ich gefunden einen grossen Schatz vom Gelde / welchen ich ihn alsbald wiedergeben wollen / sintemal er mir nicht zugehöret; Er aber hat ihn nicht anzunehmen begehret: Darum bringe ich denselben Schatz anhero / und bitte / ihr wollet diesen Mann zwingen und ihm gebieten / daß er annehme /was sein ist: Denn ich habe gantz kein Recht am Schatze. Der Richter befahl dem andern Theil / seine Verantwortung zu thun; Der sprach: Herr / seyd versichert / daß der Schatz / welchen dieser gefunden hat /ist niemals mein gewesen. Zwar das Hauß habe ich bauen lassen; Aber die Stätte war ein gemeiner Platz /darauf ein jeglicher bauen könte. Derhalben habe ich keine rechtmäßige Ursache den Schatz zu nehmen. Auf diese Art disputirten sie so lange / biß daß sie endlich beyde des Raths wurden / sie wolten den Schatz dem Richter in die Hände geben. Der Richter aber sprach: Ihr bekennet beyde mit eurem eigenem Munde / daß euch der Schatz nicht zugehöre / da er doch in euren Häusern gefunden: Unter was [104] Schein solt ich ihn denn zu mir nehmen / der ich allhier fremd bin / und niemals von solchem Handel reden gehöret? Davor behüten mich die Götter / daß ich mich nicht fremdes Gutes anmasse! Ihr schiebet die gantze Sache meinem Amte und meinem Gewissen heim. Wolan /ich muß einen Rath finden. Hierauf fragte er den einen von den streitenden Männern / ob er nicht einen Sohn hätte? Der antwortete: Ja. Den andern fragt er gleichfalls / ob er nicht eine Tochter hätte? Der sagt auch ja. Da sprach der Richter: Das schicket sich eben recht /ich urtheile / daß dein Sohn diese Tochter zur Ehe nehme / und ich gebe ihnen den gefundenen Schatz zum Braut-Schatze. Wie Alexander Magnus das alles angehöret / ward er von grosser Verwunderung gleichsam entzücket / und erstarret ob der reiffen und vernünfftigen-Deliberation: Konte sich ferner nicht enthalten / sondern brach heraus und sprach überlaut: Ich hätte nicht gegläubet / daß an einem Ort auf der Welt Leute wären / die die Gerechtigkeit so sehr handhabeten / als diese thun. Der Richter / welcher ihn nicht kannte / noch wuste / wer er war / antwortete ihm: Ist es auch möglich / daß Leute gefunden werden / die anders thun? Ja warlich / sprach Alexander, zum offtermal und an vielen Orten. Der Richter verwunderte sich und sprach: Ob an solchen Oertern die Götter auch Regen fallen liessen / und ob auch die Sonne allda ihre Strahlen gebe? Als wolt er sagen / daß GOtt noch Regen und Sonnenschein geben solte den Leuten / die die Gerechtigkeit nicht in acht nehmen / wie es sich gebühret.


Gerechtigkeit ist ein Grund und Ursprung aller Tugend / und aller Glückseligkeit / dahero der Teuffel selbst keinen bessern Vers im Buche gefunden / als diesen: Discite justitiam moniti, & non temnere divos.

64. Von der strengen Justitz des Seleuci und des Cambysis
[105] 64. Von der strengen Justitz des Seleuci und desCambysis.

Seleucus, ein König der Locrenser / hat unter andern herrlichen Gesetzen / die er zu Unterhaltung seiner Unterthanen gemacht / auch ein solch Edict ausgehen lassen / daß / welcher öffentlich betroffen würde im Ehebruch / man demselben solte beyde Augen ausstechen Kurtz nach Publicirung dieses Gesetzes begab sichs daß des Seleuci einiger Sohn in solcher Schande und Sünde ergriffen ward: Wie er nun gebrach ward für seinen Vater den König / und ihm der Ehebruch ward überwiesen / wurde er zugleich verurtheilet von seinem Vater / daß / nach laut des Edicts / er soll gestraffet / und ihm die Augen ausgestochen werden. Aber das gemeine Volck und der gantze Hauffe der Unterthanen / weil sie ein Mitleiden hatten mit diesem frommen Könige / angesehen seine löbliche Regierung und grosse Wohlthaten / welche er dem gemeinen Besten erzeiget / traten einhellig für den König /bat er möchte seinem Sohn diesen Fehl vergeben /und ohne Verletzung seiner Augen los lassen. Der gute König Seleucus, so viel er sich auch beflissen seine Unterthanen zu überreden / von ihrer Bitte abzulassen. Des gegebenen Gesetzes Gerechtigkeit könte nicht leiden einige Exception: So hat doch das Volck nicht ablassen wollen / sondern ferner bey ihm bittlich angehalten um Loßlassung seines Sohns. Seleucus sich sehend so hart gedrungen von seinen Unterthanen auf daß er zum Theil denselben zu Willen lebete / zu Theil sein Gesetz unverletzt erhielte / ist auf ein Theatrum gestiegen / und in Gegenwart des gantzen Volckes mit überaus grosser Hertzhafftigkeit / erstlich ihm selber [106] das eine Auge aus dem Kopffe gerissen: Alsbald seinem Sohn auch ein Auge mit gleicher Standhafftigkeit heraus gerissen / und damit anzeigen wollen / daß Fürsten und Herren / wann sie Gesetze machen / selbst die ersten seyn sollen / welche sich bemühen / die Gesetze unverletzt zu halten.

Vom Cambyse schreibet Herodotus, daß er sehr beflissen gewesen / zu straffen die ungerechten Richter. Auf einmal ward bey ihm angegeben einer mit Nahmen Sisana, welcher mit Gelde sich hatte bestechen lassen / und ein ungerechtes Urtheil abgefasset. Den hat Cambyses zur Stund nehmen / und ihm lebendig die Haut abziehen / dieselbe mit Nägeln an den Richter-Stuhl fest anschlagen / und denselben damit bedecken lassen / auch angeordnet / daß es zu ewigen Zeiten also verbleiben solte / auf daß durch dieses Spectacul die Richter von der Ungerechtigkeit abgeschrecket würden. Hat auch darneben befohlen und angeordnet / daß des Sisana Sohn solte an seines Vaters Stelle zum Richter erwehlet werden / und auf obgedachtem Stuhl / und seines Vaters Haut sitzen /auf daß er desto fleißiger und sorgfältiger die heiligeJustitiam handhabete.

Gar zu streng ist allezeit nicht lobens werth. Summa jus sæpe summam injuria Seneca spricht: Man müsse die Gerechtigkeit also behandhaben, daß dieselbige wegen gar zu grosser Hinläßigkeit nicht verachtet und vernichtet / oder auch wegen grosser Strenge verhäßig gemachet werde.

65. Die sieben weisen Meister aus Griechenland
65. Die sieben weisen Meister aus Griechenland.

In Griechenland sind vormals gewesen sieben Männer / welche mit ihre Weißheit / Tugend und trefflichen Lehren und Leben das Lob erlanget daß sie genennet worden die sieben Weisen. Derselben [107] Nahmen sind diese: 1. Thales. 2. Solon. 3. Chilon. 4. Pittacus. 5.Bias. 6. Cleobulus. 7. Periander.

1. Der Erste / genannt Thales Milesius (weil er aus der Insul Mileto bürtig /) ist ein erfahrner und berühmter Sternseher gewesen; Dahero wie er bey Nachtzeiten die Sterne auf einmal zu besehen ausgegangen / und unversehens in eine Grube gefallen / ist er von einem alten Weibe mit diesen Worten verspottet worden: Was bildest du dir ein / ô Thales, den Himmel / und was darinnen ist / zu erforschen / da du doch nicht einmal weist / was dir nahe bey und für den Füssen? Thales ist auch erfahren gewesen in der Wissenschafft natürlicher Dinge. Dann wie er er wolte dermaleins beweisen / daß es einem weisen und gelehrten Manne reich zu werden gar leicht wäre / da hat er aus der Natur gesehen / daß das folgende Jahr sehr unfruchtbar und das Oel gar teuer werden würde. Hat derohalben alles Oel / welches sehr wolfeil gewesen / zusammen gekaufft / und es biß aufs folgende Jahr liegen lassen / da er es dann gar theuer und hoch verkauffet. Seiner Weißheit halber ist er so sehr berühmet gewesen / daß auch dieses Lob das gantze Griechenland selber ihm gegeben. Dann als auf einmal seine Lands-Leute (die Miletischen Fischer) ihre Netze auswurffen in die See / Fische zu fahen / kamen zu denselben etliche junge Gesellen aus Jonia, undaccordirten ihnen / was sie ihnen geben solten für den ersten Wurff / den sie thun würden in ihrem Fischen? Und sind eins geworden um eine grosseSumma Geldes. Wie sie nun das Netze ausgeworffen /da haben sie nicht allein darinnen Fische bekommen /sondern auch einen güldenen Dreyfuß / oder (wie andere schreiben) einen güldenen [108] Tisch / andere einen Becher. Uber diesen güldenen Dreyfuß haben sie sich nicht vertragen können. Seynd derohalben gereiset nach der Stadt Delphos, und den Abgott und Wahrsager-Bild des Gottes Apollinis gefraget / weme man diesen Dreyfuß solte geben? Das Oraculum hat geantwortet: Man gebe ihn dem Allerweisesten. Da hat man denselben güldenen Dreyfuß dem Thaleti hingebracht. Der hat sich solcher Ehre nicht gewürdiget /sondern ihn geschicket dem Soloni; Solon ferner demChiloni, und so fortan: Biß daß endlich der Dreyfuß wiederum kommen ist an den Thaletem: Der hat angeordnet / man solte dem Dreyfuß dem Gott Apollini selbst opffern / als dem Allerweisesten. Welches dann auch geschehen. Und ist dahero genommen die Art zu reden / quasi ex Tripode dictum: Das ist / es ist eben so wahr / als wanns der Gott Apollo selber aus seinem güldenen Dreyfuß gesagt hatte. Von diesem Thalete wird auch ferner geschrieben / daß / wie er gefragt ward / warum er kein Weib nehme? Er geantwortet: Es wäre noch nicht Zeit. Und wie er abermal über etliche Jahre eben so gefraget worden / geantwortet: Es wäre nun zu späte: Die Zeit wäre jetzt alle fürbey. Um dreyerley Ursachen hat er pflegen den Göttern zu dancken: Erstlich / daß er wäre ein Mensch und kein unvernünfftig Thier: Zum andern /daß er wäre ein Mann / und keine Frau: Zum dritten /daß er wäre ein Grieche und nicht ein Barbarer. Denn die Griechen hielten sich höher / als alle Völcker auf Erden: Von ihm ist auch hergekommen das edle und güldene Wort / Nosce teipsum, welches man hernachmals mit güldenen Buchstaben auf die Thür des Delphischen Tempels geschrieben und gegraben hat.

[109] 2. Solon Salaminius, (welcher bürtig aus der StadtSalamine,) ist der ander gewesen unter den sieben Weisen aus Griechenland. Hat mit dem reichen König Crœso viel zu thun gehabt / davon wir anderswo etwas erzehlet. Der Crœsus hielt sich für dem glückseligsten Menschen auf der gantzen Welt wegen seiner grossen Macht / Reichthum und Herrlichkeit.Solon aber sagte ihm ins Angesicht: Er hielte die geringen Leute / und verstorbene Bürger zu Athen, Tellum, Cleobin und Bironem viel glückseliger alsCrœsum: Denn kein Mensch könte glückselig genennet werden / ehe denn er glückselig gestorben: Derselbe Crœsus hatte sich auf das allerköstlichste mit Königlicher Zierde angethan / und saß auf seinem Königlichen Stuel / fragte den Solonem, ob er auch sein Lebenlang ein schöners Spectaculum gesehen? Da hat Solon lachend gesaget: Warlich die Pfauen / Fasanen und Hauß-Hahnen seynd viel schöner / als du mit aller deiner Zierde. Denn derselben Thiere Schmuck ist natürlich / deiner aber nur von aussen angesetzet. Es pflag der Solon die Gesetze zu vergleichen den Spinnweben / in welchen / was leicht ist / behangen bleibet / das aber schwer ist / hindurch fället / und wird dadurch nicht aufgehalten.

3. Chilon Lacedæmonius, (in der Stadt Sparta /sonst Lacedämon genannt / gebohren:) ist der dritte Weise aus Græcia. Derselbe hat zwar viel weise Sprüche geredet und geschrieben / unter denen dieser nicht der geringste: Nemlich das Gold würde probiret durch den Strich-Stein / obs gut oder böse? Die Menschen aber würden erkennet durchs Gold / ob sie gut oder böse / treu oder untreu wären?

[110] 4. Pittacus Mitylenæus, von Mitylene bürtig / ist berühmt wegen folgender Sprüche: Er sagte / derselbe wäre weise und vernünfftig / welcher das Unglück zuvor sehen und verhüten könte / ehe es käme. Der selbe wäre behertzt und starck / der mit gedultigen Hertzen das Unglück ertrüge / wanns nun gekommen wäre. Einsmals ward Pittacus gefraget von einem jungen Gesellen / welcher freyen wolte und zwo Bräute hatte. Eine die ihm gleich war an Geschlecht und Gütern: die andere viel höher und reicher / als er / welche unter diesen beyden er zur Ehe nehmen solte? Da hatPittacus geantwortet: Mein Freund / geh nach den Knaben / die auf der Gassen spielen / von denselben wirst du erlernen was dir zu thun. Der Gesell gieng hin und fand die Knaben spielen ein Spiel / welches in Griechenland gebräuchlich war / und heisset τὴν κατὰ σαυτὸν ἒλα, das ist: Tu tibi sume parem: Daraus also der Jüngling verstanden / was ihm zu thun wäre. Und hat des Pittaci Rath und Lehre gefolget.

5. Bias Prienæus, dessen Vaterland Priene gewesen / eine Stadt den Thebanern zugehörig; wie dieselbe Stadt vom Könige Halyatta hart belägert / und durch grossen Hunger so geängstiget ward / daß sie sich bald muste ergeben / hat Bias zweene Maul-Esel aufs beste speisen und füttern lassen / biß sie schön und feist worden / dieselbe dem Halyatti ins Läger gesandt / welcher / wie er die Thiere so wohlgestalt gesehen / alsbald gedacht hat / die Menschen würden in der Stadt noch genug zu essen und keinen Mangel haben: Auch darum gedacht / die Stadt und die Belägerung zu verlassen / doch also / daß er zuvor einen Boten in die Stadt gesandt / der sehen solte wie es zustünde; da hat Bias einen [111] Hauffen Sandes überall bedecken lassen mit Weitzen / und solches dem Boten gezeiget. Derselbe hat gemeynet / es wäre eitel Weitzen: Derohalben diese Zeitung dem Könige Halyatti gebracht / der alsbald die Stadt verlassen hat. Doch für seinem Abzuge den Biantem bitten lassen, er wolte zu ihm kommen. Bias hat ihm zur Antwort gegeben: Ich befehle dem Halyatti, daß er Zwiebeln esse: Das ist / daß er sein Unglück beweine: Denn die Griechischen Zwiebeln seynd so scharff / daß deme /der sie isset / die Augen thränen. Bias fuhr einmal auf der See / da viel gottloser Buben mit im Schiff waren: Und wie ein grosses Ungewitter und Sturm entstund /also / daß das Schiff wolte untergehen; Fiengen die Buben an die Götter anzuruffen. Bias aber sprach: O schweiget stille / und ruffet nicht: Auf daß die Götter nicht hören / daß ihr allhier seyd / sonst würden sie euch eurer Boßheit halben verderben und untergehen lassen / und mich mit euch. Er saget auch / er wolte lieber Richter seyn / und eine Sache urtheilen zwischen seinen Feinden / als seinen Freunden. Dann (sprach er) urtheile ich unter zwey Freunden / so wird der eine unter denselben gewiß mein Feind / da er zuvor mein Freund war: Urtheile ich aber unter meinen Feinden / so wird der eine gewißlich mein Freund / der zuvor mein Feind war.

6. Cleobulus Lyndius ist derselbe / welcher dieses folgende Rätzel in Griechischen Versen geschrieben: Es ist ein Vater / der hat zwölff Kinder; Jegliches Kind hat dreyßig Töchter / derer halber Theil ist weiß / die ander Helfft ist schwartz / und ob sie wol alle sterben / so bleiben sie doch alle immer für und für. Bedeut das Jahr / welches hat zwölff Monat: Ein Monat dreyssig [112] Tage: Die bestehen im Licht und Finsterniß: Und ob sie schon vergehen / so kommen doch allezeit andere Tage wieder.

7. Periander Corinthius von Corintho / ist der siebende und letzte Weise aus Græcia: Er hat gewolt /daß kein Mensch wissen solte / ob er begraben wäre: Derhalben er ein solch Stratagema gebrauchet: Er hat zwey Knechte gemiethet / und denen befohlen / sie solten zu Nacht ausgehen / an einen gewissen Ort /ausserhalb der Stadt / da würde ihnen ein Mensch begegnen / den solten sie tödten / und beyseits in die Erde begraben: Darnach hat er vier andere Jünglinge bestellet / die solten dieselbe Nacht auch ausgehen an denselben Ort / und die zween vorigen Knechte umbringen: Ferner hat er zehen andere bestellet / die solten die jetztgedachte vier umbringen. Wie nun die bestimmte Zeit kommen / ist Periander hingegangen /und also von den zween Knechten erschlagen und begraben worden: Die zween Knechte seynd von den vier Jünglingen hinwieder umbracht / und diese viere von den zehen letztern gleichermassen erwürget / und also Periander getödtet und begraben worden / daß niemand gewust / an welchem Orte.

Durch Weisheit wird man berühmt / und erlanget unsterbliches Lob. Die Weisheit hat Alphonsus genannt eine Tochter GOttes / die uns allein könne zur Unsterblichkeit bringen / dieselbe sey auch unter allen Thieren allein dem Menschen gegeben.

66. Des wunderlichen Abentheuers Æsopi etliche Thaten
66. Des wunderlichen Abentheuers Æsopi etliche Thaten.

Der Phrygische Fabel-Schreiber Æsopus, welcher zur Zeit Königs Davids gelebet / und dafür gehalten wird / er sey der Assaph / des Davids [113] Chor- oder Sing-Meister gewesen / zwar sehr heßlich und abscheulich von Gestalt des Leibes / aber sehr weise und tieffsinnig von Verstande / war ein Knecht / und dienete einem Herrn. So begab sichs einmal / daß der Herr schöne grosse Feigen gekaufft. Da kamen des Æsopi Mitknechte / und frassen die Feigen auf. Wie nun der Herr nach den Feigen fragete / gaben die Knechte dem Æsopo die Schuld und sagten / Æsopus hätte sie gegessen. Æsopus ward hierüber zur Rede gestellet /und solte derohalben schwer und hart mit Ruthen gestrichen werden. Da hat er gedacht / wie er doch möchte seine Unschuld an den Tag bringen / und offenbar machen die / so die Feigen gefressen. Nahm derhalben laulicht warm Wasser / goß es in ein Becken / tranck davon einen guten Trunck. Bald darnach stieß er den Finger in den Halß / und brach alles Wasser rein wieder aus denn er den Tag noch nichts gegessen. Wie er solches gethan / hat er gebeten / der Herr möchte den andern Knechten befehlen / eben dasselbige auch zu thun / und von dem Wasser zu trincken; Solches haben sie thun müssen: Aber bald darauf sich nicht halten können sondern das Wasser mit den gegessenen Feigen wiederum aus dem Leibe gespiehen. Da hat der Herr gesehen / wer die rechten Thäter und Feigenfresser gewesen. Ist also Æsopus der Straffe entgangen: Seine Mitknechte aber sind jämmerlich mit Ruthen gestrichen worden. Auf eine andere Zeit ward Æsopus, beneben etlichen anderen leibeigenen Knechten von seinem Herrn auf einen Jahrmarckt gesandt / dahin sie auf ihrem Rücken tragen solten etliche grosse Bündel und Körbe voller Kauffmanns-Waaren. Nun vergönte der Herr demÆsopo, eine von den Bürden zu nehmen [114] / welcher er wolte / und was ihm gefiele: Da nahm er den allergrösten Korb / gefüllet mit Brod und Speise zur Reise nöthig / und ließ die kleinesten stehen. Seine Mitknechte lachten ihn deßhalben aus / und meyneten / er hätte närrisch gethan. Aber wie sie eine halbe Tage-Reise gegangen / und zu Mittage essen solten / da bracht Æsopus seinen grossen Korb mit Profiant herfür / und nachdem sie alle gegessen / ward der Korb halb leer / und nur halb so schwer wie vorhin. Da hat ihn Æsopus wiederum auf seine Schultern genommen / und weil er viel leichter zu tragen hatte, als alle andere / ist er weit vorhin gegangen. Zu Abend istÆsopi Korb gantz leer worden. Derohalben er des andern Tages nicht mehr zu tragen gehabt / als einen ledigen Korb / darüber die andern Knechte zum Theil auf Æsopum ungeduldig worden / zum Theil aberÆsopi Klugheit gemercket.


Ein jeglicher siehet auf seine Schantz. Es steckt offt in einem / was man in ihm nicht gesucht hätte.

67. Fabel vom Narcisso
67. Fabel vom Narcisso.

Ovidius erzehlet in seinem Wercke / welches er Metamorphosin getitulirt / daß ein Jüngling gewesen /Narcissus geheissen / der allerschönste zwar / der damals lebete / aber der sich wegen seiner schönen Gestalt dermassen erhub / und hoffärtig war / daß er alle andere Jünglinge und Jungfrauen neben sich verachtete. Diesen Narcissum gewann die schöne JungfrauEcho lieb / da sie ihn hatte gesehen spatzieren / und den wilden Thieren nachjagen. Gab auch dem Narcisso ihre Liebe zu verstehen / und wünschte nichts mehr / als daß sie wiederum von ihm möchte geliebet werden. Aber der hoffärtige Narcissus verachtete die Jungfrau Echo und [115] wolt ihr gantz und gar keine Zeichen der Liebe beweisen / sondern flohe allzeit von ihr. Dannenhero ward die Echo so traurig / grämete sich so viel / daß sie in kurtzer Zeit alle ihre schöne Gestalt und Kräffte des Lebens verlohr: Blieb auch nichts an ihr als Haut und Knochen. Ja verschwand endlich gantz und gar / und blieb von ihr nichts übrig / als nur die Stimme und ein Wiederschall den man noch in den Wäldern höret / wann man überlaut ruffet.

Aber der Narcissus entrann seiner Straffe auch nicht. Denn wie er einsmals im Walde spatzierte und zu einem Brunnen kam / sich niederbückte / und auf den Knien aus dem Brunnen trincken wolte / siehe /da erblickte er in dem hellen schönen Wasser seine eigene Gestalt / und ward alsbald mit Leibes-Flammen entzündet gegen dasselbe Bild / das er im Wasser gesehen / nicht wissend / daß es sein eigenes war / und nur ein Schatten ohne Leib und Seele. Er unterstund sich solch Bild im Wasser zu küssen / mit ihm zu reden auch selbiges zu umfahen; Fand aber nichts als einen lautern Schein. Hierüber stellete er grosse Klage an gieng Tag und Nacht weinend / verfluchte das Feuer welches ihm im Hertzen brennete. Biß endlich die Liebe gegen ihm selber (welche die Griechen nenneten Φιλαυτίαν) ihm dahin brachte / daß er für Hertzeleid todt darnieder fiel. Und ist aus seinem Leibe /nach Aussage des Ovidii, gewachsen die schöne Blume / welche heutges Tages von ihm den Nahmen hat / und Narcisse Rößlein genennet wird.

Siehe ein solch Ende nehmen alle die / welche allzuviel von ihm selber halten. Hoffart stürtzet machen in Lebens-Gefahr.

68. Das Glücks-Rad
68. Das Glücks-Rad.

[116] Die alten Heyden haben das Glück für eine Göttin gehalten / angebetet und derselben zugeeignet die Gewalt über alle menschliche Händel. Wann einem etwas guts oder glückliches wiederfahren / haben sie dem Glück dafür gedancket: Da ihnen etwas übles und unglückliches begegnet / haben sie sich über das Glück beschweret / beklaget / und es geheissen eine leichtfertige Hure / eine tolle / vermessene / blinde /unbarmhertzige Stieffmutter; Und weil sie gesehen /daß das Glück seine Gaben so wunderlich austheilete / indem es den Frommen und Weisen offtmals Armuth und Kranckheit zuwürffe; Die Bösen aber und Unwürdigen mit grossem Hauffen Goldes und Silbers /Ehr und Ansehen / mit Gesundheit und Schönheit begabte: Ja / daß die Fortuna im Augenblick einen hoch erhübe / alsbald wiederum in den Staub und Asche legte / und gantz erniedrigte: Endlich / daß in der Fortuna nichts beständigers wäre als die Unbeständigkeit / die ihr immerdar anhienge: Haben dieselbigen Alten aus diesen Ursachen das Glück gemahlet / als eine nackende / blinde Frau / oder auf einer Kugel / die sich nimmer umkehrete / und nimmer still stünde / habende in der einen Hand einen Beutel von Geldes /welchen sie unter die Leute ausschüttete: Mit der an dern Hand aber anderer Leute Beutel und Geld zu sich zöge und risse.

Von dem Sesostri, der Egyptier Könige / wird erzehlet / daß / nachdem er viel Völcker unter sich gebracht / er einen Wagen von lauterm Golde / Edelgesteinen / und Elffenbein haben machen / und darauff sitzende / sich von vier Königen als Pferden fortziehen lassen. Wie aber einer unter den ziehenden Königen [117] offtmals sich umgesehen / und die Räder des Wagens beschauet / ist er vom Sesostri gefraget worden /was es bedeutete / daß er so offt nach den Rädern schauete? Da hat derselbige geantwortet: Ich sehe und behertzige der Räder schnellen Umlauff / in welchem das höheste bald das niedrigste wird / und erinnere mich hiebey der Unbeständigkeit des Glücks / welches das Hohe so schleunig erniedriget / und das Niedrige wiederum erhöhet. Als Sesostris solches gehöret / hat er die Könige ausspannen / und sich nicht mehr von ihnen schleppen lassen: Gedenckend / daß er eben so wol dem Glück unterworffen / als diese Könige. Ovidius spricht klüglich an einem Ort:


Passibus ambiguis Fortuna volubilis erat,
Et manet in nullo certa tenaxqve loco.

Der berühmte Mahler Apelles, hat die Fortunam nicht stehend aufm Rade / sondern sitzend gemahlet. Und wieder gefraget / warum er solches gethan? Hat er geantwortet: Dieweil die Fortuna auf einer Stelle nicht könte oder möchte stille stehen bleiben.


Dem Glück wird viel beygemessen / daß die Menschen selbst verursachen. Virgil. Sua cuique exorsa laborem Fortunamque ferent. In der Welt ist nichts beständig /welches angedeutet wird durch die Fortun.

69. Des thörichten jungen Gesellen Phaëtontis Bitte - und der darauf erfolgter Fall
69. Des thörichten jungen Gesellen Phaëtontis Bitte / und der darauf erfolgter Fall.

Phaëton ist / nach der Poeten Gedichte / des Phœbus oder der Sonnen Sohn gewesen. Wie er sich deßhalben rühmte und überhub / ist ihm fürgeworffen worden / er redete solches mit Unwarheit. Auf daß er aber jederman beweisete / daß der Phœbus warhafftig [118] sein Vater wäre / ist er hingegangen zu dem Phœbo, denselben gebeten / und hoch vermahnet / wofern er sein rechter Vater wäre / so wolte er ihn einer Bitte / die er thun würde / gewähren. Phœbus hat ihn nicht allein in seiner Meynung bekräfftiget / sondern auch mit einem Eyde versprochen / alles / was er von ihm bitten würde / solte ihm gegeben werden. Da hat Phaëton gebeten / Phœbus möchte ihm auf einen Tag seinen Wagen und Pferde / damit er den Himmel durchfähret / und die Welt beleuchtet / vergönnen. Die Sonne ward hierüber bestürtzet / und bemühete sich mit vielen Reden und Ursachen ihren Sohn Phaëton abzumahnen von solchem grossen / schweren und gefährlichen Fürnehmen. Dennoch weil sie geschworen / undPhaëton nicht wolte ablassen / konte sie ihm die zugesagte Bitte nicht versagen / gab ihm / doch ungern /und mit grosser Beschwerniß / den Wagen und die Pferde: Vermahnet ihn aber erstlich sehr eyfferig und Väterlich / und gab ihm die Lehre / wie er sich im Fahren und Regierung der Pferde verhalten solte: Unter andern geboth Phœbus seinem Sohn Phaëtonti, er solte nicht zu hoch / noch zu niedrig fahren / sondern im Mittelwege bleiben / denn da wäre es am allersichersten: Ihm zusprechend diese güldene Wort:Medio tutissimus ibis. Also stieg Phaëton auf seines Vaters Wagen / und weil er den Weg nicht wuste /wohin er fahren solte / ihm auch die ungezähmten Pferde unmöglich zu regieren war / welche dann alsbald merckten / daß sie ihren rechten Meister nicht hatten / da haben sie angefangen zu lauffen / ausserhalb ihren gewöhnlichen Schrancken: Da ist die Deichsel zerbrochen: Die Räder sind von der Achsen abgefallen / und endlich der Phëton [119] mit samt Wagen und Pferden vom Himmel herrunter ins Meer gestürtzet. Der Phœbus aber hat letztlich seine Pferde wieder zusammen gebracht / den Wagen zurecht gemacht /und nachdem er um seinen Sohn genug getrauert /wiederum angefangen auf die alte Weise durch den Himmel zu gehen / und der Welt sein Licht mitzutheilen.


Junge unerfahrne Gesellen sollen ihnen nicht höhere Dinge anmassen / als sie verstehen oder verrichten können. Item / Eltern sollen den Kindern in allen Dingen ihren Willen nicht lassen: Denn sie offtmahls etwas bitten und begehren / daß ihnen selbst schädlich ist / und sie in grosse Gefahr stürtzet.

70. Von den Griechischen Kämpffen oder Streiten
70. Von den Griechischen Kämpffen oder Streiten.

Als Griechenland noch im Flor war / da hat man zu gewissen Zeiten / und an gewissen Orten / sonderliche Streite angestellet / sowol zu Ehren der Götter / als zu Ubung des Leibes. Dabey dann die meisten und fürnehmsten aus gantz Græcia erschienen: Theils im Streit sich brauchen zu lassen / in Hoffnung die Victorie davon zu bringen: Theils diesen Schau-Streiten zuzusehen.

1. Der erste Streit ist Certamen Olympicum genennet / und in der Stadt Elide gehalten worden. Erstlich vom Hercule angeordnet / welcher noch vier andere seiner Gesellen zu sich genommen / und mit einander gestritten auf fünfferley Art. Als nemlich 1. im Lauffen / 2. im Springen / 3. im Fechten / 4. im Stein oder Tisch zu werffen / 5. im Ringen mit Fäusten. Wer hierinnen das beste gethan / der ist mit einem Krantz von Oel-Blättern gekrönet worden. Nach geendetem Streit haben sie 5. Tage lang Gasterey angestellet.[120] Und seynd diese Certamina Olympica alle fünff Jahr gehalten worden. Diese Zeit von 5. Jahren ist Olympias genannt: Und haben die Griechen ihre Jahrzahl also von den Olympiade prima zu zehlen angefangen / gleichwie wir Christen von der Geburt Christi.

2. Die andern Streite hat man genannt Pythia: Erstlich von dem Apolline angeordnet / nachdem er den grossen Drachen Pythonem mit seinem Pfeile ermordet hatte. Und dieweil sie in der Stadt Pytho gehalten wurden. Allhie hat man fürnemlich gestritten / 1. in allerley Instrument-Schlagen / als Lauten / Harffen /Posaunen / Pfeiffen und dergleichen. 2. Im Reiten / da man nackt auff blosse Pferde gesessen / und also gerennet. 3. Im Wagen mit zwey Rossen / darauff einer gesessen / und von zween unbändigen Füllen in grosser Geschwindigkeit gezogen worden. Wer hierinnen überwunden / ist mit einem Krantz von Lorbeer-Blättern / zu des Apollinis Ehren / dem dieser Baum zugeeignet / gekrönet worden.

3. Certamina Nemea, sind die dritten gewesen /welche gehalten worden in einem dicken Walde / genannt Nemea, zum Gedächtniß des Archemori, welcher ein junger Knabe / und ein Sohn des fürtrefflichen Gesetzgebers Lycurgi gewesen; Diesen Archemorum hat bey dem Walde Nemea eine Schlange zu tode gebissen / wie er 3. Jahr alt gewesen. Dahero man die Nemea alle 3. Jahr einmal gehalten / und haben hierinne zusammen gestritten / die gewapneten Soldaten und ihre Kinder. Der Uberwinder ist mit einem Krantz von Eppich oder Petersilien (welches ist ein trauriges oder Todten-Kraut) zum Gedächtniß des getödteten Archemori gekrönet worden.

[121] 4. Die letzten Streite seynd gewesen Certamina Isthmia, also genannt von dem engen Lande Isthmo in Peloponeso: Erstlich angestellet zu Ehren Palæmonis, oder wie andere wollen / des Melicertæ. In diesen hat man gestritten auf dieselbe Art / wie in den vorhergehenden alle fünff Jahr einmal. Die Uberwinder seynd gekrönet worden mit einem Krantze von Fichten-Blättern oder Dannen-Baum.

In allen diesen vier Streiten haben sie den Brauch gehalten / und den Uberwinder nach erlangetem Siege / in die eine Hand einen Palmenzweig gegeben / ihme dabey grosse Ehre erzeiget und die Stadt / da er zu Hause gehöret / mit solcher Frölichkeit überschüttet /daß die Bürger seine Landsleute / ihn etliche Schritte auf ihre Hände gesetzet / und also getragen / daß er nicht hat an die Erde gerühret. Auch haben sie ihn nicht eingelassen durch die gewöhnliche Thore der Stadt / wie die andern Leute / sondern man hat sonderliche höltzerne Brücken biß über die Stadt-Mauren aufgebauet / über die er getragen worden. Wann er nun in die Stadt kommen / hat man aufm Marckte eine Marmor-Seule aufgerichtet / und darein seinen (des Uberwinders) Nahmen mit güldenen Buchstaben zum ewigen Gedächtniß gegraben. Sonsten aber hat er keine Verehrung bekommen / als nur den Krantz. Und nichts destoweniger sein Leben in Gefahr gesetzet. Dahero bey dem Herodoto eine solche Geschicht gelesen wird: Als der grosse König der Perser / Xerxes, die Griechen mit Kriegs-Macht überzogen hatte /eben zu der Zeit / wie die Olympia gehalten wurden /da hat er einen Griechen gefraget: Was der Gewinst wäre solcher Streite? Wie er aber antwortete: Ein Krantz von Oel Blättern: [122] Hat einer von des Xerxis Obristen / mit Nahmen Tygranes, überlaut geschriehen: O Xerxes, in was für ein Land / und zu was für Leuten hast du uns gebracht! Welche nicht streiten um Reichthum / sondern nur Ehr und Lobes wegen: Es ist auch dem Xerxi diese Kriegs-Expedition sehr übel bekommen.

Begierde des Lobes ist allen Menschen angebohren. Ehre und Ruhm zu erlangen setzet mancher sein Leben in die äusserste Gefahr.

71. Der edle Lorbeer-Baum
71. Der edle Lorbeer-Baum.

Der Lorbeer-Baum ist einer von denselben Bäumen /welche Winter und Sommer hier bleiben / und derer Blätter nicht abfallen. Er hat seinen Nahmen vom Lobe: Dieweil er unter allen Bäumen ewiges Lobes und Rühmens werth ist. Denn erstlich melden von ihm die Naturkündiger / daß er eine sonderliche geheime Krafft habe, dem Donner und Blitz zu wiederstehen / also / daß wo ein Lorbeerstrauch / oder desselben Blätter angeleget und beygestecket werden /solches für dem Donner frey sey / und von keinem Blitz beschädiget werden möge: Dieses hat wol gewust und gebraucht der Käyser Tiberius, welcher /weil er von Natur für dem Donner sehr erschrack / allezeit einen Krantz von Lorbeer-Blättern auf dem Haupte getragen. Hernacher haben die Alten auch die Lorbeersträuche zu ihrem Wahrsagen oder Propheceyungen gebracht: Dahero sie dieselbe genennetLaurum Vatidicam oder Fatidicam; Dieweil er zukünfftige Sachen / die von GOtt verhänget waren /zuvor verkündigte. Hiemit machten sie es also: Sie warffen den Lorbeer-Baum aufs Feuer / der alsbald zu knallen / und einen Laut von sich zu geben / anfienge: (Daher dis Sprichwort / Lauro [123] vocalior.) Wann er laut knallete / so verkündigte er groß Glück: Wann er aber heimlich verbrannte / so war es ein Zeichen eines Unglücks. Ja die Alten gebrauchten den Lorbeer-Baum auch zur Zauberey. Wann die Weiber die jungen Gesellen zu ihrer Liebe ziehen / und zwingen wolten / so verbrannten sie einen Lorbeer-Strauch /wie solches aus der Theocriti Pharmacevtria zu ersehen. Am allermeisten aber ward er gebrauchet zu Kräntzen / mit welchen die Käyser / die Uberwinder /und hernacher die Poeten auf ihren Häuptern gekrönet wurden / zur Anzeigung des ewigwährenden und unsterblichen Lobes / das sie erlanget hätten. Dahero zu Rom der Lorbeer-Baum nicht allein in grossen Ehren war / sondern ward auch heilig gehalten / und durffte ihn niemand zu gemeinen oder unheiligen Sachen gebrauchen. Ein jeglicher Käyser pflantzte mit seinen eigenen Händen einen Lorbeer-Strauch / und befand sichs (wie Plinius meldet) daß / wenn der Käyser starb / auch zugleich der von ihm gepflantzete Lorbeer-Strauch verdorrete und vergieng / so lange aber der Käyser lebete / so lange grünete auch der Lorbeer-Strauch.

Der Poet Ovidius meldet in seiner Metamorphosi, daß der Gott Apollo oder Phœbus eine schöne Jungfrau mit Nahmen Daphne, geliebet habe. Dieselbe aber / wie sie für ihm flohe / und ihm nicht zu Willen seyn wolte / sey von den Göttern in einen Lorbeer-Baum verwandelt. Worauf Apollo gleichwohl hernachmals nicht abgelassen / sondern denselben Lorbeer-Baum allezeit geliebet: Ihn für seinen Baum gehalten / und immerdar Lorbeer-Kräntze aufm Haupte getragen. Daher zweiffels ohne gekommen / daß die Wahrsager / die Medici und Poeten für allen andern sich den Lorbeer-Baum [124] zueignen. Denn Apollo ist gewesen ein Gott des Weissagens / der Artzney-Kunst /und der Poeterey.

Man muß aus der Natur keinen Aberglauben machen. Der Gerechte grünet wie ein Lorbeer-Baum.

72. Taback
72. Taback.

Als Kraut Taback hat seinen Nahmen von dem Ländlein Tabaco, welches gelegen in Neu-Spanien in der Neuen Welt / woselbst diß Kraut sehr häuffig wächset / und am meisten gebrauchet wird / auch von dannen erst heraus in diese Länder gebracht worden. Sonst wirds auch geheissen Nicotiana, von dem Frantzösischen Edelmann Johann Nicot, einem besondern Liebhaber dieses Krauts. In Holland heisset man es auch Perun: Welcher Nahme bey den Americanern inPeru gebräuchlich ist. Dieses Krauts Blätter / welche sehr groß / seynd offtmahls länger als eine Elle / und breiter als eine halbe Elle / werden auf eine sonderliche Art aufgetrucknet / und zusammen gewickelt /gleichwie ein dickes Seil / und hernacher klein zerschnitten / in erdene Pfeiffen gethan / ans Licht gehalten / davon man alsdann den Rauch in den Mund ziehet. Solches nennet man Taback-trincken; Welches nunmehr so gemein in Holland / Spanien und Engelland / daß der König in Engelland jährlich mehr als zweymahl hundert tausend Ducaten Zoll nur allein vom Taback / der allda verkaufft und jährlich vertruncken wird / zu heben hat. Diß Taback-trincken haben unsere Leute gelernet von den Americanern /welche immerdar / ja stündlich / den Rauch des Tabacks ins Haupt trincken / davon truncken werden /eben als vom Wein: Ja können ohne [125] dasselbe nicht leben. Nun fraget sichs / ob dieses Tabacktrincken /oder Rauchsauffen gesund sey oder nicht? Allhie befinden sich zwo Extremitäten: Etliche gebrauchen es allzuofft / und haben sich darzu so sehr gewehnet, daß / wo sie nicht täglich / ja stündlich trincken / so werden sie kranck. Etliche haben gantz einen Abscheu dafür / und können nicht einmal den Rauch davon vertragen / vielweniger den Rauch einziehen. Und gehet es ihnen hiemit eben so / als andern / die von Natur nicht können Käse oder Butter essen / nicht können Katzen leiden / nicht können den Wein schmecken. Welche nun aus einer sonderlichen Antipathia nicht können des Tabacks Geruch leiden / denselben wird solchen Rauch in den Leib zu nehmen vielweniger gesund seyn. Die ersten aber belangend /nemlich die rechten Taback-Schwelger / die thun den Dingen zu viel / überladen die Natur / und thun sich und ihrer Gesundheit grossen Schaden; Dann obwol der Taback an sich ein köstlich / gesund / und zu vielen Dingen nützliches Kraut ist / so ist doch der Mißbrauch nicht gut: Und es gehet hiemit eben / als mit dem Wein / welcher zu viel getruncken / schadet: Mäßig aber getruncken / den Leib erfrischet und erquicket. Also muß man mit dem Taback den Mittelweg gehen / und sich nicht uber die Masse damit beladen. Dann es ist gewiß und unläugbar / daß es eine sehr gewaltsame Purgierung ist / wann man den Rauch ins Gehirn ziehet; Dadurch wird das Gehirn mit Gewalt zusammen gezogen und gedrucket / als wann man einen Schwamm drucket / und die nasse Feuchtigkeit heraus presset. Wann aber das Haupt sehr überhäuffet ist mit kalter Phlegmatischer Feuchtigkeit / und man alsdann ein kleines Räuchlein Tabacks mit [126] Aniß und Majoran vermischet / zu sich zeucht / solches kan einem nicht groß schaden / sondern vielmehr Vortheil bringen / wanns nur nicht zu offt und zu viel auf einmahl geschicht. Ich weiß mich zu erinnern / daß für 24. Jahren auf der hohen Schul zu Leiden in Holland ein Ubelthäter solte gerichtet /und der Anatomie übergeben werden: derselbe bekannte für seinem Ende / daß er des Tabacks sein Lebenlang mehr getruncken / als 20. andere. Wie nun der Anatomicus desselben Cörpers Haupt eröffnet /befand sichs / (welches ich benebens vielen andern gesehen) daß nicht allein der innere Knoche über der Nase / (welcher wie ein Sieb durchlöchert) gantz kohlschwartz / verbrannt und mürbe / sondern auch das förderste Gehirn / nächst dem gemeldten Knochen / gleichfals schwartz und gar vertrocknet war vom Rauch des Tabacks. Dahero zu vermuthen / daß demselben Menschen aller Geruch vergangen.


Taback ist zwar gesund und Gut / aber man kan dessen auch wol zu viel gebrauchen. Darum muß man mäßig desselbigen geniessen. Maaß ist zu allen Dingen das beste.

73. Drey Charites oder Gratiæ
73. Drey Charites oder Gratiæ.

Die Göttinnen der Danckbarkeit / zu Latein Gratiæ, auf Griechisch genennet χἀριτες, seyn an der Zahl drey / mit Nahmen Aglaja, Thalia, Euphrosine. Solche werden auf folgende fünfferley Art gemahlet von den Mahlern / und von den Poeten beschrieben:

1. Erstlich seyn sie nackend / ohne einige Kleider oder Zierath: Damit anzudeuten / daß der / so etwas gut und denckwürdiges verrichten will / es aus reinem unverfälschtem Hertzen ohne eine Verblühmung /[127] nicht aber aus Schein / oder angezogener fremder Zierath thun solle.

2. Ferner sind sie auch Jungfrauen / in ihrer zarten blühenden Jugend: Dabey gelehret wird / daß / wer Gutthat empfangen hat / derselbe soll solches allezeit in frischem Gedächtniß behalten / und den Danck nicht lassen veralten. Die Dancksagung soll in unsern Hertzen / Worten und Wercken herfür blühen / alle Tage neu / wie die schönen jungen Mägdlein herfür gläntzen.

3. Dabeneben stehen die Gratiæ mit lachendem Gesichte: Dadurch wird angedeutet / daß wer Gutes thut / und einem andern Wolthat erzeiget / soll solches aus frölichen / freyen / willigen Hertzen thun: Nicht mit Zwang oder wider seinen Willen / sondern gerne und mit lachendem Munde: Daher ist das Sprichwort: Einen frölichen Geber hat GOtt lieb.

4. Uber das / seynd ihrer an der Zahl drey / dessen Bedeutniß ist / daß der Dank oder die Vergeltung solle dreymal grösser und mehr seyn / als die Gabe. Wann einer Wolthat beweiset / und der andere dieselbe empfähet / soll er alsbald zur Wiedervergeltung greiffen.

5. Letzlich haben sie sich einander bey der Hand gefasset / anzudeuten / daß Wolthat mit Wolthat solle zusammen gleichsam als an einer Kette gebunden seyn / und je eine die andere bey der Hand haben / das ist / alsbald eine auf die andere folgen.

Man bildet offt mit äusserlichen Gemählden grosse Kunst und Tugend vor. Darum soll man nicht so sehr auf das äusserliche / als auf die innerliche Bedeutung sehen.

74. Der Studenten dreymahl drey Führer
74. Der Studenten dreymahl drey Führer.

[128] Marsilius Ficinus hat in seinem Buche vom dreyfachen Leben eine schöne Invention gesetzet / darinn er angedeutet / daß wer sich auf gute Künste legen / und der Weißheit ergeben will / demselben seyn nöthig dreymal drey Dinge oder Führer / als nemlich / drey im Himmel / drey im Gemüthe / und drey auf Erden.

Die drey Führer oder Gehülffen im Himmel seynd,Mercurius, die Sonne / und Venus.

1. Mercurius, ein Erforscher und Erfinder geheimer Dinge / reitzet an und vermahnet zum Studiren / und zu suchen / was löblich und der Weißheit gemäß ist.

2. Die Sonne / oder Phœbus erleuchtet mit seinen Strahlen / sowol die Gemüther / welche dem Studiren obliegen / als auch die Dinge selbsten / welche man erforschet / und machet / daß uns alles hell und klar fürkomme.

3. Venus machet mit ihrer Frölichkeit und Bequemlichkeit / daß / was durch Hülffe des Mercurii erfunden / und durch Hülffe des Phœbi leicht und klar verstanden und begriffen / könne artig und deutlich ausgesprochen / oder in die Feder gefasset werden / auf daß es eine Art und Lieblichkeit gewinne.

Die andern drey Führer im Gemüthe seynd: Ein beständiger Wille / ein gutes Verständniß / ein starck Gedächtniß.

1. Der Wille und Begierde zu lernen muß fest /standhafftig und gewiß seyn / damit man nicht wancke / oder in seinem Fürnehmen unbeständig sey. Wer sich einmal fürgenommen dem Studiren obzuliegen /der muß beständig dabey verharren / und sich durch keine Mühe oder Arbeit abschrecken lassen.

[129] 2. Ein gutes Ingenium ist einem Studenten auch hoch nöthig / damit er alle / und insonderheit subtile Sachen / bald ergreiffen und verstehen könne. Die von Natur dumm / und von keinem guten Verstande seynd / die erreichen selten ein gewünschtes Ende ihres Studirens. Dann gleichwie man aus jeglichen Klotze nicht kan ein Bildniß machen / also sind alle Ingenia zum Studiren nicht bequem.

3. Das Gedächtniß muß auch gut und standhafftig seyn. Dann wann man noch so viel und lange studirete / und könte nichts auswendig behalten / so wäre das Studiren nichts nütze. Ich halte es dafür / daß einer nur so viel wisse / als er im Gedächtniß behalten kan. Der nichts weiß ausserhalb der Bücher / ist gleich der Lauß / so nichts vermag / ausserhalb dem Grinde.

Die drey letzten Führer seynd fromme Eltern / ein getreuer Præceptor, und ein erfahrner Artzt.

1. Wann die Eltern fromm und ehrlich seyn / so ist zu vermuthen / die Kinder seyn auch so. Von den Eltern haben die Kinder nicht allein die Gaben des Leibes und des Gemüthes / sondern müssen auch von ihnen gewärtig seyn aller Unkosten / welche auf das Studiren gewendet werden.

2. Ein fleißiger und getreuer Præceptor ist auch höchlich vonnöthen / der einen jungen Studenten unterrichte in Gottesfurcht / in guten Sitten / in Sprachen und Künsten: Und keinen Fleiß spare / seine Schüler zu bringen an den gewünschten Zweck der Erudition und Weißheit.

3. Ein Artzt ist auch vonnöthen. Dann die Gelehrten seynd gemeiniglich schwach von Natur und Leibe[130] Angesehen / weil durch viel Studieren die Kräffte des Leibes sehr geschwächet werden: So muß nun einMedicus den Studenten bey der Hand seyn / wenn sie irgendwo in Kranckheit fallen: Das seyn also die dreymal drey Führer der Studenten.

Siehe / so viel gehöret zu Erlangung der Wissenschafft. Dahero dann billich die Gelehrten für allen andern Menschen in Ehren zu halten.

75. Vom Heraclito und Democrito
75. Vom Heraclito und Democrito.

Diese zween seyn fürnehme / berühmte Philosophi gewesen / von gantz widerwärtiger Meynung und Natur. Denn Heraclitus hat allezeit geweinet / undDemocritus hat allezeit gelachet. Geweinet hat Heraclitus, so offt er ist aus seinem Hause unter die Leute gegangen: Denn er hat gesehen und in seinem Hertzen betrachtet / daß alles / was an dem Menschen / nur eitel Elend / Jammer / Noth und Unglück sey / von der Geburt des Menschen an / biß er ins Grab geleget wird. Diß menschliche Elend hat Heraclitus bitterlich und allezeit beweinet. Im Gegentheil hat der Democritus allezeit gelachet / wann er auf der Gassen gegangen: Dieweil er gesehen und behertziget die grosse Thorheit und Eitelkeit des Menschen. Er als einer / der nur allein die Weißheit suchete / und dieselbe hoch hielte / hat alles andere / was die Leute gemeiniglich thun / für Unwissenheit und Narrentheidung gehalten / das billich des Auslachens und Verachtens werth wäre. Daher ist das Sprichwort: Risus Democriti, und dieser Vers Juvenalis:


Perpetuo risupulmonem agitare solebat Democritus.


Die zwey Dinge / Lachen und Weinen / gehören zwar dem Menschen eigentlich zu / und keinem unvernünfftigen [131] Thiere. Aber man muß nicht allezeit weinen / und nicht allezeit lachen / als diese beyde Männer gethan: Sondern Weinen hat seine Zeit / und Lachen hat auch seine Zeit. Nun ist das Weinen dem Menschen gleichwol mehr angebohren / als das Lachen. Dann nicht allein alle Menschen / wenn sie auf die Welt kommen / weinen: (Man hat nur das einige Exempel des Königs Zoroastris, der / wie er gebohren alsbald gelachet:) Sondern es hat der HErr Christus unser Seligmacher etlichmal geweinet / als nemlich über Jerusalem / über den verstorbenen Lazarum. Aber daß er jemals gelachet / finden wir in der heiligen Schrifft nicht.


Man hat mehr Ursach zu weinen über die Boßheit / als zu lachen über die Thorheit der Menschen. Vornemlich Christen / weil dieselbigen wissen / daß auf die Sünde folgen wird ein ewiges Weinen.

76. Was Virgilius erdacht und geschrieben vom Ænea
76. Was Virgilius erdacht und geschrieben vomÆnea.

Gleichwie Homerus ein sonderlich Buch im Griechischen Versen geschrieben vom Ulysse, genannt Odyssea: Also hat Virgilius in Lateinischen Versen vomÆnea ein herrliches Werck / welches er Æneida nennet / verfertiget und hinterlassen. Der Inhalt der Historien vom Ænea ist dieser:

Nachdem die Stadt Troja gewonnen / und in vollen Flammen stund / ist der Trojanische Fürst Ænea dem Feuer und dem Tode entrunnen: Hat auch er der Eile aus Troja mit sich weggeführet seinen alten Vater den Anchisen, welchen er mitten durch das Feuer auf seinem Rücken getragen / bey der Hand hebend seinen kleinen Sohn Julum, oder Ascanium, und ist also mit etlichen Gefehrden nach der See zu den [132] Schiffen geeilet / allwo er seine Hauß-Frau / die Creusam, welche in der Flucht von ihm kommen war / und vielleicht im Feuer verbrannt / erst vermisset.

Hierauf ist er mit seiner Gesellschafft und etlichen Götzen-Bildern / die er aus Troja mit weggenommen / zu Schiffe gangen / und davon gesegelt. Endlich nach grosser Gefahr und erlittenen Verlust etlicher Schiffe in Phœnicia angelanget / woselbst dazumahl die Königin Dido, eine junge Wittwe / regierete / wel che eben zur selben Zeit anfieng die Stadt Carthago zu bauen.

Æneas giebt sich mit seinen Gefehrden bey ihr an /bittet um sicher Geleit und Herberge: Das ihm nicht allein von der Didone gerne gegeben ward / sondernDido gewinnet auch den Æneam (nachdem er in ihrer Gegenwart erzehlet hatte / wer er wäre / und wieTroja nunmehr erobert / und zerstöret sey) dermassen lieb, daß sie ihn zu ihrem Ehemann erwehlet / und gerne hätte annehmen und behalten wollen. AberÆneas zog aus Befehl der Götter heimlich von derDidone weg / darum sie sich so sehr bekümmerte /theils aus Liebe / theils aus Verdruß / daß sie sich selbst an einen Balcken erhenckete.

Also segelte Æneas mit seiner Gesellschafft ferner fort / und kam in Italiam, da zu der Zeit der Latinus Herr und König war (von welchem Italia ist Latium genannt.) Dieser Latinus hatte eine Tochter mit Nahmen Lavinia, um welche ein trefflicher Kriegs-Held /Turnus genannt / freyete. Nun war dem Ænea von den Göttern zugesaget / daß er und seine Erben solten Italiam besitzen / und ein eigenes Königreich daraus machen. Derohalben konte es nicht anders [133] seyn /Æneas müste den Turnum aus dem Wege räumen /und also des Königes Tochter Laviniam auf seine Seite bringen und gewinnen. Dahero erregte sich der Krieg zwischen diesen beyden Helden. Endlich grössere Blutvergiessung zu verhüten / ward aus Rath und Willen des Königs Latini und der Laviniæ, ein eintzler Kampff angesetzet / zwischen Turno undÆnea alleine: Wer darinn obsiegen würde / der solte die Braut haben / und nach des Latini Tode Herr des Landes seyn. In diesem Streit fügete das Glück demÆnea also / daß er Turnum zu tode schlug. Also ward die Lavinia des Ænea Ehe-Weib / und wie Latinus mit Tode abgieng / ward Æneas König über Latinum oder Italien / und nach ihm sein Sohn Julus; Von welchem Ænea als dem ersten und fürnehmsten Könige ihren Ursprung genommen die andern Könige inItalia.

An Æenea haben wir ein schönes Exempel der Liebe der Kinder gegen die Eltern. Fremde soll man gerne herbergen. Viele tödtet die blinde Liebe. GOttes Rath und Willen soll man folgen. Nach dem Ungewitter scheinet endlich die Sonne.

77. Vom Untergang der Stadt Troja - und dem Trojanischen höltzernen Pferde
77. Vom Untergang der Stadt Troja / und dem Trojanischen höltzernen Pferde.

Als die Stadt Troja von den Griechen schon zehen gantzer Jahr belägert gewesen / und nunmehr die Götter über dieselbe beschlossen / daß sie gewonnen /zerstöret / und in die Asche solte geleget werden; Da haben aus Rath und Angeben der Göttin Pallas, die Griechen von Holtz ein groß ungeheures Pferd inwendig hohl gebauet / und darein den Ausschuß ihrer besten und behertztesten Soldaten verstecket / welche durch eine heimliche im Bauche des Pferdes gemachte Thür / aus und ein kommen konten / wanns ihnen beliebete. Wie diß Pferd fertig / haben [134] sie diese List erdacht / das Pferd mit denen eingeschlossenen Soldaten / derer Anführer war Ulysses, haben sie in ihrem Lager nahe bey der Stadt Thor stehen lassen: Seynd etwas zurück gezogen / biß ans Gestade des Meers /und sich gestellet / als wären sie gantz abgewichen. Bey dem Pferde haben sie gelassen einen verzweiffelten Buben und Waghalß Sinon genannt / derselbe solte den Anschlag ferner fortsetzen. Die Trojaner in der Stadt seynd dieses Pferdes / einem hohen Berge gleich / ansichtig worden / auch gesehen / daß die Griechen ihr Läger verlassen / und niemand mehr vorhanden: Dadurch bewogen häuffig aus der Stadt zu gehen / und das Wunder-Pferd zu beschauen. Da ist ihnen der Verräther Sinon, der sich selbst verwundet /und sonsten mit Schlägen übel zugerichtet hatte / die Hände auf den Rücken gebunden / entgegen gekommen / alsobald für die Obristen der Stadt Troja geführet und gefraget worden / was das ungeheure Pferd bedeutete? Wo die Griechen hingewichen? Wer ihn (den Sinonem) so übel zugerichtet hätte? Sinon hat aus falschem Hertzen sich sehr kläglich / und als wäre dieses Ubel ihm von den Griechen angethan / gestellet / und ferner berichtet / daß es mit dem Pferde eine solche Beschaffenheit hätte / und von den Göttern also versehen wäre: Würden die Trojaner das Pferd / als der Göttin Palladis Werck / mit Reverentz in die Stadt nehmen / so würde Troja und das Trojanische Reich von allem Ubel befreyet / und zu ewigen Zeiten bleiben und floriren. Würde man aber dem Pferde Leid zufügen / so würde gewiß die Stadt zu Grunde gehen und zerstöret werden. Diese Rede ist den Trojanern zu Hertzen gangen. Und obwol etliche [135] Warsager / und andere verständige Leute widerriethen / daß man das Pferd nicht annehmen / sondern zuhauen und zu nichte machen solte / so seynd doch die meisten der Meynung worden / das Pferd in die Stadt zu bringen. Darauf hat man die Thore und Stadt-Mauren niedergerissen / und das grosse Pferd mit grossem Frolocken hinein gebracht. Und ist die gantze Stadt am selben Tage mit Frölichkeit / Fressen / Sauffen und Spielen schier ersoffen. Nachdem die Nacht herankommen / und alles Volck in der Stadt vom Schlaffe und Wein eingenommen / und nunmher der Feind einen freyen Eingang durch die abgebrochene Mauren in die Stadt bekommen / da seynd die Soldaten durch die heimliche Thür aus dem Bauche des Pferdes herfür getreten /den andern Griechen durch ein angezündetes Feuer die Losung und Zeichen gegeben: Welche auch alsobald in die Stadt gefallen / und allda nicht allein die schlaffenden und trunckenen Trojaner allesamt / wie nicht weniger den König / die Königinne / und deren Söhne und Töchter / als alle andere Alte und Junge /Manns und Weibspersonen niedergehauen / sondern auch den schönen Königlichen Pallast Ilium, und die gantze Stadt Trojam in Brand gestecket / und also zu Aschen gemacht / daß man auch die Stätte / da Troja gestanden / kaum mehr erkannt. Der massen ist die Stadt Troja nach einer zehenjährigen Belägerung erobert / und durch Einnehmung des grossen höltzernen Pferdes geschleiffet worden / welches dahero den Nahmen eines Trojanischen Pferdes jederzeit behalten.


Wann GOTT eine Stadt will lassen untergehen / so hilfft kein Witz noch Widerstand / und werden alsdann die Klugen zu Narren. Krieg ist eine grosse Plage / dadurch werden verwüstet und verzehret Länder / Leute und Städte.

78. Etliche von den alten hochberühmten Mahlern
[136] 78. Etliche von den alten hochberühmten Mahlern / Protogenes, Apelles, Zeuxis, Parrhasius.

Es seynd zu alten Zeiten der hochberühmte Mahler gewesen / Protogenes, Apelles, Zeuxis und Parrhasius, derer Lob bis in den Himmel erhoben / und noch heute unsterblich ist. Von denen will ich etliche Kunst-Stücklein erzehlen.

Der Protogenes wohnete in der Insul Rhodo: Dahin reisete auf einmal Apelles, Protogenem zu sehen / und mit ihm Kundschafft zu machen. Wie er dahin kam / gieng er in des Protogenis Hauß; Fand ihn aber selber nicht daheim / sondern nur ein altes Weib / welches das Hauß verwahrete. Da ward er gewahr eines Gemähldes auf einer Tafel / welches an der Wand hienge. Das Weib fragte ihn / wer er wäre /auf daß sie ihrem Herrn möchte Bericht geben / wenn er zu Hause käme. Apelles nimmt einen Pinsel / und ziehet mit Farben eine aus dermassen subtile Linie über die gemahlte Tafel / und gehet damit hinweg.Protogenes kommt zu Hause / und wird berichtet von der alten Frauen alles / was sich mit dem Apelle hätte zugetragen: Protogenes, nachdem er die Linie beschauet / spricht er: Warlich / Apelles ist in Rhodum gekommen. Dann niemand hat solchen kunstreichen Strich thun können. Alsbald nimmt Protogenes auch einen Pinsel / und ziehet mitten in des Apellis Strich eine andere Linie mit Farben / noch subtiler als die vorige: Befiehlet hiemit der Alten / wann der Mann wiederkäme / solte sie ihm dieselbe zeigen und sprechen / dieser ist es / welchen du suchest. Kurtz [137] hernach kommt Apelles wieder / dem ward vom Weibe der gemachte Strich gezeiget. Apelles schämete sich /daß er solte überwunden werden: Nahm derhalben wiederum den Pinsel / und zoge noch einen subtilern Strich mitten in des Protogenis Strich / also daß es nicht möglich war solchen zu verbessern / oder subtiler zu machen: Gehet damit von dannen. Protogenes wiederkommend / siehet das Kunst-Stücklein / und bekennet / er sey von dem Apelle überwunden: Läuffet hin nach dem Meer-Hafen / suchet den Apellem, und findet ihm endlich. Führet ihn in sein Hauß / und erzeiget ihm alle Freundschafft.

Ferner derselbe Apelles ward durch Ungewitter /wie er auf dem Meer segelte / getrieben auf Alexandriam, allda er sehr viel Mißgönner / auch den König selbst zum Feinde hatte. Wie es kund worden / daßApelles allda angelanget / ist einer von des Königes Hofleuten / aus Schimpff und Abgunst / zu dem Apelle gegangen / ihm angedeutet / der König ließ ihn bitten / er wolle kommen und zu Mittage mit ihm Mahlzeit halten. Apelles gehet zu bestimmter Zeit hin. Wie er in den Königlichen Saal kommen / ward er mit Spott und Gelächter gefraget: Wer ihn dahin gebeten oder beschieden: Er antwortet / es sey einer von den Hofleuten gewesen / so vom Könige an ihm abgesandt. Der König lässet alle seine Diener zusammen ruffen / und befiehlet dem Apelli, demselben kund und offenbahr zu machen / und zu zeigen / welcher ihn gebeten. Weil nun solcher nicht unter dem Hauffen war /sondern sich abgesondert hatte / so gehet Apelles hin zum Feuer / das in dem Fürstlichen Gemach war / ergreiffet eine Kohle / löschet die aus / gehet hin nach der Wand / und fänget [138] an abzumahlen die Gestalt desselben / der ihm den Königlichen Befehl anbracht hatte. Ehe Apelles das Conterfey noch vollendet / da erkennent / der König und alle seine Diener / wer derselbe gewesen wäre: Dadurch der König bewogen /den Apellem nicht allein zur Mahlzeit bey sich zu behalten / sondern auch denselben hernacher in grossen Ehren zu halten.

Bey demselben Plinio, (daraus wird diß gezogen) befindet sich auch folgende Geschicht: Die beyden Meister / Zeuxis und Parrhasius, stritten zusammen in ihrer Kunst / und wolte ein jeglicher der Kunstreichste seyn. Zeuxis hatte so artig und natürlich etliche Weintrauben gemahlet / daß auch die Vögel zugeflogen kamen / und meyneten / es wären warhafftige Trauben. Darüber ist Parrhasius kommen und hat für die Trauben und Gemählde einen gar subtilen Fürhang oder eine Decke gemahlet. Zeuxis bildete sich ein / er hätte gewonnen / weil auch die unvernünfftigen Vögel durch seine Kunst betrogen waren: Befahl derhalben / damit jederman seine Kunst sehen könte /man solte den Fürhang für dem Gemählde wegthun: Lieff auch selber hin / vermeynend es wäre ein warhafftiger Fürhang / und fieng an zu ziehen: Endlich ward er gewahr / daß es nur gemahlet. Da hat er überlaut geruffen / du hast mich überwunden / Parrhasi, dann ich habe die Vögel / du aber einen Menschen /ja den Meister selber betrogen.

Hernacher hat Parrhasius auch auf eine Tafel etliche Weintrauben gemahlet / welche ein Knabe im Korbe trug / da seynd gleichfalls die Vögel hinzu geflogen / die Trauben zu essen. Parrhasius aber ist auf sich selber zornig worden / sprechend: Die Trauben sind besser gemahlet als der Knabe: Dann wäre der[139] Knabe vollkommen gemacht / so hätten sich für ihm die Vögel gescheuet / und wären nicht hinzu geflogen.

Der eine Künstler übertrifft den andern. Niemand ist so vollkommen / er findet seinen Meister.

79. Vom Sprichwort: Ille habet equum Sejanum
79. Vom Sprichwort: Ille habet equum Sejanum.

Aulus Gellius vermeldet in seinem Buche / genanntNoctes Atticæ, daß ein fürnehmer Mann / mit Nahmen Cnejus Sejus, habe ein trefflich schön Pferd gehabt / davon man geglaubet / daß es wäre von den Pferden des Diomedis, welcher ehemals für Troja gestritten. Obwohl aber das Pferd an Adel und Schönheit seines gleichen nicht gehabt / so ist doch dessen Art gewesen / daß / wer es gehabt oder besessen / der ist mit seinem gantzen Hause und Geschlechte zu Grunde gegangen / und zu nichte worden. Dann dieses Pferdes erster Herr der Sejus, ist von dem Marco Antonio zum Tode verdammt worden / und hat ein jämmerliches Ende genommen. Nach dem Sejo hat der Bürgermeister Dolabella das Pferd bekommen: Derselbe ist auch alsbald in Syria in innerlichen Krieg ermordet worden. Hernach ist der Cajus Cassius, welcher den Dolabellam belägert und getödtet hatte /des Pferdes Herr worden; Aber dieser Cassius ist auch ebenmäßig / nachdem sein gantzes Kriegs-Heer geschlagen / eines elenden Todes gestorben. Endlich ist der Antonius, welcher den Cassium überwunden /und mit grossem Siege triumphiret / des Pferdes Besitzer worden: Aber so bald er es erlanget / ist er überwunden worden / und erschrecklicher Weise um kommen. Dieses Pferd hat zum alten Sprichwort Anlaß gegeben: Ille homo [140] habet equum Sejanum: Ist zu verstehen von einem unglückseligen Menschen /dem nichts gerathen noch gelingen will / er fahe es an / auf was Art er wolle.


Die Sünde ist das rechte Unglücks-Pferd / wer das reitet / muß zu Grunde gehen.

80. Das Wunder-Thier Sphinx, dessen Rätzel vom Oedipo aufgelöset
80. Das Wunder-Thier Sphinx, dessen Rätzel vom Oedipo aufgelöset.

Bey der Stadt Thebe im Griechenland / war ein ungeheures seltzames Wunder-Thier / Sphinx geheissen /welches allen / so fürüber giengen / folgendes Rätzel aufzulösen fürgab:


Des Morgens hats vier Füsse /
Des Mittags zwey Füsse /
Des Abends drey Füsse.

Wer nun auf diß Rätzel nicht konte antworten /oder demselben gnug thun / der ward vom Sphinge zerrissen und aufgefressen. Endlich ist der Oedipus, ein sehr verständiger Mann / hinzugetreten: Der hat des Rätzels Bedeutung erfunden / und es also aufgelöset: Der Morgen ist die Kindheit menschlichen Alters / alsdann so kriechet das Kind auf Händen und Füssen / und ist also vierfüßig.

Der Mittag ist das Mittel-Alter / darinn der Mensch gehet auf zwey Füssen / wie sichs gebühret.

Der Abend ist das hohe Alter / alsdann pfleget man am Stabe zu gehen / und also gleichsam drey Füsse zu haben.

Von dieser Fabel hat seinen Ursprung genommen das gemeine Sprichwort / Davus sum, non Oedipus. Dann Davus ist ein Knecht und unverständiger Diener beym Terentio.

[141] Klugheit ist besser denn aller Welt Gut / und errettet manchem sein Leben.

81. Des Bauersmanns - Furii Cresini, Fleiß und Verantwortung
81. Des Bauersmanns / Furii Cresini, Fleiß und Verantwortung.

Es hat der Poet Virgilius weißlich und wohl geredet:Labor improbus omnia vincit. Dann nichts ist so schwer / das nicht durch grossen Fleiß und Arbeit kan zuwege gebracht werden / wie zu ersehen in nachfolgender Historia / welche vom Plinio erzehlet wird: Nicht weit von Rom in einem Dorffe wohnete ein Bauer / mit Nahmen Furius Cresinus, der hatte zwar einen geringen Acker / aber er bauete mehr Früchte und Korn darauf / als seine Nachbarn auf ihren grossen Feldern. Ward derhalben von den Nachbarn für dem Rath zu Rom verklaget / als brächte er durch Zauberey und ungebührliche Mittel anderer Leute Früchte an sich. Er aber scheuete sich nicht für Gerichte zu erscheinen / und kam also dahin: Brachte mit sich seine Tochter / welche sehr starck vom Leibe war. Item alle seinen Werckzeug / gosse schwere Spaden / grosse feiste und starcke Ochsen; Und sprach endlich zu den Richtern: Ihr Quirites, man beklaget mich der Zauberey halber: Sehet / da ist mein Zauberwerck: (Zeigete hiemit sein Geräthe das er dargebracht.) Wann ich euch auch könte für Augen stellen mein fleißiges Arbeiten / meinen Schweiß / mein Wachen und Sorgen / so würdet ihr ein mehrers sehen. Hiemit ist er alsbald ledig und loß gelassen worden.


Es verdreust dem einen / wann sein Nachbar besser in seinen Nahrung fortkommen kan / denn er selbsten. Wer gerne arbeitet / der bleibet wol / und kommet am besten fort.

82. Von den Sirenen - und derer lieblichen Gesang
[142] 82. Von den Sirenen / und derer lieblichen Gesang: Wie sich Ulysses dafür verwahret.

Es haben die spitzfindigen Poeten durch mancherley Gedichte die Jugend abmahnen wollen von den Lastern / und insonderheit von der ungebührlichen Wollust / unter andern aber ist wol von den fürnehmsten eines dieses / welches sie von den Sirenibus geschrieben / und verhält sich folgender massen:

Im Mittelländischen Meer / zwischen Italien und der Insul Sicilia / haben ihre Wohnung gehabt etliche wunderseltzame Weibes-Personen / Sirenes genannt /welche am Obertheil ihres Leibes trefflich schön gewesen / gleich jungen Mägdlein / unten aber haben sie sich geendet / und sind gestalt gewesen wie Schlangen und Wasser-Hunde. Die Sirenes haben aus der massen schön gesungen / und auf allerley Instrumenten gespielet; wodurch sie die fürübersegelnden Leute alle zu sich gelocket: (denn es unmöglich gewesen / sich von ihnen abzuhalten.) Aber so bald sie derselben mächtig worden / haben sie dieselben zerrissen und aufgefressen. Solches wuste der kluge Ulysses wol: Derhalben wie er auch da fürüber muste / hat er seinen Mitgesellen allen mit Wachs die Ohren zugestopffet / auf daß sie der Sirenen Stimme nicht hören könten. Er aber hat sich an den Mastbaum des Schiffes fest binden lassen / und ist also sicher und unverletzet fürüber gefahren / und diesen Meer-Wundern entkommen.

Was seynd die Sirenes anders als Wollüste / welche die Menschen in das äusserste Verderben stürtzen / ob sie anfänglich wohl sehr süsse zu seyn scheinen? Die Tugend aber / und die guten [143] Künste seynd das Wachs /damit wir versichert und wohl verwahret werden / auf daß uns die Wollust nicht schaden kan.

83. Wie Scilurus seine 80. Söhne zur Einigkeit vermahnet
83. Wie Scilurus seine 80. Söhne zur Einigkeit vermahnet.

Die Eintracht ist der vornehmsten Tugenden eine / dadurch Regimenter / Fürstenthüme / und der Hauß-Stand bestätiget und erhalten werden. Durch Eintracht (wie das alte Sprichwort lautet) wird ein geringes vergrössert: Durch Zwietracht wird auch das grosse vernichtet und verringert.

Hiervon höret folgende Historiam:

Scilurus, ein weiser Mann hatte achtzig Kinder männliches Geschlechts. Derselbe / wie er in seinem hohen Alter vermerckte / daß er jetzt sterben müste /forderte er alle seine Söhne für sich / und überreichete ihnen ein Bündlein zusammen gebundener Stecken oder Stäbe / befahl einem jeglichen unter ihnen / daß er das also entzwey breche. Wie sie nun sahen / daß solches einem jeglichen unter ihnen unmöglich war /hat er das Bündlein aufgelöset / die Stäbe alle besonders nach einander heraus genommen / einem jeglichen gar leicht zerbrochen. Darauf seine Söhne mit folgenden Worten vermahnet: So ihr / meine lieben Söhne / bey einander stehet / fest zusammen haltet /und die Einigkeit liebet / werdet ihr starck und unüberwindlich seyn. So ihr euch aber durch Zwietracht und Uneinigkeit von einander trennet / werdet ihr leichtlich von einem geringen und schwachen Menschen überwunden werden.

Die Eltern sollen ihren Kindern gute Vermahnungen und reichen Segen hinterlassen.

84. Raben - welche auf Lateinisch den Käyser Augustum gegrüsset
[144] 84. Raben / welche auf Lateinisch den Käyser Augustum gegrüsset.

Das Sprichwort / Oleum & operam perdere, das ist /vergebliche Arbeit und Mühe anwenden / ist erstlich entsprungen aus folgender Geschicht: Als der Käyser Augustus in dem Kriege bey Actio den Sieg erlanget /und wiederum mit grossem Triumph in die Stadt Rom kam / gieng ihm entgegen ein Bürger / in der Hand habend einen Raben / welcher Rabe ohn Unterlaß schrie: Sey gegrüsset / Cæsar, du Uberwinder / du Käyser. Hierüber hat sich Augustus sehr verwundert /und befohlen / man solte den Raben kauffen / und dem Mann dafür geben 20. tausend Pfennige. Gleicher massen ist er auch mit denselben Worten begrüsset worden von einer Aglaster: Die er auch sehr theuer hat kauffen heissen: Wie dann auch von einem Papageyen / den er ebenmäßig gekauffet. Solches hat ein armer Schuster vernommen / daß der Käyser für die grüssende Vögel so viel Geldes gegeben / hat derowegen auch einen Raben zu unterweisen angefangen /und ihn dieselbigen Worte lehren wollen / Ave Cæsar, Victor, Imperator. Als aber der Rabe nicht bald fertig ward mit seiner Rede / und den Schuster die Arbeit und die Kost begunte zu verdriessen / hat er aus Ungedult zum öfftern gesprochen; Ich habe Arbeit und Unkosten verlohren. Welches der Rabe auch gelernet und behalten. Auf einmal träget es sich zu /daß Augustus für des Schusters Thür fürüber gehet: Da fänget der Rabe an zu schreyen / Ave Cæsar, Victor. Augustus aber antwortete: Ich habe zu Hause genug solcher Grüsser: Da erinnert sich der Rabe[145] schleunig der andern Wort / und spricht / daß es Augustus höret / operam & oleum perdidi. Hierzu hat Augustus sehr gelachet / und befohlen den Raben theurer zu kauffen / als er einigen Vogel zuvor gekaufft hatte.


Seine Wiederholung eines Dinges hafftet endlich auch bey unvernünfftigen Thieren. Mancher wendet viel auf schlechte Sachen / nur um der Neuigkeit willen. Da mancher am wenigsten hoffet / da kommet ihm am meisten Glück zu.

85. Register und Erklärung der Poetischen Götter
85. Register und Erklärung der Poetischen Götter.

Die alten Heyden / insonderheit die Poeten / haben in grosser Blindheit gelebet / und an statt des ewigen /wahren / Allmächtigen GOttes / unzählich viel Götter erfunden und angebetet: Von welchen ich etliche / und zwar die fürnehmsten / erzehlen will / zu dem Ende /daß man der Poeten Schrifften desto besser möge verstehen:

1. Der fürnehmste unter ihren Göttern ist gewesen der Jupiter, welchen sie geheissen einen Vater der Menschen und Götter. Ihm haben sie in die Hände gemahlet Blitz- und Donner-Pfeile / sitzend auf einem Adler / darauf er vom Himmel herunter / und wieder in die Höhe fahre / er hat geherrschet über die Lufft und das Gewitter. Daher ist die Art zu reden bey den Poeten: Sub Jove frigido, das ist / in der kalten Lufft.

2. Saturnus ist des Jovis Vater / und von seinem eigenen Sohn ins Elend verjaget. Und weil man glaubete / daß dieser Saturnus erstlich erfunden den Ackerbau / und die Pflantzung der Bäume / so hat man ihn gemahlet mit einer krummen Sichel in der Hand /welche [146] man genennet hat den krummen Zahn Saturni. Ferner ist Saturnus ein trauriger Melancholischer Gott gewesen: Daher alte störrige Leute genennet werden Saturnini. Von ihm kommen auch Saturnalia, Fastnacht.

3. Vulcanus ist der hinckende Gott und Schmidt aller Götter / ihm ist das Feuer zugeeignet. Daher kömmt die Phrasis: Vulcanum in cornu geris, das ist / du trägest ein brennend Liecht in der Leuchte. Item: Vinculum Vulcaneum, das ist / ein starckes Band; Dann Vulcanus hat eine kleine Kette geschmiedet /mit welcher er Martem und Venerem zusammen buhlend / so fest gebunden / daß sie sich nicht haben regen können.

4. Mars ein Gott des Kriegs / der Soldaten / der Wehr und Waffen. Von diesem kommen die Sprüche:Vario Marte pugnatum est, das ist / zu Zeiten hat das eine Theil / bißweilen das andere gewonnen: Item: Proprio Marte, von sich selber / aus eigenen Kräfften. Aperto Marte congredi, aufrichtig streiten / ohne Betrug.

5. Neptunus, ein Gott des Meers und der Schiff-Leute. Von ihm kömmt: Sich dem Neptuno vertrauen / das ist / auf die See fahren. Item, mit Unrecht beschuldiget er den Neptunum, welcher bereits einmal Schiffbruch erlitten / und sich hernach zum andernmal wiederum auf die See begeben darff.

6. Apollo oder Phœbus, ein Gott vieler Dinge: Erstlich der Artzney: Daher die Medicina genannt wird Ars Apollinea. Zum andern der Poeterey: Denn die Poeten seynd alle unter dem Gebiethe Apollinis, und ist Phœbus ihr Patron. Weil auch der Apollo die[147] Jungfrau Daphnem geliebet / die hernachmals in einen Lorbeer-Baum verwandelt worden / als kommt daher / daß die Poeten mit einem Lorbeer-Baum geehret und gekrönet werden: Heissen alsbald Poëtæ Laureati. Zum dritten ist Apollo auch gewesen ein Gott des Weissagens / und hat gehabt in der Stadt Delphis einen Tempel und ein Bild / welches von zukünfftigen Dingen geweissaget / und daher genennet wordenOraculum Delphicum. Von diesem seynd genommen die Arten zu reden / Apolline dextro aliquid facere, glücklich etwas verrichten: Apolline sinistro, unglücklich. Dieser Phœbus ist auch gewesen / zum vierdten ein gewaltiger Schütze / mit Bogen und Pfeilen / die er als Strahlen von sich geschossen. Daher die Poeten die Sonne und den Phœbum einen Führer der neun Musen nennen / davon auf eine andere Zeit.

7. Bacchus, sonsten genannt Lyæus oder Liber, oder Bromius, gebohren von der Semele, ein Gott des Weins und der Säuffer. Von ihm seynd herkommen die Bacchanalia oder Fastnacht-Spiele. Er hat allezeit aufm Esel geritten / und seinen getreuen Compan Silenum bey sich gehabt.

8. Mercurius ist ein Bothe aller Götter / mit geflügelten Füssen und Kopffe / in der Hand habend eine Ruthe / damit er die Seelen in die Hölle führet; Ist ein Patron der Kauffleute / welche daher genennet werden / Genus Mercurialium Virorum. Ihm wird auch zugeeignet die Beredsamkeit.

9. Æolus ist ein Gott der Winde / welche er in einem ledern Sack verschlossen hält / und auslässet /wann sie wehen sollen.

10. Pan und Satyri, seynd Götter der Hirten / und[148] des Sackpfeiffens / wunderlich gestalt / mit Ziegen-Füssen / gantz rauch von Haaren / Hörner aufm Haupt habend, lange Ohren / und ein heßlich Gesicht. Satyra ist ein Gedichte / darinn man der Leute spottet. Satyricus ist ein Spötter.

11. Lar oder Lares, item Penates, seynd Götter /die allezeit in einem Hause ihre bleibende Stätte behalten / und nimmer von dannen weichen. Daher dann auch eines jeglichen Menschen eigene Wohnung oder Hauß Lares oder Penates genennet wird.

12. Genius ist ein Gott / der mit dem Menschen gebohren wird / oder der da machet / daß man gebohren werde. Ein jeglicher Mensch hat seinen eigenen Genium, der auf ihn wartet: Ja auch eine jegliche Stadt und Land. Diesen Genium haben die Alten / ein jeglicher seinen / sehr wohl gepfleget / und ihm viel zu gut gethan / daher auch noch heut gebräuchlich seyn diePhrases: Curare Genium: Indulgere Genio, sich etwas zu gute thun / und sich wohl tractiren: Defraudare Genium, das ist / klärlich und sparsam leben.

13. Ganymedes ist ein kleiner Knabe gewesen /und vom Jove aufm Adler in dem Himmel geführet: Allda er dieses Amt bekommen / daß er den Göttern hat müssen fürm Tische aufwarten / und ihnen einschencken ihren Nectar / das ist der Götter Tranck /und auftragen Ambrosiam / das ist / Götter Speise.

14. Priapus, der höltzerne Gott / mit seinen abscheulichen grossen Gliedmassen / ist ein Bewahrer der Gärten / dahin er gesetzt ward / daß er dieselbige /und derer Früchte bewahren solte für den Dieben.

15. Sylvanus und Fauni seynd Wald- Geister oder Götter / Patronen der Bauren und Ackerleute / eben [149] so gestalt / mit gehörneten Köpffen und Ziegen-Füssen /als die Satyri.

16. Prometheus ist ein Erfinder gewesen vieler Künste. Dieser hat den ersten Menschen gemacht /sagen die Poeten.

Poeten seynd rechte Lügner. Die Nahmen der Götter und all ihr Wesen ist lauter erdichtetes Ding.

86. Die fürnehmsten Göttinnen der Heyden
86. Die fürnehmsten Göttinnen der Heyden.

Nachdem wir erzehlet etliche von den Göttern: Als wollen wir auch besehen die fürnehmsten unter den Göttinnen.

1. Juno ist des Jovis Schwester und Ehe-Frau zugleich. Eine Vorsteherin des Ehestandes. Daher Junonia Sacra eben so viel ist / als Hochzeit / oder Ehestand; und wird Juno Pronuba genannt / weil sie die Ehe gemacht.

2. Minerva oder Pallas ist die Göttin der Weißheit / des Verstandes und des Studirens / quasi minuens nervos, oder nimis enervans. Dann nichts ist / das einem die Kräffte so viel wegnimmet / als das unzeitige Studiren. Daher gebräuchlich seyn die Phrases: Pingui vel rudi Minerva, das ist / nur schlecht gemacht ohne Subtilheit. Item; Invita Minerva, wann einer wieder seine Natur etwas thun will mit Gewalt /da er keine Zuneigung zu hat. Minerva ist aus desJovis Haupt oder Hirn gebohren / und hat nicht können heraus kommen / ehe Vulcanus mit seinem Beile dem Jovi den Kopff aufgespalten: Sie ist aber gantz gewapnet auf die Welt kommen / und hat einen Schild allezeit in der Hand getragen / Ægis genannt. Wann sie denselben hat gereget / so hat alles gezittert / was sie nur hat angesehen.

[150] 3. Musæ, seynd neun Göttinnen / mit folgenden Nahmen: Urania, Polyhimnia, Terpsichore, Clio, Melpomene, Erato, Euterpe, Thalia, Calliope. Sie haben gewohnet auf dem Berge Parnasso oder Helicon, und nichts anders gethan / als daß sie die Music und freyen Künste getrieben. Daher sie Patroninnen seynd aller Philosophen und Gelehrten. Sie seynd allezeit Jungfrauen geblieben / und haben für ihren Beschützer gehalten den Apollinem.

4. Venus und ihr Sohn Cupido herrschen über die Liebe / und zwar Venus ist für die schönste Göttin gehalten worden; Daher noch alle schöne Weibs-Personen Veneres genennet werden. Die Buhler oder Liebhaber ruffen niemand öffter an / als Venerem und Cupidinem. Cupido ist ein kleiner Knabe / gantz nackend und blind / aufm Rücken einen Köcher voll Pfeile führend / in der Hand habende einen Bogen / damit er der Menschen Hertzen verwundet / und zur Liebe beweget.

5. Charites, zu Latein Gratiæ, seynd an der Zahl 3. gewesen / Euphrosine, Aglaja, Thalia: Haben einander immerdar bey der Hand gehalten / und seynd allezeit frölich gewesen / davon in der 73. Satzung etwas gesaget.

6. Ceres eine Göttin des Getreides / (daher kömmtCerevisia, als sagte man Cereris vis: dann das Bier wird vom Korn gebrauet:) des Brods und allerley Kost. Von dannen rühret her das Sprichwort: Sine Cerere & Libero friget Venus, das ist / ohne leckere Speisen / ohne Bier oder Wein / kan man der Liebe nicht pflegen. Liber oder Bacchus ist / wie gesagt /ein Gott des Weins. Der Cereris Heil. Fest ist geheissen Sacra Eleusinia, welches so geheim gehalten /daß [151] kein Mensch ein einiges Wort hat davon nachsagen dürffen.

7. Thetis, eine Göttin des Wassers / wird offt genennet an statt des Wassers / wie aus diesem Vers zu sehen:


In cratere meo Thetis est conjunct a Lyæa,
(Id est vino.)
Est Dea junct a Deo, sed Dea major eo.

Auf der Thetidis und Pelei Hochzeit hat die Eris den güldenen Apffel durchs Fenster geworffen / davon wir anderswo geredet.

8. Nymphæ werden genennet allerley Göttinnen /deren etliche wohnen und herrschen in den Wäldern und Bergen / genannt Oreades, Hamadryates; Etliche in Flüssen / geheissen Najades.

9. Pandora ist gewesen die allerlistigste Göttin /also genannt / weil sie von den Göttern mit allen Künsten begabet war; Derselben Pandoræ gab der Gott Jupiter eine Büchse / darinnen verschlossen war alles Unglück / daß je einem Menschen betreffen konte / und schickte sie hiemit nach dem Epimetheo. Wie Epimetheus die Büchse aufmachte / da flohe heraus alles Unglück / und breitete sich über die gantze Welt. Wie solches Epimetheus sahe / machte er aufs letzte den Deckel der Büchsen wieder zu / und blieb nichts mehr darinnen / als nur allein die Hoffnung.

10. Flora, eine Göttin der Blumen.

Die alten weisen Heyden haben unter diesem Nahmen grosse Klugheit verborgen. Durch den Vorwitz unserer ersten Eltern ist der Tod und alles Unglück auf uns kommen.

87. Die Unter-erdischen Götter und Göttinnen
87. Die Unter-erdischen Götter und Göttinnen.

[152] Die Poeten haben erdichtet / daß die Göttinnen /Parcæ geheissen / Macht habe über eines jeglichen Menschen Leben / welches sie an einem Faden spinnen / und hernach abschneiden; Auch solches längern und verkürtzen nach ihrem Gefallen. Die erste unter den Parcis, Clotho, drehet das Rad um: Die andere /Lachesis, ziehet mit der Hand die Wolle aus / undAtropos schneidet den Faden ab mit einer Scheer /lang oder kurtz / nachdem der Mensch lang oder kurtz leben soll. Hievon ist dieser Vers:


Clotha colum bajulat. Lachesis net & Atropos occat.


Ferner fügen die Poeten auch dieses hinzu; Wann ein Mensch sterbe / so gehe die Seele in einen besondern Ort / und komme erstlich an die Flüsse Acheron, Styx und Lethe, das ist / (Vergessenheit.) Niemand aber könne hierüber kommen / es müsse ihn dannCharon, der untererdische Schiffer / in einem kleinen Kahn herüber setzen. Diesem Charonti geben die Seelen einen Pfennig fürs Fuhr-Lohn: Dahero die alten Römer ihren verstorbenen Freunden einen Pfennig ins Maul geleget / dein Charonti zu geben / wann die Seelen würden hinunterwerts fahren. Hieher kom men die Sprichwörter: Alterum pedem habere in cymba Charontis, gilt eben so viel / als dem Tode nahe seyn: Charonti naulum persolvere, das ist / todt oder gestorben seyn. Wann nun die Seelen von demCharonte übergeführet wären / (sagten sie) so kämen sie an das Hauß des Höllischen Gottes Plutonis, welches Thier der dreyköpffigte und Feuerspeyende Hund Cerberus bewahrete. Daher Plutonis Hauß-Frau istProserpina: Dahero bey den Scribenten ædes Plutoniæ, [153] nichts anders ist / als die Hölle. Von dannen waren zween Wege / einer nach den Elisischen Feldern / der andere nach dem Tartaro. Die Seelen / welche sich wohl und löblich gehalten / wurden durch den Gott Mercurium geführet auf das Elisische Feld /das ist / ins Paradieß. Hingegen die übel gehandelt hatten / wurden gebracht in den Tartarum, das ist / in die Hölle / und allda erstlich von den Richtern der verstorbenen Rhadamonto und Minoen, verurtheilet: Hernacher gemartert und geplaget von den Furien oder Eupimenidibus, welche auch Erinnes genennet werden. Diese waren drey erschreckliche Weiber / an statt der Haare einen Hauffen Schlangen auf dem Haupt habend / mit Nahmen Thisiphone, Alecto, Megæra. Daher man noch heut zu Tage ein böses Weib eine Furie, oder Megæra, oder Erinnys nennet: Also seynd in der Höllen gewesen / und haben ihre Straffe ausgestanden / der Ixion, welcher ein eisern Rad immerdar umdrehen muste; Der Sisyphus, welcher immer einen grossen Mühlstein auf einen hohen Berg weltzete / der doch alsbald wieder herunter lieff. Daher das Sprichwort: Saxum Sisyphium volvere, das ist / eine schwere Arbeit / die nimmer zum Ende kömmt / verrichten. Der Tantalus, welcher biß zum Munde im Wasser stunde / und über seinem Kopffe hangen hatte allerley schöne Aepffel / aber davon nicht essen / noch von dem Wasser trincken konte /sondern immerdar Hunger und Durst leiden muste. Diesem Tantalo werden verglichen die Geitz-Hälse; die zwar grosse Güter haben / aber ihrer nicht geniessen. Der Titius, dem die Geyer die Leber aus dem Leibe frassen / und so viel darvon gegessen ward / so viel wuchs immerdar wieder dazu.

[154] Es ist der alte Bund / Mensch du must sterben. Die Seelen der Abgestorbenen werden entweder von den Engeln in das Paradieß getragen: Oder sie kommen auch in den höllischen Pfuel / da sie ewig werden gequälet.

88. Von der Ertz-Zauberin Circe
88. Von der Ertz-Zauberin Circe.

Circe ist gewesen eine sehr erfahrne / und weitberühmte Zauberin / welche nicht allein durch ihre Schönheit und Wohlredenheit / sondern auch durch Kräuter und Zauberey alle / die zu ihr kamen / zu ihrer Liebe zwingen konte; Ja / wanns ihr nur geliebte / die Menschen in unvernünfftige Thiere verwandelte. Als der verschmitzte Ulysses mit seinen Gefehrden zu Schiffe angelanget bey der Insul / da Circe ihre Wohnung hatte / und etliche seiner Mitgesellen aufs Land schickte Speise zu holen / und zu erforschen / was für Leute da wohneten / da hat die Circe denselben abgesandten Leuten Essen und Trincken fürgesetzet: Sie gar freundlich empfangen. Aber so bald sie mit ihrer Ruthen ihnen auf den Kopff gerühret / da seynd sie zu wilden Thieren worden. Der eine eine Sau / der ander ein Hund / der dritte ein Vogel. Einer von ihnen / derCirces Kost oder Tranck nicht hatte geschmecket / ist unverletzt davon gelauffen / und dem Ulyssi solches verkündiget. Ulysses, ob er wol sehr abgemahnet ward von seinen Gefehrden / er solte sich nicht in die Gefahr geben / so ist er nichts destoweniger nach derCirce gegangen / da ihm unterwegens im Walde der Gott Mercurius begegnet / welcher ihm ein Kraut mit einer weissen Blumen und schwartzen Wurtzel / Moly genannt / gezeiget / und befohlen / er solte es ausgraben / und bey sich behalten: dadurch würde er für der Zauberey der Circe versichert seyn. Als nun [155] Ulysses zur Circe kommen / und gleicher massen freundlich mit Essen und Trincken von ihr empfangen / hat ihn die Circe auch mit ihrem Stecken auf den Kopff gerühret / und gemeynet / er würde wie die andern / in Thieres-Gestalt verwandelt werden. Aber Ulysses ist durch des Krauts Krafft erhalten worden: Hat sein Schwerdt ausgezogen / und der Circe gedräuet sie zu tödten / wofern sie ihm nicht würde seine Gesellen wieder zu Menschen machen. Circe hat dem Ulyssi gehorsamet / und mit einer Flöthe alle Thiere zusammen geruffen / und dieselben mit ihrem Stecken wieder angerühret / da seynd sie alsbald zu Menschen worden. Also hat Ulysses seine Gefehrten nach Wunsch und Begehren erlustiget. Da ihm dann nichts Böses mehr geschehen: Biß daß er endlich wiederum zu Schiffe gegangen.


Circe ist nichts anders als die schändliche Wollust /dadurch die Menschen den unvernünfftigen Thieren gleich / und gleichsam in Säue / in Bären und Hunde verwandelt werden.

89. Vom Jasone und Medea
89. Vom Jasone und Medea.

Jason ist gewesen ein Edler junger Gesell / vorzeiten in Griechenland / der so wol aus Rath seiner Freunde / als aus eigenem Gemüthe Lust hatte / etwas Lobwürdiges zu verrichten. Nun ist zur selben Zeit in der Gegend Colchide ein König mit Nahmen Æetes gewesen / welcher eine Tochter gehabt / Medea genannt / eine überaus schöne Jungfrau / und zugleich eine Zauberin. Es hat aber der Æetes in seiner Verwahrung gehabt ein güldenes Fell / oder eine Haut von einem Hammel oder Schaafs-Bock / welches kein Mensch von dannen wegnehmen / oder anders wohin bringen können; Weil es vom Feuerspeyenden Drachen und viel [156] Wunder-Thieren bewahret ward. Dessen güldenen Felles Lob / und gutes Gerüchte / war auch Jasoni zu Ohren kommen. Der nimmt zu sich etliche andere Jünglinge / und lässet ein Schiff bauen / welches erArgo nennete: Setzet sich mit seinen Gesellen darauf /und fähret nach Colchos, das güldene Fell oder Fließ zu erobern. Die Medea, wie sie den Jasonem ansichtig worden / wird gegen ihm in Liebe entzündet / und offenbahret ihm alsobald alle Gelegenheit: Giebt ihm dabeneben Rüstung und Waffen / und etliche Küchlein / die er dem Drachen fürwerffen solte. Mit kurtzen / sie bringet durch Zauberey so viel zuwege / daß Jason das güldene Fell erobert. Also fähret Medea heimlich ohn Wissen des Vaters / mit dem Jason davon / und wird seine Hauß-Frau: Wie aber derJason das güldene Fell erlanget / da fraget er nicht sonderlich mehr nach der Medea, sondern gewinnet eine andere lieb / mit Nahmen Glaucam. Diß verdroß zwar Medeam gewaltig / jedoch verbarg sie ihren Haß und Unwillen / biß Jason mit der Glauca Hochzeit hielte / da sandte Medea der neuen Braut einen staatlichen Königlichen Rock / den sie anziehen solte. Der Rock aber war durch Kunst also zugerichtet / daß / so bald die Glauca denselben anzoge / sie des Todes sterben muste / angesehen er von ihm selber sich entzündet und die Brautschleunig verbrannt / und zu Aschen machet.


Das güldene Fließ bedeutet Ehre / Lob und Ruhm. Wer das erlangen will / muß ihm keine Arbeit und Mühe verdrießlich seyn lassen. Lerne auch hieraus / daß Untreu seinen eigenen Herrn schlage.

90. Eine Fabel aus dem Ovidio von der Nachtigall
90. Eine Fabel aus dem Ovidio von der Nachtigall.

[157] Pandion König zu Athen / hatte zwo Töchter / die eine Prognem, die andere Philomelam. Es war aber auch ein König in Thracien / mit Nahmen Thereus, der freyete die älteste Prognem, und führete sie mit heim in sein Königreich. Nicht lange hernach nahm er sich für / seinen Schwäher-Vater zu Athen zu besuchen. Reisete derhalben dahin / seine Frau Prognem zu Hause lassend. Als er nun allda ankommen / ward er mit ungebührlicher Liebe gegen seiner Frauen Schwester / die Philomelam, entzündet. Und damit er ihrer möchte habhafft werden / gab er für / seine FrauProgne die begehrte ihre Schwester zu sehen. Überredet auch also den Vater / daß er die Jungfrau Philomelam mit fahren ließ. Sie waren aber kaum in Thraciam kommen / da führete der Thereus die Philomelam mit sich in einen Wald / zwang dieselbe mit Gewalt zu seinem Willen: und / auf daß sie diese böse That niemand klagen könte / schnitte er ihr die Zunge aus dem Halß / und verschloß sie an einen Ort / da sonst keine Menschen hinzukommen gewohnet waren. Philomela, weil sie nicht reden konte / erdachte hierauff diesen Fund: Sie webete von Seiden / welche sie mit sich genommen / ein Tuch / und machte Buchstaben darein. Beschrieb also den Handel / wie Thereus mit ihr umgegangen / und schickte ihre Schwester dieses Werck zu. Progne säumete sich nicht lange / sondern stellete sich / als wolte sie auf das Fest Bacchi verreisen / macht sich aber zu ihrer Schwester in den Wald / nahm sie zu sich / und führete sie in ihr Hauß. Nachdem sie sich nun beyderseits / wie sie sich an ihrem ungetreuen Mann Thereo rächen möchten /lange bedacht / da wurden sie der Sachen eins; Nemlich / Progne nahm ihren eigenen [158] Sohn Itym, den sie von Thereo hatte / schlachtete denselben / kochte seinen Leib / ausserhalb den Kopff: Setzte diese Speise dem unwissenden Könige für. Welcher / nachdem er wol davon gegessen / fragte / wo sein Sohn Itys wäre? Da kam Progne, und ihre Schwester Philomela, und warffen dem Thereo das überbliebene Haupt ins Angesicht / und sagten / wie er ihn selber gefressen hätte. Thereus erschreckend / ward unsinnig: Zog sein Schwerdt aus / und wolte beyde Schwestern ermorden. Da gaben die Götter / daß Thereus verwandelt ward in einen Wiedehopffen; Progne aber ward eine Schwalbe / welche noch heut zu Tage den Blut-Flecken an ihrer Brust träget / darum daß sie ihres eigenen Sohnes Blut vergossen hatte. Philomela aber ward verwandelt in eine Nachtigal: Klaget noch Tag und Nacht ohne Unterlaß ihr Unglück / und ist nirgend lieber als in finstern Wäldern.


Der Ubels thut / entlaufft seiner Straffe nicht. Die Sünder verwandeln sich selbsten mit ihren Sünden in unvernünfftige Thiere / und beflecken mit einem Blutmahle ihre Seelen / daß sie hernach ewig in der finstern Höllen müssen klagen.

91. Dreyerley Täntze bey den Spartanern
91. Dreyerley Täntze bey den Spartanern.

In der Stadt Sparta / (welche auch Lacedåmon genannt wird /) war der Gebrauch / daß auf gewisse Zeiten Täntze mit grosser Solennitär gehalten wurden. Voran tantzeten die Alten / und sungen zugleich mit diese Worte: Wir seynd gewesen / was ihr jetzt seyd. Darnach folgten die jungen starcken Männer / mit dieser Stimme: Wir seynd / was wir seyn sollen / wer daran zweifelt / der versuche es. Zuletzt tantzten die jungen Knaben / und sungen; Was ihr andern seyd /das [159] wollen wir werden. Hiemit haben diese weise Leute anzeigen wollen / daß alte Leute den besten Theil ihres Lebens verlohren haben / und wol sagen können aus dem Virgilio mit Ænea: Fuimus Troës, sie dienen nirgend zu / als zu beten und guten Rath zu geben. Den Männern aber / die zu ihren besten Jahren kommen / gebühret zu arbeiten / und sich ritterlich zu halten. Endlich der jungen Jugend gantzes Wesen bestehet darinn / daß sie sich befleißigen / damit sie dermaleins treffliche Männer / und weise Alten werden mögen.


Du zarte edle Jugend / erlerne Kunst und Tugend.

92. Wie glückselig die Tyrannen seyn
92. Wie glückselig die Tyrannen seyn.

Daß die Könige und grosse Potentanten nicht allerdings so glückselig und ohne Widerwärtigkeit seynd /bezeuget die schöne Historia vom Cicerone in derTuseulana quæstione ultima beschrieben / und verhält sich also: Zu Syracusa war ein Tyrann / mit Nahmen Dionysius, in dessen Hof war einer Damocles geheissen / welcher des Dionysii Glückseligkeit über alle Menschen preisete. Auf eine Zeit fragte der Dionysius Damoclem, ob er nicht einmal versuchen und erfahren wolte die grosse Glückseligkeit / die er so sehr rühmete? Damocles antwortete: Ja / er hätte Lust dazu. Da ließ der Dionysius den Damoclem auf seinen Königlichen Stul setzen / ihm einen Tisch stattlich zurichten mit Gold / Silber / und köstlichem Essen: Stellete auch daneben viel schöner Knaben /die ihm dienen und aufwarten musten. Inmittelst aber ließ er dem Damocli ein blosses Schwerdt an einem Pferd-Haar über den Kopff hängen. Wie dieses [160] derDamocles ansichtig ward / erschrack er sehr / und bathe Dionysium, daß er ihm vergönnete wegzugehen: Er begehrete nicht länger glückselig zu seyn. Hiemit hat Dionysius anzeigen wollen / daß die Könige mitten in ihrer Glückseligkeit gar grosser Gefahr unterworffen seyn.


Man solte keinem um äusserlicher Pracht und Ehre willen eine Glückseligkeit beymessen. Ein geringer Mensch hat offt bessere Stille / Ruh und Sicherheit / dann gewaltige Herren in der Welt.

92. Von Magneten und Diamanten
92. Von Magneten und Diamanten.

In der Natur seynd Wunderwercke / die man zwar täglich mit den Augen schauet / aber derer Ursachen seynd schwer zu erforschen. Aus vielen wil ich nur etliche wenige anzeigen. Der Magnet zeucht nicht allein das Eisen an sich / sondern wendet sich auch allezeit recht nach dem Nord-Pol / er sey an welchem Ort der Erden er wolle. Die erste Tugend Eisen an sich zu ziehen / haben die Alten auch erkannt / und wol gewust: Aber die andere Krafft nach dem Norden sich zu lencken / ist erstlich für 300. Jahren der Welt bekannt worden. Gleichwie der Magnet das Eisen an sich ziehet / also ziehet die Naphtha (ist ein Geschlecht von fetten Feuchtigkeiten / davon anderswo /) die Flamme an sich / und der Bernstein / wann er gerieben wird /das Stroh. Unter den Edelgesteinen ist der Diamant der fürnehmste / von dessen Härtigkeit schreibet und saget man / daß er durch keinen Hammer oder Amboß kan entzwey geschlagen werden; sondern wann er in Bocks-Blut geleget werden / so erweiche er. Solches aber ist falsch. Denn die Goldschmiede können den Diamant mit einem geringen Hammerschlag zu Stücken bringen / und wann er auch 2000. Jahr [161] in Bocks-Blut läge / wird er doch nicht weich. Nichts destoweniger ist er so hart / daß er mit keiner Grabstichel oder Feil kan verletzt werden. Und wann er schon in ein Feuer geleget würde / so groß als eine Stadt / und läge darin 1000. Jahr / so verbrenne er doch nicht / sondern bleibe so gut als er zuvor war.


Viel Dinge in der Natur seynd uns noch verborgen. Dann sie ist eine unerforschliche Quelle. Je weiter wie graben / je tieffer wir kommen.

93. Historia vom Harffen Schläger Arion
93. Historia vom Harffen Schläger Arion.

Arion ist ein berühmter und ausbündiger Harffen-Schläger gewesen / ein grosser Freund des Periandri, Königs zu Corintho / an dessen Hofe er meistentheils sich aufgehalten. Dieser Arion ist auf einmal nach Italien und nach der Insul Siciliam geschiffet: Allda er durch seine Kunst und Music einen mächtigen grossen Schatz an Gold und Silber verdienet und gesammlet. Wie er nun vermeynete reich genug zu seyn / hat er sich mit allem seinem Schatz wiederum auf ein Corinthisch Schiff verfüget / des Fürhabens wiederum nach seinem Könige Periandro zu reisen. So bald das Schiff aufs weite Meer kommen / haben sich die Schiff-Leute unternommen / den Arionem zu tödten / und ins Meer zu werffen / auf daß sie seines Geldes konten theilhafftig werden. Arion hat solches gemercket / und gebeten / sie möchten seines Lebens schonen / er wolte ihnen gutwillig alles geben. Die Schiffer haben hierinn so fern bewilliget / daß sieArionem nicht mit ihren Händen getödtet / sondern ihm befohlen / er solte sich selber ins Meer stürtzen. Worauf Arion seine beste Kleider angezogen / seine Harffe in die Hand genommen / auf das förderste Theil des [162] Schiffs getreten / auf der Harffen zu schlagen / und sehr künstlich zu musiciren angefangen /und hiemit sich die Harffe in der Hand habend / ins Meer gestürtzet. Die Schiffer seynd davon gesegelt /nicht zweiffelnde / Arion würde schon ersoffen seyn. Siehe / da trägt sich eine wunderliche Geschicht zu: Es kommt ein Meer-Schwein heran geschwommen /nimmt den Arionem auf seinen Rücken / und führet ihn unverletzt / lebendig und gesund / mit solchem seinem Zierath und Habit nicht ferne von Corintho ans Land. Bald verfügt sich Arion nach dem KönigePeriander, erzehlet ihm alle Sachen: Unterdessen kommen die Schiffer auch nach Corinthum. Der König lässet den Arionem heimlich verwahren: Die Schiffer aber zu sich fordern / welche er fragt: Ob sie nichts vom Arione gehöret? Da antworten sie: Ja / er sey in Italia in grossen Ansehen und Reichthum. Indem ist Arion mit seinen schönen Kleidern / und Harffen-Spiel herfür getreten / und hat sich von den Schiffern sehen lassen. Über welches Spectacul die Schiffer also bestürtzet worden / daß sie die That nicht leugnen können / darum der König sie billig gestraffet.


Der etwas redliches gelernet hat / bleibet wol. Artem quævis terra alit. Unterdessen haben die Gelehrten auch ihre Feinde und Verfolger / die doch endlich zu schanden werden.

94. Vom hundert-äugigen Argo
94. Vom hundert-äugigen Argo.

Wie der Gott Jupiter sich nicht begnügen lassend mit seiner Ehefrauen der Junone, unterschiedlich andere Frauen und Jungfrauen liebte / ist unter denselben auch eine gewesen mit Nahmen Io, eines Königs Tochter. Diese hatte Jupiter auch zu seinem Willen bracht; Und damit es die Juno nicht inne [163] würde / hat er die Io in eine schöne weisse Kuh verwandelt / welchen Betrug die Juno alsobald gemercket / und derhalben den Jovem, ihren Ehemann gebeten / er möchte ihr die Kuhe verehren. Jupiter hat ihr / den Argwohn zu vermeiden / solche Bitte nicht abschlagen können. Da hat Juno die Kuh Tag und Nacht fleißig bewahren lassen / durch einen Mann Argus geheissen: Welcher in seinem Haupte für der Stirne hundert Augen hatte / davon nur zwey schlieffen / die andern alle wacheten. Der Argus hat die Kuh wol verwahret. Aber Jupiter wolte die Kuh / oder vielmehr die Io, bißweilen besehen / hat derhalben gedacht / wie er den Argum möchte aus dem Wege raumen: Ist Raths worden / den Mercurium zu solchem seinen Fürhaben zu gebrauchen / weil Mercurius sehr lieblich reden /und beweglich auf der Flöten spielen könte. Mercurius ist zu dem Argo in Gestalt eines Hirten kommen / hat zu pfeiffen angefangen / biß endlich durch den lieblichen und anmuthigen Gesang dem Argo die hundert Augen / eines nach dem andern zugefallen / und also der Argus entschlaffen. Da nimmt Mercurius ein Schwerdt / und hauet dem Argo das Haupt ab. DieJuno aber zum ewigwährenden Gedächtniß hat desArgi hundert Augen genommen / und dem Pfauen in den Schwantz gesetzet. Von diesem hundert-äugigenArgo ist genommen das Sprichwort: Argo oculatior, welches gesaget wird von einem vorsichtigen und weitsehenden Menschen.


Wann einer auch noch so klug und scharffsehend ist /kan er doch wol betrogen werden.

95. Der König Midas mit Esels-Ohren
95. Der König Midas mit Esels-Ohren.

[164] Midas ist gewesen ein König / der reichste zu seiner Zeit: Dabeneben aber der Geitzigste. Denn wie ihm von den Göttern vergönnet war / was er wünschen würde / das solte er erlangen. Da hat Midas gewünschet / daß alles / was er anrührete / solte zu Gold werden. Solches haben die Götter ihm zugelassen und gegeben. Wie er nun hat essen wollen / und das Brod / Fleisch / Wein und andere Speise angerühret / da ist alles zu Gold worden / und hat Midas nichts davon geniessen können. Hat derhalben gesehen / daß er ohne Zweiffel würde Hungers sterben / wo die Götter seinen thorhafftigen Wunsch nicht würden ändern und abschaffen. Nun haben ihm auch die Götter hierinn gewillfahrt. Und ist Midas also wieder auf sein voriges Wesen kommen. Es träget sich aber zu / nicht lange hernach / das Phœbus, ein Gott der Music / mit dem Pfeiffer und Wald-Gespenste Pan, in Seitenspielen und Singen stritt / darinn sie den Midam erwehlten zu einem Richter und Scheidemann. Midas, nachdem er eine Weile diesen beyden und ihrem Gesange zugehöret / hat als ein unvernünfftiger grober Tölpel das Urtheil gesprochen / und den elenden Pfeiffer Pan dem Phœbo vorgezogen. Derowegen der Gott Phœbus ihm zur Straffe alsobald aus dem Kopffe grosse lange Esels-Ohren wachsen lassen / die er dennoch meisterlich hat wissen für Fremden zu verbergen und zu verhüllen / ausgenommen für seinem Balbierer /der es gemercket und ferners unter die Leute gebracht. Von diesem Mida kömmt das Sprichwort / er hatMidas. Ohren / das ist / der Mensch ist eben so ein grober Esel als Midas.


Allen Geitzhälsen gehets wie Midas / die bey ihrem grossen Gelde und Gut auch Hunger leiden. Noch heute zu Tage haben [165] viele Menschen Midas Ohren und Sinn: Halten einen groben Pfeffer-Sack höher als einen hochgelehrten Mann.

96. Vom güldenen Apffel Eridis
96. Vom güldenen Apffel Eridis.

In den alten Zeiten ward einsmals Hochzeit gehalten von Thetide und Pello, zwey jungen Eheleuten / zu welcher Frölichkeit alle Götter und Göttinnen geladen waren / ausgenommen die Göttinne Eris, das ist /Zwietracht: Solches verdroß die Eris sehr. Demnach /da die andern lustig waren auf der Hochzeit / hat dieEris einen Apffel genommen / von klarem Golde gemacht / darauf geschrieben: Detur pulcherrimæ, und solchen Apffel durch ein Fenster unter die Göttinnen und Hochzeit-Gäste geworffen. Alsbald hat sich ein Streit erreget / indem eine für der andern als die Schönste angesehen seyn / und den Apffel hinwegtragen wolte. Für andern aber haben sich die drey Göttinnen / nemlich / Juno, die Göttin des Reichthums /Minerva, die Göttin der Weißheit / und Venus, die Göttin der Liebe / nicht über diesen Apffel vertragen können / da hat der Gott Jupiter einen Rath fürgeschlagen / sie solten alle drey sammt den Apffel hinreisen / nach dem Berge Ida, zu einem jungen Schaaf-Hirten (welcher eines Königs von Troja Sohn war) Nahmens Paris, derselbe würde das Urtheil fällen /welcher von den dreyen Göttinnen der Apffel gebührete. Juno, Minerva und Venus seynd zum Paride kommen / ihm den Apffel gezeiget und überreichet /da hat ihm Juno verheissen / wofern er ihr würde den Apffel geben / und sie für die Schönste schätzen /wolte sie ihn reicher machen / als alle Könige auf Erden: Minerva hat ihm versprochen alle Weißheit und Künste mitzutheilen / die je ein Mensch gewußt.Venus hat ihm gesagt / sie [166] wolte ihm zuwege bringen die schönste Frau von gantz Griechenland. Hat ihm auch alsbald sein Hertze mit Liebes-Flammen entzündet. Paris liebende / und nicht wissend was / hat Veneri den Apffel überreichet / und also dieser drey Göttinnen Streit geschlichtet. Darauf ist Paris aus Rath der Veneris hingereiset nach der schönen Helena, eine Frau des Königes Meneali: Hat dieselbe mit allem ihrem Schatz / von Gold und Silber zu seinem Vater und Freunden in die Stadt Trojam weggeführt. Hierauf hat Menelaus das gantze Griechenland aufgebracht / und ist mit einem grossen Kriegs-Heer für Trojam gerücket; Daß demnach daraus entstanden der Trojanische Krieg / welcher zehen gantzer Jahr lang gewähret. Also ist der Apffel Eridis eine Ursache gewesen grosser Zwiespalt / und eines hefftigen Krieges. Daher kömmt das Sprichwort: Pomum Eridos, von einem Dinge / woraus groß Unheil und Streit enstehet.


Zäncker soll man von den Gastgeboten und Hochzeiten weglassen. Der Teuffel ist ein rechter Zanck-Geist. Man soll um schnöder Liebe Willen kein unrechtes Ur theil fällen.

97. Vom wandelbaren Polypo und Proteo
97. Vom wandelbaren Polypo und Proteo.

Unter den Fischen wird einer gefunden / Polypus genannt / das ist Vielfuß: Derselbe kan sich verwandeln in allerley Farben / insonderheit wann ihm die Fischer nachstellen / so hänget er sich fest an die Steinklippen / und was die Steinklippen für eine Farbe haben / dieselbe Farbe nimmt der Polypus auch an / damit er von den Fischern nicht erkennet noch von den Klippen unterschieden werde. Von diesem Fisch hat seinen Ursprung bekommen das Sprichwort: Polypuses, oderPolypo mutabilior, welches man gebraucht von einem [167] Menschen / der sich in aller Leute Weise schicken /und den Mantel nach dem Winde drehen kan. Uber das ist zu den Zeiten des Tojanischen Krieges ein König gewesen / mit Nahmen Proteus, derselbe /wann er nicht hat wollen von den Leuten erkannt werden / hat er durch Zauberey sich selbst verwandelt /bißweilen in einen Löwen / bißweilen in einen Hund in Wasser / Feuer / Bäume und dergleichen. Wer nun diß nicht gewust / der hat ihn nicht können unterscheiden von diesen natürlichen Dingen. Von demProteo ist herkommen das Sprichwort: Proteo mutabilior, wird verstanden von einem verschmitzten Menschen / den man nirgends fassen kan.


Polypos und Proteos giebt es noch in allen Ständen.

98. Vom Sprichwort: Omnem lapidem movere
98. Vom Sprichwort: Omnem lapidem movere.

Als der König Xerxes die Griechen mit Krieges-Macht überzogen / ist er bey dem Fluß Salamine überwunden worden / und also von dannen weggezogen: Hat aber den Krieg zu vollführen den Mardonium hinter sich gelassen. Dieser Mardonius hat auch unglücklich gestritten / also / daß er davon ziehen /und seine Gezelte verlassen müssen. Da ist ein Geschrey erschollen / Mardonius hätte in seinen Gezelten eine mächtige Summa Goldes und Silbers vergraben. Diesen Schatz nun hätte der Polycrates Thebanus gerne gehabt / hat derowegen den gantzen Acker /darauf die Zelten waren / gekaufft. Als er aber nach dem Schatze zu graben begunte / fand er nichts. Da ist er nach Delphos zum Oraculo gereiset / und hat den Gott Apollinem um Rath gefraget / wie er den Schatz überkommen [168] möchte? Das Oraculum hat geantwortet: πάντα λἰϑον κίνει, omnem move lapidem. Solches hat Polycrates gethan / nicht allein gegraben / sondern auch einen jeglichen Stein umgekehret / und endlich auf diese Weise den Schatz gefunden. Von der Zeit an hat man behalten das Sprichwort: Omnem lapidem movere, allen Fleiß anwenden / und nichts unterwegen lassen.


Im guten muß man fleißig seyn / und keine Mühe sparen.

99. Vom Vogel Greiff - und dem Vogel Ruck
99. Vom Vogel Greiff / und dem Vogel Ruck.

Der Stadt Rostock Wappen ist der Vogel Greiff. Vom Greiffen schreiben die Historici, daß er grösser sey /als acht Löwen: Vorn wie ein Adler / hinten wie ein Löw gestalt. Soll in Scythia, ist eine Landschafft in Asia / in dem Gold-Bergwerck wohnen: Und alle / die dahin kommen / Gold zu holen / zerreissen / oder Mann und Pferd mit einander wegführen / denn er den Pferden sonderlich sehr gehäßig: Daher Virgil. Eclog. 8. Jungantur jam Gryphes equis: ist gesagt von einem unmüglichen Dinge. Dieses Vogels Greiffen Schmaltz pflegen die Quacksalber für eine nutzbare Salbe zu verkauffen: Auch die Füsse für Wunder-Sachen in ihrem Krame dem Volcke zu zeigen. Ja man macht auch aus seinen Klauen Trinck-Geschirr. Und der Medicus Rhasis schreibt / man solle ein Quintlein von des Greiffen Gallen in die Nase thun / davon niesen / so vergehe die fallende Sucht. Daß Rostocker Wappen laß ich in seinen Würden. Daß aber der Vogel Greiff nur ein Gedicht und Mährlein sey / hat schon vorlängst Plinius, [169] und der grosse Historien-Vater Herodotus erkannt. Zu diesen unsern Zeiten ist der gantze Erdboden umsegelt / und alles bekannt /was darauf ist / es hat aber noch kein Mensch einen Vogel Greiff gesehen / oder etwas von ihm erfahren können. In Scythia seyn auch gantz und gar keine Gold-Berge / darin die Greiffen wohnen könten. Glaublich ist es / daß die in Scythia wohnende Völcker behertze Kriegs-Männer gewesen seyn / welche die / so ihnen etwas haben nehmen oder rauben wollen / mit grosser Geschwindigkeit verfolget / und geruffen: Greiff / greiff den Kerl. Daher haben die Griechen die Scythischen Reuter Gryphes geheissen / und ihnen von wegen ihrer Geschwindigkeit Adlers-Flügel / und wegen ihrer Stärcke Löwen Füsse angedichtet: Sintemal den Poeten und Mahlern alles / was ihnen nur beliebet / zu dichten vergönnet ist. Und seynd diese Greiffen den Harpyis nicht ungleich / (welchenVirgilius die See Räuber verglichen /) die Angesichter haben wie die Jungfrauen / Bäuche wie Backöfen /Hände wie die Bären-Klauen / und gantz unersättlich seyn / ja alles zureissen und verderben. Die Trinck-Geschirr / die man für Greiffen-Klauen ausgiebet /seynd gemacht von Indianischen Ochsen-Hörnern. Und der Quacksalber Greiffen-Schmaltz und Füsse seynd vom Vogel Straussen. Paulus Venetus schreibet / es soll in India über der Insul Madagascar ein Vogel seyn / Ruck genannt / der einen lebendigen Elephanten rücken / und in die Lufft wegführen könte /pfleget auch in den Land-Tafeln also abgemahlet zu werden. Vielleicht seynd unsere Schiff-Leute dieser Vogel Ruck / welche an der Indianer Land / hinan rücken / und was sie ertappen / in einem Ruck davon führen: Ja [170] die nicht allein Gold / Silber / Gewürtz /Edelgesteine / Papageyen / Meer-Katzen / und dergleichen / sondern auch gantze Bären / Löwen und Elephanten davon schleppen / hinrücken / und mit ihren geflügelten Schiffen als Vögel davon führen.


Es ist nicht alles wahr / was die Leute reden oder schreiben.

100. Wie Furius Camillus einen untreuen Præceptorem tractiret
100. Wie Furius Camillus einen untreuenPræceptorem tractiret.

Der vortreffliche Held Furius Camillus, von Geburt ein Römer / hatte einmal aus Befehl des Raths und der Bürgerschafft zu Rom die Stadt Faliscum belägert. Da trug sichs in der Belägerung zu / das ein berühmter Schulmeister / welcher in seiner Disciplin der fürnehmsten Bürger Knaben hatte / mit seinen Discipeln hinaus für die Stadt spatzieren gieng / vorgebend / er wolte sie nicht weit führen / sondern nur Lust und Bewegniß halber vors Thor bringen; Er aber hatte ein falsch Hertze / und gedachte die Kinder und die Stadt zu verrathen. Wie er vors Thor kommen / nöthigte und zwang er die Knaben mit ihm ins Feindes Lager hin und nach dem Furio Camillo zu gehen. Allda anlangend / gieng er für den Camillum, und meldet ihm an / wie daß er der fürnehmsten Bürger zu Falisco Kinder bey sich hätte / die wolt er seiner Macht übergeben / durch das Mittel könte er die Stadt leichtlich und ohne Blutvergiessen gewinnen. Dann wann er die Knaben behalten würde / so würden die Väter / ehe sie die Kinder verliessen / ihm die Stadt gutwillig aufgeben: und meynete hierdurch der Præceptor grossen Danck und reichliche Belohnung vom Camillo zu erlangen: Aber der redliche und ehrenhaffte Camillus hatte keinen [171] Gefallen an solcher Verrätherey: Ließ den Schulmeister nackend ausziehen / die Hände auf den Rücken binden / überlieffert ihn den jungen Knaben / seinen eigenen Discipeln / und gab einem jeglichen eine Ruthe in die Hand / ihnen befehlend / daß sie ihren Præceptorem streichen / und also mit Ruthen nach der Stadt treiben / und ihren Vätern allen verlauffenen Handel offenbaren solten / mit dem angehengten Bericht / des Camilli Meynung wäre nicht /die Stadt mit Verrätherey zu erobern / sondern mit ritterlichen Thaten. Durch diß fromme und redliche Gemüthe des Camilli wurden die Bürger zur Verwunderung und zum Schrecken bewegt: Ubergaben dem Camillo ihre Stadt / verhoffend / ein solcher treuer Mann könte ihnen bey den Römern viel gutes ausrichten /und ihrer verderbter Sachen halben Gnade und Vergebung erlangen.


Verrätherey und Falschheit bekömmt gewiß ihren Lohn.


Finis I. Centuriæ.

Das andere Hundert nützlicher und lustiger Satzungen

1. Der Artzt Democedes curiret den König Darium
1. Der Artzt Democedes curiret den KönigDarium.

Der König Darius, als er einsmals auf der Jagt gewesen / und / indem er von dem Pferde gesprungen / seinen Fuß verrencket / daß er zu Bette liegen / und grossen Schmertzen leiden müssen: Da hat er alle Aertzte aus Egypten zu sich fordern / und ihres Raths begehren lassen; Von denen allen aber keiner ihm helffen können. Zur selbigen Zeit ist unter des Darii Gefangenen auch ein Grieche gewesen / mit Nahmen Democedes, von Crotone bürtig / ein sehr kunstreicher /und bey den Griechen berühmter Artzt / welchen Darius, so bald er von ihm gehöret / gleicher Gestalt zu sich holen lassen / und als er in zerissenen Kleidern mit eisernen Fesseln und Banden an den Füssen erschiene / ihn gefraget: Ob er die Kunst könte / verruckte Glieder wieder zu recht zu bringen? Democedes sich fürchtend / wo er seine Kunst würde zu erkennen geben / daß er nimmer wieder in sein Väterliches Griechenland kommen möchte / hat geleugnet und verneinet / daß er solches könte. Darius hat befohlen / man solte die Pein-Banck und Ruthen und Peitschen herbringen. Da hat sich Democedes gefürchtet / und bekannt / daß er die Kunst wüste. Hat auch den Darium [173] in kurtzem wieder zu recht gebracht: Der ihm dann für die Cur die eiserne Fessel abnehmen / und an statt derselben zwey güldene Fessel verehren lassen. Democedes hat Darium gefraget /ob er ihme wolte ein zwey faches Ubel anthun (auf die Fuß-Helden sehend) dafür daß er ihn gesund gemacht hatte? Darius hat sich dieser Antwort belustiget / und weil er viel Frauen hatte / hat er den Democedem zu ihnen gesandt / daß sie auch sehen solten den Mann /der dem Könige das Leben erhalten hätte. Die Frauen aber des Darii haben Democedi so viel güldene Geschirr geschencket / daß Democedis Knecht / wie er die Geschirr im Sacke nach Hause getragen / einen grossen Klumpen Goldes gesammlet / welches von den Geschirren im Sacke war abgeschabet worden. Durch diese Cur ist Democedes so hoch gestiegen /daß er beym Dario zu Tische gesessen / und einen grossen Pallast / auch viel Goldes und Silbers die Fülle verehret bekommen. Die Egyptischen Aertzte aber / die dem Dario nicht hatten helffen können / hat er alle aufhencken lassen. Durch so grossen Reichthum und Ehre ist dennoch Democedes beym Dario zu bleiben nicht zu bewegen gewesen / sondern er hat sich heimlich davon / und wieder in sein Vaterland gemacht / und alle sein Gut bey Dario verlassen / und nachmahls des Milonis Crotoniatæ Tochter gefreyet.


An Ehre / Reichthum und Freunden mangelts einem Artzt / der seiner Kunst erfahren und mächtig ist / niemahlen.

2. Die schöne - keusche und vernünfftige Penelope
2. Die schöne / keusche und vernünfftigePenelope.

Penelope ist des verschmitzten Ulyssis Haus-Frau gewesen / und wird von den Poeten nicht allein wegen[174] ihrer Schönheit / sondern vielmehr wegen ihrer Keuschheit geruhmet. Dann als ihr Ehe Mann derUlysses, zwantzig gantzer Jahr von ihr abwesend war: Als zehen Jahr im Kriege für Troja / und zehen Jahr in der Irre herum reisend / haben sich unterdessen bey der Penelope viel Freyer / die sie zur Ehre begehret /angegeben. Seynd auch so häuffig zu ihr kommen /daß ihr gantzes Hauß von jungen Männern / die von Jahr zu Jahr allda gefressen / gesoffen / und ihr Gut verzehret / voll worden. Sie aber die Penelope, hoffend noch allezeit / ihr Herr und Mann der Ulysses, würde wiederkommen / hat die Freyer mit guten Worten lange aufgehalten. Biß endlich die Freyer ungedultig worden / und mit Ernst begehret / sie solte einen aus ihrem Mittel nehmen / den sie zum Ehe-Mann haben wolte. Da nun Penelope gesehen / daß sie also gezwungen worden / hat sie diese List erdacht. Sie hat ihre Freyer alle für sich gefodert / ihnen gezeiget ein Gewebe / und ihnen verheissen / so bald sie das würde zum Ende gebracht / und gewürcket haben /wolte sie sie nicht länger aufhalten / sondern einen unter ihnen zum Ehe-Mann nehmen. Das haben ihnen die Freyer gefallen lassen. Was thut aber die Penelope? Des Tages ist sie zwar fleißig in Verfertigung des Gewebs: aber bey Nacht entwebet und löset sie alles wieder auf / was sie den Tag über gemacht hatte. Durch welchen Betrug sie ihre Freyer so lange aufgehalten / biß endlich Ulysses selbst wieder zu Hause (doch unbekannter Weise) kommen / und allen Freyern den Tod angethan: Etliche mit Pfeilen erschossen: Etliche zerhauen: Etliche aufgehencket. Aus dieser Historien ist genommen das bekannte Sprichwort:Telam Penelopes [175] texere, das ist / vergeblich arbeiten / und was man einmal guts gemacht / solches bald wieder verderben / und zu nichte machen.


Zucht und Ehre behält dennoch den Ruhm: Ob sie schon zu Zeiten angefochten wird / wird sie doch nicht unterdrücket / sondern machet ihre Feinde zu schanden. Mercke auch ein schön Exempel einer beständigen / getreuen ehrlichen Liebe.

3. Apelles wird von einem Schuster getadelt
3. Apelles wird von einem Schuster getadelt.

Von dem kunstreichen Mahler Apelle erzehlet Plinius folgende Historiam.

Wann der Apelles etwas kunstreiches gemahlet und verfertiget hatte / so hat er solches öffentlich an seine Thür auf die Gassen gehänget / sich hinter eine Decke gestellet / und zugehöret / was die fürüber gehenden Leute von dem Gemählde redten und urtheileten. Wann er nun in einem und dem andern Stücke von jemand getadelt worden / hat er solches hernacher geandert. Es trägt sich aber einsmal zu / daß ein Schuster fürüber gehet / still stehet / das Bild anschauet / und endlich seine Meynung von der gemahlten Tafel saget / nemlich / daß die Schuh-Solen nicht recht gemacht wären. Apelles hat solches gehöret / und die Solen verbessert. Des folgenden Tages ist der Schuster wiederkommen / und hat gemercket / daß Apelles das Bild wegen seiner Aussage geändert. Als ist er fortgefahren / und hat auch die Beine an dem Bilde gestraffet / daß sie nemlich zu dicke wären / aber Apelles hat hinter der Decke herfür geruffen: Ne futor ultra crepidas, das ist / keiner unterstehe sich zu urtheilen und zu meistern / oder andere Leute etwas zu lehren / was entweder ihme zu hoch / und er nicht verstehet / oder was nicht seines Amts ist.

Können wir nicht alle dichten / so wollen wir doch alle richten.

4. Vom Actæon
[176] 4. Vom Actæon.

Auf einmal im Sommer gieng die Diana mit ihren Jungfrauen im Walde jagen. Und nachdem sie sich ergetzet / haben sie sich nackend in einem schönen kühlen / holen Brunnen gebadet und erquicket. Was geschicht / da kömmt unversehens zu dem Brunnen gegangen mit seinen Hunden der Jäger Actæon, ein junger Gesell / und siehet die Dianam mit ihren Jungfrauen nackend im Wasser stehen. Als die Nymphen (dann so wurden die Wald-Göttinnen geheissen) denActæonem gesehen / haben sie die Hände an ihre Brust geschlagen / sehr geheulet / und sind um dieDianam gelauffen / daß dieselbige sie verbergen möchte / damit sie von keinem Manne nackend gesehen würden. Die Diana aber / weil sie ihren Bogen und Pfeile nicht bey der Hand hatte / sondern dieselbe von sich geleget / hat an statt der Pfeile Wasser in die Hände genommen / und den Actæonem damit besprützet / welcher alsbald ist zu einem Hirsch worden / auf daß kein Mensch lebete / der sagen könte / er hätte die Dianam nackend gesehen. Actæon nunmehr in einen Hirsch verwandelt / lieff durch den Wald hin und her / und ward ohngefehr von seinen eigenen Hunden / die er sich mit auf die Jagt genommen / gesehen / welche vermeynten / daß es ein rechter Hirsch wäre / und dem Actæoni an den Leib fielen. Derselbe / weil er nicht reden / auch sich nicht vertheidigen konte / ist also von seinen eigenen Hunden zerrissen und aufgefressen worden.


Fürwitz stürtzet viele in Leib- und Lebens-Gefahr.

5. Der kunstreiche Dædalus, und dessen Sohn Icarus
[177] 5. Der kunstreiche Dædalus, und dessen SohnIcarus.

Dieser Dædalus, dessen wir anderswo gedacht / hat einen Sohn gehabt / Icarus geheissen: welche alle beyde bey dem Minoë in Creta gefangen lagen. DerDædalus aber seiner Kunst vertrauend / hat einen Rath erdacht / wie er aus dem Gefängniß entfliehen möchte. Hat derhalben ihm selbsten und seinem Sohne Flügel von Wachs angesetzet / so künstlich /daß sie damit eben als eine Vogel in der Lufft fliegen konten. Wie nun alle Sachen zum wegfliegen fertig /da hat der Vater seinen Sohn ernstlich vermahnet / er solte ja nicht zu hoch in die Lufft fliegen / auf daß die wächserne Flügel von der Sonnen-Hitze nicht zerschmeltzen möchten / sondern er solte sein mitten in der Lufft bleiben / und ihm nur nachfolgen: Denn er wolte vorn an fliegen. Also hebet sich der Vater Dædalus mit seinen gemachten Flügeln in die Höhe / der Sohn Icarus folget nach: und fliegen die beyde wie Vögel in der Lufft über Berg und Thal / biß sie endlich übers Mittelländische Meer kommen. Da wirdIcarus stoltz / erhebet sich in seinem Sinne / und nimmet sich für / er wil gar in den Himmel fliegen: Verläst also seines Vaters treue Lehre und Vermahnung /trauet allzuviel auf seine angesetzte wächserne Flügel / und indem er der Sonnen zu nahe fleucht / da schmeltzet das Wachs / und fällt Icarus von oben herunter in das Meer / das hernach deßwegen Mare Icarum ist genennet worden.


Diesem Icaro seynd zu vergleichen alle diejenigen /welche gar zu hoch hinaus wollen / sich allzuviel einbilden / und fliegen wollten / ehe sie Fittige haben. Insonderheit die jungen Studenten / welche vermeynen / sie haben bereit alle Weißheit gefressen / und wissen doch nichts. Die pflegen gemeiniglich herunter zu [178] fallen ins Verderben / und endlich gar zu nichte und zu Schanden zu werden. Von dem kunstreichen Meister Dædalo ist das Sprichwort genommen: Opera Dædalea, oderOpus Dædali, das ist / ein sehr künstlich und trefflich Werck.

6. Erliche Sprichwörter
1. Ranæ Seriphiæ
1. Ranæ Seriphiæ.

Plinius vermeldet / daß in der Insul Seripho alle Frösche gantz stumm seyn / und kein Gelaut von sich geben / wie die Frösche in diesen Ländern; Von diesen Fröschen haben die Alten ein Sprichwort genommen / wann sie einen Menschen gesehen / der gantz still und ohne Rede; denselben haben sie genanntRanam Seriphiara. Hieher gehöret das Apophthegma, welches dem Socrati zugeschrieben wird / nemlich: Als Socrates einen jungen Gesellen sahe stillschweigen / und nichts antworten / ob er schon gefraget ward / hat er gesagt: Hörst du / rede doch etwas /daß ich höre und vernehme / daß du ein Mensch seyst. Dann ein Mensch wird durch zwey Dinge von einem unvernünfftigen Thieren unterschieden / durch die Rede / und durch die Vernunfft: Welches beydes die Griechen mit einem Wort nennen λὁγον und heissen den Menschen Ζῶον λογικὀν.

2. Inter Sacrum & Saxum
2. Inter Sacrum & Saxum.

Bey den Römern / welche nicht weniger in Erudition, als im Kriege / andern Völckern fürgangen / ist im Gebrauch gewesen / daß / wann sie mit ihren Nachbarn haben ein Verbündniß aufrichten wollen / so hat ein Priester müssen eine Sau an die Gräntzen führen /einen Stein in die Hand nehmen / und damit das Schwein tödten / diese Wort sprechend: Wer diese H. Verbündniß bricht / den schlage der Gott Jupiter [179] eben also / gleich als ich diese Sau tödtete. Daher ist diß Sprichwort: Inter Sacrum & Saxum stare. Welches gebraucht wird / wann man in grosser ja Todes-Gefahr stehet.

3. Sardi Venales
3. Sardi Venales.

Sardinia ist eine Insul / gelegen im Mittelländischen Meer. Diesselbe ist von den Römern unter dem Hauptmann Sempronio Graccho überwunden worden / damahl hat man von dannen so viel gefangene Menschen nach Rom geführet / daß man noch etliche Tage nach einander sie Hauffenweise verkaufft. Wie nun dieses Verkauffen ziemlich lange gewähret / und die gefangenen Sarder für ein geringes Geld verkaufft wurden / hat man ein Sprichwort daraus gemacht /und gesagt: Sadri Venales, welches verstanden wird von einem verächtlichen Dinge / das nicht viel werth ist. Oder auch wol von einem Dinge / das lange verzögert und aufgeschoben wird.

4. Corycæi
4. Corycæi.

In den Schulen pfleget man dieselbigen / welche andere Knaben heimlich anmercken / wann sie übels thun /Corycæos zu nennen / das ist / Aufmercker: Solches hat seinen Ursprung aus folgender Historia:

In Griechenland liegt ein hoher Berg / Corycus genannt / der sich ferne ins Meer ausstrecket / und einen guten sichern Hafen hat. Allda haben fürs Alter ihre Wohnung gehabt viel Mörder und See-Räuber / welche eine neue Art und Weise erfunden / den fremden Kauffleuten heimlich nachzustellen: Dann sie mengten sich unbekannter Weise unter die Kauffleute / hörten zu / wohin sie wollten? Was sie für Wahren eingeladen? [180] Wie starck sie wären? Hernach wann die Kauffleute abgefahren / und in die See kommen / fielen sie dieselbige an / nahmen ihnen ihre Güter / und tractirten sie übel; Daher alle / die darauf mercken /was andere heimlich reden / Corycæi genennet werden.

5. Hydra Lernæa
5. Hydra Lernæa.

In Griechenland ist eine See oder Teich / Lerna geheissen / darinn (wie die Poeten schreiben) vormals gewesen das Wunder-Thier Hydra, mit hundert Köpffen: Welchem / wie viel man auch deren abgehauen /dennoch allezeit mehr und mehr wiederum aufs neue herfür gewachsen seynd. Dieses Monstrum hat die gantze Gegend / und alle Oerter jämmerlich verwüstet / biß endlich der starcke Held Hercules kommen / der dasselbe erstlich mit seiner Keule / hernach mit seinen Pfeilen und Bogen / endlich / wie es sich in die Höle verkrochen / mit angezündetem Holtze und grossem Feuer getödtet / und aus dem Wege geräumet. Daher ist entsprungen das alte Sprichwort: Lerna malorum, oder Hydra Lernæa, welches gebraucht wird von sehr grossem Ubel / und allen bösen Dingen / die nicht leichtlich können abgeschaffet werden.

6. Ad Colophonem per ducere
6. Ad Colophonem per ducere.

Colophon ist eine Sadt in Jonia: Deren Einwohner vormals zu Wasser und Lande mächtig und so wol im Streit erfahren / auch also wol mit Kriegs-Volck versehen gewesen / daß / wo sonsten ein Krieg nicht hat können gestillet und beygeleget werden / da hat man der Colophonier Reuterey / zu helffen / und alles zum Ende zu bringen / hingesand. Hieraus ist erstlich entsprungen das Sprichwort / Colophonem [181] addere, das ist / die letzte Hand anlegen / und ein Ding zum Ende bringen.


Man muß nicht gar zu still / auch nicht gar zu waschhafftig seyn / die Mittel-Strasse ist die sicherste Verbündniß soll man heilig und feste halten. Der eine Mensch lauret auf des andern Verderben wie ein Löw in der Höle /verkaufft und tödtet ihn um ein liederliches / etc. Die Erb-Sünde ist eine rechte Hydra Lernæa, ein groß Ubel /eine auslebende Seuche. Zu Ende und zuletzt muß man am sichersten spielen: Ende gut / alles gut.

7. Der höckrige Philosophus Crates
7. Der höckrige Philosophus Crates.

Die unbesonnen offtmahl die Weibs-Personen ihre Liebe werffen auf die Männer / und sich nicht lassen von ihrer einmal geschöpfften Meynung abbringen /bezeuget die tägliche Erfahrung. Für dißmal wil ich nur ein altes Exempel anführen:

Hipparchia, eine Schwester des Metroclis, gewann den fürtrefflichen Philosophum Craterem lieb / nicht zwar wegen seiner Schönheit: dann er vom Leibe gantz ungestalt war; Auch nicht wegen seines Reichthums; dann er gar arm war / sondern aus ungearteter Liebe / also / daß sie ihren Eltern und Freunden dräuete / sie wolte ihr selber den Tod anthun / wofern man ihr wehren würde den Craterem zu freyen. Von diesem ihren bösen Fürnehmen und der thörichten Liebe haben sie nicht können abbringen / weder ihre Eltern / noch der Crates selber / weder mit gutem noch mit bösem. Endlich ist Crates aufgestanden /und herfür getreten öffentlich / hat seinen Mantel abgeleget / und seinen Rücken / darauf er einen grossen Höcker hatte / entblösset / sagende: Daß niemand betrogen werde / so sehet alle her / diß ist der Bräutigam. Dabeneben hat er seinen Stecken / und seine Tasche (dann mehr hat er nicht gehabt) hinweggeworffen / und gesagt: [182] Und diß ist mein Braut-Schatz. Hierüber möcht ihr euch bedencken: dann ich kein Weib nehmen kan / deren dieses nicht gefalle. Durch diese That ist Hipparchia von der Liebe wieder abgeschrecket worden.

Die Liebe ist blind / sie fällt so bald auf das Ungestalte als auf das Wolgestalte. Mancher ist vor Liebe gleichsam blind / roll und unsinnig: er freyet in das Gelach hinein /und weiß selbsten nicht was / bis ihm zuletzt die Augen wieder eröffnet werden / daß er sein thörichtes Beginnen handgreifflich spüret.

8. Vom Demosthene und Laide
8. Vom Demosthene und Laide.

Zu Corintho war ein sehr berühmt leichtfertig Weib /mit Nahmen Lais, welche wegen ihrer Schönheit und lieblichen Geberden viel Geld verdienete / massen dann die Reichsten und Fürnehmsten in gantz Græcia zu ihr reiseten. Sie aber ließ niemand zu sich / der nicht gab / was sie forderte. Sie forderte aber eine überaus grosse Summa Geldes. Dannenhero das Sprichwort kommen: Non cuivis licet ire Corinthum; Nemlich / der da nicht geben könte der Laidi, so viel sie forderte / der dürffte nur ihrenthalben nach Corintho nicht ziehen. Nun trug es sich zu / daß auch Demosthenes, der weitberühmte Redner / einmal heimlich zu der Laide gieng / und sie bat / daß sie ihm wolte zu Willen seyn. Da forderte Lais von ihm einTalentum, das ist / sechshundert Cronen oder tausend und vierhundert Gülden. Hierüber hat sich der Demosthenes entsetzet / so wol des grossen Geldes halber /als wegen der Unverschamheit des Weibes: Ist davon gangen / hat die Laidem sitzen lassen und gesaget:Tanti pœnitere non emo, so viel gebe ich nicht für ein Ding / dessen mich doch alsbald gereuen würde /wann ichs gethan hätte.


[183] Huren bringen manchen um sein Gut und Geld. Um schnöder Sünde willen muß man nicht den Himmel ver schertzen / und um schnöder Lust auf sich bürden die ewige Unlust.

9. Wie Darius zum Königreich kommen
9. Wie Darius zum Königreich kommen.

Darius, Histaspis Sohn / ist gewesen ein Trabant und Diener des Königs Cambysis, und auf folgende Weise nach dem Cambyse, König über die Perser und Meder worden.

Wie Cambyses verstorben / da hat sich ein Magus mit Nahmen Smerdis, aufgeworffen für einen König /denselben hat Darius mit noch andern sechs fürnehmen Männern in seiner Kammer erstochen. Wie diese sieben nun sich nicht vertragen konten / welcher unter ihnen dem Cambysi succediren und König seyn solte / da haben sie sich also verglichen / daß sie des andern Morgens alle zu Pferde sitzend auf einem Platz zusammen kommen wolten / und wessen Pferd zum ersten würde wiehren oder schreyen / derselbe solte an Cambysis statt König werden. Darius hat seinem Pferde-Meister solchen Anschlag offenbahret / der denn folgende List erdacht. Auf den bestimmten Platz hat er des Abends des Darii Leib-Hengst geführet /auf dem er des folgenden Morgens reiten wollen / und ein Mutter-Pferd darzu gelassen; Wie nun des Morgens Darius sammt den andern auf den Platz geritten kommt / und des Darii Hengst solchen Ort kennete /auch verhoffte / er würde das Mutter-Pferd wiederum allda antreffen / da hat der Hengst laut geschrien. Als solches die andern gehöret / seynd sie von ihren Pferden abgestiegen / dem Dario zu Fusse gefallen / und haben ihn für einen König auf und angenommen. Also ist Darius aus einem schlechten Trabanten / durch List seines [184] Pferd-Bereiters / und durch ein Pferd-Geschrey Monarcha worden der Meder und Perser.

Eines erfahrnen Mannes Rath soll man sich gebrauchen. Mancher kömmt mit List und verborgener Kunst zu Ehren. Wem das Glück die Ehre gönnet / dem soll man die nicht mißgönnen.

10. Kampff der zweymahl drey Gebrüder Horatiorum und Curatiorum
10. Kampff der zweymahl drey GebrüderHoratiorum und Curatiorum.

Nicht weit von Rom / da damahls regierete der dritte König Tullus Hostilius, war für Zeiten eine Stadt gelegen / Alba genannt (daher die Albaner kommen.) Ob nun wol die Römer den Albanern / so wol mit Blutfreundschafft / als Schwägerschafft verwandt waren / nichts desto weniger / weil die Stadt Rom sehr florirte / und täglich zunahm / so hasseten und verfolgten die Albaner die Römer: Biß endlich dieser Zwiespalt / Neid und Wiederwill so groß ward / daß daraus ein öffentlicher Krieg erwuchs. Damit aber dem Unglück ferner fürgebauet werden möchte / so wurden unter sich eins aus der Stadt Rom der Tullus, und von der Albaner Seiten Metius Suffetius: Nehmlich / daß drey Brüder vom Geschlecht der Horatiorum, und gleichfals aus der Stadt Alba andere drey Brüder / vom Geschlecht der Curatiorum, (welche sechs eben damahl im Läger unter den Soldaten gefunden wurden /) solten ausgeordnet werden / und mit einander streiten. Und welche Stadt alsdann unterläge / die solte der andern unterthänig und gehorsam seyn: Diese sechs junge Gesellen / ob sie wol einander am Geblüte verwandt / so fiengen sie dennoch den Streit an. Wurden also zu bestimmter Zeit die Schrancken zwischen beyden Städten auf einen grünen Platz aufgeschlagen / und die sechs Kämpffer dahin geführet:[185] Woselbst auch von Rom und Alba viel Zuseher kamen. Es begab sich aber nicht ohne Schrecken der Römer / daß aus ihren dreyen 2. erschlagen wurden /doch gleichwol der dritte im geringsten nicht verwundet / frisch und gesund verbliebe. Die drey Albaner aber / allesammt hart verwundet / trieben den einen frischen Römer tapffer herum / und verfolgten ihn. Derselbe immittelst gebrauchte diese List: Er gedachte / grieff er seine Feinde alle drey zugleich an / so würden sie ihm überlegen seyn: Stritte er aber mit einem jeglichen absonderlich / so könte er sie wol überwinden. Nahm derhalben den einen erst für: Derselbe / weil er hart verwundet war / und sich sehr verblutet hatte / ward von ihm bald nieder gemacht: Gleicher gestalt nahm er absonderlich den andern für /tödtet den auch: Und zuletzt den dritten ebener massen. Also überwand der eine Römer / Horatianer Geschlechts / die Curiatier alle drey / und erlangeten die Römer den Sieg / wurden der Albaner Ober-Herrn /und brachten den Horatium mit grossem Triumph und Ehren in die Stadt Rom. Diese Freude aber ward bald hernach in Traurigkeit verkehret. Dann wie derHoratius jetzt in die Stadt treten wolte / siehe / da kömmt ihm entgegen seine Schwester / eine Jungfrau /welche einem der Curiatier, so vom Horatio über wunden und getödtet / zur Ehe versprochen war. Diese / da sie ihres Vertrauten Wapen-Rock / den sie selbst gemacht hatte / auf des Bruders Achseln ersahe / risse sie ihre Haare voneinander / und rieff gantz kläglich mit Nahmen ihren entleibten Bräutigam. Solch der Schwester Leidklagen bewegte den jungenHoratium dermassen / daß er sein Schwerdt zuckete /und sie auf der Stätte erstach / also sagende: [186] Fahre hin mit dieser unzeitigen Liebe zu deinem Bräutigam / die du deiner zween Brüder / und des noch lebenden / ja auch des Vaterlandes vergessen hast. Also soll einer jeden Römerin geschehen / die einen Feind ihres Vaterlandes betrauren wird. Diese That wurde bey dem Könige Tullo, und allen Vätern / für gar grausam gehalten / und derohalben über den Horatium Recht gesprochen: Er / auch ungeachtet seiner trefflichen That / dergestalt zum Tode verurtheilet / daß er solte mit Ruthen zur Stadt hinaus gestrichen / und mit einem Strick an einen Baum gehencket werden: Des Jünglings alter Vater aber / Publius Horatius, legte sich hierzwischen / appellirte dagegen / wie dann auch der Jüngling selbst auf ferners Erkäntniß der Sache sich berieff. Der Vater sprach / seine Tochter wäre aus rechtmäßigen Ursachen entleibet / sonst wolt er sie in Krafft väterlicher Gewalt selbst gestraffet haben. Folgends bate er / daß sie dennoch ihn / als welchen sie unlängst zuvor mit fürtrefflichen Kindern begabt gesehen / auf diesen Tag nicht gantz und gar Kinderloß machen wolten. Mit dieser Bitte hat also der Vater den Sohn vom Tode erlöset.


In Krieg und Streit ist das Glück seltsam und wanckelbar. Item / nach erobertem Sieg kan auch ferner Unglück entstehen. Darum sey niemand vermessen.

11. Kuckuck
11. Kuckuck.

Der Kuckuck und die Nachtigal seynd die ersten Sommer-Boten. Es hat aber der Kuckuck einen überaus bösen Nahmen für seine Unschuld und fröliche Zeitung. Dann man schreibet und saget / er sey von Art und Natur ein Sperber: Bespeye Kräuter und Blumen / daß Raupen daraus wachsen: Er fresse den Ringel-Tauben oder Graß-Mücken die Eyer [187] oder Jungen auf: Lege sein eigenes Ey ins Nest / und wanns ausgebrütet ist / und der junge Kuckuck ausfleucht / so ergreifft er seine Mutter selbst / würge und fresse sie. Daher muß der Kuckuck ein Fürbild seyn der Undanckbarkeit gegen die Eltern / Præceptores und Wohlthäter: und ist in der Lateinischen Sprache nichts gemeineres / als daß man sagt von einem Undanckbaren / er sey ingratus cuculus.

Wann mans aber recht wil beym Licht besehen / so geschicht dem guten Kuckuck unrecht / und kan er gar leicht entschuldiget werden. Dann alles / was von ihm erzehlet wird / eitel falsch / und ferne von der Warheit abe ist. Fürs erste / ist er nicht Sperbers Art / sondern vom Geschlechte der wilden Tauben: Das Weiblein ist blaulicht / wie eine Holtz-Taube. Das Männlein bräunlich / und wird der rothe Kuckuck genennet. Sie haben aber beyde schöne gelbe Füsse wie ein Sperber: Dahero vielleicht dieser Irrthum kommen. Sonsten seynd ihnen die Sperber und Habichte so sehr aufsetzig / daß sie sie fressen wie eine Turtel-Taube. Ein Sperber aber frißt den andern nicht: Auch nicht ein Rabe den andern. Daher kommt / daß der Kuckuck sich nicht sehen oder hören lässet / ehe er sich auf den Bäumen mit Laube bedecken kan. Und so bald er einen Sperber oder eine Krähe fliegen siehet /macht er sich davon. Uber das isset er durchaus kein Fleisch / wie die Sperber thun; sondern allein Maden /Würme und Raupen. Darum lässet er sich sehen und hören / so bald die Früh-Raupen aus ihren Nestern ausgekrochen. Wann aber dieselbe vergangen und hinweg seyn / so verleuret er sich auch / und suchet ein ander Land. Wann man ihn im Hause aus dem Nest aufzeucht / so isset er den [188] Winter über gerieben Monsaat / Brey und Gersten-Mehl und Kleyen: Nimmt durchaus kein Fleisch an / welches doch die Nachtigaln / Lerchen und andere Mücken-Fänger thun. Wie solte er dann seine Brüder / die jungen Ringel-Tauben / Graß-Mücken / und endlich seine Mutter die Ringel-Taube / die zweymal grösser ist / als er /fressen? Oder die Graß-Mücke / die ihm im Fliegen viel zu geschwinde ist? Daß aber die Graß-Mücke ihn mit Frieden und Freuden länger dann vier Wochen speiset / wann er aus ihrem Nest ausgeflogen / giebt auch die tägliche Erfahrung: Und zwar fürchtet sie sich gar nicht / daß er sie fresse. Darum wird der unschuldige Kuckuck mit solcher falschen Auflage und Lästerung unbillich hintergangen.

Es leget aber der Kuckuck sein eigenes Ey in ein fremd Nest / das vielleicht in der Natur darum also geordnet / damit er die Kürtze von Tiburtii biß auf Johannis des Tauffers Tag sich frölich mache / und bey den Eulen und andern Raub-Vögeln nicht an der Stimme verrathen und auf dem Nest ergriffen werde.

Wann im Meyen ein Frost einfällt / so ruffet er heischer: Alsdenn sprechen die Bauren / die Stimme sey ihm erfroren. Wenn er nach St. Johannis ruffet / achten sie es für ein Zeichen der theuren Zeit. Dann es ist eine Anzeigung / daß der Anfang des Meyens kalt gewesen / und der Kuckuck seinen Gesang spat angefangen: Und die Raupen hernach desto länger bleiben: Welches warlich den Blumen und andern Feld-Früchten grossen Schaden bringet.

Daß er aber speyen solte / ist wider seine / ja aller Vögel Natur. Kein Vogel speyet / was er eins gesehen hat. Er hat aber ein sonderlich Geruffe / damit er seinen [189] Ehegatten ruffet / das nennen etliche Lachen; und ist er demnach nicht ein Vater / sondern ein Mörder der Raupen / dessen man ihn billich solte geniessen lassen.


Man muß nicht alles glauben / was die Gelehrten schreiben. Die Bauer-Regeln seynd nicht zu verachten / gleichwol so seynd es keine Glaubens-Artickul.

12. Coriolanus, ein ritterlicher Held
12. Coriolanus, ein ritterlicher Held.

Coriolanus (schreibet Cnejus Martius) war ein Edelmann zu Rom vom hohen Verstand und weisen Rathe / und hatte sich um die Stadt Rom sehr wol verdient gemacht. Nichts desto weniger ward er durch Mißgunst aus Rom ins Elend verwiesen. Da ist er gezogen zu den Völckern Volscis, welche ihn in so grossen Ehren gehalten / daß sie ihn zum obersten Kriegs-Herrn erwehlet. Derhalben er kurtz hernacher mit Kriegs-Macht wider sein undanckbahres Vaterland Rom angezogen kam / des Vorhabens / seinen Freunden / von welchen er war auf- und angenommen / zu helffen und Beförderung zu thun. Hat auch in diesem Kriege die Römer so geängstiget / daß sie gezwungen worden / etliche Personen aus dem Rath und der Bürgerschafft an ihn abzusenden / seinen gefaßten Widerwillen zu lindern / und ihn zu erweichen / daß er von der schweren Belägerung möchte abstehen. Wiewol sie aber damit nichts bey ihm ausgerichtet /so haben sie doch nicht nachgelassen / sondern ihre Priester und heiligen Leute zum andernmal an ihn geschicket / Fürbitte zu thun fürs Vaterland; Die er gleichfalls mit harten Worten wieder von sich gewiesen. Hierauf seynd alle ehrliche Matronen in Rom aufgestanden / und zu des Coriolani Mutter / wie auch zu seiner Haus-Frauen Volumnia gangen / bey denen sie bittlich so [190] viel erhalten / daß die alte Mutter (welche kaum mehr gehen können /) und die Volumnia mit zween des Coriolani Söhnen / sich aus Rom nach des Coriolani Läger begeben / zu sehen / ob sie etwas könten ausrichten. Wie nun die Mutter in ihres Sohnes Gezelt eingehet / und er sie ansichtig wird / da entsetzet er sich / fällt aus Ohnmacht und kindlicherAffection auf die Erde: Stehet doch bald wieder auf /läufft nach seiner Mutter / sie zu umfahen: Die ihn aber von sich gestossen und mit grosser Hertzhafftigkeit seine That ihm zu Gemüthe geführet: Unterdessen kömmt auch seine Frau Volumnia, mit den beyden Söhnen: Da wird Coriolanus noch mehr in seinem Hertzen bewegt / fähet an zu weinen / und wie er ihre Meynung und Bitte vernommen / rufft er überlaut: Expugnasti & vicisti iram meam, ô Patria! Worauf er alsbald das Krieges-Volck wiederum abgeführet / und sein Vaterland von der äussersten Gefahr erldediget.


Also viel vermag die ςοργὴ, das ist / die Liebe zwischen Eltern und Kinder. Lernet hieraus ihr Kinder /euren Eltern zu willfahren in allem / was zu thun Christlich und möglich ist.

13. Von der Lerche und deren Jungen - des Ennii Beyspiel
13. Von der Lerche und deren Jungen / des Ennii Beyspiel.

Wann ein Mensch durch seinen Fleiß und Arbeit etwas selbst verrichten kan / so soll er nicht auf fremde Leute / sie seyn Nachbarn oder Verwandte / warten noch sich verlassen / davon höret eine Fabel in des alten Poeten Ennii Satyris beschrieben / die lautet also:

Die Lerche ist ein kleiner Vogel / wohnet und nistet im Korn / zu der Zeit / wann die Erndte schier verhanden. Auf einmal als das Korn schon reiff war / und die alte [191] Lerche ausfliegen wolte / ihren Jungen Speise zu holen / vermahnete sie sie fleißig / sie solten wol aufmercken / was etwa in ihrem Abwesen allda sich zutrüge oder geredet würde. Da kömmt der Herr des Korns mit seinem Sohn / und spricht: Siehest du / daß dieses Korn schon reiff ist? Gehe hin zu unsern Nachbarn / und bitte / daß sie Morgen frühe hieher kommen / und uns das Korn helffen abmeyen: Gehet damit nach Hause. Wie die Mutter der Lerchen wiederkommt zu ihren Jungen / da erzehlen sie ihr mit Zittern / was der Herr zu thun beschlossen hätte. Die Mutter antwortete / sie solten zu frieden seyn / und sich nicht bekümmern: Dann (sagte sie) hat er seine Erndte den Nachbarn anvertrauet / so wird morgen das Korn nicht abgemeyet. Des andern Tages fleucht die Lerche wiederum aus / befielet abermal aufzumercken / was geredet würde. Da kömmt der Herr wieder mit seinem Sohne / sprechend: Unsere Nachbarn sind grosse Verzöger: Laß uns gehen / und unsere Blut-Freunde bitten / daß sie Morgen verhanden seyn / uns uns meyen helffen. Die alte Lerche kömmt wieder /und vernimmt von den traurigen und zitternden Jungen / was geredet und geschehen ist. Die Mutter ermahnet ihre Jungen abermahl / sie solten gutes Muths seyn: Dann kein Bluts-Verwandter sey so fertig / daß er alsbald gehorsam sey. Des dritten Morgens fleucht die Mutter wieder aus: Die Bluts-Verwandten werden zwar erwartet / kommen aber nicht. Da spricht endlich der Herr zu seinem Sohne: Laß fahren Nachbarn und Verwandten; Morgen frühe solt du eine Sense nehmen / und ich auch eine / damit wollen wir unser Korn selbst abmeyen. Wie das die alte Lerche von ihren [192] Jungen vernimmt / daß der Herr so gesinnet / da spricht sie: Nun ist es Zeit zu weichen / weil der / den die Sache angehet / selber die Hand anlegen will. Lasset uns derhalben unsere Stätte verändern / und ein ander Nest suchen. Hat sich also mit ihren Jungen davon gemacht / und der Herr des andern Tages seine Erndte selber verrichtet.

Diese Fabel beschleust der alte Vater Ennius mit folgenden herrlichen Versen:


Hoc erit tibi argumentum semper in promptu situm:
Ne quid exspectes amicos, quod tuto agere posses.

Diß laß dir allezeit zu einer Warnung dienen / Wann du dich einer Sach alleine darffst erkühnen / So warte (sicher) nicht auf deiner Freunde Rath / Denn solche Säumigkeit offtmahls betrogen hat.

14. Der Palm-Baum
14. Der Palm-Baum.

Ein seltzam Ding ist es / daß Aristoteles in seinenProblematibus, und Plutarchus in den Symposiis schreiben / nemlich / daß der Palm-Baum eine solche Natur an sich habe / wo man auf ihn leget eine grosse schwere Last / ja ihn so viel beschweret / daß er auch die Bürde nicht ertragen kan / so beuget er sich nicht niederwärts / sondern richtet sich in die Höhe / und widerstehet der Last / daß er auch über sich krumm wird: Aus diesen Ursachen / sagt Plutarchus, haben die Römer angeordnet / daß die Uberwinder gekrönet würden mit Blättern vom Palm-Baum: Dieweil dieses Baumes Art ist / daß er keinem Dinge / welches ihn drucket und presset / weichet / sondern / allezeit sich herfür dringet. Daher sind kommen die Sprichwörter:Palmam præripere, das ist / andern es zuvor thun;Palmam ferre, Lob davon tragen; Palmam tribuere, [193] einem den Preiß geben. Diese Erzehlung von den Palmbaums wunderliche Natur stelle ich an seinen Ort. Es bezeuget aber immittelst die tägliche Erfahrung / daß der Palmbaum eben so wol von einer schweren Last sich unterdrücken und beugen lasse /alß andere Bäume. Dieses bezeugen nicht allein die in Italia wachsende Palmbäume / sondern auch die in India / und andern Orten: dessen augenscheinliche Zeugen seynd die / so an ermeldete Oerter verreisen /und solches täglich in Augenschein nehmen.

Man soll nicht glauben / was der Augenscheinlichen Erfahrung zuwieder läufft.

15. Von den Rhodisern - und dem Könige
15. Von den Rhodisern / und dem Könige.

Wie der ächtige König Demetrius die Insul Rhodus bekriegte / und daselbst die Hauptstadt belägert hatte / war er Willens und Raths worden / etliche Häuser ausserhalb der Stadt / in der Vorstadt gelegen / anzuzünden und in Brand zu stecken / in welchen Häusern verwahret und auffgehencket war ein Bildniß oder Conterfey des Jalyfi, vom fürtreflichen Mahler Protogene gemacht und verfertiget. Welches Kunststücklein der Demetrius den Rhodiis mißgönnete. Dieses haben die Rhodii gemercket / und deßhalben ihre Legaten an den Demetrium abgesandt mit folgender Rede: was zwinget dich dazu / O König / daß du dieses köstliche Bild gedenckest mit Feuer zu verbrennen? Wo du uns überwindest / und unsere Stadt in deine Gewalt bekömmst / so kanst du ja das Bild ganz unverletzt selber besitzen und gebrauchen: Wo du uns aber nicht überwindest / sondern [194] must unverrichteter Sachen davon ziehen / so wolltest du doch gedencken / wie lästerlich und schimpfflich es dir sein würde / einen Krieg zu führen mit dem verstorbenenProtogene oder Jalyfo, und gegen ein todtes Bildnis Tyranney zu üben / weil du die Rhodios nicht überwinden können. Alß der Demetrius diese Rede von den Legaten gehöret / hat er die Belägerung auffgehoben / und beydes der Stadt und des Bildes verschonet.

Man muß nichts tun noch anfaßen / da man nur Schimpff von hat. Kluge und vernünfftige Reden heben offt großen Zwiespalt auff.

16. Der Gordianische Knopff oder Knote
16. Der Gordianische Knopff oder Knote.

Die Stadt Gordium ist gelegen in Phrygia, daselbst der geistige König Midas seine Hoffstadt für Alters gehabt. Dahin war der große Alexander mit seinem Kriegsheer auch kommen / und hatte die Stadt überwunden; in derselbigen Stadt war verwahret ein wunderlicher Wagen / gebunden mit einem Strick / welcher gemacht war (wie Plutarchus meldet) von der Rinde eines Tarlingbaums / und zusammen verwickelt mit einem unaufflößlichen Knoten. Die Inwohner der Stadt und des gantzen Landes hielten es für eine gewisse und unfehlbare Prophezeyung / daß / wer denselben Knopff oder Knoten würde auflösen / derselbe sollte ein König und Herr werden des gantzen Erdstreifes. Dieses ward dem Alexandro erzehlet: derhalben suchte er den Knoten aufzubinden: konnte aber solches nicht ins Werk richten; angesehen er so sehr ineinander geschlungen / daß man weder Anfang noch Ende davon finden konte. Alexander sehend / daß er mit Kunst nichts könte außrichten / [195] hat sein Rappier ausgezogen / und den Knoten mitten entzwey gehauen. Wie das geschehen / hat man unterschiedliche Enden daran gefunden / und den Knoten leichtlich gantz aufgelöset. Daher ist das Sprichwort kommen:Nodus Gordius, von einem schweren / verwickelten und unauflößlichen Dinge: Sonsten ist ein König in Franckreich gewesen / welcher in seinem Emblemate geführet einen solchen Knoten / und darbey eine Hand mit einem Schwerdt / mit dieser Uberschrifft: Nodos virtute resolvo.


Was man nicht kan mit Fug verrichten / da soll man nicht mit Ungestümmigkeit hinein fahren. Die Ketzer werffen uns auch manchen verwirrten Knoten falscher Lehre vor: Aber mit dem geistlichen Schwerdt des Geistes können wir solchen auflösen und zertrennen.

17. Von den Schwalben
17. Von den Schwalben.

Ein altes Sprichwort wird gebraucht von den Schwalben / welches also lautet: Hirundinem sub eodem tecto ne habeas. Von diesem Sprichwort hält man bey uns das Widerspiel: Dann man wenig Häuser findet / in welchen man nicht siehet die Schwalben nisten: Daraus sie nicht allein nicht vertrieben / sondern auch gerne darinnen beherberget werden. Dann man vermeynet die Schwalben bringen Glück mit / und wann man die Schwalben ausjage / so lade man sich gewiß ein Unglück auf den Halß. Ja wann Schwalben von sich selber aus dem Hause ziehen / und solches verlassen / so vermeynet man / es werde selbiges Jahr einer in dem Hause sterben. Nichts destoweniger / so hat das alte Sprichwort seine Ursachen und gewisse Gründe: Etliche meynen / man solle die Schwalben aus den Häusern abschaffen / darum / weil sie so viel Geplerr und Zitschens [196] machen. Welches zwar der Wahrheit nicht unähnlich: Aber dieses kan auch hinzu gethan werden / weil der Wirth gantz und gar keinen Nutzen von den Schwalben hat. Dann wenn sie wegziehen / was lassen sie anders hinter sich / als einen Hauffen Koths und Unflaths (damit sie die Bünen und Böden besudeln. Wann gute Zeit ist / bey Sommer-Tagen / so bleiben sie eine Zeitlang: Wann aber der betrübte Winter heran kommt / so verlassen sie ihren Wirth / als untreue Gäste. Es seynd zwey Thiere /welche immerdar bey und um den Menschen sind / die gleichwol nicht zahm werden / noch sich angreiffen lassen: Die Fliege und die Schwalbe. Daher Pythagoras mit dem obgesetzten Sprichwort andeuten wollen / daß wir uns für einem undanckbaren und untreuen Haußgenossen hüten sollen.


Auf abergläubischen Weiber Tand soll man nicht fussen. Wo man mehr Unlust als Lust man hat / das soll man abschaffen.

18. Des Homeri Schrifften
18. Des Homeri Schrifften.

Der alte Griechische Poet Homerus, von welchem man saget / er sey blind gebohren / hat zwey grosse Bücher geschrieben / genennet Ilias und Odyssea, welche so fürtrefflich seynd / daß / so lange die Welt gestanden / ihres gleichen nicht gesehen worden. Das Buch Odysseam belangend / darinnen hat Homerus erzehlet / wie der listige und beredte Ulysses zehen gantzer Jahr lang herum gereiset / nachdem die StadtTroja geschleiffet / und er (Ulysses) den Krieg mit zum Ende bringen helffen. Das Buch Ilias hält in sich die Beschreibung des Trojanischen Krieges / und ist wol kein Unglück oder Übel / welches der Krieg kan mit sich bringen / so in diesem Iliade nicht beschrieben. [197] Daher das Sprichwort kommen: Ilias malorum, das ist ein Hauffen Unglücks / ja alles Böses auf einen Hauffen versammlet: Weil darneben auch in dem Iliade herrliche schöne Ehren und Berathschlagungen / von Kriegen zu führen / beschrieben werden / als hat deßhalben der grosse Alexander den Iliadem Homeri so lieb und werth gehalten / daß er nicht allein das Buch allezeit bey sich gehabt / und wie er die Welt mit Krieg überzogen / darinnen gelesen / sondern auch alle Abend / wann er schlaffen gangen / den Iliadem beneben seinen Schwerdt unter sein Haupt- Küssen gelegt / und darauf geschlaffen: Ja was noch mehr ist: Als er (Alexander) den König Darium überwunden hatte / und man ein überaus köstlich Kästlein zu ihm brachte / darüber seine Kriegs-Räthe berathschlagten / was man darein legen solte? Da hat Alexander gesagt / er wüste nichts köstlichers / das man in so einem theuerbaren Kästlein verwahren könte /als Iliada Homeri. Viel Scribenten seynd der Meynung / daß erstlichen die Tragœdien aus dem Iliade, und die Comœdien aus dem Odyssea genommen worden. Die Tragœdien seynd von eitel traurigen Sachen / und haben allezeit ein trauriges Ende: Die Comœdien aber seynd von lustigen und glücklichen Sachen / und haben einen fröhlichen Ausgang.


Christen haben ein schönes Buch / welches man nennet die heilige Schrifft / welches sie sollen höher halten /denn die theuersten Perlen / und sie stets in den Kästlein ihres Hertzens tragen.

19. Unnützer Zanck und Streit
19. Unnützer Zanck und Streit.

Als einsmals der fürtreffliche Redner Demosthenes zu Athen fürm Gerichte einen beschuldigten / und zum Tode verutheilten Menschen mit seiner Rede vertheidigen wolte / und aber niemand von den [198] Richtern und Bürgern ihm wolte gut Gehör geben / sondern verhinderten ihn mit ihrem Plaudern und Schreyen / da hatDemosthenes ihnen mit der Hand gewincket und gebeten / sie möchten nur eine kleine Weile stillschweigen / er wolte ihnen etwas neues / wunderbares und lustiges erzehlen. Hat darauf angefangen auf folgende Art:

Allhier zu Athen war ein Jüngling / der wolte verreisen nach Megaram, und miethete von einem Esel-Führer einen Esel / darauf er hinreiten könte. Wie sie nun unterweges waren / und im Mittage die Sonne sehr heiß schiene / ist der Jüngling mit dem Esel still gestanden / davon abgestiegen / und hat sich unter den Esel in Schatten gesetzet / der Hitze zu entfliehen. Der Esel-Führer hat ihm solches wehren wollen und gesagt: Er hätte ihm nur den Esel vermiethet / nicht aber des Esels Schatten. Der Jüngling wendet für / er habe ihm den Esel abgemiethet gantz und gar / mit allem was er an sich hätte. Hierüber haben sie sich nicht vertragen können / sondern so lange über des Esels Schatten gezancket / biß sie endlich nach dem Richter gangen / der sie solte von einander scheiden.

Wie Demosthenes dieses erzehlet / hat er still geschwiegen. Der Richter und das Volck zu Athen haben gebethen / er möchte fortfahren; Dann sie wolten gerne das Ende anhören. Da hat Demosthenes gesagt; Wollet ihr dann lieber zuhören dem Streite von des Esels Schatten / die ihr euch beschweret mir Gehör zu geben / daß ich eines Menschen / der in Lebens-Gefahr stehet / Sache fürbringe und vertheidige? Hievon ist kommen das Sprichwort: Do umbra asini rixari vel disputare, wird verstanden von einem Dinger das nicht viel zu bedeuten hat.

[199] Diesem Sprichwort ist gleich ein anders: De lana caprina, welches daher rühret / daß einmal zween Schaaf-Hirten mit einander gestritten / und sich nicht vertragen können wegen dieser Frage: Ob die Ziegen oder Böcke Wolle haben? oder ob sie Haare haben?

Viel zancken sich offt um eine Sache / und wann man sie beym Licht besiehet / ist es nicht werth / daß man das Maul darum aufthut. Mit Halß-Sachen soll man behutsam umgehen / und nicht ehe einem das Leben absprechen / man sey dann gewiß berichtet / daß er den Tod wohl verdienet habe.

20. Das Horn des Uberflusses
20. Das Horn des Uberflusses.

Wie der Gott Jupiter erstlich von der Rhea auf die Welt gebohren / ist er nicht von ihr gesäuget und erzogen / sondern in die Insul Creta bracht / und allda in eine Wildniß niedergeleget worden. Es sind aber alsbald zwo Waldgöttinnen kommen / die das Kindlein gefunden / und sich seiner angenommen / welches auch / damit es beym Leben erhalten würde / einer Ziegen / Amalthea genannt / beygeleget: Diese hat es mit ihrer Milch und Zitzen aufgesäuget. Als der Jupiter nun erwachsen / und zu seinen Jahren kommen /hat er zur Danckbarkeit die Ziege Amaltheam in den Himmel gezogen / und sie zu einem Gestirne gemacht. Er hat aber auch eines von der Ziegen Hörner genommen / und ihm diese Krafft und Tugend gegeben / daß alles was man wünschete / in diß Horn käme / und alsobald heraus genommen werden könte. Solches Horn hat er den Nymphis zum Gedächtniß verehret. Dahero entsprungen das Sprichwort: Cornu Copiæ, oder auf Griechisch / ἀμαλϑείας κέρας: Nemlich / wann wir wollen zu verstehen geben / daß ein Uberfluß von allen Dingen / die man begehret / [200] vorhanden / so sagen wir / allda ist ein Horn des Uberflusses. Mit solchem Horn pflegen die Mahler die Göttin Cererem abzubilden / habend in der Hand ein Horn / darinnen allerley Früchte der Erden.


Man soll sich gegen dieselben / von welchen man Wohlthaten empfange / danckbar erweisen. GOtt hat uns gegeben ein Horn des Heyls / Christum JEsum / von dessen Fülle wir empfangen Gnade um Gnade.

21. Der Bischoff Hatto
21. Der Bischoff Hatto.

Zu Mäyntz ist vor diesem ein Bischoff gewesen / ein gottloser und unbarmhertziger Mann / Hatto geheissen: Welcher nachdem er bey wolfeiler Zeit eine grosse Menge Korn für geringes Geld zusammen kauffen lassen / und aber hernach / als eine grosse Theurung ward / von dem armen Volck / so grossen Mangel an Brodt hatte / um GOttes Willen gebeten wurde / er möchte ihnen für einen billigen Preiß Korn überlassen / auf daß sie nicht Hungers stürben / hat er die armen Leute etlichmal unbarmhertzig abgewiesen / wie sie aber immer fleißiger anhielten / hat er ihrer einen grossen Hauffen von Männern / Weibern und Kindern in eine Scheure gehen lassen / und als sie hoffeten / man würde Korn unter sie austheilen / hat er die Scheure fest verschliessen / Feuer umher legen / und also anstecken lassen. Indem nun die armen Menschen in der Flamme stehen / und jetzt brennen solten / haben sie ein jämmerlich Heulen und Schreyen geführet / daß es auch der Hatto auf seinem Schlosse hören können. Worzu dieser teufflische Mensch gesaget: Höret wie die Mäuse und Brod-Katzen pfeiffen. Diese schreckliche That ist alsbald von GOTT gestraffet worden: Dann so bald die armen Leute verbrannt / da sind dem [201] Hattoni von allen Seiten unzehlich viel Katzen und Mäuse zugelauffen / ihm auf den Leib gesprungen: Ihm die Kost fürm Maul weggerissen / auch ihn nicht schlaffen lassen / sondern ihn immer gebissen und genaget. Endlich hat er diesen Mäusen zu entfliehen /einen starcken Thurn mitten in Rhein bauen lassen /vermeynend er würde allda sicher seyn: Aber die Mäuse seynd häuffig nach dem Rhein gelauffen / und ins Wasser gesprungen / zum Thurn geschwummen /den Hattonem angefallen / und ihn endlich jämmerlich zu todte gebissen / und lebendig aufgefressen /also ist ihm widerfahren billiche Straffe seiner Ubelthat.


Alle Geitzige seynd unbarmhertzig. Sie bekommen aber zuletzt ihren Lohn.

22. Von des Schwanen Gesang - und des Storchs Pietät
22. Von des Schwanen Gesang / und des Storchs Pietät.

Von den Schwanen wird gesagt und geschrieben / daß / wann sie nun sterben sollen / sie alsdann so lieblich anfangen zu singen / als sonsten kein Gesang seyn mag. Ovidius schreibet:


Cantator Cygnus funer is ipse sui.


Daher kommt die Phrasis: Cantio Cygnea, das ist / die letzte Wort / die ein Mensch redet oder schreibet kurtz vor seinem Abschiede. Also nennet man einen Schwanen-Gesang / Jacobs des Patriarchen / und Mosis Testament. Item die letzten Wort Davids. Wie dann auch den Gesang Simeonis; Die letzten Wort Christi am Creutz und dergleichen.

Was den Schwanen-Gesang betrifft / ist gantz falsch / erdicht und nur ein Fabelwerck. Es seynd in Teutschland / Franckreich und anderswo / ja bey uns[202] allhier zu Rostock etliche hundert Schwanen gewesen / der er viel natürliches Todes gestorben. Es hat aber niemahls jemand gehöret dieselben singen für ihrem Ende. Wann sie sterben / strecken sie sich auf den Bauch hin / legen den Halß für sich nieder / heben sich offt wieder auf / biß sie gar liegen bleiben: Ihr Gesang aber ist als das Gruntzen eines fliegenden Kranichs / oder einer Ganß / die beym Halse zur Küchen getragen wird. Warlich es haben die Schwanen nicht einen Nachtigals-Halß / sondern einen Ganß-Halß / Schnabel / Zunge und Stimme. An diesem Schwanen-Gesang hat schon vor Alters gezweiffelt der Plinius, welcher also spricht: Man erzehlet einen traurigen Gesang der Schwanen im Tode. Ich halte es aber für Lügen / aus unterschiedlichen vielen Erfahrungen. Wahr ist es / das Rantzau in seinem Calender setzet / er habe einen Schwanen singen hören / verstehe sich auf solche Art / wie gesagt ist / und alle die Gänse pflegen zu singen. Daß man aber des HErrn Christi letzte Wort am Creutz / oder des Simeonis Gesang / nunc dimitis, etc. einem abscheulichen Gänse- oder Schwanen-Gesang vergleichen will / ist sehr unchristlich.

Von den Störchen erzehlet man gleiche Lügen /daß sie nemlich ihre alte / unvermögende Eltern wiederum ernehren und schützen / dieselben auf dem Rücken tragen; und also Trinckens halber zum Wasser führen. Daher / sagt man / komme von der ςοργὴ (das ist / die angebohrne natürliche Liebe zwischen Eltern und Kindern) der Nahme Storch. Und diese Weißheit gebrauchen so wohl Gelehrte als Ungelehrte / zur Bestätigung des vierdten Gebots. Die Wahrheit hievon zu sagen / so ist diese Rede von den Störchen ein [203] offener Tand und hadgreiffliche Lügen. Wer hat jemahls gesehen / daß der alte Storch vom Jungen auf dem Rücken getragen worden? Alle Jahr gegen den Herbst fliegen die Alten hinweg / führen die Jungen mit sich nach der Insul Java, (wie Hugo Linscot meynet:) Sie kommen aber um Gertruden-Tag wieder / ein jeder zu seinem Neste / und brüten wieder Junge aus /die von den Alten ernehret werden / biß die mit ihnen davon fliegen. Und zwar / weil der Storch keine bleibende Stätte hat / sondern nur wenig Monat bey uns /und nicht etliche Jahr nacheinander in unsern Häusern und Höfen verharret / wie Hüner / Gänse und dergleichen / so ist ja unmöglich / daß man solches an ihnen hat können observiren. Dann nachlauffen kan man ihnen auch nicht / wo sie hinfliegen: Das ist wahr /daß die Störche grosse Treue und Fleiß anwenden in der Kinder-Zucht / (gleichfalls wie andere Thiere:) Daher das Sprichwort ςοργὴ auf den Storch könte gezogen werden: Aber was die jungen Störche den Alten thun / oder daß sie sie solten auf dem Rücken zum Wasser tragen / das ist niemahls von keinem Menschen / weder in dieser alten / noch in der neuen Welt gesehen worden.

Die Alten haben viel Dinge erdichtet / aber doch alles zu dem Ende / damit die Menschen sich daraus möchten bessern / und an dem unvernünfftigen Vieh ein Beyspiel nehmen.

23. Ulyssis Reise nach dem Trojanischen Kriege
23. Ulyssis Reise nach dem Trojanischen Kriege.

Jetzund will ich euch erzehlen ein Exempel eines verschmitzten und viel erfahrnen Mannes / Ulysses geheissen: Der gewesen ein Herrscher und König über die Insul Ithaca, im Griechischen [204] Meer gelegen. Von welchem Ulysse der Poet Homerus grosses Werck erdichtet / und in 24. Bücher verfasset / so er Odysseam oder Ulysseam genannt; Daraus ich kürtzlich folgende Geschicht ziehen will: Ulyssis Haus-Frau war die schöne / züchtige und weise Penelope, davon wir vormahls etwas erzehlet. Als nun der Trojanische Krieg solte angehen / der sich wegen der Helena aus Griechenland / so von dem Paride weggeraubet / und in die Stadt Troja gebracht ward / entsponnen / da haben sich alle treffliche Helden in gantz Græcia aufgemachet / Trojam zu belägern: Ulysses war gezwungen auch mit zu ziehen: Aber weil er ueber bey seinerPenelope zu Hause bleiben wolte / hat er sich gestellet / als wäre er gantz toll / und seiner Vernunfft beraubet. Man hat ihm aber diesen Betrug abgemercket /dergestalt: Wie er einen besäeten Acker / darauf das Korn schon herfür gewachsen war / mit zwey unterschiedener Natur Thieren umpflügete / hat man für den Pflug geleget seinen einigen kleinen Sohn Telemachum, und zusehen wollen / ob er auch über denselben würde hinfahren. Da ist Ulysses still gestanden mit seinem Pfluge / und hat seines Sohns verschonet: Daraus man gemercket / daß er nicht toll / sondern wol klug wäre: Also hat er müssen mit den andern Königen und Fürsten aus Griechenland hinziehen nach Troja, sonst Ilium geheissen. In währendem Kriege hat er nicht alleine seine Arglistigkeit und Beredsamkeit zum öfftern erwiesen / indem er mit verwechselten Kleidern und unbekannter Gestalt in der Feinde-Lager gangen / und derer Heimlichkeit ausgesuchet / sondern hat sich auch beneben seinen Gefehrten in das grosse höltzerne Pferd einschliessen / und also [205] verborgen in die Stadt schleppen lassen: des Nachts die Thür in des Pferdes Seiten inwendig aufgemacht / mit seinen Gefehrten heraus gestiegen / die Stadt Troja in Brand gestecket / mit Morden und Niederhauen greulich gewütet / und also das fürnehmste Haupt gewesen des Untergangs der Stadt Troja, und des Königlichen Schlosses Ilii, in der Stadt Troja.


Niemand verläst gern sein Vaterland / und begiebt sich aus der Ruh in viel Unruh. Das Vater-Hertz giebt nicht zu / daß seinem Kinde Leid widerfahre. Vor des Landes Beste soll man treulich machen und sorgen.

24. Ulyssis zehenjährige Wallfarth nach geendigtem Kriege
24. Ulyssis zehenjährige Wallfarth nach geendigtem Kriege.

Nach geendigtem Kriege / welcher zehen gantzer Jahr gewähret / ist Ulysses mit seinen Ithacis oder Gefehrten und Lands-Leuten zu Schiff gangen / aus Troja mit sich wegführend einen sehr grossen Schatz. Nachdem er aber lange Zeit auf dem Meer von den Winden herum getrieben / und bald an diß / bald an jenes Land verschlagen worden / ist er zu den Lothopagis kommen. Woselbst seine Gefehrten ans Land gestiegen / und von den Früchten des Landes Lotus gegessen haben: Da sie alsbald aller vorigen Dinge vergessen / und nicht mehr an ihr Vaterland / noch Freunde /noch Gefehrten gedencken können / sondern allda verblieben / und Ulyssem mit den andern fahren lassen: Welcher hernacher an der Gegend der Cyclopen angelanget. Die Cyclopes waren grausame Riesen / hatten nur ein Auge vor der Stirn / und assen nichts liebers denn Menschen-Fleisch. Der fürnehmste unter ihnen war Polyphemus in einer Höle wohnend. Ulysses stieg ans Land / zu erforschen was für Leute da wohneten / gieng auch mit etlichen seiner Gesellen in die Höle Polyphemi, und nahm mit sich eine [206] Flasche Weins: Wie nun Polyphemus dieser Gäste ansichtig /und woher sie kommen / von ihnen berichtet wird /(Ulysses aber sagte / er hiesse Niemand) da nimmt er zween Gesellen Ulyssis bey den Füssen / schlägt sie mit dem Kopff auf die Erde / daß das Gehirn heraus sprang / schneidet sie in Stücken / und frisset sie beyde auf: Vertröstet unterdessen den Ulyssem, er solte der letzte seyn / und wann er die andern alle gefressen hätte / so wolte er mit ihm die Mahlzeit schliessen. Ulysses, dem hierbey nicht wol zu Muthe war / dachte an seine Listigkeit: Zog derohalben seine Flaschen mit Wein herfür / sprach zum Polyphemo: Auf so einen guten Bissen gehöret ein guter Trunck /und gab ihm des Weins / so viel und so offt er wolte /zu trincken / daß also Polyphemus truncken ward /und beym Feuer einschlieff. Wie aber der Wein begunte zu wircken / da spiehe Polyphemus grosse Stücke der gefressenen Menschen von sich. Ulysses gedachte / wie er mit seinen übrigen Gesellen aus derPolyphemi Händen kommen möchte: Gieng hin /nahm einen grossen spitzigen Stock / legte mit Hülffe seiner Gesellen ans Feuer / daß die Spitze glüend und brennend würde: Da stachen sie dieselbe dem Polyphemo, als er auf den Rücken lag und schlieff / in sein einziges grosses Auge / und verbrannten ihn dermassen / daß er blind ward. Hiervon erwacht Polyphemus, lieff bald hin / und machte alle Gänge der Hölen zu / und vermeynte seine Gäste und ihren Führer / den Niemand aufzutreffen. Aber Ulysses gebrauchte abermahl seine List. Er band seine Gesellen mit Händen und Füssen den Schaafen (derer Polyphemus in der Höle viel hatte) unter den Bauch / und er selbst erwehlte ihm einen grossen Widder / griff den fest an die Wolle unterm Bauch und [207] ließ sich so von ihm tragen. Wie nun Polyphemus seine Schaafe wolte aus und zu Felde gehen lassen / da machte er eine kleine Pforte auf / ließ die Schaafe nach einander ausgehen. Er fühlete aber mit den Händen ein jegliches Schaaf / auf daß sonst niemand mit hinaus gienge. Also ward Ulysses mit seinen ungefressenen Gesellen unter den Bäuchen der Schaafe aus der Höle des Poyphemi getragen / die also ihrem augenscheinlichen Tode entkamen / zu Schiffe sassen / und davon fuhren. Und ob wohl Polyphemus grosse Stücke Steine von dem Felsen abbrach / dieselbe auf des Ulyssis Schiff zuwarff / in Meynung / solches zu vertilgen / so traff er doch nicht zu / weil er blind war. Er schrie aber und heulete schrecklich / und wie er von seinen andern Nachbarn / den Cyclopen / gefraget ward / wer ihm das gethan hätte / rieff er allezeit überlaut: Niemand / Niemand hat mich betrogen. Dann also hatte sich Ulysses genennet.

Von den Cyclopen segelte Ulysses ferner in die Insul Æolus, darinnen Æolus der Gott der Winde seinen Sitz hatte. Dieser Æolus gab dem Ulyssi einen ledernen Sack / darinnen er alle Winde verschlossen hatte / ausgenommen den Westwind / den Ulysses zur Reise in Ithacam bedurffte. Also reisete Ulysses auch von dannen mit gutem Winde. Aber eines Tages / daUlysses im Schiffe lag und schlieff / kamen seine Gesellen an den ledernen Sack / vermeynten / es wäre ein Schatz von Gold und Silber darinnen: Löseten ihn auf / und siehe / da flogen alle Winde mit Gewalt heraus /und trieben Ulyssem wieder in Æoliam, allda er aber vom Æolo wegen seiner Nachläßigkeit und Verlust der Winde übel empfangen worden. Ulysses [208] fuhr fort in ferner Reise / wiewol mit grosser Gefahr / und kam da zu den Völckern Læstrigones, derer Königin eine Frau war so groß als ein Berg / schrecklich anzusehen: Dieselbe Frau fraß etliche Gefehrten des Ulyssis, und hätte sie alle vertilget / wann sie sich nicht mit der Flucht errettet / und bey Zeiten davon gemachet. Nun bracht ihn folgend der Wind in die Insul Ænea, darinnen die Circe eine Meisterin aller Zauberinnen: Welche Ulyssis Gefehrten durch Kunst in wilde Thiere / daß sie ihre menschliche Gestalt gantz verlohren /verwandelt. Was allhie Ulysses ausgestanden / und wie es ihm ergangen / ist zuvor in der Historie von der Circe erwehnet. Ferner wie Ulysses bey der Circe eine Zeitlang bliebe / ward er von ihr verständiget und unterrichtet / daß er in sein Land Ithacam nicht kommen könte / ehe und bevor er eine Reise nach der Höllen gethan hätte. Also schicket sich Ulysses zu der Reise / gehet zu Schiffe / und fähret so lange über das breite weite Meer / biß er endlich an die Völcker Cimmerios kömmt / bey welchen es allezeit Nacht und niemahls Tag ist (daher eine grosse Finsterniß /Blindheit / Unwissenheit / genannt wird Cimmeriæ tenebræ,) von dannen ist er ferner kommen an den Ort / da die Hölle war. Sein fürnehmstes Fürhaben war / des blinden verstorbenen Weissagers Tiresiæ Seele zu fragen / was er noch ins künfftige für Glück und Unglück haben würde? (von diesem blinden Tiresia ist kommen das Sprichwort: Cœcior Tiresiâ) fürs erste hat Ulysses beym Eingang der Höllen eine Grube gemacht / und etliche schwartze Böcke / die er mit sich genommen geschlachtet / das Blut in die Grube lauffen lassen / und mit einem blossen Rapier über der Grube gestanden. Da seynd alsbald der verstorbenen [209] Menschen Seelen häuffig zugelauffen / von dem Blute zu trincken; Welche er alle nacheinander trincken lassen / und sie gefraget / wer sie wären? Wie und auf was Art sie gestorben? Hieselbst hat er auch zugesprochen seiner Mutter Seele / und aller fürnehmen Helden / die für Troja im Kriege waren umkommen. Er hat auch gesehen den Tantalum biß an die Leffzen im Wasser stehend / den Sisyphum mit dem Stein waltzend / den Ixion das Rad umtreibend /und anderer verstorbener Leute Plagen und Straffen in der Hölle. Letzlich kam auch des blinden Tiresiæ Seele / von welcher Ulysses alles / was er begehrte /zu wissen kriegte: Hierauf reisete er wieder nach derCirce, die ihn mit aller Nothdurfft versorgete / und ferner seinen Weg fahren ließ.

Von der Circe abschiffend ist Ulysses erstlich kommen an die Meer-Wunder Sirenes. Was ihm allda begegnet / ist von uns in der Historia Sirenum vermeldet worden. Folgends kam er an die zwo gefährliche See-Klippen / oder See-Hunde / Scyllam und Charybdim: (von welchen der Vers gemacht ist:


Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim.


Das ist / er kömmt aus einem kleinem Unglück in ein grössers:) Diese Monstra haben sechs seiner Gesellen aus dem Schiffe weggerafft und aufgefressen. Von dannen gelangte er in die Insul Thrinacria, da seine Gefehrten aus Hungersnoth schlachteten und auffrassen die Ochsen der Sonnen / und deßhalben mit Donner und Blitz vom Himmel geschlagen wurden: Endlich (auf daß ichs nicht zu lang mache) wie er auf dem Meer einhersegelte / ist seiner ansichtig worden der See-Gott Neptunus, dessen Sohn der Riese Polyphemus war / dem Ulysses das Auge hatte ausgestochen. Auf daß nun Neptunus an dem Ulysse sich rächen möchte / hat [210] er mit Hülffe des Wind-Gottes Æoli das Meer dermassen mit Wellen und Wogen und schrecklichem ungetsümmen Wetter beweget /daß alles über und übergangen / und also des Ulyssis Schiffe / so viel ihrer waren / alle zerschmettert / zerstreuet und versencket wurden / und demnach die Menschen im Meer hin und her trieben / und endlich alle ertruncken / ausgenommen Ulysses, welcher ein Schiff-Bret ergriffen / und sich daran festgehalten /zween Tage und zwo Nächte auf dem Meer schwimmende: Des dritten Tages wurffen ihn die Wellen nackend / und halb todt ans Ufer: Da verbarg er sich im Laube der Bäume / die im nechsten Walde stunden /und entschlieff daselbst aus Mattigkeit und Ohnmacht. Es kam aber ohngefehr des Königes Alcinoi (der an demselben Ort herrschete) Tochter / Nausica, eben auch dahin / da Ulysses lag / spielen fahren. Von dieser erlangte Ulysses bittlich ein Hembde und ein Kleid: ward auch von ihr in ihres Vaters Pallast geführet: Da nun Ulysses mit Essen und Trincken woltractiret / und dem Könige Alcinoo sich kund gethan / ward er von ihm und allen seinen Hof-Leuten stattlich begabet / in ein Schiff gesetzet / und über die See biß in Ithacam hingeführet. Da ihn dann die Schiffer ans Land gesetzet / und ihres Wegs wieder davon gefahren.


Wir Menschen essen die Früchte der Welt / verlieben uns in die Wollust / vergessen des Himmels und GOttes. Christen schweben in dieser Welt in grosser Gefahr / aber wann sie sich nur halten an das Lämmlein Christum JEsum / und fassen die weisse Wolle eines unschuldigen Lebens / kan ihnen nichts schaden. Durch unsern eigenen Vorwitz bringen wir uns die Winde der Trübseligkeiten auf den Halß. Der HErr erlöset uns aus allen Nöthen.

25. Ulyssis Wiederkunfft nach seinem Vaterland Ithaca
25. Ulyssis Wiederkunfft nach seinem Vaterland Ithaca.

[211] Also ist Ulysses, nachdem er zwanzig Jahr von Hause gewesen / (nemlich zehn im Kriege für Troja, und zehn in der Irre herum reisend) wieder in sein Vaterland Ithacam kommen / wiewohl unbekannt und fremde bey jedermänniglich. Erstlich ist er zu seinem alten Küh-Hirten Eumæo gangen / und dessen Hertz /wie er gegen seinem alten Herrn dem Ulysse gesinnet / ausgeforschet. Als er ihn aufrichtig und redlich befunden / hat er sich ihm offenbahret / und zu erkennen gegeben / daß er der Ulysses wäre: Worüber sich der Küh-Hirte sehr erfreuet. Unterdessen ist des Ulyssis Sohn der Telemachus, (den er sehr jung und klein hatte zu Hause gelassen) auch zu dem Eumæo kommen / deme sich Ulysses gleichfalls zu erkennen gegeben. Worauf diese drey Raths und Willens worden /der Penelopen Freyer oder Werber (deren ohne Diener an der Zahl 108. waren / die des Ulyssis Haab und Gut mit Fressen und Sauffen / Tag und Nacht schändlich verschwendeten) mit List aus dem Wege zu räumen. Damit aber solches desto füglicher geschehen könte / gieng Ulysses in Gestalt eines Bettlers an seinen Königlichen Hof / setzte sich für die Thür / und bath die Freyer um Allmosen. Allda war auch ein ander Bettler / Nahmens Itus, mit welchem /wie er Ulyssi Schimpff bewiese / Ulysses sich tapffer herum schluge / und ihn endlich so tractiret / daß er des Bettelns fortan sich wol enthielte. Allhier hatUlysses von den Freyern viel leiden müssen / so wol mit Schmäh-Worten / als daß sie nach ihm geworffen / etliche mit Knochen / die andern mit Fußschemmeln. Er verbarg aber allezeit seinen Zorn und Unmuth /und vertrug es mit Gedult; Endlich beredet er sich mit seinem Sohne Telemacho, [212] er solte der Mutter Penelopen den Anschlag geben / daß sie ein grosses starckes Armbrust (welches vormals des Ulyssis gewesen) benebenst den darzu gehörigen Pfeilen herfürbrächte / es den Freyern darreichte / mit Vermeldung / welcher unter ihnen den Bogen spannen und die Pfeile Recht ins Ringlein schiessen könte / der solte ihr Mann seyn / und sie wolte alsdann des Ulyssis vergessen / weil er so lange ausbliebe / auch vielleicht schon vorlängst gestorben seyn möchte. Solches ward also ins Werck gerichtet / das Armbrust auf den langen Saal / darinnen alle Freyers beysammen waren / gebracht: Und die Köcher mit den Pfeilen darbey ausgeschüttet: Da alsbald ein jeglicher unter den Freyern den Bogen zu spannen sich unterstund: Keiner aber / weil sie zu schwach waren / und so viel Kräffte als Ulysses nicht hatten / es vollbringen konte. Wie solches der Telemachus, des Ulyssis Sohn / gesehen / hat er das Armbrust genommen / ungeachtet der Freyer Murren und Dräuen / und es dem Ulyssi überreichet / sagende: Er solte versuchen / was seine Arme vermöchten: Ulysses hat den Bogen genommen / die Sehne gezogen und versuchet / obs auch noch gut und richtig / als ers aber vollkommen befunden / hat er seinem Sohn demTelemacho und dem Küh-Hirten Eumæo ein Zeichen gegeben: Welche alsbald durch eine heimliche Thür /nach einer Kammer gelauffen / Spiesse / Helm /Schilde und dergleichen Waffen geholet und sich zugerüstet; unterdessen hat Ulysses zum Schiessen sich fertig gemachet: Die Pfeile auf einen Hauffen zu seinen Füssen geschüttet / den Bogen gespannet / Pfeile aufgeleget / und recht auf den Obersten der Freyer /welcher eben stehend aus einem güldenen Becher tranck / loßgeschossen / den er [213] alsbald durchs Hertz troffen / daß er todt zur Erden gefallen: Den Bogen wieder gespannet / noch einen so getödtet / und es so lange getrieben / als er Pfeile gehabt / von welchen allen er keinen Schuß vergebens gethan. Im Anfang meyneten die Freyer / es wäre ohngefehr geschehen. Wie sie aber gesehen / daß es Ernst war / und sich unterdeß Ulysses zu erkennen gegeben / er wäre es / der sich an ihnen zu rächen gedachte / da haben sie erstlich angefangen zu bitten. Welches aber nicht halff. Dahero sie / gezwungen wurden sich zur Wehr zu setzen: Mittlerweil kam Telemachus und der Küh-Hirte auch bewehrt herfür / und hielten sich so wol / daß die Freyer bald einer nach dem andern / dieweil sie mit Waffen nicht versehen / und nur Gasterey zu halten kommen waren / hinfielen. Es wäre aber gleichwol mit dem Ulysse und seinen beyden Gehülffen bald übel abgelauffen. Dann der Küh-Hirte hatte ungefehr die Thür der Kammer / darinnen das Gewehr verschlossen / offen gelassen / welches der Freyer Diener einer gemercket / der stracks hingelauffen / und den Freyern Spiesse und Schilde zuzutragen angefangen. Aber Telemachus kam diesem bald für: Dann er lief hin / betraff den Diener darinnen / verwahrete ihn fest / schloß die Kammer zu / und halff seinem Vater frisch streiten. Mit kurtzem zu reden / die drey Männer Ulysses, Telemachus und Eumæus, thäten so viel / daß alle 108. Freyer / von ihren Pfeilen und Spiessen / mit Hülffe der Göttin Minervæ, erwürget wurden /also daß Ulysses wie ein Löwe biß zum Knien im Blute stund / und seine Arme / Hände und Angesicht mit Blut gantz benetzet waren. Also befreyete Ulysses sein Hauß und seine Haußfrau von den losen Buben. Wie diß geschehen / da ließ er die Todten begraben /die Gemächer wiederum reinigen / [214] sich wiederum sauber machen / und seine Hauß-Frau die Penelopen zu sich fordern / der Meynung / er würde alsbald von ihr auf- und angenommen werden. Sie aber trauete noch nicht / sondern furchte sich / sie möchte betrogen wer den. Biß sie endlich durch heimliche Zeichen / die keinem Menschen als ihr und dem Ulyssi bekannt /vermerckte / daß er Ulysses ihr rech- Ehmann wäre.


Ulysses ist ein Exempel eines ausbündigen Politici, der seines gleichen / so lange die Welt gestanden / an Verschlagenheit / Beredsamkeit / Tapfferkeit / Weißheit /und dergleichen Tugenden nicht gehabt. Wann die Katze nicht zu Hause ist / so springen die Mäuse in den Stuben herum. Penelope ist ein Ausbund aller Frauen. Wir seynd auch vertrauet einem Manne Christo JEsu / darum sollen wir demselben unsere Treu fest halten / und keine andere Welt-Freude annehmen.

26. Von des Adlers verjüngtem Alter
26. Von des Adlers verjüngtem Alter.

Man pfleget vom Adler zu sagen / daß er sehr lange und zum wenigsten hundert Jahr lebe: Und wann ihm alsdann der oberste Schnabel so krumm wird / daß er den untersten nicht kan aufthun / und Fleisch fressen /so sauge er nur das Blut aus den Vögeln / biß er an den Steinen wiederum seinen Schnabel wetze und abschleiffe. Darnach fahre er hoch in die Lufft / nahend zur Sonnen / zünde seine Federn an / und falle mit der Brust ins Meer: Lesche sich also ab / und steige darnach in eine Höle / oder wiederum in sein Nest / allda ihm neue Federn wieder auswachsen: Also werde er gantz und gar wieder jung / und fliege davon. Mit diesem Gedichte erkläret man den fünfften Vers. in 103. Ps. V. GOtt mache deinen Mund frölich / daß du wieder jung werdest wie ein Adler. Ebenermassen ist hievon genommen das Sprichwort bey dem Terentio:[215] Aquilæ senectus. Daß alles ist lauter Fabelwerck und Kindermährlein. Dann erstlich ist bewust aus demAristotele, und aus der täglichen Erfahrung / daß alle Fleischfressende und krummschnäbliche Vögel nimmer trincken / oder etwas nasses einsaugen / ausgenommen der Indianische Papagoy / der allein trincket: Dabeneben sähet der Adler die andern Thier mit dem Schnabel / sonst kan er sie nicht sahen. Wann ihm nun der Schnabel zugewachsen / wie will er Thiere fangen oder verwunden? Ferner ist bey allen Gelehrten gewiß und ohne Zweiffel / daß die hohe Lufft von der Sonnen nicht heiß ist / sondern gar kalt (wie der stets währende Schnee auf den hohen Bergen augenscheinlich bezeuget.) Nur ist es heiß allhier unten an der Erden / da sich der Sonnen Strahlen im Zurückschlagen zusammen häuffen. Darum ist das Anstecken des Adlers eben so wahr / als das Zerschmeißen der Flügel Icari, davon wir vor diesem geredet. Dieses Verneuern der Federn aber wiederfähret dem Adler natürlich alle Jahr / eben wie andern Vögeln / und darff man ihm derohalben die Federn mit Lügen nicht ausschwitzen. Belangend den Psalm Davids / stehet da nicht / daß du also und auf die Art wieder jung werdest / wie ein Adler. Warlich kein Thier in der Welt wird nach dem Alter jung: Und ob wohl der Krebs seine Scheeren / die Schlange ihre Haut / die Vögel ihre Federn / das Viehe seine Wolle abwerffen / so werden sie doch damit nicht jünger: Sondern das ist die Meynung des Propheten Davids: GOtt tröstet und erfreuet dein Hertz und Mund / stärcket und bestätiget deine Gesundheit / daß du zu allem / was dein Beruff erfordert / auch im Alter frisch / hurtig und unverzagt daher fährest wie [216] ein starcker Adler / zu seinen Weidwerck. Also erkläret des Davids Worte der Prophet Esaias am 40. Cap. Die auf den HErrn harren / kriegen neue Krafft / daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler / daß sie wandeln und nicht müde werden.


Man muß die Schrifft nicht nach den Fabeln der Heyden auslegen / sondern nach der Wahrheit.

27. Von Basilisken
27. Von Basilisken.

Basiliscus wird genannt ein gifftiger Wurm / unter allen gifftigen Schlangen der fürnehmste / und als ein König. Dann bey den Griechen heist Βασίλισκος - ein kleiner König. Nun von dem Basilisk saget man und schreibet; Wann ein Hauß-Hahn neun Jahr alt worden / so lege er in den Mist oder finstern Keller ein Ey /daraus komme am neundten Tage ein Thier allerdings gestalt wie ein Hahn / aber ohne Federn / mit einem Schlangenschwantz / welches so gifftig / daß es auch mit dem blossen Ansehen alles tödte / was ihm fürkömmet: Könne auch nicht getilget werden / ohne daß man an den Ort / da es wohnet / viel Spiegel hinsetze / biß daß es in einem sein Bildniß und Gestalt ersehe. Dann wann er das will todt blasen / so berste er vom Zorn. Darum stehet im 91. Ps. Super aspidem & Basiliscum ambulabis. Dieses alles ist erdichtet / und in der Natur ein unmöglich Ding. Dann die gantze Welt ist voll Hahnen / und in keiner glaubwürdigen Historia zu finden / daß jemals ein solcher Basilisk gefunden. Die Hennen legen Eyer / und nicht die Hähne. Und wann ja ein Hahn solte ein Ey legen / so wäre er darzu bequemer in der Jugend / als im Alter. Zwar bißweilen findet sich in des Hahnen Leibe ein Gewächse mit einer weissen Haut / ohne Schaale [217] überzogen / dasselbe aber gebieret er nicht / wie die Hüner ihre Eyer / kan auch nichts lebendiges draus werden. Es ist kein Exempel in der gantzen Welt / daß aus dem allerbesten und gesundesten Thiere / als die Hähne seyn / natürlicher Weise das allergifftigste als ein Basilisk / solte gebohren werden. Ich mache mir die Gedancken / daß diese Fabel von den Basilisken nirgend anders herrühre / als aus dem Plinio, der vermeldet / daß in Egypten und Africa gefunden werde eine Art kleiner schwartzen Schlangen / auf Lateinisch Aspis, auf Teutsch Otter genannt / nur eines Fusses lang / die hat aufm Haupt einen silbern weissen Flecken / wie eine Krone / kreucht auf den Schwantz / träget die Brust und den Kopff in die Höhe / und verjaget mit ihrem Zischen alle Schlangen / tödtet alles was sie ansicht und anbläset: Diese Otter heisset Plinius, Basiliscum. Und wird das Wort Basiliscus zwar im Griechischen und Lateinischen Psalter im 91. Psalm gefunden / aber im Teutschen hats D. Luther gegeben / auf den Löwen und Ottern wirstu gehen.


Die Gottlosen brüten Basilisken Eyer / und wircken Spinnweben / darum müssen Schlangen und Basislisken /das ist / die Teuffel sie ewig stechen. Jes. 59. v. 5. Jer. 8. v. 17.

28. Der sieben weisen Meister Rätzel
28. Der sieben weisen Meister Rätzel.

Der reiche König Crœsus, hatte eine grosse Königliche Gasterey angestellet / und unter andern mächtigen Potentaten darzu geladen die sieben Weisen aus Griechenland: Unterm Essen und Trincken haben sie /nach Gewohnheit der Alten / Gespräch gehalten /nicht von leichtfertigen Possen / wie jetz und leider zu geschehen pfleget / sondern von hohen Sachen / die Weißheit betreffend. Also hat der König Crœsus [218] etliche Fragen oder Rätzel den sieben Weisen auftragen lassen / und begehret / sie möchten ihm da eine richtige und wahre Antwort darauf geben / nemlich er hat gefraget:

1. Was das allerälteste wäre? Da haben sie darauf geantwortet: Es wäre GOtt: Denn der hätte keinen Anfang / dieweil er ewig wäre / und von niemand gemacht.

2. Was das allerschönste? Anwort: Die Welt: Dann was schön ist / ist in der Welt.

3. Was das allergröste? Der Ort: Dann darinn ist die gantze Welt.

4. Was das allerschnelleste? Des Menschen Gemüth: Denn im Augenblick sind die Gedancken im Himmel / und alsbald wieder auf Erden.

5. Was das weiseste? Die Zeit: Dann die bringet alles / erfindet alles / lehret alles.

6. Was das allerschwehrste zu thun? Sich selber erkennen.

7. Welches das leichteste zu thun? Andere Leute straffen und tadeln.

8. Was das dunckelste und ungewisseste? Der Anfang zufünfftiger Dinge.

9. Was das böseste? Die Zunge: Dann daraus kommet alles Unglück.

10. Was das beste und edelste? Die Zunge: Dann daraus kommet alle Tugend und Weißheit.

Uber Tisch / auch in Gesellschafften / soll man allezeit liebliche / nützliche / die Gemüther erbauende und gottselige Reden führen. Narrentheidung oder Schertz / welcher Christen nicht geziemet / soll nicht gehöret werden.

29. Ob ein Mensch das gantze Meer könne austrincken
29. Ob ein Mensch das gantze Meer könne austrincken?

[219] Der Philosophus Xantus, (wie in des Æsopi Lebens-Beschreibung vermeldet wird) saß einmal bey seinen Schülern und zechte. Da aber einer unter denselben merckete / daß der Meister Xantus vom Wein beschweret war / sprach er zu ihm: Sage mir / Meister /wäre es möglich / daß ein Mensch das gantze Meer möchte austrincken? Xantus sprach / warum nicht? Ich wolte es wol selber austrincken. Der Schüler sprach: Was soll es gelten? was wilt du verlohren haben / wofern du es nicht thust? Mein Hauß / sprachXantus. Also wetteten sie / und setzte Xantus zu Pfande seinen Ring / den er vom Finger zoge. Des Morgens frühe als Xantus aufgestanden / und sein Angesicht waschen wolte / sahe er / daß sein Ring weg war / fragte derowegen den Æsopum, wo sein Ring hin kommen? Æsopus antwortete: Herr / du hast gestern gewettet / du wollest das gantze Meer austrincken / du hast den Ring gesetzet zum Zeugniß der Wettung. Da Xantus solches höret / erschrack er: Bath den Æsopum, wo er sinnreich wäre / solte er ihm helffen / daß er entweder gewinne / oder daß die Wettung wieder zurück gienge? Æsopus sprach: Gewinnen kanst du nicht / aber das Wetten will ich dir abschaffen. Sage an / sprach Xantus, wie kan ich das vollbringen? Æsopus antwortete: Du hast versprochen das gantze Meer auszutrincken. Nun weist du wol / daß in das Meer von allen Orten und Enden viel Flüsse und Brunnen lauffen: Derhalben sage deinem Widerpart / du wollest zwar das Meer austrincken / er solle aber erstlich von dem Meer ableiten alle Brunnen und Flüsse / so ins Meer lauffen / so wollest du vollbringen / was du versprochen. Ob dieser Rede ward Xantus sehr erfreuet: Unterdessen kam [220] der /welcher mit Xanto gewettet / und begehrte von ihm in Gegenwart der Fürnehmsten in der Stadt / die Dinge zu vollbringen / die er versprochen hatte. Xantus gieng ans Gestade des Meers / hieß dahin einen Tisch / Stuel und andere Sachen setzen. Da nun das Volck dahin kommen war / zuzusehen / saß Xantus auf seinem Stuel. Hieß einen grossen güldenen Becher mit See-Wasser ausspühlen / und voll desselben Wassers einschencken: Nahm den Becher in die Hand / und sprach: Ihr Männer von Samo, daß ich versprochen habe das gantze Meer auszutrincken / leugne ich nicht. Euch allen aber ist wissend / daß viel fliessende Wasser / und viel Bäche ins Meer fallen. Wann nun mein Widerpart dieselbe anders wohin führen wird /und verhindern / daß sie sich nicht ins Meer ergiessen / so bin ich bereit das Meer auszutrincken / dann ich nur vom Meer allein / und nicht von den Flüssen geredet. So bald er das gesagt / freuete sich jederman mitXanto, und schrien ihm zu. Der Schüler aber fiel ihm zu Fusse / sprechend: O grosser Meister / ich erkenne / daß ich von dir überwunden bin / darum bitte ich /daß unsere Wette möge cassirt und zurück gethan werden / solches bewilliget ihn Xantus.


Man vermisset sich offtmals beym Trunck / dasselbe was man unmöglich kan verrichten / und hernach Angst hat / wie man ohne Schimpff und Spott dem Dinge möge abkommen. Eines klugen Dieners guten Rath soll man nicht ausschlagen.

30. Ucalegon, das ist Hans ohne Sorgen
30. Ucalegon, das ist Hans ohne Sorgen.

Æsopus gerieth einmahl in Zwiespalt mit seinem Herrn Xanto, von wegen der häßlichen und unschönen Menschen. Xantus sprach: Ich hatte wohl Lust zu sehen einen Menschen / der ohne Nachdencken und recht unverschämt wäre. Æsopus gieng aus zu suchen / [221] ob er einen solchen finden möchte: Und als er sich wohl umgesehen / siehet er zuletzt einen groben Bauren sitzen / zu dem spricht er: Mein Herr lässet dich an seinen Tisch zur Mahlzeit beruffen. Der Bauer fragte wenig darnach / warum ihn der Herr zu Gaste lude / gieng von stund an mit Æsopo, in unsaubern kothigten Stieffeln / und setzte sich stillschweigend zu Tische. Xantus fragte den Æsopum, was das für ein Mensch wäre? Æsopus sprach: Es ist ein sorgloser und hinläßiger Mensch. Da wincket Xantus seinem Weibe und spricht: Du solt nicht übel aufnehmen /was ich mit dir reden werde. Dann ich will Ursache suchen mich an Æsopo zu rächen / auf daß er und die andern Knechte lernen gehorsamer und unterthäniger seyn. Hierauf sprach Xantus überlaut: Frau / thue Wasser in ein Becken / und wasche diesem Gast die Füsse: Und ziehe du selber ihm die Stieffeln u. Strümpffe aus. Es vermeynete Xantus, der Bauer würde das nicht zulassen / so möchte er Æsopum glimpfflich schlagen. Der Bauer mercket wol / daß sie die Frau im Hause war / gedachte in sich selber / der Mann will dich ehrlich halten / darum hat ers weder Knechten noch Mägden befohlen / sondern seinem eigenen Weibe. Er streckte seine Füsse hübsch der Frauen zu: Ließ sich die besudelte Stieffeln und Strümpffe abziehen / wie auch die Füsse waschen von der Frauen. Als das geschehen / saß er still und ruhete. Da sprach Xantus zu seinem Weibe: Gib ihm zu trincken. Der Bauer gedachte: Ob es sich wol geziemete / daß die Frau zu erst trincke / doch weil es der Herr also haben will / so thue ich nach seinem Gebote: Nahm den Becher / und tranck weidlich; Als sie aber assen / setzt ihm Xantus Fische für / und sprach: Iß. Der Bauer aß frisch ohne Sorge. Da ließ Xantus den Koch ruffen / [222] und beschuldiget ihn / die Fische wären übel gekocht / hieß ihn derhalben ausziehen /und übel schlagen: Da gedachte der Bauer bey sich selber / der Fisch ist wol bereit / man schlägt den Koch unschuldig / aber es gehet mich nicht an / daß man Schläge austheilet / ich will meinen Bauch füllen. Bald hernach als ein Kuche auf den Tisch gesetzet ward / schnitte ihm der Bauer ein Stück / aß das /deß sich Xantus nicht versehen hatte. Und als Xantus ersahe / daß der Bauer so geitzig aß / ließ er den Becker beruffen / und sprach: Du loser Bube / dieser Kuche hat weder Safft noch Geschmack / weder Butter noch Honig. Der Becker antwortet: Herr / ich habe ihn nicht gemacht / sondern deine eigene Frau. Xantus sprach: Ist die Schuld an meinem Weibe / so will ich sie gleich jetzt lebendig verbrennen. Er ließ die Frau beruffen / gab ihr zu verstehen / daß sie nichts solte antworten / auf daß er Æsopum schlagen möchte; sprach zum Knechte: Nun bringe Holtz und Feuer her / und du / Æsope, wirff das Weib darein. Xantus thät solches darum / daß er meynete / der Bauer solte aufstehen / und für die Frau reden und bitten / er aber schwieg eine Weile stille / sagte doch letzlich: Herr /ich bitte dich / wilt du je dein Weib verbrennen / so warte eine kleine Weile / bis ich hinlauffe / und mein Weib auch herhole / daß wir sie beyde miteinander verbrennen. Als Xantus das hörete / verwunderte er sich über des Bauren Standhafftigkeit / und bekannte /daß er vom Æsopo überwunden wäre.


Ein Bauer ist ein grobes Holtz. Doch ist es der Bauer nicht allein / Unverschamheit findet man auch bey vielen / die in hohen Aemtern sitzen. Wer heute zu Tage sich nur tumm und grob anstellet /der träget das meiste davon. An ungehobelten Leuten ist nichts zu gewinnen / man lasse sie zu frieden / so bleibet man ungeschimpffet.

31. Vom Gespenst
[223] 31. Vom Gespenst.

Vom Plinio secundo in seinem Send-Brieffe ist beschrieben folgende Historia:

Zu Athen in Griechenland war ein schön / groß und wohlgelegen Hauß / welches aber diesen Mangel hatte / daß die Gepenster und Poltergeister greulich darinnen regiereten. Daher es auch von niemand konte bewohnet werden / sondern ledig und ohne Inwohner verbliebe. Das Gespenste / das sich allda sehen ließ /war so gestalt; Zu Mitternacht ward im Hause gehöret ein Gepolter von Eisenzeug / als wann eiserne Ketten geschleppet würden: Erstlich von ferne / hernach etwas näher. Darauf ließ sich sehen ein alter / magerer / heßlicher Mann / mit einem langen grauen Barte und Haaren / schrecklich anzusehen. Hatte um die Füsse eiserne Fessel: Um die Arme grosse schwere Ketten gebunden / welche er mit grossem Geläut schüttelte. Wer dieses Gespenste von den Inwohnern des Hauseß sahe / derselbe ward schleunig kranck / und büssete das Leben darüber ein. Aus dieser Ursachen wolte niemand das Haus miethen / noch darinnen wohnen. Nichts destoweniger ward es durch eine angehefftete Schrifft zu vermiethen ausgebothen / ob es vielleicht jemand unwissend kauffen oder miethen möchte. Unterdessen kömmt der Philosophus Athenodorus zu Athen: Lieset die Schrifft an dem Hause / und ob man ihn schon berichtet des Hauses Gelegenheit / hat er doch solches nicht geachtet / sondern darum vielmehr das Hauß für ein gewisses Geld gemiethet: Und ist mit seinem Haußgesinde darein gezogen. Gegen die Nacht hat er seinem Gesinde befohlen / sie solten sich im innern Theile des [224] Hauses schlaffen legen. Er selbst ließ sich mitten in dem Hause einen Tisch setzen: Nahm seine Schreib-Tafel / seine Kertze und seine Stücken: Setzte sich an den Tisch / fieng an zu schreiben / und zu meditiren / auf daß seine Gedancken nicht müßig wären. Erstlich war es gantz still im Hause / wie es zu Nachtzeiten pfleget zu seyn: Nicht lange darauf fähet es an mit der eisernen Ketten zu tumultuiren. Athenodorus kehrete sich an nichts / sitzet und fähret in seiner Arbeit fort. Das Gespenst aber machet es immer ärger / läufft jetzt aus dem Hause /jetzt wieder darein: Kömmt auch endlich nahe zumAthenodoro, und stehet ihm zur Seiten: Athenodorus hebet die Augen auf / siehet es an / und befindet es eben also / wie man ihm gesaget hatte. Das Gespenst stund und wincket dem Athenodoro mit der Hand /als wann er solte zu ihm kommen / Athenodorus wincket ihm wieder mit dem Kopffe / es solte warten: Und fähet hiemit wieder an zu schreiben / und zucomponiren. Das Gespenst schüttelte dem Athenodoro die Ketten über den Kopff. Athenodorus siehet sich wieder um / und vermercket / daß ihm das Gespenst abermahl wincket / da stehet er auf: Das Gespenst gehet für ihm her. Er löschet das Licht aus /folget dem Gespenste nach biß in den Garten. Da verschwindet das Gespenste alsobald. Athenodorus nimmet im finstern eine Hand voll Krauts / wirfft solches auf den Ort / da das Gespenste sich verlohren. Des Morgens gehet er nach den Richtern der Stadt / erzehlet was ihm widerfahren: Die Richter befehlen auf derselben Stätte zu graben / und zu vernehmen / was da verbergen: Da hat man gefunden etliche todte Menschen-Knochen / mit Ketten und Fesseln gebunden. [225] Dieselben hat der Rath in einen Sarg legen lassen / und mit gewöhnlichen Ceremonien zur Erden bestättiget. Hernacher ist das Hauß von den Gespensten frey blieben / und hat man niemals etwas darinn vernommen.

Die Todten bleiben wol todt / und liegen wol: Der Teuffel aber gauckelt den Leuten für / den Aberglauben zu vermehren.

32. Die Morgenröthe
32. Die Morgenröthe.

Die Morgenröthe / nach der Poeten Meynung / ist vom Hyperione und Theja gebohren / welche auch einen Sohn / mit Nahmen Memnon, gezeuget: Und ist allezeit auf einem güldenen Wagen gefahren / hat Hände gehabt von Rosen. Die Bedeutung dieses Gedichts ist diese: Nemlich die Morgenröthe ist die Göttliche / köstliche und güldene Zeit / (dann ϑεῖον heisset so viel als Göttlich:) durch welche die Jünglinge / so dieselbe wol gebrauchen und in acht nehmen / zu grossen Ehren können gebracht werden /(ὑπερίον ist in die Höhe erhaben.) Der Sohn dieser Morgenröthe ist Memnon, das ist Gedächtniß / μνἡμη heist Gedächtniß / wodurch sie haben anzeigen wollen / daß man in den Morgen-Stunden sein etwas lernen und behalten könne. Auf diese Art haben die Poeten die jungen Knaben wollen vermahnen / daß / so sie wolten so wohl an weltlicher / als Göttlicher Weißheit zunehmen / solten sie die Früh-Stunden in acht haben / wie das teutsche Sprichwort lautet: Die Morgen-Stunde hat Brodt im Munde; Und das Lateinische: Aurora Musis grata. Es ist nie geleugnet worden / und kan nicht geleugnet werden / daß man zu einer Stunde des Morgens mehr ausrichten kan / als sonst in dreyen zu Mittage: Ursache / dann des Morgens ist das Gemüthe und Geblüte des Menschen frischer / hübscher [226] und genelgter etwas zu verrichten /nach dem alle Speise zu Nacht verdauet / und der Mensch gleichsam durch den Schlaff erfrischet worden. Die aber biß an den hellen Tag schlaffen / sind faul / nachläßig / und zu allen Dingen ungeschickt. Bey den Römern ist dieser Gebrauch gewesen / daß ein Freund den andern nicht hat besucht / oder ein freundlich Gespräche mit ihm angestellet / als des Morgens frühe: Und seynd deßhalben solche Besuchungen heilig gehalten worden. Vom Demosthenes schreibet Cicero, daß der darnach getrachtet / damit er des Morgens von niemand schlaffend angetroffen würde / daß er seine Arbeit frühe angefangen / und sich zu seinem Studiis für Tage gewandt / dann sagt er / wir solten der Sonnen nachfolgen; Solten zu Bette gehen / wann sie untergehet / und aufstehen wann sie aufgehet. Warlich es ist einem Jüngling grosse Schande / wann ihm die Sonne des Morgens noch auf dem Bette liegend findet / und faullentzend bescheinet: Alle Thiere / bevorab die Nachtigal / die Schwalbe /und andre Vögel / heben ihre Arbeit früh Morgens an / fangen für der Sonnen Aufgang an zu singen: Wie vielmehr solten das junge Gesellen thun? Die Blumen mehrentheils / die des Nachts sich zugethan / und gleichsam geschlaffen haben / breiten des Morgens früh / so bald die Sonne aufgehet / sich wieder aus: So sollen wir auch / wann die Sonne aufgehet / herfür kommen / und Horatii Lehre wol in acht nehmen / der also spricht: Poscesante diem librum cum lumine.

Wie dann auch des Plauti, da er sagt:


Vigilare decet hominem, qui sua tempore vult conficere negotia.

Wer da zu rechter Zeit das Seine will verrichten / Der muß der Frühzeit Schlaff mit steiffen Ernst vernichten.

33. Cambysis Trunckenheit
[227] 33. Cambysis Trunckenheit.

Der Monarcha Cyrus hatte einen Sohn / genant Cambyses, der seinem Vater zwar in der Regierung / mit nichten aber in den Tugenden nachfolgte / unter andern Lastern war er auch dem Trunck sehr zugethan /deßhalben ihn einer von seinen Räthen Prexaspes, höflich straffete. Das verdroß den Cambysen, wolte darum auch hören / was seine andere Räthe von ihm sagten / und hielten; Ließ sie derohalben zusammen fodern / und fragte sie / ob sie etwas an ihm zu tadeln wüsten? Die meisten unter ihnen wolten den Fuchs nicht beissen / sondern schmeichelten dem Könige und sagten: Sie hielten ihn höher als seinen VaterCyrum; Warum? Dieweil er zu seines Vaters Königreich noch hinzu gebracht und gewonnen das Egytenland / welches sein Vater nicht hätte überkommen können; Aber der König Crœsus, welchem der Cyrus befohlen hatte / Achtung auf seinen Sohn Cambysen zu haben / und ihn in Tugenden zu unterrichten /sprach: Ich halte Cyrum höher als seinen Sohn Cambysen; Ursache / Cambyses hat noch nicht so einen trefflichen Sohn hinterlassen / als Cyrus. Solches alles gefiel dem Cambysi aus der massen wohl. Forderte derhalben den Prexaspem zu sich / und sprach: Du allein / Prexaspes, straffest mich der Trunckenheit halber / auf daß du aber erfahrest / daß ich / ob ich schon gesoffen / nichts destoweniger bey mir selbsten bin und verrichten kan / was sich geziemet / so will ich deinen jungen Sohn allhier für mich stellen lassen: Und wann ich truncken worden / nach ihm zielen und schiessen. Treffe ich sein (des Jungen) Hertze nicht /so soll man mich für [228] einen Säuffer halten / der seine Vernunfft nicht weiß zu gebrauchen; Treffe ich aber dem Jungen recht ins Hertz / so soltu daraus spüren und abnehmen / daß mir an meiner Vernunfft nichts mangelt / ob ich schon gezechet habe. Hierauf ließCambyses ein grosses Mahl anrichten / soff sich gantz voll mit seinen Räthen / und wie er truncken war / stellete er für ihm von ferne des Prexaspis jungen Sohn: Spannete seinen Bogen / zielete / und schoß nach dem Knaben: Befahl alsbald / daß man besichtigen solt / ob das Hertz getroffen wäre? Der Knabe ward aufgeschnitten / da befand sichs / daß der Pfeil mitten im Hertzen stack. Da zeigte Cambyses solches dem Prexaspi und sagte: Daraus magst du nun mercken / daß ich kein Säuffer bin: Und ob ich schon getruncken / dennoch bey guter Vernunfft bleibe. Hütte dich / daß du mich mit Unwahrheit ferner nicht beschuldigest.


Diß war ein unbillicher tyrannischer Lohn für die getreue Warnung Prexaspis. Hieher gehöret das:


Obsequium amicos, veritas odium parit.

Wer stets will die Wahrheit sagen / Muß zur Beut die Feindschafft tragen.

34. Von Bären und Elephanten
34. Von Bären und Elephanten.

Plinius schreibet von den Bären / daß sie an statt ihrer Jungen / fünff blosse unförmliche Stücke Fleisch gebähren / in der Grösse wie eine Mauß. Dieselben lecken sie Tag und Nacht / so offt und lang / biß Haupt /Nasen / Ohren etc. daran werden. Darum als Virgilius gefraget ward: Wie er so gute Verse machte? Hate er geantwortet: Weil ich sie mache wie der Bär seine Jungen. Dann was ich am Morgen gefasset / arbeite und poliere ich den gantzen Tag aus / biß es vollkommen [229] werde. Also vermahnet der Schulmeister seine Schüler / daß sie auch also thun sollen.

Daß dieses aber falsch sey / giebet erstlich die Natur / zum andern die Erfahrung. Die Natur / dann die Eltern können ihren Kindern die Gliedmassen nicht machen / oder ihrem Gefallen nach formiren: Sondern GOtt und die Natur muß es thun. Die Erfahrung bezeugets: So offt trächtige Bären geschlagen und ausgeweidet werden / finden sich die Jungen in ihrem Leibe / mit allen Gliedern / Haut und Haaren vollkömmlich. Vielleicht ist dieses Gedichte erstlich daher kommen / weil die jungen Bären / wann sie zur Welt kommen / mit einer Haut umgeben seyn / und gleich als in einem Bündel eingemacht. Dieselbe Haut lecket die Mutter so lange / biß sie entzwey gehet /und also der junge Bär vollkömmlich herfür kömmt. Aber solches ist nicht allein den Bären / sondern den Kühen / auch andern grossen Viehe gemein.

Vom Elephanten sind auch mancherley Lügen erdichtet / weil sie in unsere Länder nicht kommen. Insonderheit schreibet man / daß sie in einem jeden Schenckel einen gantzen Knochen haben / ohne Gelenck oder Beugung / darum könne sich kein Elephant niederlegen und schlaffen / sondern bleibe allezeit stehen: Lehne sich aber für Mattigkeit an einen Baum /und schlaffe also. Diesen Baum lernen dann die Jäger kennen / und sägen ihn biß auf ein wenig entzwey. Wann nun der Elephant kömmt und nach Gewohnheit sich daran lehnen will / so bricht der Baum / und er fällt darnieder / und kan sich nicht wiederum erheben / biß die Jäger zuspringen / ihm Ketten und Stricke anwerffen / und also gefangen nehmen. Diesem zuwider haben die [230] Spanier und Hollander in ihren Indianischen Schiff-Fahrten erfahren / daß die Elephanten zwar dicke / starcke Schenckel und Füsse haben /deren Beine aber dennoch mit unterschiedlichen Gelencken verwahret / welche sie eben wie ein Ochs oder Pferd wohl beugen können: Legen sich auch also auf die Erde und ruhen / und erheben sich wiederum wie ander groß Vieh / wie solches zu lesen beym Hugo Linschot / in seiner Schiff-Fahrt. Seneca schreibet auch in seinen Episteln / es habe ein Gauckler aus Mohrenland dem Elephanten / (welchen er mit sich gebracht) befohlen / daß er auf seine Knie niederknien / und einen Strich hinan kriechen müssen. Beym Martiale stehen diese Verse:


Quod pius & supplex Elephas te Cæsar adorat.
Crede mihi, numen sentit & ille tuum.

Hat dieser Elephant für dem Käyser die Knie gebogen /so muß er ja Gelenck gehabt haben.

35. Ob die Sonne am Oster-Tage tantze
35. Ob die Sonne am Oster-Tage tantze?

Es gläubet nicht allein der gemeine Mann allhier bey uns / sondern man findet es auch in etlichen Postillen geschrieben / daß am heiligen Oster-Feste die liebe Sonne am Himmel zu Abendzeiten / wann sie untergehe / tantze / und dreymal Freudensprünge thue /nach den Worten des 19. Psalms: Exultavit ut Gigas ad currendum viam suam. Deßhalben pflegen Alte und Junge des Abends / wann die Sonne will untergehen / mit grossen Hauffen fürs Thor zu spatziren / und zu sehen wie die Sonne tantzet. Wann sie nun dieselbe so lange angeschauet / biß ihnen braun / blau und finster für den Augen wird / so meynne sie gewiß / sie haben die Sonne tantzen sehen: Dieses ist eine grosse Thorheit und [231] Aberglaube. Dann es beweisen so wol die alten als neuen Sternseher / daß weder Sonn noch Mond / noch einiger Stern ein Haar breit aus seinem Stand und ordentlicher Bewegung abweiche / springe oder tantze. Ja wann die Sonne einen Finger breit sich erhübe oder niedersetzete / nach unserm Gesichte / so würde die gantze Welt zugleich sich mit erheben /und krachen müssen. Warlich / wann sichs also verhielte / daß am heiligen Oster-Tage die Sonne sichtbarlicher Weise tantzete / so bedürffte man ja nicht des vielen disputirens / wann die rechten Ostern wären / im Martio oder April / im neuen oder im alten Calender / dann GOtt hätte ein sichtbar Zeichen am Himmel gesetzet / dabey man den rechten Oster-Tag erkennen könte / nemlich an der Sonnen Abend-Tantz.


Der gemeine Mann urtheilet von einem Dinge / wie ers ihm in seinen tummen Kopff hat eingebildet / darum muß man dessen Rede nicht glauben.

36. Käyser Cajus Julius
36. Käyser Cajus Julius.

Der vierdten und letzten Monarchie der Welt fürnehmstes Haupt ist gewesen Julius Cæsar. Derselbe ist Cæsar genennet worden / nicht darum / weil er aus seiner Mutter Leib ist geschnitten / und so zur Welt kommen / wie unsere Grammatici dichten / angesehen er seine Mutter die Aurelam, mit und bey sich im Frantzösischen Kriege gehabt / sondern entweder von den schönen langen Haaren / auf Lateinisch Cæsaries, oder aber vom Carthaginensischen WorteCæsar, das ist / ein Elephant / dieweil er einen Elephanten umgebracht / und dessen Bild auf seiner Müntz geführet hat. Von diesem Julio Cæsare sind hernach alle [232] Römische Monarchen Cæsares genannt /und gebrauchen die Evangelisten auch das Wort καίσαρ.

Nun dieser Julius Cæsar ist eines so trefflichen Verstandes gewesen / daß er zugleich auf eine Zeit hat können lesen / schreiben / dictiren / und zuhören. Er hat pflegen zugleich 4. unterschiedliche Brieffe seinem Schreiber zu dictiren: Ja auch wol sieben / wann er dabey nichts anders zu thun hatte. Er ist so geschwind gewesen / daß er hat wissen zu reden von allem / was unter dem Himmel ist. Viel unterschiedliche Bücher hat er geschrieben / die verlohren seyn /ausgenommen das treffliche Opus oder Commentaria de bello Gallico, oder Civili, darinnen er beschreibet die Kriege / die er selber geführet. Er ist fünffzigmal selbst in der Schlacht gewesen; Und hats also demMarco Marcello zuvor gethan / der 29. Schlachten gehalten. Von ihm seynd in den Schlachten und Kriegen / die er gehalten / getödtet worden / 1192000. Menschen / ohne die Victorien / welche er in Bürgerlichen Kriegen erlanget. Uber dieses hat er auch das Jahr / welches zuvor unrichtig geordnet war / nach der Sonnen Lauff accommodiret / und zurecht gebracht /und getheilet in 365. Tage / (dahero es noch jetzund genennet wird Annus Julianus.) Auch geordnet / daß des Jahrs Anfang wäre der Januarius, da zuvorn das Jahr anfieng vom Martio. Nach seinem Namen hat er auch genennet Julium den Monat / der zuvor Quintilis genennet ward. Im Anfang seiner Regierung ist dieserJulius Cæsar ein Gottesfürchtiger / gnädiger und löblicher Herr gewesen: Der aber nach so vielen Victorien hoffärtig worden. Dahero über 60. fürnehme Römer sich wider ihn verbunden / unter welchen auch gewesen Brutus und der [233] Cassius. Und ob er wohl durch ein Schreiben eines guten Freundes gewarnet ward / daß er sich hüten solte / hat er doch den Brieff nicht lesen können / sondern ist auf dem Rath-Hause von seinen Verfolgern mit 23. Wunden erstochen /und niedergemacht worden / im Jahr seines Alters 56. Die Mörder aber seynd GOttes Straffe nicht entlauffen: Dann ihrer keiner über drey Jahr lebendig blieben / sondern seynd allzumal umkommen / und entweder ersoffen / oder erschlagen worden / oder haben sich selbst getödtet. Ein Rath aber der Stadt Rom hat hernach das Rath-Hauß / darauf er erstochen / allezeit verschlossen gehalten / und ist am Tage dieses Monats nicht mehr Rath gehalten worden.

Weißheit stehet hohen Häuptern wohl an. An seine Obrigkeit soll man die Hand nicht legen / und sie tödten. Wer es aber thut der glaube gewiß / daß er GOttes Straffe nicht entgehen werde.

37. Der Vogel Phoenix
37. Der Vogel Phœnix.

Phœnix soll ein einger Vogel seyn seines Geschlechts / in der gantzen Welt / fürnemlich aber in Arabia sich aufhalten: So groß als ein Adler / wie ein Papagoy gestalt / mit einem goldfarbenen gläntzenden Kopff /und einer Feuer-Krone / mit grünem / rothem und gelblichtem Leibe / blauen Bauch / und einem von vielerley Farben vermengten Schwantz. Dieser Vogel lebet sehr lange / und zwar wie Solinus meldet /zwölff tausend und etliche hundert Jahr. Wann aber seine Zeit vorbey ist / so bauet er ein Nest auf von Kannäl / oder Zimmetrinde / Weyrauch / und allerley köstlichem Gewürtz. Zündet sich darnach bey der Sonnen an / leget sich auf das Nest / und verbrennet sich selber. Aus der Aschen wird erstlich eine Made /aus der Made ein Vogel und neuer Phœnix, der wiederum so lange [234] gelebet. Mit diesem Phœnix pfleget man gar herrlich zu schmücken des HErrn Christi und unsere Auferstehung / und ist die allerzierlichste Oster-Lügen. Warlich / wo ein Mensch nicht gantz und gar aberwitzig ist / kan er ja Rechnung machen /was für ein Vogel sey / der so viel tausend Jahr / ehe die Welt geschaffen / sich bereits verbrannt hat. Dann die Welt nicht viel länger / als fünff tausend / fünff hundert und etliche achtzig Jahr gestanden: Nun lebet der Phœnix, wie sie sagen / über zwölff tausend Jahr /ehe er sich verbrenne. Ich lasse mich bedüncken / es sey niemals ein rechter Vogel gewesen / sey auch noch nicht des Namens / Gestalt und Werck / sondern es seyn literæ hieroglyphicæ, das ist / eine heimliche verborgene Bedeutung unter dieser Fabel. Nemlich /dieser Vogel Phœnix ist ein Bildniß der gantzen Welt; Der güldene Kopff bedeutet den Himmel mit seinen Sternen. Der bunte Leib den Erdboden. Die blaue Brust und Schwantz / das Wasser und Lufft. DieserPhœnix aber / oder die Welt bestehe so lange / biß der Himmel und die Sternen wieder zu stehen kommen an den Ort / da sie zur Zeit der Erschaffung der Welt gestanden. Wann das geschicht / so sey der Phœnix todt / und habe die alte Welt ihren Lauff vollbracht / und gehe alles wiederum von neuen an.

38. Zween Brüder - Romulus und Remus
38. Zween Brüder / Romulus und Remus.

Romulus und Remus, waren zween Brüder / deren Vater war Mars, ein Gott des Kriegs. Ihre Mutter war genannt Rhea Sylvia und Ilia, eine Kloster-Jungfrau; Weil sie noch klein und erstlich auf die Welt kommen waren / seynd sie von ihrer Mutter weggeworffen worden an die Tyber (ist ein Fluß / der durch die Stadt Rom läufft) und allda mit den Brüsten und [235] Milch einer Wölffin ernehret worden. Dieses deuten etliche also aus / ein Soldat habe eine Kloster-Jungfrau beschlaffen / darvon Romulus und Remus geboren / und also heimlich von dieser Hure ihrer Mutter / auferzogen seyn. Dann bey den Lateinern ist Lupa eben so viel als eine Hure. Wie nun diese beyde Brüder erwachsen / haben sie beschlossen eine Stadt zu bauen /welches sie auch ins Werck gerichtet / und dieselbe genennet Romam, von Romulo. Wie aber erstlich die Mauren um diese neue Stadt waren aufgerichtet / da hat Romulus ein Gesetz lassen ausruffen / daß niemand über die Stadt-Mauren springen dürffte / wer aber solches thäte / solte alsbald getödtet werden. Dieses Gebot des Romuli verachtete sein BruderRemus, und gedachte / es gienge ihn nicht an / sprang derhalben über die Mauren / wie er ausserhalb der Stadt etwas zu thun hatte: Da ließ ihn alsbald der Romulus beym Halse nehmen und todt schlagen. Also ist die Stadt Rom mit Blute / und einem Bruder-Mord erstlich eigeweihet worden. Und hat man den Tag der ersten Fundation der Stadt genennet Palilia. Ferner wie nun die Stadt Rom gebauet / da waren nicht Menschen genug bey der Hand / dieselbe zu bewohnen: Daher Romulus in alle Länder ausschreiben ließ / daß wer nach Rom kommen / und allda wohnen wolte /der solte frey Geleit und Sicherheit haben / wann er auch schon noch so viel Ubel- und Mord-Thaten begangen hätte. Also lieffen alle Schelmen und Diebe /und was sonst wegen begangener Ubelthat nirgend bleiben konte / nach Rom. Siehe / also hat Rom ihren Anfang gehabt / und seynd die Einwohner gewesen ein Hauffen boßhaffter Missethäter / Mörder / Räuber / [236] Ehebrecher und dergleichen. Nun war zwar eine grosse Anzahl solcher Gesellen und Bürger zu Rom; Aber es mangelte ihnen an Weibs-Personen. Solchem Mangel auch fürzukommen / hat Romulus einen gewissen Tag angeordnet / an welchem die gantze Bürgerschafft Schauspiele und lustige Comœdien anrichten solte: Zu welchen Spielen er auch eingeladen alle Sabinos (die der Römer nechste Nachbarn waren /) mit ihren Weibern und Töchtern. Er hat aber seinem Volck diese List an die Hand gegeben / daß / wann die Schauspiele recht wären angangen / so solten sie einen Auftauff machen / und ein jeglicher von ihnen eine Weibs-Person erhaschen / damit nach Hause lauffen / und dieselbe für seine Ehe-Frau behalten: Welches dann auch wohl ins Werck gerichtet / und artig von statten gangen. Also ist zum dritten Rom vermehret durch Weiber-Raub / Ehebruch / und dergleichen Sünden.


Was GOtt will erhalten / dem kan niemand schaden. Ohne Gesetze kan keine Stadt bestehen. Gesetze muß man nicht überschreiten. Mit Rauben / Stehlen und andern Sünden muß man keine Stadt erweitern.

39. Warum das Unkraut mehr wachse als das Gepflantzte
39. Warum das Unkraut mehr wachse als das Gepflantzte?

Es war ein berühmter Philosophus zu Samo, mit Nahmen Xantus, bey den dienete Æsopus für einen Knecht. Auf eine Zeit gieng Xantus mit dem Æsopo in einen Garten / ausserhalb der Stadt / Küchen-Kräuter zu kauffen. Als nun Æsopus seinen Korb mit Kohl gefüllet hatte / und mit seinem Herrn nach der Stadt wiederkehren wolte / hat der Gärtner den Philosophum Xantum wieder zurück geruffen / ihn gebeten /er möchte es nicht übel aufnehmen / er hätte [237] einen grossen Zweiffel / davon wolte er gerne entfreyet seyn / und hoffte / er als ein fürnehmer weiser Mann würde ihn hierinn unterrichten. Xantus sagte / er solte fragen / was er wolte / da sprach der Grärtner: Herr / ich erfahre täglich / daß die Kräuter / welche von sich selbst aus der Erden wachsen / und nicht von mir gepflantzet werden / viel schöner grünen / und eher wachsen / als diejenigen / welche ich mit grosser Mühe und Fleiß pflantze. Ich möchte gerne wissen /wie doch solches käme? Xantus antwortet: Lieber Mann / daß solches geschicht / ist also von Gott geordnet / Gottes Vorsehung die machet eines besser wachsen / denn das ander. Als Æsopus diese Rede hörte / lachete er überlaut. Da ward Xantus zornig /und fragte / ob er ihn auslache? Æsopus sprach: Nein Herr / nicht dich / sondern den / der dich so übel in der Philosophie unterwiesen hat. Dann eine solche Antwort auf diese Frage könte auch wohl ein Hunds-Bube geben / und das weiß der Gärtner selber wohl /daß alles aus Gottes Anordnung geschicht. Aber so du wilt / so will ich ihm diese Frage recht weißlich auflösen. Xantus kehret sich zum Gärtner / sprechend: Lieber Mann / es will sich nicht gebühren / daß so ein grosser weiser Philosophus, als ich bin / mit einem jeglichen disputire / und auf eines jeden Fragen antworte. Aber allhier habe ich einen Knecht / der soll deinem Begehren gnug thun. Der Gärtner den Æsopum beschauend / sprach bey sich selber: O welch ein Ungeheuer von Menschen! Hat dieser Weißheit gelernet? Warum bin ich denn nicht auch ein Gelehrter worden? Æsopus fieng an und sprach zum Gärtner: Du fragest warum die Erde aus ihr selber Kräuter herfür bringe / und solche viel schöner / leichter und eher / ohne deine Arbeit / [238] als wann du sie mit grosser Mühe pflantzest. Gab ihm darauf zur Antwort: Die Erde ist eine Mutter so wol der Kräuter als aller Dinge: Was sie nun selber gebieret / und aus ihrem Schooß herfür wachsen lässet / dessen natürliche rechte Mutter ist sie: Darum nicht zu verwundern /daß sie solche Kräuter reichlich ernähre / erhalte / und schön herfür wachsen lasse. Aber was du in die Erde pflantzest / dessen Stieff-Mutter ist sie nur / und das seynd nicht ihre rechte Kinder / sondern von andern ihr zugebracht. Derhalben sie dieselben nicht so sehr liebet / pfleget und ernähret / eben als unter den Menschen / die Mütter haben die Kinder / aus ihrem Leibe gebohren / viel lieber / als fremde zugebrachte Stieff-Kinder. Diese Antwort und Auflösung der Frage / gefiel dem Gärtner so wohl / daß er zum Æsopo sagte: Er solte nur so offt als er wolte wieder kommen / und umsonst ohne Geld von ihm Kräuter holen.


Man thut wohl / daß man in zweiffelhafftigen Dingen kluge Leute um Rath fraget / und um Anweisung ersuchet. Ein Einfältiger triffts offt besser als ein Kluger.

40. Von des Menschen erhabenem Angesicht
40. Von des Menschen erhabenem Angesicht.

Bey den Griechen heisset ein Mensch ἄνϑρωπος, ist so viel gesagt / als der sein Haupt in die Höhe hebet (ἄνω, sursum, τρέπων vertens, ἄπα faciem.) DaheroPlato, wie er gefraget ward / warum er die Augen hätte / und das Haupt nach dem Himmel gekehret? Antwortete: Daß ich den Himmel anschauen will. Ob nun wol das zum Theil wahr ist / wann man den Menschen gegen die vierfüßigen Thiere hält / so ist doch das auch wahr / wo ein Mensch nicht will [239] mit der Nasen im Dreck liegen / so muß er in seinem Gehen eben so wol / als ein Hund / Katze oder ander Thier die Augen nach der Erden kehren. Als der weise Mann Thales nach den Sternen sahe / und unterdessen im Fortgehen in einen Brunnen fiel / da ward er von einer alten Vettel ausgelachet / mit diesen Worten: Du wilst wissen / was im Himmel ist / und siehest doch nicht / was dir allernechst für den Füssen lieget.

Daß der Mensch allein solte diesen Vorzug haben /und das Haupt empor nach dem Himmel erheben /solches widerlegen mit ihren Exempeln viel Vögel /welche nicht allein aufrecht mit den Köpffen / wie die Menschen / gehen / sondern auch vielmehr in die Höhe und in die Lufft schauen / daß sie sich für ihren Feinden destobesser fürsehen und hüten. Wer hieran zweiffelt / der schaue seinen Hauß-Hahn an / wie derselbe mit ausgestrecktem Halse / und aufgerichtetem Haupte einher tritt. Gleichermassen ists auch falsch /daß der Adler allein mit klaren Augen in die Sonne siehet. Solches thun eben so wol die Stieglitzen / die Kraniche / die Papagoyen / und dergleichen Vögel mehr / wann sie ruhen und sich in der Sonnen Strahlen ausstrecken.

Hebet eure Häupter auf / und gedencket / daß sich eure Erlösung nahet. Trachtet nach dem das droben ist / etc.

41. Etliche Sprichwörter
1. Permutatio Glauci & Diomedis
1. Permutatio Glauci & Diomedis.

Homerus schreibet in seinem Iliade, daß die zween Helden Glaucus und Diomedes, nachdem sie miteinander gefochten / wiederum gute Freunde worden /und einer den andern zu Gaste geladen. Auf daß nun ihre Freundschafft desto fester wäre / haben sie mit[240] ihren Wehr und Waffen einen Tausch gehalten. Diomedes hat vom Glauco bekommen gantz güldene Waffen / die über 1000. Ochsen werth geschätzt worden: Glaucus hat vom Diomede wiederum verehret kriegt bleyerne Waffen / kaum 2. Ochsen werth: Daher das Sprichwort / der Tausch Glauci und Diomedis. Ist gesagt von einer ungleichen Verwechselung.

2. Tute lepus es, & pulpamentum quæris
2. Tute lepus es, & pulpamentum quæris.

Ob wol der Hase ein schwaches furchtsames und schlechtes Thier ist / dennoch so hat er an seinem Leibe gute Leckerbißlein / die wol zu essen und nicht zu verwerffen seynd. Wann nun jemand etwas an ihm selber hat / oder mit einem Dinge versehen und begabet ist / und dennoch solches von einem andern begehret / derselbe thut eben / als wann der Hase andere Thiere um ein gutes wohlschmeckendes Bißlein anspräche und bäte / dessen er doch an seinem Leibe selber genug hat. Das ists / so beym Terentio stehet:Ture lepus es, & pulpamentum quæris: Ist so viel gesagt / als / lieber Gesell / du bist selber so leicht und weibisch / daß man dich für eine Metze gebrauchen könte / und du bulest dennoch um andere Metzen.

Sonsten halten die Aertzte dafür / daß das Hasenfleisch melancholisch Geblüt mache. Aber die alten weisen Poeten seynd viel einer andern Meynung /nemlich wann man Hasenfleisch esse / so werde man schöne / und bleibe sieben gantzer Tage schön. Daher Martialis der Gelliæ fürwirfft / sie habe ihr Lebenlang kein Hasen-Fleisch gessen / weil sie so sehr heßlich und ungestalt.


Cum leporem mittis, semper mihi Gellia mandas,
Septem formosus Marce diebus eris.
Siverum dicis, & c. Edistinunquam Gellia leporem.
[241]
3. Æs Dodonæum
3. Æs Dodonæum.

Zu Dodona seynd gewesen zwo hohe Seulen / auf deren einer ein meßinges / hellklingendes Becken oder Gefäß gestanden: Auf der andern ein Bildniß eines nackenden Knabens / der sich vom Wind hin und her bewegte / in der Hand habend einen eisern Stecken. Wann nun der Wind auch gar gelinde wehete / hat der Knabe mit seinem Stecken an das Becken geschlagen / und also ein scharffes Geläut gemacht / welches lange gewähret. Diesem Dodonischen Becken werden verglichen alle Plauderer und Schwätzer / die viel Geplärr machen / da doch wenig hinter ist.

4. Mandrabuli more res succedit
4. Mandrabuli more res succedit.

Mandrabulus hatte einen Schatz gefunden / darfür er zur Danckbarkeit der Göttin Junoni erstlich opfferte ein güldenes Schaaf: Hernach ein silbernes Lämmlein: Zum dritten ein eisernes / biß daß endlich nichts daraus ward: Daher / wann sich ein Ding verringert /und immer schlimmer wird / sagt man: Mandrabuli more res succedit.


Wann man um eine Hand voll Ehre oder Gold den Himmel verkaufft / das mag wol heissen: Permutatio Glauci & Diomedis, etc. Was man selbsten hat / soll man nicht bey andern suchen und borgen. Demosthenes sagte auf eine Zeit zu einem / der über Tisch viel plauderte: Wärest du weise / so würdest du nicht so viel schwatzen. Man muß nicht ein Ding verringern / sondern vielmehr verbessern. Nicht allein was zusagen / sondern auch halten.

42. Vom Ibico und Besso
42. Vom Ibico und Besso.

Der Poet Ibicus ward aufm Felde von etlichen Räubern angefallen. Wie dieselbe ihm ihre Schwerdter an die Gurgel und Hertz gesetzet / und ihm jetzt ermorden wolten / Ibicus aber keinen Menschen sahe / der ihn hätte retten können / seynd [242] ohngefehr etliche Kraniche fürüber geflogen / die hat Ibicus angeruffen und gebeten / sie möchten seinen Tod rächen. Kurtz hernach kamen die Mörder in die Stadt und giengen auf dem Marckt spatzieren / da viel Leute vorhanden: Da flogen ohngefehr etliche Kraniche übern Marckt hin. So bald die Mörder die ansichtig worden / hat einer den andern angeredet / und gesagt: Siehe da des Ibici Rächer. Wie solches die Leute gehöret / haben sie gefraget / was sie von dem erschlagenen Ibico redeten. Die Mörder erschracken / werden alsbald ergriffen /und bekennen ihre Ubelthat / worauf sie folgends auch ihren verdienten Lohn empfangen.

Ein anderer / mit Nahmen Bessus, war mit seinem Vater ins Bad gangen / daselbst er nach entstandenem Hader und Streit seinen Vater ermordet / und sich heimlich davon gemacht. Etliche Tage hernach kömmt er in ein Wirths-Haus / siehet und höret allda unterm Dache die Schwalben im Neste zwitschern und singen: Nimmt alsbald einen Spieß / stösset das Nest herunter / und tödtet die Schwalben. Die anwesenden Gäste fragten ihn / warum er solches thäte? Da antwortete er: Höret ihr nicht / wie die losen Vögel singen / Bessus hat seinen Vater erwürget? Hierauf ist er eingezogen / und nachdem er seine Schuld bekennet / zum billichen Tode verurtheilet worden.

Ein zartes Ding ists um das Gewissen / wann einem das aufwachet / der hat Henckers genug / bedarff auch keines andern Uberzeugens. Conscientia mille testes.

43. Ein undanckbarer Gast
43. Ein undanckbarer Gast.

Philippus, König in Macedonien / des grossen Alexanders Vater / hat auf einmahl einen seiner Hof-Diener über See abgefertiget / etliche Gewerbe [243] zu verrichten. Wie dieser nach geendeter Reise und verrichteten Sachen sich nach Hause zu verfügen gedachte /ist durch Ungestümm des Meers das Schiff zerschmettert / und der Höfeling ins Wasser gestürtzet / darinnen er mit Lebens-Gefahr von den Wellen hin und wieder getrieben worden. Es wohnete aber am Gestade des Meers ein Bauersmann / welcher / da er diesen Schiffbrüchigen Höfeling ansichtig worden / mit seinem Schifflein auf die See gefahren / den halb-todten Menschen eingenommen / mit sich ans Land / und in sein Häußlein geführet / ihm truckne Kleider angethan / beym Feuer erwärmet / und mit Essen und Trincken dermassen erquicket / daß er bald wieder zu seinem vorigen Stande kommen. Der Höfeling reiset fort nach dem Könige: Erzehlet ihm die grosse Leibes-Gefahr /darinnen er gestecket. Philippus hieß ihn bitten um eine Gabe / die solte ihm zur Wiedervergeltung gefolget werden / da hat der undanckbahre Mensch den König gebeten / er möchte ihm des Bauers (seines gewesenen Wirths) Hauß und Acker / am See gelegen /verehren. Philippus giebt dieser Bitte Statt und Raum. Der Bauer wird ausgetrieben / und dem Höfeling das Gütlein eingeräumet. Da säumet sich der Bauer nicht lange / sondern verfüget sich zum Könige / erzehlet demselben allen verlauffenen Handel. Wie er den Höfeling vom Tode errettet: Wie er ihm viel Gutes erzeiget / beklaget sich sehr und bitterlich über die grosse Undanckbarkeit. Philippus die Sache recht behertzend / lässet den Höfeling zu sich fodern / und ihm vorn an der Stirn mit einem glüenden Eisen brennen diese Buchstaben: Ingratus Hospes: Den Bauern aber setzt er wieder in seinen vorigen Stand.


[244] So solte man billich allen undanckbaren Menschen thun / die Gutes mit Bösem vergelten. Des würde mancher mit verbrannter und gezeichneter Stirn einher gehen.

44. Historia des Gisippi und Titi
44. Historia des Gisippi und Titi.

Die Academia zu Athen war für Alters die allerberühmteste der gantze Welt / dahin aus allen Ecken und Enden sich versammleten alle / so Weißheit und Künste zu lernen gesinnet waren. Der Ursachen halber zog auch von Rom dahin ein sehr edler und fürnehmer Jüngling / Titus Quintus Fulvius, welcher /als er nicht lang zu Athen gewesen / bald mit einem andern Jüngling hohes Geblüts und Reichthums / Gisippus geheissen / grosse vertrauliche Freundschafft machte. Diese beyde studierten miteinander / hielten sich allezeit zusammen / und war nur ein Hertz in zweyen Leibern. Es begab sich aber / daß Gisippus sich in die edle Jungfrau / Sophronia genannt / verliebete / und endlich sich auch mit derselben verlobete. Wie die Hochzeit bald solte angesetzet werden / führet Gisippus seinen Freund und Bruder den Titum mit sich zu der Braut. Da wird Titus zur Stund mit hefftiger Liebe gegen Sophroniam entzündet: Gehet nach Hause / wird mit einer gefährlichen Kranckheit befallen / und darff unterdessen keinem Menschen die Ursach seines Leidens klagen. Gisippus sich hertzlich bekümmernde um seinen treuen Titum, hielt mit Bitten so viel bey ihm an / daß er endlich allen Handel erzehlt. Gisippus, ob er wol seine Braut von Hertzen lieb hatte / so war ihm doch sein Freund viel lieber /vermahnet Titum, er solte getrost und gutes Muths seyn / er wolte ihm seine Braut gerne überlassen. Hierauf werden sie Raths / und beschlossen / daß wann die Hochzeit mit Gisippo [245] und Sophronia vollendet / so solte Titus an statt Gisippi zu der Sophronia auf den Abend hinein gehen / und ihr Ehe-Mann werden / und solte Titus solches alle Abend thun: Des Tages aber wolte sich Gisippus stellen / als wäre er der Ehe-Mann. Solches wird ins Werck gerichtet /bleibet auch dieser Betrug etliche Zeit verhelet / und meynet Sophronia anders nicht / als daß sie des Gisippi Frau sey. Endlich wird Titus nach Rom beruffen / da muste sich der Handel offenbahren. Also ließTitus den Rath von Athen und seiner Sophronien Freunde zusammen fordern / erzehlet ihnen / welcher massen er der Sophroniæ Ehegatte worden. Sophronia verändert die Liebe gegen Gisippo in einen tödtlichen Haß: Die Athenienser aber verjagten Gisippum nackend und bloß ins Elend. Titus zog mit seiner Sophronia gen Rom / allda er bald Bürgermeister ward.Gisippus aus seinem Vaterland verwiesen / kömmt gen Rom / nach seinem ausgestandenen Elend / zeigete sich von ferne dem Tito, der ihn doch nicht kannte. Daher er aus Zweiffelmuth sich in eine Höle verstecket / verhoffend allda sein Leben zu enden. Indem er allda verborgen sitzet / kommen zu Nacht zween Räuber / welche einen Diebstahl begangen. Und wie sie sich nicht über das gestohlene Gut vertragen können /ersticht der eine / mit Nahmen Publius Ambustus, den andern. Des Morgens ward der Todte für der Höle gefunden / und nicht fern von dannen der Gisippus. Alsbald ward Gisippus als ein Thäter ergriffen / der es nicht leugnete / sondern bekennete / er hätte den Mord gethan / damit er desto ehe vom Leben abkäme. Gisippus ward fürn Bürgermeister Marcum Varronem guten Rath-Hauß geführet / und nach allen Umständen [246] dieser That halber befraget. Unterdessen erkennetTitus unter den Raths-Herren sitzend / seinen getreuen Freund Gisippum: Springet auf von der Stelle /schreyet überlaut: Der arme Frembdling sey unschuldig / er habe den Todschlag begangen. Gisippus hingegen bath den Rath / sie solten solches nicht glauben / er wäre der rechte Thäter. Hierüber bestürtzete sich der Rath / wuste nicht / was diesen Wunderdingen zu thun wäre. Unterdessen war auch allda zugegen der rechte Mörder Publius Ambustus, welcher von seinem eigenen Gewissen überzeuget / gutwillig für den Richter Varronem trat / und seine That mit allen Umständen glaubwürdig berichtete. Darauf nicht alleinTitus und Gisippus ledig erkannt / sondern auch der beyden getreuen Freunde halber dem Ambusto das Leben geschencket worden. Hierauf hat Titus dem Gisippo sein halbes Patimonium mitgetheilet und verehret / und ihm seine eigene Schwester Fulviam verheyrathet.


Ein getreuer Freund gehet über alles / und mit diesem ist kein Gold / Silber / Ehre oder einig Ding zu vergleichen.

45. Treue des Königs Codri
45. Treue des Königs Codri.

Codrus ist gewesen der letzte König zu Athen; Zu dessen Zeiten die Peloponenser einen hefftigen Krieg wider die Athenienser geführet. Nun war denen ausPeloponeso vom Oraculo Apollinis zu Delphis eine Antwort worden / daß / wofern sie sich hüten würden / und der Athenienser König nicht tödten / ob sie schon könten / so solten sie den Sieg erhalten. Im widrigen Fall / wofern sie ihn erschlagen würden /würde sie ebener massen das Unglück treffen. Wie diesen des Oraculi Ausspruch der Codrus vernommen / hat er seines Vaterlandes Freyheit seinem [247] eigenen Leben fürgezogen / und alle Mittel gesucht / wie er möchte von den Peloponesern getödtet werden. Hierauf zeucht er arme Bettlers-Kleider an / läst ihm Haar und Bart wegscheeren / auf daß er von niemand erkannt würde: Gehet also aus der Stadt / und verfüget sich ins Feindes Läger. Da wird er zwar von niemand erkannt / ist aber auch niemand / der ihm Böses thut. Codrus suchet Ursache / und fähet mit etlichen Soldaten an zu hadern / machet es auch ihnen so viel und grob / daß sie über ihn herkommen / und ihm das Leben nehmen. Alsbald hat sich das Kriegs-Glück geändert / und seynd die Peloponeser von den Atheniensern / nach Laut des Oraculi, verjagt und geschlagen worden. Aus dieser Geschicht hat das Sprichwort seinen Ursprung: Jurgia Codri, wird gesagt vom liederlichen / leichtfertigen und übelgegründeten Hader /und nichtigen Zanck / daraus doch endlich Mord und Todschlag herrühret.


Christus ist der rechte Codrus: Denn wie das gantze Höllen-Heer uns umgeben hatte / da verließ er seinen Königlichen Sitz / nahm Knechts Gestalt an sich / ließ sich selbsten tödten / und nahm also durch den Tod die Gewalt / dem / der des Todes Gewalt hatte / das ist / dem Teuffel / und errettet uns von unsern Feinden.

46. Etliche Irrthümer - belangend unterschiedliche Pflantzen
46. Etliche Irrthümer / belangend unterschiedliche Pflantzen.

Es ist eine gemeine Rede / aus dem Plinio und andern Scribenten genommen / daß / gleichwie die Sonne amS. Viti Tage / wann sie am höhesten kommen / sich wendet / also wenden und kehren sich auch um etlicher Bäume Blätter / als der Linden / Pappel / Oelbaum und Bachweiden / dermassen / daß das oberste Theil das unterste werde / daher das [248] Sprichwort: Nach S. Veit / verändert sich die Zeit / und die Blätter kehren sich auf die andere Seit. Dasselbe aber ist in diesen Ländern der Wahrheit nicht gemäß sondern falsch. Dann ein jegliches Blat behält seine gewöhnliche Stelle / ohne daß die neuen Blätter sein in die Höhe gerichtet / die andern aber um dieselbe Zeit hernieder hangend stehen. Deßgleichen gedencken auch etliche vornehme Scribenten / daß so man in einen Becher von Epheu oder Iloss gemacht / Wein und Wasser giesse / und vermische / so komme und schwitze der Wein durch den Becher / und das Wasser bleibe allein darinnen. Welches auch der Wahrheit zuwider. Dann wir haben offt Becher von solchem Holtze machen lassen / und darein Wein und Wasser gossen / ist aber dannoch kein Tröpflein durch den Becher heraus kommen. So es einer will versuchen /der wirds befinden / wie gesagt. Es ist bey den Medicis gar gemein / daß zwischen dem Kohl und Wein eine Widerwertigkeit sey / welches der täglichen Erfahrung gleichfalls zugegen. Dann was für Art Kohl die Alten gehabt / dieselbe Art haben wir auch. Nun befindet sichs nicht allein in Franckreich / in Teutschland / und anderswo / sondern auch allhier bey uns in unsern Gärten / daß wann bey den Wein / der rothe Kohl sowohl als der grüne / gepflantzet wird / nichts destoweniger beydes Kohl und der Wein frisch und lustig wachsen: Ja es pfleget der Wein den Kohl auch mit seinen Beysprößlein zu umsahen. Letztlich sagen sie auch / es seyn etliche Blumen welche gegen die Sonne sich wenden / und dieselbe ansehen: Und wo die Sonne hinläufft / da sollen sie sich auch hinwenden. Als da seynd die Ringel-Blumen oder Göldiche /Cichorien / und die grossen Sonnen-Blumen. [249] Daß solches wahr sey / habe ich noch niemahls befinden oder mercken können. Das ist aber gewiß / daß die Göldliche und Cichorien ihre Blumen ausbreiten /wann die Sonne scheinet / und des Nachts wegen der Kälte wieder zusammen ziehen. Sie folgen aber der Sonnen in ihrem Lauff nicht nach / daß sie sich dahin solten kehren: Sondern da sie einmahl die Spitze hingewand / an derselben Seiten bleiben sie gemeiniglich behangen / gleichwie auch die Spitze anderer Kräuter / welches ich nicht allein für diesem observiret / sondern es jetzunder in vielen noch also befinde.


Man führet offt Wunder-Ding auf die Bahn / die der Warheit nicht ähnlich. Wir sollen stets unsere Augen und Hertzen kehren zu der Sonnen der Gerechtigkeit Christo JEsu.

47. Numa Pompilius
47. Numa Pompilius.

Als Romulus der erste König der Römer von seinen Mit-Bürgern getödtet / und wegen der trerfflichen heroischen Thaten vom Volcke unter die Götter gerechnet war / und die Stadt Rom 30. Jahr gestanden / istNuma Pompilius zum König erwehlet worden / der sich so sehr beflissen geistliche Aemter anzustifften /als der Romulus weltliche. Daher Plutarchus geschrieben / daß Rom von zweyen gestifftet / und aufgerichtet worden / nemlich vom Romulo, und Numa Pompilio. Der eine habe die Stadt erbauet / der ander habe sie versehen mit guten Gesetzen. Vom Numa seynd eingeführet die Priester Flamines. Item desMartis Priester Salii genannt / welche / wann sie opfferten / stattliche und köstliche Gasterey hielten /(daher Cœna Saliaris, ein herrliches Mahl: Saliarem in modum vivere, lecker und köstlich leben.) DerNuma hat auch gestifftet eine Nonnen- oder [250] Jungfrauen-Gesellschafft / welche Nonnen- oder Jungfrauen-Gesellschafft er genennet Vestales, derselben Amt war / daß sie ein immerwährendes Feuer hielten und bewahrten. Und wanns geschahe / daß diß ewige Feuer erlöschte oder ausgieng / so dorffte mans nicht wieder anstecken als am Blitz / oder an den Strahlen der Sonnen. Wo eine Vestalische Nonne ihre Jungfrauschafft verschertzte / ward sie lebendig begraben.

Er bauete auch einen Tempel dem zweyköpffigenJano zu Ehren / und ordnete an / daß dieser Tempel /so offt die Römer Friede hätten / und keine Kriege führeten / solte zugeschlossen seyn: In Kriegs-Zeiten aber offen stehen. Es ist aber dieser Janus-Tempel nur zweymal nach des Numæ Zeiten zugemacht worden: Einmal nach geendetem Carthaginensichen Kriege / als die Stadt Rom ohngefehr gestanden 512. Jahr. Zum andern / bey Käysers Augusti Zeiten / da auch im gantzen Römischen Reiche Friede gewesen / und der Friede-Fürst / Christus JEsus / auf die Welt gebohren.

Unterm Schein der Gottseligkeit liegt offt schrecklicher Unglaube / und Abgötterey verborgen. Alle die geistliche Satzungen des Numæ seynd nur eitel Teuffels-Betrug. Daher zu verwundern / wie die Schwärmer haben mögen fürgeben / Numa wäre / wegen seiner Gottseligkeit und Justitz / eben so selig worden / als andere Christen. Warlich Plinius schreibet ausdrücklich / Numa sey ein Ertz-Zauberer gewesen / dessen Bücher man hernach öffentlich zu Rom verbrannt.

48. Wie der Käyser pfleget erwehlet zu werden
48. Wie der Käyser pfleget erwehlet zu werden.

Wann der Römische Käyser mit Tode abgangen / oder sein Amt aufgesaget / so muß nothwendig ein anderer erwehlet werden. Die ihn aber erwehlen / [251] derer sind sieben / daher genannt Septem Viri, oder Churfürsten / heute seyn derselben acht. Und seynd die Fürnehmsten im Reich / nemlich drey Geistliche / als der Churfürst von Mäyntz / der zu Trier und der zu Cölln: Der König aus Böhmen ist der mittelste unter allen: Welchen folgen vier Weltliche: Der Pfaltzgraff am Rhein / der Churfürst von Sachsen / der Churfürst von Bäyern / und der Churfürst von Brandenburg. Das Haupt in dieser Versammlung ist der Churfürst von Mäyntz / der die andern zusammen beruffet / und von ihnen ihre Meynung einfordert / hat auch die erste Stimme in der Wahl. Diese acht kommen zusammen zu Franckfurt am Mäyn / und nach gehaltenem Gebet bekräfftigen sie mit einem Eyde / daß sie wollen einen Käyser erwehlen / der geschickt und würdig sey zu diesem hohen Amt / ohne Gunst oder Geschencke. Zum andern erwehlen sie einen / der von Geburt ein Teutscher ist / und fürnemlich einer unter ihnen selbst: Ja wann drey in der Zusammenkunfft die Stimmen einem ihres Mittels gegeben / der kan alsdann Käyser werden. Nachdem nun ein neuer Käyser von ihnen erwehlet / werden ihme fürgehalten etliche Puncten / also lautende: Ob er wolle das Römische Reich regieren nach den alten Gebräuchen / und nach den gewöhnlichen Gesetzen? Das muß er eydlich bekräfftigen. Darnach wird er erst erwehlet. Zum dritten folget dann die Krönung / als ein Zeichen und eine Bestätigung des erwehlten Käysers. Erstlich wird er angezogen mit einem Purpur-Mantel: Darnach wird ihm ein Scepter in die Hand gegeben. Ferner wird er mit der Käyserlichen Krone gezieret / darauf oben ein Apffel ist / in Gestalt der Welt. Diese [252] Krone ist eine Anzeigung der höchsten Herrlichkeit / womit ihm wird die Macht gegeben zu regieren die gantze Welt. Es gebrauchen zwar die andern Könige auch köstliche Kronen einer gleichen Bedeutung; Der Pabst aber zu Rom trägt aufm Haupt eine dreyfache Krone; und ist solches erst gestifftet vom Käyser Constantino Magno, (wie die Papisten fürgeben /) anzuzeigen /der Pabst sey ein Haupt der gantzen Christlichen Kirchen / und aller Gemeine durch die drey Theile der Welt.

Vorzeiten (welche Weise nun abkommen /) wurden dem Käyser drey Kronen aufgesetzet / eine eiserne /silberne und güldene; Der eiserne hat angezeiget die Stärcke und Gewalt / damit der Käyser seine Feinde solte verfolgen. Die silberne war ein Zeichen der Durchlauchtigkeit / der Aufrichtigkeit und Eintracht in Worten und Wercken / damit ein Käyser solte bagabet seyn. Durch die güldene ward angezeiget die Käyserliche Majestät / Hoheit und Herrlichkeit.

In Erwehlung hoher Obrigkeit muß man ordentlich verfahren. Den löblich alten Gebräuchen soll sich niemand widersetzen. Ceremonien haben allemal ihre sonderliche Deutung.

49. Erzehlung der fürnehmsten Stände des Römischen Reichs
49. Erzehlung der fürnehmsten Stände des Römischen Reichs.

Die Stände des Römischen Reichs werden in drey Theile getheilet. Der erste und fürnehmste begreifft die acht Churfürsten / derer zuvor gedacht / nemlich drey geistliche / Mayntz / Cölln und Trier / vier weltliche / Pfaltz am Rhein / Sachsen / Bäyern und Brandenburg / und den König aus Böhmen / der der Mittelste unter ihnen. Der ander Stand [253] ist der Fürsten /welche zweyerley seyn / nemlich geistliche und weltliche / gleichwie der Churfürsten. Der geistlichen Fürstlichen seynd drey Stände oder Grad: Die Fürnehmsten werden genannt Ertzbischöffe / als da seyn der Erzbischoff zu Magdeburg / und der zu Bremen: Ferner die etwas geringer seyn / werden genannt Bischöffe / wie der Bischoff zu Schwerin / Butzow /Halberstadt / Paderborn. Die letzten seyn die Aebte /als zu Fulda. Weltliche Fürsten sind getheilet in folgende Stände / vom höhesten biß zum niedrigsten. Erstlich seynd die Ertzhertzoge zu Oesterreich / vom Käyserlichen Stamm / daher auch ihren Ursprung haben die Könige von Hispanien. Es sind aber zwo Linien der Ertzhertzoge von Oesterreich / eine vom Käyser Ferdinando herkommend / die heute noch in Teutschland floriret: Die andere von Carolo Quinto, welche ist das Hauß zu Burgundien. Zum andern / so folgen diesem Stande die Groß-Fürsten / derer kein einiger in Teutschland gefunden wird. In Welschland aber seynd die Großfürsten von Florentz / derer Haupt oder erster Anfänger gewesen Cosmus Medices. Ein solcher ist auch der Groß-Fürst aus der Moscau /Litau / der grosse Cham. Drittens folgen nach diesen die Fürsten / als zu Mecklenburg / Pommern / Holstein / Lüneburg / Braunschweig. Zum vierdten / folgen diesen nach die Marggraffen / wie zu Brandenburg und Baden. Zum fünfften die Landgraffen / als der Landgraff von Hessen. Zum sechsten / die Graffen / als der von Manßfeld / Schauenburg / Nassau / Oldenburg. Zum siebenden / die Freyherren / als Piemont / der Fuger von Augspurg. Letzlich können auch hinzu gethan werden die gemachten Pfaltzgraffen / die vom Käyser [254] nicht allein diesen Titul und Nahmen bekommen / sondern über das auch Macht haben / Doctores, Magistros, und gekrönte Poeten zu erwehlen /unehrliche Hurenkinder ehrlich zu machen / Wapen auszutheilen / etc. Welches zwar ein grosses / wann man diese Privilegien nicht mißbrauchte. Alle diese erzehlte Stände erkennen kein höher Haupt als den Käyser: Und seynd also diß die zween erste Stände des Römischen Reichs.

Der dritte und letzte Stand begreifft Edelleute und Städte. Erstlich / die Edelleute herrschen über ihre Bauern: Zu den Edelleuten können gezogen werden alle Doctores, Licentiati, Magistri. Zum andern / die Städte begreiffen in sich den Rath und die Unterthanen: Dieser letzte Stand ist dem Käyser nicht immediate unterworffen / sondern so wol die Edelleute / als die Städte / sind unter ihren Fürsten: Die Fürsten aber unter dem Käyser. Dennoch seynd etliche Städte / so keinen Fürsten haben / die dem Käyser stracks unterworffen seynd / daher sie auch den Nahmen führen /daß sie Käyserliche Frey-Städte genannt werden / als da ist Lübeck / Nürnberg / Straßburg / Cölln /Franckfurt am Mäyn.

Ein Stand ist höher / dann der ander. Darum soll sich der niedrige dem höhern nicht fürziehen / sondern es soll heissen: Ehre dem Ehre gebühret / Zoll dem Zoll gebühret. Und: Gebet dem Käyser / was des Käysers ist. Aber auch dabey: Und GOtt / was GOttes ist.

50. Solonis Trost im Unglück
50. Solonis Trost im Unglück.

Solon, einer von den sieben Weisen aus Græcia, wie er auf einmal seiner guten Freunde einen sehr traurig sahe / hat er denselben mit sich geführet auf einen hohen Thurn und vermahnet / er solte allenthalben die umliegenden Häuser beschauen. Wie solches [255] der betrübte Freund gethan / hat Solon gesprochen; Nun bedencke bey dir / wie viel Traurigkeit unter diesen Dächern wohl vormals gewesen? Wie viel auch jetzund und noch da ist? Und wie viel hernachmals sich darinnen begeben und zutragen wird? Womit er anzeigen wollen / daß kein Häußlein so klein / es sey ein Unglück darinnen. Derselbe Solon hat auch weißlich pflegen zu sagen: Wann alle Einwohner der Stadt all ihr Unglück zusammen trügen auf einen Ort / und hernach befohlen würde einem jeglichen etwas hievon wegzutragen / so würde ein jeder viel lieber sein eigenes wieder nehmen / als aus dem gemeinen Hauffen etwas ergreiffen.


Im Unglück soll man getrost seyn / und gedencken /man ists nicht allein. Ein jeder befindet sein Creutz am besten. Man muß mit dem / was einem GOtt auferleget /zufrieden seyn.

51. Von der keuschen Lucretia
51. Von der keuschen Lucretia.

In Welschland haben Völcker gewohnet / von uhraltem Geschlecht / Rutuli genannt / welche vor Zeiten mit dem Turno wider den Æneam Krieg geführet. Die Rutuli haben eine Stadt innen gehabt mit Nahmen Ardeam, sehr reich von Gütern und köstlichen Gebäuden. Als nun damahls der hofärtige Tarquinius zu Rom regierete / und fast alle Güter der Bürger unnützlich durchgebracht / hat er einen Anschlag erdacht / und beschlossen man solte die Stadt Ardeam ausplündern / damit die Römischen Bürger und Unterthanen sich wieder bereichern möchten. Dieser Rath und Anschlag ist zwar angefangen / und ins Werck gerichtet worden / aber gantz nicht nach Wunsch ausgeschlagen. Darum hat man ferner beschlossen / die Stadt Ardeam zu belägern. Es trug sich aber [256] zu / daß in der Belagerung ein Bürger ausCollatia (ist eine Stadt nahe bey Rom) mit NahmenTarquinius Collatinus, mit des Königs Tarquinii Söhnen / und andern jungen Männern eine Gasterey hielt. Da seynd sie unter Essens von Weibern zu reden kommen / und hat ein jeder die seine hoch gerühmet / endlich auch darüber / welcher die beste hätte / gewettet. Collatinus hat gesagt / man dürffte nicht viel davon reden / sondern er wolte in drey oder vier Stunden darthun / und beweisen / wie viel seineLucretia den andern allen fürgienge. Seynd auch eins worden / und diesen Zwiespalt zu schlichten / auf ihre Pferde gesessen / und nach Rom geritten: Da dann die meisten ihre Weiber ausserhalb Hauses in Gastereyen gefunden. Worauf sie auch alsbald gen Collatiam verreiset / und daselbst des Collatini Frau in ihrem eigenen Hause neben ihren Mägden bey Nacht-Zeiten am Spinnrocken / und in fleißiger Arbeit angetroffen. Also ist der Lucretiæ das Lob und der Preis geblieben. Collatinus hat Tarquinium und seine beyhabende Gesellschafft gebeten / das Nachtmahl mit ihm zu essen. Unterdessen ist der Sextus Tarquinius in ungebührliche Liebe gegen die Lucretiam gerathen / theils wegen ihrer Schönheit / theils wegen ihrer Aufrichtigkeit und Keuschheit. Letzlich haben sie sich sämtlich wieder ins Lager verfüget. Nach etlichen Tagen aber ist der Sextus Tarquinius in geheim nach Collatiam gereiset / daselbst von der Lucretia (die um sein böses Fürhaben nichts wuste) herrlich und ehrlich empfangen / und zu Abendzeiten von der Lucretiæ Diener an den Ort / da er schlaffen solte / gewiesen worden. Da sie nun alle schlieffen / ist Tarquinius zur Lucretia ans Bette gegangen / hat ihr / wer er wäre /kund gethan / [257] und gebeten / sie möchte ihm zu Willen seyn. Lucretia hat sich dessen / so viel ihr möglich /geweigert / und wie sie endlich um Hülffe ruffen wollen / hat Tarquinius ihr das blosse Rappier auf die Brust gesetzet / ihr gedrohet / würde sie nicht thun nach seinem Begehren / so wolte er sie ermorden /und zu ihr legen seinen Knecht / den er gleichfalls tödten wolte / auf daß alsdann die Leute meyneten /sie wären im Ehebruch umkommen. Mit diesen Worten hat er sie überredet / und nach verrichteter Sachen sich wieder fortgemachet. Die hochbetrübte Lucretia schicket alsbald Boten nach Rom zu ihrem Vater /und gen Ardeam nach ihrem Manne / bittend / sie möchten bald zu ihr kommen / denn es wäre ihr etwas grosses und merckliches widerfahren. Da der Vater samt dem Ehemann kommen / hat sie ihnen den gantzen Handel heulend und weinend erzehlet. Und nachdem sie ausgeredet / ein Messer / welches sie unter der Schürtze verborgen / herfür gezogen / und ihr also selbst das Hertz abgestochen / sagende: Ich bekenne /daß mein Gemüthe dieser That halber unschuldig ist /der Leib aber / weil er die Unehre und Schande gelitten / und einen Ehebruch begangen / soll auch diese Straffe leiden / auf daß keine Römische Frau sich mit meinem Exempel hernachmals entschuldigen könne. Als diese That unter dem Volcke ausgekommen / ist so wol der Vater Tarquinius Superbus, als auch der Sohn Sextus mit Weib und Kindern ins Elend vertrieben / und hernach zu Rom kein König mehr erwehlet worden / sondern die Bürgermeister haben eine lange Zeit regieret.


O wie findet man heute zu Tage so wenig Lucretias.

52. Der Poeten Freyheit im Lügen
52. Der Poeten Freyheit im Lügen.

[258] Welche Freyheit die Poeten / und sonderlich die Griechischen in Dichten und Lügen gehabt / will ich euch für Augen stellen in Exempeln etlicher magerer Leute / derer in den Griechischen Epigrammatibus gedacht wird.

1. Der erste wird allda genannt Hermon: Ist so leicht und dabeneben so künstlich gewesen / daß er mit seinem gantzen Leibe hat springen können durch ein Nähennadel-Oehr / dadurch man den Faden zu ziehen pfleget.

2. Der ander Demas, gieng zum Spinn-Gewebe /das in der Lufft hieng / sprang nicht allein behende hinauf / sondern tantzete auch darauf gar künstlich /so lange biß die Spinne kam / und ihm einen Faden an den Halß spann / dadurch sie ihn in die Lufft zog / die Kehle zuschnürete / und also den guten Kerl Demas erhenckete und tödtete.

3. Der dritte Solipater, war so gar subtil / daß er weil er anders nichts / als Geist und Athem / war /von keinem Menschen gesehen werden konnte.

4. Nun folget einer / genannt Marculus, der so klein gewesen / daß er mit seinem Kopffe ein Sonnenstäublein durchlöchern und durchbohren / ja mit dem gantzen Leibe dadurch gehen können.

5. Cajus ist so leicht gewesen / daß er ihm bleyerne Sohlen unter die Schuhe machen zu lassen gezwungen worden. Dann er sonst vom Winde weggenommen /und wie Stoppeln zerstreuet ward.

6. Ferner der Archestratus war so leicht / daß / da er von den Feinden gefangen weggeführet / und auf eine Waage geleget ward / seine Schwere und Gewicht / ohngefehr als ein halb Gerstenkorn befunden worden.

[259] 7. Menestratus pflegte auf einer Ameisen zu reiten / wie auf einem Pferde; Es trug sich aber zu / daß er von der Ameise abgeworffen / und von ihr mit einem Fuß zu todte geschlagen ward.

8. Proculus wolte einmal Feuer aufblasen / und flohe zugleich mit dem Rauch zum Schornstein oder zur Feuer-Mauer hinaus.

9. Artemidorus lag einmal bey dem Demetrio, welcher schlieff / und da Demetrius im Schlaff etwas starck Athem holete / warff er den Artemidorum mit dem Athem zum Fenster hinaus.

10. Cheræmon war so klein und leicht / daß er den Leuten nicht durffte zu nahe gehen / damit er nicht /wann sie Athem holeten / von ihnen mit der Lufft in die Nase gezogen würde.

Wer lügen will / der lüge also / daß man es mercken /fühlen und greiffen kan / daß es Lügen seyn / dann sonst betreugt man nur die Leute.

53. Treue der Hunde
53. Treue der Hunde.

Plutarchus erzehlet / daß sein Vater / da er zu Athen studieret / folgende That mit Augen gesehen und erfahren habe.

Es war ein Dieb in des Æsculapii Tempel gebrochen / der hatte daraus den meisten Theil der silbernen und güldenen Gefässe / die sie zum Opffer brauchten / gestohlen / und sich damit fortgemachet. Nun ist zur selben Zeit in dem Tempel ein Hund gewesen / der den Tempel bewahret: Wiewol aber derselbe sehr gebellet / seynd dennoch keine Leute vorhanden gewesen / die es gehöret; Deßwegen der Hund dem Diebe gefolget / der ihn offt mit Steinen geworffen / wordurch dennoch der Hund sich nichts zurück und abtreiben lassen / [260] sondern als es nun Tag worden / dem Diebe allezeit gefolget / und ihn mit den Augen immer starck angesehen / und verwahret: Hat auch die gantze Zeit über nichts gegessen: Die Leute aber / so ihm entgegen kommen / hat er freundlich angelauffen / ihnen mit dem Schwantze geliebkoset / und den Dieb nicht aus den Augen gelassen. Wie dieses das Volck gesehen / und es nunmehro offenbahr und kund worden / daß der Tempel bestohlen /ist man auf einen Argwohn gerathen / der Mensch sey es / welcher den Diebstahl begangen. Der auch hier auf gefänglich eingezogen / und die That endlich bekannt.

Da der König Pyrrhus einsmahls auf das Feld gangen / ist er eines Hundes / der einen todten Leichnam bewahret / gewahr worden: Da er aber lange darnach gefraget / was das wäre? Hat man gesagt / daß der Hund in dreyen Tagen nichts gegessen. Der Pyrrhus, nachdem er den todten Cörper begraben lassen / hat den Hund zu sich genommen. Nach etlichen Tagen wurden die Soldaten gemustert / und gieng ein jeglicher den Pyrrhum vorbey / unterdessen lag der Hund zu Pyrrhi Füssen gantz friedsam und stille. Da aber der Mörder vorbey gangen / ist der Hund schleunig aufgesprungen / und den Mörder bellend angefallen /auch zugleich den Pyrrhum offt angesehen / darausPyrrhus auf diesen Soldaten einen Argwohn geschöpffet hat / und wie er den Sachen nachgefraget /befunden / daß dieser Soldat denselben Todschlag begangen / deßwegen er dann auch gestraffet worden.

Hieraus können wir erkennen die Treue der Hunde /die offt für ihre Herren besser und tapfferer streiten / als ein Mensch für den andern.

54. Wie offt sich Jupiter der Buhlerey halben verstellet
[261] 54. Wie offt sich Jupiter der Buhlerey halben verstellet.

Wir haben an unterschiedlichen Orten des Jupiters, als des Monarchen aller Götter gedacht / und es ist Wunder / daß die Menschen einen / der den Lastern also zugethan / für einen Gott angebetet. Daß ich aber der andern Laster geschweige / so ist der Jupiter ein schrecklicher Hurer und Ehebrecher gewesen. Auf daß er aber die Weiber möchte zu seinem Willen bringen /hat er unterschiedliche List und Betrügerey erdacht und gebrauchet / der einen hat er Gold geschencket /die andere durch seine schöne Gestalt / eine andere durch liebliches Reden / zu seinem Willen bracht. Daher die Poeten bewogen zu dichten in ihren Versen / daß Jupiter sich bißweilen in einen Stier / bißweilen in Gold / bißweilen in andere Gestalt verändert. Ich befinde / er habe sich in siebenerley Gestalt verwandelt / zu dem Ende / daß er desto besser seine Laster üben und ins Werck stellen möchte.

Erstlich hat er seine eigene Schwester / die Junonem, zum Weibe genommen / und theils mit Worten /theils mit Gewalt sie dahin gebracht / daß sie seinem Willen ein Genügen gethan. Die Poeten schreiben / er sey damahls in einen Kuckuck verwandelt gewesen (zweifels ohne darum / weil der Kuckuck seine eigene Jungen auffrisset /) und nachdem er selber ein Ungewitter erreget / deßwegen sich die Juno in eine Höle verkrochen sey er in Gestalt eines Kuckucks zu ihr geflogen / und sich in ihren Schooß gesetzet / als wann er vom Regen naß wäre. Die Juno aber aus Barmherzigkeit bewogen / hat den Kuckuck unter ihre Kleider verborgen. [262] Und ist also von ihm geschwängert worden. Zum andern hat er die Tochter des Königs Tyndari geliebet / und / so wohl mit Worten als Geberden sie bewogen / weggeführet / und endlich zu seinem Willen gebracht. Dahero die Poeten dichten / der Jupiter habe sich in einen Schwan verwandelt / dann die Schwanen seynd schön wegen ihrer weissen Farbe /und wegen des lieblichen Gesangs / welchen (wie man sagt) sie thun / wann sie sterben sollen. Also hatJupiter Schwanen-Gestalt an sich genommen / und sich gestellet / als würde er vom Adler verfolget: Deßwegen auch in der Ledæ Schooß geflogen / die er also nach seinen Lüsten gebraucht / und bey ihr in Gestalt eines Vogels geschlaffen / und hernach zwey Eyer ihr in den Schooß geleget / die sie auch ausgebrütet. Aus dem einen Ey seynd hernachmahls gebohren der Pollux und die schöne Helena, eine Ursacherin des Trojanischen Krieges / aus dem andern Ey der Castor und Clitemnestra: Ob wohl Horatius in seinen Versen gesungen / daß Castor und Pollux aus einem Ey gebohren / Castor gaudet equis, ovo prognatus eodem Pollux.

Zum dritten ist Jupiter auch in Liebe enzündet gewesen gegen die Europam, des Königs Agenoris Tochter / zu der hat er sich / als sie im Wasser spatzieren gieng / und ihres Vaters des Königs Vieh besahe / gemacht / mit ihr gebulet / und sich als ein muthiger Stier erzeiget: Dahero die Poeten gedichtet / der Jupiter habe sich dazumal in einen weissen Stier verwandelt / welcher der Europæ so wohl gefallen / daß sie sich auf dessen Rücken gesetzet: Da er alsbald mit der Europæ ins Meer gelauffen / davon geschwummen / und sie nach der Insul Creta getragen.

[263] Zum vierdten hat er lieb gewonnen die JungfrauAntiopen, bey welcher er sich erzeiget als ein geiler Bock / dahero die Poeten gedencken / der Jupiter habe die Gestalt eines Waldgottes Satyri angenommen. Was das aber für ein Gespenste sey / ist für diesem von uns erzehlet.

Zum fünfften hat ihn auch gelüstet die Danaen nach seinem Willen zu gebrauchen / die von ihrem Vater / damit kein Mann zu ihr käme / in einen eisernen Thurn verschlossen war. Jupiter hat den Hüter des Thurns mit Golde bestochen / und ihn dahin bewogen / daß er ihn eingelassen. Ist also zu der Danae gangen / hat ihr einen Hauffen Goldes in den Schooß geworffen und bey ihr geschlaffen. Dahero die Poeten schreiben / daß er sich damahls habe in einen güldenen Regen verwandelt / und sey also durchs Dach zu der Danae hinein gefallen.

Zum sechsten hat er gehuret mit der Alcumena, des Amphitruonis Weib / da er diese List gebraucht /nemlich er ist zu Mitternacht / wie der Amphitruo nicht zu Hause war / zu ihr gangen / fürgebende / er wäre der Amphitruo. Daher Plautus und andere Poeten gedichtet / der Jupiter habe Amphitruonis Gestalt an sich genommen / wie zu sehen aus der ersten Comœdia Plauti.

Zum siebenden und letzten ist er mit Frauen und Jungfrauen nicht zufrieden gewesen / sondern hat sich auch mit dem Knaben Ganymede belustiget / denselben gleichwie die Adler die kleinen Vögel mit sich weggeführet / und ihn hernacher zum Schencken bey den Göttern gemacht. Dahero die Poeten zu fingiren bewogen / Jupiter sey in einen Adler verwandelt [264] und habe den Ganymedem auf dem Rücken gen Himmel geführet.

Uber das hat er noch / ausgenommen diese Verwandlungen / unzählich viel Frauen und Jungfrauen zu Schanden gebracht / um welcher willen er sich selbst zwar nicht verwandelt / aber im Gegentheil dieselben in Gestalt anderer Thiere verwandelt / nemlichen die Jo ist von ihm zur Kuh / und die Calisto zu einer Bärin gemacht; Semele aber vom Donner und Hagel berühret worden / daß ich stillschweigend vor bey gehe die andern / die auch vom Jove geschwächt /als Niobe, Laodicea, Eleutra und unzählich viel andere.

Das seynd die Heyden-Götter / ja aller Götter Großväter. Daraus wir die schreckliche Blindheit derselben / darinnen sie gelebet / zu ersehen haben. Wie die Heyden / so ist auch ihr Gott gewesen / gleich sucht sich / gleich findet sich / das mag wohl der rechte Teuffel / und kein Gott gewesen seyn.

55. Vom Aristippo
55. Vom Aristippo.

Aristippus, ein sehr kluger Philosophus, hat Geld und Gut nicht groß geachtet / sondern als ein unnöthiges und beschwerliches Ding weggeworffen / welches zu sehen ist aus des Horatii folgenden Versen:


Græcus Aristippus, qui servos projicere aurum
In Media jussit Libya, qua tardius irent,
Propter onus segnes.

Dieser Aristippus hat öffentlich gesagt / keinem rechten Philosopho mangele es jemahls / an Gelde. Es hat sich aber zugetragen / daß auf einmahl / da er nicht viel Geld mehr übrig hatte / er sich zu dem König Dionysio verfügte / und bey demselben sich seiner Armuth halber beklagte / bittend / Dionysius möchte ihm [265] etliche Cronen vorstrecken. Der KönigDionysius hat den Aristippum ausgelachet und gesagt: Wie kömmt das / Aristippe, mit deinen vorigen Reden überein / nemlichen / daß es keinem Philosopho an Geld mangele? wie kömmts dann / daß du Geld von mir bittest? Aristippus hat geantwortet / der König solte ihm nur erstlich etwas an Gelde herreichen / so wolte er alsdann / warum er gefraget würde /gute Antwort geben. Der König hat befohlen / ihm tausend Cronen zu zahlen / dieselbe hat Aristippus bald in seine Taschen gestecket / sagende: Ich bleibe noch bey meiner vorigen Meynung / daß den Philosophis niemahls Geld mangele / und daß solches wahr sey / must du / O König / selber bekennen. Ist hiemit aufgestanden / und mit den tausend Cronen davon gegangen / angesehen es ihm am Gelde nicht mangele.

Was Aristippus von den Welt-Weisen gesagt / solches mögen wir billich sagen von den Gottesfürchtigen /die haben keinen Mangel an irgend einem Gut.

56. Grausamkeit etlicher Tyrannen
56. Grausamkeit etlicher Tyrannen.

Jetzt will ich von Grausamkeit der Tyrannen etliche Exempel erzehlen:

Phalaris, König der Agrigentiner / ein tyrannischer / unbarmhertziger Mensch / hat nicht allein seine Unterthanen trefflich geplaget / sondern auch diejenigen / welche ihm neue Art und Wege an die Hand gegeben / die Leute zu martern / mit grossen Geschencken begabet. Unter etlichen Künstlern hat sich auch bey ihm angegeben Perillus, welcher von Ertz einen hohlen Ochsen verfertiget / darinnen ein Mensch sitzen können. Der Ochse aber war so künstlich gemacht / daß wann Menschen darein gesetzet wurden / und man [266] das Feuer darunter ansteckete / und dann die Menschen schrien / es ein Gelaut gabe / als wann ein Ochse brüllete. Dieses Instrument hat demPhalaridi sehr wohl gefallen. Auf daß ers aber versuchte / hat er zum ersten mal den Perillum selbst drein legen heissen / der dann / ehe er verbrannt / als ein Ochse geschrien. Es kan auch zu der Tyrannen-Zahl gethan werden der Dionysius, König zu Syracusa / der hat bald im Anfange seiner Regierung / sowohl seine besten Freunde / als die Fürnehmsten des Reichs aus dem Wege räumen lassen. Er hat auch Trabanten bestellet / die ihn bewahren müssen / weil er wegen seiner Tyranney keinem Menschen trauete: Dabeneben hat er auch keinen Barbierer gebraucht /sondern seine eigene Töchter haben ihn müssen den Bart abnehmen / und nicht zwar mit einigem Messer /sondern mit glüenden welschen Nuß-Schalen haben sie ihm die Haar abgesenget. Das Bette / darinnen er schlieff / hat er auf diese Art verwahret: Nemlich / er hat eine tieffe weite Grube bey dasselbe gegraben /darüber eine Brücke gemacht / und wann er nun zu Bette gehen wollen / ist er über dieselbe gegangen /und hat solche hinter sich wieder aufziehen lassen: Diß alles ist vom bösen Gewissen der begangenen schrecklichen Thaten herkommen. Diesen allen ist an Grausamkeit fern überlegen der Tyrann und Blut-Hund Nero, dessen wir zuvor an andern Orten gedacht. Auch hat der König Ptolomæus seinem einigen Sohn / von seiner eigenen Schwester gebohren / Kopff / Hände und Füsse abhauen lassen / solche Stücke wohl verwahret / in ein Tuch gewickelt / und seiner Frauen und Schwester zum denckwürdigen Geschenck auf ihren Geburts-Tag geschicket und verehret. DieEtrusci haben [267] lebendige Menschen an todte Cörper und zwar die Rücken / Hände und Füsse zusammen gebunden / auf daß / wann das todte Aaß begunte zu faulen / auch die Lebendigen mählich sturben und verfauleten. Die Barbaren / wann sie Vieh geschlachtet / und das Eingeweide ausgenommen / haben sie an dessen statt lebendige Menschen in den Bauch genehet / also / daß der Kopff nur heraus gegucket / und dieselben also weggeworffen / da sie dann so lange von den Würmern gequälet und gefressen worden /biß sie endlich elendiglich gestorben.

Es seynd keine Menschen / sondern wilde und grausame Thiere / die Lust tragen / andere Leute zu martern. Wer eine Grube gräbet / der fällt offt selber hinein. Ein wütiger Tyrann ist ein furchtsames Thier.

57. Grosse Schlacht zwischen den Römern und Sabinern
57. Grosse Schlacht zwischen den Römern und Sabinern / durch Weiber aufgehoben.

Nicht lange darnach / als die Stadt Rom meistentheils erbauet / und mit Mannschafft und Einwohnern besetzet / und aber es ihnen an Weibs-Personen mangelte /hat Romulus ein Schau-Spiel angestellet / und darzu die Crustuminer und Sabiner mit ihren Weibern und Töchtern verschreiben und einladen lassen / zu dem Ende / daß ein jeglicher Römer eine Frau oder Jungfrau in währendem Schauspiel mit Gewalt ergreiffen /mit sich nach Hause nehmen / und für seine eigene behalten solte. Solches ist auch geschehen und ungehindert vollbracht; Uber diese That seynd nicht allein die Sabiner sehr entrüstet worden / sondern es ist auch bald darauf ein grosser Krieg zwischen den Römern und Sabinern entstanden. Der König der Sabiner war Titus Tatius, der Römer aber der Romulus. DerTatius hat mit [268] seinen Sabinern die Stadt Rom belägert. Nun war aufm Haupt-Schloß zu Rom ein Oberster / mit Nahmen Spurius Tarpejus, der hatte eine Tochter / dieselbe gieng in der währenden Belägerung aus der Stadt / ihrem Gebrauch nach / Wasser zu holen. Da hat der Titus Tatius seine Dirne mit guten Worten dahin beredet / daß sie angelobet / bey Nachtzeiten die Sabinische Soldaten aufs Schloß zu lassen /dafür sie zur Wiedervergeltung und Belohnung begehret und gefordert alle güldene Armbänder / die die Sabiner um ihre Arme trugen. Wie dieser Accord gemacht / ist folgende Nacht der Hauptmann Metius Curtius mit etlichen Soldaten in die Burg und Schloß kommen / dieselbe durch Verrätherey eingenommen. Der Tatius hat hierauf nicht allein der Verrätherin /des Tarpeji Tochter / die güldenen Armbänder / sondern auch die Schilde und Waffen der Soldaten zu geben befohlen / welche ihr in solcher Menge zugeworffen worden / daß die Jungfrau darvon zu todte gedrucket / und unter der Bürde gestorben. Romulus immittelst hat sich geschicket / den Sabinern entgegen zu ziehen / auch alsbald mit seinem Kriegs-Heer beflissen / selbige wiederum vom Schloß abzutreiben: Woraus an beyden Seiten ein groß Treffen entstanden / daß so wol Sabinische als Römische Hauffenweise aufm Platze blieben. Wie solches die zuvor gewesenen Sabinischen / und jetzo Römischen Weiber / die nunmehr viel Kinder gezeuget / und ihrer Männer gewohnet waren / gesehen / daß nemlich nicht allein ihre Männer und Kinder / sondern auch ihre Väter und Brüder in mächtiger Gefahr stunden / haben sie ihren Schmuck und weiblichen Zierrath abgeleget /seynd mit blossen Füssen [269] und Armen / mitten unter das streitende Kriegs-Heer / unter die Waffen / Pfeile und Spiesse hauffenweise gelauffen / und an einer Seiten die Brüder und Söhne / an der andern Seiten die Väter und Brüder / mit Heulen und Weinen gebeten / sie möchten aufhören zu streiten / und sich selbst nicht so hinmetzen. Durch diese unverhoffte und merckliche That hat man zu beyden Seiten mit Streiten innen gehalten / und nach Betrachtung der Sachen die Waffen weggeworffen / daß also aus Feinden dergestalt wieder Freunde worden / inmassen auch die Sabiner von den Römern zu Bürgern und Stadtgenossen auf- und angenommen / und daher nachmals alle Bürger zu Rom Quirites, von der Stadt Curete, den Sabinern zugehörig genennet worden.


Es schmertzet gar sehr / wann einem das Seinige genommen wird / und pfleget offt grossen Krieg zu verursachen. Verrätherey ist ein schändlich Laster / und stürtzet doch viele selbst ins Verderben. Weiber Bitte soll man in rechtmäßigen Sachen annehmen.

58. Was die Amazones für Weiber gewesen
58. Was die Amazones für Weiber gewesen.

In Asia, gegen der Sonnen Aufgang / ist gelegen ein Land / mit Nahmen Amazonia, oder der Amazonen Landschafft / welche Gegend allein Weibs-Personen /und keine Männer bewohnet und innen gehabt. Dieser Amazonen fürnehmste Ubung und Wesen ist gewesen / sich in Kriegs-Sachen zu üben / Wehr und Waffen recht zu gebrauchen. Auf daß sie aber die Schilde und Waffen desto bequemlicher tragen / und desto fleißiger kämpffen und streiten könten / haben sie alle in der Jugend sich lassen die eine Brust abschneiden /daher sie den Nahmen bekommen. Amazones, das ist / ohne Brust. Nun war auch nicht [270] ferne von der Landschafft Amazonia eine Insul / sehr fruchtbar / darinnen keine Weiber / sondern nur eitel Männer wohneten. Die Amazones aber hatten den Gebrauch / daß sie alle Jahr gegen den Sommer hinüber schiffeten nach der Insul / darinnen die Männer waren / welchen sie eine Zeitlang beywohneten / und nach verrichteter ehelicher Gemeinschafft wiederum nach ihrem Lande verreiseten / welche nun schwanger worden / und hernach Kinder zeugeten / dieselben erzogen ihre Kinder biß ins dritte Jahr / darnach / wanns Knäblein waren /schickten sie dieselben in erwehnte Insul zu ihren Vätern und Männern: Die Mägdlein aber behielten sie alle bey sich / biß sie zu ihren Jahren kamen / da sie dann / wie gesagt / ihnen die eine Brust abschnitten /sie in Kriegs-Sachen unterwiesen / und endlich zum Kriege gebrauchten. Durch diese tägliche Ubung seynd die Amazones solche tapffere Kriegerinnen worden / daß auch ihr Lob in der gantzen Welt bekannt ist. Da Troja belägert / hatten die Amazones eine Königin gehabt / mit Nahmen Pentesilea, (dann sie immer aus ihrem Mittel eine Herrscherin oder Königin erwehlet / die die andern regierete.) Diese Pentesilea hat den Trojanern zu geführet tausend Jungfrauen / alle wohlerfahrne und geübete Soldaten / und ist mit diesem ihrem Heer den Trojanern zu Hülffe kommen / hat auch den Griechen / die die Stadt belägert / dermassen Schaden gethan / daß sie derselben etliche tausend nieder gemacht / und aus dem Wege geräumet. Doch ist endlich Pentesilea auch in solchem Trojanischen Kriege umkommen / und alsbald nach ihrem Tode die Stadt Troja erobert und geschleifft worden.


Frauens-Bilder / wann sie zur Tapfferkeit und Tugend angewiesen werden / thun es offt den Männern zuvor: Darum muß man sie nicht gar verachten.

59. Exempel glaubwürdiger - wie dann auch falscher Leute
[271] 59. Exempel glaubwürdiger / wie dann auch falscher Leute.

Als Käyser Augustus wegen des Antonii und seiner Liebhaberin Cleopatræ triumphirte / ist ein Egyptischer Priester gefangen in die Stadt Rom bracht worden / von dem man gesagt / er hätte nicht mehr / dann nur einmal sein Lebenlang falsch oder unwahr geredet. Das gute Gerüchte hat den Rath bewogen / daß er beschlossen / denselben nicht allein loß zu lassen /sondern auch zu höhern Pristerlichen Würden zu erheben / ja ihm endlich auch zu Ehren eine Seule aufrichten zu lassen; Im Gegentheil schreibet Spartiatus, daß zur Zeit des Käysers Claudii ein Römer mit Nahmen Pamphilius gestorben / von welchem man starck gesaget / daß er sein Lebetag kein wahr Wort geredet / derhalben der Käyser befohlen / man solte desselben Pamphilii Leichnam nicht begraben / sein Gut aber in den gemeinen Kasten legen / sein Hauß herunter reissen / sein Weib und Kind aus der Stadt vertreiben /daß also dieses bösen Menschen nicht mehr gedacht würde. Hieraus ist zu ersehen / daß ob wohl zu der Zeit die Römer und Egyptier nicht wohl stunden / sie dennoch die Warheit gelobet / geliebet und begabet /die Lügen gescholten / gehasset und gestraffet. Was mehr ist / haben sie ihren Feinde zum Gedächtniß eine Seule lassen aufrichten / hingegen nicht vergönnen wollen / daß ihr eigener Mitbürger zur Erden bestätiget wurde. Diesen jetzt erzehlten können wir denHannibalem vergleichen / und den Cnejum Pompejum. Obwohl der Hannibal ein tapfferer und trefflicher Held gewesen / so ist er doch dabeneben lügenhafftig und [272] untreu gewesen. Dann es bezeuget Levinus von ihm / daß er niemals gehalten habe / was er zugesaget; Im Gegntheil ist der Cnejus Pompejus ein Spiegel der Wahrheit und Treue gewesen / der hat auf eine Zeit seine zween grossen Feinde / den Octavium und Marcum Antonium auf sein Schiff in der See zu Gaste geladen / da ist der Menodorus, des Pompeji Oberster / zu dem Pompejo gegangen / und hat ihn gefraget / ob er zu frieden / so wolte er die beyden Schiffe / darinnen die Feinde wären / ins Wasser sincken lassen. Aber der redliche Pompejus hat Menodoro geantwortet / wann ich wäre / der du bist / so hätte ich solches fürlängst gethan / wann du aber Pompejus wärest / und so / wie er / Treu und Warheit liebtest /so wäre dir diß auch nicht einmal in den Sinn kommen.


Warlich diß sind herrliche Wort und Thaten / die einem solchen Könige / ja allen Fürsten und Potentaten wohl anstehen und gebühren.

60. Ubung der Gedult
60. Ubung der Gedult.

Die Bürger der Stadt Lacedæmon haben ihre Knaben von Kindheit auf mit Stecken und Ruthen pflegen zu schlagen / ob sie schon nichts verwircket / auf daß sie bey Zeiten lerneten starck / behertzt und gedultig zu seyn in Widerwärtigkeit. Der weise Socrates hat pflegen von einer Morgenröthe biß zu der andern Tag und Nacht gantz unbeweglich still zu stehen / die Füsse ungereget / mit unwandelbarem Gesichte / zu dem Ende / daß er durch Gedult lernete des Glückes Wanckelmüthigkeit tragen.

Die Gymnosophisten bey den Indianern haben nicht allein im Brauch gehabt / wie Socrates, von einem Anfang der Sonnen biß zum andern still zu stehen / [273] sondern auch auf einem Fusse in dem heissesten Sande zur Sommers-Zeit / und mit offenen Augen recht in die helle Sonne zu sehen / damit sie ihre Leiber zur Arbeit gewöhneten / und zugleich ihr Gemüthe in Betrachtung hoher Dinge übeten.

Die Gewohnheit ist die andere Natur: Darum muß man wol zusehen / was einer für eine Gewohnheit annimmt /dann das hänget ihm fest an.

61. Ulyssis Gespräch mit der Auster
61. Ulyssis Gespräch mit der Auster.

Nachdem des Ulyssis Gesellen (davon in vorigen Satzungen Meldung geschehen) von der Circe in unvernünfftige Thiere verwandelt / und der Ulysses mit derCirce gute Freundschafft gemacht / sind sie auf einmal sich zu erquicken / spatzieren gegangen / in den grünen Wiesen / Höltzungen / an der Seekanten und andern lustigen Orten. Wie sie nun mancherley Discurse gehalten / hat Ulysess die Circe gebeten / sie möchte ihm ehe er von ihr scheide / die Gnade erzeigen / und ihm behülfflich seyn / damit er von den unvernünfftigen Thieren / die seine Gesellen und Gefehrten vormahls gewesen / eine mündliche Antwort erlangen könte / ob sie auch wiederum in ihr Vaterland zu reisen begehrten. Solches hat Circe dem Ulyssi zu thun und zu vergönnen verheissen / daß nemlich ein jegliches Thier / das zuvor Mensch gewesen / so lange wiederum seine Sprache und Vernunfft erlangen und gebrauchen solte / biß sie auf Ulyssis Fragen geantwortet. Auf diese Zusage und der Circe Wort istUlysses fortgangen / und hat sich auf einen grünen luftigen Hügel / nicht ferne vom Meer nidergesetzt /umhersehende ist er alsbald ansichtig worden eine Auster / mit ihren Schaalen an der Klippen hangend /welche er zu sich geruffen / sie angeredet und gefraget / ob sie nicht [274] wolte wieder ein Mensch werden / und mit in Griechenland ziehen / dann er könte ihr solche Gabe wohl mittheilen / weil es ihm von der Circe vergönnet. Die Auster hat Ulyssis Anbringen angehöret /und alsbald darauf geantwortet.

O mein lieber Ulysses, deine Beredsamkeit und Weißheit gebrauchest du anjetzo gegen mir nur vergebens und umsonst / meinen glückseligen Stand / darinne ich jetzt lebe / gedencke ich mit nichten zu verändern.

U. Ey Lieber / was bist du zuvor für ein Mensch gewesen / sage mirs doch? Die Auster antwortete: Sie wäre aus Griechenland bürtig / und für diesem ein Fischer gewesen.

U.

Hältest du dann diesen deinen Stand höher / als das menschliche Wesen?

Aust. Ja freylich halte ich ihn höher. Da ich ein Mensch war / und mich von Fischen ernehren muste /habe ich weder Tag noch Nacht geschlaffen / im Schnee und Regen / Kälte und Frost / muste ich mein Leben zubringen / und zwar nicht auf dem Lande /wie der Menschen Gewohnheit ist / sondern auf dem kalten Wasser / in grosser Gefahr des Lebens. O wie habe ich mich so offt matt und müde gearbeitet / und dennoch kaum ein Stücklein Brods erworben. Wie offt habe ich mit ledigen Netzen müssen zu Hause gehen / mit hungerigem Magen und knurrenden Bauch / auch kaum so viel Zeit und Raum gehabt /daß ich mich hätte können schlaffen legen. Nun aber hab ich von Natur überflüßig alles / dessen ich benöthiget / darf nicht arbeiten; dann meine Speise /davon ich lebe / fällt vom Himmel: Und ich bin auch mit zwo Schalen umgeben / das ist mein Hauß und festes Schloß / darum ich keine Wohnung für Geld miethen darff / diß [275] schließ ich auf und zu / wann mirs beliebet. Ja diß ist auch mein natürlich Kleid und Harnisch / mit welchem ich von Natur versehen bin: Dagegen werdet ihr Menschen nacket und bloß auf diese Welt gebohren / könnet weder gehen noch stehen /verstehet auch nicht / was gut oder böse ist. Von diesen allen hat mich die Natur befreyet / und mich mit einem glückseligern Stande begabet. Darum / lieberUlysses, du magst hinziehen / wo du wilt / ich will hier bleiben / und mich wieder nach meiner Klippen verfügen. Damit hat die Auster den Ulyssem allein gelassen / welcher zum theil sich verwundert über diesen Discurs / zum theil auch zornig worden / daß er mit Schimpff bestanden war.

Ein gottloser / unruhiger / und um das Zeitliche und Vergängliche Tag und Nacht sich bekümmerender Mensch ist ärger / denn ein unvernünfftiges Thier.

62. Ulyssis Gespräch mit dem Maulwurff
62. Ulyssis Gespräch mit dem Maulwurff.

Als Ulysses ein wenig fortgangen / hat er gesehen /ein kleines Hügelein aufgeworffener Erde vom Maulwurff / darinnen er auch gedachte / es würde einer von seinen Gesellen verborgen seyn / hat derwegen mit lauter Stimm dem Maulwurff geruffen und mit ihm zu reden angefangen.

Ulyss. Mein liebes Thier / mich deucht / du bist auch einer meiner Gefehrten und zuvor ein Mensch gewesen. Nun weil es in meiner Gewalt stehet / dich mit menschlicher Natur wieder zu begaben / so frage ich dich / ob du gesinnet / wieder nach deinem Vaterlande mit mir zu verreisen?

Maulwurff. Mein lieber Ulysses, davon habe ich mein Tage keinen Gedancken gehabt / dann so thäte ich ja thöricht.

[276] U. Ist dann das Thorheit / einen glückseligen Stand annehmen?

M. Gar nicht / sondern mich deucht / das sey Thorheit / wann man das Böse dem Guten fürziehet / ich halte es dafür / daß mein Stand viel glückseliger und ruhiger sey / als der Menschen.

U. Was sind die Ursachen / darum du deinen Stand glückseliger schätzest / als den menschlichen?

M. Das will ich dir kürtzlich sagen: Da ich ein Mensch war / da war ich ein Ackermann.

U. Ich mag sagen / ich bin wohl gesprungen / und habe einen guten Wechsel gethan / vom Fischer zum Ackermann.

M. Ulysses, rede nicht schimpfflich / höre vielmehr zu / was ich dir fürhalten werde / vielleicht wird dich auch gereuen / daß du nicht von der Circe in ein unvernünfftiges Thier seyst verwandelt.

U. Nun sage her / mich verlanget solches zu hören.

M. Du bekennest selber / Ulysses, daß die Erde mir / wie auch den andern Thieren die Speise gebe / und für uns zusähe / ob gleich der Acker für uns nicht gesäet wird. Dann wann ich essen will / so finde ich meinen Tisch bereit / in meinem verborgenen Pallast der Erden / da mich niemand verstöret / da die Würme mir besser schmecken / als euch die gebratenen Kapaunen. Ihr Menschen / wann ihr euch wolt von der Erde ernähren / so müst ihr durchs gantze Jahr das Erdreich bauen / und pflügen mit grossem Fleiß und Arbeit / welches ich erfahren habe / da ich ein Mensch gewesen.

U. O mein lieber Maulwurff / Acker pflügen /Bäume pflantzen / Wein schneiden / das ist nur eine Lust.

[277] M. Ja eitel Mühe und Arbeit / voller Beschwerlichkeit. O wie offt habe ich mich gefürchtet für dem Regen und Ungewitter! Wie offt habe ich nur Stroh für Korn bekommen? Jetzt bedarff ich solches nicht mehr / habe weder Pflug noch Ochsen / noch was mehr darzu gehörig / vonnöthen. Darff auch dem Gesinde kein Essen noch Trincken geben / oder selbiges um groß Geld zur Arbeit miethen. Jetzund kan ich mit meinen blossen Händen die Erde umpflügen ohne einige Arbeit / und lustige Schlösser darein bauen.

U. Aber / lieber Maulwurff / weist du nicht / daß du des allerherrlichsten Zierraths beraubet bist / nemlich des Gesichts / bist derohalben nicht vollkommen; Dann du wandelst im finstern / kanst auch der Welt Schönheit nicht sehen.

M. O deßhalben bin ich nicht unvollkommen / ich achte das Gesichte nicht: Dann ausgenommen das hab ich alles / was mir von Natur nützlich / was bedarff ich der Augen in der dicken finstern Erde / darinnen ich wohne? die Würme / die ich esse / kommen von sich selber zu mir / ich kan sie auch im finstern finden.

U. Aber sage mir / Maulwurff / woltest du dannoch nicht gerne sehen?

M. Warum das? Solches ist meiner Natur nicht gemäß / es ist genug / daß ich in den andern allen vollkommen bin / ausgenommen das Gesichte. Sage mir wieder Ulysses, woltest du wol begehren der Sonnen-Klarheit / oder die Flügel der Vögel?

U. Dessen bedarff ich nicht: Dann die Menschen haben von Natur keine Flügel / wann sie aber Flügel hätten / so begehrte ich solche auch.

M. Du redest recht: Wann andere Maulwürffe[278] sehen könten / so wolte ich es auch wünschen. Nun aber seynd wir vollkommen ohne das Gesichte / ebener massen als ihr Menschen vollkommen seyd ohne Flügel / ob ihr schon nicht fliegen könnet wie der Adler / habt auch nicht des Pfauen Federn. Auf diese Art seynd wir Maulwürffe vollkommen / ohne das Gesicht / das uns so viel nützet / als euch der Pfauen-Schwantz / begehrens auch nicht. Darum / lieberUlysses, bemühe dich nur nicht / daß du mich wieder zum menschlichen Stande bringest / dann ich bin vollkommen. Und weil ich keine vernünfftige Gedancken habe / so bekümmere ich mich auch nicht auf der Welt zu leben / darum gehe nur hin und thue / was du zu thun hast / ich will wieder in die Erde kriechen.

Wie es die Natur schicket und richtet / also soll man auch zufrieden seyn: Was derselben zuwider läufft / soll man nicht wünschen.

63. Ulysses Gepräch mit der Hindin
63. Ulysses Gepräch mit der Hindin.

Als Ulysses sahe / daß er von dem blinden Maulwurff verachtet ward / hat er sich nach dem Walde begeben / der nicht ferne von dannen war / sein Gemüthe zu ergetzen / und die Melancholey zu vertreiben. Hoffend unterdessen seine Beredsamkeit und Weißheit besser anzulegen: Er war kaum in selbigen Wald kommen /siehe da läufft ihm entgegen eine Hindin / welche er alsbald zu sich geruffen / die Hindin hat auf sein Begehren ihren Lauff unterlassen / ist zu ihm gangen /und hat ihn mit aufgereckten Haupt angeschauet /welche Ulysses auf folgende Art angeredet:

U. O du liebes Thier / ich vernehme / du seyst auch eins aus der Zahl derer / so mit mir hieher kommen /und von der Circe in unvernünfftige Thiere verwandelt [279] worden / angesehen du verstehen kanst / was ich sage. So bin ich nun allhier / daß ich dich mit deiner vorigen Vernunfft wieder begabe / wofern du es nur selber wilst und begehrest. Darum sage mir mit einem Wort / ob du wieder ein Mensch zu werden begehrest oder nicht.

H. Keinerley Weise.

U. Ich vermercke wohl / du bist von der Circe nicht allein deiner äusserlichen Gestalt / sondern auch deiner Vernunfft und Sinne beraubet. O du thörichtes Thier / was hastu für Ursachen / solche grosse Wohlthaten / die dir angeboten werden / zu verachten?

H. Ich hab / O Ulysses, viel Ursachen / welche ich dir wol könte erzehlen / wann ich als eine Weibs-Person mich unterstehen dürffte / mit dir / als einem so verschmitzten Mann / in Wortwechselung mich einzulassen.

Ulyss. Die Weiber sind doch alle beredsam / darum sage mir frey heraus / was du wilt / ich will gerne zuhören.

H. Lieber Ulysses, wann ich gantz keine andere Ursache hätte menschliche Gestalt zu fliehen / so wäre diß ja genug / daß ich solte eine Weibs-Person werden. Wann ich ein Weib nenne / so nenne ich und begreiffe / gleich in einem Auszuge / tausenderley Unglück / Jammer und Elend / dem die Frauen unterworffen seynd / die Zeit würde mir entbrechen / alles zu erzehlen / derowegen will ich nur kürtzlich sagen /und mit wenigem berühren: Ist es nicht Unglücks genug / daß die Weiber von den Männern so verachtet seyn / daß sie auch genennet werden Mißgeburten /und unvollkommene Menschen / die nicht geboren werden / als nur wann die Natur von ihrem vorgesetzten Ziel abgewichen / und [280] dasselbe nicht erreichen mag? Ist das nicht Elends genug / daß die Weiber vor Dienst-Mägde von den Männern gehalten werden? Ja sie müssen diese ihre Dienste noch mit Geld kauffen. Dann wann sie kein Geld oder Braut-Schatz haben /so werden sie entweder nicht gefreyet von den Männern / oder doch gar verachtet und gering gehalten. Suche nun / Ulysses, ob du unter allen Geschlechten der Thiere eins findest / darinnen der Mann sein Weiblein so übel / schlecht und verächtlich halte. Daß ich anderer geschweige und nur von mir allein rede: Ich werde vom Hirsch nicht für eine Mißgeburt / sondern für ein vollkommen Thier gehalten / nicht für eine Magd / sondern für eine liebe Frau / ich habe keinen andern Braut-Schatz / als die Liebe. Gehet der Hirsch wohin / so folge ich ihm nach / kommt er wieder / so komm ich auch: Zanck / Zwietracht / Armuth / damit ihr Menschen geplaget werdet / empfinden wir nimmermehr. Ich weiß auch von keiner Hauß-Sorge /meine Speiß-Kammer finde ich allenthalben / wann die Wälder mit grünen Zweigen / Blättern / Graß /und wohlriechenden Blumen erfüllet und bedeckt seyn. Mit kurtzem / ich habe Speise die Fülle ohne Geld / und meinen Tisch allezeit gedecket. Laß uns ferner gehen; Wann ich daran gedencke / wie die Frauen ihre Kinder zeugen in eurem menschlichen Geschlecht / so zittere und bebe ich / O welch eine Arbeit / welche Schmertzen / Schwachheit des Leibes / Bangigkeit des Hertzens / ja offt Todes-Gefahr fällt den Weibs-Personen für! Ihr Männer müsts selber bekennen / wann ihr wünschet lieber zehenmal vorn an der Spitze einer Schlacht zu stehen / als einmal gebären. Ich zeuge meine Jungen ohne Schmertzen / [281] ohne Mühe / ohne Kranckheit / mit Lust und Ergetzlichkeit / ja mit Spielen. Nach der Geburt springe ich / und gehe wo ich will. Wie viel Mühe haben eure Weiber in Auferziehung der Kinder / ehe sie zu ihren Jahren kommen. Sie haben manche schlaflose Nacht / und müssen viel Tage und Stunden in grosser Mühe und Arbeit zubringen. Ich dancke den Göttern / und will auch mein Lebenlang dancken der edlen Circe, die mich von diesem allen befreyet / und in einen so glückseligen Stand gesetzt / den ich auch zu verändern gantz und gar nicht willens bin.

Ein Weib ist ein mühsam / elend / waschhafftiges und verachtetes Ding.

64. Ulyssis Gespräch mit der Nachtigal
64. Ulyssis Gespräch mit der Nachtigal.

Also bekam Ulysses eine unverhoffte Antwort von der Hindin. Ist darauf tieffer in den Wald spatzieret / und hat allda der Vögel anmuthiges und liebliches Singen mit Lust angehöret. Unter allen Vögeln aber ist von ihr selber zu ihm geflogen kommen eine Nachtigal: Daher Ulysses gemercket / daß sie auch von seinen Gesellen wäre / hat darum eben also mit ihr geredet /wie er zuvor mit der Hindin und andern Thieren gethan: Die Nachtigal war bereit und fertig zu antworten / wünschte ihm Glück zu seiner Reise / sagende: Ihr gelüste nicht menschliche Gestalt wieder anzunehmen / viel weniger mit ihm zu reisen / ob sie wol zuvor sein Diener und Musicant gewesen.

U. Meine liebe Nachtigal / was ist dir doch für Ubels begegnet und widerfahren / daß du mich verlässest / und lieber begehrest ein krafftloß unvernünfftiges [282] Vögelein zu seyn / als ein Mensch der ein Herr ist aller Thiere?

N. Ich habe zwar der Sänger- und Musicanten-Orden noch nicht verlassen / sondern bin jetzt eben so wohl ein Musicant / als da ich ein Mensch war / aber mein jetziger Stand ist so glückselig / daß ich durchaus nicht begehre oder wünsche ein Mensch zu seyn. So du die Ursache wissen wilt / will ich dir die nicht verhelen. Wann du und deine Mitgesellen euch wohltractirt / und vollgesoffen / muste ich hinter dem Tische stehen / aufwarten / und vom Morgen biß zum Abend / und vom Abend biß wieder zum Morgen singen / und ihr achtet mich gantz geringe. Eure Thaten rühmet ihr hoch / redet von Huren und Vollsauffen /von Rauben / Plündern und Morden. Kam irgendwo ein grober Tölpel oder Schäfer-Knecht mit seiner Sack-Pfeiffen / der ward vorangezogen / in Ehren gehalten / mit Verehrungen und gutem Trinckgeld begabet /ich aber muste alsdann innen halten / und hintenanstehen; O wie bin ich so offt hungerig und durstig / mit leerem Beutel nach Hause gangen! Jetzund habe ich besser Glück. Nun singe ich nicht gezwungen / sondern aus freyem Willen / nach meinem Wohlgefallen /ohne einige Sorge / vom Abend biß an den Morgen /den gantzen Tag durch / Menschen und Vieh hören mir gern und fleißig zu / und haben meinen Gesang lieb / werth und wohl in acht. Niemand mißgönnet mir diese Ruhe / jederman giebt mir den Ruhm und Preiß für allen Vögeln. Warlich die Berge und Hügel / die Höltzungen und Bäume / ja auch die Echo selber / wissen mir Danck und loben mich / Spinnen / Fliegen / und andere Würme kommen ungeheissen zu mir geflogen / und kriechen mir für den [283] Mund / zu Unterhaltung meines Lebens / seynd mir auch gesünder /als euch viel Gesottens und Gebratenes.

U. Liebe Nachtigal / rühme nicht zu sehr / gedenckest du nicht / daß die Raub-Vögel dir alle Stunden nachstellen / und offt dich bey dem Halse zu sich in die Höhe ziehen von der Erden / und einen guten Bissen aus dir machen.

N. Ho! für denselben kan ich mich wol hüten /dann ich singe nicht / wann die Bäume noch dürre /und die Zweige mit keinen Blättern bekleidet seyn (dann alsdann könte mich der Habicht bald hinrücken /) sondern mein Aufenthalt ist den Höltzungen / die blühen und grünen / da alles mit Blättern bedecket ist / darinnen verberge ich mich. Des Winters fliege ich an andere Oerter: Aber lieber Ulysses, für deiner und deiner Mitgesellen Hände könte ich nimmer sicher seyn. Wie offt hast du mich abgeprügelt? und mich /so zu sagen / mit Schlägen und Backenstreichen gesättiget / wann ich gnug mit meiner Stimme und Music aufgewartet? GOtt wende es ja ab / daß ich nicht gezwungen werde / mich mehr unter solche Gesellschafft zu begeben / ich wolte lieber sterben / als ein solches Leben führen. Diß gesagt / ist die Nachtigal davon geflogen / und hat ihren lieblichen Gesang angefangen / daß der gantze Wald erklungen.

Zu Hofe giebt es zwar harte und schwere Dienste /aber wenig Lohn. Die Nachtigal ist ein Ausbund aller Vögel.

65. Ulyssis Gespräch mit der Schlangen
65. Ulyssis Gespräch mit der Schlangen.

Dieser der Nachtigal Discurs hat dem Ulyssi nicht wohlgefallen / dann er dadurch ziemlich [284] hart und scharff angegriffen war: Derhalben er sich nicht lange bedacht / sondern fortgegangen; Wie er etwa zwey oder drey Schritt gethan / ist ihm vor den Füssen eine Schlange gekrochen / die ihn schier mit ihrem Stachel verwundet. Er hat aber alsbald gedacht / die Schlange würde auch eine seiner Mitgesellen seyn. Darum also mit ihr angefangen zu reden: O du unglückseligstes Thier / mich jammert deiner / weil ich sehe / daß du unter allen Thieren das verachteste bist wegen deines Vergiffts / und weil du auf dem Bauche kriechen must. So es dir nun beliebet / will ich dir behülfflich seyn / und aus dir das alleredelste Thier machen / das unter der Sonnen lebet / darum bitte ich dich / du wollest sagen: Ob du nicht lieber wollest ein Mensch seyn / als ein so greulicher Wurm?

S. Nein / warlich Ulysses, und so veracht ich auch von dir mag angesehen seyn / so viel weniger gedencke ich doch mit dir zu tauschen / ob ich wol zuvor dein Artzt gewesen / dir deine Wunden verbunden /und dir in allen Kranckheiten aufgewartet. O zu solchen Dingen habe ich jetzt gantz keine Lust.

U. Ey welche eine thörichte Rede! Ists nicht eine grosse Wollust / die Eigenschafften der natürlichen Dinge zu erkennen? der alten Weisen Bücher zu lesen? Das Gemüth mit Wissenschafft zu zieren und belustigen? Aller Kräuter / Metallen und Thieren Eigenschafft und Kräffte zu erkennen und zu wissen /und wohl gebrauchen können? Des Himmels und der Sternen Lauff verstehen? (mit welchen allen die Medici begabet:) Daher die Menschen dich gleich einen Gott halten und ehren / weil sie deiner nicht entbehren können. Ja man giebt dir / was du nur begehrest. Man [285] offenbahret dir alle Geheimnisse. Ist das nicht eine grosse Glückseligkeit?

S. Ja Ulysses, / wann dem allen so wäre / wie du redest: Wann ichs aber recht behertzige / so sinds nur blosse Worte. Ich will dir nichts verhelen / sondern frey heraus bekennen / wenn ich schon alle Bücher auswendig lernete / und die gantze Welt durchreisete /so könte ich dennoch so viel nicht lernen oder verstehen aus dem rechten Grunde / wie ein Wurm aus der Erden würde? wie die Läuse und Flöhe an den Menschen und unvernünfftigen Thieren wachsen oder gezeuget werden? Wie dieselbe leben / und dannoch keine Lebens-Gliedmassen haben? Ich weiß zwar die äusserliche Gestalt der natürlichen Dinge / und habe mich auch darinnen geübet / aber das inwendige habe ich nicht gewust. Es gieng mir wie dem Fuchs / der das Glaß von aussen zwar lecket / aber den Brey / so darinnen / nicht anrührte. Nun was sagest du von Büchern und Schrifften? Seynd nicht die allerbesten Medicamenta der Alten mehrentheils untüchtig: Ist auch ein einiges Kraut / daß das thun könte / was man von ihm schreibet und saget? Haben auch die Kräuter und Blumen die Macht / die ihnen wird zugeeignet? Schaden thun sie wol / aber wenig Vortheil. Wo wird ein Artzt gefunden / der mit seiner Weißheit es dahin bringen könte / wann auch dem gantzen Römischen Reich daran gelegen / daß er nur könte ein neues Härlein machen / da zuvor keines gewesen? Worte seynds nur / was man fürgiebt: In der That ists eitel falsch und nichtig. O wie viel sind Aertzte / die selber kranck seyn! Ja derer Weiber / Kinder / Söhne und Töchter / Schwester und Brüder zugleich sterben. Wie viel Könige sind von [286] den Läusen gefressen worden /und niemand hat ihnen helffen können? Wo ist doch wohl ein Artzt / der dem Hunde die Flöhe könte benehmen / also / daß sie ihm nicht wieder wüchsen? Wie wolten sie dann dem Leben und dem menschlichen Leibe helffen? oder gegen die unsichtbaren Feinde / als da sind Wassersucht / viertägliche Fieber /Schlag / etc. Ob schon der Artzt gantze Säcke voll Kräuter gebrauchet / sie seynd warm oder kalt / trocken oder feucht / wanns die Natur selbst nicht thäte /so würde er warlich mit Schimpff bestehen. Es ist nur eitel Tand und blosses Einbilden / welches der Men schen Hertze hat eingenommen. Der Artzt hält alle seine Sachen hoch / dann er hats nicht besser gelernet; Der Krancke und dessen Freunde glauben demselben /und haltens mit ihm / dann ers wohl kan mit Worten ausstreichen. Wann ohngefehr das Glück dem Patienten hilfft / das wird dem Artzt zugeschrieben / der wird unterdessen gelobet / da er doch nichts weniger gethan / als dem Krancken geholffen. Æsculapius und Podalirius seynd so erfahrne Medici gewesen / daß sie kaum ihres gleichen gehabt / dannoch haben sie nicht können so viel zu wege bringen / daß sie das sechzigste Jahr erreichet. Und ob sie schon tausend Jahr wären alt worden / hätten sie dannoch keine Kunst erfahren / durch welche sie ihr Leben hätten können dermassen stärcken / daß sie alle Kräffte /sehen / hören / vernehmen / gehen / ungeschwächt behalten / daß ihnen der Rücken nicht krumm worden /und der Tod sich nicht zu ihnen genahet. So offt ich auf solche Gedancken kam / mein Ulysses, ward mein Hertz und Gemüthe traurig. Jetzo bin ich von dem allen befreyet. Jetzo ist mir die gröste Ergetzlichkeit /daß ich auf Blumen und Kräutern gehe / und daraus den süssen Safft [287] ziehe / welcher in Blut und Gifft verwandelt / mir dienet wider meine Feinde. Zu Winterszeiten wohne ich in der Erden / und schlaffe sicher /biß an den gewünschten und frölichen Sommer / darnach werde ich wieder wacker / und wiederum gleich sam gantz neu gebohren / (wie der Pelias durch Hülffe der Medeæ,) nachdem ich meine alte Haut abgeworffen / und neue Krafft und Leben bekommen. Darum sage ich billich den Göttern Danck / und derCirce, daß sie mir hierzu behülfflich gewesen. Und so du klug bist / Ulysses, so siehe zu / daß du von derCirce eben dasselbe erlangest.

Eine Schlange ist ein verfluchtes Thier. Es ist ein edles Ding / aus dem Grunde etwas verstehen lernen. Das meiste in der Natur ist dem Menschen noch verborgen. Der Aertzte Thun und Wesen hat alles nur einen blossen Schein / in der Warheit hat es nicht Bestand.


Es wächst kein Kraut im Garten / Das widern Tod mag arten.

66. Ulyssis Gespräch mit der Sau
66. Ulyssis Gespräch mit der Sau.

Als Ulysses sahe / daß ihm die wilden Thiere nicht wolten gehorchen / und er bey denselben wenig schaffte / ist er wieder nach der Circe Pallast gegangen / da er dann fort in dem Vorhofe eine grosse fette schwartze Sau im Miste liegend gesehen / die er also angeredet: Dir traue ichs am allerwenigsten zu / daß du dich soltest wegern / und nicht grosse Begierde haben / aus deinem unflätigen Stande versetzet / und des menschlichen Standes wiederum theilhafftig zu werden / inmassen du verhoffentlich auch einer bist meiner Gefehrten. Die Sau schwieg etwas stille / fieng bey sich an zu gruntzen / als wann sie über diese Rede zürnete / und solches ihr übel gefiele. Doch nach langem Bedencken / antwortete sie auf diese Art:

S. Ulysses warum läst du mich nicht zu frieden?[288] Ich bin zwar vor diesem einer von deinen Dienern gewesen / nemlich ein Koch: Nun aber habe ich nichts mit dir zu schaffen. Bey dir war ich verachtet / und jedermans Leibeigen / konte nichts schaffen / das dir oder einigem gefiel. Jetzt liege ich allhie im Kothe sanfft und stille / habe gute Ruhe / diene niemand /und werde überflüßig mit Speiß und Tranck versehen. Ich esse / was mir geliebet / wie die Säue pflegen. Warlich ich könte in den Elisäischen Feldern nicht besser leben. Dieses hat die Sau geredet mit solchem Unmuth und Bewegung des Gemüths / daß Ulysses darüber lachend worden. Dennoch ist er fortgefahren in seiner Rede.

Ulysses. O du unflätige Sau / was hast du dann für Glückseligkeit? womit bist du dann so begabet? Du bleibest eine Sau vor wie nach: Hast keine Vernunfft noch Verstand: Liegst im Koth biß an die Ohren: Nicht lange darnach belustiget sich ein ander mit deinem Fleische / und frisset deinen Speck.

S. Was frag ich nach der Wissenschafft oder Weißheit? Welcher viel weiß / und mit grossem Verstand begabet ist / muß sich immer plagen / hat eitel Mühe und Arbeit / und wird in seinem Amt so wol von Freunden als Fremden immer geplaget. Ja ob schon andere ihn mit Frieden lassen / martert und quälet er sich mit Gedancken / indem er den Dingen weiter nachsinnet: Thut also seinem Gemüthe Schaden / dem Leibe weh / und verkürtzet ihm selber das Leben. Ich will mehr sagen / etliche meynen / sie haben schon alle Weißheit gefressen / verstehen doch das geringste nicht / was ihnen für den Füssen liegt. Der aller dieser Dinge unwissend ist / führet ein still und müßig Leben: Achtet [289] nicht / was dieser oder jener thue: Lebet für sich selbst / läst andere / da sie stehen /stecken / und gedencket bey sich / daß der Tod alles vergleiche / den Ungelehrten dem Gelehrten / den Weisen dem Narren / den Reichen dem Armen / den Grossen dem Kleinen: Du sagest auch viel / Ulysses, vom Gestanck. Warlich der ist mir gantz nicht beschwerlich / sondern was dir deucht wohlriechend /das stincket mich an. Es ist nur eitel Einbliden. Einer mag den stinckenden Käß / der ander nicht. Der Muscus und Ambra ergetzen diesen / jenen bringen sie darzu / daß er in Ohnmacht falle: Ey lieber / was hatte ich doch in deiner Küchen für Lieblichkeit? da ich biß an die Armen im Blut / in der Suppe / bey dem geschlachteten Viehe / unterm kothigten Eingeweide stund: Da ich kaum für Rauch konte leben; Da ich mehr tranck als ich vertragen / und mehr aß / als ich verdauen konte: Ja was ich gespeyet / fraß ich offt wieder / und wann ich voll und truncken war / lag ich offtmahls in meinem eigenen Koth und Unflath / wie mit Leim besudelt. Jetzund liege ich in der kalten Schwemme bey Sommers-Tagen / und ergetze mich /wann mir heiß ist / mit dem Geruch / welchen viel Weiber begehren und suchen / und gern vorlieb nehmen. Endlich / daß mein Speck verzehret werde /davon weiß ich nichts / wann ich todt bin. Besser ist es ja / und lieber höre ichs / daß mein Herr meiner geneust / als daß ihr Menschen von Schlangen und bösen Würmern gefressen und verzehret werdet. Die weisen Indianer wusten ihren Eltern kein besser Begräbniß zu thun / als daß sie sie auffrassen / und verhüteten / daß sie nicht verfauleten / noch die Würme in ihrem Blut wühleten. Damit ichs kurtz mache / ihr Menschen seyd mehrern [290] Unglück unterworffen als wir / derwegen laß mich zufrieden / dann ich habe deines Erinnerns nicht nöthig.

Eine Sau ist ein unflätiges Thier. Viel wissen und lernen macht nur viele Sorge / und gemeiniglich aufgeblasen: Säuffer und Fresser seynd ärger denn die Schweine.

67. Ulyssis Gespräch mit dem Hauß-Hahn
67. Ulyssis Gespräch mit dem Hauß-Hahn.

Nach diesem Gespräche / als Ulysses ins Hauß getreten / ist ihm begegnet ein grosser schöner Hauß-Hahn / den er also angeredet:

U. Wie stehet es um dich? Bistu auch einer meiner Gefehrten? Und wiltu wieder ein Mensch werden?

H. Der Hahn antwortet / Nein. Sprach ferner / er sey für diesem Ulyssis Schiffwächter gewesen / jetzund wolle er bleiben ein Hahn / Ulysses möchte fahren wohin er wolte: Hierauf fuhr der Ulysses fort.

U. Ich höre / sprach er / dieser ist auch so gesinnet /wie die andern Bestien / mit denen ich geredet. Sage deßwegen / was mangelte dir / da du mein Schiffmann warest?

H. Da muste ich Wache halten im Schiffe /wann ihr alle schlieffet / die gantze Nacht durch /wann Donner / Blitz / Regen / Hagel / Wind und alles Ungewitter auf mich zuschluge. Ließ ich die Hände loßgehen / so purtzelt ich hinunter in das ungestumme Meer / und hatte keinen andern Lohn für meinen Fleiß und Mühe / als einen nassen Leib / ja den gewissen Tod / den ich stündlich für Augen sahe: An Durst /Hunger und Kummer / an Unwillen und Schlägen mangelte es mir auch nicht. Nun lebe ich in Wollüsten / sitze im trocknen unterm Dach bey meinen Frauen / meine Speise wird mir immer zugeworffen /ja ich esse auch offt aus der Hand und Schooß der Jungfrauen / und werde [291] noch wohl der kluge Hahn geheissen / dann ich weiß / wann Sonnenschein / oder Regen und Wind kommen soll / und verstehe mich auf die Veränderung der Lufft und des Gewitters / und zeige es dem Haußgesinde durch mein Geschrey an.

U. Für diesen Dienst wird dir nichts anders zu Lohn / als daß man dich aus dem Wege räumet / dir den Halß absticht / ins warme Wasser tauchet / die Federn ausrauffet / zum Feuer verdammet und brütet /und letztich gar auffrisset.

H. Derhalben / lieber Ulysses, führe ich kein ärger Leben / als da ich bey dir war. Geschichts nicht offtmal / daß unter euch viel durch Schiffbruch ins Wasser gestürtzet und wohl genetzet werden / ja auch wol gar im Meer ersauffen? Gedenckest du nicht an deine eigene Worte / da du sprachest: Wann wir im Meer entruncken / ans Land ausgeworffen würden / so woltestu unsern Leib ehrlich verbrennen und zu Asche machen / wie du dem Ajaci gethan / der dannoch kein Hahn war. Ich möchte gerne wissen / ob es besser wäre / im kalten oder im warmen Wasser sterben? Obs besser wäre aufn Rost geleget / oder von Würmen gefressen? Nach diesen Worten hat der Hahn laut angefangen zu krähen / und den Ulyssem verlassen.


Das Schiff-Leben ist ein mühsam und schlafloses Leben. Es ist zwar nicht groß daran gelegen / wie man nach dem Tode begraben wird / doch stehet ein gutes Bergräbniß ehrlich.

68. Ulyssis Gespräch mit der Mauß
68. Ulyssis Gespräch mit der Mauß.

Ulysses ist mit traurigem Gemüthe weggegangen / hat den Hahn verlassen / und sich in seine Kammer zu Bette verfüget / da er dann ein kleines Mäußlein auf dem Tische spatzirend gefunden / das ihm auch entgegen [292] gelauffen / daraus Ulysses gemercket / daß es auch eines seiner Gefehrten wäre / hat derwegen die Mauß gefraget: Ob sie wieder wolte menschliche Gestalt annehmen? Die Mauß antwortete:

M. Ulysses, ich bin vor Zeiten dein Bote gewesen /und habe dir neue Zeitungen zugebracht / nun aber habe ich bey mir beschlossen / lieber eine Mauß zu bleiben / und die Brosamen / welche die Circe wol entbehren kan / vorlieb zu nehmen / als so viel Jahr auf dem Wasser mit dir herum zu wallen.

U. Liebes Mäußlein / ich bin deinethalben sehr betrübet / daß du so thöricht bist / bitte dich dennoch /du wollest anders Sinnes werden / und gedencken / in was vor Gefahr du jetzt schwebest. Dann nicht allein die Katzen deine Feinde seynd / die dir nachstellen Tag und Nacht / sondern es wird auch Gifft geleget /und die Falle aufgestellet / daß sie dich fangen und tödten / ja du wirst offtmals lebendig ins Wasser geworffen / und bist deines Lebens keinen Augenblick sicher.

M. O mein lieber Ulysses, einem jeden gefällt seine Weise / und mir gefällt jetzt die meine auch wohl / ich lebe nun viel besser / als da ich ein Mensch war; da ich Tag und Nacht zu lauffen pflag / unter Freunde und Feinde / ihre Anschläge und was sie fürhatten /zu erforschen / da ich dann immerdar den Tod für Augen gehabt; Spiese / Degen / Pfeile und Bogen laureten auf mich. Die Hunde / Bären und Löwen wolten mich zerreissen; Nun fürchte ich nur die einige Katze / der ich doch wol entlauffen und in ein Loch entkommen kan / und so eins nicht genug / hab ich derer mehr. Du sagest auch von der Mäußfall / O meinUlysses, eure Schiffe seynd viel ärger und gefährlicher als einige Fallen. Da wird [293] einem ein wenig Geld zugesagt / und wegen der Ehre / und nichts mehr / setzet man sich auf ein Schiff / das kaum vier Finger dick ist / und unterwirfft sich den gefährlichen Wellen und Winden / denen niemand entlauffen kan / wenn er schon so viel Hände und Füsse hätte / als der Briareus, oder so viel Augen als Argus. Was daneben das Gifft anlanget / dessen lebet kein Mensch auf der Erden sicher / ja den Menschen wird öffters mehr mit Giffte nachgestellet / als uns Thieren? Warlich / wenn ich zuvor kein Mensch gewesen / so hätte mir derCirce Gifft nimmermehr geschadet.

Boten müssen viel Ungewitter und Gefahr ausstehen. Auf dem Meer kan man übel entlauffen.

69. Vom Fürwitz
69. Vom Fürwitz.

Es meldet Plutarchus, daß ein Athenienser einem Egyptier auf der Gassen begegnet / der etwas unter dem Mantel verborgen getragen. Da aber der Athenienser den Egyptier gefraget / was er trüge? hat er geantwortet: Deßhalben trage ichs unter dem Mantel verborgen / daß weder du / noch jemand anders erfahre / was es sey. Bey den Cretensern war dieser Gebrauch / daß niemand einen Fremden fragen dorffte /von wannen er käme? wer er wäre? was er wolte? So aber einer darum fragete / ward derselbe mit Ruthen gestrichen / im Gegentheil / so der Gefragte ihm geantwortet / ward ihm Feuer und Wasser verboten. Die Ursache aber / warum die Alten diese Gesetze gegeben / ist / daß die Leute den Fürwitz mit allem Ernst möchten verhüten / und nicht fragten / wie andere Leute lebten / und unterdessen ihr eigen Leben [294] nicht in acht hätten. Plutarchus und der Plinius können den Marcum Portium nicht genug loben / darum / daß er niemals jemand gefraget / was zu Rom neues fürlieffe / oder was dieser oder jener zu Hause machte?


Was dich nicht angehet / da laß deinen Fürwitz / dann solchen Dünckel hat viele betrogen.

70. Etliche merckliche Dinge aus der Bibel
70. Etliche merckliche Dinge aus der Bibel.

In der heiligen Schrifft lesen wir / daß den Namen JEsus geführet und gehabt sechs Männer: Der Josua /ein Sohn Nun; Der Jesus ein Bethsemiter / 1. Sam. 6. Der JEsus ein Hoherpriester zu Jerusalem / Esra. 3. Hagg. 2. Zachar. 3. Der Jesus Sirach. Der JEsus oderJustus zu Rom / Coloss. 4. JEsus Christus der Sohn GOttes / und der Welt Heyland.

Was GOTT gethan habe vor Erschaffung der Welt / ist auch zu finden in der Bibel: Nemlich / erstlich hat er seinen Sohn gezeuget von Ewigkeit her / Psalm. 2. Mich. 5. Zum andern / hat er uns in Christo erwehlet für der Welt Anfang / Ephes. 1.

Christus hat sein theures Blut vergossen zu sieben unterschiedlichen malen. In der Beschneidung. Im Todes-Kampff im Garten. Wie er gegeisselt ward fürm Richter. Wie ihme die dorne Krone ward aufgesetzet. Wie ihme die Hände durchstochen wurden mit Nägeln / wie dann auch die Füsse. Und letztlich / wie ihm die Seite eröffnet mit einem Speer.

Nur einmal / so lange die Welt gestanden / hat die Sonne beschienen den Grund des rothen Meeres /nemlich / als die Kinder Israel trucknes Fusses dadurch giengen. [295] Item / den Grund des Jordans hat die Sonne nur dreymal beschienen / 1. zu Zeiten Josuä /2. zu Zeiten Eliä / 3. zu Zeiten Elisäi.

Ihre Nahmen haben bekommen / ehe und bevor sie seynd gebohren worden / folgende fünff Menschen. I. Ismael, Genes. 16. II. Isaac / Gen. 17. III. Cores oder Cyrus / Esai 44. IV. Johannes der Täuffer / Luc. 1. V. JEsus Christus / Matth. 1.

Diese folgende Menschen hat GOtt selber gelobet: I. Noah / Gen. 7. II. Den Abraham / Gen. 22. III. Den Mosen / Num. 12. IV. Den Jacob / am II. Cap. V. Den David / 2. Reg. 16. VI. Johannem den Täuffer /Matth. 11. VII. Den Simon Petrum / Matth. 16. VIII. Das Cananäische Weib / Matth. 15. IX. Den Hauptman / Matth. 8. X. Den Apostel Paulum / Act. 9.

In der Geburts-Linie des HErrn Christi werden nur vier Weibs-Pesonen gedacht / I. Die Thamar / die doch einen Ehebruch begangen mit dem Juda / Gen. 38. II. Die Rahab / die auch eine Hure gewesen / Jos. 2. III. Die Ruth / die eine Heydin gewesen / Ruth. 1. IV. Die Bathseba / die mit dem David einen Ehebruch begangen / 2. Sam. 11.

Des Jonä Reise / da er vom Wallfisch geführet ward / ist wol anzumercken / und zu verwundern. Er ward verschlucket bey Joppe / und wieder ausgespeyet am Ufer der Euxinischen See / wie Josephus meldet: So ist derhalben der Wallfisch mit dem Jona umgelauffen gantz klein Asiam, Constantinopel vorbey / durchs Ægeische Meer / und ist angelanget an die enge Strasse bey Constantinopel. Seynd bey 250. Teutsche Meilen / die er innerhalb 3. Tagen gelauffen / machet alle Stunde 4. Meil.

[296] Die Breite des rothen Meers / da die Kinder Israel durchgangen / ist ungefehr 15. Teutsche Meilwegs /nach Ptolomæi Rechnung: So haben sie derowegen diesen Weg in einem Tage nicht können abgehen und vollbringen.

Die Bibel ist ein Buch über alle Bücher / denn die lehret wie wir recht leben und selig sterben sollen.

71. Was man zu unserer Zeit für Dinge im Himmel erfunden
71. Was man zu unserer Zeit für Dinge im Himmel erfunden.

Der grosse Spottvogel / doch sehr gelehrte Mann /Lucianus, hat zwey Büchlein geschrieben von wahrhafftigen Lügen / darinnen er vermeldet / wie er durch die Lufft gesegelt / und endlich an den Mond und andere Sternen mit Schiffen angelanget / allda er viel Ebentheuers und Wunderdings gesehen / und zwar /daß die Sonne / Mond und andere Sternen / ebenmäßig von Menschen und Thieren bewohnet wären als die Erde; Insonderheit aber habe er im Monden gefunden Vögel / welche an statt der Federn Kohl-Blätter hätten; Flöhe grösser als 12. Elephanten / Spinnen /deren eine dicker / als die Cycladischen Insuln / welche ein Geweb gesponnen / zwischen dem Mond und dem Morgenstern / darauf ein Kriegsheer von viel hundert 1000. gemustert und Schlacht gehalten. Berichtet auch / daß die Einwohner des Mondes nicht von Frauen / sondern von Männern / hinten aus den Beinen gebohren würden. Daß die Leute allda haben offene Bäuche / inwendig mit Haar bewachsen / die sie auf- und zuschnüren / wie die Beutel / hinein legen und heraus ziehen / was ihnen gelüstet: Haben Augen / die sie können ausnehmen / in die Tasche stecken /[297] und wiederum einsetzen: Ohren aus Holtz gemacht. Daß allda sey ein tieffer Brunn / über welchem stehe ein Spiegel / darinnen man alles sehen (ja auch hören) kan / was hierunten auf der Erden geschiehet. Daß man allda keine andere Kleider gebrauche / als von Glaß gemacht. Solche und dergleichen Wunderdinge hat Lucianus erdichtet / Kurzweil halber / und im Eingang der Historien frey heraus gesagt: Er wolte nichts anders schreiben / als warhafftige Lügen /denen niemand solte Glauben geben. Diß Mährlein stelle sich an seinen Ort. Heute zu Tage / und vor wenig Jahren / hat man durch Mittel des neuerdachten Instruments / im Himmel erfunden und observiret solche neue und seltzame Wunderdinge / davon die Alten nichts gewust / welche / so sie Lucianus solte erzehlen hören / Zweiffels ohne seinen warhafftigen Lügen gleich halten würde. Dennoch sinds keine erdichtete Fratzen / sondern warhafftige und unfehlbare Dinge. Es seynd noch nicht viel Jahre / daß die Italiäner erdacht und erfunden ein kunstreiches Instrument /Tubus Opticus genannt / dadurch zwar die Gestalt /Farben und dergleichen natürliche Qualitäten eines Dinges / wie sie an sich selber seyn / gesehen werden / aber die Grösse und die Nähe / etliche zwantzig ja hundertmal vermehret und vergrössert wird: Also daß ein Ding scheinet nahe bey den Füssen zu seyn / daß viel Meilweges abgelegen / und welches so groß wie ein Apffel / einem grösser fürkömmt als ein Backofen. Durch dergleichen Instrument hat man zu unserer Zeit erfahren / und klärlich gesehen: Erstlich / daß die Ungleichheit des Lichts im Mond / oder die Flecken (davon die Alten viel Disputirens gemacht / was es doch wäre) nichts [298] anders seynd als Berge und Thale / erhobene Spitzen und tieffe Abgründe / oder /wie Kepler schreibet / Wasser und Land. Was erhoben ausstehet / scheinet hell und licht: Was niedrig und gleichsam im Thale lieget / scheinet etwas dunckeler: Gleichermassen wie allhie auf der Erden / die Spitzen der Berge hell und klar herfür leuchten / die Thäler aber finster seynd. Mit kurtzen / der Mond ist zwar rund / aber mit Bergen und Thälern / mit Wasser und Land nicht weniger unterschieden / als der Erdenkreiß.

Ferner hat man befunden / daß die Venus, welche ist der Morgen- und Abend-Stern / in ihrem Schein eben so ab- und zunimmet / wie der Mond / bißweilen voll / bißweilen halb / so höckericht / so hörnicht / so gantz unsichtbar ist.

Darbeneben hat man auch observiret unterschiedliche neue Planeten / welche um den Jovis-Stern / als Trabanten / herlauffen / hat man sie genennet Sidera Medicea, zu Ehren der Italiänischen Fürsten dieses Geschlechts und Rahmens. Summa / es seyn nun nicht mehr sieben Planeten / sondern eilff an der Zahl /diese vier neue mitgerechnet.

An der Sonnen seynd gemercket und gespüret / (ob wol durch andere Mittel und Wege) zwey Wunder-Dinge. Erstlich / daß sie nicht Kugelrund / wie sie scheinet / sondern länglicht / gestalt wie ein Ey / welche Figur genennet wird Ellipsis, und von den Mahlern Oval. Zum andern / daß die Sonne nicht rein und klar / sondern mit vielen unterschiedlichen Flecken hin und wieder besprenget.

Endlich ist auch augenscheinlich befunden / daß die Jacobs- oder Milchstrassen am Himmel / (ist ein[299] weisser breiter Streich / quer über den Himmel sich erstreckend / nicht sey irgendwo eine Wolcke im höchsten Theile der Lufft / wie die Alten geträumet /sondern eine unzehliche Menge kleiner Fixsternen /welche einen solchen dunckeln und vermischten Milchschein von sich geben. Zweiffels ohne wie GOtt der HErr dem Abraham befahl / er solte gen Himmel sehen / und schauen ob er die Sternen zehlen könte /hat er ihm die Augen geöffnet / daß er die unaussprechliche Anzahl Sternen eigentlich sehen können. Sonsten ist den Astronomis nicht neu / die andern gewöhnlichen Sternen nicht allein zu zehlen / sonder sie lehren auch / daß ihrer nicht mehr gefunden werden /als etwa 1022. ohne diejenigen / welche man neulich um den Südpol gespüret und observiret.


Man siehet grosse Wunderdinge an dem Himmel / ein Tag sagts den andern / und eine Nacht thut es kund der andern.

72. Des grossen Alexanders - und Käysers Heraclii Thaten
72. Des grossen Alexanders / und Käysers Heraclii Thaten.

Als des Griechischen Reichs fürnehmster PotentatAlexander Magnus, die herrliche Stadt Tyrus inPhœnicia belagert / hat ihm einstmals / als er des Tages geschlaffen / geträumet / wie ein Wald-TeuffelSatyrus für ihm herspringe / welchen er lange nicht /doch endlich hat ergreiffen mögen. Diesen Traum haben die Wahrsager / die diesen Sachen gründlich nachgedacht / also erkläret und ausgeleget / daß man das Wörtlein Satyrus theilen müste / so würde darausΣὰ Τὐρσ die Stadt Tyrus ist dein / du wirst sie bald erobern / welches dann auch also geschehen. Dann eben desselben Tages (war der letzte Tag des Monats) opferte der weise Aristander den Göttern / [300] und befand aus dem Eigenweide / daß ehe und bevor der Monat sich endete / solte Alexander Tyrum eingenommen und erobert haben. Aristander zwar ward von jederman verlachet / weil es schon der letzte Tag des Monats war; Aber Alexander ließ ausruffen im gantzen Lager / daß niemand denselben Tag solte für den letzten des Monats / sondern für den 27. halten und zehlen: Fiel die Stadt Tyrum an / und eroberte sie auch desselben Tages / machte also wahr / beyde der Traumdeuter Auslegung / und auch des Aristandri Weissagung.

Der Käyser Heraclius Constans, da er wolte den Persern Schlacht lieffern / hat ihm in der fürgehenden Nacht auch ein Traum gedeucht / als wäre er in der Stadt Thessalonica. Diesen Traum hat ein gelehrter Mann fleißig erwogen / und in Betrachtung des Wörtleins Thessalonica, dem Käyser eine solche Deutung angemeldet ϑες ὰλλω νικην, gib einem andern den Sieg. Diese Erklärung hat auch wohl eingetroffen /sintemal der Käyser in vorstehender Schlacht dermassen überwunden / daß er kaum mit dem Leben entrinnen mögen.

Die Worte seynd nur Zeichen der Dinge / und vermögen nichts / dennoch sind sie wol in acht zu nehmen.

73. Sechs Theile des Erdkreises
73. Sechs Theile des Erdkreises.

Der Erdenkreiß / welcher gleich ist einer Kugel / vom Wasser und Land zusammen gesetzet / kan gemächlich abgetheilet werden in sechs Theile / davon ich kürtzlich etwas erzehlen will:

1. Das erste Theil begreifft in sich die kalten Länder / nach Norden oder Mitternacht zu / als da seynd Grönland / Neu-Zembla / Yßland und dergleichen /von welcher [301] wunderlichen Art und Eigenschafft wir für diesem gehandelt haben.

2. Das andere Theil der Erden ist Europa / unter den folgenden zwar das kleineste / aber allen andern weit bevorgehend. 1. Wegen der Menge und Trefflichkeit der Städte / so darinnen gelegen. 2. Wegen Ubung der Künste / Erudition und Weißheit der Einwohner. 3. Wegen der Christlichen Religion / so darinnen floriret. In Europa liegen folgende Länder: Spanien / Franckreich / Welschland / Griechenland /Teutschland / Pohlen / Dännemarck / Schweden / Engeland / Schottland / und andere mehr.

3. Das dritte Theil ist Asia / liegt von Europa ab /gegen dem Morgen oder Osten. Ist fast so groß als Europa und Africa zusammen. Diß ist das Land / darinnen im Anfange das Paradieß gewesen / und Adam erschaffen worden. Darinnen das gelobte Land Canaan / darinnen die Altväter gelebt / Noah / Abraham / Isaac / etc. Allhier ist auch Arabien / darinnen der Berg Sinai / auf welchem GOtt der HErr die zehen Gebot gegeben. Item das Jüdische Land / Galiläa /und die grossen Städte / Babylon / Ninive / und andere / derer in der Bibel gedacht wird. In Asia gehöret auch Ost-Indien / Tartarien / und das berühmte Land China / das äusserste nach Osten / welches von den Benachbarten abgesondert ist / theils mit vielen hohen Bergen / theils mit einer steinern Mauer / bey die 400. Meilen lang.

4. Das vierdte Theil der Welt heist Africa / von uns oder von Europa gegen Mittage sich erstreckend /wird von Europa abgeschieden durch das Mittelländische Meer / und von Asia durch das rothe Meer /[302] durch welche zwey Meere ein enges Land ist nahe bey Egypten / welches Isthmus genennet wird / ausserhalb welchem Stücklein Landes Africa umher mit Wasser beflossen. Africa ist ein sehr heisses Land / meistentheils unfruchtbar und unbewohnet / voll Sandes und böser gifftiger Thiere. Allhier ist Barbarien: Allhie ist Egypten / darinnen die Kinder Israel mit Dienstbarkeit gedrucket worden. Item Priester Johannis Land /und dergleichen.

5. Folget das fünffte Theil / genannt America / oder die neue Welt / Anno 1492. erstlich entdecket vonChristophoro Columbo, davon wir absonderlich vor diesem geredet. Ist gelegen von uns Europäern nach dem Untergang oder Westen / und ist das grösseste Theil der Erdkugel / ja fast so groß als die gantze alte Welt / oder Europa / Asia und Africa zusammen. Wird getheilet in zwey Stücke / die mit einem engen Lande / gleich einem Halse zusammen gefüget werden: Das ist das Land / darinnen Gold / Silber / Edelgestein / Zucker / Gewürtz / und solche köstliche Sachen überflüßig zu finden. Die fürnehmsten LänderAmericæ seynd / Florida, Virginia, Neu-Spanien /Neu-Franckreich / Item / Brasilien, Peru, das güldene Castilia. Die fürnehmsten Inseln hieher gehörig /seynd Spaniola, Cuba, Jamaica, in welchen die Spanier / wie sie erstlich diese neue Welt einbekommen /jämmerlich ermordet haben 48. mal hundert tausend Menschen / dadurch das Meer auf viel Meilweges mit Blut gefärbet.

6. Das letzte Theil des Erdkreises / ist das grosse unbekannte Südland / sonst genannt Magellanica, ferne über den Mittag hinweg nach dem Südpol gelegen. Wie diß Land beschaffen / weiß man noch nicht eigentlich / [303] dann niemand hat können oder dörffen sich tieff hinein begeben. Des Nachts scheinet es / als wann die gantze Gegend im Feuer steckte / und mit Flammen überzogen wäre. Des Tages siehet mans nicht / daher es auch genennet wird von den SpaniernTierra del Fuogo, das ist / das Feuerland.

Es ist nur eine Welt / in unterschiedliche Theile abgetheilet / welcher Auskündigung hat grosse Mühe / Unkosten / Gefahr und Todes-Noth verursachet.

74. Vom Triumph oder Ovation der alten Römer
74. Vom Triumph oder Ovation der alten Römer.

Es haben die Römer so wol mit ihren Nachbarn / als fremden abgelegenen Völckern / viel und grosse Kriege geführet / und dahero Anlaß und Ursache genommen / den obersten Siegs-Herrn nach geendetem Kriege und erlangter Uberwindung mit grossen Ehren zu empfangen / und in die Stadt zu begleiten. Diese Sieges-Ehre ist zweyerley gewesen. Eine aus dermassen hoch und grosse / Triumphus geheissen / und eine geringere / genennet Ovatio. Der Triumph ist auf folgende Art angestellet und gehalten worden. Wann eine blutige Schlacht mit dem Feinde gehalten / und der Kriegs-Herr den Sieg erlanget / so haben erstlich die Soldaten / darnach der Rath zu Rom / zum dritten der gemeine Mann beschlossen und angeordnet / daß der Siegs-Herr solte mit der höchsten Ehre und Solennität begabet werden / welche daher Triumphus genennet / weil es durch dreyerley Stimmen und Urtheil beschlossen / nemlich der Soldaten / des Raths / und des gemeinen Pöbels. Als ist der Triumphator auf einen vergüldeten Wagen gesessen / dafür vier schneeweisse Pferde gegangen / an [304] dem Haupt tragend einen Lorbeer-Krantz mit Golde durchflochten /um den Leib angethan mit einen Purpur-Mantel voller güldener Sternen: In der einen Hand habend einen Lorbeer-Zweig / in der andern einen Elffenbeinern Scepter. Für ihm seynd hergegangen / erstlich Trompeter und Posauner / mit Kräntzen gezieret / darnach schöne aufgeputzte Wagen beladen mit Raub / so den Feinden abgenommen. Bald darauf seynd gefolget gantz von Holtz künstlich gemachte Städte und Thürme / an Gestalt den Uberwundenen gleich / auf Rädern fortgezogen. Dabey gelegen grosse Stücke ungemüntztes Goldes und Silbers. Item, Kräntze und Kronen / so den Siegs-Fürsten von den Uberwundenen verehret. Hernach seynd geführet viel paar-weisse Ochsen und Elephanten. Nach diesem folgeten die überwundene Feinde / so wol Könige / als andere Fürsten und Kriegs-Helden mit Ketten angebunden. Darauf seynd die Stadt-Knechte (Lictores) mit Purpur-Mänteln angethan / gegangen / und nicht weit von denselben ist einer herein getreten mit einem langen Mantel / besetzet mit güldenen Posamenten und Edelgesteinen / welcher seltzame Possen und Geberden getrieben / damit der Uberwundenen und Gefangenen gespottet / und also ein Gelächter unter dem Volck erreget. Nechst für dem Triumphator ist der gantze Rath von Rom gegangen. Hinter ihm her seynd gefolget die Menge der Soldaten / mit vollem Harnisch angethan / Lorbeer-Kräntze auf dem Haupt habend / und sind also in- und durch die Stadt Rom gezogen: Allda der Triumphator in das oberste Schloß Capitolium in des Jupiters Tempel geführet worden: Dem man zu Ehren einen weissen Ochsen geopfert / [305] darauf alsbald ein herrlich Mahl angerichtet / und der gantze Rath /und die andern Freunde vom Triumphatore köstlich tractiret / auch ein jeglicher mit einem Stück gemüntztes Golds zum Gedächtniß begabet worden. Diß ist die grösseste Ehre / die jemals der Rath zu Rom ausgetheilet / oder den ihrigen erzeiget hat.

Mit der Ovation hats solche Gelegenheit gehabt: Wann zwar ein Krieg geendet / und der Sieg erhalten /aber nicht mit Blutvergiessen oder einer grossen Haupt-Schlacht / sondern entweder durch Accord oder freundliche Vergleichung / oder daß man nicht zu thun gehabt mit mächtigen fremden Feinden / sondern nur mit leibeigenen aufrührischen Knechten / mit See-Räubern und dergleichen / da hat man solchen Siegs-Herrn mit dem Triumph nicht begabet / sondern ihm eine ehrliche / aber dennoch geringere Ehre vergönnet; Als nemlich / er ist nicht auf einem Wagen gesessen sondern zu Fusse gangen (nach Plutarchi Aussage) mit Pantoffeln angethan. Für ihm seynd hergegangen nicht Trompeter / sondern Pfeiffer und Schalmey-Blaser / aufm Haupt hat er gehabt einen Krantz vom Myrten-Baum / wann man ins Capitolium kommen / hat man keinen Ochsen / sondern nur ein Schaaf geopffert / daher dieser Eintritt Ovatio genennet / vom Schaafe. Also ist alles angeordnet / nicht auf grausame Kriegs-Art / wie im Triumph / sondern fein friedsam / gleich einem Spiel und Freuden-Feste. Dann die Flöten der Lustigkeit / der Myrten-Baum aber der Veneri zugeeignet.

Löbliche Thaten seynd billig lobens und ehrens werth.

75. Vom grossen Reichthum Königs Darii - Davids und Salomonis
[306] 75. Vom grossen Reichthum Königs Darii /Davids und Salomonis.

Von des mächtigen Königs Darii, des letzten in der Persischen Monarchie / überschwenglichen Reichthum / welchen der grosse Alexander überkommen /nachdem er den Darium geschlagen und ihm sein Königreich genommen / wissen die Griechischen Scribenten viel Rühmens und Pralens zu machen. Wahr ist es / daß Alexander in der einigen Stadt Susa gefunden / und von dannen hinweg aus des Darii Schatz-Kammer genommen / mehr dann 140. Tonnen geschlagenen oder gemüntzten Goldes / ohne die güldene Geschirr / silberne Gefässe / Purpur und Edelgesteine / derer eine grosser Menge. Solches aber ist kein Wunder: Dann Darius aus Asia allein am Zoll jährlich zu heben gehabt 574000. Talenta, jegliches Talent zu 600. Kronen gerechnet / seynd bey 3444. grosse Tonnen Goldes. Daher die Persianer diesenDarium einen Kauffmann genennet / ihren ersten Monarchen den Cyrum einen Vater / und dessen Sohn Cambysem einen Herrn.


Aber dieses des Darii Reichthum ist nicht zu rechnen gegen des Königs Davids und Salomonis grosse Schätze / davon im 1. Buch der Chronicken Meldung zuschicht. Wie König David seinem Sohn Salomoni anmeldet / er solte GOtt dem HErrn einen Tempel bauen / sprach er: Siehe / ich habe in meiner Armuth verschaffet zum Hause des HErrn hundert tausend Centner Goldes / und tausendmahl tausend Centner Silbers / etc. Ein Centner ist eben so viel / als bey den Alten [307] ein Talentum, oder 600. gute güldene Kronen /das macht am Golde sechzig tausendmal tausend Kronen / an Silber sechs hundert tausendmal tausend Kronen / ist zusammen 6600. Tonnen Goldes / die Tonne gerechnet zu hundert tausend Kronen Goldes. Und diß war die Summa an Gold und Silber / nur allein zum Gebäu des Tempels bestellet. Was war dann über das noch der Reichthum Davids?

Salomon übertraff seinen Vater weit am Vermögen. Dann daß ich geschweige den Zoll und die Schatzung / so ihm von den Kauffleuten jährlich gegeben ward /welche Summa so groß / daß man sie schwerlich beschreiben mag. Geschweige auch der 666. Talenta, oder Centner / das ist / 399600. Kronen jährliche Hebung. Item / die 10000. Talenta, oder 6000000. Kronen / die er im Vorrath hatte / wie dann auch die 120.Talenta, oder 27000. Kronen / die ihm die Königin aus Arabien verehret. Diß alles nicht gerechnet / hatte Salomon des Goldes und Silbers so eine grosse Menge / als Steine auf der Gassen / 1. Chron. 2. v. 15. Wer kan diesen Reichthum aussprechen? Oder was für ein Potentat hat jemahls auf der Welt gelebet /der hierinn mit Salomon könte verglichen werden? Salomon wird billich für den reichsten / weisesten /geehrtesten König gehalten / der von Anfang geleben und forthin leben wird / nach Aussage GOttes des HErrn selber / 2. Chron. 1. v. 12.

Reichthum ist zwar eine Gabe GOttes / wie an David und Salomon zu ersehen / dennoch besitzen ihn auch gottlose Leute als Darius, Crœsus, Crassus, und vergleichen: Aber ganz unbeständig / vergänglich und nichtig. Wo ist nun der Vorrath Davids Salomonis und anderer: Vanitas Vanitatum.

76. Von der Natur des Rabens
[308] 76. Von der Natur des Rabens.

Nicht allein der gemeine Mann / sondern auch ihrer viel unter den Gelehrten pflegen von dem Raben zu erzehlen / daß / wenn die Alten ihre Eyer ausgebrütet / sie alsbald die Jungen verlassen / und davon fliegen. Dann / weil dieselbe weiß und nicht schwartz / so erkennen sie sie nicht für ihre eigene / sondern meynen /es seyen frembde. Alsdann ernähre GOtt die jungen Raben wunderbahrlicher Weise / und auf sonderbahre Art / indem er ihnen entweder den Thau in den Mund fallen / oder im Neste kleine Würmlein wachsen läst /welche sie sammlen / und sich also ernähren. Dannenhero macht man viel Klagens über der Raben Unbarmhertzigkeit / nimmt auch hieraus die Erklärung des 147. Psalms. Der dem Vieh sein Futter giebt / den jungen Raben / die ihn anruffen. Das aber ist alles falsch / und der Natur und täglicher Erfahrung zuwider. Wunder ists / daß man solchen Fabeln Glauben giebt / da doch die Raben bey uns / und sonsten hin und wieder häuffig gnug zu finden / also / daß ein jeglicher dieses wohl in Augenschein nehmen könte. Erstlich ist allen Ackersleuten / ja jedermänniglich /der auf Raben Achtung gibt / bekannt / daß Raben eben so fleißig auf ihren Eyern sitzen / ihre Jungen ausbrüten / ernähren und auferziehen / als Hüner und andere Vögel: Wann nach dreyen Wochen die Jungen aus den Eyern herfür kommen / seynd dieselbe nicht weiß / sondern kohlschwartz / mit schwartzen zarten Duhnfederlein bewachsen / eben wie die jungen Tauben / und weil die alten Raben gemeiniglich unterm Dach nisten / wie will der Thau den Jungen ins Maul kommen? [309] Item / weil weder Raben noch andere Vögel (die Küchlein ausgenommen) für dem neundten Tage können sehen / und ihre Augen gebrauchen / sondern /wann sie ihre Alten rauschen hören / das Maul aufthun / und von ihnen ihre Speise empfahen / was wolten sie dann in der Blindheit die Würmelein sammlen / und sich damit speisen? Freylich ists wahr / GOtt speiset die jungen Raben / aber nicht übernatürlicher Weise / sondern auf gewöhnliche Art und Weise durch die Eltern / ebener massen wie er den Jacob ernähret / der da spricht / Gen. 48. GOtt / der mich ernähret hat von Jugend auf biß hieher / verstehe / durch die Eltern. Der obberührte Psalm Davids wird nicht recht angezogen / da stehet zwar im Ebräischen / den Kindern der Raben / aber das ist zu verstehen nicht von den jungen Raben allein / sondern von allen Raben alt und jung. Dann das Wörtlein Ben oder Kind / heist so viel als alte und junge / wie der Joseph / da er hundert Jahre alt war und starb / ein Ben oder Kind genennet wird. Also füttert zwar GOtt die Raben / aber nicht anders / als er Menschen-Kinder /das Viehe und die Vögel füttert / ordentlicher Weise durch Eltern / oder die / so an Eltern statt seyn.


Ein jeder zeuget seines gleichen: Also will GOtt auch lauter Fromme zu seinen Kindern haben.

77. Agathoclis güldenes Bild
77. Agathoclis güldenes Bild.

Agathocles ist von geringen und schlechten Eltern gebohren / in der Insul Sicilia, sein Vater war ein Töpffer / ein armer verachteter Mann. Anfänglich hat er für einen gemeinen Soldaten gedienet / und weil er sich mannhafft und ritterlich erzeiget / ist er hernach [310] zum Obersten erwehlet / in welchem Amt er sich auch so wohl gehalten / daß er an das Königs Stelle kommen /und also König in Sicilien worden. Weil er nun von so schlechter geringer Herkunfft / ward er von seinen Unterthanen derhalben verachtet / da hat er dieselbe auf folgende Art zum Gehorsam und Observanz gebracht: Er gebrauchte in seiner Kammer güldene Becken und Nacht-Töpffe / oder Bruntz-Kacheln / die ließ er schmeltzen / umgiessen / und daraus ein herrlich schön Bild machen / in Gestalt des Gottes Jupiters / welches er am heiligsten Ort des Tempels hinsetzte. Wie nun die Leute häuffig zulieffen / niederfielen / und das güldene Bild anbeteten / da ist der König herfür getreten / sagende: Ihr Männer von Sicilien thut diesem Bilde göttliche Ehre an / da es doch nur von einer unflätigen Bruntz-Kachel gemacht ist: Warum wegert ihr euch mich zu ehren und zu respectiren / ob ich schon von geringem Herkommen bin? Hierdurch hat er seine Unterthanen zum gebührlichen Gehorsam gebracht. Ferner hat sich Agathocles nicht allein nicht geschämet zu bekennen / daß er eines Töpffers Sohn war / sondern hat auch durch sein Exempel die Seinigen angereitzet zur Tugend und Tapfferkeit. Und damit er sich allezeit seines Ursprunges erinnerte / hat er beneben den güldenen Geschirren /auch erdene Gefässe gebraucht / anzuzeigen / daß auch ein geringer Mensch könne zu hohen Dingen kommen / und daß man in grossem Glück sich nicht zu sehr erheben soll. Davon diese schöne Verse:


Fama est, fictilibus cœnasse Agathoclea Regem, Atque Abacum Samio sæpe ornasse luto. [311] Quæsitus causam, respondit: Rex ego qui sum Siciliæ, figulo sum genitore satus. Fortunam reverenter habe, quincunque repente Dives ab exili progrediere loco.

78. Königs Ptolemei Bibliothec, und die 70. Verdolmetscher der Bibel
78. Königs Ptolemei Bibliothec, und die 70. Verdolmetscher der Bibel.

In Egypten hat vormahls geherrschet ein berühmter König Ptolomæus Philadelphus, ein grosser Liebhaber und Beförderer der guten Künste und Erudition. Dieser hatte eine Bibliothec aufgerichtet und zusammen gebracht von 200000. Büchern unterschiedlicher Scribenten / dessen gleichen auf der Welt nicht gewesen. Die Verwaltung und Aufsicht dieses heiligen Wercks hat Ptolomæus dem Demetrio Phalereo anbefohlen / welcher die herrlichsten Bücher aus allen Königreichen und Ländern zusammen gekaufft. Es hatte aber der König auch gehöret von einem fürtrefflichen Buche / welches nur allein bey den Juden zu Jerusalem gefunden und besessen ward. Um solches Buch schrieb Ptolomæus nach Jerusalem. Also ward ihm vom Hohenpriester Eleasar die Hebräische Bibel zugeschicket / ohngefehr 350. Jahr für Christi Geburt: Wurden auch dabeneben hingesand aus jeglichem Stamme Israels / 6. Männer / welche dieses Buch / die Bibel / solten verdolmetschen / und aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzen: (ob wol 72. der Dolmetscher gewesen / nemlich aus jeglichem der 12. Stämme 6. so werden doch nur gemeiniglich genennet 70.) Solches ist auch geschehen und ins Werck gerichtet worden: Und hat der löbliche König Ptolomæus für diesen geleisteten [312] Dienst hundert tausend gefangener Jüden loß gegeben / und in den Tempel zu Jerusalem verehret einen güldenen Tisch mit Edelgesteinen köstlich versetzet und gezieret: Zween grosse güldene Becher / und 30. Schalen / auch einen jeglichen Dolmetscher reichlich und Königlich begabet. Diese Griechische Version der Bibel / gemacht von LXXII. Dolmetschern besitzen wir noch heutiges Tages / und haben sie die Evangelisten und Apostel auch gebrauchet / wie aus dem neuen Testament zu ersehen. Wiewol viel darinnen / das mit dem Hebräischen Brunnen und Original nicht sonderlich überein kömmt.


Wolte GOtt / die hohen Häupter zu dieser Zeit / wären auch so gesinnet / wie Ptolomæus, Die GOttes Wort /Wissenschafften und gute Künste lieben und befördern /deren Nahme und Lob ist unsterblich.

79. Annibal
79. Annibal.

Die Stadt Carthago ist im Punischen Lande gelegen /da die Pœni gewohnet / ein falsch und betrüglich Volck / wie solches das Sprichwort bezeuget: Fides Punica, das ist / leichtfertig / betrüglich / untreu. Allda / sag ich / in Carthago seynd gewesen unterschiedliche Fürsten und Hertzoge / unter welchen der berühmte Amilcar einen Sohn gehabt / Annibal geheissen: Denselben Annibal, wie er noch ein kleiner Knabe gewesen / hat der Vater Amilcar, aus Haß und Neid gegen die Römer / gezwungen / den Göttern einen schrecklichen Eyd fürm Altar zu thun / nemlich daß er wolte der Römer Feind leben und sterben / so bald er Alters halben sie mit Kriegs-Macht überfallen und ängstigen könte. Diesen Eyd hat nachmals Annibal warlich gehalten: Dann erstlich ist er in Hispanien gezogen (welches damal die Römer innen gehabt /)[313] und hat allda ein gut Theil der Einwohner bezwungen. Hernach ist er durch Franckreich nach Italien gerücket / und damit er desto füglicher über das hohe GebürgeAlpes gelangte / hat er solches mit Eßig und Feuer erweichet und gesprenget / und seinem Kriegs-Heer also einen bequemen Weg gemacht / und so fort im Anzuge die Römer zweymal geschlagen / eines beyTrebia, und dann beym See Trasinenus, in welchem Treffen über 15000. Römer geblieben. Nachmals ist er vom Fabio Maximo durch langes Verzögern und Aufhalten ziemlich geschwächet worden. Doch hat er endlich wiederum seine Macht zusammen gebracht /sich gestärcket / und den Römern eine grosse Schlacht geliefert bey Cannas, einem Flecken / den Römern zugehörig / nicht weit von Collatia (davon in der Historien der keuschen Lucretia Meldung geschehen) in welcher Annibal 40000. Römer zu Fuß / und 2700. Reuter geschlagen und niedergemacht / daß er allein vierdtehalb Scheffel güldene Ringe den Erschlagenen abgenommen / und nach Carthago gesandt. Damahls hätte Annibal leichtlich ohne alle Mühe und Widerstand die Stadt Rom einnehmen und erobern können: Aber er wuste seine Victorie nicht recht zu gebrauchen / sondern verließ Rom / zog nach Capua / da er und die Seinen in Essen / Trincken / Spielen / Müßiggehen / und allerley Wollust / sich dermassen vertiefften und versoffen / daß sie alle Mannhafftigkeit und Ritterliche Tugend vergassen. Daher es dann endlich kommen / daß nach der Zeit Annibal nicht mehr glücklich und tapffer gestritten / sondern meistentheils von den Römern geschlagen und verjagt worden. Endlich hat er seine Zuflucht genommen zumAntiocho, den die Römer [314] gleicher massen überwunden. Und wie die Römer vom Antiocho, den Annibal ihnen zu lieffern und zu übergeben / begehrten / hat Annibal aus Verzweifelung das Gifft / welches er in seinem Ringe verwahret / allezeit in der Hand getragen / zu sich genommen / und sich also selber getödtet.


So lang einer der Tugend beflissen / gehets wol und fein von statten: Durch Wollust / Nachläßigkeit / und andere Laster aber verdirbet man gantz und gar / wie trefflich man auch zuvor gewesen.

80. Des Belisarii unbeständiges Glück
80. Des Belisarii unbeständiges Glück.

Der Käyser Justinianus, welcher das Recht und die Gesetzen in Ordnung gebracht / hatte einen fürnehmen Kriegs-Obersten / mit Nahmen Belisarius, dessen Hülff und Dienste er sich wol gebrauchte. DieserBelisarius hatte immerdar trefflich Glück / und giengen ihm alle Sachen / die er im Kriege fürnahm / gar wohl und nach Wunsch vor statten / er besiegete und überwand die Perser in Asien: die Gothen in Italien: die Wenden in Africa, und nahm der Wenden König Gilismer gefangen: Schmiedet ihn an Ketten / und führet ihn mit sich herum. Aber wie ein grosser Uberwinder der Belisarius auch im Kriege war / so konte er doch die Abgunst nicht überwinden / noch deroselben entfliehen. Dann nach dem er durch so viel Victorien grosse Macht / Gewalt und Ansehen bekommen /ward er beym Käyser Justiniano angegeben / als stünde er ihm nach dem Reich und Leben. Durch diesen Argwohn ist der Käyser bewogen / daß er dem trefflichen Held Belisario (der vielleicht niemahls an solche Verrätherey gedacht) beyde Augen ausstechen lassen; Das war die Belohnung für seine treu-geleistete Dienste. Belisarius konte sich an dem Käyser nicht rächen / ließ sich derohalben ausserhalb der Stadt [315] Rom ein kleines Häußlein machen / darinnen wohnete er / und hat Allmosen von den fürübergehenden Leuten / zu Aufenthaltung seines armseligen Lebens / sagende /und zum öfftern wiederholende diese Worte: Date Belisario obulum, etc. Gebet dem Belisario einen Heller / der nicht um Mißhandlung / sondern aus Abgunst seine Augen verlohren.


Abgunst regieret zwar allenthalben: Fürnehmlich aber zu Hofe / da gehet sie in vollem Schwange: Der heute gar hoch am Brete / der liege morgen an der Kette. Niemand traue seinem Glück zu viel / Herren Gunst ist nicht erblich.

81. Wie die Semiramis zum Regiment kommen - und von deroselben Thaten
81. Wie die Semiramis zum Regiment kommen /und von deroselben Thaten.

Der ersten Monarchie (in Assyrien) erster Herrscher und Haupt ist gewesen Ninus, (dessen Groß-Vater war Nimrod, davon in der Bibel) von welchem die Stadt Ninive / die des Propheten Jonas Predigt gehöret / ihren Namen geführet. Nini Hauß-Frau war Semiramis, eine Heldin von grossen Thaten. Auf was Art dieselbe nach ihres Mannes Nini Tode zum Regiment kommen / erzehlet Justinus also / daß / weil kein Weibs-Bild bey den Assyrern herrschen konte /sie sich gestellet / als wäre sie männliches Geschlechts / welchen Betrug sie viel Jahr heimlich gehalten. Biß endlich nach vielen trefflichen und schier einem Mann zu thun unmüglichen Thaten sie sich kund gegeben / daß sie ein Weib wäre / und kein Mann. Welches zwar ihr nicht allein an ihrer Gewalt und Regierung nichts geschadet / sondern sie vielmehr zu höhern Respect und grösserer Macht erhoben. Andere Historien-Schreiber erzehlen diese Sache auf eine besondere erschreckliche Art / nemlich also:Semiramis [316] war anfänglich eines Leibeigenen Knechts Kebsweib / und wie ohngefehr König Ninus an sie gerieth / gewann er sie alsbald lieb / und gebrauchte sie zu seinem Willen: Da hat diß Weib den König mit ihrer süssen Rede und gar lieblichen Geberden dermassen eingenommen / daß nichts so groß gewesen /was sie auch vom Könige begehren mögen / welches der König ihr nicht gerne vergönnet und gewähret hätte. Auf eine Zeit nun / wie sie mit dem König Kurtzweil trieb / meldet sie ihm an / sie hätte sehr grosse Lust und Begierde zu einem Dinge / bäte / der König möchte ihr darinnen willfahren. Ninus sprach alsbald / alles / was sie begehren würde / wie hoch es auch wäre / solte ihr widerfahren. Ich bitte / sprach sie / du wollest mir vergönnen / daß ich nur einen Tag lang auf deinem Königlichen Stuhl sitze / und man mir in allem / was ich befehlen und heissen werde /gehorsame. Ninus lachet dessen / und williget in ihr Begehren: Ward auch alsbald ein Tag bestimmet und ausgeruffen / daß an demselben alle Menschen der Semiramidis Befehl ausrichten / und in allen ihr gehorchen solten. Wie der angesetzte Tag kommen / hat sich Semiramis mit Königlichen Kleidern und Zierrath angethan / an statt des Königs dargestellet / und anfänglich zum Versuchen / etwas geringes den Dienern anbefohlen / auf welches / wie es verrichtet / und diß verschmitzte Weib nun merckte / daß ein jeder ihrem Geheiß und Willen gnug thäte / sie den Trabanten befohlen / sie solten den König Ninum greiffen: Die ihn auch alsbald gegriffen. Man solte ihn binden /welches auch unverzüglich geschehen: Endlich man solte ihn tödten: Die Diener / vermöge öffentlichen Befehls / haben auch hierinnen der Semiramidis [317] Willen vollbracht / und den Ninuin erstochen. Auf diese Weise soll Semiramis zum Regiment kommen seyn.


Huren Liebe bringet manchen um Ehr und Wolfahrt /um Leib und Leben. Item mancher bekömmt ein Regiment oder Amt / nicht durch Recht / sondern durch Practicken / es geräth aber selten wol.

82. Vom Begräbniß Beli und Semiramidis
82. Vom Begräbniß Beli und Semiramidis.

Des Nini Groß-Vater / wie gesagt / war Nimrod, sein Vater war Belus, seine Haus-Frau Semiramis. Von diesen zwey letzten / Beli und Semiramidis Begräbniß ist etwas denckwürdiges von den Scribenten aufgezeichnet / welches ich auch jetzt fürzutragen gesinnet.

Wie der mächtigste Potentat der Perser / Xerxes /an die Oerter kam / da Belus sein Begräbniß hatte /ohngefehr anderthalb tausend Jahr nach des Beli Tode / da hat er die Grabstätt lassen aufgraben / und darinnen gefunden ein gläsern Gefäß voll klares wolriechendes Oels / darinnen des Beli todter Cörper schwumme: Nechst dabey an einer Marmel-Seulen waren dieses Worte geschrieben: Welcher Mensch dieses Grab eröffnen / und das Gefäß nicht wiederum mit Oele füllen wird / der wisse / daß er ein unglückselig und jämmerlich Ende nehmen werde. Xerxes ward hierüber bestürtzet / ließ alsbald Oel mit Hauffen herbringen / und in das eröffnete Geschirr auf desBeli Cörper giessen: Aber alles vergeblich. Zuletzt wie er gesehen / daß unmöglich war / das Gefäß mit Oel wieder zu füllen / ist er davon gezogen. Was ihm darüber für Unheil wiederfahren / und wie unglückselig er um sein Leben kommen / ist am andern Ort gedacht.

Mit der Semiramidis Begräbniß hat es eine solche[318] Beschaffenheit gehabt. Sie hatte auf ihre Grab-Stätte schreiben lassen folgende Worte: Welcher König Geld oder Gold begehret / der nehme heraus / so viel er will. Zu diesem Begräbniß kam der König Darius viel hundert Jahr hernach / lase die Schrifft / und eröffnete das Grab. An Gold aber fand er gantz nichts darinnen / sondern in einem Täffelein ein Gedächtniß / also lautend: Wann du nicht ein böser Mann / und mit Gelde unersättlich wärest / so würdest du der Verstorbenen Begräbniß nicht gewaltsamlich angegriffen und verletzet haben.

Der Verstorbenen Ruhe soll man nicht stören / sondern ihr Gebein in Frieden lassen. Dann die Begräbniß sind heilig.

83. Accius Navius, ein Wahrsager
83. Accius Navius, ein Wahrsager.

Die Augures, vom Numa Pompilio erstlich bestellet /seynd gewesen Priester zu Rom / welche aus dem Vogel-Fliegen oder Geschrey zukünfftige Dinge geweissaget / und der Götter Willen und Verhängniß den Leuten offenbahret. Unter solchen Auguribus ist nicht der geringsten / sondern der berühmtesten einer gewesen Accius Navius. Wie König Tarquinius Superbus etliche Gebräuche von seinen Vorfahren wol eingeführet / verändern / und andere an statt derselben anstellen wollen / hat sich ihm widersetzet der Accius Navius, und aus seiner Wahrsager-Kunst gesaget: Solche Veränderung gefalle den Göttern nicht / welches er aus dem Vogel-Geschrey erlernet; Tarquinius der Hoffärtige ist hierüber ungeduldig worden / und hat des Accii Kunst zu verspotten und zu verwerffen /zu ihm gesagt: Hörest du lieber Mann / weist du etwas / so frage deine Vögel / und wahrsage mir / ob das / was ich bey mir jetzt gedencket [319] geschehen könne oder nicht? Accius, nachdem er aufs Augurium acht gegeben / hat geantwortet: Ja / es könne gar wol geschehen. Da ist Tarquinius fortgefahren / sagende: Ich habe bey mir bedacht / daß du soltest mit einem Scheer-Messer einen Schleiff-Stein entzwey schneiden; Thue jetzund solches / und richte ins Werck /was dir deine Vögel verkündigen. Navius nicht faul /sondern seiner Kunst trauend / ist ins Mittel getreten /und hat in Gegenwart des Tarquinii und der Römischen Bürgerschaft ein Scheer-Messer / wie dann auch einen harten Schleiff-Stein ihm langen lassen /und alsbald mit dem Messer den Schleiff-Stein entzwey geschnitten. Wegen dieser That ist dem Accio, zum ewigen Gedächtniß beym Rath-Hause ein Bildniß aufgerichtet / und der Augurum Ansehen und Glaube sehr groß worden.


Also spielet der Teuffel mit dem Aberglauben in den Kindern der Finsterniß.

84. Claudiæ Quintæ, einer Nonnen - Wunder-That
84. Claudiæ Quintæ, einer Nonnen /Wunder-That.

Nachdem die Römer in den Sibyllischen Büchern und Versen gelesen / daß / wofern ihre Stadt floriren solte / sie die Mutter aller Götter suchen / und dahin bringen müsten: Als seynd sie nach Rath des Weissager-Gottes zu Delphos in Asiam gezogen / und haben endlich das geschnitzte Bild der grossen Götter-Mutter beym König Attalo gefunden und erlanget / solches in ein grosses Schiff gebracht / und nach Rom geführet: So bald das Schiff auf den Fluß der Tyber kommen / welcher in die Stadt fleuss ist es still gestanden / und hat von keinem Menschen durch einige Macht von der Stelle fortgebracht werden [320] können. Eben zur selbigen Zeit war eine Vestalische Jungfrau oder Nonne / mit Nahmen Claudia Quintia, ein überaus schönes und freundliches Weibs-Bild / berüchtiget / als hätte sie Unzucht getrieben / und wider ihres Ordens Gesetze ihre Jungfrauschafft verlohren. Auf daß sie nun ihre Unschuld ans Licht brachte / und offenbahr machte / ist sie getreten ans Schiff / und hat das Götzen-Bild / die Götter-Mutter / mit diesen Worten angeredet: Man beschuldiget mich / O Göttin! der Unzucht: Dich bitte ich / du wollest urtheilen / ob solches wahr sey oder nicht. Wirstu mich schuldig er kennen / so sterbe ich billich und gerne; findestu aber / daß ich diß Laster nicht begangen / sondern rein und unbefleckt bin / so wollestu / O reine Mutter Gottes! mir deine Hülffe erzeigen. Wie sie diß Gebet gesprochen / ergriff sie mit einer Hand den Strick / daran das Schiff fest gemacht / gehet fort / da folget ihr das Schiff gutwillig nach biß mitten in die Stadt: Allda der Scipio Nasica allein würdig gehalten / diß Götzenbild in die Hände zu nehmen / und an seinen Ort zu bringen.


Daß diese Vestalis eben so wol als der vorige Augur, der Zauberey sey zugethan und wohlerfahren gewesen /daran ist kein Zweiffel.

85. Natur der Hirschen
85. Natur der Hirschen.

Von des Hirschen Eigenschafft erzehlet man folgende Historie: Wann der Hirsch alt worden / und ihm das Geweihe oder die Hörner / wie dann auch die Haare gar zu lang gewachsen / da gehe er zu einer Höle /und ziehe aus derselben / durch seinen starcken Athem / eine Schlange herfür in die Nase; Wodurch er so sehr erhitzet und angestecket werde / daß er alsbald mit grosser Begierde seinen Durst [321] zu löschen / frisch Wasser suche. Wann er das gefunden / lauffe er hinein biß an den Kopff / stehe also im Wasser und trincke doch nicht / (weil ihn das die Natur lehret) biß ihm die Thränen häuffig aus den Augen lauffen / (aus welchen / wann sie verhärten / werde der köstliche Stein Bezoar /) wann solches geschehen / so trincke er überflüßig / und fallen ihm alsdann die Hörner ab /wie nicht weniger die Haar aus. Mit diesem Gedichte erkläret man den 42. Psalm / darinnen geschrieben: Wie der Hirsch schreyet nach frischem Wasser / also schreyet meine Seele / GOtt / zu dir. Aber diß ist nur ein altes Weiber-Gedichte und eitel Fabel-Werck /welches sich in der Natur und Erfahrung also nicht verhält / wie der grosse Fratzenschreiber Albertus Magnus und Plinius selbst bezeugen. Warlich / allhier zu Lande und in der Nachbarschafft sind Hirsche genug zu finden / derer Natur ist Graß zu fressen / wie die Kühe und Ochsen pflegen / und kein Fleisch / es sey von Schlangen oder andern Thieren: Es seyn Fürstliche Personen / die todte und lebendige Schlangen alten Hirschen fürgeworffen haben / welche aber von denenselben eben so wenig / als ein Stück Holtz von einer Katze gefressen worden. Ich sehe auch nicht / wie ein Thier nur mit dem Athem aus einem tieffen Loch eine Schlange an sich ziehen könne. Und wie wolte ein solches Thier als die Schlange / im Kopff /Gehirn / oder des Hirsches Nase / Raum oder Statt haben? Zudem die Zähren / wann sie aus den Augen überflüßig lauffen / wie könten sie gehalten werden /daß sie nicht niederfallen ins Wasser? Daß der Stein Bezoar nicht von den Thränen der Hirsche herkomme, sondern in dem Magen der Indianischen Gemser[322] wachse / ist nunmehr so bekannt / daß es keines weitläufftigen Bekräfftigung bedarff. Der Vers aus dem 42. Ps. bedarff auch keiner Lügen: Genug ist es / daß ein Hirsch von Wölffen / Hunden und Jägern verfolget und warm gemacht / Appetit habe frisch Wasser zu trincken / angesehen er durstig / matt und müde.

Noch eines von den Schlangen. Man sagt / daß aus dem verstorbenen und verweseten Menschen-Rückgrad / oder auch wol gantzem Cörper Schlangen brüten: Daß diß wahr sey / hat man noch zur Zeit nirgends anders / als in Büchern gefunden. Bey uns und überall in der Welt sterben viel tausend Menschen /die werden begraben / und verwesen: Wer hat aber jemahls auf dem Kirch-Hofe in den Gräbern der Todten / unter den Galgen / oder sonsten / Schlangen gefunden?

Man muß nicht alles glauben / was man höret und lieset / sondern erforschen / ob es sich auch also verhalte.

86. Etlicher anderer Thiere Eigenschafft und Erklärung
86. Etlicher anderer Thiere Eigenschafft und Erklärung.

Der Hirsch bringet uns auf diese Materie / und gibt Anlaß / unsere Meynung zu sagen auch von etlichen andern Thieren / davon viel gesagt und gegläubet wird / das dennoch nicht allerdings glaubwürdig.

Der Biber (schreiben die Medici und Historici) wann er vermercke / daß der Jäger ihn verfolget / und nun in die äusserste Todes-Gefahr gebracht / da beisse er ihm selber seine Scham und Gemächtsküglein aus / und werffe sie von sich / weil er weiß / daß wegen derselben man ihm nur allein nachstellet: Dieselben werden dann von den Jägern genommen / und dem weiblichen Geschlecht / die des Bibergeils offt und sehr gebrauchen / [323] zu Nutz verkaufft. Die solch Mährlein beschrieben / die haben ihr Lebenlang keinen Biber gesehen. Dann kein Biber hat seine Manns-Kügelein auswendig unter dem Leibe hangend / daß er mit dem Munde oder Zähnen darzu kommen könte / sondern inwendig im Bauch verborgen / eben wie der Haase / und hat nur ein Löchlein / dadurch er seinen Uberfluß und Eyter abwirfft / gleich wie die Ziebet-Katze.

Nichts ist gemeiners / als daß man dafür hält / die Bienen haben das Gehör / und wann sie schwärmen /so folgen sie dem Klange eines Beckens / und ziehen dem nach / der sie locket. Solches ist nicht also. Sie machen zwar ein Geläut / wie dann auch die Fliegen /aber am Gehör mangelt es gäntzlich so wol den Bienen als den Fliegen. Man gebrauche der Trompeten /der Trommel / oder anderer starcken Stimme / wofern dadurch nicht die Lufft erreget wird / die nächst um sie ist / (dann mit dem Geflug und Geruch seynd sie freylich begabet /) so wissen sie nichts davon / bleiben sitzen vor wie nach. Das Beckenschlagen / wann man einen Hauffen schwärmender Bienen für sich hat / ist zu dem Ende erstlich aufgebracht / nicht als höreten die Bienen solch Geläut / und folgten demselben /sondern der Nachbarn halber. Dann der Schwarm gehöret von Rechtswegen dem zu / der ihn verfolget mit einem Geläut / wann so einer nicht vorhanden / so mag ihn annehmen / wer ihn fahen kan.


Von der Turtel-Taube singet und saget man / daß sie nach Absterben ihres Ehegatten allezeit verbleibe in dem Wittwen-Stande / und sitze auf einem dürren Ast im Walde. Durch welch Exempel man die Wittwen herrlich tröstet. Solches befindet sich aber eben so [324] wenig in der Natur und Erfahrung als das vorige. Unsere Turtel-Tauben / die man zu Hause oder auf den Tauben-Schlägen aufzeucht / wann ihnen ihre Gatten abgestorben / fliegen alsbald mit andern wie der zusammen / ja nicht allein mit Turtel-Tauben /sondern auch mit andern zahmen Tauben. Ein jeglicher / der Achtung darauf giebt / wirds also befinden. Es sitzen aber die Turtel-Tauben auf einem verdorreten Zweige / nicht Traurenshalber / sondern wie andere unzehlige Vögel mehr / auf daß sie fein um sich hersehen / und sich für ihren Feinden hüten können.

Die Natur hält viel in sich verborgen / man dichtet ihr aber auch offt was bey.

87. Pythagoræ Philosophia
87. Pythagoræ Philosophia.

Pythagoras aus der Insul Samo gebürtig / ist gewesen ein Stiffter und Anfänger der Italiänischen Philosophie / hat niemahls weniger als 600. Zuhörer oder Schüler gehabt / die ihn meistentheils zu Nacht-Zeiten besuchet. Mit diesen hielt er den Brauch / daß sie anfänglich 5. gantzer Jahr stillschweigen / kein Wort reden oder fragen / sondern nur allezeit fleißig zuhören musten. Welche fünffjährige Still-Zeit genennet wird έχεμὐϑεια. Daher das Sprichwort kommen: Silentium Pythagoricum, eine standhafftige Verschwiegenheit. Pythagoras ist der erste gewesen / welcher gelehrt / daß die Seelen der Menschen nach dem tödtlichen Abgang umher wanderten / und aus einem Cörper in den andern treten. Wann sie wohl und der Tugend gemäß gelebet / so kämen sie in fürtrefflicher Könige oder ander Leute Leiber / wären sie aber den Lastern zugethan / so verringerten sie sich / und würden [325] unvernünfftige Thiere / als Ochsen / Schaafe /Schweine / etc. Aus welchen Ursachen Pythagoras seine Schüler und alle Menschen sehr abmahnete und warnete / sie solten kein Fleisch vom geschlachtetem Viehe essen / dann sie möchten vielleicht ihre eigene Eltern / Schwestern / Brüder oder Kinder verschlingen. Er hat auch öffentlich fürgegeben / er wäre der selbe Euphorbus, der im Trojanischen Kriege gewesen / dessen Seel in ihn gefahren / davon weitläufftig beym Ovidio, im letzten Buch der Veränderung. Bey seinen Zuhörern hat er ein solch Ansehen gehabt / daß alles / was er geredet / man alsbald geglaubt / als wanns GOtt selber gesprochen / und daran hat niemand zweiffeln müssen. Wann die Schüler gefraget worden / warum? haben sie nichts geantwortet / alsἀυτὸς ἔφα, Er / Pythagoras, hats selber gesaget.


Man muß erst ein Ding verstehen lernen / ehe man davon redet. Laster verwandeln die Menschen in wilde Thiere. Man muß seine Lehrmeister lieben: Aber nicht zu Engeln und Göttern machen.

88. König Xerxes
88. König Xerxes.

Der mächtigste unter allen Persischen Monarchen ist gewesen der grosse Potentat Xerxes / welcher in der Bibel genennet wird Ahasverus / dessen ersten Gemahl Vasthi / wegen ihres Hochmuths verworffen /und das Mäißlein Esther / (sonsten Arossa genannt) an ihre Statt dem Xerxi beygelegt / und Königin worden. Es hatte aber Xerxes zween höflich und Königliche Räthe / den Mardonium und Artabanum. Mardonius reitzete Xerxem an / einen Krieg wider die Griechen anzufahen / Artabanus aber widerrieth solches alles immer nach Vermögen. Doch Xerxes / sich verlassend auf seine schreckliche und unerhörte [326] Macht /macht sich fertig zum Kriege / versammlete sein Volck von streitbaren Männern / daß ihrer wurden sechszehenmal hundert tausend Mann / nach AussageHerodoti. Damit überzog und überschüttete er gantz Griechenland dermassen / daß das Kriegsheer gantze Flüsse austranck / leer und trucken machte. Xerxes ließ auch grosse ungeheure Berge aus dem Wege räumen / seinem Volck einen Durchgang zu machen. Und wie ihm der Wind und das Meer nicht fügen wolte / ließ er das Meer gleichsam zur Straffe mit Ruthen und Peitschen schlagen. Aber alle diese Persische Macht ward innerhalb zweyen Jahren / in vier unterschiedlichen Schlachten / gantz zu nicht und zu Schanden gemacht von den Griechen / also / daß Xerxes mit Spott auf einem kleinen Fischer-Kahn entfliehen / und sein Leben retten muste. Die vier Schlachten sind geschehen: 1. zu Lande bey Thermopylas, da auf der Griechen Seite gewesen der Oberste Leonides. 2. zu Wasser bey Artemisia, unter dem Griechischen Helden Temistocle. 3. Bey Salamine vom selbigenThemistocle, daß Xerxes im Schiff davon geflogen. 4. Bey Plateus, da Pausanias der Griechen Haupt gewesen / in welcher mächtigen Schlacht auch umkommen der Mardonius, Anfaher und Stiffter dieses Krieges. Xerxes nach Verlust einer so grossen Menge Volcks /ist wieder nach Persien gereiset / hat allda sein Leben in Wollust und aller Uppigkeit vollbracht / und ist endlich vom Artabano, der ihn von diesem Kriege abgemahnet / erschlagen worden.


Friedrathenden Räthen soll man folgen. Auf seine grosse Macht muß man sich nicht verlassen / und darauf wider GOtt pochen.

89. Des grossen Alexandri Leben und fürnehmste Thaten
[327] 89. Des grossen Alexandri Leben und fürnehmste Thaten.

Wir haben zwar an unterschiedenen Orten des grossen gewaltigen Monarchen Alexandri gedacht. Allhier will ich kürzlich berühren / was er sonderlich in seinem Leben verrichtet. Alexander der grosse ist gebohren vom Philippo Könige in Macedonien und Griechenland / und von der Königin Olimpiade, eben an dem Tage / da der wunderschöne und köstliche Tempel der Dianæ zu Epheso in Brand gesteckt / und zu Asche gemacht worden. In seiner Jugend hat man ihn dem Aristoteli zu unterweisen vertrauet / der ihn dann auch in allen Künsten unterrichtet. Wie er noch ein Knabe war / und man ihm sagte / sein Vater Philippus eroberte viel Städte / hat er zu seinen Spiegelgesellen gesagt: O Kinder / mein Vater nimmt alles /und lässet uns nichts übrig / das wir durch Mannheit erwerben könten. Nach seines Vaters Tode hat er selber das Regiment angenommen / und ist König über Griechenland worden im 20. Jahr seines Alters. Alsbald darauf hat er ihm fürgenommen / die Perser mit Krieges-Macht zu überziehen / ihnen ihre Monarchie zu zerstören / und dieselbe an sich zu bringen / welches dann auch geschehen. In Phrygiam kommend /hat er allda in der Stadt Gordo, den seltzamen und verwirreten Knoten aufgelöset / davon anderswo gedacht / beym Sprichwort: Nodus Gordius. Damahls herrschete über die Perser und Meder Darius der letzte / mit welchem Alexander wolte zu thun haben / und ihm die Krone und das Reich nehmen. Darius zog dem Alexandro entgegen mit sechsmal [328] hundert tausend Mann / und allzuviel trauend auf seine Macht /schickete er Alexandro einen Sack voll Mon-Saat /mit Vermeldung / er solte die Körnlein zehlen / wo es ihm möglich / eben so viel Soldaten hätte er (Darius) bey sich. Alexander hat ein Körnlein aufgebissen /und wie ers geschmecket / gesagt: Hier ist zwar ein grosser Hauffe / aber wenig Krafft. Hat darauf demDario wieder zugeschicket ein Säcklein voll Pfeffer-Körner / sprechende: Siehe da eine geringe Menge /aber die Grösse und Krafft derselben ist viel besser /und so du sie schmeckest / wirst du befinden / daß ein Körnlein besser ist als deiner tausend. Also seynd die Soldaten / so ich mit mir führe. Bald darnach haben sie einander eine Schlacht gelieffert / darinnen Darius überwunden / und dessen Frau und Tochter zwar gefänglich vom Alexandro weggeführet / aber bey ihm sehr ehrlich / züchtig / und wol gehalten worden. Ferner hat er die Stadt Tyrum belägert / und darzu Hülffe begehret von den Juden zu Jerusalem / welche ihm selbige abgeschlagen und gewegert / daher Alexander erzürnet / nach Jerusalem gezogen / und die erobert. Wie er aber in die Stadt kommen / ist ihm der Hohepriester Taddæus mit der gantzen Clerisey oder Priesterschafft entgegen gegangen / dadurch Alexander bewogen / sie freundlich angenommen / und der Stadt verschonet.

Nun rückte er immerfort / und kam in Syriam an die Stadt Gaza / die er auch eingenommen / und allda eine überaus grosse Menge gefunden von Weyrauch /Myrrhen / und dergleichen kostbaren Räuchwerck /davon hat er einen grossen Hauffen an seinen alten Hofmeister Leonidem geschickt / ihm darbey geschrieben / er [329] solte hinfort nicht mehr so karg und genau seyn gegen die Götter. Die Ursache solches Schreibens war diese: Als Alexander in seiner Kindheit den Göttern opffern solte / hat er das Räuchwerck mit vollen Händen häuffig ins Feuer geworffen / darüber ihn Leonides gestraffet mit diesen Worten: Sohn / wann du nun kommen wirst in die Länder / da solch Räuchwerck wächset / alsdann sey liberal gegen die Götter / jetzt must du sparsam seyn: Dieses erinnerte sich Alexander. Unterdessen hat sich Darius wieder gestärcket / und dem Alexandro abermal eine Schlacht gelieffert / welche er gleichfalls verlohren /und auf der Wahlstatt blieben / indem er von einem Soldaten erstochen worden. Ist also Alexander Monarcha über Persien worden / und hat des Darii Cörper Königlich begraben lassen. Den Soldaten aber (welcher Bessus geheissen) hat er an zween gekrümmete Bäume binden / und in Stücken reissen lassen. Damals hat Alexander in der einigen Stadt Susa bekomen an gemüntztem Golde 140. Tonnen voll / an güldenen und silbernen Geschirren / an Purpur und Kleinodien / und andern köstlichen Dingen / einen unaussprechlichen Schatz. Allda hat er auch 30000. der schönsten jungen Knaben zu sich bringen lassen / und dieselben etlichen gelehrten Meistern anbefohlen /von welchen sie in Kriegs-Sachen unterwiesen worden. Nach der Zeit ist er von seiner vorigen Freundlichkeit abgewichen / und sehr tyrrannisch worden. Seinen allerbesten und vertraulichsten Rathgebern und Freunden / Parmenioni, Clyto, Philoti, hat er erstlich Nasen und Ohren abschneiden lassen / und sie hernach theils mit eigener Hand / theils durch andere erwürget. Nachdem auch König Pyrhus von ihm überwunden worden / ist er ferner biß in Indien gerücket / [330] da ihm mächtiger Widerstand geschehen / also daß er niemalen in grösserer Gefahr gewesen: Dannoch endlich / nach Verlust vieler tausend / wiederum in Persien angelanget / allda er in der Stadt Susa mit des Darii Töchter einer Hochzeit gehalten: Auf der Hochzeit seynd 9000. Persianer gewesen / derer jeglichen er einen güldenen Pocal verehret: Seinen Griechen aber über 60. Tonnen Gold / ihre Schulden damit zu bezahlen / geschencket. Letztlich in der Hinreise nach Babylon haben ihn die Wahrsager gewarnet / er solte nicht in die Stadt Babylon gehen / sonsten würde er sterben. Alexander aber hat solches nicht geachtet / ist gleichwol in die Stadt kommen / da sind ihm unterschiedliche Gespenste erschienen / die ihn also erschrecket / daß er gleichsam unsinnig worden / keinem Menschen mehr getrauet / und letztlich auf einer Gasterey sich mit einem starcken Wein dermassen überladen / daß er kurtz hernach Todes verfahren / im 32. Jahr seines Alters. Also ist der Uberwinder so vieler Völcker / Länder und Könige vom Wein / Zorn und Verzweiffelung / überwunden worden: Und dem die gantze Welt zu klein / ist endlich ein geringes Kästlein groß genug gewesen.

Des Menschen Hertz ist unersättlich / hätte es auch die gantze Welt / so ists doch nicht zufrieden. Vanitas vanitatum & omnia vanitas.

90. Der köstliche Tempel Dianæ in der Stadt Epheso
90. Der köstliche Tempel Dianæ in der Stadt Epheso.

Ephesus ist gewesen eine Stadt / gelegen in Asia / in der Gegend Ionia, sehr berühmt / daß auch von derselben im Neuen Testament / in der Apostel-Geschicht und denen Send-Brieffen des Apostels Pauli, gar offt Meldung geschicht.

[331] Ist erstlich aufgebauet von den Amazonen / von welchen anderswo. In dieser Stadt Epheso ist eine überaus herrliche / reiche / köstliche Kirche gewesen /der Göttin Dianæ geheiliget und zugeeignet / darüber in die 220. Jahr gantz Asia gearbeitet / aus Anordnung und Befehl 120. Könige / derer jeglicher eine Seule von reinem Marmorstein 60. grosser Schuhe hoch darein verehret / darunter 30. wunderkünstlich mit Bildern ausgeetzet und ausgegraben. Der Baumeister ist gewesen einer mit Namen Gersiphon, und ist dieser Tempel gestanden / auf einem sumpffigen Ort /auf daß er vom Erdbeben nicht könte gereget oder zerschüttert werden. Im selben Tempel ist gestanden das Bildniß der Göttin Dianæ, gantz nackend mit ihren Pfeilen und Bogen / aus sehr weissem Marmor /welches nicht allein von den Ephesern / sondern von gantz Asia ward angebetet / und mit vielen Geschencken verehret. Daher der Tempel über die massen reich / und eine grosse Menge Arbeitsleute / Priester und andere / ihren Verdienst und Auffenthalt davon hatten. Unter denenselben war auch ein Goldschmidt /mit Namen Demetrius (wie zu lesen in der Apostel-Geschicht am 19. Cap.) welcher / als Paulus und seine Gefehrten dahin kamen / das Wort GOttes zu predigen / und die von Händen gemachte Göttin abzuthun / ihnen sich hefftig widersetzte / fürchtend /daß dadurch aller Verdienst bey dem Tempel fallen und abgeschaffet würde. Aber diesen schönen reichen Tempel hat ein Epheser / Herostratus geheissen / angestecket / und auf den Grund verbrannt. Der ihm durch solche That gedacht einen ewigen Namen zu machen / weil er gar ein loser Kerl war / und Lob zu erwerben / sonst kein Mittel hatte: Damit aber dieser[332] Bube Herostratus diesen verhofften Preiß und Namen nicht erlangte / haben die Epheser beschlossen und ausruffen lassen / daß wer den Herostratum nennen würde / der solte des Todes schuldig seyn. Es ist aber der Tempel angesteckt und verbrannt worden / eben am selben Tage / an welchem Alexander der Grosse gebohren. Da zugleich die Priester in der Stadt Epheso gleichwie tolle Menschen herum gelauffen / und geschrien: Es wäre an dem Tage ein grosses Ubel gebohren für gantz Asia, welches dann auch am Alexander wahr worden. Plutarchus meldet / es seyn etliche gewesen / so geschrieben / der Tempel sey darum verbrannt / weil Diana (eine Göttin der gebährenden Frauen /) der Olympiadi in ihren Kindes-Nöthen beystund / und nicht zu Hause im Tempel war / ihm auch nicht konte in der Brunst zu Hülffe kommen.

Wer durch Schelmenstücke oder ungebührliche Mittel herfür zu kommen / und Lob zu erlangen gedencket / der wird betrogen.

91. Auf was Art und Weise die Alten ihre Schiffahrt angestellet
91. Auf was Art und Weise die Alten ihre Schiffahrt angestellet.

Viel Sachen und Künste / die wir heut zu Tage besitzen / seynd bey den Alten wol bekannt / und in Brauch gewesen / aber nicht so vollkommen als jetzund. Dann von Tage zu Tage wird den Sachen mehr nachgedacht / und ist nichts im Anfange so vollkommen / als es hernacher durch fleißige Ubung und Verbesserung wird. Ein Exempel haben wir an der Schiff-Fahrt: Warlich die Griechen / Römer und andere Nationen für tausend Jahren seynd so hoch nicht gestiegen / in der Schiff-Fahrt / als unsere Leute heut zu Tage. Erstlich haben sie fast keine Schiffe gebrauchet / als mit Rudern / und seynd allezeit nicht weit von dem [333] Gestade des Meeres gefahren / und niemahlen weit vom Lande auf die hohe See gegangen. Wann sie aber durch Ungewitter seynd hinauf getrieben / und das Land aus dem Gesicht verlohren / haben sie kein ander Mittel gehabt / als nach dem Gestirn zu sehen /und auf derer Lauff Achtung zu geben / als da seynd der Nordstern / der kleine und grosse Bär / Cynofura und Helice genannt / (dahero die Phrasis, ad Cynofuram dirigere) der Abendstern / Zwilling / der Mond /etc. Beym Horatio in den Gesängen seynd hievon gute Gezeugnisse zu finden: Sic te Diva potens Cypri, (ist der Abendstern) Sic fratres Helenæ lucida sydera, (sind die Zwillinge.) Ventorumque regat Pater. Und am andern Ort: Simulatra nubes condidit Lunam: Neque certa fulgent sydera nautis. Offtmal geschah es / daß der Himmel mit Wolcken überzogen / den Schiff-Leuten keine Sterne zeigete / da segelten sie in der Irre nach ihrem Gutdüncken nicht ohne Leibs-Gefahr: Wol ist zu mercken / was Plinius schreibet von den Inwohnern der Insul Taprobana und Sumatra, gerade unter der Mittel-Linie gelegen /gleich fern vom Norden oder Süden / daß weil dieselbe nimmer sehen können den Nordstern / darnach sie ihres Schiffes Lauff richten / so nehmen sie etlich Vögel mit sich ins Schiff / von welchen sie bißweilen einen fliegen lassen / dem folgen sie immer nach /weil der Vogel aus innerlicher Regierung der Natur immerdar nach dem Lande fleuget / so am nähesten lieget. Diese Art zu segeln ist so lange im Gebrauch geblieben / biß ungefehr für 300. Jahren der See-Compaß endlich bekannt worden / und dessen Gebrauch ans Licht gebracht / davon die Alten nichts gewust: mit dem See-Compaß ist es also beschaffen daß [334] die stählerne Nadel / so darinn mit dem Magnet-Stein bestrichen / allezeit sich nach dem Norden wendet /und wo derselbe ist / anzeiget / es sey bey Tag oder bey Nacht / bey klarem oder duncklem Wetter. Ja nicht allein den Norden / sondern alle 32. Winde oder Ecken der Erden. Durch diß Mittel kan ein Schiffer sich kühnlich auf die grosse See begeben / und in seiner Kabuse sitzend wissen / auf was Tüttel der See sein Schiff stehe oder segele. Zwar die Alten haben wol gewust / daß der Magnet das Eisen an sich ziehe /aber daß er sich nach dem Norden und Süden wende /das ist ihnen gantz unbekannt gewesen / und ist davon kein Wort bey einigen alten Scribenten zufinden / allhie mag man wol gebrauchen den Vers des Ovidii:


– – Non omnia grandior ætas
Nos quæ scimus habet, seris venit usus ab annis.

Heute siehet und lernet man / was man gestern nicht gewust hat.

92. Welches von den beyden besser und gesünder - mager oder feiste seyn
92. Welches von den beyden besser und gesünder / mager oder feiste seyn:

Wann man von den beyden eines erwehlen solte und könte / von Feiste und Magerheit / so wär es viel gesünder und besser mager seyn / als feist. Ich will hier nicht von solcher erdichteten Magerheit / davon anderswo / reden: Sondern die den Menschen natürlicher Weise anhanget. Daß nun magere Leute gesünder seyn / länger leben / und viel bequemer zu allen Geschäfften des Leibes und Gemüths / als die feisten /ist aus folgenden Reden zu wissen und zu ersehen: Erstlich wird von der übermäßigen Feiste und Uberfluß des Geblüts die natürliche Hitze unterdrücket /und gleichsam verleschet / wie eine Lampe von allzuhäuffigem Oel. Hernacher seynd auch / wegen Uberfluß der Feuchtigkeit [335] feiste Menschen viel mehr und schweren Kranckheiten unterworffen als magere. Und zwar / was ist ein feister Wanst anders / als eine Bürde und unnützer Ballast / womit die Seele beladen ist? Gleich wie die Vögel / welchen an die Füsse Steine gebunden seynd / nicht können in die Höhe fliegen / also kan das Gemüthe und die Vernunft nicht erhoben werden zur Betrachtung und Erfindung subtiler Sachen / wann sie vom dicken feisten Balck unterdrücket wird: Vom Platone schreibet Basilius, daß er sey sehr dick und feist gewesen / und habe gerne wollen von dieser Bürde entlediget werden / da habe er ihm erwehlet den Ort zu Athen / Academia genannt /von ungesunder Lufft / garstiger Gestalt und unbequemer Gelegenheit: nemlich / er wolte lieber unbequem leben als feist seyn. Crates von Thebis, da er einen Gesellen sahe / der von vielen Essen und Trincken feist worden / hat geruffen: O du elender Mensch /halt auf / dir selber ein Gefängniß zu bauen! Hat wollen anzeigen / das beste Theil des Menschen sey die Seele / die im Leibe als in einem Gefängniß stecke; Je grösser und feister der Leib sey / je mehr die Seele beschweret werde.

Ich kan nicht unterlassen / ein merckliches Exempel anhero zu setzen eines feisten Bauches. Athenæus schreibet vom Dionysio, des Clearchi Sohn / daß er durch tägliches Wolleben dermassen am Leibe und Festigkeit zugenommen / daß er kaum habe mehr können Athem holen / daher er sich augenblicklich befürchtet eines geschwinden Todes. Dieser Beschwerung und Gefahr fürzukommen / haben die Aertzte viel lange / dünne spitzige Nadeln machen lassen /mit denselben ihm den Bauch allenthalben fort und fort gestochen / wann er [336] in einen tieffen Schlaff gefallen: So lange nun die Nadeln in die Feuchtigkeit oder das Schmeer des Bauches gegangen / so lange fühleteDionysius nichts: Wann sie aber an und ins Fleisch kamen / erwachete er alsbald. Wann er faß / hatte er einen grossen Kasten fürm Leibe / mit welchem der gantze Leib bedecket war / ausgenommen das Haupt /welches allein herfür guckete. Ist endlich elendiglich gestorben.

Ein dicker schwerer Wanst ist eine grosse Bürde.

93. Vielfrässe
93. Vielfrässe.

Unter viel-fräßigen Leuten mag billich vor den ersten gehalten / und an die Spitze gesetzet werden der starcke Milo von Crotona, von welchem gemeldet wird /daß er in einem mal aufgefressen 20. Pfund Brodt /und 20. Pfund Fleisch. Einmal wie die Griechischen Spiele Olympia gehalten wurden / hat der Milo einen vieljährigen Stier oder Ochsen auf seine Achsel genommen / solchen ohne Athemholen getragen 125. Schritt / hernacher mit seiner Faust denselben zu todte geschlagen / und ihn gantz aufgefressen. Diesem war nicht ungleich einer von des Käysers Aureolani Hof-Leuten / der auf einmal aufgefressen ein gantzes grosses wildes Schwein / 100. haußbackene Brod / einen Hammel und ein Ferckel. Dabeneben sich mit einem Trichter in den Mund füllen lassen ohngefehr zwey Eymer Weins. Der Aristodamus fraß gewöhnlich allein so viel / als 9. starcke hungerige Bauern. Diese alle hat übertroffen / wo nicht im Essen / dannoch im Trincken / ein berühmter Zech-Bruder / von dem folgendes beym Plinio gelesen wird: In Egypten werden die Eyer nicht von Hünern ausgebrütet / [337] sondern man hat sonderlich darzu bereitete Ofen / darein leget man etliche tausend Eyer / und lässet sie durch mittelmäßige Wärme von sich selber auskommen. So ist nun gewesen ein tapfferer Säuffer / welcher ihm ein Rohr lassen in den Halß stecken / und immerdar ohne Aufhören so lange Wein gesoffen / biß ein Satz Eyer ausgebrütet / und Küchlein daraus kommen seyn.


Mancher hält seinen Bauch für einen GOtt. Solche Leute sind ärger als das Vieh / das mit wenigem zu frieden ist / und sich nicht überladet.

94. Jüdisches Historien-Register
94. Jüdisches Historien-Register.

Vom Anfang der Welt / biß zur Sünd-Fluth / oder für den Sünd-Fluth seynd gewesen 5. Patriarchen / Adam, Seth, Henoch, Mathusalem, Noah. Adam der erste Mensch (προτοπλαςης) ist gebohren nicht von Vater und Mutter / sondern von GOtt gemacht aus einem Erdenkloß. Seth, Adams Sohn / ist der Mann / davon alle Menschen auf Erden kommen seynd: Dann Adams andere Kinder und ihre Nachkommen / sind alle in der Sünd-Fluth ersaufft worden. Henoch ist zwar gebohren / aber nicht gestorben / sondern weil er ein gottsfürchtiger Mann / von GOtt lebendig hinweg genommen / da er so viel Jahr alt gewesen / als das Jahr Tage hat / nemlich 365. Mathusalem ist der älteste gewesen / so jemahls gelebt hat erreichet 969. Jahr. Noah ist mitten in der Sünd-Fluth erhalten in einem Kasten / hat 3. Söhne gehabt. Vom ältesten /Japhet, seynd wir in Europa herkommen. Vom mittelsten / Sem, haben ihren Ursprung die Kinder Israel /alle Juden / und Christus selber. Vom [338] jüngsten /Cham, seynd kommen die Africaner und Fürsten der ersten Monarchie.

Nach der Sünd-Fluth haben gelebet 3. Patriarchen /Abraham ein Vater aller Gläubigen / der erstlich von GOtt empfangen den Bund der Beschneidung / Isaac, Abrahams Sohn / und Jacob oder Israel / Isaacs Sohn / der 12. Kinder gehabt / von welchen hernach herkommen die 12. Geschlechte Israel. Unter den Söhnen Jacobs ist auch gewesen Joseph / so in Egypten verkaufft / und allda beym Könige Pharao in grosser Würde gehalten / und seinen Vater und Brüder in der Theurung mit Nothdurfft versorget.

Diesen dreyen Patriarchen seynd gefolget zween Führer oder Hertzogen / Moses und Josua. Moses hat die Kinder Israel durchs rothe Meer geführet nach dem gelobten Lande Canaan / aus der Hand des Tyrannen Pharao. In der Wüsten auf dem Berge Sinai hat ihm GOtt das Gesetz oder die zehen Gebot gegeben. Moses ist nicht kommen ins verheissene Land /sondern in den Wüsten gestorben. Josua hat das Volck recht hinein geführet in Canaan / durch den Jordan.

Hierauf seynd gefolget 14. Richter / die lange Israel regieret / unter denselben ist auch gewesen Gideon, welcher mit 300. Mann / bey 120000. Feinde geschlagen. Auch der Jephta, der seine eigene Tochter geopffert. Auch der Simson, der stärckeste unter allen Menschen.

Nach den 14. Richtern seynd kommen / 3. Könige /Saul, David, Salomon. Saul erstlich fromm / darnach gottloß / hat durch eine Teuffels-Beschwererin des todten Samuelis Leib aus dem Grabe herfür gebracht. David ist erstlich ein Schaaf-Hirte und Harffenschläger [339] gewesen / hernach ein Prophet GOttes und König worden: Dessen Sohn gewesen Absalon / der schönste unter allen Männer. Salomon, Davids Sohn / der allerweiseste und reicheste / so jemahls gelebt / hat GOtt dem HErr einen köstlichen Tempel gebauet auf den Berg Moriah / da Abraham vormals seinen Sohn Isaac hat opffern wollen. Nach Salomonis Tode haben sich die 12. Stämme Israel von einander getrennet und getheilet in zwey Hauffen / ein jeglicher Hauffe hat einen besondern König erwehlet. Also seynd zweyerley Könige zugleich gewesen / die Könige Juda / und die Könige Israel. Der Könige Juda seynd gewesen nach einander 20. der Könige Israel 29. welche das Volck viel Jahre regieret / zu welcher Zeiten die meisten Propheten gelebet / deren Bücher in der Bibel zu finden. Die Könige haben geherrschet biß auf den Monarchen Nebucadnezar, dem der Prophet Daniel einen Traum vom grossen Bild ausgedeutet. Hernach ist der Tempel zu Jerusalem verstöret / und die Jüden gefänglich nach Babel geführet / auch in dem Gefängniß geblieben 70. Jahr. Nach welcher Verlauff zwar unterschiedliche Könige und Hohepriester unter ihnen gelebet / biß ins Neue Testament / aber ihre Policey ist gar schlecht bestellt gewesen / welche auch / nachdem Christus gebohren / gantz zerstöret worden.

Höret die Nahmen und Geschicht der Alten und mercket sie.

95. Römisches Historien-Register
95. Römisches Historien-Register.

Nach Verstörung der Stadt Troja ist Æneas ein Trojanischer Fürst / flüchtig mit seinen Gefehrten ins LandLatium (jetzund Italia) kommen / [340] damal regierte der König Latinus, dessen Tochter Laviniam Æneas gefreyet / und nach Latino König worden. Diese zween haben hinterlassen einen Sohn / genannt Sylvius. Dem hernach 12. andere Könige Sylvii, in Latio gefolget seynd / unter welchen der letzte Amulius Sylvius, und dessen Bruder Numitor. Von des Numitoris TochterRhea Sylvia, seynd gebohren Romulus und Remus, der die Stadt Rom erbauet / und ist Romulus der erste König zu Rom gewesen / dessen Leben und Thaten wir für diesem erzehlet. Romulo seynd gefolget 6. andere Römische Könige / als nemlich: Numa Pompilius, Tullus Hostilius, Ancus Martius, Tarquinius Priscus, Servius Tullius, Tarquinius der Hoffärtige. Von welchen in unterschiedlichen Satzungen schon vorhin geredet.

Diesen 7. Königen seynd gefolget erstlich die Bürgermeister / unter welchen der erste Lucius Brutus, der andere Valerius Publicola. Bald nach diesen ist erwehlet ein Dictator, welchem zwey Beile oder Aexte seynd zugegeben zum Schrecken / und darüber noch ein Magister Equitum. Darauf seynd vom Pöbel aufgeworffen und bestellet die Tribuni Plebis, welche dem Rath und Dictatoren entgegen gesetzet. Aus sich diese nicht wol haben vertragen können wegen der Gesetze und Ordnungen / hat man nach Athen gesandt / und von des Solonis und anderer Griechen Gesetzen etliche nach Rom geholet. Seynd also erwehlet die 10. Männer / und die Leges 12. Tabularum aufkommen /die doch nur zwey Jahr gewähret. Diese Regierung hat gewähret / biß vom Rath zu Rom zum einigen obersten Haupt erwehlet worden der Käyser Cajus Julius, dem Octavius Augustus gefolget / unter welchem Christus gebohren.

[341] Also hat ein Käyser nach dem andern regieret / biß auf 400. Jahr nach Christi Geburt / da das Römische Reicht getheilet / und etliche Käyser im Orient in Griechenland / etliche im Occident zu Rom und in Italia regieret. Unter diesen und den vorigen Käysern /seynd die Päbste herfür getreten / und des geistlichen Regiments / ja auch des weltlichen sich angemassen. Hernacher haben die Griechischen Käyser auch den Orient verlohren / und ist der Türcke Herrscher darüber worden.

Zuletzt hat man den Sitz des Römischen Käysers /aus Italien nach Teutschland gebracht Anno 800. und ist Italien den Päbsten geblieben; Teutschland aber dem Römischen Käyser biß auf den heutigen Tag.

Es finden sich allezeit neue Regenten und Veränderungen der Regimenter.

96. Die berühmtesten Berge in der Welt
96. Die berühmtesten Berge in der Welt.

Das Gebürge ist eben so wol im Anfange von GOtt erschaffen / als das ebene Feld / wie solches zu ersehen aus der Historie der Sünd-Fluth / in welcher vermeldet wird / daß das Wasser sey gestanden über die Spitzen der höhesten Berge 15. Ellen hoch. Nun seynd auf dem Erdkreise unterschiedliche Berge hin und wieder / derer etliche / und zwar die fürnehmsten hernach folgen.

Das Gebürge / welches man auf Teutsch nennet den Ronzeval / zu Latein Pyrene oder Pyrenæi montes, seynd unterschiedliche hohe Berge / nahe an einander gelegen zwischen Spanien und Franckreich / und scheiden diese zwey Königreiche von einander.

[342] Das Alp-Gebürge oder Schneeberg / weil eben die Spitzen allezeit mit Schnee bedecket seyn / Lateinisch hæc Alpis, oder hæ Alpes, lieget zwischen Italien /Schweitzerland und Franckreich / in die Länge bey 100000. Schritt / oder 25. Teutsche Meilen. Uber diese Alpes ist Hannibal mit seinem Kriegs-Heer gezogen / und müssen noch heute hinüber / die so aus Teutschland oder Franckreich nach Italien wollen.

Apenninus ist auch ein Gebürge / so sich mitten durch Italien erstrecket.

Atlas ist gelegen in Numidia, einer Landschafft Africæ, so hoch / daß die Wolcken schon mitten am Berge anfahen / und der Berg auch im heissen Sommer nimmer vom Schnee befreyet wird. Die Bewohner nennen ihn Columnam Cœli, zweiffels ohne hat daher ihren Ursprung die Fabel vom Mann Atlante, der den Himmel auf seinen Schultern trug.

Caucasus vom Aristotele gerühmt / ist gelegen in Indien nach dem Norden hin / und sondert Indien von Seythenland ab. Er strecket sich so weit in die Lufft hinauf / daß die Spitze den dritten Theil der Nacht /Morgens und Abends von der Sonnen beschienen wird.

Athos ist auch einer von den höhesten / in Macedonien gelegen / davon der Schatten so ferne gehet / daß er auch reicht biß in die Insul Lemnus über 86. Meilweges. Diesen Berg Athos hat König Xerxes durchstechen lassen / auf daß das Meer auf beyden Seiten zusammen flösse. Daher die Poeten ihn genennet den besegelten Berg. (Velificatus Athos.)

Es sind etliche Berge / welche nicht allein viel Meilen in die Lufft erhaben / sondern daneben auch allezeit brennen: Der fürnehmste unter solchen istÆtna, in [343] der Insul Sicilia, im Mittel-Meer / der immerdar Flammen auswirfft. Die Ursache dieses Feuers ist / dieweil der Berg inwendig voll Schwefels / Pech und feister / zum anzünden bequemer Materie / welche vom Winde durch enge Löcher und Gänge wird aufgeblasen / und in stets währender Glut erhalten.

Solcher Berge seynd drey auch in Yßland / derer Spitze allezeit mit Schnee bedecket / derer unterster Fuß von Flammen und Feuer glüet: Nemlich der Creutz-Berg / der Hecla und Helga, bey welchen Schwefel ausgegraben wird / und in dieser Oerter gebracht / offtmals wirfft dieser Schwefel-Berg grosse Steine und Stücke Schwefel von sich mit schrecklichem Knalle / daß auf viel Meilen kein Mensch hinzu gehen kan oder darff / und das Krachen über 80. Meilen gehöret wird.

GOtt hat allenthalben seine Wunder. Berge seynd von GOtt erschaffen.

97. Die obersten Helden - so sich im Trojanischen Kriege gebrauchen lassen
97. Die obersten Helden / so sich im Trojanischen Kriege gebrauchen lassen.

Des Trojanischen Krieges ist offtmals gedacht / da haben sich an beyden Seiten / so wohl der Phryger oder Trojaner / als der Griechen / treffliche Helden gebrauchen lassen / derer billich rühmlich soll gedacht werden:

Auf der Trojaner Seiten seynd gewesen / 1. Priamus, König zu Troja / dessen Hauß-Frau Hecuba /und die folgende Söhne.

2. Hector, der älteste und mannhaffteste unter allen Trojanern / gleich wie Achilles unter den Griechen /ist vom Achille ermordet worden.

[344] 3. Paris der ander / welcher die Helenam / KönigsMenelai Ehe-Gemahl / weggeführet / und sie zur Frauen genommen / ein Ursacher und Anfänger dieses Krieges.

4. Deiphobus. 5. Troilus, davon die Götter beschlossen / daß so lange er würde lebendig bleiben /Troja nicht solte überwunden werden. 6. Helenus. 7.Æneas, welcher nachmals die Stadt verrathen / von welchem Virgilius sein Buch Æneida geschrieben. 8.Mnestus. 9. Memnon. 10. Antenor, eben ein Verräther wie Æneas. 11. Polydamus. 12. Die Königin der Amazonen, Penthesilea.

Mit den Griechen habens gehalten diese folgende: 1. Agamemnon, ein Sohn Atrei, genannt Atrides der grösseste / ist gewesen das Haupt der gantzen Armade / seine Hauß-Frau Clitemnestra, hat in seinem Abwesen mit dem Ehebrecher Ægistho zugehalten / und wie Agamemnon wieder nach geendigtem Kriege zu Hause kommen / ist er von seiner Hauß-Frauen / und von dem Ægistho jämmerlich ermordet worden.

2. Menelaus, ein Bruder Agamemnonis, genanntAtrides der junge oder kleine / dessen Hauß-Frau die Helena / so von dem Paride weggeführet / ist vom Kriege lebendig wieder zu Hause angelanget / und hat seine Helenam wieder bekommen.

3. Achilles, der stärckeste unter allen Griechen /(daher alles / was starck ist / Achilleum genennet wird/) hat den Trojanern den meisten Schaden gethan: Ist doch endlich vom Paride schelmischer Weise im Kriege beym Altar in Troja erstochen worden / da er heimlich war hinkommen / in Meynung / des Paridis Schwester die Polyrenam zu freyen.

[345] 4. Patroclus, ein vertrauter Freund des Achillis, ist von dem Hectore erstochen.

5. Ulysses, König aus der Insul Ithaca, dessen Weib die keusche Penelope / wird gerühmet nicht allein wegen seiner Mannheit / sondern auch wegen der Beredsamkeit / Verschlagenheit und List. Nachdem er 10. Jahr in der Irre herum gewallet / ist er wieder zu Hause gelanget / wie anderswo bereits erzehlet.

6. Diomedes, nechst dem Achille der mannhafftigste / hat den Martem selbst / und die Venerem in die Hand verwundet.

7. Zween Ajaces, einer Telamonius, der ander Oileus.

8. Nestor, der alte Greiß / der keinen gleichen gehabt in Lieblichkeit der Reden / noch im starcken Trincken / wird genennet Triseclisenex, weil er dreyer Menschen Alter abgeleget: Ist auch wieder zu den Seinen kommen.

9. Palamedes 10. Neoptolemus.u. Teucer. Uber und beneben diesen Hertzogen / seynd bey den Griechen gewesen zween Aertzte: Podalirius und Machaon, (von welchem die Artzney-Kunst auch Machaonia genennet wird) wie dann auch zween Priester / der Chryses und Calchas.

Wer vor das Vaterland streitet / wird billich unter die Helden gezehlet.

98. Straffe der Vater-Mörder bey den alten Römern
98. Straffe der Vater-Mörder bey den alten Römern.

Wann jemand bey den alten Römern seine eigene Eltern umgebracht / der ward nicht auf gemeine Art gestraffet / sondern schrecklicher Weise [346] vom Leben zum Tode gebracht. Nemlich man nehete ihn lebendig in einen Sack / und gab ihm zur Gesellschaft gleich mit hinein einen Hauß-Hahn/ einen Affen / einen Hund /und eine Schlange / und warff ihn also ins Wasser. Der Hahn wird ihm beygeleget / weil der Hahn seinen eigenen Vater nicht bey sich leiden kan / sondern ihn stets beisset / ja offt wol gar tödtet. Also auch der Vater-Mörder. Der Affe / weil dieser zwar den Menschen scheinet äusserlich gleich und ähnlich zu seyn /inwendig aber ein grausames böses Thier ist. Also auch der Vater Mörder. Der Hund / weil dieser seines eigenen Geschlechts und Gattung nicht schonet / sondern beisset andere Hunde von sich / also auch der Vater-Mörder. Die Schlange / weil sie ein abgesagter Feind des Menschen ist / und selbigen tödtet / wann und wo sie kan / also auch der Vater-Mörder. Diese Thiere aber wurden zusammen hinein gesteckt in den Sack / damit wann sie bedränget wurden / und den Tod für Augen sahen / sie dem Vater-Mörder desto hefftiger zusetzen / und ihn angsteten. Der Sack ward darzu genommen / weil der Thäter nicht würdig / daß ihm die Sonne anscheinen solte. Endlich ward er ins Wasser geworffen / in Betrachtung / daß ein solcher Bube die Erde nicht betreten / und in ihrem Schooß /als unser aller Mutter / seine Ruhe und Schlaf-Stätte haben solte.


Grosse Sünde erfordert grosse Straffe.

99. Etliche berühmte Lust-Gärten
99. Etliche berühmte Lust-Gärten.

Es werden so wol in H. Schrifft / als bey Profan-Scribenten gerühmet unterschiedene Gärten. Als da seynd in der Bibel: Erstlich das Paradieß / oder der Garten Eden / darinnen die ersten Menschen [347] / Adam und dessen Weib Heva erschaffen und für dem Fall gewohnet / doch endlich nach ihrer Mißhandlung wieder hinaus getrieben. Im Paradieß seynd dreyerley Art Bäume gestanden / 1. allerley fruchtbare Bäume / zur Lust und Speise gegeben. 2. Der Baum des Lebens / durch dessen Krafft und Früchte der Mensch seine Gesundheit und vollkommene Jugend hätte erhalten können. Diesen Baum des Lebens haben drey Menschen gesehen (ohne Eva) I. Adam / II. Ezechiel / am 47. Cap. III. Johannes der Evangelist / Offenbahr. 22. Cap. 3. Der Baum der Wissenschafft Gutes und Böses / davon wider GOttes Willen Adam und Eva gessen. In diesem Garten ist der grösseste Schade geschehen / so jemals auf der Welt begangen.

2. Hernach wird auch gedacht in der H. Schrifft des Gartens in Gethsemane / in welchem Christus sein Leiden angefangen.

3. Josephs Garten / Matt 27. In diesen zween letzten Gärten ist das gröste Glück geschehen auf der Welt / dann darinnen das Werck unserer Erlösung sich angefangen und vollendet.

Belangend die Gärten von den Poeten und andern Heydnischen Authoren beschrieben / seynd unter denselben diese nicht die geringsten.

1. Der Hesperidum Garten in Africa / ist ehemals gelegen bey der Stadt Lyron. Es seynd aber drey Hesperides Schwestern gewesen mit Nahmen Ægla, Arerusa, Hesperitusa, welche in diesem ihrem Garten Bäume gehabt / so gantz güldene Aepffel getragen: Und dankt niemand dieselbe wegnehme / haben sie einen stetswachenden Drachen zum Wächter und Hüter [348] des Gartens gesetzet / doch dessen ungeachtet /ist Hercules an die Aepffel gerathen / und hat derer einen guten Hauffen abgepflücket / und mit sich weggetragen. Von diesen güldenen Aepffeln ist das Sprichwort kommen: Hesperidum mala largiri, wird verstanden von einer köstlichen Gabe.

2. Der Königin Semiramidis in der Lufft erhobene Gärten seynd gestanden auf Marmel-Seulen / und unter die grössesten Wunderwerck der Welt gerechnet worden.

3. Alcinoi, Königs der Phæacum, Gärten seynd beym Homero sehr berühmet wegen ihrer Grösse /Fruchtbarkeit / Menge der Bäume / mancherley Art der Früchte / und bequemer Gelegenheit des Orts.

4. Des Königs Cyri Gärten haben grosses Lob beym Xenophonte.

5. Des Tantali Garten wird auch bey den Poeten gedacht / wie dann auch des Adonidis Garten / die nur allein zur Lust gemacht / dahero das Sprichwort: Adonidis horti, ist gesagt von den lustigen / aber doch leichtfertigen und unnöthigen Dingen.

6. Bey den Römern seynd auch herrliche schöne Gärten gewesen / als Pompejani, Salustiani, Lucilliani, und andere mehr.

Alle diese Herrlichkeit / wo ist sie heut? Nicht einmal kan man die Stätte zeigen / da sie gestanden. Also ist alles vergänglich / und nichts währet ewig.

100. Beschreibung der Stadt Rostock
100. Beschreibung der Stadt Rostock.

Die Stadt Rostock hat ihren Nahmen von den Rosen /darum sie auch genennet wird / Urbs Rosarum, Rodante, Rhodopolis, (eine Rose heist Griechisch ῥόδοη,) ist zu erst gewesen ein kleines [349] Dörfflein /darinnen niemand als Fischer gewohnet. Hernacher aber ist diß Dorff zu einer Stadt gemacht für 487. Jahren: Nemlich im Jahr 1160. vom Könige Prisbislao, welcher der letzte unter den Wendischen und Mecklenburgischen Königen gewesen. Dann nach ihm seynd keine Könige / sondern Fürsten kommen / und ist Mecklenburg aus einem Königreich zum Fürstenthum gemacht. Es ist aber Rostock gelegen in Mecklenburg an der Warnau / daher die gebräuchlichePhrasis, Varniades Musæ, das ist / die Rostocker Academia. Der Warnau Ursprung aber ist im Dorff Hertzberg / 4. Meil von Parchim / und läufft erstlich auf Kribitz und Sternberg / hernach auf Butzow und Schwerin / daß man also von diesen Städten nach Rostock mit Boten fahren kan; Endlich fleußt die Warnau zu Warnemünde in den Belt / oder das Baltische Meer. Daher diese Phrasis: Musæ Balthicæ, Vicinæ ad Littora Balthes, das ist gleichfalls die Universität zu Rostock. Die Grösse der Stadt belangend / hat sie in ihrem Umkreiß 2200. Geometrische Schritt / jeden Schritt gerechnet auf dritthalb unserer Ellen / derer Schritt 4000. eine teutsche Meile thun. Die Breite vom Stein-Thor oder Mühlen-Thor biß an die Warnau hatt ohngefehr 330. solcher Schritte / die Länge vom Boamauischen / oder Kröplenischen Thor / biß an die S. Peters Thor / ist von 867. Schritt. Die Academia ist erstlich gestifftet und aufgerichtet für 211. Jahren /nemlich Anno 1419. auf Martini Tag / von Johanne und Alberto Fürsten zu Mecklenburg / und vom Pabst Martino Quinto bekräfftiget.

Die Häuser zu Rostock seynd zweyerley. Etliche geniessen der Academien Freyheit / das ist / seynd frey von [350] aller Unpflicht und Zulage / nemlichen die folgende sechse: 1. Das grosse Collegium Philosophicum mit seinen pertinentien / daran das schwartze Bret geschlagen: 2. Der Juristen Collegium aufm alten Marckte: 3. Der halbe Mond: 4. Die Arensborch. 5. Der rothe Löw: 6. Das Einhorn. Die andern alle / es wohnen Professores darinnen oder nicht / liegen zu Bürgerrecht / und sind aller Unpflicht unterworffen. Unter denenselben Bürgerlichen Häusern seynd nicht mehr als 250. Brau Hauser.

Die Einwohner der Stadt Rostock / das ist / unsere Vorfahren sind Papisten gewesen / biß auf das Jahr Christi 1526. in welchem erstmahls allhier Lutherisch geprediget hat / (acht Jahr hernach / als D. Luther erstlich aufgetreten) M. Joachimus Schlüter / aufm S. Peters Kirch-Hofe unter einer Linden. Darauf dann bald die gantze Stadt reformiret und Lutherisch worden.

Es hat aber Rostock einen grossen Krieg geführet Anno 1573. mit Hertzog Johann Albrecht / Fürsten zu Mecklenburg; Welcher Streit dessen Jahrs noch endlich beygeleget am Tage Matthäi. Daher Mathäus-Tag noch jährlich bey uns allhier gefeyret wird.

Es seynd zweyerley Regiment in Rostock. Ein anders hat die Stadt / ein anders die Academia. Im Rath-Stande seynd 24. Personen / unter welchen 4. Bürgermeister / 2. Kammerherren / 2. Weddeherren / 2. Richtherren. Aus denen übrigen werden erwehlet Weinherren / Apotheckerherren / Zoll- und Mühlherren. Die 2. Kammerherren sind bey Empfahung des Geldes / versehen alle gemeine Gebäu / und was sonsten ausserhalb [351] der Stadt zu bestellen. Die Wedde-Herren haben Aufsicht auf das Tieffe zu Warnemünde / auf die Nacht-Wache / auf alle Aemter in der Stadt. Die 2. Richter urtheilen alle Schuld- Halß- und Gerichts-Sachen. Diese Raths-Aemter blieben nicht allezeit / sondern werden mehrentheils von Jahren zu Jahren verändert. Wann aus dem Rath 3. oder 4. Personen gestorben / so erwehlet man auf Matthäi-Tag wiederum neue an der verstorbenen Stelle. Auch werden der Stadt-Satzungen alle Jahre vom Rath-Hause abgelesen / eins auf Matthäi / und eines auf Simonis Juda Tag.

Die Academia bereffend / seynd auch darinnen 24. Glieder / eben so wol als im Rathe / aus welchen man alle Jahr einen neuen Rectorem erwehlet.

Es hat aber die Academia zweyerley Patronos, nemlich den Fürsten von Mecklenburg / und den Rath der Stadt / daher auch zweyerley Professores seyn /als Fürstliche und Räthliche.

Derer Fürstlichen seynd in den drey obersten Facultäten / (nemlich in Theolog. Jurisprudent. und Medicina) noch eines so viel als Räthliche; Philos. aber seynd gleich viel von beyden Theilen / ausgenommen den Fürstl. Historicum, der übrig ist. Die FürstlichenProfessoren verwalten den Rectoratum, auch mehrentheils den Decanatum des Sommers / die Räthlichen den Winter über. Wann etwas nothwendiges zu berathschlagen / so fordert der Magnificus Rector dasConcilium zusammen / darinnen sitzen 18. Personen /9. Fürstliche / und 9. Räthliche Professores, und kan kein Rector erwehlet werden / der nicht mit im Concilio sitzet. Decani werden auch die / so ausserhalb[352] dem Concilio. Ferner gleichwie die Stadt ihre Secretarios und Syndicos hat / also die Academia auch einen Secretarium und Syndicum, und einen Buchdrucker / auch zween Pedellen oder Depositoren.

Alle / die dem Rath unterworffen / nemlich die Bürger in der Stadt und ihr Gesinde / müssen ihr Bier und Korn veraccisen. Aber die membra Academiæ das ist / nicht allein die Professores, sondern allegraduirte Personen / Kirchen- und Schul-Diener seynd Accisen frey.

Es ist zu Rostock eine gesunde Lufft / dann nach dem Mittage ist die Stadt hoch / mit erhobenen Wällen und Mauren umgeben / daß also die schädliche Pestilentzialische Lufft und ungesunde Südwinde mehrentheils überhin wehen / und nicht tieff in die Stadt kommen. Nach Mitternacht aber / oder gegen Norden am Strande / ist die Stadt niedrig / daß also die gesunden Nord-Winde die Gassen durch und durch wehen.

Aus diesen Ursachen wird bey uns gar selten die Luft vergifftet.


FINIS II. CENTURIÆ.

Das dritte Hundert nützlicher und lustiger Historien

1. Von dem trefflichen Gedächtniß etlicher Leute
1. Von dem trefflichen Gedächtniß etlicher Leute.

Seneca, ein berühmter Philosophus und Redner, schreibet von seiner eigenen Memoria, daß er zwey tausend Wörter eben in der Ordnung / wie sie vorgebracht und ausgesprochen / habe behalten und hersagen können / daß ihm auch zum öfftern von einem jeglichen seiner Mitschüler / derer über 2000. gewesen / ein Vers fürgesagt / welche Verse er alle nicht allein behalten / sondern auch nach empfangener Ordnung vom letzten biß zum ersten wieder herzusagen gewust.

M. Anton. Muretus vermeldet / er habe zu Padua einen Studenten gekannt / aus der Insul Corsica bürtig / welcher nicht nur 2000. wie Seneca, sondern 36000. Wörter / ebener massen / wie sie ihm vorgesagt / ordentlich nachgesprochen / ohne einiges Nachsinnen / von vorn / von hinten / von mitten / wie man begehrt.

Bemeldter Seneca zeuget vom Cynea gleicher Gestalt / daß / nachdem derselbige vom Könige Pyrrho an die Römer Gesandsweise abgefertiget / er des an dern Tages nach seiner Ankunfft nicht allein den gantzen Rath / sondern alle / in gantzer Menge umstehende Bürgerschafft / [354] habe mit ihren eigenen Nahmen gegrüsset / da er doch niemahlen zuvor weder die Stadt /noch dero Einwohner mit Augen gesehen.

Von einem andern wird daselbst erzehlet / als einmal ein Poet ein stattliches langes neues Carmen verfertiget / und solches öffentlich hergelesen / daß der ander aufgestanden / und gesagt: Dieses Carmen wäre sein / und nicht des Poeten: Habe es auch alsbald (da ers nur einmal gehöret) fertig aus dem Kopffe hingesagt / welches der Poet / dessen Carmen es war / nicht hat thun können.

Charmides war mit so herrlichem Gedächtniß begabet / daß / was man auch von ihm für ein Buch begehrte aus den Bibliothecken / er solches fertig vom Anfang biß zum Ende auswendig hersagte.

Diese alle hat übertroffen meines Erachtens der erste Römische Käyser / Julius Dictator, (wofern es nur nicht erdichtet ist / was man von ihm schreibet) von welchem Plinius meldet / daß er vier Dinge zugleich und auf einmal verrichten können / 1. Brieffe schreiben. 2. Bücher lesen. 3. Andern zuhören / und ihr Vorbringen vernehmen. 4. Seinen Dienern etwas in die Feder dictiret. Er habe 7. unterschiedliche Brieffe an seine Schreiber zu einer Zeit / aus einem Munde von wichtigen Sachen / ordentlich und verständlich zu schreiben in die Feder dictiret.

Warlich das Gedächtniß ist eine hohe Gabe GOttes welches dem Menschen gegeben wird / zum Theil von der Natur / zum Theil durch Kunst und Ubung. Ich halte es dafür / ein jeglicher wisse nur so viel und nichts mehr /als er in seinem Gedächtniß hat.

2. Etliche Kunst-Stücklein der alten Werckmeister
2. Etliche Kunst-Stücklein der alten Werckmeister.

[355] Der sehr weise Heyde Plato in seinem GesprächeMemnone, und dessen Schüler Aristoteles in seinenPoliticis, schreiben Wunderdinge von des Dœdali, eines kunstreichen Werckmeisters Arbeit / daß derselbe unterschiedliche Bildnisse geschnitzet und verfertiget / welche nicht allein von sich selber hingegangen /und was man ihnen zu arbeiten und zu verrichten anbefohlen / alsbald gethan und vollführet; Sondern nach geschehener Arbeit / wann man sie nicht alsbald fest angebunden / seynd sie von sich selber davon gelauffen / und nicht wieder kommen.

Plutarchus zeuget von dem Callicratide und Myrmecide, daß sie haben aus freyer Faust Wagen gemacht mit vier Rädern / Deichseln / und allem Zugehör / nur so groß / daß eine gemeine Fliege den gantzen Wagen hat bedecken können mit ihren Flügeln /und ist auf des Wagen Deichsel geschrieben gewest ein gantzer Vers Homeri. Eben dieselben Meister haben auch können auf ein Senff-Körnlein vollkömmlich schreiben etliche Griechische Vers desselben Homeri. Beym Æliano finden wir auch / daß einer gewesen / welcher das gantze Buch Homeri, Ilias genannt /so klein hat abgeschrieben / daß mans hat in eine Nuß-Schaale beschliessen und verbergen können.

Der Philosophus Architas von Tarento bürtig / hat von Holtze eine Taube geschnitzet / welche sich selber ohne Zuthun einiger Hülffe in die Lufft erhaben /und eine lange Zeit herum geflogen / wie solches zu lesen beym A. Gellio.

Archimedes hat auch von Glaß eine runde Welt-Kugel gemacht, innerhalb welcher man hat augenscheinlich sehen können des Himmels und der Sternen [356] Gestalt und Bewegung. Es ist darein verschlossen gewesen / die Sonne / der Mond und andere Sternen /die allda ihren Lauff gehalten und vollendet / als des Tages / des Monats / des Jahrs / eben solcher massen / wie am Himmel geschicht: Der Mond hat seinen Schein gleicher Gestalt verändert / wie er zu thun pfleget. Solches alles hat man durch das Glaß sehen können / und ist nicht irgendwo getrieben durch Räder / wie in den Uhrwercken geschicht / sondern durch einen natürlichen subtilen Geist / der alles obbesagter massen beweget / wie hievon Claudianus in seinen Versen rühmet.

Hieraus sehen wir / was menschliche Vernunfft und kunstreiche Hände vermögen. Es erlanget auch ein trefflicher Meister durch seiner Hände Arbeit groß Lob / und offt einen unsterblichen Nahmen.

3. Ob man den Sand am Meer zehlen könne
3. Ob man den Sand am Meer zehlen könne?

Der jetzund gedachte und billich gerühmte Archimedes von Syracusa ist in ein Gespräch gerathen mit dem Könige Geleone, da unter andern fürgefallen / ob man auch eine Zahl erfinden könte / welche höher und grösser wäre, als aller Sand am Meer? Archimedes hat sich erboten / dem König eine Zahl zu nennen und darzuthun / die nicht allein allen Sand übertreffe /sondern auch grösser wäre als alle Sand-Körnlein /wann auch der gantze Erdboden / das Meer / die Lufft / ja der Himmel biß zum höchsten Firmament damit erfüllet seyn solte. Solches hat er aus festem und gutem Grunde bewiesen / daß niemand daran zweiffeln / vielweniger solches umstossen können. Erstlich hat er geforschet und gesetzet / wie viel Sandkörnchen bey einander geleget / der Breite eines Gersten-Korns / [357] (welches ist die kleineste Maaß) gleich seyn? Ferner weil 4. solcher Gersten-Körnlein einen Fingerbreit machen: 4. Finger eine Hand: 4. Hände einen Fuß: 5. Füsse einen Schritt: 4000. Schritte eine gerechte Meile; so hat er leichtlich aussagen können / wie viel Sand-Körnlein bey einander geleget / eine Meile machen würden. Nun weiß man gar genau / wie viel Meilen des gantzen Erdkreises / (Erd und Wasser zusammen) Dicke / Breite / Länge in sich hält. Hat der halben Archimedes auch können wissen / wie viel Sand-Körnlein die gantze Erd-Kugel machte. Hernacher weil auch mehrentheils bekannt / wie viel Meilen seyn zwischen dem Mittel-Punct der Erden / und äusserstem Firmament, (man nennets der Welt halber Diameter) und aus solchem bewusten Diametro / man alsbald wissen kan den Erdkreiß des gantzen Firmaments; Und dann endlich aus beyden / so wol dem Diametro / als dem Umkreiß / die Dicke oder Capacität der gantzen Welt leicht zu erforschen stehet. Es hat Archimedes künstlich erfinden und aussagen können die Zahl / welche übertreffe alle Sand-Körnlein /wann auch mit denselben die gantze weite breite Welt solte ausgefüllet seyn. Solche Zahl (wie beym Archimedes selbst zu lesen / in seinem Büchlein de numero arenæ) ist dieselbe / wann man eins vorn an, und hernach ein und fünfftzig Ziffern schreibet.


Durch Kunst kan man viel zuwege bringen / welches die Unwissenden vor unmöglich halten.

4. Ob das Ey ehe gewesen oder die Henne
4. Ob das Ey ehe gewesen oder die Henne?

Plutarchus in seinen Tisch-Reden giebt eine Frage auf / nemlich: Ob das Ey älter sey / und für der Hennen gewesen / oder ob die Henne älter und für dem Ey? Als wolt er sprechen: Ist ein Ey / das muß von einer [358] Hennen gelegt seyn / derhalben gehet die Henne vor: Hingegen eine Henne / die muß aus dem Ey gebrütet seyn / darum gehet das Ey vor. Diese Frage scheinet lächerlich und unnöthig zu seyn / wann man sie bloß hin ansiehet: Aber sie hat viel in sich / nemlich den schweren Streit von der Welt-Ewigkeit und Unendlichkeit. Aristoteles und die meisten Heyden seynd der Meynung gewesen / als wäre die Welt von Ewigkeit gewesen / ohne Anfang / würde auch kein Ende oder Untergang gewinnen. Solches lässet sich mit obgegebener Frage vom Ey und der Hennen scheinbarlich behaupten. Dann man setze was man will / entweder das Ey sey älter oder die Henne / so hat ein jegliches eines vorhergehen / daraus es entsprossen und gebohren ist / und solches immer fort und fort / unendlich ohne Aufhören / in alle Ewigkeit. Dann nach Aristotelis Philosophie kan nichts aus nichts gebohren werden / sondern muß alles seinen Ursprung aus einem andern wesendlichen Dinge haben. Gehet derhalben die Fortbringung des Eyes und der Hennen biß in alle Ewigkeit hinaus.

Wir aber seynd aus GOttes Wort / oder der Heil. Schrifft besser unterrichtet / daraus wir lernen / daß am Anfange / so wol die Henne / als andere Vögel /Thiere und Creaturen von GOtt aus nichts geschaffen seynd / übernatürlich / und mit nichten aus Eyern oder andern Saamen / daraus sie natürlicher Weise wie jetzund nach der Erschaffung / fortgebracht werden. Ist derhalben die Henne erste gewesen / die hernacher Eyer und Jungen ausgebrütet / nach GOttes Ordnung die Natur gepflantzet. So wissen wir auch / daß die Welt nicht von Ewigkeit her [359] gewesen / sondern in der Zeit von GOtt geschaffen: Werde auch nicht in Ewigkeit bleiben / sondern zu seiner Zeit / wanns GOtt gefällt / untergehen.

Der natürliche Mensch vernimmt nicht / was des Geistes GOttes ist. Durch den Glauben mercken wir / daß alles / was man siehet / aus nichts worden ist.

5. Vom Pyramo und Thisbe
5. Vom Pyramo und Thisbe.

Ovidius in seinem Verwandlungs-Buche erzehlet eine schöne / doch klägliche Historie / von zweyen liebhabenden Personen / nemlich einem Jüngling / Pyramus genennet- und einer Jungfrau Thisbe: Derer Eltern in der Stadt Babylon gewohnet / und Nachbarn gewesen. Die Liebe unter diesen beyden ist anfänglich entsprossen aus der nachbarlichen Gesellschafft / und hernachmals also gewachsen / daß es ihrer beyder Leben gekostet. Die Eltern hielten diese ihrer Kinder beyderseits streng und hart / daher sie selten konten zusammen kommen / noch eines dem andern sein Hertz offenbahren. Die Liebhabenden aber mercketen in der Scheidewand zwischen ihrer beyder Losament einen Ritz oder Löchlein / durch welches sie endlich mit einander Sprache hielten / und unter sich beschlossen / die nechstfolgende Nacht heimlich / unwissend ihrer Eltern / auszugehen / sich zusammen zu finden / und ausserhalb der Stadt / an den Ort / da des mächtigen Königs Nini Begräbniß war / unter einem Maulbeer-Baum zu besprechen. Verrichteten auch solchen ihren Anschlag mit Fleiß. Die Thisbe kömmet erstlich dahin / aber unterwegens wird sie ohngefehr einer grausamen Löwin gewahr / welche von ihrem Raub kam mit blutigem Maule. / Zweiffels ohne aus dem nechsten Brunnen zu trincken: So bald Thisbe die Löwin kommen [360] siehet / fleucht sie / und verbirget sich / lässet aber im Lauffen ihren weissen Schleyer fallen / und hinter sich liegen. Die Löwin fasset den Schleyer ins Maul / besudelt ihn wol mit Blut / verlasset ihn doch endlich / und gehet ihres Weges. Bald hierauf kommt auch der Pyramus an denselben Ort /und nachdem er bey hellem Mondschein (dann dieses bey nächtlicher Weile geschehen /) der Löwin Fußstapffen im Sande gespühret / erschrickt er über die Massen / gehet doch fort / da findet er seiner Liebsten Thisben Schleyer mit Blut bespritzet / vermeynet derhalben nicht anders / dann daß sie von den wilden Thieren gefressen: Fähet ein jämmerlich Geschrey und Klagen an / und nach vielen vergossenen Thränen zeucht er sein Schwerdt aus / setzt das Gefäß an die Erde / die Spitze an die Brust / und stürtzet sich selber darein; Fällt also darnieder. Wie das geschehen /und der Thisbe die Furcht nunmehr vergangen /kommt sie wieder herfür / verfüget sich nach bestimmten Maulbeerbaum: Aber leyder! da findet sie ihren lieben Pyramum in seinem eigenen Blut wältzen / und nun fast Tods verblichen. Was ihr allda für Hertzeleid entstanden / ist leichtlich zu ermessen: Sie muthmassete aber wol daß ihr blutige Schleyer / und ihre Flucht dieses Unglücks Ursache gewesen. Derohalben nachdem sie schmertzlich geweinet / ihr Unglück mit tausend Seufftzen und Thränen beklaget /und nunmehr denselben für sich todt sahe / den sie mehr liebete als ihr eigenes Leben / hat sie auch nicht länger zu leben begehret / sondern zeucht dem Pyramo das Schwerdt aus dem Leibe / verflucht den Maulbeerbaum / beweinet ihrer beyder elende Eltern / und wünschet / daß der Baum nimmermehr weisse [361] Früchte trage / (wie er denn pflegete zu thun,) sondern allezeit schwartze / zum Zeichen dieses Leydes und der Traurigkeit. Bittet auch ferner / und wünschet von ihren Eltern / daß nach ihrer beyder Ableben / die Cörper in ein Grab zusammen geleget / und ob wol nicht im Leben / dannoch im Tode vereiniget werden möchten. Darauf sie dann alsbald auch ins Schwerdt gefallen /und Todes verblichen. Die Götter haben ihre Bitte erhöret / dann der Maulbeer-Baum nach der Zeit immer schwartze Beeren getragen: Und haben die Eltern dieser beyder Liebhabenden Cörper nach Gewohnheit verbrannt / und die Asche in ein Fäßlein zu Hauffe geschüttet / und also beygesetzet.


Also gehets / und ein solch Ende gewinnet die thörichte / unbedachte und unziemliche Liebe / wann Kinder wider ihrer Eltern Wissen und Willen / wider Zucht und Erbarkeit heimlich sich zusammen thun. Darauf folget nichts gewissers / als Schande und Unehre / Unglück und endlich auch ein schmählicher Tod.

6. Vom Hahnen-Geschrey
6. Vom Hahnen-Geschrey.

Die Philosophi (welche im Pantagruel verächtlich genennet werden: Gerne-Klugen) wann sie der natürlichen Dinge Eigenschafften / und derer Ursachen erforschen / bemühen sich auch unter andern zu wissen / woher es komme / oder was die Ursache sey / daß die Hähne zu Nachtzeiten / insonderheit gegen die Morgenstunde schreyen / oder wie wirs nennen / krehen? Da finden sich nun unterschiedliche Discursen; einer bringet diese Ursache / ein anderer jene. Der Türcken Mahomet in seinem Alcoran giebt für / es stehe oben im Himmel ferne über Sonn und Mond und allen Sternen ein grosser himmlischer Hahn /welcher / so bald er anfähet seine Stimme zu erheben /und zu [362] krehen / alsbald hören es alle Hähne hierunten auf Erden / und fahen an / ihme nachzuschreyen: Und so offt / auch zu welcher Stunde der grosse Urhahn sich rege / die Flügel schlage / folgen ihm die irrdischen Hähne ebener massen alle nach. Was von diesen Träumen zu halten / findet ein jeglicher Verständiger bey sich selbst. Daß die Hähne zu Nacht-Zeiten / und gemeiniglich kurtz vor der Sonnen Aufgang mit ihrer Stimme sich hören lassen / geschicht zweiffels ohne daher / weil alsdann durch der Sonnen Bewegung und Lauff unter dem Erdkreiß eine Veränderung der Lufft bey uns verursachet wird. Dann die Lufft anders beschaffen ist Abends / wann die Sonne untergehet / anders zu Mitternacht / anders gegen dem Morgen / so wol Wärme und Kälte belangend / als Feuchte und Trockenheit: Solche Lufft-Veränderungen empfinden die Hähne / und fast alle Gevögel / besser und ehe / als wir Menschen. Dadurch dann deroselben Geblüt und Feuchtigkeit des Leibes also bewogen wird /daß sie verursachet werden / sich zu regen und zu bewegen.

Daß man aber vorgiebt / als solten die Hähne zu gewisser beständiger Stunde schreyen / und also die Nacht-Stunden offenbahren / darum dann auch die Soldaten etliche Hähne mit sich zu Felde führen / welche sie an statt eines Uhrwercks gebrauchen / und von ihnen erlernen was die Glocke sey / solches ist der Warheit nicht gemäß / und hat keinen Grund in der Natur / noch in der täglichen Erfahrung.

Siehe / wie groß ist die Weißheit GOttes / auch in so geringen Dingen / daß die Gelehrten die Köpffe darüber müssen zubrechen.

7. Gewohnheit
7. Gewohnheit.

[363] Was die Auferziehung und das Gewehnen von Jugend auf vermag und wie viel daran gelegen / hat Plutarchus sehr schön angezeiget und bewiesen in seinem Büchlein von der Kinderzucht / da er unter andern auch diese Geschicht erzehlet: Lycurgus, der berühmte Gesetz-Geber unter den Spartanern / hat einsmals zwey junge Hunde / von einerley Hunden in einer Zucht gebohren / auf unterschiedliche und besondere Art gewehnet / erzogen und aufgebracht: Den einen hat er gewehnet zum Jagen / Hetzen / und aller fleißigen Aufwartung: Den andern in der Faullentzerey lassen hingehen / und mit köstlicher Speise und Leckerbißlein immer gefüllet: Nun auf eine Zeit wie die Lacedæmonier gar häuffig versammlet waren: hat er zu ihnen gesprochen: Ihr lieben Bürger von Sparta / daß die Lehre / die Ubung und das Gewehnen einen grossen Vorschub und Beförderung zur Tugend thue /will ich euch alsbald beweisen: Hat darauf ins Mittel und herfürgebracht ein Faß mit Gebratens / und einen lebendigen Haasen / und seine beyde Hunde loß und ledig darbey gestellet: Da ist der eine schleunig nach dem Haasen gelauffen: Der ander aber hat sich an das Gebratens gemacht. Wie die Bürger noch nicht verstehen und begreiffen können / was Lycurgus damit meynete / ist er in seine Rede fortgefahren / sagende: Höret ihr Lacedæmonier / diese zween Hund sind von einerley Eltern gebohren / auf eine Zeit / und an einen Ort / aber auf unterschiedliche Art habe ich sie auferzogen / daher ist der eine ein Jagt-Hund worden / und der ander taugt nirgends zu / als nur seinen Bauch zu füllen. Ebener massen verhält es sich mit euren Kindern. Ziehet ihr dieselbe auf zur Tugend / [364] haltet ihr die zur fleißigen Arbeit / so werden redliche geschickte Leute daraus / die dem gemeinen Besten nütz und dienstlich seyn können. Lasset ihr sie aber aufwachsen in Lastern / in Wollust / in Müßiggang / so werden sie eben so viel nutzen, als ein fauler untüchtiger Hund.


Hieher gehöret des Horatii Spruch: Ein neuer erdener Topff behält gar lange den Geruch / den er einmal an sich gezogen.

8. Wie es die alten Römer mit der Braut oder neuen Hochzeiterin gehalten
8. Wie es die alten Römer mit der Braut oder neuen Hochzeiterin gehalten.

Bey den Römern war der Gebrauch / wann Braut und Bäutigam Hochzeit machten / so ward der Braut für allen Dingen fürgestellet und præsentiret (1.) Wasser und Feuer / das muste sie mit ihren Händen berühren. (2.) Es wurden ihr die Haar mit der Spitze einer Helleparte oder Spiesses unterschieden / und also eine Scheidel gemacht. (3.) Fünff angezündete oder brennende wächserne Fackeln wurden ihr fürgetragen. (4.) Um den Leib ward sie gebunden mit einem breiten Gürtel oder Riemen. (5.) Und gleich wie bey den Griechen auf der Hochzeit gesungen ward Hymen, Hymenæus, also sungen die Römer das Braut-Liedlein / Talasius, Talasius. (6.) Wann man nach geendetem Hochzeit-Mahl die Braut ihrem jenen Ehemann ward zu Hause geführet / gieng sie selber nicht gutwillig über die Schwelle des Hauses / sondern ward von den beywesenden Freunden aufgehoben / und also gleichsam mit Gewalt hinein getragen. (7.) Muste aber mit sich ins Haus bringen eine Spindel und einen Spinnrocken / und des Bräutigams Thüre mit Wolle krönen und zieren. (8.) Wenn dieses [365] geschehen / fieng sie an ihrem jungen Ehegatten zuzuruffen / und zu sagen: Da du bist Cajus, da bin ich Caja. (9.) Ehe aber und bevor sie mit ihme zu Bette gieng / ward ihr der Braut-Gürtel öffentlich abgelöset / (10.) und musten sie beyde (Braut und Bräutigam) einen Quittenapffel aufessen / welchen Gebrauch der Solon vormals im Griechenlande angeodnet. (11.) Bald hierauf warff der junge Ehemann welsche Nüsse Hauffenweise unter das anwesende junge Volck. (12.) Es wurden aber nimmer Hochzeit gehalten im Monat Majo. (13.) Wie dann auch keine Jungfrau zu heyrathen pflegte an öffentlichen Feyer-Tagen / sondern den Wittwen war solches vergönnet. Diese und andere mehr Ceremonien seynd hin und wieder vom Plutarcho aufgezeichnet / und bey andern Authoren mehr zu finden.

Was hiemit die alten Römer gemeynet und vorgebildet / wird aus folgenden Bericht kürtzlich zu vernehmen seyn.

(1.) Feuer und Wasser ward der Braut angeboten /daß sie bey ihrem Manne getreu halten solte / ihn in keinem Unglück / noch in Feuer / noch in Wassers-Noth verlassen / oder von ihm weichen. (2.) Das Haar ward ihr mit einer spitzen eisern Hellepart von einander geschieden / zum Zeichen / daß der kalte und eiserne Tod allein sie von einander trennen solte. (3.) Fünff Kertzen wurden ihr fürgetragen / weil diese unebene Zahl sich nicht lässet gleich theilen: Also solten die beyden Ehegatten auch bey einander in Einigkeit leben / und sich nicht verunreinigen: Oder aber darum / weil zur beständigen Ehe fünff Götter die hülffliche Hand leisten (nach ihrem Aberglauben) Jupiter, als der höchste Vater; Juno, eine Freymacherin: Venus, als Mutter der Liebe: [366] Suada, als Göttin der freundlichen Beredung: Lucina, als Beförderin der Geburt oder des Kinder-Zeugens. (4.) Der Gürtel bedeutet die Jungfrauschafft und Keuschheit. (5.) Das BrautliedTalasius hat seinen Ursprung daher; Als Romulus mit Erbauung der Stadt Rom fertig war / und es seinem Mannsvolcke an Weibern mangelte / hat er ein Schauspiel angestellet / und darzu geladen der benachbarten Sabiner Töchter und Weiber / mitten im Spiel ist aus Angeben des Romuli ein jeglicher Mann zugelauffen /hat eine von den Sabinischen Weibs-Personen ergriffen / und mit sich nach Hause geführet. Damals eben ist nicht darbey gewesen ein edler / mannhaffter Jüngling / hoch von männiglich gehalten / mit Namen Talasius, für diesen haben die andern auch eine Sabinerin geraubet / und wie sie ihme dieselbe zubringen wolten / sind sie unterwegs von andern / die ihnen die Jungfrau wieder entwenden wollen / angesprenget worden. Weil nun Talasius überall wol bekannt / und viel gute Gönner hatte / haben die Jungfrauen-Führer geschrien: Talasius, Talasius soll diese haben. Also seynd sie unangefochten zum Talasio kommen / und haben ihm die Jungfrau überantwortet. Dannenhero weil diese beyde Menschen / Talasius, und seine zugebrachte Braut / nicht allein schön von Leibe / sondern auch in glücklicher / friedsamer und fruchtbarer Ehe ihr Leben biß ins hohe Alter zugebracht: Als hat man hernach auf allen Hochzeiten gesungen den Namen Talasius, damit gewünschet / daß es den jungen Hochzeitern eben so glücklich als Talasio mit seiner Ehegattin ergehen möchte. (6.) Die Braut muste nicht selber über die Schwelle treten / sondern ward ins Haus getragen, damit anzuzeigen, daß sie[367] auch nicht solte von sich selber wieder hinaus lauffen / noch dasselbe ihrem eigen unbesonnenen Willen nach ohne Ursach verlassen. (7.) Spindel und Rocken seynd der Frauen bestes Geräth. Solches haben sie der Hochzeiterin hiemit fleißig anbefohlen / und sie vermahnet / durch täglichen Fleiß ihres Mannes Hauß mit Wollen und Leinen zu versorgen und zu krönen. (8.) Das Liedlein du Cajus, ich Caja, bedeutet nichts anders / als daß die Frau theilhafftig werde alles dessen / das der Mann besitzet. Ist der Mann Cajus oder Herr / so ist die Frau billich Caja oder Mitherrscherrin. (9.) Die Ablösung des Gürtels zeiget an / daß eine Braut ihre Ehre und Jungfrauschafft ihrem Bräutigam solle auftragen und überlieffern / der allein Macht hat / solches zu geniessen. (10.) Solon hat angeordnet / daß Braut und Bräutigam mit einander einen Quitten-Apffel aufessen / damit anzudeuten /daß die eheliche Zusammenkunfft und Vereinigung soll lieblich / freundlich / anmuthig und wohlschmeckend seyn. (11.) Daß der junge Ehemann, Welsche Nüsse ausgeworffen / bedeutet / daß er nunmehr die Kinderschuh ablegen / den Jungen ihre Spiele lassen und sich des männlichen Standes annehmen müste. (12.) Warum im Majo keine Heyrathen geschehen /gibt Plutarchus diese Ursache / daß man im selben Monat vor Zeiten die alten Menschen zu Rom hat von der Brücken ab in die Tybet gestürtzet / daher diese Zeit unglücklich / verworffen und zu aller Frölichkeit unbequem gehalten worden. (13.) Den Wittwen war es vergönnet / Jungfrauen aber nicht / auf Fest-Tagen Hochzeit zu machen / weil alsdann die Leute meistentheils der öffentlichen Feyer beywohneten / und dahero sich bey der Hochzeit wenig [368] könten finden lassen. Es müssen aber Jungfrauen Ehren-Tage mit vieler ehrlichen Personen Gegenwart gezieret werden. Wittwen aber sollen sich in ihrem Heyraths-Tage der Stille befleissen / da sie billich wegen ihrer verstorbenen Männer noch etwas Traurigkeit im Hertzen behalten.

1. Lands-Sitten / Lands-Ehre. Anders lebet man bey uns / anders zu Rom. 2. Braut und Bräutigams Anverwandten sollen Ursache und Anlaß geben / daß die jungen Eheleute beyderseits ihrer Pflicht erinnert werden.

9. Die Höhe der Berge - und wie hoch die Wolcken - von der Erden
9. Die Höhe der Berge / und wie hoch die Wolcken / von der Erden.

Von der Berge Höhe wird viel geschrieben und ausgegeben / und offtmahls mehr / als es sich in der Wahrheit und in der That verhält oder befindet. Solinus meldet vom Berg Olympo in Thessalia, daß auf dessen Spitze ein Altar stehe / dem Gott Jupiter geheiliget: Wann darauf das Opffer verbrennet ist / und zu Aschen worden / und man in der Aschen mit dem Stecken oder Finger etwas geschrieben / so solle solches ebener Gestalt übers Jahr wieder gefunden werden / und von keinem Regen / Winde oder andrem Ungewitter verändert seyn: Weil die Höhe dieses Berges sich weit über die Mittel-Lufft biß an den Himmel erstrecke. Daher die Poeten auch den Himmel selbstOlympum nennen. Eben dasselbe erzehlet Mela auch vom Berge Athos in Macedonien, dessen Fluß oder unterster Theil in sich begreiffet / 238. teutsche Meilen.

Der Berge einer in Teneriffa (ist eine von den Canarischen Insulen) ist / nach Aussage des Scaligeri in die 15. teutsche Meilen in die Lufft erhoben.

[369] In der Insul S. Helenæ ist ein Berg / der sich über 20. teutsche Meilen in die See sehen läßt.

Atlas der Berg in Barbarien wird so hoch gehalten /daß er biß an den Himmel reicht / daher die Fabel vom Atlante ihren Ursprung genommen. Soll ein Mann gewesen seyn / nach der Poeten Aussage / der mit seinen Schultern den Himmel habe getragen und aufgehalten.

Ist diesem nun so / wie vorgegeben wird / so müssen die obbenannten Berge sich erstrecken über die Lufft / darinnen Wolcken / Regen / Schnee / Donner und Wind ihren Ursprung und fürnehmsten Sitz haben.

Meines Erachtens aber ist dieses viel anders / und nicht allerding der Wahrheit gemäß. Erstlich die Wolcken / Regen / Donner etc. belangende / so haben dieGeometræ, Posidonius, Plinius, Nannus und viele andere aus unfehlbaren Gründen bewiesen und dargethan / daß keine Wolcken über dreyzehendehalb teutsche Meilen von der Erden in die Lufft erhoben stehet / und weder Regen / Schnee noch Wind höher herunter falle. Fürs andere die Berge betreffend / haben gleichfalls die Mathematici, Theon, Cleomedes, Strabo, Albazen, Plinius, befunden mit ihren Instrumenten / und sonsten / daß kein Berg höher in die Lufft erhoben sey / als zum allermeisten drittehalb teutsche Meile: Verstehe nach dem Perpendicul / oder geraden Linie von der Spitze bis zum Fuß des Berges hinunter gelassen. Fehlet derhalben noch sehr viel daran ehe die Berge mit ihren Spitzen reichen biß an die Wolcken / und seynd nur Poetische Gedichte / was von der Asche aufm Olympischen Altar fürgegeben wird.

Zwar ich gebe es wol nach / daß der Berg S. Helena [370] in Teneriffa, und andere können gesehen werden auf dem Meer über 25. 28. Meilweges: Derohalben aber haben sie die erdichtete Höhe nicht. Dann es wird nur die Spitze darvon gesehen und nichts mehr. /Kan doch wohl ein Thurn in der Stadt so kaum 200. Schuh hoch / über etliche Meilen ins Gesicht kommen. (Wie dann unsere Rostocker Thürne in Dännemarck / bey Nieköpping am klaren Wetter / ohngefehr 10. Meilweges gesehen werden:) Wie solte dann nicht ein Berg höher als 6000. Schuh (seyn dritthalb Meilen) auf dem Meer empfunden / und von ferne gesehen werden.

Menschen Vernunfft steiget über alle Berge / über die Wolcken biß in Himmel.

10. Die Tieffe des Meers
10. Die Tieffe des Meers.

Vom Abgrund des Meers ist nicht einerley Meynung.Priscianus gedencket / daß Käyser Julius habe hin und wieder verständige Meister ausgeschicket / die Tieffe des Meers zu erforschen: Welche von ihnen befunden sey / an etlichen Orten 15. Stadia / das ist etwas weniger als eine halbe teutsche Meile. Dieses bekräfftiget Plinius im andern Buche Oppianus, ein Griechischer Scribent / in der See-Kunst wol erfahren / kömmt etwas tieffer / und setzet 300. Orgias, das ist / drey und dreyßig halbe Stadia, oder ein wenig mehr als eine gantze teutsche Meile. Diese ist der alten Meynung gewesen von der Tieffe des Meers / welche warlich viel näher kommen seynd / als Scaliger, der gantz lächerlich schreibet / das Meer sey selten tieffer / als 80. Schritte / (175. Schritt geben ein Stadien.)

Heute zu Tage hat man etwas gewissers hievon erfahren / [371] durch Hülffe des Loths / das ist / eines langen Fadens / daran die Bleykugel fest gemacht / welche man hinunter auf den Grund der See fallen läst / wieder aufzeucht / und hernach die Länge des genetzten Fadens misset. Es befindet sich aber das Meer an allen Orten nicht gleich tieff / welches den Schiffern insonderheit zu wissen nöthig ist. Noch zur Zeit / so viel man mit dem Loth erforschen können / ist die gröste Tieffe befunden bey dritthalb oder ja 3. Teutsche Meilen.

Nichts destoweniger seynd auch Oerter in dem Meer / da kein Loth gründen kan / sondern ein unermeßlicher Abgrund gefunden wird / welches auch dem Solino und Plinio nicht unbewust gewesen. Solche Abgründe haben die Holländer gefunden im West-Meer nach der neuen Welt. Ein solcher ist auch im Mitternächtigen Nord-Meer / über Norwegen / daselbst ein wunderbahrer / unerforschlicher Schlund dessen gleichen nirgends in der Welt zu finden. Es erstrecket sich auf 13. Meilen in der Runde: In dessen Mittel ist ein Felß / von den Bewohnern Moußke geheissen. Dieser Schlund verschlinget und zeucht an sich alle sechs Stunden alles was vorhanden / Wasser / Wallfische / Lastschiffe / etc. mit solcher Gewaltsamkeit und Umdrehen / und Brausen / daß es unaussprechlich: Die andern sechs Stunden speyet er alles wieder aus / was er zuvor verschlungen hat / mit solcher Ungestümmigkeit / also daß keine Last / kein Schiff / kein Wallfisch so schwer / welches nicht wieder heraus muß / oder welches hätte können zu Grund gelangen. Diese wiederholete Fluth nennet Mela einen Athem der Welt: Solinus, die Naßlöcher der See: Andere den Nabel des Meers. Ich dörffte schier sagen[372] daß diß sey die Scylla und Charybdis der Alten: DerAcheruns des Suidæ und Orphei: Des Platonis und Arist. Tartarus: Der unergründliche Sod oder Sumpff des Democriti: Und möchte jemand muthmassen /daß diß wäre der Ursprung und Ursache der Ebbe und Fluth in der See.

Der Vernunfft seynd noch nicht alle Heimlichkeiten der Natur bekannt.

11. Kurze Antwort etlicher Griechen
11. Kurze Antwort etlicher Griechen.

Die Lacones oder Spartaner / Einwohner der StadtLacedæmon, seynd von Jugend auf durch Antrieb desLycurgi gehalten worden / nicht allein zur Tugend und allerley guten Ubungen / sondern auch zum kurtzreden / daß sie mit wenigen Worten haben ihre Meynung zu verstehen geben / und vielmehr den Kern /das ist / die Sache an ihr selber / als die Schale / das ist / die Wort in acht nehmen müssen. Dessen will ich etliche wenige Exempel anhero setzen. Dionysius der Tyrann / hat sich gegen die Spartaner erboten / sie zu vertheidigen gegen dem König Philippo aus Macedonien. Da schickten sie einen Gesandten zu ihm / worauf Dionysius, wie er ihn sahe / ungeduldig ward / zu schelten und zu ruffen anfieng: Haben die Lacedämonier nur einen an mich gesandt / deme der Gesandte nicht mehr geantwortet als: Einen zu dir einem. Darauf sich Dionysius zu den Spartanern verfügete. Unterdessen schrieb der König Philippus an die Spartaner / und erbot sich hoch gegen ihnen / er wolte zu ihnen kommen / und ihnen allen guten Willen erzeigen. Diese antworteten mit kurtzem: Dionysius zu Corintho. Philippus entrüstet und ungeduldig hat wiederum ein langes Schreiben an sie abgehen [373] lassen: Wo er zu ihnen kommen / und sein Kriegs-Heer über sie führen würde / wolte er alle ihre Städte und Gräntzen verstören und zunichte machen. Darauf sie nur schlecht geantwortet: Wo? Abermahl hat Philippus geschrieben: Ob sie ihn dann nicht wolten einnehmen? Haben sie ihm ein grosses Papier / darauf mit grossen Buchstaben das einige Wörtlein NEIN geschrieben / wieder zugeschickt. Letztlich hat Philippus noch eins versuchen wollen und sie fragen lassen: Ob sie sich lieber ihm ergeben / und unterthänig werden: Oder / ob sie lieber alle des Todes sterben wolten? Welches ihnen von diesen beyden gefiele? IstPhilippo von ihnen zur Antwort worden: KEINES.


Das Mittel ists beste: Nicht zu viel Wesens / nicht zu kurz verschnittene und karge Worte.

12. Sein eigen Unheil nicht verschweigen können
12. Sein eigen Unheil nicht verschweigen können.

Daß mancher / was er gedenckt / oder schon begangen hat / nicht verschweigen kan / sondern andern unbedachtsam offenbahret / bringet ihn offtmahls in Leib-und Lebens-Gefahr / da er / wann er hätte heimlich halten können / in gutem Wohlstande blieben wäre. Diese folgend Geschicht vom Plutarcho im Büchlein von der Plauderey aufgezeichnet werden solches bekräfftigen und wahr machen:

1. Die Stadt Rom war durch des Neronis Tyranney ins äusserste Elend gesetzet. So war es beschlossen /daß man diesen Unholden solte aus dem Wege räumen. Darzu auch einer bestellt / der die Hand anlegen / und ihm den Rest geben solte: Eine Nacht war nur dazwischen / daß es geschehen solte / da kömmt der[374] zum Todschlag bestellete des Tages zuvor auf den Marckt / siehet einen aus Befehl des Neronis gebunden zum Tode führen: Kan nicht schweigen: Bläset dem Gefangenen heimlich ins Ohr / er solte zusehen /daß dieser Tag nur fürüber paßirte: Morgen solls wohl anders mit ihm werden. Der Gebundene dachte sein Leben zu retten / offenbahret dem Neroni des andern heimliche Wort: Nero lässet denselben greiffen /fragt nach / und verschaffet / daß der Schwätzer gepeiniget ward / der bekannte endlich / was er wäre zu thun gesinnet gewesen. Darum er dann auch greulich gemartert / und elendiglich hingerichtet worden. Hätte dieser geschwiegen / er wäre wohl geblieben.

2. Käyser Augustus hatte einen guten Freund / Fulvium genannt: Dem klagte er sein Elend / daß er nemlich in seinem Alter ohne Erben abgehen müste / und nicht mehr übrig hatte als seinen Posthum, der doch der Stadt verwiesen war. Doch offenbahret er demFulvio, wäre er gesinnet und entschlossen / den Posthum wieder nach Rom zu fordern / und ihm das Regiment zu übergeben. Fulvius kommt nach Hauß: Offenbahret seiner Frauen des Käysers Meynung: Diese nicht faul / gehet bald hin zur Livia Augusti Weib /(welche ihren eigenen Sohn hatte / des Augusti Stieff-Sohn / dem sie gern das Regiment gönnete /) und erzehlet ihr / was sie gehöret: Livia fähet mit ihren Herrn dem Augusto an zu keiffen und zu schelten /und gebährdet sich gar übel. Des andern Morgens kommt Fulvius zum Augusto, spricht nach seiner Gewohnheit / GOtt grüsse dich Käyser! Augustus antwortet: Gute Weile / gehab dich wohl / Fulvi. Wie er solches gehöret / ist er schleunig nach Hause gangen /[375] hat sein Weib zu sich gefordert / und ihr gesagt: Dar Käyser weiß und hat erfahren / daß ich seine Heimlichkeit nicht habe verschwiegen: Darum bald ein Messer her / daß ich mich ersteche und sterbe. Das Weib antwortet: Billich und recht / mein Mann / hast du so viel Jahr mit mir gelebet / und noch nicht gelernet / dich für meiner ungehaltenen Zunge zu hüten? Laß mich aber ehe sterben dann du. Damit sie ein Schwerdt gezücket und sich erstochen / und der Mann bald ingleichen nach ihr. Also sind diese beyde Eheleute durch ihre eigene Wäscherey ums Leben kommen.

3. Zu Lacedæmon ward von zween Dieben derPalladis Tempel bestohlen: Wie nun die Bürger häuffig dahin gelauffen kamen / fand man eine ledige Flasche daselbst liegen. Bald hub sich ein Getümmel an /und wollte ein jeder gern wissen / was die leere Flasche bedeute: Da trat unter dem Hauffen einer herfür /und sagte: Ihr guten Brüder / wann ihr vernehmen wollet / was mir ohngefehr einfällt von dieser Flaschen / will ichs euch sagen: Mich deucht / daß die Kirchenräuber / ehe sie diese gefährliche That angegangen / haben Schirlings-Safft getruncken / und in dieser Flaschen Wein gehabt / zu dem Ende / daß /dafern sie betroffen würden auf frischer That / sie alsbald von dem Gifft stürben. Wo sie aber ledig und unangefochten davon kämen / sie alsdann den Wein austrincken / und ihnen also der Gifft keinen Schaden thäte: (Dann der Wein dem Schirling seine Krafft benimmt.) Diese Rede ist den Umstehenden verdächtig vorkommen: Haben derowegen dem Menschen schärffer zugesetzet / und ihn dermassen ausgefraget / daß er endlich selber bekennet / er wäre der Dieb / der das also begangen hätte.

[376] Das mag wohl heissen: Schweigen bringet niemand Schad; Reden manchen getödtet hat.

13. Riesen
13. Riesen.

Daß Riesen zu jederzeit gewesen / ist ausser allem Zweiffel. In der H. Schrifft wird ihrer gedacht und insonderheit der Kinder Enacks / welche alle gewaltige Riesen / das Land Canaan bewohnet / so ungeheuer und groß / daß die Israelitische Abgesandte für ihnen wie Heuschrecken anzusehen und zu halten gewesen /Num. 13. am Ende. Ein Riese war auch Goliath / 6. Ellen und einer Handbreit hoch / so mächtig starck und groß / daß sein Pantzer gewogen 5000. Seckel Ertz: Das Eisen seines Spiesses 600. Seckel: Der Schafft seines Spiesses war wie ein Weberbaum / 1.Sam. 17. Für der Sündfluth seynd noch die größten Riesen gewesen / unter welchen auch Noah einer / wie von ihm schreibet und bezeuget Berosus, und die erfahrnesten Talmudisten mit bekennen. Die Heidnischen Scribenten thun gleicher gestalt sehr offt Meldung von den Riesen / mischen aber doch viel Fabelwercks mit unter. Beym Homero seynd berühmet dieCyclopes, und derer Fürst Polyphemus, davon wir in der vorhergehenden Centuria gesagt. Natalis Comes, ein Ausleger der Poetischen Gedichte / schreibet / daß in Thessalia gefunden / und aus der Erden gegraben sey ein Knoche von eines Menschen Schenckel / so groß und schwer / daß / wann es auf einen Wagen geleget / dreyßig Paar starcker Ochsen solches kaum haben aus der Stelle schleppen können. Ein anderer gelehrter Mann / Baptista Pius, welcher über den Lucretium geschrieben / bezeuget / daß er mit seinen Augen habe [377] liegen sehen am Ufer des Meers zu Utica einen Menschen-Zahn / so groß / daß ihm unserer gemeiner Zähne kaum hundert gleich. Heut zu Tage ist ein grosses Land / sich etliche viel hundert Meilen erstreckend / in der neuen Welt / genannt Chili undChica, dessen Einwohner allzumahl schreckliche grosse Riesen seynd / gegen welche die Holländer / so dahin kommen / als Krähen oder kleine Hündlein geschienen. Diese / auf daß sie ihre Mannheit und Stärcke den Holländern erzeigten / haben ihre lange Spiesse mit eisernen scharffen spitzigen Widerzacken oben versehen und beschlagen / durch den Mund und den Halß / bis unten auf den Grund des Magens hinab gestossen / und bald hernach wieder ohne Schaden heraus gezogen. Da dann zu verwundern / daß die scharffe eisernen Spitzen nicht irgendwo im Halse stecken blieben.


Man findet offtmahls grosse ungeheure Leute / die doch gar kleinen und geringen Verstand haben? Im Gegentheil kleine Leute / die mit grosser fürtrefflicher Weißheit begabet.

14. Clæliæ einer Römischen Jungfrauen behertzte und Männliche That
14. Clæliæ einer Römischen Jungfrauen behertzte und Männliche That.

Wie der berühmte Kriegs-Fürst aus Etruria der Porsenna, die Stadt Rom belagert hielt / und man auf beyden Seiten etlicher Sachen halber tractirte / seynd dem Porsennæ von den Römern zu Geisseln gegeben und überantwortet worden 10. Knaben / und 10. Jungfrauen / welche in des Porsennæ Läger alle wohl und ehrlich gehalten worden. Den Jungfrauen ward frey gegeben / auf gewisse Zeit ans Wasser zu gehen und sich zu baden. Eines Tages spatzierten diese 10. Jungfrauen etwas ferne vom Läger an einen Fluß /und eine unter ihnen / Clælia geheissen / [378] überredet die andern / daß eine jegliche ihr Hembde ums Haupt wickelte / und sich bemühete den Fluß hinüber zu schwimmen / wieder nach Rom zu. Es war aber der Fluß trefflich breit / und hatte überaus tieffe Schlünde: Das Wasser schoß schnell wie ein Pfeil / und war wegen vieler Wirbel überaus gefährlich zu schiffen. Diß alles ungeachtet / habens gleichwol die Jungfrauen gewagt. Clælia ist voran geschwummen / also /daß sie endlich alle mit grosser Arbeit und Gefahr hinüber kommen / und wieder in Rom zu den Ihrigen gelanget. Die Römer / wie sie solches gesehen / haben sich zwar über die grosse Mannheit und Hertzhafftigkeit dieser Jungfrauen zum höchsten verwundert: Seynd aber mit der That selber nicht zufrieden gewesen / weil sie nicht gesinnet noch gewohnet / ihren Glauben zu brechen / und nicht zu halten. Wurden derohalben die Jungfrauen alsbald wieder aus der Stadt geführet / und dem Porsennæ zum zweytenmal ins Läger überantwortet. Porsenna erstarret über die Tugend und Keckheit dieser Weibsbilder / fraget / welche unter ihnen die Angeberin und Ursache gewesen wäre dieser Flucht? Clælia unerschrocken antwortet alsbald: Sie hätte es den andern gerathen / und wäre voran geschwummen. Da hat Porsenna ein schönes köstliches Pferd herbringen lassen / und solches derClæliæ verehret / anzuzeigen / daß ihr Hertz mehr Männlicher Tugend hätte / als Weibischer Art wäre. Solches hat auch die Römer bewogen / daß sie in der Stadt Rom ein ehrnes Bild in Lebens-Grösse der Clæliæ ähnlich auf einen ehrnen Pferde sitzend aufgerichtet / zum ewigwährendem Gedächtniß der geschehenen That.


[379] Das Weibliche Geschlecht ist eben so wohl als die Männer / mit Tugend / Weißheit und löblichen Thaten begabet und gezieret / und was solte jenen mehr mangeln als diesen.

15. Warum man zu dieser Zeit das Jahr vom Januario anfähet
15. Warum man zu dieser Zeit das Jahr vom Januario anfähet?

Wie vormahls Romulus die Stadt / nach seinem Namen Roma genennet / gebauet / und fast alles in Richtigkeit gebracht hatte / hat er auch die jährliche Zeit in Ordnung zu setzen vorgenommen: Derohalben das gantze Jahr ausgetheilet in zehen gewisse Monaten / unter welchen den ersten er Martium geheissen /dem Gott Marti zu Ehren / von welchem er meynete gebohren zu seyn / und den er für seinen Vatter hielte: Auch weil er eines Martialischen Geistes war / und dem Kriege inbrünstig zugethan. Darbeneben ist darum auch Martius zum ersten Monat des Jahrs gemacht und erkohren / weil in demselbigen die Sonne (des Jahrs einige Mutter und Ursache /) ihren Lauff durch den Himmlischen Thierkreiß aufs neue wieder anfähet / und in das erste Zeichen nemlich den Widder eintritt. Also hielt es Romulus für billich und recht /daß so wohl die Sonne als das Jahr einerley Antritt /oder auf eine Zeit ihren Anfang nehme. Nach demMartio folgen die andern Monaten ordentlich / Aprilis oder Venus Monat (Aphrodite ist die Venus) Majus, der Aelter-Monat (von den Majoribus.) Junius der Jünger-Monat (von den Junioribus.) Quintilis der fünffte vom Martio, welchen Käyser Julius erst umgetaufft / und ihm seinen eigenen Nahmen gegeben /und Julius geheissen. Sextilis, der sechste / vom Käyser Augusto geheissen Augustus. September der siebende. October der achte. November [380] der neundte /December der zehende. Diese seyn die Monaten alle gewesen / vom Romulo eingesetzet: Des Romuli Nachfolger / König Numa, hat noch zween andere hinzu gethan: Nemlich Januarium, vom zweyköpffigen alten Lateinischen König / Jano, genennet. UndFebruarium, vom alten Wörtlein Februare, reinigen /oder von Februis, das ist Seelmessen / welche in diesem Monat die Römer vor alter Zeit für ihre verstorbene Freunde jährlich zu begehen pflegten. Es hat aber dem Numæ gefallen / daß das Jahr seinen Anfang nehme vom Januario, dem der Februarius und diesem hernacher die andern Monaten in ihrer Ordnung folgen solten. Die Ursache / so ihn bewogen /diese Veränderung zu machen / ist zweiffels ohne diese gewesen: Weil um diese Zeit kurtz vor demJanuario die liebe Sonne / nach dem sie am allerweitesten von uns gegangen / sich wiederum zu uns kehret / und näher zu uns herauf zu steigen beginnet: Alsdann fahen die Tage an sich zu längern: Alsdann tritt der Safft wieder in die Bäume: Alsdann fähet die gantze Natur dieser Oerter eine heimliche Bewegung an. Wir Christen aber haben viel grössere Ursache das Jahr vom Januario anzuheben / angesehen zu die ser Zeit die Sonne der Gerechtigkeit / Christus JEsus /uns ist aufgegangen aus der Höhe / und hat Menschliche Natur durch seine freudenreiche Geburt an sich genommen / uns dadurch zu Kindern GOttes gemacht / deß wir ihm billich Danck sagen in Ewigkeit.


GOtt hat Lichter am Himmel gesetzet / daß sie theilen das Jahr.

16. Warum die Weiber mit weissen Schleyern
16. Warum die Weiber mit weissen Schleyern /die Männer aber gantz schwartz trauern.

[381] Den ersten Punct dieser Frage hat Plutarchus in seinen Römischen Fragstücken in etwas berühret. Er vermeynet aber / daß es fürnemlich darum geschehe /entweder weil der todte Leichnam mit weissen Leinwand bekleidet wird / (welche Arbeit gemeiniglich die Weiber verrichten /) daß darum die nechsten Verwandten sich befleißigen / eben dergleichen Zierrath an ihrem Leibe zu tragen: Darum aber wird der verstorbene Cörper in weisse reine Tücher gewickelt /weil man verhoffet / die Seele des Verstorbenen (welche man nicht bekleiden kan) sey nunmehr rein / weiß und frey von aller Arbeit und Befleckung: Oder entweder darum / weil bey Leichen die allereinfältigste /schlechteste und am wenigsten kostbare Farbe wohlstehet / und billich gebrauchet wird: Weisse Farbe ist die reineste / die einfältigste nicht durch Kunst / oder mancherley Materien zuwegen gebracht / sondern von Natur herrührend: Und die Todten seynd von gleicher Art / schlecht ohne Vermischung. Warum aber die Männer schwartz trauren / ist leichtlich zu ermessen: Nemlich / weil diese Farbe der Finsterniß ähnlich /oder der tunckeln Erden / darunter der Leichnam soll geleget werden: Oder weil schwartz Geblüt / und sonsten alles schwartz nicht allein die Traurigkeit stärcket / sondern dieselbe auch anzeiget / und deren ein merckliches Zeichen ist / auch davon herrühret.


Daß man seine Todten betraure und beweine / ist Menschlich / ist billich / ist Christlich. Mercke aber / daß auch hierinnen die Frauen / wie in andern unterschiedlichen Dingen / den Männern das Gegentheil halten.

17. Wunderliche Wirckung der Music an dem Dänischen König Erico
17. Wunderliche Wirckung der Music an dem Dänischen König Erico.

[382] Ich weiß mich zu erinnern / daß ich bey einem Geschichtschreiber der Nordländischen Historien gelesen habe / daß beym Könige Erico in Dännemarck vor etlichen Jahren am Hofe ein Lautenist oder Instrument-Schläger gewesen / welcher sich berühmet / daß er mit seiner Kunst die Zuhörer dergestalt bewegen könte / daß sie auch unsinnig oder rasend würden. Solches hat König Erich zu sehen / und zu erfahren begehret: Derhalben dem Lautenschläger befohlen / er solte solches darthun und beweisen. Dieser hats angenommen / und ins Werck zu richten versprochen: Damit aber alles ohne Schaden möchte abgehen / hat gedachter Musicant befohlen / alle Wehr und Waffen hinweg zu tragen / und in der Nähe Wächter und Trabanten bestellet / welche wann sie ein Getümmel hören würden / herein dringen / und allem Unheil fürkämen. Auch damit sie selber gleich mit den andern nicht rasend würden / solten sie ihm / dem Musico /die Laute schleunig aus der Hand reissen / und auf dem Kopff oder an der Wand zerschmettern. Was geschicht? Anfänglich hat dieser Meister eine Melodey ungewöhnlicher Ernsthafftigkeit auf seiner Lauten geschlagen / dadurch die Zuhörer alsbald zur Traurigkeit gebracht / und gleichsam verstarret. Bald darauf hat er ein so liebliches lustiges und anmuthiges Liedlein gemacht / daß die Gemüther gantz verändert / mit äusserlichen Geberden ihre Frölichkeit zu verstehen gegeben / und sich kaum vom Tantzen enthalten können: Aber zuletzt hat dieser Meister angefangen / auf eine sonderliche strenge und durchdringende Art also zu spielen / daß alle Gegenwärtige von Sinnen kommen / und unter einander sich zu schlagen und zu tumultuiren [383] angefangen. Zu diesem Geschrey sind die Wächter oder Trabanten ins Losament gebrochen /und haben den wütenden / und nunmehr tollen KönigEricum nicht so viel halten können / daß er nicht ihrer Rappier eines ergriffen / und vier von den Seinigen damit durchstochen / doch endlich (nachdem dem Lautenisten die Laute genommen und zerschlagen) ist er mit vielen Stuhlküssen zur Erden geschlagen / und also gefället: Als er zur vorigen Vernunfft wiederum gelanget / ist er / seine begangene Sünde und Todschlag zu versöhnen / nach Jerusalem gereiset mit seinem Gemahl / und seyn in der Insul Cypro alle beyde Todes verfahren.


Ich muß zwar bekennen / daß die Music ein grosses vermag ist der Menschen Hertz und Sinn. Aber daß dieser Effect durch die Kunst allein verrichtet / glaube ich nicht. Der Teuffel gebrauchet offtmals solche Mittel / die Menschen zu betrügen und in Unfall zu bringen.

18. Orpheus mit seiner Leyer
18. Orpheus mit seiner Leyer.

Orpheus ist aus Tracia bürtig gewesen / der vor seinem Vatter Apollo nicht allein die Leyer empfangen /sondern auch so künstlich darauf spielen gelernet /daß er mit seinem Gesange die Bäume bewegen: Die wilden unvernünfftigen grausamen Thiere an sich ziehen und zahm machen: Die rauschende und starckfliessende Wasserströme zum Stillstehen bewegen: Ja den Mond in seinem Lauff aufhalten / und vom Himmel herunter ziehen können. Seine Haußfrau ist gewesen Euridice, welche / wie sie Aristæus zur unzüchtigen Liebe bereden wollen / sie aber demselben entflohen / von einer gifftigen Schlangen gestochen worden / daß sie balde Todes verfahret. Diese seine Euridicen hat Orpheus so inbrünstig geliebet / daß er auch ihrenthalben sich unterstanden nach der Hölle des Plutonis Hauß zu spatzieren / da dann aller [384] verstorbenen Seelen Platz und Wohnstatt gewesen / der Meynung /seine liebe Euridicen wieder ans Licht / und in diese Welt zu bringen. Also hat er seine Leyer zur Hand genommen / ist damit hinab zu den Verstorbenen gestiegen / allda er dann dem Plutoni, und dessen Frau Proserpinæ, auch denen andern höllischen Geistern aufgespielet / und ein so kläglich und beweglich Liedlein hergemacht / daß er sie zur Erbarmung beweget: Dar auf dann die Proserpina ihm seine liebste Euridicen wieder gegeben / und mit sich nach Hause zu führen vergönnet / aber doch mit diesem Bedinge / daß sie ihm hinten nach im Rücken folgen / und er der Orpheus durchaus nicht zurücke sehen solte / ehe er ans Licht der Ober-Welt käme. Orpheus spatzieret voran / stimmet seine Leyer an / und stillet mit deren süssem Klange den höllischen Hund Cerberum, und andere /so ihm können zu wider fallen: Euridice folget ihm auf dem Fusse nach / er aber / aus grosser Liebe hertzlich begehrend seine Liebste anzuschauen / hat der Proserpinæ Befehl in Vergessenheit gestellet /und sich nach Euridicen umgesehen / die dann zur Stund wieder verschwunden / und zu dem Unterirrdischen gekehret. Orpheus mit unüberwindlichen Schmertzen und höchster Traurigkeit erfüllet / ist (mit seiner Leyer) durch alle Wäld- und Thäler gelauffen /hat sein Elend beklaget / und immerfort um seine liebste Euridice geruffen und geschrien / und nicht allein nach der Zeit kein Weibsbild mehr ansehen wollen /sondern auch alle Männer von der Frauen-Liebe abgemahnet. Dieses hat die Weiber / und insonderheit die Priesterinnen des Abgotts Bachi dermassen verdrossen / daß sie Orpheum gegriffen / todt geschlagen /seine Gebeine hin- und [385] wieder zerstreuet / und das Haupt / wie nicht weniger die Leyer in den Fluß Hebrum geworffen. Die Musæ aber (Göttinnen des Gesangs) haben die zerstreueten Gebeine ihres getreuen Dieners Orphei wieder zusammen gelesen / selbige samt dem Haupte begraben / und die Leyer zu seinem Lob und Gedächtniß an das Firmament des Himmels gesetzet: Allda noch heute zu Tage ein Gestirn leuchtet / welches Lyra Orphei genennet wird.

Durch diß Gedichte haben die Poeten wollen andeuten die Krafft und Nutz der Beredsamkeit / mit welcher /als mit einem süssen Klange Orpheus ein Weltweiser verständiger Mann die unvernünfftigen Menschen /welche vor Zeiten als die wilden Thiere gelebet / zur Tugend und Erbarkeit gebracht.

19. Des Apollinis viereckicht Altar in Delo wird verdoppelt
19. Des Apollinis viereckicht Altar in Delo wird verdoppelt.

Bey den Historicis hin und wieder wird gedacht / daß in Griechenland auf eine Zeit eine schreckliche Pestilentz sich erreget / dadurch viel tausend Menschen hinweg gestorben. Da haben die in der Insul Delo ihren Abgott dem Apollinem gefraget / (der allda ein viereckicht Altar / einem grossen Würffel gleich / gehabt / und geweissaget /) was sie thun solten damit sie des Unglücks entfreyet würden? Woran ihnen Apollo zur Antwort geben: Sie solten sein viereckicht Altar in Delo verdoppeln oder noch ein so groß machen / so würde die Pest aufhören. Hierauf haben die Delii eben einen solchen Altar / als des Apollinis war / verfertiget / von gleicher Grösse und Gestalt und denselben oben auf den andern gesetzet / in Meynung / sie hättens gar wol getroffen / und den Altar nun doppelt gemacht / oder aber / wie Plutarchus es dafür hält / [386] im Büchlein vom Abgott Socratis, haben die Delii jegliche Seite des Altars doppelt genommen / und so ein neues viereckichtes Werck daraus verfertiget. Nichts desto weniger hielt die Pest eben starck an / und war keine Enderung zu spüren. Der Apollo ist deßwegen abermal um Rath gefraget worden / welcher geantwortet: Sie hätten seinem Befehl noch kein Genügen gethan / dann auf diese erste Art hätten sie keinen viereckichten Altar / sondern ein länglicht Werck einem Pfeiler gleich gemacht / oder (auf die andere Art) hätten sie es nicht verdoppelt / sondern achtmal vergrössert / sie soltens nur messen / so würden sie befinden / daß der neue Altar achtmal grösser als der vorige wäre. Nun wusten diese Leute ihnen selber nicht zu rathen / massen sie der Geometrey gantz unerfahren / verfügten sich derowegen zum Platone, damals berühmten weisen Manne zu Athen / fragten den / wie des Abgotts Meynung zu verstehen sey? Plato antwortet: Es sey eben des Apollinis Meynung nicht /oder / Apollo frage so groß nicht nach dem doppelten Altar / als daß er den Deliis, und allen Griechen befehle / daß sie von dem stetigen Kriegen und Streiten abstehen / und an derer statt die Wissenschafft und guten Künste lernen / und sich deren befleißigen solten / dann es sey unmüglich / ein viereckiges Werck zu einen Cubum oder Würffel) doppelt zu machen /wo man nicht, der allersubtilesten Mathematischen Künste Wissenschafft und Erfahrenheit habe.


Was den Deliis gemangelt hat / das mangelt heut dem meisten Theil der Menschen / man begiebt sich auf unnöthige / ja schädliche Wege / und die herrlichen Künste der Weißheit und Erudition lässet man fahren: Daher kommen dann auch Plagen und Straffen über Land und Leute.

20. Der Erdkugel Umkreiß und Grösse
[387] 20. Der Erdkugel Umkreiß und Grösse.

Wann man die gantze runde Kugel / vom Erdreich und Meer oder Wasser zusammen gesetzet / darauf wir Menschen und alle Thiere ihren Aufenthalt haben / gegen das Firmament der Sternen hält / und vergleichet / so ist sie nicht grösser als ein Sandkörnlein. Dann eines von den allerkleinesten Sternlein des Himmels / welches zur Nacht kaum kan gesehen werden /ist vielmahl grösser / als der gantze Erdenkreiß / und scheinet doch so klein / wie viel kleiner würde die Erdkugel scheinen / wann einer am Firmament stehen und herunter schauen könte. Obwohl aber in Ansehen des Himmels / die Erde so gar nichts oder gering / so ist doch gegen uns Menschen zu rechnen / weit / breit und groß genug. Was erstlich anbetrifft die Länge vom Niedergang biß zum Aufgang der Sonnen / von einem Punct anzufahen / und rund um die Erdkugel zu gehen / biß wieder an denselben Punct: Oder (welches gleich) vom äussersten Mittage biß nach dem Norden und Mitternacht / gleichfalls um und um / so haben die Erfahrnesten und Weisesten unter den Geographis befunden / daß solcher Umlauff in einem Circul der Erden halte 5400. teutsche Meilen. Dann weil ein grosser Circul rund um die Erdkugel gezogen / von den Meistern der Stern-Kunst getheilet wird in 360. Theile oder Grad / als hat man aus ohnfehlbarer Erfahrung befunden / daß ein jeder Grad sich erstrecke in die 15. Meilen / derohalben thun 360. Grad 5400. Meilen. Ferner / wann eine teutsche Meile hält 4000. Schritt / kömmt der gantze Umkreiß der Erdkugel /21600000. Schritt / ein Schritt aber hält fünf Schuh /[388] wird der Umkreiß der Erden 208000000. Schuh lang /und so fort an.

Fürs ander / von der Tieffe der Erden zu reden / wie weit es sey von unsern Füssen / oder von dem Ort /darauf wir stehen / biß zum Mittel-Punct / das ist zur innerlichster Tieffe / am allerweitesten vom runden Umkreiß / ist solches auch leichtlich zu wissen / wann der Umkreiß bekannt. Aus unserm befundenen Umkreiß / 5400. Meilen / befindet sich die Tieffe der Erdkugel biß zum Mittelpunct 859. und ein eilfften Theil teutscher Meilweges. Es wird von vielen dafür gehalten / daß im gedachten finstern Mittel-Punct der Erden / die Hölle / das ist der Verdammten Seelen Herberge sey / die dann nicht nöthig haben / eine so grosse Reise zu Fuß oder Pferde zu thun / sondern fahren hinab in Augenblick / von dannen keiner ans Licht dieses Lebens wieder kommet. Es ist nur eine erdichtete und Griechische Lügen / was Plinius l. 2. c. ult. von Dionysiodoro schreibet / daß nach dessen Tode man in dem Grabe / darein ihn seine Verwandten bestattet / einen Brieff gefunden / welchen er Dionysiodorus aus der Höllen an die Lebendigen auf Erden geschrieben / und darinnen angezeiget / daß von dannen biß zu uns wären 24000. Sradia, das ist /2312. und eine halbe Meile: Hat also der gute Dionysiodorus gar zu einen weiten Umtritt gekommen /denn er viel näher zur Herberge hätte gelangen können.

Aus Menschen düncket alles Irrdische in unsern Augen groß und prächtig / da es doch gegen den Himmel / und das Ewige kaum zu Stäubichen ist: Nach diesem solten wir uns sehnen / und jenes fahren lassen.

21. Pandoræ Büchse
21. Pandoræ Büchse.

[389] Die Griechischen Poeten / Hesiodus, Apollonius und andere / haben ein Mährlein erzehlet von der schönenPandora, welches also lautet: Als Prometheus, einer aus des Japeti Geschlechte / dem Gott Jovi das Feuer aus dem Himmel gestohlen / und den Menschen zugebracht / hat ihn Jupiter wiederum das einträncken /und solche Ubelthat vergelten wollen / derohalben dem Schmiede-Gott Vulcano ein schönes liebliches Weibesbild zu verfertigen anbefohlen / welches er denn auch gethan / und daß war also / daß zuvor dergleichen Creatur niemahls gewesen. Dahero alle Göttinnen zugelauffen / und diese schöne Frau beschauet / auch dergestalt beliebt / daß eine jegliche sie mit etwas begabet: Venus hat ihr geschencket die Lieblichkeit: Juno, Reichthum: Minerva, Weißheit:Suada, Beredsamkeit / deßwegen sie auch ihren Nahmen bekommen / und Pandora das ist / alle Gaben geheissen worden. Dieser Pandora hat Jupiter eine Büchse gegeben / und nachdem er alles Unglück und Ubel / das man erdencken mag / darein gegossen / hat er die Büchse zugemacht / und der Pandora befohlen / damit nach Prometheo zu spatzieren / und selbige als eine köstlich Geschenck / ihm zu verehren. Solches wird ins Werck gerichtet / aber Prometheus hat die Gabe nicht wollen annehmen / sondern dieses Weib angeschaffet. Pandora verfüget sich mit ihrer Büchse nach Epimetheo: Dieser nimmts zu Danck an / wie er aber den Deckel aufmacht / siehe / da fleucht alles Unglück und Böses mit grossem Ungestüm heraus / das zerstreuet sich hin und wieder in der Welt /und bedecket den ganzen Erdboden / wie bey nahe alles hinaus / hat Epimetheus kaum den Deckel wieder zugemacht / und ist oben an dem Rande allein die Hoffnung sitzen blieben.


[390] Pandora ist nichts als die Sünde / welche alles Böses und Unglück in die Welt bracht. Ob sie wol von aussen schön gleisset / und den Menschen lieblich vorkömmt / verbirget sie doch hinter sich ein Hauffen Ubels: Eitel Verderben / Untergang und ewige Quaal. Glückselig ist der / und ein weiser Prometheus, der sie nicht annimmt / und ihr weder statt noch Raum giebt. Ein fürwitziger Epimetheus wird nach der That Leid und Reu genug empfinden.

22. Prometheus
22. Prometheus.

Prometheus wird vom Ovidio im ersten Buch der Verwandelung / vom Hesiodo in der Götter Geburt /vom Horatio in den Gesängen / gehalten und ausgeschrien für den ersten Menschenmacher. Dann sie geben für / daß / als noch keine Menschen auf Erden gewesen / er einen Klumpen Töpfferlehm genommen /und gar künstlich aus demselben formiret Menschen-Bilder / (die hernach lebendig worden /) denen hat er jeglichem eine besondere Natur / Art und Eigenschafft eingegossen: Einem die Furchtsamkeit der Frösche: Einem andern die Narrheit und Poßirlichkeit der Hasen: Diesem die Listigkeit der Füchse: Jenem den Ehrgeitz der Pfauen: Einem andern die Grausamkeit der Tiegerthiere: Diesem den Grimm der Löwen. Dannenhero es gekommen / daß so unterschiedliche Complexionen und Eigenschafften der Menschen seyn / nemlich daß etliche hasiren / etliche gern im Nassen seyn / wie die Frösche: Andere hoffärtig und aufgeblasen / wie die Pfauen; Andere grimmig und böß wie Löwen und Bären und so fortan. An dem Prometheo tadelt diß insonderheit der Poet Propertius im 3. Buch / daß er zwar dem menschlichen Leibe leibliche Affecten und Zuneigung angethan und gegeben / aber die Seele leer und loß gelassen / bloß aller Wissen schafft und Gaben. [391] Wie solches der weise Aristoteles beklaget / sagend: Die Seele des Menschen sey gleich einer Schreib-Tafel / darein gantz nichts gezeichnet /und der Mensch bringe nichts in seiner Vernunfft mit auf die Welt / als nur eitel Mangel und Bresthafftigkeit.

Ferner wird vom Prometheo erzehlet / er habe auf einmal zween Ochsen geschlachtet / denenselben die Häute abgezogen / das Fleisch von allen Knochen abgeschnitten / und jegliches besonder gelassen: Hernach in die eine Haut die Knochen genehet / und verborgen in die andere das Fleisch: Selbige zwo Häute dem Gott Jovi dargereichet und mit dem Beding geopffert / daß er eine davon erwehlen / und für sich behalten solte. Jupiter hat gar wohl des Promethei Betrug gemercket / und aus eignem Willen und Vorsatz die Haut / darinn die Knochen verborgen / erwehlet: Darüber Prometheus gefrolocket / und den Jovem beschimpffet. Er aber Jupiter hat dem menschlichen Geschlechte zur Straffe das Element des Feuers von der Erde weggenommen. Prometheus nicht faul / wendet so viel Fleiß an / daß er nahe zur Sonnen kommt / und stecket etliche dürre Reiser bey deroselben Strahlen anbringet also das gestohlene Feuer wieder auf Erden und giebts den Menschen. Diese freventliche That hatJupiter also gestrafft / daß er erstlich dem Prometheo das Weib Pandoram, mit der unglücklichen Büchse zugeschicket: Und / wie er dieselbe verachten ihn denPrometheum anderwerts durch den Mercurium an den hohen Berg Caucasum mit eisernen Ketten anschmieden lassen / und einen Adler gefodert / der immer fort und fort des Promethei Leber wegfressen müssen /welche allezeit wieder neu gewachsen.

[392] Prometheus ist ein Spiegel und Vorbild eines weissen und vernünfftigen Menschen / der sich um das menschliche Geschlechte wol verdienet gemacht / ihnen gute Künste offenbahret und gelehret / für Lastern und Ubelthat sich hüten / aber gemeiniglich mit Undanck am Ende belohnet wird.

23. Oracula, oder Weissager-Götzen der Alten
23. Oracula, oder Weissager-Götzen der Alten.

Bey den Heyden vor Christi Geburt / hat der Teuffel nicht allein hin und wieder seine getreue Diener und Schüler gehabt / sondern auch seine eigene Kirche /Altare und Gottesdienste: Ja hat leibhafftig denen Menschen / die ihn um Rath gefraget / und gegenwärtige / ungewisse oder zukünfftige neue Dinge wissen wollen / von Mund zu Mund geantwortet / wenn sie ihn gefraget. Daher man solche Ausrede oder Antwort Oracula genennet. Unter allen Weissager-Geistern /oder Götzen / ist der zu Delphis der berühmteste und fürnehmste gewesen: Daselbst der Teuffel ein vierecket Altar gehabt / darauf ein Bildniß Phœbi oderApollinis gestanden / und nicht ferne davon ein güldener Dreyfuß: Wann nun zweiffelhafftige Sachen fürgefallen / oder wann man zukünfftiger Dinge Ausgang wissen wollen / ist man von allen Orten dahin gelauffen / und hat das Oraculum beym Dreyfuß gefraget: Welches dann auf die gegebene Frage Antwort zu geben nicht faul gewesen / die dann dermassen von den Leuten angenommen / und vor so wahr und gewiß gehalten worden / als wanns GOtt vom Himmel selbst geredet hätte. (Dahero die Lateinischen Sprüchwörter: Quasi ex tripode dictum, oder Oraculi instar.) Unterdessen aber ist nur eitel Betrug gewesen: Dann die gegebene Antwort also dem Teuffel auf Schrauben gestellet gewesen / daß [393] sie so wohl für den Frager / als für den Gegentheil hat können verstanden und ausgedeutet werden. Zum Exempel: König Crœsus wolte einen Krieg anfahen und angehen: Er fragete denPhœbum zu Delphis wie es damit ablauffen würde: Darauf hat der Teuffel geantwortet:


Crœsus Halym penetrans magnam pervertet opuvim:
Bringt Croesus übern Fluß Halyn sein Zeug und Sachen /
Er wird gewiss groß Gut und Volck zu nichte machen.

Das hat Crœsus auf seine Seite gedeutet / als wann er den Feinden würde Abbruch thun. Der Abgott aber hat ihn geäffet / und also verstanden und geredet: Daß Crœsus sein eigen Gut und Volck würde ins Verderben stürtzen / welches dann auch geschehen.

Als der Pyrrhus, König in Epiro, aus dem Geschlechte Æaci, die Römer bestreiten wolte / hat er gleichfalls vom selbigem Abgott zu wissen begehret wie es ihm in der Schlacht gehen würde? Darauf ist diese Antwort worden:


Ajo te Æacida Romanos vìncere posse:
Auf fürgebrachte Frag geb ich dir den Bericht:
Das Volck von Rom bezwingt des Æaci Sohn nicht.

Pyrrhus vermeynte / die Römer würden ihn nicht überwinden: Der Abgott aber meynete die Römer würden gewinnen; Aber der Pyrrhus nicht.

Des letzten Römischen Königs Tarquinii des Hofärtigen zwey Söhne / Tytus und Aruns wurden gesand nach Delphis den Abgott Apollinem zu fragen was die greuliche Schlange bedeutete / die aus der höltzernen Seule des Königlichen Pallasts herfür [394] gebrochen? Denen zween wurde zum Gefehrten mit gegeben Lucius Junius, den man sonst Brutum nennete. Diese drey fragten auch aus Fürwitz den Abgott / wer zu Rom nach des Königs Abgang regieren würde? Das Oraculum hat gesagt:


Die Götter werden den zum Regiment erheben /

Der von euch erst den Kuß wird seiner Mutter geben.


Titus und Aruns verstehen ihre eigene Mutter Tulliam: Lauffen geschwinde voraus dieselbe zu küssen. Der Abgott aber verstund unser aller Mutter / die Erde / welches der Brutus muthmassete / fiel nieder und kossete die Erde / und ward bald hernach / alsTarquinius aus Rom vertrieben / und die Könige ein Ende hatten / der erste Bürgermeister und Regent zu Rom.

Dieses Oraculum und, alle andere haben aufgehöret / wie der Hebräische Knabe / das ist / der Sohn GOttes JEsus Christus / in die Welt kommen / und des Teuffels Werck zerstöret.

1. Der Teuffel affet GOtt nach: GOtt hat im Alten Testament seinem Volcke zukünfftige Sachen verkündiget /wann sie ihn befraget / so hats der Teuffel auch thun wollen / die Menschen zu betriegen. 2. Der Teuffel ist von Anfang her ein Lügner und Betrüger gewesen / und bleibts auch noch. 3. Der den Teuffel um Rath fraget / wird geäffet und betrogen.

24. Weisse Raben - schwartze Schwäne - rother Schnee
24. Weisse Raben / schwartze Schwäne / rother Schnee.

Unsere Meister in der Disputir- oder Vernunfft-Kunst pflegen zum Exempel der Eigenschafften / die in der Natur nicht können vom Dinge abgeschieden werden /anzuziehen der Raben Schwärtze: der Schwanen oder des Schnees Weisse: Und meynen / so wol die gedachten Meister / als auch die Poeten / [395] daß es gleichsam eine Unmüglichkeit sey / und ein unerhörtes Ding / einen weissen Raben / roth oder gelben Schnee /einen schwartzen Schwan zu sehen / corvo rarior albo, nigroque similima cygno, weil an diesen Orten alle Raben schwartz / aller Schnee und Schwanen weiß: Ist aber eitele Einfalt und Unwissenheit; Und eine Anzeigung / daß die / so solches fürbringen / entweder die Natur nicht recht kennen / oder nirgends anders als in ihrem Vatterlande gewesen / oder die Historien frembder Nationen nicht gelesen.

Belangende die Raben / daß nicht allein dieselben gantz weiß / sondern auch die Hasen / die Bären und andere Thiere / es dem Schnee / der hie zu Land im Winter fällt / gleich thun / wo nicht übertreffen / bezeugen heute zu Tage die Schiff-Fahrten / welche nach Norden geschehen.

In den Ländern um den Nordpol gelegen / sind alle Thiere weiß / werden auch häuffig / so wol die gantzen Thiere / als die schneeweisse Bären und Raben /item Hasen-Felle zu uns anhero gebracht: Der Rabe ist und bleibet ein Rabe in seiner Natur / er habe für Farbe was er wolle.

Daß nicht alle Schwäne weiß seyn / ist auch bey uns bekannt; Und wirds ein jeder sehen an jungen Schwänen / welche allesamt schwartze grauliche Federn haben: Seynd aber dennoch Schwäne / ob sie gleich nicht weiß sind: Oder nicht ehe weiß werden /den bevor sie zu Jahren kommen.

Aller Schnee ist auch nicht weiß / sondern etliche Blutroth. Plinius hat hiervon etwas aufgezeichnet im 1. Buch 35. cap. da er gedenckt: Der Schnee werde roth / wann er alt wird / weil die Weisse von der Lufft [396] herkommt: Und die Lufft allmählig aus dem Schnee verschwindet. Dieses setze ich an seinen Ort. Es bezeugen aber nicht allein die Historienschreiber / sondern auch die / so mit ihren Augen gesehen / und von Jahr zu Jahr erfahren / daß in Armenia der frühgefallene Schnee blutroth sey; Die Ursache wird zweiffels ohne / (meines Erachtens) diese seyn / weil in Armenia viel Berge / und ein groß Land voller rothen Mennie und Zinnober-Erde / daraus dann die Dünste durch die Sonnen-Hitze in die Lufft erhoben / roth müssen seyn / rothe Wolcken geben / welche / wann sie zu Schnee werden / der Schnee auch nothwendig blutroth seyn muß / als nemlichen seinem Ursprung ähnlich.

Es seyn nicht alles Glaubens Artickul / was die Dialectici in den Schulen ihren Zuhörern vorgeben.

25. Inbrünstige Liebe zwischen Hero und Leander
25. Inbrünstige Liebe zwischen Hero undLeander.

Zwischen Europa und Asia ist ein Arm oder enger Ausgang des Meers / nahe bey Constantinopel / welchen die Griechen nennen Bosphorum Thracicum, das ist / ein Ochsfurte / oder so eine enge Seehaffe /darüber ein Ochse genaulich schwimmen kan / vom Lande Thracia gelegen. Auf der einen Seiten dieses Wassers Hellesponti, war eine Stadt / genant, Sestos. Auf der andern / gegen über / die Stadt Abydo. InAbydo wohnete ein edler schöner Jüngling / mit Namen Leander: In Sesto aber war eine Jungfrau /mit überaus grosser Schönheit / und andern Tugenden gezieret / Hero geheissen. Diese beyde jungen Menschen haben einander dermassen und so inbrünstig lieb gewonnen / daß / wann eines das andere nicht hat sehen noch in Gespräch bringen können / sie für Schmertzen [397] und Leid verschmachtet: Die öffentliche bequeme Zusammenkunfft war ihnen verboten / angesehen / das Meer sie voneinander scheidete. Die Liebe aber fand auch allhier Rath und schaffete That. Leander, ein behertzter und starcker Jüngling / gieng des späten Abends ans Ufer des Meers / zog seine Kleider aus / und gezwungen von Liebe / schwumme er über die See nach seiner Liebsten Hero, welche dann /ihrem Buhler den Weg zu zeigen / ein Feuer / oder etliche Lichter auf einem hohen Thurn an ihrer Seiten des Meers ansteckte / darbey Leander mercken und erkennen konte / wo er hinschwimmen solte. Diß trieben sie eine geraume Zeit. Es geschähe aber auf eine Nacht / daß eben der Leander in der See schwamm /und zu seiner Hero hinüber wolte / ein schrecklich groß Ungewitter / mit Sturm / Regen Donner und Blitz sich erzeugete / dadurch Leander so abgemattet / daß er seine Schwimm-Reise nicht vollbringen konte / sondern von den Wellen des Meers untergedruckt und ersäufft wurde. Hero wartet auf ihrer Seiten mit Schmertzen: Es kam aber niemand. Des andern Tages hatte das Meer des Leanders todten Cörper ans Ufer geschlagen und ausgespyen. Solches wird die Hero bald gewahr / kennet ihn / fällt auf ihn mit Seuffzen /Weinen / Schreyen und Klagen. Steigt alsbald auf ihren hohen Thurn / stürtzet sich unbesonnen und gleich rasend herunter in das Meer / und leistet also ihrem Leandro im Tode Gesellschafft. Diese Geschicht hat der Griechische Poet Musæus nach der Länge mit schönen Versen beschrieben / und aus demselben Ovidius seine zwey Send-Brieffe / derHero an Leandrum, und Leandri an Hero, meistentheils genommen.


[398] Abermahl ein merckliches Exempel der unbesonnenen leichtfertigen Liebe / daran sich ehrliche Jungfrauen und Gesellen zu spiegeln / und für gleichem Unfall zu hüten haben.

26. Neuerfundene Brillen - in die Nähe zu sehen
26. Neuerfundene Brillen / in die Nähe zu sehen.
Nicht ohne Ursache hat Horatius gesungen:

So groß und schwer war nie kein Ding /

Daß sich der Mensch nicht unterfieng.


Was Menschen Witz und Hände zu unsern Zeiten erfunden haben / wie anderswo angezeiget. Allhier will ich nur von derselben Art Brillen oder Guckers wenig berühren / welche die kleineste Dinge so seyn mögen /nahe für unsern Augen gestellet / dermassen vergrössern (ihre Gestalt und Farben gantz ungeändert) daß man sich über GOttes Allmacht und Geschöpff nicht gnugsam verwundern kan. Anderswo haben wir gedacht des Guckers von ferne / durch welcher Hülffe man im Himmel viel Wunderdinge erfahren. Diese /davon wir jetzund reden / seyend eben so kunstreich /aus England uns erstlich zugebracht / und allda vom trefflichen Meister Cornel. Drebbel verfertiget: Dadurch man nichts als was gantz klein und nahe beyuns ist / sehen kan. Durch diese Instrument befinden wir /und schauen augenscheinlich / daß eine Milbe (Made) aus dem Käse / (vergrössert wie eine Erpse) nicht allein ihre Füsse / Schnabel / und Augenbraunen habe /sondern auch Athem hole / und den Bauch einziehe und ausdehne. Ein Floh ist gestalt wie ein Cameel /mit langen härichten Beinen: Hat Augen und ein Schnabel wie ein Elephant. Eine Laus scheinet das heßlichste und greulichste Thier / so seyn mag / voller Schuppen auf dem Rücken / wie ein [399] Crocodil oder Nashorn (Rhinoceros.) Diese Wunder aber übertrifft die Lilien-Blume: In welcher die gelben Flittern an kleinen Zacken oder Hacken hängend / so unaussprechlich / künstlich und wunderbar formiret seynd /daß es keines Menschen Zunge ausreden oder einige Feder beschreiben kan. Nicht ohne Ursach hat der HErr Christus die Lilien auf dem Felde des Salomonis Kleidern und köstlichen Gewand weit fürgezogen: Dann aller Zierrath von Menschen Händen gemacht ist gegen diese gelbe Fädlein der Lilien / und gegen die andern weissen Blätter / eben so künstlich als ein grober Bäurischer Stroh-Hut gegen ein klein subtiles Uhrwerck.


Die Künste steigen hoch.

27. Ob die neue Welt den Alten bekannt gewesen
27. Ob die neue Welt den Alten bekannt gewesen.

Durch was, Gelegenheit vor 145. Jahren ohngefehr die neue Welt / America oder West-Indien von Christoph Columbo entdecket und erfunden worden / ist in vorigen Centuriis vermelden. Hier fällt die Frage vor: Ob nicht vor diesem die neue Welt den Alten auch bekannt gewesen? In der H. Schrifft lesen wir /1. Reg. 9. daß Salomo Schiffe ausgeschicket nach Ophir / (welche alle 3. Jahr wieder gekommen / und Gold mit sich gebracht / bey 420. oder als anderswo stehet / 450. Centner feines reines Goldes. Daß nun Ophir sey America gewesen / daher diese Schiffe gesegelt / haltens viel gelehrte Leute dafür / aus diesen Ursachen: Erstlich / weil die Schiffe ab 3. Jahr nur wieder kommen / so muste die Reise in fern abgelegene Oerter angestellet seyn: Ost-Indien ist [400] dem Salomon nahe gewesen: Nach dem Norden und Süden hat er keine lange Schifffahrt anstellen können. Ist derowegen zu schliessen / daß die Schiffe nach dem Westen gegangen / den fernen Weg zwischen Salomons Reich und der neuen Welt.

Zum andern ist kein Ort in der Welt reicher und überflüßiger von Gold / von Affen / von köstlichem Holtz und Steinen / von Helffenbein / Ebenholtz /(welche Salomon hat bringen lassen /) als die Länder in America, insonderheit Peru. Ich lasse einen jeden bey seiner Meynung bleiben: Meines Erachtens aber ist Salomonis Ophir viel ein ander Land als America, und seynd die gedachten Schiffe niemaln in die neue Welt kommen: Die Länder / da sie das Gold und andere köstliche Sachen geholet / können keine andere seyn / als Ost-Indien / die dem Salomoni bey der Hand und nicht ferne abgelegen gewesen / und da er aller theuerbahren Sachen hat genug und über genug können theilhafftig werden: Es stehet nicht in der Bibel / daß Salomons Schiff so eine lange Reise gethan / daß er 3. Jahr damit hat zubringen müssen /sondern daß es in 3. Jahren einmal etwas mit sich gebracht / oder (wie solches zu schliessen) daß er ums dritte Jahr ist ausgefahren / weil man sich in der Zeit genug hat versehen und versorget befunden. Das andere belangend / ist von America mit Gold und Silber wohl versehen / aber Ost-Indien / bevorab China zuSalomonis Zeiten ja noch jetzund viel besser und mehr. Des Ebenholtzes und Helffenbeines hätte Salomon aus America wenig / oder ja nichts bekommen können: Dann diese Dinge allda nicht gefunden werden / sondern häuffig und in grosser Menge in Ost-Indien. Ich [401] wolte sagen / Salomon hätte thöricht gethan / wann er das Schiff nach America geschickt. Dann es unmüglich dahin zu kommen / wann nicht gantz Ost- Indien vorbey gesegelt / gantz China vorbey durch das gantze grausame Meer / von so viel tausend Meilen / gantz Africam um / und so fort über die Atlantische See nach dem Westen: Dann vom rothen Meer /(darbey Jerusalem gelegen) kein ander Weg zu Wasser offen stehet / als der / so jetzt gesagt. Wäre es nicht eine grosse Thorheit / die meiste Welt umzusegeln / zu holen die Dinge / die man besser und überflüßiger in der Nähe bekommen könte? Auch wäre es zu verwundern / daß solcher fürtrefflichen langen gefährlichen Reise / keine gewissere Nachrichtung wäre aufgezeichnet.

Nächst der H. Schrifft könte man den hochweisenPlatonem anziehen / welcher in seinem Gespräch Timeus vermeldet / daß für seiner Zeit die Atlantische West-See nicht hat auf und ab (nach dem Süden und Norden) können besegelt werden / weil an der Strassen von Gibraltar anhänget ein groß mächtig weit und breit sich erstreckendes Land / welches grösser alsAsia und Africa zusammen / und Atlantis geheissen: (Daher noch heutiges Tages das Atlantische Meer seinen Nahmen:) Dieses grosse Land sey durch eine schreckliche Sündfluth abgerissen / und sey das hohe Meer gegangen zwischen selbige Insul und diese von uns jetzt-bewohnte Welt. Aus dieser Beschreibung meynet man zu beweisen / daß die grosse Insul Atlantis nichts anders gewesen / als America, angesehen sie mit Platonis Beschreibung nicht uneben übereinkömmet. Hierauf gebe ich diß zur Antwort: [402] Wer Platonem lieset / wird leichtlich sehen und bekennen müssen / daß dieser Discurs von der Atlantide nicht ist nach den Buchstaben zu verstehen / sondern verblümter Weise / wie alle Platonische Ausleger es dafür halten. Sonst würde es gar eine läppische Rede seyn: Sintemal Plato damit eingemischet die LiebeNeptuni und der Clito: Ihre 5. doppelte Kinder zeugen: Einen Tempel 1000. Schritt lang / 500. breit /von eitlem Gold / Silber / Perlen / Helffenbein / etc. Wo findet man in einiger Historien solcher Sündfluth / die den gantzen andern Erdboden hätte nicht angerühret oder verletzet / sondern nur alles / dieses Theil überschwemmet im Augenblick / und solche eine unergründliche Tieffe gemacht? Kan also auch hieraus nicht dargethan und erwiesen werden / daß die neue Welt den Alten solte bekannt gewesen seyn.

28. Wie und durch was Wege die ersten Menschen und Thiere in die neue Welt kommen
28. Wie und durch was Wege die ersten Menschen und Thiere in die neue Welt kommen.

Aus der Heil. Göttlichen Schrifft ist kundbar / daß alle Menschen-Kinder auf Erden anfänglich von Adam entsprossen und gebohren seyn. Ist demnach auch unleugbar / daß die Einwohner der neuen Welt von Adams Kindern und Geschlechte seyn. Darbeneben ist auch gewiß / daß alle lebendige Seelen auf Erden durch die Sündfluth umkommen und ersoffen /ausgenommen die / so mit Noah in die Arche gegangen. Nach geendeter Sündfluth hat sich die Arche Noä auf den Berg Ararat in Armenien niedergelassen / wie zu lesen im ersten Buch Mosis am 8. Cap. Daraus folget daß alle Menschen / alle Thiere auf Erden / herkommen und fortgebracht seyn [403] aus der Arche Noä /welche in dieser unserer alten Welt gestanden; seynd derohalben auch die Einwohner der neuen Welt so wol Menschen als Thiere zugleich mit aus Noä Kasten. Nun aber ist auch bekannt / daß America die neue Welt von dieser unserer alten Welt / durch eine grosse Klufft abgesondert ist / und zwischen beyden das grosse weite wilde Meer herfleußt / (dannenhero es auch kommen / daß so viel hundert Jahr die neue Welt den Unserigen ist unbekannt geblieben.) Weil dann unzehlich viel tausendmal tausend Menschen und Thier in der neuen Welt sich bißanhero aufgehalten / und dieselbe so ferne von der Unserigen Alten abgelegen / wird nicht unbillich gefraget / durch was Wege? Aus welchem Fürsatz? Auf was Art und Weise? Nicht allein die Menschen / sondern auch die unvernünfftigen Thiere / aus dieser unser Welt in die Neue kommen? Wie sie haben ein so grosses / ungestümes / gefährliches Meer überschiffen können? Wer ihr Führer gewesen? Was sie für Mittel gehabt / solches zu verrichten? Nicht gläublich ists / daß ein neuer und sonderlicher Kasten Noä bey ihnen gewesen / und nach der Sündfluth bestehend blieben / daraus die Americaner ihren Ursprung genommen. Hiervon haben wir keine Nachrichtung in der Bibel. Auch ists nicht glaublich / daß ein Jovialischer Adler kommen / und die Menschen gleich den Ganymeden durch die Lufft in die neue Welt geführet / oder wie das geflügelte Pferd Pegasus den Perseum: Oder auch wie die Nereides und Trithon ihre Buhlen aufm Rücken durch die See getragen. Solch Fabelwerck lassen wir den Poeten. Ferner ist auch nicht glaublich / daß GOtt der HErr durch einen [404] Engel dieselbe habe hinein bringen lassen / wie dem Propheten Habacuc geschehen. Wir reden allhier nicht von der Allmacht GOttes / sondern von den menschlichen Mitteln.

Wofern wir unserer Vernunfft folgen wollen / müssen wir setzen / daß Menschen und Thier in Americam kommen / entweder zu Wasser in Schiffen über die See: Oder aber zu Land durch Stege und Wege: Wo sie zu Wasser gegangen / muß solches geschehen seyn / entweder unversehens durch Ungewitter / oder aber aus Vorsatz und vorbedachtem Rath und Willen: Eins von diesen dreyen muß geschehen seyn / nemlich 1. zu Wasser ohngefehr / oder 2. zu Wasser aus Vorsatz / oder 3. zu Lande.

29. Die Menschen und Thiere seynd nicht von ungefehr in die neue Welt gekommen
29. Die Menschen und Thiere seynd nicht von ungefehr in die neue Welt gekommen.

Solches möchte nicht unbillich jemand gedencken /sintemahl es sich gar offt zuträgt / daß durch Ungewitter und Sturmwinde die Schiffleute auf dem weiten Meer wider ihren Willen / an Oerter getrieben werden / da sie niemahls hätten hingedacht. Und seynd nicht viel Inseln Americä auf die Art / und ohngefehr entdecket? Diß wäre wohl etwas gesagt / und könte nachzugeben seyn was die Menschen belanget / welche auf die Art möchten dahin gelanget seyn. Was will man aber von den Thieren sagen? Wie seynd die über das grosse Wasser kommen? Die eben so wohl aus Noä Kasten / als die Menschen ihren Ausgang gehabt? Es möchte vielleicht jemand sagen / sie wären selbst hinüber geschwummen: Gleichwie man siehet /daß Ochsen über eine ziemlich grosse Wasserfahrt sich hinüber lassen: Im gleichen die Hirsche / und[405] wohl offt einen gantzen Tag und Nacht schwimmen. Aber solches lässet sich nicht thun in dem Meer / das zwischen uns und America fleusset. Kein Vogel ist so schnell / noch so unverdrossen im fliegen / der allhier zureichen könte. Die Kranich und Störche fliegen auch wohl ferne / Aber des Nachts setzen sie sich auf die Erde; Andere Vögel können in einem Zug 60. 70. Meilen fliegen. Was ist aber dieses gegen die Atlantische West-Indische See / die von uns abgelegen ist mehr als 800. Meilen / da kein Mittel ist unterwegens zu ruhen? Weiters möchte einer einwerffen / man hätte die Thiere mit sich in die Schiffe genommen /und so in Americam gebracht / gleichwie man heute zu Tage Affen / Papageyen und dergleichen aus der neuen Welt zu uns bringet. Dieses hält den Stich auch nicht: Dann wer wolte die grausamen Bestien / als Löwen / Wölffe / Bären / und tausenderley andere vergifftete Thiere / die weder zu essen noch zur Jagt /noch zur Belustigung nütze seyn / mit sich ins Schiff nehmen? Und nicht in Ungewitter oder Lebens-Gefahr über Port werffen? Es ist eine Art Füchse in America /Anas geheissen / so unflätig / stinckend und beißig /daß im gantzen Lande nichts schädlichers gefunden wird. Zu was Ende solten die Schiffleute diese Beisser ins Schiff nehmen? Darnach / weil eins oder zwey Schiffe also durch Ungestüm ohne Vorsatz an America gestrandet / (wie wir dann das zum Fundament setzen /) wie haben die können so viel tausend Geschlechte und Art grosser Thiere laden / und mit sich nehmen / angesehen / sie nicht gewust / ob sie dahin gelangen würden oder nicht? Noch ferner könte eingewandt werden / die Thiere wären entweder aufs neue allda von GOtt [406] geschaffen / oder aber von sich selber aus der Erden gebrütet und gebohren / wie die Würme im Misthauffen. Die neue Schöpffung belangend / lässet sich die aus Göttlicher Schrifft nicht behaupten: GOtt hat in 6. Tagen alle Thier geschaffen: Schaffet nun kein neu Geschlecht einiger Thiere mehr / sondern ruhet von seinem Werck der neuen Schöpffung. Auch können sie von sich selber nicht fortkommen seyn: Denn solches der Natur zuwider. Zwar geringe Würmlein brüten wol auf die Art; Die Löwen / die Tiegerthiere / Cameele / Leoparden / aber eben so wenig als die Menschen selber. Solche vollkommene Thiere sind nur einmal am Anfang von GOtt geschaffen: Aber hernach durch Zusammenthun Manns und Weibs / nach Lauff und Ordnung der Natur von GOtt eingesetzet / gezeuget und fortgebracht.

30. Ob Menschen und Thiere die Reise nach der neuen Welt angestellet
30. Ob Menschen und Thiere aus bedachtem und vorgehabtem Rath und Vorsatz die Reise nach der neuen Welt angestellet?

Es scheinet vermuthlich / daß solches geschehen aus Ursachen / weil vor viel hundert Jahren die See von den Unserigen dieser Welt besegelt. Plinius zeuget im 2. Buch 67. Cap. daß Hanno der Carthaginenser Capitain / sey in der Strasse Gibraltar zu Segelgangen /und habe gantz Africam umlauffen / biß er endlich nach Arabien kommen: Habe auch seine Reise zu Papier gebracht und abgebildet. Verhält sich diß also /so hat Hanno nicht weniger gethan / als zu dieser Zeit die Portugiesen und Holländer / die nach [407] Ost-Indien und China segeln / und im hin- und herreisen die Mittel-Linie viermal müssen durchpaßiren / und auf der Reise bey drey Jahr zubringen.

Dieser Meynung kan ich auch nicht beypflichten weil mir bewust / wie schlecht und gering die Schiff-oder Segelkunst bey den Alten gewest / wie im andern Hundert Histor. 91. angedeutet. Erstlich haben die Alten nur kleine Schiffe (gegen die jetzigen zu rechnen) gebrauchet: Mit welchen es unmüglich ist über ein so gewaltiges Meer zu fahren: Hätten sie so grosse Schiffe gehabt / als wir / und damit nach America gesegelt; Warlich man finde wohl Nachrichtung davon /so wohl bey unsern Alten / als bey den Americanern /bey denen der Gebrauch solcher Schiffe wohl wäre geblieben und unterhalten worden: Da sie hingegen nur kleine elende Kähne haben / und ab den grossen Schiffen der Holländer sich gleichsam entsetzet / und davor erstarret seynd. Fürs ander / ob die Alten schon ziemlich grosse Schiffe gehabt / damit sie ihre vorgenommene Reise vollbracht / so hätten sie sich doch gleichwol nicht mit denselben ferne vom Lande gewaget / weil ihnen die Segel-Büchse / oder der See-Compaß nicht bekannt / welcher für 300. und wenig mehr Jahren erstlich erfunden worden: Ja wie könten sie aus vorgehabten Rath nach America segeln / da ihnen doch America mit nichten bekannt gewesen / und sie eben so viel davon gewust als von Utopia, wie kurtz zuvor erwehnet.

31. Daß Menschen und Thier aus dieser unser alten Welt zu Fusse
31. Daß Menschen und Thier aus dieser unser alten Welt zu Fusse und über Land in Americam gegangen.

[408] Dieser einige Weg ist noch übrig / der dann ungezweiffelt richtig / und der Wahrheit gemäß ist: So dürffen wir uns nicht groß bekümmern um die See /weil es unmüglich / daß darüber vierfüssige Thiere haben paßiren können. Nun ist aber die Frage / weil wir es dafür halten / daß Menschen und Viehe / nachdem sich die Geschlechter auf Erden vermehret / nach der Sündfluth aus dieser Welt zu Lande / und über das Erdreich / ihnen einen Weg gesucht / und also in Americam fortgezogen / an welchem Ort dann solcher Uberzug geschehen? Nirgends anderswo als nach dem Norden / da sich Europa und ein Theil Asia nach dem Pol erstrecket / allda vermuthlich und unzweiffentlich die neue Welt mit der Unserigen alten zusammen stösset / und aus der einen in die andere der Paß oder Gang offen stehet / oder ja auch durch eine geringe Fahrt / darüber die Thiere leichtlich schwimmen können / beyde von einander abgesondert sind. Ich bekenne es / daß mans gar eigentlich und so genau noch nicht erfahren hat: Dannoch bezeugen die Schiffer /wie auch die gelehrten und erfahrnen Leute / daß das Land Florida, (äusserstes Nordisches Theil America) der äussersten Spitzen Europa ganz nahe / wie dann auch nicht ferne von neu Franckreich. Alle Geographi stimmen einhelliglich dahin / daß die neue Welt beym Norden an dieser alten Welt hanget, und angefüget sey: Welches / da es sich also verhält / ist der Weg schon erfunden / dadurch die lebendigen Seelen trocknes Fusses aus der alten in die neue Welt haben kommen können / nicht zwar auf einmal / oder in einem Jahre ist solches von so vielen Tausenden geschehen /sondern nach und nach / und zu unterschiedlichen[409] Zeiten: Anfänglich seynd die Unserigen gezwungen /andere Oerter zu suchen: Oder vielleicht irgend mählich ins Land hinein gezogen / sich von den andern abgesondert / und durch Langheit der Zeit vermehret: Wie dann auch gleichfalls die Thiere / welche ohn das in der Irre gehen / und sich von den Leuten abgeben: Biß endlich die gantze neue Welt voller Menschen und Thiere worden. Ich komme auch ferner zu den Gedancken und halte es dafür / die neue Welt sey nicht viel über tausend Jahr bewohnet gewesen / und seyen die ersten Einwohner mehr den tummen Bestien / als Menschen zu vergleichen gewesen: Inmassen sie anfänglich zufrieden gewest mit dem blossen Lande /um Gesetz / Gottesdienst und Erbarkeit aber sich nicht viel bekümmert / sondern nur nach ihrem angebohrnen natürlichen Recht gelebet. Ob sie schon aus Oertern gekommen / da Policey-Ordnung / Tugend und Kunst im Gebrauch gewesen / so kans doch seyn / daß durch Langheit der Zeit solches alles in Vergeß gerathen / und was sie zuvor gewust / aus der Acht kommen. Solches ist daraus zu schliessen / daß wieColumbus erstmahls / und hernacher andere Portugiesen dahin kommen / die Einwohner gemeynt / sie wären Götter aus dem Himmel kommen / inmassen sie ihnen nichts von GOtt noch alten Geschichten /noch Recht oder Tugend zu antworten wusten / sie seynd umher gelauffen / wie die unvernünfftigen Thiere; Haben Gold / Perlen und Edelgesteine nicht groß geachtet / auch mit grober Speise sich beholffen. Summa / sie sind zu vergleichen gewesen gegen die Spanier oder Niederländer / als ein grober Bauer gegen einen Politischen Höfling.

32. Das Sprichwort - scharffsichtiger als Lynceus
[410] 32. Das Sprichwort / scharffsichtiger alsLynceus.

Die Historienschreiber erzehlen Wunderdinge von etlicher Männer scharffem und durchdringenden Gesichte: Unter andern aber von einem / welcher hat können von dem Vorgebürge / Lilybæum genannt / in der Insul Sicilia stehen / und so ferne übers Meer sein Gesichte hinstrecken / daß er nicht allein die Schiffe /so aus dem Haven bey Charthago zu Segel gegangen /sehen / sondern dieselben auch zehlen / und wie viel ihrer zusammen gewesen / eigentlich bezeichnen können. Valerius Maximus nennet diesen Mann Lynceum, von dem das Sprichwort geflossen: Er kann schärffer und weiter sehen / als Lynceus. Plinius aber nennet ihn Strabonem. Cicero und Solinus geben ihm gar keinen Nahmen. Wie ferne aber das VorgebürgeLilybæum von der Stadt Carthago / (vormals eine Stadt an des Mittelländischen Meers Ufer in Barbarien gelegen) abgewesen / findet man unterschiedlich von jetzt gedachten Scribenten aufgezeichnet. Etliche setzen 127000. Schritt / das ist / 31. und 3. Viertheil Teutscher Meilen: Etliche 185700. Schritt / oder ohngefehr 46. und 3. Viertheil Meilen; Andere 225000. Schritt / oder 56. und 1. Viertheil Meile. Dieses aber ist gantz ungläublich und der Warheit nicht gemäß. Dann es unmüglich / daß etwas könne gesehen werden mit menschlichen Augen / oder durch Brillen oder Gückers über 30. Teutscher Meilen: Ursache / weil alles Gesicht gehet nach einen starcken geraden Linie / recht hinaus / und mit nichten in die Krümme; Nun ist das Wasser und die Erde rund / und machen eine gebogene merckliche Kugel auch [411] innerhalb 4. 5. 6. Meilen. Setzet sich derhalben die Krümme und Runde der Erden zwischen unsere Augen / und die ferne abgelegene Dinge. Ich gebe wohl nach / daß hohe Berge von ferne können gesehen werden bey 20. und noch mehr Meilweges: Aber ein Schiff / wie groß es auch sey / wie hohe Mastbäume und Segel es auch habe /kan nicht über 14. Meilen von ferne ins Gesicht kommen / wie still das Meer / wie eben das Land auch sey: Erstlich so blicket die Flagge ein wenig herfür; Hernach gemählich das Top-Segel: Dann das grosse Segel: Zuletzt das Schiff selber / welches alsdann über 4. oder 5. Wochen Sees nicht von dannen seyn kan. Dann die merckliche Runde der See (wie gesagt) darzwischen kommt / und entzeucht das Schiff aus dem Gesichte. Was sonsten vom gedachten scharffsinnigen Lynceo von Plutarcho und Cœlio aufgeschrieben / als nemlich / daß er habe können durch einen dicken eichenen Stamm oder Bret sehen: Daß er habe mit seinem Gesichte die dicke Erdkugel durchdringen / und biß in den Abgrund der Höllen schauen können. Solches mercket ein jeglicher / daß es nur solch Gedicht und Fabelwerck sey.


Man muß nicht alles gläuben / sondern sehen / ob es auch Grund habe.

33. Die Siebenschläffer
33. Die Siebenschläffer.

An den Papistischen Legenden finden wir / (wie dann auch beym Volateran l. 9.) daß im Jahr nach Christi Geburt 447. sieben Männer gewesen / mit NahmenMaximianus, Malchus, Martianus, Dionysius, Johannes, Serapion, und Constantinus, welche / wie sie des Tyrannen Decii Verfolgung entfliehen wollen /sich von Epheso [412] auf den Berg Cœlium verfüget /allda in eine tieffe Höle verkrochen / und sich verborgen: Und ob sie schon kein Essen bey sich gehabt /seynd sie durch GOttes Vorsehung vom Hunger nicht angefochten worden / sondern bald in einen süssen Schlaff gefallen / und also schlaffend liegen blieben gantzer 196. Jahr. Nach geendetem Schlaff haben sie sich unter einander beredt / und sind eins worden / um Christi willen die Marter gerne auszustehen / derohalben nach Verfliessung der 196. Jahre / im 30. Jahr der Regierung Käysers Theodosii, aus des Berges Klufft herfür getreten / und am Ostertage in die Stadt Ephesum gegangen / nicht anders meynend / als hätten sie nur einen Tag und Nacht geschlaffen: Man hat aber aus der alten / und daselbst nunmehr ungewöhnlichen Kleidung: Aus ihrer veränderten Sprache / und andern Umständen gemuthmasset / und endlich aus ihrer eigenen Nachsage befunden / was sie für Leute gewesen / und wie lange sie geschlaffen.

Im gleichen Fall / daß zu Lübeck ein Schüler auch sieben gantzer Jahr geschlaffen / und hernach ohngefehr gefunden und aufgewecket worden / bezeugetCranzius im 8. Buch / Cap. 39.

Die Alten / als Plinius, Apulejus, in flor. Laert. Gellius und mehr / setzen eine ebenmäßige Geschicht vom Epimenide, aus der Insul Creta bürtig / welcher zur Zeit des Pythagoræ von seinem Vatter ausgeschicket / daß er ein verlohrnes Schaaf solte wieder suchen. Dieser ist in der Mittags-Hitze in eine Klufft gestiegen / darinnen er geschlaffen 57. Jahr / ausm Schlaff wieder aufwachend / hat er noch sein Schaaf gesucht / welches er doch nicht gefunden / und sich[413] drum wieder nach seines Vatters Hause begeben /allda er alles gantz und gar verändert gefunden: Doch ist er endlich von seinem jüngsten Bruder / (der nunmehr ein alter Mann war) erkannt worden. Von diesem ist gezogen das Sprichwort / schläffriger als Epimenides.

Der weise Mann sagt: Schlaffen hat seine Zeit. Menschen und Thiere können ohne Ruhe und Schlaf nicht ausharren / aber solcher Schlaf / wie jetzt gedacht / ist nicht natürlich / thut auch weder dem Leibe noch dem Gemüthe wohl: Es sey dann / daß GOtt übernatürlich darbey wircke.

34. Frau Tanaquil
34. Frau Tanaquil.

Folgendes ist gezogen aus des Livii ersten Buche. Lucumo eines (wegen Verrätherey) vertriebenen Corinthers Sohn / war in der Stadt Tarquiniis in Etruria mit einem Weibe befreyet / hohes fürtrefflichen Geschlechts / Tanaquil geheissen. Dieses hochmüthige Weib sahe / daß ihr Mann Lucuno zu keinen Ehren oder Aemtern erhoben wurde / (angesehen er frembd und geringes Herkommens /) entschloß derhalben bey sich / ihr Vatterland und alle Erbschafft nur allein darum zu verlassen / daß sie ihrem Manne zu Ehren helffen möchte / und ihr selber durch ihren Mann. Also zwinget sie ihn / mit hin nach Rom zu reisen /da / als in einer neu-erbauten Stadt / einem jeglichen leichtlich der Weg offen stünde / Hoheit und Adelichen Stand zu erlangen. Lucumo war seiner Tanaquil gehorsam: Sie reiseten fort nach Rom. Wie sie nahe vor die Stadt kommen / siehe / da fähret aus der Lufft herunter auf ihre Kutsche zu ein Adler / welcher demLucumoni den Hut sanfft vom Haupt hinweg nimmt /in die Höhe erhebt / und alsbald ohne Schaden Lucumoni wieder aufsetzet. Tanaquil wohl [414] erfahren in der Warsagerkunst / und im Vogelfliegen / hat ihrem Mann diß Gesichte ausgeleget / nemlich / daß einem Menschen die Königliche Kron und Ehre vom Haupt gerissen / und ihm (dem Lucumoni) wieder aufgesetzet werden würde. Damahls regierte zu Rom der vierdte König Ancus Martius. Lucumo kauffet ihm in der Stadt ein Hauß / und verändert (aus Angeben derTanaquil) seinen Namen / hieß sich Lucius Tarquinius, von seines Weibes Geburths-Stadt Tarquinius. Tanaquil gewehnet ihren Mann dergestalt nach ihrer Hand und Willen / daß er sich muste beym KönigAnco zu Hof angeben. Da er dann so viel Gunst und Ansehen erlangete / daß nicht allein Ancus ihn für einen heimlichen Rath annahm / sondern auch im Testament zum Vormund seiner unmündigen Kinder bestellete. Nach Anci Tod / wie die Kinder etwas erwachsen / hat er sie irgendwo aufs Feld geschicket /und unterdessen so viel bey den Römern zu wege gebracht / daß des Anci Kinder ausgeschlossen und erTarquinius zum Königreich erhoben worden. Alles durch der Tanaquils Rath / Hochmuth und Durchtreibung. So hats ihr gelungen / und ist sie Königin zu Rom worden: Aber damit noch nicht zufrieden / sondern wie Tarquinius von des vorigen Anci Söhnen mit einem Beil ermordet worden / hat sie so viel mit ihrer Klugheit zuwege gebracht / daß sie einer armen Dienstmagd Sohn / Servius Tullius genannt (von welchem sie gar viel hielte / und ihm ihre Tochter zur Ehe gegeben hatte) in ihres entleibten Mannes Stelle zum Königreich erhoben / welcher dann auch durch Hülffe seiner Schwiegermutter Tanaquil König und ihre Tochter Königin worden; Dieser Servius [415] aber ist auch von seiner eigenen Tochter ermordet worden /welche bey hellem Mittage über ihren todten Vatter mit Wagen und Pferd gefahren.


1. Frauen Hochmuth ist groß. 2. Frauen herrschen gerne über ihre Männer. 3. Frauen Rath erhebet die Männer offtmals mit ihrem eigenen Schaden und Unglück.

35. Was Adam im Paradieß für einen Apffel gessen
35. Was Adam im Paradieß für einen Apffel gessen?

Vornan in der H. Schrifft befinden wir die Historien vom kläglichen Fall unserer ersten Eltern Adams und Eva / wann dieselbe von der Frucht des verbotenen Baums Gutes und Böses / gessen / und dadurch alle ihre Nachkommen ins Verderb und Verdammniß gestürtzet. Nun ists allda nicht ausdrücklich gesetzet /was es für ein Baum / oder was für Frucht es gewesen / darvon Adam und Eva gessen. Daß es ein gemeiner Apffel gewesen / hält man gemeiniglich dafür / und pflegen die Mahler also die Geschichte / oder den Fall Adams abzubilden / daß sie einen Baum mit rothgelben Aepffeln gezieret fürstellen / und Adam an einer /Eva an der andern Seiten. Solches aber ist aus dem Wort GOttes nicht zu behaupten / noch zu beweisen /sondern nur eine blosse Meynung. Etliche gelehrte Kräuterschreiber sind der Meynung / diese Frucht sey gewesen das Gewächse / so man nennet Adams-Aepffel / welche daher ihren Namen sollen bekommen haben. Adams-Aepffel ist eine Art wie Citronen und Pomerantzen / doch etwas grösser. Hiervon halt ich auch nichts / weil in keinen Schrifften zu finden / daß der Name Adams-Aepffel irgends in der Welt gebräuchlich sey gewesen / weder bey den Alten / noch bey den Jungen / sondern für wenig Jahren erdacht /[416] und aus Italia in Teutschland gebracht. Die Biebel zeuget uns hievon nichts / sondern nennets ins gemein eine Frucht. Wann man das Wörtlein Pomum oder Apffel also nehmen und verstehen wolte / wie es bey den allergelehrtesten Lateinischen Scribenten gebraucht wird / so ist diese Frucht oder Apffel / davon Adam gessen / nicht mehr ein gemeiner Apffel gewest / als eine Nuß / eine Birn / eine Maulbeer / welche Früchte alle durch das Wörtlein Pomum verstanden werden: Martialis nennet die Cypreß-Nüsse Poma: Ovidius nennet die Maulbeeren Poma: Virgilius nennet die Birn Poma, und so fort an. Es könte jemand muthmassen / als wärens Feigen gewesen / welche GOTT verboten / und unsere ersten Eltern wider GOttes Gebot gegessen. Ursach / weil Adam und Eva ihre Blösse mit Feigenblättern bedecket / die Blätter aber Zweiffels ohne vom selben Baum gebrochen / bei welchen sie gestanden / und wovon sie gegessen: Angesehen / alsbald sie gesehen / daß sie nacket waren /nicht vermuthlich / daß sie fern umher gelauffen / sondern zweifels ohne / gleich als mit der Frucht / also auch mit den Blättern gethan: Insonderheit weil die Feigenblätter sehr bequem sind / die Scham damit zu bedecken / und die Feigen an sich selbst die süsseste und anmuthigste Frucht / so man finden kan.


Was uns zur Seeligkeit nicht dienet / darnach sollen wir in der Heil. Schrifft nicht grübeln.

36. Vom Schmincken
36. Vom Schmincken.

Daß man das Agesicht und die Hände mit fremden Farben anstreichet / und eine falsche Schönheit bettelt / solches ist ein altes Ding / dessen man bey den Heidnischen Scribenten gute Nachrichtung [417] findet: Ist aber niemals von ehrlichen Weibs-Personen / sondern nur von Huren und leichtfertigen Metzen gebraucht worden / unter welchen dannoch etliche gefunden / die ihren Leib nicht so unwerth gehalten / daß sie den mit Schmincke haben verunzieren und beschmieren wollen. Dessen ein merckliches Exempel vom Plutarcho aufgezeichnet / und vom Erasino in seinen Apophthegmatis wiederholet.

Phryne, ist eine gemeine Metze, war zu einer führnehmen Gasterey geladen / allda viel andere Frauen auch gegenwärtig waren. Es geschahe / daß man ein Spiel anfieng / darvon eine zur Königin erwehlet ward / und was dieselbe gebot / oder erst selber thate / das musten die andern alle nachthun. Die Phryne traff das Loß / sie solte Königin seyn: Da hat sie befohlen / ein Becken voll Wassers herzubringen / und alsbald ihre Hände darein zwey / dreymal genetzet / damit über die Stirn und Angesicht gefahren / und sich also gewaschen. Die andern Weiber allda zugegen / haben sich nicht weigern dürffen / eben dasselbe auch ins Werck zu stellen / da ist allen denen / die mit einer gemachten Röthe sich gesalbet / die aufgeschmierte Farbe vom Angesicht herunter gangen / und nur eine scheußliche / abscheuliche Gestalt hinterblieben. Entgegen aber hat der Phryne natürliche Schöne desto klärer und besser nach dem Waschen herfür geleuchtet.

1. Es ist gewiß / wer in seinem Angesicht keine Aufrichtigkeit gebrauchet / der taug im Hertzen auch nicht. 2. Wie wollen doch die Menschen GOttes Weißheit und Geschöpff allezeit reformiren. 3. Was GOTT löblich / gut und schön gemacht / daß beschmeist der Teuffel. 4. Der Teuffel verstellet sich in einen schönen Engel / da er an sich schwartz und heßlich: Dessen Art folget die Schminck-Flecke.

37. Vom Allrüncken
[418] 37. Vom Allrüncken.

Der Geschichtschreiber Avetinus im 1. Jahr-Buche gedencket aus dem Strabone, daß vormals unter den Teutschen gewesen seyn gewisse Weibs-Personen Allraunen genannt / Priesterinnen und Wahrsagerinnen / von welchen die Männer / wann sie in den Streit gezogen / den Anfang des Kriegs / und sonsten allerley zukommende Dinge erlernet; Und wann sie die Allrüncken nur bey sich in ihren Lägern gehabt / so sey alles wol gewesen. Es giengen aber solche Allrüncken mit blossen Beinen und Füssen / mit losen aufgebundenen hengenden grauen Haaren / hatten ein weiß leinen Hemd an / unten zugebunden / um den Leib einen meßingen Gürtel. Wann die Männer aus dem Streit Gefangene mit sich brachten / lieffen diese Teuffelinnen dieselben grausamlich an / schnitten ihnen mit dem Schwerdt die Gurgel ab / und fiengen das Blut in kupffernen Schalen auf / daraus sie dann von künfftigen Dingen weissagten.

Von diesen Allrüncken ist ohne Zweiffel hergeflossen der Aberglaube, welcher noch heutiges Tages bey vielen gottlosen Menschen gespühret wird, die sich ein Allrüncken in ihrem Hause zu haben sehr befleißigen / meynend / sie haben dann groß Glück / und können wissen / was ihnen wiederfahren soll. Es werden auch Landstreicher und Betrüger gefunden / welche solche Allrüncken feil umher tragen und verkauffen: Kleine Bildigen sinds / gleichgeschnitzte Männlein oder Weiblein mit allen ihren Gliedmassen / deren Kopff mit langen Haaren bewachsen / ein klein weiß Hemdieln anhabende: Summa / ebener massen zugerichtet wie [419] die Allrüncken der alten Teutschen. Ist aber in der Wahrheit eitel Betrug und Gauckeley. Des Krauts Mandragora Wurtzel ist von Natur eben so formiret / als ein kleiner nackender Mensch: Die graben diese Betrieger aus der Erden / wischen sie ab /helffen ihr mit Schnitzeln und Ausarbeiten dermassen / daß sie einem Männlein oder Weiblein (wie sie wollen /) gleich siehet: Da am Haupt die Haar seyn sollen / stecken sie Gerstenkörnlein oder andern Saamen häuffig ein / lassens auswachsen / und wieder etwas trücknen: So stehet es fest / und scheinet wie natürlich Haar. Solche Allrüncken ziehen sie artig an mit einem kleinen Hemdlein / thun ihnen einen Gürtel um den Leib / legens in ein sauber Schächtlein / und befehlen dem Käuffer / daß ers wol pflege / wöchentlich bade und sonst fleißg in acht nehme / so werde er groß Glück haben in allem seinen Thun und Handthierungen. Damit wird die Welt betrogen / und spielet der Teuffel sein Fastnachtspiel weidlich.

Es giebt aber solch Allrüncken / oder der Teuffel gemeiniglich die Belohnung / welche die alten Teutschen Allrüncken ihren Gefangenen gaben / nemlich daß es ihnen den Hals abstosse / sie mit Leib und Seel und Gut ins Verderben stürtze. Dann der Teuffel ist in der Abergläubigen mächtig / darum hüte man sich.

38. Viel Kinder zeugen
38. Viel Kinder zeugen.

Wahr ist es / was der Königliche Prophet David im Psalm sagt: Kinder sind eine Gabe GOttes / und Leibes-Frucht ist ein Geschenck des Höchsten: Wol dem / der seinen Köcher derselben voll hat / etc. So ist doch auch wahr / daß durch Verhängniß [420] GOttes auch wol bißweilen einem Kinder gegeben werden zur Straffe der Sünden. Hiervon ein Exempel. Erasmus und Lud. Vives erzehlen / daß im Jahr 1276. in Holland sey eine Gräfin gewesen / mit Nahmen Margarethn: Crantzius in seiner Vandalia schreibet: Sie sey in Holstein gewesen / (allda sich die Geschicht zugetragen im Jahr 1313.) zu welcher er einsmals eine arme Frau kommen / zwey kleine Kinder (Zwillinge) auf ihren Arm tragend / und die Allmosen gebeten. Die Gräfin meynend / es wäre unmüglich / daß ein Weib zugleich 2. Kinder von einem Mann zeugen solte / hat sie übel ausgemacht / gescholten / und für eine Hure und Ehebrecherin gehalten / welche es mit mehr als einem Manne gehalten. Das arme Weib gehet betrübt und weinend hinweg / wünschet der Gräfin: GOTT wolle ihr auf einmal so viel Kinder geben mit ihrem Manne / als Tage im Jahr sind. Was geschicht? Aus GOTTES Verhägniß wird die Gräfin Margaretha schwanger / und gebieret im 40sten Jahr ihres Alters / in einer Stunde auf den Pfingsttage 365. Kinder / welche also vollkommen und lebendig / daß man die Knäblein von den Mägdlein hat unterscheiden können. Sind auch allesamt in zweyen Becken getauffet / und die Knäblein Johannes / die Mägdlein Elisabeth genennet worden. Diese Geschicht ist zu Loßdün in Holland / nicht fern von Schevelingen / in der Kirchen auf eine Tafel abgemahlet / mit beygefügter Lateinischer Erklärung / darinnen auch gedacht wird / daß die Gräfin Margaretha gewesen Graf Hermanns Ehegemahl / und eines Grafen aus Holland Tochter.


Arme Leute soll man nicht mit losen Worten von sich weisen.

39. Eine unbesonnene und unchristliche Mutter gegen ihre 12. neugebohrne Söhnlein
[421] 39. Eine unbesonnene und unchristliche Mutter gegen ihre 12. neugebohrne Söhnlein.

Die erzehlte Historia giebt mir Anlaß hieher zu setzen eine andere gleiches Inhalts / welche ich zum Theil erzehlen hören / zum Theil auch bey einem gewissen Historico gelesen. Ein Graf von Altorff Isembret geheissen / hatte zum Ehegemahl / Frau Irmentrud: Diese / wie sie ein armes Weib gesehen / welches mit dreyen ihren Söhnen eines Alters und Geburt sich geschleppet / ist sie unmuthig worden / und die Frau mit harten unfreundlichen Worten / als eine leichtfertige Metze gestraffet und ausgemacht. Diese ihre Unbesonnenheit und ungerechten Argwohn hat GOTT der HERR gestraffet. Dann sie hernachmahls in Abwesenheit ihres Herrn 12. lebendige Söhne in einer Geburt zur Welt gebracht. Irmentrud ist hierüber sehr erschrocken / hat gedacht / man würde eben dasselbe von ihr muthmassen / was sie dem armen Weibe fürgeworffen. Ruffet derhalben die Hebamme zu sich /befiehlet derselben eilffe von den Kindern zu nehmen / und im nähesten Fluß zu ersäuften / das übrige eins ihr zu lassen. Das Weib nimmt die 11. Kinder in die Schürtze / gehet mit nach dem Wasser: Unterwegens begegnet ihr der Graf Isembret / fraget / was sie trage? Sie antwortet / es sind 11. Wölffe oder junge Hunde / die wolle sie wegwerffen und erträncken. Der Graf begehret sie zu sehen und zu schauen / ob nicht etliche darunter zur Jagt dienlich. Das Weib wegert sich so viel sie kan. Muß doch endlich ihren verborgenen Schatz herfür ziehen / da bekennet sie den gantzen Handel. Der Graf befiehlet ihr still zu schweigen / und keinem Menschen [422] hiervon zu sagen: Verschaffet alsbald / daß die Kinder an einem besondern Ort wol auferzogen werden. Stellet sich gegen sein Gemahl /als wüste er nirgends von. Nach Verlauff 6. Jahren lässet er diese 11. Söhne / die nunmehr ziemlich erwachsen / und alle sehr schöne frische Jungen waren /auf einerley Art kleiden: Richtet hier auf ein stattlich Mahl an / dazu er seine und seines Gemahls Verwandten / und viel andere Freunde einladet: Unter währender Mahlzeit lässet er herfürtreten 11. Kinder /und erzehlet den Gästen ordentlich / was sich zugetragen. Frau Irmentrud / theils aus Freude / theils aus Leid / fället ihrem Herrn und den Kindern weinend um den Hals / und bittet um Vergebung / welche sie auch erlanget. Zum Gedächtniß aber dieser That / hat er seiner 12. Söhne Zunahmen verändert / und sie nicht Grafen von Altorff / sondern die Wolffen nennen lassen: Welche hernach in ihrem Wapen auch einen Wolff geführet; GOTT aber zu Ehren und Danck für die wunderbare Erhaltung seiner Kinder /hat er binnen Altorff ein Kloster gestifftet.


1. Was die Menschen zu verderben gedencken / das erhält GOtt wunderbarlich. 2. Manche Mutter ist grausamer gegen ihr Kind / als eine Bärin / Wölffin / oder Hundinne gegen ihre Jungen gesinnet.

40. Menschen haben etliche Jahr ohne Essen gelebet
40. Menschen haben etliche Jahr ohne Essen gelebet.

Der weise und weitberühmte Artzt Hippocrates schreibet / daß ein Mensch nicht könne über sieben Tage hungern und lebendig bleiben. Solches ist zu verstehen von frischen und gesunden Leuten / die guten Appetit zu essen haben. Unterdessen aber / daß unterschiedliche Menschen gewesen / so nicht ein /sondern [423] viel Jahr sich des Essens und Trinckens gantz enthalten / und im geringsten nichts genossen / zwar nicht übernatürlicher Weise / wie in der Heil. Schrifft zu finden / auch nicht mit Teuffelskünsten / sondern aus Schmachheit und Untüchtigkeit der Natur / solches bezeugen die Historien / und die tägliche Erfahrung. Für dißmal wil ich mit wenig Exempeln zu frieden seyn.

Fulgosus ein berühmter und glaubwürdiger Mann /schreibet / daß im Jahr Christi 1460. Im Schweitzerland einer gewesen / mit Nahmen Niclaus / welcher /nachdem er mit seiner Frauen 5. Kinder gezeuget / ein einsames Leben auf einem Dorffe geführet / und 15. gantzer Jahr ohne alles Essen und Trincken gelebet. Solches / ob sichs also verhielte / zu erfahren / sey der Bischoff von Cotznitz / in dessen Gebiete er gewohnet / selber in Person nach dem Niclaus gereiset / und nicht allein alles warhafftig befunden / sondern auch mit seiner Hand alle Umstände beschrieben und aufgezeichnet: Und / auf daß er sehe / wie es ihm bekäme / wann er essen würde / hat er ihm bey hoher Straffe aufgeleget / etwas wenigs von Speise zu sich zu nehmen. Niclaus hats thun müssen: Ist aber davon so kranck worden / daß er 3. Tage zu Bette gelegen / und unerträgliches Hauptwehe gefühlet. Diese Sache ist nicht allein vom Bischoff unzweiffentlich / sondern auch von unzehlich viel Teutschen / Frantzosen / Italiänern / etc. die / daß Wunder zu sehen / hingereiset /ohne Betrug befunden worden. Er selber Fulgosus bezeuget / daß er mit vielen geredet habe / die bey diesem Manne gewesen / und es warhafftig also erfahren.

Nicht allein aber hat man bey Männern / sondern auch bey Weibs-Personen dergleichen Exempel: Im Jahr [424] 1539. ist bey Speyer ein Mägdlein gewesen /ohngefehr von 10. Jahren / Margaretha Weiß genannt / welches anfänglich nach ausgestandenem langwierigem Haupt- und Bauchwehe einen solchen Eckel für der Speise bekommen / daß es wenig Monat darnach /sich gantz und gar der Speise / folgends auch des Trancks entäussert / und also eine lange und geraume Zeit gelebet. Der Römische König Ferdinandus hat seine Leib-Medicos zu ihr gesand / und alles aufs genauste erfahren lassen; Welche dann nichts anders befunden / als daß dieses Weibsbild ohne Speise und Tranck warhafftig ihr Leben hinbrächte.

Die Ursache dieses ist den Gelehrten aus der Natur bekannt / und nicht für ein Wunderwerck und Betrug zu halten.

41. Spinnen-Fresser - Gifft-Fresser
41. Spinnen-Fresser / Gifft-Fresser.

Beym Cœlio, einem Ausbund vom gelehten Manne finden wir / daß zu Zeiten Alberti M. zu Cölln am Rhein ein Mägdlein gelebet habe / (welches er selber gesehen und angeredet) daß in ihrer zarten Jugend /ohngefehr 3. Jahr alt / eine solche Begierde und Lust gehabt / vergiffte Spinnen zu essen / daß sie ihnen längst den Mauren und Wänden nachgekrochen / sie ergriffen und mit Lust gegessen: Sey auch davon sehr hübsch / feist und wol genähret worden.

Aristoteles gedencket auch einer Jungfrauen / welche anfänglich sich gewehnt nur ein wenig Gifft zu essen / und darvon ihre Nahrung zu haben: Aus welcher Gewohnheit dann eine Natur worden / daß sie endlich den stärcksten Gifft nicht anders / als gewöhnliche gesunde Speise täglich zu sich genommen: Dadurch aber [425] so vergifftet worden / und eine so schädliche Art und Natur erlanget / daß sie mit ihrem Speichel oder anderer Feuchtigkeit des Leibes alle /so zu ihr nur naheten / alsbald tödtete: Zweiffels ohne ist diese derselben Gattung gewesen / davon beymPlutarcho und andern Meldung geschicht / daß nemlich ein Weibsbild zum grossen Alexandro ins Lager kommen / welche mit ihm zu buhlen begehret: Aristoteles aber habe den Betrug gemercket / und seinem Könige gerathen / er sollte sie erstlich seinen Hoff-Junckern zu versuchen geben: Welche / so bald sie sie nur unzüchtig angerühret / im Augenblick vergifftet /und des Todes verfahren seyn.

Siehe / so viel vermag die Gewohnheit / auch in bösen unnatürlichen Dingen.

42. Gänse verwahren und vertheidigen das Schloß-Capitolium zu Rom
42. Gänse verwahren und vertheidigen das Schloß-Capitolium zu Rom.

Zur Zeiten / als die Frantzosen und derer ObristerBrennus mit grosser Macht und Kriegsheer / über dreymal hundert tausend Mann in Italien fielen /seynd von denenselben die Römer dermassen geängstiget worden / daß sie sich alle ins Capitolium haben verkriechen müssen. Nun war der mannhaffte HeldCamillus / der den Römern grosse Dienste erzeiget /aus Rom ins Elend verjaget / und hielt sich auf in der Nähe bey den Vejensern: Nichts destoweniger gedacht er seinem Vaterlande zu Hülffe zu kommen / schicket derhalben etliche Soldaten heimlich ab: Die auch insCapitolium gekommen / und es entsetzet. Brenus mit seiner Soldatesca erfähret solches: Und weil er dasCapitolium starck hatte umringet / steiget er bey Mitternacht denselben Weg / den des Camilli-Soldaten[426] gegangen / zum Capitolio hinein / so heimlich / daß weder Menschen noch Hund solches gewahr worden /und wäre ohne Zweiffel es damals mit den Römern gethan gewesen / wann nicht die Gänse das Capitolium besser bewahret und bewachet / als die Schildwache und Soldaten: Es wurden aus Gewohnheit allezeit im Tempel der Göttin Juno unterschiedliche Gänse gehalten und gespeiset / aus sonderlichen Ursachen: Die Gänse / weil sie in währender Belägerung wenig Futter bekamen / und schmal beissen musten / und ohn das von Naturleichtschläffig / und wenn sie jemand vernehmen / fertig seyn mit ihrem Schnattern: So haben sie in der stillen Nacht den Antritt der Feinde gehöret / bald angefangen zu schreyen / Hauffenweise zu den Römern gelauffen / und dieselben aus dem Schlaff gewecket und munter gemacht: Dadurch dann die Römer einen Argwohn bekommen / daß etwas müste vorhanden seyn: Seynd also zu rechter Zeit des Feindes gewahr worden / deme sie dann männlich widerstrebet / und ihn für dißmal auch noch abgetrieben. Also haben die Römer mehr den Gänsen / als ihren eignen Soldaten zu dancken gehabt. Dahero die Gänse hernacher für heilige Thiere gehalten worden / und den Titul bekommen / daß sie genennet seyn Servatores Capitoli.


1. Offt ist ein unvernünfftiges Thier fleißiger in seiner Art / als ein Mensch in seinem Beruff. 2. Soldaten / so wacht halten sollen / gebührt nicht zu schlaffen. 3. Durch der Soldaten Nachläßigkeit wird offt die Schantze versehen und verlohren.

43. Camilli Leben
43. Camilli Leben.

[427] Weil wir jetzund des Camilli gedacht / wollen wir durch die Gelegenheit etwas von seinem Leben melden / über das / was bereits von ihm in der letzten Historie des ersten Hunderts erzehlet ist.

Die Römer hatten mit ihren Nachbarn den Vejensern langwierigen Streit / und / war die Stadt Veji gantzer 10. Jahr von den Römern belägert gewesen /gleichwie Troja von den Griechen. Endlich hat man alle Kriegs-Obristen abgesetzet / und dem Furio Camillo allein die Sache befohlen / welcher dann auch sich der Stadt bald bemächtiget / und dieselbe eingenommen. In der Plünderung ist so viel Gold und Silber bekommen worden / daß das gantze Kriegsheer den Camillum für den glückseligsten Menschen ausgeruffen: Er aber hat deßwegen die Götter gebeten /dafern sie solch groß Glück mit einem Unglück vermischen wolten / sie es nicht der Stadt / sondern ihme selber zufügen möchten. In dieser Eroberung hatteCamillus angelobet / er wolte den Römischen Göttern den Zehenden von aller Beute geben: Solches aber zu thun hatte er in dem grossen Tumult vergessen / und seynd die Soldaten mit aller Beute davon gegangen. Als er nach Rom kommen / und die Götzenpriester gespüret / daß die Götter über die Stadt zürneten / ist Camillus für den Rath getreten / und hat sein Gelübde erzehlet. Darauf der Rath von den Soldaten den Zehenden von der Beute zwar wieder gefodert / aber wenig bekommen. Dann theils es schon verzehret und durchgebracht / theils unwillig worden / und zum Aufruhr Anlaß gegeben. In diesem Tumult seynd die ehrlichen Matronen und Jungfrauen aufgetreten / und von ihren Kleinodien und Schmuck [428] so viel Gold gutwillig dargereichet / als Noth war; Davon ist demApollini zu Delphis eine grosse Schale gemacht und gegeben; Den Frauen und Jungfrauen aber ist zur Erstattung vom Rath vergönnet / daß man ihnen eben so wol als den Männern eine Leichenpredigt nachthun möchte / welches für der Zeit niemahls geschehen.

Aus diesen Ursachen / und wegen solcher Vergessenheit und Nachläßigkeit hat Camillus müssen die Stadt räumen / und ins Elend gehen: Das ist sein Lohn gewesen für die getreue Dienste. Wie er nun entwichen / hat er die Götter gebeten / sie möchten die Stadt Rom so ängstigen / daß sie bekennen müsten / Camillo wäre ungerecht geschehen: Welches dann auch bald hernach wahr worden / nemlich alsBrennus mit den Frantzosen in Italien gefallen / wie in dem vorhergehenden Satz berichtet. Als nun die Römer nirgend keinen Rath mehr wusten und vomBrenno hart gedrungen / auch das Capitolium nicht lang mehr hätten halten können / haben sie Camillum zum Dictatore und General Obristen erwehlet / der ihnen dann auch männlich beygesprungen / und an den vorigen empfangenen Schimpff nicht mehr gedacht: Den Brennum mit seinem Heer in einer Schlacht gedämpffet / vernichtet / und gantz und gar niedergeleget / daß von den 300000. nicht ein einiger davon kommen / der die Zeitung hätte nachsagen können. Nach diesem ist er noch etliche mal Dictator worden / und sich so wol um die Stadt verdienet / daß man ihn hat ausgeschrien und genennet den andernRomulum, einen Vater des Vaterlandes. In seinem hohen Alter ist er an der Pest gestorben / und mehr beklagt worden / als hundert tausend andere.

[429] 1. Die Tugend wird wohl gedrücket / aber nicht unterdrücket. 2. Tapffere Helden erlangen unsterblichen Ruhm.

44. Curii, eines Römischen Bürgermeisters Redligkeit und Eingezogenheit
44. Curii, eines Römischen Bürgermeisters Redligkeit und Eingezogenheit.

Kein Volck hat den Römern so grosse Unruhe und so viel zu thun gemacht als die Samnites, mit welchen sie in die 50. Jahr Kriege geführt. In währendem diesem Kriegswesen ist auch zu seiner Zeit Marcus Curius, ein Obrister gewesen / welcher mit seinen Collegen, Publio Cornelio, die Samnites in der Schlacht überwunden und niedergeleget; Die Samnites hier durch gezwungen haben an den Rath zu Rom eine Legation abgefertiget / von etlichen fürnehmen Männern / welche wolwissend / daß Curius in grossen Ansehen war / und viel bey der Sachen thun konte / zum Curio gegangen ins Haus / da sie ihn beym Feuer-Herd sitzend gefunden / und Rüben braten; Sie haben ihm Rede angewonnen / und gebeten / er möchte ihnen günstig fallen: Damit ihme præsentiret und dargereichet ansehnliche / köstliche / theurbahre Geschencke von Gold und Edelgesteinen. Curius hat sie ausgelachet / und gesprochen: So lange ich diese noch essen mag / (meynete seine gebratene Rüben /) bedarff ich keines Goldes oder Kleinodien: Ich will lieber herrschen über die / so Gold besitzen / als selber Gold haben: Hat sie hiermit ihren Weg paßiren lassen.

Eben dieser Curius hat hernachmals auch den mächtigen König Pyrrhum aus Italien vertrieben /und wie er wieder nach Rom gekehret / in vollem Rath gesaget: So viel und groß Land hab ich gewonnen / daß / wo ich nicht so viele Menschen dabeneben hätte [430] gefangen / müste das Land öde liegen / und könte nicht gebauet werden. So viel Menschen habe ich gewonnen und bekommen / daß / wo ich nicht dabey so viel Landes hätte eingenommen / die Menschen Hungers sterben müsten.

1. Redlichkeit ist eine schöne Tugend / zieret das Alter und die Jugend. 2. Die Natur ist mit wenigem zufrieden. Läßt sich wohl begnügen mit geringer Speise / bedarff keines grossen Aufschlages.

45. Glaß - das man hämmern und schmieden kan
45. Glaß / das man hämmern und schmieden kan.

Viel Sachen seynd zu unsern Zeiten erfunden / davon die Alten nichts gewust. Im Gegentheil haben die Alten auch vieler Dinge Wissenschafft gehabt / die bey uns verlohren und Vergessen / und derer wir keine Nachrichtung mehr finden: Als zum Exempel:Plinius und die Historienschreiber im Leben Tiberii erzehlen / daß einsmal zum Käyser Tiberio ein Meister gekommen / der ihm ein köstlich und künstlich formirtes Glaß præsentiret / und darbey zu verstehen geben / wanns schon an die Erde geworffen würde /solte es doch keinen Schaden bekommen. Man hat das Glaß niederfallen lassen / da ist es zwar gantz geblieben / aber etliche Beulen bekommen. Der Meister ziehet aus seiner Taschen einen Amboß und Hammer; und schläget das Glas fein wieder zurechte / daß ihm die Beulen benommen worden: Giebts alsbald dem Käyser wieder. Tiberius fraget / ob auch jemand mehr die Kunst wüste / und ebener massen das Glaß zubereiten konte? Der Meister antwortet: Er wäre allein der Erfinder und Besitzer dieser Kunst / und hätte sonst kein Mensch mehr Wissenschafft hievon. Der Käyser [431] befiehlet diesen Meister und alle seine Diener zu tödten / ja seine gantze Werckstäte zu verderben und zu vernichten / darum / daß nicht / wann solches Glaß gemein würde / daß Gold und Silber in geringen Preiß und Ansehen käme / und verachtet würde. AberTiberius hat vergebliche Sorge gehabt / und diesem Künstler seine Mühe und Kunst allzuübel belohnet. Dann obschon solch geschmeidig Glaß gemein wäre /würde dannoch das Gold wohl in seinen Würden bleiben. Dann Glaß könte man so viel machen als man wolte. Gold aber nicht also.


Manchen bringet seine Kunst und Geschicklichkeit in grössen Widerwillen / ja gar um sein Leben.

46. Meer-Wölffe
46. Meer-Wölffe.

Man erzehlet für gewiß / daß in Leyland und den benachtbarten Gräntzen / etliche Menschen sich selber in Wölffe verwandeln / auf eine gewisse Zeit des Jahrs / nemlich in den 12. nechsten Tagen nach Christmeß / und alsdann im Lande herumlauffen /grausamlich wüten / Menschen und Vieh anfallen /und an Leib und Leben Schaden zufügen: Hernacher aber wiederum zu Menschen werden / und ihre vorige Gestalt wieder bekommen. So ihnen in währender Verwandelung irgendwo eine Wunde wird in Leib geschlagen / behalten sie dieselbe / wann sie ihre Menschliche Gestalt wieder angenommen. Auf was Art und Weise solche Veränderung geschehe / und durch was Mittel / davon sind unterschiedliche Meynungen. Ich lasse einen jeglichen hievon glauben was er wil / meines Erachtens ist unmüglich / daß der Teuffel (welcher allhie der Fürnehmste im Spiel) eines Menschen Leib [432] wesentlicher Weise in ein ander Thier verschöpffen kan. Schöpffen gehöret GOtt allein zu / keinem Engel keinem Teuffel. Wann nun ein Mensch warhafftig solte zum Wolff gemacht werden /müste solches durch eine neue Schöpfung geschehen /die GOtt allein zugehöret. Der Teuffel hat nicht Macht eine Lauß zu machen / wie aus Pharaonis Zäuberern zu ersehen. Folget derohalben / daß diese Veränderung der Menschen in Wolffs-Gestalt / entweder nur ein Einbilde sey / und Melancholische Phantasey /die der Teuffel seinen Dienern eingeust; Entweder er /der Teuffel / macht um den Menschen ein Gespenst und äusserlichen Schein eines Wolffes / wie er dann meisterlich allerley Gestalt anzunehmen weiß; Oder aber der Teuffel treibet leibhafftig die warhafftigen natürlichen Wölffe / daß sie rasend werden / und Schaden thun: Unterdessen bildet er den Menschen ein / daß sie meynen / sie haben alles gethan und verrichtet / was die Wölffe.

Solch Teuffels-Spiel ist nicht neu / noch zu unser Zeit erstlich aufkommen. Ich befinde bey dem uhralten Griechischen und Lateinischen Scribenten / daß schon vor etliche tausend Jahren gleiche Verwandelung im Schwange gegangen sey. Was Homerus von der Zäuberin Circe geschrieben / ist gnugsam bekannt: Nemlich / daß dieselbe des Ulissis Reise-Gefehrden einen Becher gereichet / aus welchen alle die /so getruncken / schleunig seyn zu Wölffen / Schweinen / Hunden / etc. geworden.

Herodotus im Buche Melpomene schreibet / daß Völcker sind / Narvi genannt (sind die Moscowiter) welche alle Jahr einmal sich selbst zu Wölffen machen / und hernacher wieder Menschen werden. [433] Eben solches vermeldet auch Mela, Stabo, Plinius. Beym Virgilio im 8. Baurenlied singet der Alphesibæus, daß er gesehen habe den Zäuberer Mœrim, durch etliche Kräuter sich selber zum Wolffe machen: Ja auch durch seine Kunst der verstorbenen Seelen aus der Höllen herfür ziehen / und das gesäete Korn von einem Acker auf den andern Weg zaubern. Beym Ovidio im 1. Buche der Veränderung wird die Fabel vom König Lycaon, der zum Wolffe worden / weitläufftig erzehlet.

Des Teuffels bestes Handwerck ist / die Menschen zu betriegen und zu verführen.

47. Virgilius saget dem Käyser Augusto, wes Sohn er sey
47. Virgilius saget dem Käyser Augusto, wes Sohn er sey.

Als der weitberühmte und treffliche Poet Virgilius erstlich nach Rom gekommen / ist er mit des KäysersAugusti Stallmeister in Kundschafft gerathen / und weiter in der Artzney-Kunst sehr erfahren / hat er /wann des Käysers-Pferde irgendwo dreshafft worden /dieselbe geheilet. Es hat sich auf eine Zeit begeben /daß dem Käyser ein sehr schön und theures Pferd verehret worden. Von diesem hat Virgilius, so bald er es gesehen / gesaget und angezeiget / es würde nichts tügen / noch lange leben / weils von ungesunden Eltern gebohren wäre: Welches sich dann auch in der That also befunden. Solches ist dem Augusto zu Ohren kommen / der hat befohlen dem Virgilio zweymal so viel Brod zu geben / als er zuvor bekommen. Auf eine andere Zeit seynd dem Augusto aus Spanien etliche Hunde zukommen / die hat Virgilius sehr gerühmet / und gesaget / was für Art ihre Eltern und daß sie schnell von Lauffen / und gut von Tugend [434] wären.Augusto hat Virgilio wiederum das Brod verdoppeln lassen. So stund nun der Augustus in etwas in Zweiffel / ob auch Octavius sein rechter Vater wäre oder nicht? Und weil Virgilius so eben von des Pferdes und der Hunde Eltern geurtheilet hatte / gedacht er / er würde auch von seinem rechten Vater gute Wissenschafft haben: Ließ derhalben Virgilium gar allein in ein besonder Gemach zu sich fordern / fraget um / ob er wol wisse / wer er sey? Und welche Macht er habe / die Menschen glückselig zu machen? Ich weiß es gar wol / sprach Virgilius, O Auguste, daß du schier gleiche Gewalt mit den Göttern hast / und kanst erheben wen du wilt. Des Willens bin ich auch / sagt Augustus, und wil dir guts genug thun / wo du mir wirst die Warheit sagen. Fähret fort / und spricht: Die Leute haltens dafür / ich bin vom Octavio gebohren: Andere aber sagen / Octavius sey nicht mein Vater /sondern ich weiß nicht wer; Zeige an / was dich hierbey deucht? Virgilius etwas lachend / gab zu verstehen / er wolte seine Meynung wol aussagen / wanns der Käyser nicht in Ungnaden vermercken wolte. Augustus schweret / es soll ihm daraus nichts Ubels entstehen. Da fängt Virgilius an und spricht: O Käyser /an den unvernünfftigen Thieren findet man wohl Zeichen / von was Eltern die gebohren seyn; Aber bey den Menschen ists fast unmüglich. Doch wolte ich auch wol wissen und muthmassen / was dein Vater für einer gewesen. Augustus erwartete mit grossem Verlangen was Virgilius sagen würde: Du bist /spricht Virgilius, eines Beckers Sohn: Augustus gleichsam erstarrend / gedachte wie das seyn möchte: Da hat Virgilius loßgedrucket und gesaget: Vernimm[435] Auguste, aus was Ursachen ich solches rede: Wie ich von den Thieren etwas habe ausgesaget und berichtet / welches niemand als ein hoch-gelehrter und erfahrner Naturkündiger hätte wissen oder sagen können; So hast du demnach / der du ein HErr bist über die gantze Welt / mir zur Verehrung nichts anders geben lassen als Brod / welches dann die Becker oder Beckerkinder zu thun pflegen. Dieser Schertz ist dem Augusto nicht unangenehm gewesen. Hat zum Virgilio gesagt: Hinführo solt du nicht von des Beckers Sohn /sondern von einem milden Käyser Geschenck und Gaben empfangen: Welches er ihm dann auch gehalten.


1. Die Allergelehrtesten werden offtmahls am allerschlechtesten belohnet. 2. Doch krancket die Kunst wol etwas / stirbet aber nicht. 3. Wann nur Virgilii seyn /so werden sich auch wol Augusto finden.

48. Zwey Geschichte oder rühmliche Thaten des Griechischen Königs Antiochi
48. Zwey Geschichte oder rühmliche Thaten des Griechischen Königs Antiochi.

Antiochus, der die Parther mit Kriegsheer überzogen /ist auf einmal (als beym Plutarho in Apophtheg zu lesen) auf die Jagt geritten / und wie er dem Wilde nachgeeilet von seinen Dienern und Gefehrden abkommen / und in die Irre gerathen. Da hat er ohngefehr ein kleines Bauerhäuslein / darinnen gantz arme Leute gewohnet / angetroffen: Ist hinein gegangen und hat bey den Leuten sich niedergesetzet / die ihn dann nicht gekannt noch gewust / daß er der König wäre. Unter diesen Bauern ist Rede fürgefallen vom Könige / und hat einer sich verlauten lassen / der König wäre wohl fromm und gut genug / hätte aber zween Mängel an sich. Eins / daß er aus allzugrosser Liebe und Begierd zur Jagt die Regierung versäumete / [436] und hochwichtige Sachen hindan setzte. Zweytens / daß er bösen falschen Leuten die meisten Reichsgeschäffte zu verrichten anbefehle. Der König schwieg stille hierzu / und ließ sich nichts mercken. Des Morgens gerathen die Diener und andere Gefehrten / so mit auf der Jagt gewesen / und die ganze Nacht den König gesucht an das Bauerhäußlein / finden den König / und bringen ihm seinen Purpur und Krone / daraus denn die Bauren gemercket und gesehen / daß er der König wäre: Er hat sich aber zu seinem Gesinde gewendet und gesaget: Seithero daß ihr bey mir in meinen Diensten verharret / habe ich nie so viel warhafftiges von mir erzehlen hören / als eben dißmal / von diesen Bauersleuten.


Das war ein herrlich und Königlich Wort: Man findet aber wenig / die es vor gut halten / wann man ihnen die Warheit von ihnen selber berichtet.


Derselbige Antiochus hatte die Stadt Jerusalem belägert; Es ward aber eben zu der Zeit ein hohes Fest von den Jüden gefeyret / da schickten sie an Antiochum, baten um Anstand bis auf 7. Tage. Antiochus bewilliget nicht allein / und gewehret ihnen diese Bitte / sondern ließ auch gar viel grosse schöne Ochsen herbringen / und denen selben die Hörner vergülden / dabeneben eine grosse Menge Gewürtz / schickte solches alles mit grossem Gepränge an das Stadt-Thor / den Juden zur Verehrung auf ihr Fest / und zog wieder nach seinem Läger. Hierüber haben die Juden sich höchlich verwundert / und diese Gutthat gepriesen. Nach verlauffenen 7. Tagen wie das Fest zum Ende / sind sie gutwillig gekommen und dem Antiocho die Stadt / mit allem was drinnen / übergeben.

[437] Mancher richtet mehr aus mit Willfertigkeit / als mit Wehr und Waffen.

49. Etliche denckwürdige Dinge vom Alcibiade
49. Etliche denckwürdige Dinge vom Alcibiade.

Alcibiades ist ein behertzter und berühmter Krieges-Held zu Athen gewesen / von welchem Plutarchus folgende Dinge aufgezeichnet hat.

1. Er kam auf eine Zeit den Periclem zu besuchen: Da ward ihm gesagt: Pericles wäre nicht müßig / und bemühe sich sehr / wie er mit Ehren den Atheniensern Rechnung thun könte / welches ihm dann gar schwer fiel. Alcibiades saget: Besser wäre es / wann Pericles sich dessen befleißigte / daß er keine Rechnung thun dörffte / und wie er sich dessen entschlüge / als daß er gedächte Rechnung zu thun.

2. Alcibiades hatte einen köstlichen Hund / den er für 700. Cronen gekauffet: Und der zu Athen in der Stadt wol bekant war. Diesem hieb er den Schwantz ab: Wie er gefraget ward / warum er solches thäte: Auf daß (sprach er) die Athenienser Ursach haben von meinem Hunde zu reden / und unterdessen nach meinem andern Thun und Anschlägen nicht forschen.

3. Auf einmal gieng er in eine Schule / darinnen die Jugend in Sprachen und guten Künsten unterrichtet wurde. Da fordert er und begehrte vom Schulmeister /daß er ihm des Homeri Buch vom Trojanischen Kriege herreichete; Er hätte wornach zu sehen. Der Schulmeister gab ihm zur Antwort: Er hätte den Homerum nicht. Alcibiades nimmt alsbald die Faust / und schläget dem Schulmeister ins Gesicht: Gehet hiermit seiner Wege.

[438] 4. Als Alcibiades gehöret / daß die Athenienser ihn und seine Mitgesellen zum Tode verurtheilet hatten /sprach er; Lasset uns beweisen und darthun / daß wir noch lebendig seyn: Hat sich hierauf nach Sparta verfüget / und den Atheniensern einen schweren Krieg erreget.

Kluger Leute Reden soll man fleißig mercken.

50. Wie - und worauf die Alten geschrieben haben
50. Wie / und worauf die Alten geschrieben haben?

Viel eine andere Art im Schreiben haben die Alten gebrauchet als wir heute zu Tage. Anfangs hat man höltzerne dünne gehobelte Bretteln oder Täfflein gemacht / von Büchen / Buchsbäumen / Linden und dergleichen Holtze / und dieselbe mit Wachs überzogen: Darauf mit einem Eisern und Elffenbeinen / oder Buchsbäumen Griffel geschrieben: Hernach einen Leinen Faden herum gebunden / und denselben mit anderm Wachs / (wie noch bey uns gebräuchlich) fest gemacht / und mit einem Petschafft versiegelt / und so fort gesandt. Dahero die Boten / welche diese Täfflein weg getragen / Tabellarii genennet werden. Solches ist klärlich zu ersehen aus des Plauel Comœdien hin und wieder / insonderheit aus der / welche vom Esel ihren Nahmen hat / Act. 4. Sc. 1. da diese Wort gelesen werden: Sie soll auch in ihrer Kammer kein Wachs haben / darauf sie Briefe schreiben konte. Und in den Bachid. Bring her den Griffel / das Wachs /das Täfelein und Flachs. Da denn alle vier Dinge ausdrücklich genennet werden / die zum Brief-Schreiben seynd gebrauchet worden. Bald darnach stehet auch: Nimm den Griffel und das [439] wächserne Täfelein / und schreib schleunig. Abermal: Gib her das Wachs und den Flachs / bind zu / und versiegle es. Das solche Art auf höltzerne Tafeln zu schreiben schon lange vorPlauto gebräuchlich gewesen / ist zu lernen aus demHomero, bey welchem im 6. Illiad. der Prætus demBellerophonti einen Brieff schicket / auf ein solch Tafelchen geschrieben. Diese wächserne Schreibtafel konten sie offt und viel gebrauchen: Denn sie machten das Wachs warm / und vertilgten also die eingedruckten Buchstaben / und schrieben etwas neues drauf.

Weil es aber mühselig fiel mit diesen Tafeln / so nahmen sie hernach die Rinde von den Bäumen / falteten die artig zusammen / und schrieben darauf mit einem spitzigen Eisen / daher seynd die Bücher Libri genennet worden / (denn Liber heißt die Rinde vom Baume) oder Codices vom Stammen. Dieser Dinge hat man sich gebrauchet biß auf Alexander des Grossen Zeiten. Als dieser Held die Stadt Alexandria in Egypten bauen ließ / ward daselbst beym Fluß Nilo ein Kraut gefunden / Nilotisch Papier genannt / welches sich mit einer spitzigen Nadel zertheilen ließ in unzehlige viele dünne Blättlein / dieselben hat man häuffig gesammlet / zusammen genehet / Bücher davon gemacht / und dann aufgeschrieben. Von diesem Gewächse hat biß auf diese Stunde unser Papier seinen Nahmen behalten. Die Völcker aber / so dieses Papiers nicht konten theilhafftig werden / haben Blätter von andern Bäumen genommen / wie dann beym Virgilio im 6. Buch vom Ænea weitläufftig zu lesen /auch hat die weise alte Sibylla auf Palmblätter ihre Vers geschrieben / oder auch (welches Herodotus vermeldet im 5. Buche) anstatt [440] des Papiers die abgeschabte Felle oder Häute von Schaafen und Ziegen gebrauchet.

Letzlich ist eine gantz andere Art Papier aufkommen / welches zugerichtet wird / wie jedermänniglich bekant / von alten leinen Lumpen / oder (wie es die Chineser bereiten von Seidenen.) Zu welcher Zeit solch herrlich und nutzlich Werck erstlich erfunden /und von weme / ist niemals bekant worden / und von keinen Menschen / so viel mir bewust / erwehnet oder aufgeschrieben. Es sind etliche in der Meynung / daß die alte Sibylla habe für so viel tausend Jahren von dieser neuen Art Papier geweissaget / und verkündiget / dergestalt / daß der Sohn des Verderbens (der Pabst) solte gestürmet werden durch den Flachs / das ist /durch die Bibel und andere geistreiche Schrifften /aufs Papier häuffig gedruckt. Das ist etwas von der Materie darauf man schreibet.

Die Art belangend / ist dreyerley. Die älteste ist der Hebreer / welche von der rechten Hand nach der Lincken geschrieben / gleichwie der Himmel von Aufgang täglich gehet biß zum Niedergang. Die andere ist der Griechen und Lateiner / geschicht von der Lincken nach der Rechten zu / wie die Planeten gehen ihren eigenen Lauff / von Westen nach Osten. Derselben wir teutschen uns auch gebrauchen. Die dritte ist vormahls bey den Einwohnern der Glückseligen oder Hunds-Insulen gemein gewesen / welche oben angefangen und gleich unter sich / durch eine gerade Linie ihre Buchstaben gestellet. Und wann sie gantz unten zum Ende kommen / wiederum von Unten in die Höhe gezogen. Haben der Elementen Bewegung hierinn gefolget / derer etliche / als Wasser und Erde unterwerts fallen / etliche als Feuer und Lufft in die Höhe fahren.

[441] 1. Schreiben ist eine grosse Gabe GOttes / und ein Geheimnis menschlicher Vernunfft. 2. GOtt ist der erste Schreiber gewesen / der mit seinen Fingern in steinern Tafeln das Gesetz gezeichnet. 3. Ein jegliches Ding hat einen schlechten Anfang / die Zeit und der Fleiß macht es immer vollkommener.

51. Archimedis Kronen Probe
51. Archimedis Kronen Probe.

Vitruvius im 9. Buch 3. Cap. setzt folgende Historiam: Zu Syracusa (ist eine Stadt der Insulen Siciliæ im Mittelländischen Meere) regierte bey des Archimedis Zeiten (welches Manns Kunst wir zum öfftern gerühmet) ein König mit Nahmen Hieron. Dieser hatte seinen Göttern gelobet und versprochen eine güldene Krone zu verehren. Giebt derhalben einem Goldschmied ein gewiß Gewichte Goldes solch Werck zu verfertigen. Der Goldschmied behält ein gut Theil Gold davon für sich / und thut an dessen statt Silber darzu. Hiero argwohnete den Betrug / wuste doch den Sachen nicht zu thun / offenbahrete dem Archimedi sein Anliegen: Der bate Zeit sich hierauf zu bedencken. Gehet darauf ins Bad / lässet einen Krug der biß oben an voll Wasser füllen / setzet sich darein und mercket / daß eben so viel Wasser heraus lauffen als viel von seinem Leibe im Wasser gesessen / und welches Wasser ist bedecket gewesen: Stehet vor Freuden auf / lauffet nacket ausm Bade nach Hause / schreiet überlaut und ohne Unterlaß: Ich habs gefunden! Da lässet er ihm vom Könige langen zwey Stücke eines von Silber / das ander von Gold eben des Gewichts als die Krone war. Lässet auch manchen ein höltzernes Gefäß / füllet das mit Wasser biß oben / und thut alsbald das Stück Silber darein / und mercket aufs genaueste / wie viel Wasser heraus fliesse? [442] hebet er auf / und missets / oder wegets ab / wie viel es sey. Gleichfalls füllet er sein Gefäß wieder mit Wasser biß oben an: Thut das Stück Goldes darein / und erforschet abermal wie viel Wasser davon ausgeflossen; Zum dritten macht macht ers eben mit der Krone. Weil nun (zum Exempel) ein Pfund Goldes viel kleiner ist als ein Pfund Silbers / und so viel Raum im Wasser nicht wegnimmt, daher auch so viel Wasser nicht ausdringen als das Silber / welches grösser und mehr Raum bedarff / und mehr Wassers verschüttet so hat Archimedes an Betrachtung / wie viel Wassers die gemachte Krone ausgegossen / wie viel das Gold /wie viel das Silber / bald die Rechnung machen können / wie viel Gold und wie viel Silber zu der Krone gethan wäre. Hat also dieser Mann durch seine Spitzfindigkeit den Betrug offenbahr gemacht.


Die edle Mathesis vermag Dinge zu wege zu bringen /die sonst unmüglich zu seyn scheinen.

52. Von schnellen und geschwinden Läuffern
52. Von schnellen und geschwinden Läuffern.

Wenn ich betrachte / was in der Heil. Schrifft gelesen wird / im 2. Buch Samuelis 11. Cap. von Asahel /daß er von so schlechten Füssen gewesen wie ein Rehe auf dem Felde / so erinnere ich mich etlicher geschwinder Läuffer / derer bey den Heydnischen Scribenten gedacht wird.

Herodotus und Xenophon bezeugen / daß die Persianische Lackeyen (wie wir sie nennen) vom Cyro erst aufgebracht / schneller haben lauffen / als ein Kranich oder Taube in der Lufft fliegen können / und das unter Menschen niemand geschwinder als sie gefunden worden; Mercklich ists auch / was Suidas schreibet / [443] nemlich daß Hæmanius ein Grieche von so leichten Füssen gewesen / daß / wie die Schlacht der Athenienser mit den Persianern geschehen / in welcher er Hæman schwerlich verwundet / er angefangen zu lauffen / und in wenig Stunden aus der Schlacht nach Athen gekommen / einen mächtigen grossen Weg hinüber; Allda gerade nach dem Rathhause gegangen / und wie er kaum diese Wort ausgesaget: Seyd wol und gutes Muths / mit uns stehet es noch wol / schleunig tod niedergefallen / weil er sich gar zu sehr verblutet. Es haben sich zu jederzeit grosse Potentaten beflissen / schnelle Boten oder Läuffer an ihren Höfen zu halten / die haben müssen aufm Haupt Pulmagien oder Federbüsche tragen / daher sie Pterophori genennet worden / wie solches Plutarchus in Käysers Otto Leben bezeuget. Und weil diese Boten geschwind wie der Wind geflogen / hat man sie auch nach den Winden genennet / den einen Boreas oder auch Norden / den andern Sud-West / etc. Solinus gedencket eines Knaben von Mileto, Polymnestor geheissen / welcher / wann er gewolt / einen Hasen in vollem Springen nachgefolget / und den mit der Hand ergriffen. Sonsten waren bey den Griechen sonderliche Ubungen / in welchen die Jugend zum Lauffen abgerichtet ward: Solche Läuffer wurden genennet Stadiodromi / unter welchen auch waren die Dolichodromi / die ohngefehr eine halbe Meile in einem Athem ohne Ruhen lauffen konten. Aber die fürnehmsten waren Hemerodromi / so den gantzen Tag von Morgens biß zu Abends ohn Unterlaß / ohne Ruhen /in einem Rennen fortsatzten / und mit dem geschwindesten Rossen in die Wette lieffen / die sie doch auch offt übertraffen.

[444] Gleich wie alle Gaben von GOtt kommen / also ist auch der Füsse Fertigkeit eine Gabe GOttes. Christen müssen geschwind seyn zum Guten / langsam aber zum Bösen.

53. Der Alten Ringe-Kunst
53. Der Alten Ringe-Kunst.

Bey den Alten seynd vielerley Arten / den Leib zu üben und zu stärcken / im Gebrauch gewesen: Unter denselben ist die Ringe-Kunst nicht die geringste. Man hat lange weite Schrancken oder Fechtplätze zugerichtet / und die mit kleinem Sande bestreuet / auf daß man desto fester und gewisser stehen können. Die Ringer / welche zusammen kämpffen wolten / haben sich gantz nackend ausgezogen / und den Leib mit Oel über und über beschmieret / oder auch mit einer Salbe von Oel und Wachs zugerichtet. Hernacher mit Asche oder Staub bestreuet / darauf seynd sie zusammen getreten / den Leib und die Arme einer gegen den andern gekrümmet / und fest stehend sich weidlich auf das Fell gegriffen. Der den andern hat niedermachen können / hat den Krantz davon getragen. In solcher Ringe-Kunst ist der Milo von Crotana trefflich geübt gewesen; Wie denn auch Sostratus Sycionius, welcher / wann er nur seines Wiederparts Hand ergriffen /sie alsbald in Stücken zerbrochen und zerknirschet. Dergleichen war auch Maximus aus Thracia / welcher vom Käyser Severo bittlich erlanget / daß er sich möchte in Ringen offtmahls sehen lassen; Hat derhalben mit etlichen Soldaten solch Spiel angegriffen /und ihrer 16. starcke Männer / einen nach dem andern / zu Boden geworffen.

Käyser Severus wolte Maximi Stärcke noch mehr prüfen / ließ ein starck Pferd bringen / saß drauf /stieß das Pferd zu lauffen an. Maximus mußte beyherlauffen / [445] und dem Pferde Fuß halten: Aber das Pferd ward ehe müde als Maximus. Da das geschehen / ist er flugs wiederum einen Ringekampff angegangen /und 7. starcke gewapnete Ritter nieder gerissen. Endlich als ihm deßhalben viele gehäßig worden / und ein Wachtmeister / gar groß von Leibe / und von bekanter und berühmter Stärcke ihm in Unglimpff etwas fürwarff / hat er denselben gefraget / ob er ringen wolte; Der ander tritt heran / da ergreifft ihn Maximus an der Brust / hebt ihn in die Höhe / wirfft ihn übern Hals /daß er wie ein Klotz aufm Rücken darnieder liegt /Maximus schreyet überlaut: Frisch heran / noch einer von derselben Art.

Leibes Kräffte und Geschwindigkeit ist wol gut / besser aber ist des Gemüths Tugend und Geschicklichkeit.

54. Chimæra
54. Chimæra.

Unter den ungeheuren Wunder-Thieren / derer die Poeten gar viel gemacht und erfunden / ist auch dieChimæra, und zwar dieser Gestalt / daß sie eines Löwen Kopff und Brust gehabt: Den Bauch wie eine Ziege / die Füsse und den Schwantz wie ein Drache; Sie hat immerfort Feuer aus dem Munde gespeyet /schrecklich anzusehen: Und also alles / was bey und um ihr gewesen / Bäume / Thiere / Menschen jämmerlich verbrannt / und getödtet. Dieses Ungeheuer zu tödten und aus dem Wege zu räumen / ist der behertzte und starcke Jüngling Bellerophon erwehlet worden / dem dann diese männliche That desto besser zu verrichten / vom Gott Jupiter ein geflügeltes Pferd verehret worden / mit welchem er durch die Lufft über Land und Meer gefahren / biß er zur Chimæra [446] kommen / welche er mit seinen Pfeilen durchschossen und erleget.


Chimæra ist ein Fürbild des Zorns / welcher / wann er im Menschen angezündet wird / die Augen roth und feurig / das Angesicht aber grausam / und einem Löwen gleich machet. Wann er um das Hertz und im Leibe auf quillet / so verzehret er Safft und Krafft / ja die Knochen selber / und stürtzet den Menschen in Kranckheit und Leibes Gefahr / ist nicht anders als die Ziegen / so immerdar das Fieber haben / und was sie nun bebeissen / zur Stund verdorrend machen. Endlich thut der Zorn wie eine vergiffte Schlange allen / die er nur antrifft / Schaden / und geust seinen Gifft aus über die / so es nicht verschuldet.

55. Grosse Thier im Meer
55. Grosse Thier im Meer.

Auf der Erden seynd die grösten Thiere / die Cameele / Elephanten und Naßhörner / aber nichts zu rechnen gegen die Wallfische / so im Meere herum lauffen.Lucianus im Büchlein von warhafftigen Lügen erzehlet / daß er mit seinem Schiffe und Gesellen im Meer gefahren / und an eine grosse und weitbegriffene Insul / so voller Bäume und Graß / kommen sey / allda er eine Zeitlang mit seinen Gefehrten geblieben / und wie sie etliche Bäume umgehauen / und ein groß Feuer gemacht / da habe sich die Insul beginnen zu regen / und sey mählich fortgegangen / biß sie endlich erfahren / daß diese Insul ein grosser Wallfisch sey /welcher / als er die Hitze des Feuers gefühlet / sich beweget. Thut diß noch hinzu / daß er mit seinem gantzen Schiff im Bauch des Wallfisches lang und weit herum gefahren / und viel Wunderdings gesehen. Aber Lucianus bekennet selber / diß seynd gewisse wahre Lügen. Sonsten ist nicht ohne / daß im Meer schreckliche grosse Thiere seyn / die nicht allein aus ihrem Horn das Seewasser häuffig ausspeyen und giessen / daß dadurch grosse Last-Schiffe schleunig ersäuffet [447] werden / und versincken / sondern auch ledige Tonnen und Schiffsböte hinein schlucken / und was es ihnen beliebet / wieder ausspeyen / wie solches Plinius bezeuget / und unsere Seefahrer auch wol wissen. Im Jahr Christi 1554. ist zu Genua in Italien eines Wallfisches Kopff ausgefischet worden / der so groß gewesen / daß er von der Gurgel an biß zum Munde neunzehn Schritt / das ist 48. und eine halbe unserer Ellen gehalten; Wie groß muß dann der Leib gewesen seyn?


GOttes Wunder findet man allenthalben / im Meer /auf der Erden und in der Erden.

56. Castor und Pollux zween Brüder
56. Castor und Pollux zween Brüder.

Jupiter hat mit seiner Beyfrauen Leda, Königs Tyndari Tochter / drey Kinder gezeuget / genannt Castor, Pollux und Helena, welche von ihrem Mütterlichen Großvater Tyndaridæ geheissen worden / und die Helena Tyndaris. Von ihrem Vater aber Dioscuri, das ist / Jovis Söhne. Der Castor und Pollux seynd in ihrer Jugend wegen der Stärcke und Erfahrenheit im Ringen sehr berühmt worden / auch deßhalben mit dem Jason in Colchos gefahren / das güldene Fließ zu erobern; In welcher Reise diese zwey Brüder das Meer von vielen See-Räubern frey und sicher gemachet. Wie eines Tages diesen Argoß-schiffern ein grosses Ungewitter zugestossen / und der Orpheus zu den Göttern um Erhaltung des Schiffs und der Menschen Opffer und Gebet gethan / haben sich alsbald zwo Feuerflammen über den Häuptern der beyden Jüngling / Castor und Pollux, sehen lassen / und ist zur Stund das Meer stille worden / der Wind hat sich gelegt / und das Brausen der Wellen aufgehöret. [448] Dannenhero jedermänniglich in die Gedancken gerathen /als hätten die beyden Brüder Göttliche Krafft und Natur an sich / und hat man geglaubet / so offt man zwey Flammen überm Schiff gesehen / daß es Castor und Pollux sey / und gut Wetter mitbringe. So offt aber nur eine sich sehen lassen / sey groß Ungewitter vorhanden / und solche einfache Flamme die Helena, der beyden Brüder Schwester gewesen / welche in ihrem Leben groß Unglück wegen des Trojanischen Krieges angerichtet.


Solches ist ein Aberglaube und falsche Einbildung: Die warhafftige Ursache der zwey Flammen / und warum die gut Wetter bedeuten / aber eine gemeiniglich Ungewitter mitbringe / wissen die Naturkündiger zu geben.

57. Wie die alten Römer ihre neugebohrne Kindlein weggeworffen
57. Wie die alten Römer ihre neugebohrne Kindlein weggeworffen.

Es ist bey den Alten hin und wieder ein Gebrauch gewesen / daß man hat pflegen die junggebohrne Kinder / nach welchen man nicht groß gefraget / und derer man gern entrathen wolte / in eine Wildniß fern von den Leuten hinweg zu tragen / und unter die wilden Thiere aufm Felde / oder in den Höltzungen und Gehägen liegen zu lassen: Welche aber meistens allda gestorben / unterweilen aber durch wunderbahre Schickung GOttes beym Leben erhalten / und von wilden Thieren oder Menschen ernehret und erhalten worden. Solcher Verwerffung und Abschaffung der kleinen Kinder finde ich folgende Ursachen. Erstlich haben sich die Eltern etlicher ihrer Kinder entlediget aus Armuth / weil sie nicht des Vermögens gewesen /so viel Kinder zu ernehren: Darum sie die Besten und Liebsten / (insonderheit die Söhne) behalten [449] halten /und die übrigen / so bald sie nur zur Welt kommen /(bevorab aber die Töchter) hinweg tragen lassen. Diesem fürzukommen / haben die zu Thebis ein Gesetz geordnet / daß niemand einiges Kind aus Armuth wegwerffe / sondern wann ers nicht ernehren könte /der Obrigkeit brächte / die des Kindes eigenen Eltern alle Nothdurfft verschaffet / und wann das Kind auferzogen / muste es zur Erstattung dieser Wolthat für Leibeigen / Knecht oder Magd sein Lebenlang dienen. Die andere Ursach ist gewesen Vermeidung der Schande: Nemlich / wann ein Weibsbild mit heimlicher Unzucht sich beflecket und geschleppet / und dadurch Kinder bekommen / damit sie ihrer Leichtfertigkeit halben nicht gestraffet oder verachtet würde / hat sie die Kinder lassen heimlich wegtragen / und anderswo hinlegen. Also / nachdem die Ilia oder Rhea, eine Kloster-Jungfrau / eines Lateinischen Königs Tochter / vom Soldaten (der sich Mars nennete) beschlaffen / und zween Söhne / Romulus und Remus, zur Welt getragen / hat sie diese ihre Hurenkinder an den Fluß Tyber getragen / da niedergeworffen / und davon gegangen / als wüste sie nirgends von: Welche zween Knaben von eines Hirten Weibe / (so auch eine Hure oder Lupa gewesen /) seynd auferzogen. Die dritte Ursache ist Neid und Haß dieser Eltern / welche das Kind gerne sehen aus dem Wege geräumet / damit es hernach ihnen keinen Schaden zufüge. Also hatCambyses seiner Tochter Sohn / Cyrum, wegwerffen lassen / damit er nicht dermaleins von ihm aus dem Reiche verstossen würde. Also ward Moses in ein Kästlein geleget / und in den Fluß Nilum geworffen /aus Neid Pharaonis gegen die Israeliten: Welche [450] demnach alle beyde / so wol Cyrus / als Moses durch Gottes Hand erhalten / und zu grossen Leuten worden.


Diese Gewohnheit oder That ist so grausam / daß auch die wilden Thiere einen Abscheu darob tragen / die sich der kleinen Kinder offt annehmen / als ihre eigene Mutter. (2.) Wen GOtt erhalten will / der bleibet wohl.

58. Von den Schläudern der Alten
58. Von den Schläudern der Alten.

Eine Schläuder / oder wie wirs nennen / eine Schlenge / ist ein uhraltes Gewehr / von den Phœniciern / wiePlinius vermeynet / erstlich erfunden / und fürnemlich im Kriege die Feinde / oder auch auf dem Felde die Thiere damit nieder zu fällen / gebrauchet / wiewol auch unterdessen die Lacedämonier / wann sie auf der Jagt gewesen / und kein Feuer bey der Hand gehabt /die Eyer in ihre Schläudern geleget / geschwind herum geschwungen / und also durch die Bewegung und Wärme gekochet. Aber wie gesagt / waren Schläudern eigentlich ein kriegerisch Gewehr: Darum der König Cyrus den Völckern Lydiis anbefohlen / sich fleißig im Schläudern zu üben / nach Suidæ Aussage / haben die Einwohner der Belearischen Insuln (liegen im Mittelländischen Meer / und gehören jetzt unter das Königreich Spanien / sein Majorca, Minorca) ihren Kindern kein Essen gegeben (wie anderswo erwehnet) ehe und bevor sie in der Schläuder ihre Ubung verrichtet / wovon dieser Vers des Virgilii im Buch vom Ackerbau muß verstanden werden.


Stupeo tor quentem Balearis verbera fundæ.


Daß nun die Alten sich nicht allein der Schläuder gebrauchet / sondern auch so fertig und erfahren gewesen damit zu werffen / daß sie einen Menschen haben [451] treffen können / an welchem Ort / oder Gliedmaß sie gewolt / ist aus der Historia David zu ersehen / der mit seiner Schläuder den Riesen Goliath einen Stein in die Stirne gesetzet / und ihn also niedergemacht / im 1. Buch der Könige am 17. wie auch zu ersehen aus dem 9. Buch Virgilii vom Ænea, da derMezentius seine Schläuder / in welche er keinen Stein / sondern eine bleyerne Kugel geleget / läßt dreymal ums Haupt gehen / und wirfft des Arrentis Sohn gerade in die Stirne / daß er niederstürtzet. Nicht allein dieses sage ich / sondern sie haben so gewiß damit geworffen / daß sie auch ein Haar treffen können. Exempel dessen ist zu lesen im Buch der Richter / Cap. 20. da also geschrieben stehet / daß unter den 16000. streitbaren Benjamitern gefunden worden 700. Mann auserlesen / die lincks waren / und konten mit der Schläuder ein Haar treffen / daß sie nicht fehleten.

Diese Art Gewehr ist zu unserer Zeit gantz abkommen / an dessen statt die Geschütz und Büchsen gebraucht werden: Wie dann wohl mehr andere Dinge veralten und etwas neues wieder aufkömmet.

59. Der alten Teutschen Kinder-Prob - ob sie ehrlich gebohren
59. Der alten Teutschen Kinder-Prob / ob sie ehrlich gebohren.

Ich finde beym Galeno im 1. Buch von Erhaltung der Gesundheit / wie dann auch in den GriechischenEpigr. einen wunderlichen und Barbarischen Gebrauch / welchen unsere Vorfahren allhie in Teutschland gehabt / nemlich diesen: Wann einem Vater ein Sohn gebohren / und er wissen wollen / obs auch sein rechtes natürliches Kind und seine Frau ehrlich wäre? Hat ers also nacket / wie es zur Welt kommen / hin nach dem Rhein getragen / und es [452] darein gesteckt /und so zappeln und schwimmen lassen / auch mitten im Winter. Ist nun das Kind oben geblieben / und sich wacker gehalten / hat der Vater geurtheilet / es wäre sein rechter Sohn / würde starck und frisch werden /wie er selber / und wäre die Mutter ein ehrlich Weib. Wofern aber das Kind zu Grunde gesuncken / hat ers für ein Huren-Kind / und seine Frau vor unehrlich gehalten. Daß solches auch bey den Rutilis in Italien ist gewöhnlich gewesen / läßt sich ersehen aus dem 9. Buch Virgil. vom Ænea, da diese Verse stehen:


Die Junggebohrne Söhn wir tragen an den Fluß /

Auf daß sie werden starck durchs kalten Wassers Guß.


Eben dasselbe haben auch gethan die Jazyges / die Scythen und Thracier / wie die Historien bezeugen.


Ist auch ein abscheulicher Gebrauch / dessen Anfänger Zweiffels ohne der leidige Satan / welcher / wie GOtt sein Volck durchs Wasser und Geist täuffet / also er seine eigene Tauffe hat. Merck auch unserer Vorfahren Barbarisches Leben / davon mehr beym Tacito.

60. Pariß
60. Pariß.

Priamus, ein König in Troja / hatte unter andern Kindern auch einen Sohn / Alexander geheissen / mit welchem / wie die Mutter Hecuba schwanger gieng /träumete ihr / daß sie eine brennende Fackel zur Welt brächte. Diesen Traum haben die Wahrsager also ausgeleget / daß der Sohn / welchen sie gebähren würde /eine Ursache des Untergangs des Königreichs und der Stadt Troja seyn würde. Deßwegen hat Priamus denAlexandrum, so bald er gebohren / durch einen Diener wegtragen und hinwerffen lassen; Die Mutter Hecuba aber Versehung gethan / daß er heimlich von den Bauren auf dem Berge Ida [453] erhalten und auferzogen worden / welche ihn Paris genennet. Als er ziemlich erwachsen / ist er in den umliegenden Orten zweyerley Tugend halber berühmet worden. Erstlich wegen seiner Aufrichtigkeit im Urtheilen: Und dann wegen Erfahrenheit und Geschwindichkeit im Ringen: Massen er dann zum Richter erwehlet worden / der urtheilen solte unter den dreyen Göttinnen / Venus, Juno und Pallas, welche die schönste / und den güldenen Apffel davon zu tragen würdig wäre? Das Kämpffen und Ringen belangende / hat er für andern allen jederzeit den Preiß erlanget: Auch darinnen seinem Bruder Hector obgesieget / welchen es verdrossen / daß er von einen schwächern und jüngern überwunden / dahero er ihn mit dem Schwerdt überfallen /und tödten wollen / nicht anders wissend / als wäre er eines schlechten Bauers Sohn. Paris hat sich zu erkennen gegeben / und seinen Ursprung mit Zeichen und Zeugnissen bewiesen / ist auch von seinen Eltern für einen Sohn angenommen worden: Und weil ihm die Göttin Venus, des erlangten Lobs und Apffels halber die schönste Frau auf der Welt zu geben versprochen /ihme auch alsbald eine inbrünstige Liebe gegen die schöne Helena / Königs Menelai im Griechenland-Gemahl / eingegossen / ist er / Paris mit 20. Schiffen dahin gesegelt / und nach gepflogener Freundschafft mit der Helena in Abwesenheit ihres Herrn / sich vereiniget / sie zu Schiffe gebracht / und davon gesegelt. Diese Helenam wieder zu holen / seynd alle fürnehmste Könige und Fürsten aus Griechenland für Troja gerücket / und ist diß der Anfang und die Ursache gewesen des zehenjährigen Trojanischen Krieges / und endlich des Verderbens [454] und Untergangs der Stadt Troja / des Priami, und seines gantzen Geschlechts: In währendem Kriege ist der Menelaus (Helenà voriger Ehemann) dem Paridi aufgestossen / und im Kampff begegnet / da es dann mit Paris bald wäre gethan gewesen / wann ihn nicht Venus weggerissen /und verborgener Weise entzücket hätte. Kurtz hernach hat er den Achillem, welcher auf der Griechen Seiten der allerstärckeste und fürnehmste / und des Paridis Schwester Polyxenam lieb gewonnen / mit guten Worten zu Nachtzeiten in die Stadt Trojam gelocket /unter dem Schein / er wolte ihm seine Schwester und die Stadt Troja übergeben: Ihn aber im Tempel Apollinis beym Altar unredlicher Weise ermordet. Gleichfalls er selber bald darauf vom Philoctete getödtet worden.


Durch eines Menschen Schuld wird offt ein gantzes Land verderbet.

61. Helena
61. Helena.

Diese ist des Castoris und Pollucis Schwester gewesen / von überaus feiner Gestalt / und allen Griechischen Weibs-Personen an Schönheit überlegen /darum sie dann noch gar jung von vielen ist geliebet worden. Ihr erster Buhler ist gewesen Teeseus, welcher sie in der Kindheit von ihren Eltern geraubet und weggeführet: Ist aber doch von ihren zween Brüdern wieder geholet / und nachmahln dem Spartaner Könige Menelao vermählet worden. Nicht lange hat sie mit diesem gelebet da sie ihn verlassen / und ist mit dem Paris davon gezogen nach Troja. Daher Menelaus mit Beystand der Griechischen Könige und Fürsten den langwierigen Krieg angefangen / in Meynung /seine Helenam wieder zu bekommen. [455] Nachdem aber Pariß / wie jetzt gesagt / getödtet / hat sie sich zu dessen Bruder Deiphobo begeben / und ist sein Weib worden. Als nun die Griechen 10. Jahr diesen Krieg geführet / seynd sie willens worden / wiederum nach Hause zu ziehen: Da hat Helena im Königlichen Schloß zu Troja ein Feuer angezündet / und dadurch die Griechen wieder zurück gefodert / die dann endlich die Stadt erobert. Helena hatte ihren gewesenen Mann Menelaum zu sich gefodert / und ihn in die Kammer / da der Deiphobus lag und schlieff / geführet: Welcher daselbst vom Menelao ermordet worden. Ist also Helena mit ihrem Menelao versöhnet / der sie zu sich genommen / und wiederum mit ihr nach Sparta gefahren.


Huren Liebe und Begierde ist unersättlich. Huren bringen ihre Anhänger um Ehr / Gut / Leib und Leben.

62. Von Küssen
62. Von Küssen.

Plutarchus in seinen Röm. fragen setzet unter andern auch diese: Woher es erstlich kommen / daß die Weibsbilder ihre nechste anverwandten Mannspersonen / hinwieder die Männer die Weiber geküsset? Unter andern Ursachen seynd diese zwo die fürnehmsten. Erstlich / weil es zu Rom verboten war / daß keine Weibspersonen dürffte oder möchte Wein trincken / auf daß man erführe / ob auch den Weibern der Athem nach Wein rieche / hat man ein Gesetz gemachet / daß die nechsten Anverwandten ihren Freundinnen solten den Mund bieten und sie küssen / zu vernehmen ob sie auch Wein getruncken / und da solches geschehen / sie darüber zu schelten oder zu straffen. Welche Frau ihr nun wol bewust war / reichet ihren Mund bereitwillig zu / und küssete ihren Freund. Die anderer [456] Ursache ist diese: Nach Zerstörung der Stadt Troja versammleten sich die überbliebene Trojanische Weiber und Männer / giengen zu Schiff / ein ander Land und Wohnung zu suchen / kamen endlich in Italien an den Fluß Tybris. Da stiegen die Männer aus /giengen zu Landwerts ein / und blieben die Weiber bey den Schiffen. Die hielten unter sich Rath / wie den Sachen zu thun wäre. Beschlossen endlich / es wäre besser an einem gewissen Ort zu bleiben / als auf dem ungestümmen Meer herum zu wallen: Vereinigten sich derhalben / und wurffen Feuer in alle Schiffe / damit die Männer kein Mittel oder Gelegenheit hätten weiter und von dannen zu fahren. Die Männer auf dem Lande sahen das grosse Feuer von ferne / lieffen den Schiffen zu / selbige zu retten. Die Weiber / als sie ihrer Männer Zorn und Unmuth vermerckten / haben sich zusammen gethan / seynd ihren Männern mit aufgethanen Armen entgegen gelauffen /und hat jegliche ihren Mann umfangen und geküsset /und also durch ihre Freundlichkeit nicht allein der Männer Zorn gestillet / sondern sie auch beweget /allda zu bleiben / eine Stadt zu bauen / und das Land einzunehmen / daraus denn nachmals die Stadt Rom entstanden / und ist dieser Gebrauch des Küssens immer bey den Römern geblieben / zum Gedächtniß der Trojanischen Weiber.


Mit Freundlichkeit richtet eine Frau bey ihrem Manne vielmehr aus / als mit Unglimpff und störrischem Sinne.

63. Die wunderschöne Psyche
63. Die wunderschöne Psyche.

Folgendes anmuthiges Kinder-Mährlein oder Gedichte wird von einem alten Mütterlein erzehlet / und aufgezeichnet gefunden beym Apulejo [457] im 4. und 5. Buche des güldenen Esels / dessen Innhalt dieser: Es wohneten in einer Stadt ein König und Königin / die hatten drey Töchter / unter welchen die zwo ältesten zwar trefflich schöne / und von zween Königen geliebet / auch endlich zur Ehe genommen worden: Die Jüngste aber / Psyche genannt / mit so ausbündiger und unaussprechlicher Schönheit begabet / daß jedermänniglich vermeynete / die Göttin Venus wäre von den Göttern gewichen / und unter die Menschen getreten. Niemand betete die Venus an: Niemand opfferte ihr / aller Welt Augen und Zungen und Opffer waren nur auf Psychen gerichtet. Diß verdroß die Göttin Venus; Bate darum ihren kleinen Sohn Cupido / er solte diese Schmach rächen. Unterdessen war niemand / der um Psychen freyen durffte: Also blieb sie sitzen. Hierüber wurde so wohl diese neue Göttin / als ihre Eltern bestürtzet / fragten das Oraculum, ob Psyche sich nicht endlich verheyrathen / und was sie für einen Ehemann bekommen würde? Der Abgott hat dem Vater geantwortet:


Thue deine Tochter nach einem hohen Felsen weisen:

Und hoffe kein Eidam vom menschlichen Geblüt /

Sondern ein Ungeheur / wütend mit Feuer und Eisen /

So der Gott Jupiter auch selber fürchten thut.


Also ward Psyche von ihren Eltern mit Trauer-Kleidern angethan / auf einen hohen Felsen gebracht / und allda von jedermänniglich verlassen. Alsbald erhebet sich ein sanffter lieblicher Westwind / welcher die Psyche allmählich aufhebet / und sie durch die Lufft hinweg führet / und niedergesetzet in eine schöne lustige Aue. Nicht lange war die Psyche gewesen / da wird sie nechst bey sich ansichtig einen ausdermassen schönen [458] Königlichen Pallast / von eitlem Marmor /Gold / Silber und Edelgesteinen aufgebauet / und aufs köstlichste gezieret. Sie gehet da hinein / siehet zwar keinen Menschen / höret aber unterschiedliche Stimmen / sagend: Willkommen Psyche / alles was du hier siehest und findest / das gehöret dir zu / und ist dein: Wir Unsichtbaren seynd auch bereit dir aufzuwarten: Setze dich nieder / iß / und erquicke dich. Alsbald wird da ein Tisch gedecket mit Königlichen Gerichten und Trachten versehen: Psyche siehet zwar niemand /höret aber eine sehr liebliche Musica / mit allerley Instrumenten und Stimmen / und wird ihr da überflüßig zu Tische gedienet. Gegen den Abend legte sie sich zu ruhen auf ein sanfftes schönes Bette: Siehe alsbald kömmt zu ihr / der ihr von den Göttern versprochene Mann / für dem sie sich zwar anfänglich fürchtet /(dann sie sahe seine Gestalt nicht im Finstern) dannoch ward sie sein Eheweib. In währender dieser Freude und Glückseligkeit / die Psyche in ihrem göttlichen Pallast / und mit ihrem unbekannten Ehemann hatte / geschichts auf eine Nacht / daß er zu seiner liebsten Psyche sagte: Meine Auserwehlte / es ist vorhanden / daß deine zwo Schwestern dich suchen werden: So siehe dich ja für / daß du dich mit ihnen nicht besprechest: Thust du das / so wirst du ins äusserste Verderben und Elend gestürtzet werden. Psyche gelobt ihm / sie wolte es nicht thun: Damit schied ihr Eheman gegen der Morgenröthe wieder von ihr / seinem Gebrauch nach. Des andern Tags gedachte Psyche / wie sie so gantz von allen Menschen abgewandt wäre / auch nicht ihre eigene Schwestern besprechen dörffte: Fänget an zu weinen / und sich zu ängsten: Darauf zu Nacht ihr der Ehemann vergönnet / [459] die Schwestern zu sprechen / mit dem Beding / daß sie bey Leibe ihrem Rath und Angeben nicht folgen solte. Psyche wol zu frieden / gebeut dem Wind Zephyro /daß er ihre zwo Schwestern dahin zu ihr bringe / welches auch geschicht: Die Schwestern fragten sie / was ihr Mann vor einer sey? Psyche erzehlet ihnen alles /und nach langem Gespräch giebet sie einer jeglichen so viel Gold und Edelgesteine / als sie fassen können / und lässet sie durch einen sanfften Wind wieder hin fahren. Aber die beyden Schwestern fahen alsbald an der Psyche diese grosse Glückseligkeit zu mißgönnen / gedencken auf Wege / wie sie sie davon bringen /und sich selbsten an ihre Stelle setzen könten: Kommen durch Hülffe des Zephyri etliche mal zur Psyche: Aufs letzte geben sie ihr diesen Rath / sie solte nicht länger also bey einem greulichen Wurm leben / sich von Menschen und ihren Verwandten abhalten / sondern endlich gewiß erfahren und erforschen / was ihr Mann für eine Gestalt hätte? Gaben ihr auch ein / sie solte zur Mitternacht / wenn er schlaffe / aufstehen /eine Lampe anstecken / ein scharff Messer zu sich nehmen / ans Bette zu ihrem Manne gehen / und schauen / wer er wäre: Befünde sie nun / daß er ein solcher Unhold wäre / solte sie ihm das Messer ins Hertz stechen / allen Schatz des Pallasts nehmen / und wieder zu ihren Eltern kehren. Psyche aller treuen Vermahnung ihres Ehegatten / und ihm gethaner Zusage vergessend / folget ihrer Schwestern Rath / und gehet zu Nacht mit der Lampen und blossem Messer an ihr Bette: Siehe / da wird sie gewahr nicht ein greulich scheußlich Monstrum / sondern den kleinen Gott Cupido oder Amor / welcher seinen Köcher /Pfeile und Bogen [460] fürs Bette hatte niedergeleget. Dadurch wird sie so bestürtzet / und wird ihr die Liebe dermassen gegen ihren Mann vermehret / daß sie für Zittern die Lampe nicht mehr halten können / sondern von dem heissen brennenden Oel etliche Tropffen auf Cupido blossen Leib fallen lässet / welcher dann darvon erwachet / und seine liebe Psychen (welche nunmehr von ihm hoch schwanger war) mit einem blossen Messer in der Hand bey sich stehend siehet. Cupido hierdurch bewogen / beklagt seiner Liebsten Elend / nimmt sein gewöhnliches Gewehr / fleugt davon und läßt Psychen allein: Welche dann nun für Schmertzen und Traurigkeit gedachte zu sterben / stürtzet sich auch in einen Fluß: Aber des Flusses Gott zeucht sie dem Cupido zu Ehren bald wieder heraus.


Also hat Psyche gelernet / was es sey vorwitzig seyn /und ungetreuer Freunde Rath folgen.

64. Der Ausgang mit der Psyche
64. Der Ausgang mit der Psyche.

Die schöne / nunmehr gantz verzweiffelte Psyche /gieng in der Welt hin und wieder in der Irre: Suchte ihren hertzllebsten Ehemann Cupidinem / den sie doch nicht zu finden vermochte. Sie kam in die Stadt /da ihre älteste Schwester wohnete / gedachte dieselbe ebener massen zu betriegen / als sie von ihr betrogen war: Gehet zu ihr / erzehlet / wie es ihr ergangen /nemlich daß ihr Ehmann nicht ein Monstrum / sondern der Gott Cupido / welchen alle Götter und Menschen fürchten müssen / wäre; Derselbe / wie er hätte gesehen / daß sie zu Nacht mit Feuer und Eisen wäre zu ihm kommen / (aus Angeben der Schwestern) sey er ihr gehäßig worden / und gesagt: Er wolte sie [461] abschaffen / und ihre älteste Schwester zur Ehefrauen nehmen / auch alsbald durch den Wind sie wegführen lassen. Diese Schwester / erfüllet mit Begierde des Reichthums und Haß gegen ihre Schwester / gehet hin nach dem Felsen: Ruffet dem Winde / daß er sie hintrage / wie zuvor geschehen: Damit stürtzet sie die hinab in die Tieffe / und wird zerschmettert. Psyche gehet fort / nach der andern Schwester: Machts derselben eben also / und bekommen also diese verrätherische Schwestern ihren Lohn. Aber hierdurch ward Psyche ihres Unglücks nicht entfreyet: Sondern die Venus / Cupidinis Mutter / bekam zu wissen / daß ihr Sohn schwerlich verwundet wäre: Daß er eine Concubine hätte / weil sie nunmehr bald solte zu Kindbette kommen / und sie / (noch eine schöne junge Göttin) solte in ihren blühenden Jahren mit Schande Großmutter werden: Ja über diß alles / daß ihres Sohnes Weib wäre dieselbe / welcher wegen sie wäre verachtet / ihr Gottesdienst nachgeblieben / und die gantze Welt nur auf Psychen allein gesehen: Hierdurch bewogen / hat sie erstlich ihren Sohn Cupido fürgenommen / denselben hart gestraffet / ausgehöhnet / und ihm grausamlich gedräuet / welcher sich dann nun muste in die gute Gedult geben / und seine Wunden heilen lassen. Die elende Psychen aber hat die Venus aufs äusserste verfolget / und sie ums Leben zu bringen / sich beflissen. Was sie ihr für unmügliche Dinge zu verrichten aufgeleget / welche sie doch alle durch Gehülffe anderer Götter und durch Mitleiden unvernünfftiger Thiere hat ins Werck gerichtet / ist weitläufftig beym Apulejo zu lesen. Endlich nach vielem Unglück und Widerwärtigkeit ist Psyche zu Gnaden auf- und angenommen / [462] durch Intercession des Jupiters und anderer Götter / ist sie mit der Veneris Bewilligung unsterblich worden / und des Cupidinis Ehegemahl hernacher geblieben.


Bey der Psyche lernet / daß mancher seines eigenen Unglücks Ursache ist; Die Schwestern Psyches habens erfahren / daß Untreu seinen eigenen Herrn schlägt.

65. Wundersame Bäume
65. Wundersame Bäume.

Es wächset in Italien ein Baum mit gantz breiten Blättern / (daher er auch bey den Griechen und Römern Platanus genennet wird /) ist eine Art von Lönen / nemlich Welschlönen: Dieser Baum bekömmet so eine übermäßige Dicke / Höhe und ausgebreitete Länge / daß / wie Plinius im 12. Buch cap. 1 bezeuget / zu seiner Zeit in Lycia solch ein Platanus am Wege gestanden / solcher Dicke / daß dessen hohler Stamm gleich einem gewölbten Losament / habe in sich gehalten im Umgang 81. Fuß / und sey der Gipffel desselben so grün von Blattern und Zweigen bewachsen gewesen / daß dieser eine Baum einem gantzen Walde ähnlich gewesen / und ein groß Stück Landes mit seinem Schatten bedecket. Er thut ferner hinzu / daß Lucinius Murianus, drittens Bürgermeister / sey in diesen holen grünen Baum gestiegen /darein Tische setzen / für sich anrichten lassen / und mit achtzehen andern Männern gar gemächlich sich gelagert (nach ihrer Weise) und Mahlzeit gehalten. Nicht viel geringer / als dieser Platanus, müssen etliche Bäume in neu Spanien seyn / davon die Indienschreiber vermelden / daß einer von den Spaniern sey gemessen / und dessen inwendige Höle befunden 5. unserer Faden / im Umgang des Stammen Dicke aber 16. Faden.

[463] Gleichergestalt sind auch etliche Bäume / welche viel hundert Jahr grün / blühend und fruchtbar bleiben. Plinius im 16. Buch / Cap. 44. schreibet / daß der Baum Lotus, auf dem Platz Lucinæ zu Rom / damahls sey 450. Jahr alt gewesen / der Ilex aber / ein Geschlechte der Eichen / sey älter als die Stadt Rom selber.

Ein sonderlicher Baum wird gefunden / (nach Aussage und Zeugniß der Indienschreiber) in der InsulFero, (ist eine den Canarischen) welcher Frucht träget / wie die Eichen / hat Blätter wie ein Welscher Nuß-Baum / sehr schön und wohlriechend / immerdar und das gantze Jahr durch grün: Dieses Baums Eigenschafft ist diese: Weil in der gantzen Insul kein Fluß /oder Bach / oder Brunn / oder Sod / oder einiges Wasser zu finden / auch kein Regen vom Himmel fällt / (wie dann auch in Egypten /) so träuffet aus den Blättern gedachtes Baums immerfort so viel reines /gesundes und schmackhafftes Wasser / daß alles Vieh und Menschen in der gantzen grossen Insul dahin kommen zu trincken / und Wassers die Fülle bekommen. Ist warlich ein Wunderwerck in der Natur / dessen Ursachen dennoch wohl können gegeben und erkläret werden.

Wer kan die Wunder der Natur genug ergründen.

66. Ob vor Zeiten wohl so grosse Kriege und unglückselige Zeiten gewesen - als jetzund
66. Ob vor Zeiten wohl so grosse Kriege und unglückselige Zeiten gewesen / als jetzund?

Wir müssen zwar bekennen / und hertzlich darob seuffzen / daß heute zu Tage unser geliebtes Vaterland Teutscher Nation / durch das betrübte [464] Kriegswesen so jämmerlich wird verderbet / so viel tausend Menschen nieder gemacht / so viel schöne Städte zerstöret. Wann wir aber ansehen und behertzigen die alten Zeiten / so befinden wir / daß nichts neues / sondern nur Kinderspiel zu rechnen / gegen deme / was vormals in der Welt geschehen. Daß ich andere Völcker und Länder / als Perser / Griechen / Israeliter /etc. hindan setze / will ich nur zum Exempel anziehen allein das Römische Reich / und von desselben Kriegs-Läufften etwas vermelden. Belangend nun die Römer / so ist bekandt aus den Historien / daß zu Zeiten des Junii Camilli, (dessen droben gedacht /) derBrennus aus Franckreich in Italien gefallen mit 300000. Mann / hat das gantze Reich verheeret / ja auch die Stadt Rom so geänstiget / daß die wenig übrige Menschen sich haben aufs Capitolium verkriechen müssen: Welches dann Brennus auch hätte erobert / wann nicht Camillus solches verhindert. Aber von diesen 300000. Mann ist nicht ein einiger zurück in Franckreich kommen / der nur die Zeitung hätte bringen können.

Es ist kein Volck gewesen / welches den Römern mehr Wesens und Unruhe gemacht / als die Samniter /mit welchen sie über 50. Jahr gekrieget / da ist unter diesen beyden Völckern eine Schlacht geschehen / in welcher auf einen Tag geschlagen und umkommen 15000. Mann.

Wie der König Pyrrhus den Römern ins Land fiel /und erstmals die Elephanten im Streit gebrauchet /seynd der Römer auf einen Tag gefallen / und vomPyrrho nieder gemacht 7000. streitbare Männer. Nicht lange darnach lieferte Pyrrhus den Römern wiederum eine Schlacht / darinn sind 6000. Römer umkommen.

[465] Die allergrössesten Kriege / so jemals die Römer gehabt / sind die Poenischen oder Carthaginensischen. Im ersten Poenischen Kriege sind Obristen gewesen /von der Römer Seiten Manlius und Regulus, haben bey sich gehabt 114000. Mann / benebenst 330. Kriegsschiffen: Denen sind entgegen gegangen die Carthaginenser mit 150000. Mann / und 50. Schiffen. Nach vollendeter Schlacht hat Manlius 20000. Gefangene mit sich nach Rom geführet: Die übrigen seynd theils erschlagen / theils verjaget. Regulus blieb allda / ward von den Carthaginensern übermannet / und 30000. Römer auf einmal geschlagen / er selber (Regulus) mit 900. Officierern gefangen. Bald darnach ist frisch Volck von Rom dahin gesandt / unter Obristen Cotta, und wiederum eine Schlacht geschehen /darinnen der Carthaginenser 20000. geblieben / 120. Elephanten nach Rom geführet. Das Spiel hat sich aber gewendet: Dann nach Cotta ist Claudius dahin geschicket / welchem die Carthaginenser in einer Schlacht 20000. Römer abgeschlagen / und 200. Schiffe zunichte gemacht. In diesem einigen Kriege haben die Römer verlohren 700. Schiffe: Die Carthaginenser 500. an beyden Seiten seynd geblieben über zehenmal 100000. Menschen. Der ander Poenische Krieg ist noch viel gefährlicher und grösser gewesen als der erste. In demselben ist der Hannibal den Römern ins Land gefallen / und dem Flaminio, welcher der Römer Heer geführet / auf einen Morgen abgeschlagen 15000. Mann / dabeneben 10000. in die Flucht gejaget / 6000. gefangen / und in eiserne, Ketten geschlossen weggeschickt: Er Hannibal hatte kaum anderthalb 1000. verlohren. Durch [466] diese Schlacht ist den Römern ein solch Schrecken eingejaget / daß wann man Hannibal nur hat nennen hören /die Leute sich für Angst in die Winckel verkrochen. Folgends hat Hannibal den Römern noch etliche Schlachten geliefert: In der letzten und vierdten seynd zween Bürgermeister ihm entgegen geschicket / mit einem Kriegsheer / nemlich Varro und Æmilius, und seynd diese bey Cannas (heut Puglia genannt) an Hannibal gestossen / allda sie sich dermassen geschlagen / daß auf der Römer Seiten Æemilius auf der Wahlstatt geblieben mit 80. Römischen Rathsherren /und 40000. gewapneter Männer / benebenst 2700. Reutern. Varro ist nach Rom geflohen / den man allda willkommen geheissen.

Hie gebe ich einem jeglichen Vernünfftigen zu behertzigen / ob nicht für unser Zeit viel grössere Kriege in der Welt gewesen / viel tausend Menschen mehr in einem Tage geblieben / viel mehr Städte verheeret /kürtzlich viel mehr Jammer und Elend bey Kriegs-Läufften gewesen / als heut zu Tage?

Teutschland belangend / muß ich diß einige hinzusetzen. Bey Zeiten Käysers Augusti, unter welchem Christus der Welt Heyland gebohren / fielen die Römer in Teutschland / in Meynung / solches zu überrumpeln. Ihr Führer war Tiberius ein StieffsohnAugusti: Damals war in Teutschland ein mannhaffter Edelmann und Ritter / Mehrbott genannt / der sammlet zusammen 70000. Mann zu Fuß / 4000. Reuter /vorhabens / die Römer aus seinem Vatterlande abzuhalten: Unterdessen fielen die Ungarn und Crabaten von den Römern auch ab / rotteten sich zusammen über 200000. Mann / 9000. Reuter / gedachten die Römer [467] in ihrem eigenen Lande heimzusuchen: Es mißlung ihnen aber. Tiberius siegete: Kam nach Rom und triumphirte. Nicht lange darnach schickete Augustus den Quintum Varum nach Teutschland / mit 54000. auserlesen zu Fuß / und 3. Geschwader Reuter: Diese kamen an das Teutsche Volck / ohngefehr am Lip-Strom. Da geschahe ein Treffen. Vari Volck ward nicht allein geschlagen von den redlichen mannhafften Teutschen / sondern er selbst verwundet / und wie er gesehen / daß alles verlohren / hat er ihm selber mit seinem eigenen Schwerdt das Hertze abgestochen / welches auch alle Officirer gethan. Diese Zeitung / wie sie nach Rom kommen / hat dermassen den Augustum betrübt und bestürtzt gemacht / daß er geweinet / und ohn Unterlaß kläglich geschryen: Gib mir meine Legionen wieder / Vare! O Vare, schaff mir meine Legionen wieder!

Kein Unglück ist so groß / es findet sich entweder vorhin oder anderswo ein grössers.

67. Apollonius Thyanæus, ein alter berühmter Zauberer
67. Apollonius Thyanæus, ein alter berühmter Zauberer.

Philostratus, ein berühmter Grichischer Scribent / hat des Apollonii (welcher ein Pythagorischer Philosophus gewesen / und zu Epheso gelehret) Leben beschrieben. Da er unter andern auch gedencket / daß zu der Zeit kein erfahrner / benahmter Schwartzkünstler gewesen / als eben gedachter Apollonius. Er (Apollonius) hatte zwo Tonnen oder Weinfässer verfertiget: Das eine für den Regen / das andere für den Wind und schön Wetter. Wann nun die Landschafft Indien mit grosser Truckne oder Dürre beschweret [468] ward / da that Apollonius sein Gefäß auf / ließ heraus kommen Wolcken und Regen / dadurch das gantze Land befeuchtet ward: Hingegen wanns allzuviel regnete / machteApollonius das andere Faß auf / und ließ die Winde heraus / welche den Regen vertrieben / und schön hell Wetter machten. Über das / wann er mit andern irrdischen Weisen (die man Brachmanes nennete) über Tafel saß / so befahl er nur mit einem Wort den Bäncken / Dreyfüssen / Bechern und andern Geschirren /daß sie musten aufwarten / einschencken / gehen /wohin man es haben wolte: Welches dann alles auch alsbald geschehen. Wann Apollonius an einem Ort spatzierte / da Bäume stunden / und grüssete die Bäume / so machte er / daß die Bäume auf der Städte ihre Gipffel und Zweige beugeten / und ihm mit lauter Stimme auf Griechisch antworteten / und danckten. Wie der Apollonius einmal wegen seiner Zauberey beym Käyser Domitiano angeklaget / und allda fürm Käyser fürgestellet ward / nachdem die Anklage geschehen / und man erwartete / Apollonius solte sich verantworten / da ist Apollonius verschwunden / und hat ihn kein Mensch mehr gesehen / sondern also fort zu Epheso bey seinen Schülern sich finden lassen: Allda kurtz hernach / als er auf der Cathedra stunde /und seine Lection hielte / hat er schleunig still geschwiegen / und ist im Geist verzucket worden / so bald laut zu schreyen angefangen: Recht / recht! Stephane, fahre immer fort / schlage auf den Verfolger den Schelm: O wohl Stephane, du hast es recht gemacht / siehe da lieget er / und ist schon todt. Im selbigen Augenblick ist Domitianus erstochen:


[469] Der Teuffel ist heut nicht erst ausgelassen. Er hat schon vorlängst seine schwartze Kunst unter den Menschen Kindern gebrauchet. Dafür hüte dich O Christliches Gottsfurchtiges Hertz.

68. Was für Wein Christus aus Wasser gemachet - zu Cana auf der Hochzeit
68. Was für Wein Christus aus Wasser gemachet / zu Cana auf der Hochzeit?

Daß es rother / und nicht weisser Wein gewesen /könte man aus vielen Gründen beweisen. Zwar habe ich niemals bey keinem davon etwas gelesen / wil doch anzeigen / was mir hierüber wol für diesem eingefallen?

Der HErr Christus hat solchen Wein aus Wasser gemachet / der damals in Galiläa wuchs / und von den Leuten getruncken ward: Angesehen / er ihm die bey den Jüden gewöhnliche Speise und Tranck allezeit hat gefallen lassen / und findet man nirgend / daß er entweder selber etwas sonderliches gessen und getruncken / oder seinen Freunden geschaffet; Derhalben hat er solchen Wein aus Wasser gemachet / als man auf der Hochzeit zuvor getruncken hatte. Nun war das kein weisser / sondern rother Wein. Erstlich weil alles / was anderswo in der Heil. Schrifft vom Wein aufgezeichnet ist / lautet vom rothen Wein; Die Heil. Schrifft aber redet von keinem andern Wein / als von dem / der bey den Jüden gemein war und getruncken wurde. Genes. 49. Seine Augen seyn röther als Wein.Esa. 65. Warum ist dein Kleid roth / wie eines / der die Weinpresse getreten hat / Sprüchw. 23. Siehe nicht den Wein an / daß er so roth ist / und im Glase so schön stehet. Syr. 50. Er recket seine Hand aus mit dem Tranckopffer / und opffert den rothen Wein. So ist nun vermuthlich / [470] daß der HErr Christus gleichfalls in seinem letzten Abendmahl den gewöhnlichen rothen Wein seinen Jüngern im Testament dargereichet: Weil bey den Jüden kein anderer gebräuchlich. Und so man den Heydnischen alten Historien-Land-und Kräuter-Beschreibern möchte Glauben beymessen / so ist gewiß / daß derer keiner des weissen Weins mit einem Worte gedacht / als solte er im Jüdischen Lande wachsen / sondern gedencken nur alle des rothen Weins. Aus diesen Ursachen wird ohne Zweiffel der Wein in der Bibel hin und wieder genennet der Trauben-Blut / wegen der blutrothen Farbe: Als Gen. 49. Er wird sein Kleid in Wein waschen /und seinen Mantel im Blut der Weinbeeren. Offenb. 14. Die Weinkälter ward ausser der Stadt gekältert /und das Blut gieng von der Kälter. Ist ein Gleichniß vom Blut der Weintrauben.

Viel bekümmern sich um Rom / und haben doch kein Hauß darinn. Mann lasse die unnützigen Fragen fahren /und bekümmere sich um das / was nützlich ist.

69. Harpyiæ
69. Harpyiæ.

Virgilius im 3. Buch vom Æenea, und Hesiodus in der Götter Geburt schreiben von den Harpyiis, daß sie sind Vögel gewesen in Thracia / welche gehabt leider wie die Vögel / Ohren wie die Bären / Angesichter wie die schönen Jungfrauen / Hände und Beine wie die Menschen / aber mit grausamen Klauen: Seynd des Gottes Jovis Hunde gewesen / so alles aufgefressen / und fast unersättlich / und dem blindenPhineo in Bithynia zur Straffe heim ins Hauß gesandt. Demselben haben die Harpyiæ alle Speise / (so offt er essen wollen) fürm Maul weggerissen / [471] und verschlungen / und einen abscheulichen / unerträglichen Stanck von sich gelassen. Mit diesen Ungeheuren hat sich der blinde Phineus plagen müssen / so lange biß Calais und Zethus, zween Brüder / desBoreæ Söhne / dahin kommen / und die Harpyias von Phyneo weggetrieben / derer Nahmen gewesen /Aello, Ocypete, und Cœleno.


Durch dieses Gedichte haben die Poeten nichts anders andeuten wollen / als die Art und Eigenschafft der Geitzhälse. Ein Geitziger ist am Hertzen verblendet / siehet nicht / daß die Natur mit Wenigen zufrieden. Er wird immerfort mit Hunger geplaget: Hat zwar an Essen oder Geld den Uberfluß / kans aber nicht geniessen? Ist eben so viel als hätte ers nicht. Die Harpyien haben ihren Nahmen von Rauben: Ein Geitziger raubet alles an sich / was er nur bekommen kan: Frist sein eigen Hertz auf für Sorge / wird doch nimmer satt: Mit dem Mund giebt er gute Wort / wie ein seiner Mann / seine Fäuste aber haben Klauen / ziehen alles zu sich / zuletzt läßt er doch einen Stanck nach sich: Einen bösen Rahmen GOttes Straffe / des Nechsten Haß / der Armen Fluch / und endlich das ewige Feuer.

70. Sprichwort von Scylla und Charybdis
70. Sprichwort von Scylla und Charybdis.

Scylla, wie die Poeten dichten / ist des Phorci Tochter gewesen / eine sehr schöne Dirne / und von demGlauco (der Circe Buhlen) dermassen geliebet / daß er die Circe verlassen / und sich an die Scyllam gehängt / und mit derselben Liebe gepflogen. Solches hat die Circe verdrossen / und wie auf einmal dieScylla ihrer Gewohnheit nach / im kühlen Brunnen sich badete / hat denselben die Circe durch Zauberey also zugerichtet / daß der Scyllæ unterster Leib ist in ein grausam Thier verwandelt / und unterschiedliche Hundsköpffe / einen Fuchsschwantz / etc. bekommen: Darüber Scylla so unwillig worden / daß sie sich nicht fern [472] von Sicilia ins Meer gestürtzet / und die überschiffende Leute an sich gezogen / verträncket und gefressen. Gleich gegen diesem See-Monstro über ist ein anders gewesen / gleicher Gestalt / Charybdis genannt / auch vormals eine Jungfrau / und ebener massen also verwandelt. Also hat man mit Leib- und Lebens-Gefahr durch diese zwey Monstra vorbey segeln müssen / und wann man etwas fern von der Charybdi sich hat absetzen wollen / ist man der Scylla in den Rachen gefallen. Daher das Sprichwort:


Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim.


Wer vermeynt Charybdim, zu entfliehen /

Den kan leicht die Scylla an sich ziehen.


Konte derohalben niemand sicher durchkommen / der nicht gerade den Mittelweg segelte.


Scylla und Charybdis seynd nichts anders / als die Laster und Wollust / welche die Menschen verschlingen /und mit tausenderley Gestalt anfahren. Die Tugend stehet im Mittel: Wer der folget und anhanget / der kömmet unverletzt und ohne Schaden hindurch.

71. Wo die Schwalben des Winters bleiben
71. Wo die Schwalben des Winters bleiben?

Es ist weltkündig / daß die Schwalben gegen den Winter ihre sommerliche Herberge verlassen / dem Wirth den Rücken kehren / und davon fliegen. Wohin nun die undanckbare Gäste ihren Weg nehmen / wird billich gefraget? So viel die jährliche Erfahrung bezeuget / fliegen die Schwalben Hauffen-weise dem Meer oder andern Seen und Flüssen zu: Fallen darein / sincken alsbald nieder / und bleiben ohne Essen /ohne Athemholen / ohne einige Anzeigung des Lebens aufm Grunde liegen / regen oder bewegen sich nichts / wo sie nicht vom Wasser mit Gewalt gestossen werden / biß gegen den Frühling / wanns [473] Wasser wieder etwas von der Kälte entfreyet wird / alsdann fähet sich das Leben in ihnen wieder an zu erquicken /und kriechen sie gerade dem Ufer zu / da sie dann ihre Federn trucknen / sich mählich erwärmen / und wieder davon fliegen. Solches ist befunden in der That und Warheit von den Fischern / die zu Winterszeit mit den Fischen offt grosse Menge Schwalben herausser ziehen / dem äussersten Ansehen nach gantz todt: Wann man aber derselben einer oder etliche im Winter in die warme Stuben träget / lässet sie da etwas liegen / so werden sie bald lebendig / fliehen herum / doch währet diß nicht lange / dann sie bald darnach wieder sterben / und immer todt bleiben / weil sie zur Unzeit und wider ihre gewöhnliche Natur lebendig worden. Diß ist warlich kein geringes Wunderwerck der Natur /und haben die Gelehrten hieraus zu speculiren / wie es geschehen könne / daß ein vollkommenes Thier (als eine Schwalbe) ohne Athem und Lufft / ohne Hertzklopffen / ohne alle andere lebendige Wirckungen / leben könne / und unterm Wasser so viel Monat die Seele behalten / da es doch seiner Natur nach in der Lufft gebohren ist / und im Sommer ohne Lufft nicht eine Stunde seyn kan.


Ein jegliches Thier hat seine eigene Natur: GOttes Weißheit und Allmacht spüret man auch in den verachtesten Dingen.

72. Seidenwürme - Seiden
72. Seidenwürme / Seiden.

Gleichfalls ists auch um die Seidenwürme ein grosses Wunderwerck in der Natur. Sie werden aus aschfarbigen kleinen Eyerlein / nicht grösser als ein Hirsensaamen / der noch in der Hülse sitzet / gebohren: Hieraus kreucht im Aprill ein [474] kleines schwartzes Räuplein /welches wann es Maulbeerblätter bekömmt / alsbald zu essen anfähet / und in kurtzer Frist und wenig Tagen / (wann man es wol mit Maulbeerblättern abspeiset und sättiget) ein weisser Wurm wird / offt eines kleinen Fingers lang und dick: Wanns Zeit ist /daß derselbe Wurm wil anfangen zu spinnen / so wird er gantz gläntzend und klar: Setzet sich und kreucht von sich selber an einen besondern Ort / oder wird auch in ein papiernes Krämer-Häußlein gesetzet / darinnen er sich gantz und gar rund umher bespinnet /mit einem subtilen goldgelben / auch wol bleich weissen (in Italien seynd etliche / die Purpurrothe Seide geben) seidenem Fädlein / den er aus dem Munde ziehet / und mit den ersten Füssen und fördern Theil des Leibes also ordnet und an einander setzet / (ist doch alles nur ein eintziger langer Faden /) daß ein rund seidenes Ey daraus wird / gleich einem grossen Ey; Da sitzet der Wurm mitten inne / ist aber ausgeleeret /daß er gantz eine andere Gestalt gewonnen / und dunckelbraunroth von Farben / nicht grösser und nicht anders gestalt / als ein kleiner / länglicher / runder / brauner Mandelkern. Also bleibet dieser Mandelwurm in seinem Begräbniß / welches er ihm selber gesponnen / schlaffend und gleichsam todt liegen / etliche wenig Tage. Bald darauf verlässet er und zeucht aus sein altes Fell / machet mit seinem Speichel inwendig ein Löchlein / leget die alte Haut abe / kreucht herfür aus seinem seidenen Lager / und ist nun kein Wurm oder Raupe mehr / sondern ein weisses Ulchen / mit Flügeln / langen Füssen / Hörnern fürm Kopff /Augen / etc. fein gezieret und angethan. Alsdann geneusset es keiner Speise mehr / [475] sondern lebet viel Wochen nur von der Lufft: Paaret sich aber / alsbald es ausgekrochen / mit andern / und können die Männlein die Weiblein so genau und von ferne / ob sie einander schon nicht sehen / erkennen / daß zu verwundern. Das Weiblein leget darnach aufm Papier / darauf die Ulchen gesessen seyn / kleine gelbe Eyer /welche mit der Zeit fahl oder eyßgrau werden / und daraus aufs Vor-Jahr / wie gesagt / die kleinen schwartzen Räuplein kommen.

Dieses sind die Thierlein / welche den Menschen Safft und Materie geben / Hoffart zu treiben. Für diesem / ehe und bevor man in Franckreich hat angefangen / selber Seidenwürme zu halten / hat man aus Italien nach Pariß allein jährlich geholet vor 20. mal hundert Gold-Kronen seidene Wahre / wie solches aus Befehl Königs Heinrici des IV. in Druck ausgegangen / und von Kauffleuten bewiesen worden. Sonsten ist erstmals die Seide aus Ost-Indien in Europam gebracht / für tausend und etliche 80. oder 90. Jahren. In Italien seynd die Seiden-Händler nicht gewesen über 300. Jahr. Heute zu Tage haben sich die Leute in Franckreich auch darauf begeben / und ist gewiß / daß das Einkommen von den Seidenwürmen allein höher ist / und mehr einbringt in Provancien / Languedoc /Delphinat / als alles Korn / Oel und Wein / damit sie pflegen zu handthieren.

Die geringsten Thiere müssen den Menschen Speiß und Kleider geben.

73. Lämmer wachsen wie Kräuter aus der Erden
73. Lämmer wachsen wie Kräuter aus der Erden.

Der Freyherr von Herberstein in seiner Moscowitischen Historien / wie dann auch Scalìger in [476] seinen Ubungen / Cardanus und andere mehr / erzehlen eine seltzame Art von Lämmern / welche nicht / wie sonst in der Natur gebräuchlich / von Schaafen gebohren werden / sondern aus der Erden wachsen / wie die Kräuter / und zwar in Tartarien oder Scythenland. Allda säet man einen Saamen / dem Melonen- oder Cucumer-Saamen gleich / in die Erde / daraus kömmt ein Gewächs / welches sie Boranets nennen / einem Lamme ähnlich. Der Stiel wächst gerade aus der Erden / und gehet dem Lamme in den Nabel: Das Lamm so bald es wächset / frißt alle Kräuter / so ihm nahe / und herum stehen / abe / und nimmt also zu: Wanns keine Weide mehr hat / oder erreichen kan /(weils fest am Stiele angewachsen /) so verdorret es /und stirbt: Welches es auch thut / wann man ihm sonst mit Fleisse die Kräuter umher ausräufft. Es hat recht Fleisch / von Geschmack wie Krebsenfleisch /hat ein Fell / Wolle / Füsse / Kopff / Ohren / ist ohngefehr 3. Fuß oder anderthalb Ellen hoch: Die Haut gebrauchen die Einwohner / und machen Mützen oder Hüte draus.


Ich lasse hievon andere disputiren / und erforschen obs möglich sey? Und auf was Art ein Thier könne auch eine Pflantze seyn? Daß bekenne ich frey heraus / daß viel in der Natur geschicht / welches uns Menschen gar seltzam fürkömmt. Die Natur regieret oder schicket sich nicht nach unserm Kopff oder Begreifflichkeit / sondern was wir in der Natur finden / davon müssen wir unsereSpeculationes machen.

74. Ent-Vögel wachsen auf Bäumen
74. Ent-Vögel wachsen auf Bäumen.

Es fällt mir ein Wunderding nach dem andern ein /und ist die Natur so reich und überflüßig / daß man immer was neues findet. Es wird nicht allein in Schottland und den Orcanischen Insulen / sondern auch in Engelland an der Temse / ist ein [477] Fluß / welcher die Stadt Londen anstösset /) eine sonderliche Art kleiner Muscheln gefunden / welche / (wie Pena Löbel und viele andere bezeugen / die solches augenscheinlich erfahren /) gantz rund und auswendig weiß / wachsen und hängen an die Schiffe / an alte Breter /insonderheit an die Bäume / so am Ufer mit den Aesten ins Wasser reichen Die Muscheln / wann sie ins Wasser fallen (geschicht / wann sie ihre Vollkommenheit erreichet /) so kriechen daraus junge Vögel welche hernacher den Enten gleich werden an Grösse / Art und Federn / und aufm Wasser schwimmen /sich von Fischen ernehren / und offtmahls bey hundert / ja tausend sich zusammen rotten / und weit hinfliegen. Die Engeländer nennen sie Bernacles: Die Schotten Kläckisch: Haben zwar die Art wie Enten-Fleisch: Doch der Geschmack ist sehr Fischhafftig: Villeicht seynd diese eben dieselbe / welche man Winterszeit bey uns aufm Eise fänget / und Clagshun nennet. Also schreibet Löbel / daß sie in Schottland auf den Seen /wanns hart gefroren / häuffig gefangen werden.


Ein jedes Land hat seine sonderliche Arten von Gewächs / Thieren / Fischen / auch Vögeln.

75. Von der Schönheit
75. Von der Schönheit.

Schönheit ist zweyerley: Eine der Seelen oder des Gemüths / welche bestehet in der Weißheit und herrlichen Tugenden; Die andere des Leibes / wann alle Gliedmassen ihre gebührliche und artige Schickung /Gestalt / Grösse und Farben haben. Der diese beyde Schönheiten zusammen besitzet / ist wohl und billich schön zu nennen. Wenig aber findet man der Art. Etliche seyn schön am Gemüthe / und nicht am Leibe /wie der weise Socrates und kluge Æsopus: [478] Andere haben zwar wol einen schönen wolgestalten Leib /seynd aber heßlich / und taugen nichts dem Gemüthe nach / wie die Helena aus Griechenland. Andern mangelts an beyden / seynd heßlich von Gemüth und vom Leibe / als Thersires, davon beym Homero zu lesen. Die leibliche Schönheit belangend / ist dieselbe eine herrliche Gabe GOttes und der Natur / und hat eine verborgene Krafft die Gemüther der Menschen an sich zu ziehen / gleichwie der Magnet das Eisen. Wird dannenhero so hoch und werth von jedermänniglich (insonderheit Jungfrauen und Frauen) gehalten / daß ob wohl gesund seyn / viel besser ist als schön seyn /dennoch mancher wünschet vielmehr und lieber schön zu seyn / als gesund. Was die Schönheit vermag / und wie kräfftig sie sey / dessen hat der alte Italiänische Scribent Bocatius im Buch der zehen Tage / ein merckliches Exempel aufgezeichnet / dessen Inhalt wie folget.

In Cypro (ist eine Insul des Mittelländischen Meers / heute dem Türcken unterworffen /) wohnete vorzeiten ein vornehmer Edelmann / Aristippus genant) der hatte etliche Söhne / und unter andern auch einen /welcher zwar der schönste unter allen von Gestalt /aber gantz dumm / ohne Vernunfft / und aberwitzig war / wurde derhalben von jederman für einen öffentlichen Thoren gehalten / und konte weder durch Liebe noch Straffe keinerley Ding in seinen Kopff bringen: Gieng herein wie ein unvernünfftiges Thier; warum er dann Cymon genannt ward / das ist in ihrer Sprache eine Bestie. Dieser Cymon gieng einsmals im vollem Mittage aufm Felde herum / auf der Achsel tragend eine grosse höltzerne Keule: Er gehet ohngefehr in ein [479] Wäldlein / da siehet er unterm Baume liegen und schlaffen eine Jungfrau / von überaus grosser Schöne: Er bleibet stehen / lehnet sich auf seine Keule /schauet das schöne Bild inniglich an / und verharret /biß sie erwachet. In diesem Anblick und emsiger Betrachtung wird ihm sein Hertz dermassen gerühret /seine Vernunfft also ersetzet und ergetzet / daß er gantz umgekehret vom Gemüth / nach Hause gehet /seinen Vatter bittet / er wolle ihn seinen andern Brüdern gleich kleiden und halten: Fähet an zu studieren /und kömmt in kurtzer Frist so weit / daß er nicht allein ein guter Philosophus ward / auf allerhand Instrumenten spielete / sondern in Reiten / Stechen /Rennen / Fechten und dergleichen Ritterschafften ihm niemand es konte zuvor thun / in der gantzen Insul sein Preiß und Lob überall erschallete. Weil er nun durch diese Liebe gegen die Iphigenia, (so hiesse die Jungfrau eines Edelmanns Tochter in derselben Insul) aus einem Thier ein Mensch war worden / als begehret er niemand anders zur Ehe / als seine Iphigenia. Aber die war schon einen andern versprochen und zur Ehe zugesaget. Diß ungeachtet / hat der Cymon sie dennoch nicht verlassen / sondern ist nach vielem ausgestandenem Unglück / Arbeit und Mühe ihrer theilhafftig worden / wie solches im gemeldten Italiänischen Scribenten weitläufftig zu lesen.

Mein Zweck ist nur darzuthun und zu beweisen / daß die Schönheit so kräfftig / daß sie auch die Aberwitzigen und dummen Menschen kan zu guter Vernunfft / Zucht /Ehr und Weißheit bringen.

76. Der Sonnen-Wunder
76. Der Sonnen-Wunder.

Ob wol die Sonne unsern Augen nicht viel anders fürkömmet / als ein runder grosser Tischteller / [480] so ist sie doch an sich nicht platt / wie sie scheinet / sondern Kugelrund / als eine Bossel: Ist nicht so klein wie sie scheinet / sondern vielmahl grösser als der gantze Erdboden. Clavius, ein trefflicher gelehrter Jesuit /setzet an einem Ort die Grösse aller Sternen am Himmel in gewisser Proportion gegen die Erdkugel / und schreibet / die Sonne sey über 166. mal grösser als der gantze Erdboden von Erd und Wasser zusammen. (Tycho Brahe aber setzet nur 140. mal.) Der Mond aber / welcher grösser anzusehen als die Sonne / sey schier 40. mal kleiner als die Erdkugel / und ubertreffe die Sonne den Mond an Grösse / 6539. mal ohngefehr. Weil aber der Mond uns viel näher als die Sonne / so kömmt er unsern Augen grösser für / als die Sonne / welche fern in die Höhe von uns abstehet. Nun förters belangend diese Distantz oder Weite / wie fern die Sonne von uns abgelegen / so befindet sichs aus des gedachten Clavii Schrifften / daß / von unsern Augen ab / (die wir oben auf dem äussersten Umkreiß der Erden leben) die liebe Sonne so ferne erhaben und in die Höhe stehet / (wann sie in ihrem obersten Gipffel) daß wann 560. Erdkugeln (oder nach des Tychonis Brahe Meynung / 575.) auf einander gesetzet wären / alsdann sie erst die Sonne erreichten / oder gemählich anrührten / und weil der Erdkugel Dicke oder gantzer Diameter in sich hält 1718. Teutsche Meilen ohngefehr / folget nothwendig / daß die Sonne von uns sey erhoben / nach Clavii Aussage 962080. Teutsche Meilen / nach Tychonis aber 987850. Meilen. Diese Klufft oder Distantz ist so groß und unermäßlich / daß wann ein Vogel von der Erden abflöge nach dem Himmel / und jegliche Stunde 4. teutsche Meilen fortsetzte / [481] welches doch fast unmöglich / so müste er ohn Aufhören immer fort und fort / 27. Jahr /166. Tage und 16. Stunden fliegen / ehe er könte an die Sonne gelangen. (Nach dem Tychone müste er haben 28. Jahr / 60. Tage / 2. Stunden.) Noch eins /welches fast das gröste Wunder: Weil die Sonne so eine überaus grosse Höhe hat von der Erden / auch an sich so mächtig groß / so ist zu verwundern / wie sie doch könne täglich innerhalb 24. Stunden so einen langen und weiten Weg spatzieren um den gantzen Himmel / von Aufgang biß zum Niedergang / und von dannen wieder zum Aufgang / ohne Aufhören / ohne Müdigkeit / mit solcher Geschwindigkeit / daß sie in ihrem Lauff und Kreiß / wann sie bey der Mittel-Linie ist / innerhalb einer jeglichen Stunden 256024. Meilen fort gehet / das ist / in einer Stunden den gantzen Erdkreiß schier 48. mal herum: Welches menschlicher Vernunfft zu begreiffen fast unmöglich.


Groß sind die Wercke des HErrn / die Himmel erzehlen seines Nahmens Lob.

77. Lebendige Nasen und Leffzen ansetzen
77. Lebendige Nasen und Leffzen ansetzen.

Talacot, ein sehr erfahrner und berühmter Italiänischer Artzt / hat zu unser Zeit einen sonderlichen künstlichen Griff erfunden / dadurch er / an statt der abgehauenen oder abgeschnittenen Nasen und Leffzen / neue fleischerne Nasen und Leffzen wiederum ansetzen und wachsen machen kan / und solches aus der Haut oben am Arm nechst der Schulter / da er so viel als nöthig / löset / und artig an den Ort / da die Nase gestanden / dabey bringet / füget und bindet / biß daß die [482] abgelösete Haut fast an das Angesicht angewachsen: Welche er hernacher formiret und schneidet / daß sie einer Nasen gleich wird / wie solches aus desselben Tallacotten Buch / hievon geschrieben / zu ersehen ist. Weil aber ein jeglicher die Schmertzen nicht dulden kan oder wil / daß er aus seinem eigenen Arme ein Stück Haut oder Fleisch soll heraus schneiden lassen / so sind wohl für diesem Leute gefunden / die sich durch Geld darzu haben erkauffen lassen / daß sie ihre Arme dargereichet und geliehen / daraus dann die verstümmleten Nasen seynd wiederum ergäntzet worden. Allhie fällt mir ein / was ich für diesem gelesen in der Steganographia. Es hatte sich ein grosser Herr auch eine Nase ansetzen / und aus eines armen Mannes Arm heraus schnitzeln lassen. Der Reiche gebraucher sich seiner Nasen richtig und wol etliche Jahr lang. Es begiebt sich aber / daß der Arme stirbet. So bald dessen todter Cörper anfähet zu vermodern und zu verwesen / so verfaulet gleichfals auch des Reichen Nase / wird stinckend / und fällt in kurtzem gantz hinweg / wil der Reiche wiederum eine Nase haben / muß er sich von neuen eine ansetzen lassen.


Aus dieser Geschicht ist zu sehen / welch eine wunderliche und geheime Sympathia oder Zuneigung sey unter den Gliedmassen menschlichen Leibes: Daraus dann ungläubliche Dinge / (die doch in der Natur ihren Grund haben) können zuwege gebracht werden.

78. Feindschafft zwischen Kröten und Spinnen
78. Feindschafft zwischen Kröten und Spinnen.

Erasmus von Rotterdam / in seinen Gesprächen / erzehlet eine Geschicht / welche würdig ist / daß man sie mercke: Und ob er zwar selber es eine Fabel [483] nennet / so bezeugets doch jetzund die tägliche Erfahrung / daß es sich in der Natur wahrhafftig also befindet. Zwischen der Spinnen und der Kröten ist eine innerliche und inbrünstige Feindschafft und grosse Widerwärtigkeit / daß / wann die Spinne der Kröten ansichtig wird / sie alsbald diese anfähret / und zu tödten sich bemühet. / Auf eine Zeit hatte ein Mönch in Britannien etliche Bündlein Grases oder Binsen gesammlet / selbige in seine Kammer zu streuen / zur Erfrischung. Er legt sich schlaffen aufm Rücken / siehe /da kreucht ihm eine grosse Kröte ans Maul / hefftet sich an die Ober- und Unter-Leffze mit ihren vier Füssen gar fest. Die Kröte mit Gewalt abzureissen / wäre der gewisse Tod gewesen: Sie sitzen lassen / und so immerfort am Munde tragen / wäre greulicher als der Todt. Was war hier für Mittel und Rath? Da seynd etliche Naturerfahrne Leute gewesen / welche gerathen /man solte den Mönch ans Fenster tragen / aufn Rücken legen / gerade unter eine grosse Spinne / die eben zur Zeit allda ihre Herberge hatte. Solches ist geschehen. Die Spinne / so bald sie ihres Feindes / der Kröten / gewahr worden / hat sich mit einem Faden schleunig herunter gelassen / ist der Kröten aufn Leib gesessen / ihr einen Stich gegeben / und alsbald wieder mit ihrem Faden in die Höhe gefahren. Die Kröte fänget an zu schwellen / bleibet aber sitzen. Die Spinne sticht noch einmal: Die Kröte schwillet noch mehr / stirbt aber doch nicht. Endlich drittens wie die Spinne noch eins gestochen / hat die Kröte ihre vier Füsse nach sich gezogen / ist gestorben / und vom Mönche abgefallen.


Es ist nichts in der Natur so böß oder gifftig / daraus den Menschen nicht kan Nutz und Frommen entstehen.

79. In den unrechten Halß oder Kehle
[484] 79. In den unrechten Halß oder Kehle.

Ob zwar wohl ein jeglicher Mensch / wie dann auch ein jegliches vollkommenes Thier / nur einen Halß und einen Kopff hat / so gehen doch aus dem Munde durch den Halß 2. Strassen hinunter in Leib / eine die Lufftröhr genannt / nach der Lungen zu / durch welche im Athemholen die Lufft gezogen wird / und daneben wann man trincket / etwas weniges vom Geträncke oder anderer Feuchtigkeit. Die andere ist die Speiseröhr oder Schlund / durch welche das Essen und Trincken in den Magen gehet. Diese beyde Röhren haben ihren Eingang im Munde nahe bey einander / und ist insonderheit die Lufftröhre mit einer eigenen Decke / die sich auf- und zuthut nach Gelegenheit /versehen / damit nichts trucknes oder widriges hinein falle. Wenns nun geschicht / daß entweder im Trincken etwas zuviel oder schleunig in die Lufftröhr kommet / oder im Essen etwas trucknes hinein stösset / so sagt man / es sey in den unrechten Halß oder Kehle kommen. Diß ist nun ein gefährlich Ding / und hat man sich wohl fürzusehen / daß man im Reden oder Singen (wann die Lufftröhr sich öffnet) nichts hinunter schlinge. Man findet unterschiedliche Exempel / daß auf die Art viel Menschen schleuniges Todes verfahren. Plinius im 7. Buch am 7. Cap. schreibet /daß der berühmte Poet Anacreon, wie er eine Weinbeer gegessen / eines von den kleinen Steinlein oder Kernlein in den unrechten Halß bekommen / und alsbald davon gestorben. Ebenmäßig sey der RathsherrFabius umkommen / welchem nur ein kleines Härlein / als er Milch getruncken / in die Lufftröhr gefallen.


Siehe / also geringe und bald ist es gethan um des Menschen Leben.

80. Herings-Fang
[485] 80. Herings-Fang.

Der Hering wird nicht gefunden noch gefangen weder in Wasserflüssen / noch im Mittelländischen und Spanischen Meer / oder dergleichen / sondern nur in der Mitternächtigen See. Er kömmt von den äussersten Theilen des Nord-Meers / fället und streichet mit ungläublicher Menge nach dem Lande zu / ins Teutsche / Schottische und Engelländische Meer / da er dann seinen Gang hat rund herum / und von dannen fort in die weite See / nahet sich nach dem Lande zu / an des Meeres Gestade / sich gleichsam anbietend / daß man ihn fange. Sonderlich läufft er gerne zu / da er Feuer /Licht oder Menschen vernimmt. Es haben die Hering unter sich einen König / wie die Bienen / der ist zwar nicht grösser als die andern / hat aber ein Zeichen aufm Haupt / welches röthlich einer Kronen gleich /und überall die Schuppen voll Kronen gezieret vom Haupt biß zum Schwantz. Kein König ist auf dieser Welt gewesen / oder noch heute / welcher mehr Unterthanen hat als dieser. Andere Potentaten müssen mit einer Krone zufrieden seyn. Dieser solte wol 100. missen / und dennoch ein König bleiben. Diesem ihrem Könige folgen die Heringe in wunder-grosser Menge / und unaussprechlicher Schaar / und nachdem sie gläntzende Augen haben / scheinen sie zu Nacht wie Feuerstrahlen / nehren sich allein vom Wasser (welches sonst kein Fisch thut) und so bald sie ausserhalb Wassers die Lufft empfangen / sterben sie. Je näher sie ans Land kommen / je magerer sie werden /vielleicht von Müdigkeit und Weite der Reise / oder wegen der Natur des Wassers. [486] Der Heringsfänger oder Büsen seyn unzehlich: In Holland allein sind ihr bey 1000. Ich setze nur / daß jegliche Büchse oder Herings-Schiff 70. Last Heringe zu Lande bringe: Das wären 70000. Last. Jegliche Last 12. Tonnen /seynd 840000. Tonnen: Jegliche Tonne hält 800. 900. wol 1000. Heringe: Laß die Tonne verkaufft werden zum genauesten um 14. Flor. Machen 11760000. fl. Seynd 117. Tonnen Goldes / und 60000. Gülden. Diß sage ich / ist nur in Holland allein / was geschicht in andern Königreichen / Seekanten und Städten.


Die mildreiche Hand und Seegen GOttes erfüllet das Wasser und die Erde / alles dem Menschen zum Besten /der doch offtmal so undanckbar ist.

81. Drey Meister-Stücke von dreyen Kunstreichen Brüdern
81. Drey Meister-Stücke von dreyen Kunstreichen Brüdern.

Für diesem haben wir am andern Ort etwas erwehnet von der Frey- und Kühnheit der Griechen im Lügen. Ich befinde aber / daß die Frantzosen den Griechen hierinnen nichts nachgeben: Nehmet diß zum Exempel / welches vom Philip d'Alcripe in seiner treuenFabriq; aufgezeichnet ist. In unserm Dorff (spricht er) wohnet ein Mann / Simonet genannt / dem gebahr seine funffte Frau 3. Söhne zugleich auf eine Zeit. Wie die Kinder erwuchsen / hat der Vater jeden ein Handwerck lernen lassen / den einen beym Barbierer /den andern beym Schmidt / den dritten beym Fechter. Der Vater ward alt / forderte seine 3. Söhne für sich /und verhieß demjenigen / welcher sein Handwerck am besten würde gelernet haben / sein Hauß und Wohnung voraus. Die Söhne liessen ihnen solches gefallen. [487] Ein jeglicher trauete seine Kunst: Also ward ein Tag angeordnet / da in Gegenwart des alten Vatters und anderer Leute ein jeder die Probe thun solte. Der Barbierer trat zum ersten auf / zog aus seinem Köcher ein Scheermesser: Und begab sich eben / daß ein Haase von zween Hunden gejagt / im vollen Springen daher lieff. Der Barbierer mit seinem Scheermesser hinter dem Haasen her / und scheeret ihm seinen Bart am Maul im Lauffen so artig und glatt ohne Verletzung hinweg / als wann er stock still aufm Stuhl gesessen wäre. Der ander / (war der Schmidt) wolte auch zeigen / was er könnte: Da siehet er anhero rennen im steiffen Galopp einen Reuter zu Pferde / er nicht faul / sondern hinter dem Pferde her / mit seinem Hammer und Zange / löset dem Pferde im vollen Lauff alle 4. Huffelsen ab / leget ihm neue wieder unter / eben so geschwind und fertig / als wann er es hätte für seiner Schmiede angebunden gehabt. Der letzte ein guter Fechter / nimmt sein Rappier / gehet auf die Gassen / mitten im grossen Platzregen / und schwinget seinen Degen dermassen / und mit solcher Geschwindigkeit ums Haupt und um den Leib / daß nicht ein einiger Tropffe auf ihn fallen konte / sondern er blieb eine lange Weile gantz trucken stehen.


Die Menschen seynd geneigt zum Lügen. Lügen hat ein kranckes Bein.

82. Männer-Milch - Bocks-Milch - Jungfrauen-Milch
82. Männer-Milch / Bocks-Milch /Jungfrauen-Milch.

Daß nicht allein die säugenden Weibs-Personen Milch haben in ihren Brüsten / sondern auch offtmals die / so Männliches Geschlechts / solches [488] bezeuget die tägliche Erfahrung. Cardanus, ein wegen seiner Subtilitäten und andern Schrifften bekannter und berühmter Mann / vermeldet / daß er gesehen und gekannt habe einen / mit Nahmen Antonius Benzus, alt ohngefehr 34. Jahr / aus welchen Brüsten so viel Milch gelauffen / und von sich selber gesprützet / daß er gar wohl ein Kind damit hat ernehren und aufsäugen können. Ebener massen habe ich zu Pariß im Jahr 1610. einen Stuben-Gesellen und sehr guten Freund gehabt / von Geburt ein Frantzmann / welcher / so offt er wolte / aus seinen Brüsten so viel weisser vollkommener Milch ausdruckte / daß er etliche Commentelchen damit füllete.

Aristoteles im 3. Buch der Historien von den Thieren am 20. Cap. bezeugts auch / daß Männliches Geschlechts unvernünfftigen Thieren Milch zuwachse. Er setzet ein Exempel vom Bocke in der Insul Lemnus / welcher zwo Brüste bey seinem Männlichen Gliede gehabt / daraus so viel Milch gemolcken / daß man hat Käse und Gerunnen daraus machen können. Daß man auch Jungfern-Milch habe / wissen die Apothecker wol / welche dieselbe nicht allein machen können / wanns ihnen beliebet / sondern verkauffen sie auch / und wird von Jungfrauen und Frauen offtmals gebrauchet.

Ob gleich der gemeine Mann ein Ding Lügen strafft /wird es darum nicht falsch.

83. Spanische Tyranney in West-Indien
83. Spanische Tyranney in West-Indien.

Wie schrecklich und grausam vor diesem die Spanier in der neuen Welt gehauset mit dem Einwohnern daselbsten / davon seynd grosse [489] Bücher voll in offenem Druck. Eins wil ich nur allhier setzen. Für der Spanier Ankunfft hatten die Americaner nie keine Mußqueten oder Geschütz gesehen oder gehöret / verwunderten sich derhalben sehr über solche Ding / und vermeynten / die Spanier wären Götter / so Donner und Blitz machen könten / wann sie wolten. Sie hatten aber gehöret / es wäre an einem weit abglegenem Orte ein Paradieß oder Freuden-Platz / dahin sie dermaleins von den Göttern solten geführet werden. Die Spanier bildeten diesen frommen einfältigen Menschen ein /sie wären die Götter / und solten sie nur in ihre Schiffe kommen / sie wolten sie nach dem Paradieß bringen: Laden alle ihre Schiffe voll Americaner: Fahren auf die hohe See / nehmen einen nach dem andern /stechen ihnen die Kehle ab / werffen sie über Bort /fahren wieder ans Land / holen andere / und machens mit denselben eben also. Auf diese Art haben sie allein aus den kleinen Insuln Cuba / Jamaica / Spaniola über 48. mal 100000. Menschen geführet und erwürget / daß auch die See etliche Meilweges ist gantz blutig geworden / und die todten Cörper / wie Insuln auf einander gelegen. Also wurden diese Länder von ihren natürlichen Einwohnern leer / und war niemand / der den Spaniern wehrete / solches zu besitzen und zu gebrauchen nach ihrer Lust und Willen.


Löwen / Bären und andere grausame Thiere wüten so nicht gegen ihre Art / als Menschen unter einander.

84. Des Blitzes Krafft und Wunder
84. Des Blitzes Krafft und Wunder.

Der Blitz ist ein subtiler / durchdringender feuchter Geist / hat grosse Krafft und Würckungen / [490] darüber man sich höchlich muß verwundern. Cardanus im 8. Buch am 43. Cap. von mancherley Dingen / erzehlet /daß in der Insul Lemno unter einem Eichenbaum einsmals 8. Männer (die das Korn abgemehet zur Zeit der Erndte) gesessen / und die Abend-Kost zu sich genommen: Die seynd alle achte zugleich vom Blitz getödtet worden / und haben doch ihre vorige Gestalt behalten: Seynd alle sitzen blieben: Der eine mit der Kanne am Munde / gleich ob er trincke: Der ander das Messer und Brod in der Hand / als wolte er etwas abschneiden: Der dritte mit der Hand in der Schüssel /und so fort an. Plutarchus im 4. Buch seiner Fragstücke schreibet / daß ein Blitz zu Elide geschlagen in des Redners Dorothei Hauß / und unterschiedliche Wunder-Dinge verursachet. 1. Hats den Wein aus einem Fasse gantz verzehret und weggenommen / und dennoch das Faß nicht verletzet. 2. Einem Menschen /der gelegen und geschlaffen / nichts versehret / noch am Leibe noch an den Kleidern / sondern das Geld /welches er im Beutel bey sich gehabt / geschmeltzet. 3. Gleicher gestalt etliche silberne Büchsen / welche in höltzernen Lädichen verwahret gewesen / geschmoltzen / und doch das Lädichen nicht angerühret. Eben dasselbe bezeuget auch Seneca im 1. Buch der natürlichen Fragen: Thut diß noch hinzu / daß der Blitz offtmahls das eiserne Schwerdt oder Messer in der Scheide schmeltze / die Scheide unverletzet. Man hat auch befunden / daß der Blitz alle Knochen im Menschen zerschmettere / das Marck darinnen verzehre / und doch der Haut / dem Fleische / und andern Gliedmassen nicht den geringsten Schaden zufüge.


[491] Nachgeben richtet mehr aus / denn mit dem Kopff hindurch wollen. Was man nicht ergründen kan / das nehme man mit Verwunderung an.

85. Pompejus der Grosse
85. Pompejus der Grosse.

Cnejus Pompejus ist gewesen einer von den alten mächtigsten Helden zu Rom / zu Zeiten Julii Cæsaris, anfangs der vierdten Römischen Monarchie / er hat mit seiner Tugend und unglaublichen Victorien den Zunahmen Agamemnonis verdienet / und ist der Grosse / wie Alexander / genennet worden. Es war dazumal kein Mensch in der Welt / der grösser Ansehen hatte als er / der auch mehr vermochte und könte: Also daß er sich selbsten rühmte / wann er mit dem Fuß auf den Erdboden stieß / müste gantz Asia erzittern. Aber wie elendiglich ist er doch um sein Leben kommen? Julius Cæsar und Pompejus waren allezeit wider einander: Endlich ward dieser von jenem in eine Schlacht überwunden / und wurden über die 15000. Pompejaner erschlagen / und 42000. gefangen. Pompejus warff den Purpurrock und andere Zierrathen von sich / flohe in Egypten: Schickte zum jungen KönigPtolomæo, und bate den um Hülffe / blieb unterdessen in seinem Schiffe mit seinem Gemahl Cornelia, und einem seiner Söhne / und wartete auf Antwort.

Da kamen aus Befehl des Ptolomæi in einem kleinen Fischkahn gefahren / zu des Pompeji Galleen etliche Männer / die ihn dann zu sich in den Nachen zu steigen anmahneten: Pompejus gesegnete sein Gemahl und Sohn / und fuhr hinweg.

Als sie ziemlich weit fort und fast ans Land kommen / stund Pompejus auf und machte sich geschickt /auszusteigen / da stach ihn einer zum Rücken hinein /die [492] andern zogen ihre Degen auch aus und strichen auf Pompejum zu / welcher / da er solches sahe / seinen Mantel um das Haupt wickelte / kein Wort mehr redete / und sich also vollends umbringen ließ. Diß alles konte Cornelia seine Haußfrau / sein Sohn und die andern Römer aus dem grossen Schiff wol sehen /welche darüber grosse Klage führeten / mit dem Schiff umwandten und davon flohen. Die Mörder schnitten Pompejo den Kopff ab / trugen ihn hinweg /wurffen den Cörper nacket und bloß aus dem Nächlein ans Land / da er bald hernach von einem seiner Knechte verbrannt ward / nach Römischen Gebrauch.

Ein merckwürdig Exempel der Unbeständigkeit alles menschlichen Wesens: Und daß grosse Herren auf ihre Gewalt / Autorität und Glück sich nicht allzuviel verlassen sollen.

86. Von Kronen und Kräntzen
86. Von Kronen und Kräntzen.

Daß man Kräntze aufs Haupt setzet / ist ein alter Gebrauch vor Zeiten sehr gemein gewesen bey den Römern / so wol unter Manns- als Weibs-Personen. Die Männer pflegten nimmer beym Wein zu sitzen und zu zechen / sie hatten dann Kräntze auf dem Haupte /artig gebunden und gewunden von Rosen / Violen /Epheu / Reinweiden / Saffran-Blumen und dergleichen / nicht allein des lieblichen Geruchs halben /sondern auch die Hitze des Weins zu löschen / und die aufsteigende Dünste zu dämpffen / ja sie pflegten auch die Becher zu krönen / daraus sie truncken / wie beym Virgilio im 3ten Buch vom Ænea zu sehen. Endlich auch die Kräntze selbst in den Wein zu stecken / und also davon zu trincken. Auf diese Art hat die Königin Cleopatra ihren Buhlen den Antonium aus dem [493] Wege geräumet / nachdem sie ihn zu Gaste geladen / und einen Krantz mit vergiffteten Blumen ihm aufgesetzet / hernach in die Weinschaale geworffen / und mit guten Worten ihn zu trincken angemahnet / wie solches Plinius erzehlet. Dabeneben hat man auch die Kriegs-Obristen / wann sie gesieget und die Victori erhalten / pflegen mit Kräntzen von Lorbeer-Blättern zu krönen: Item / die erbaren Weibs-Personen wurden auch mit Kräntzen gezieret / wann sie nach ihres Mannes Tode Wittwen blieben / und nicht zur andern Ehe schritten. Nicht allein aber waren die Kräntze ein Zeichen der Ehre / sondern auch zuweilen das Widerspiel. Dann wann man bey den Juden einem wolte Schmach und Schande anthun / so krönete man sein Haupt / wie solches unsers Heylandes Christi Paßion bezeuget.


Gleichwie die Heyden die berühmten Leut mit Kräntzen kröneten / also wird Christus JEsus mit den Krantz der ewigen Herrlichkeit seine Gläubigen ausschmücken.

87. Von Amadys
87. Von Amadys.

Die Historien von Trystan, vom Lancelot und dergleichen / sind alte Römische Gedichte / damit sich die mußige Jugend nun in die 500. Jahr belustigt. Der Amadys aber ist etwas neuer / in den nechst abgewichenen 100. Jahren erstmals in Hispanien erdacht und ausgebrütet. Hernach haben die Frantzosen diese Geburt schön ausgeputzet / und ihr einen neuen Rock angezogen / eben zu der Zeit / wie König Henricus II. in Franckreich regierte / da dann der Amadys in so grossem Preiß gewesen / daß man ehe den Livium, als den Amadys verachtet und verworffen hätte. Der Erfinder und Erdichter ist ein Spanischer [494] Höffling gewesen / ein trefflicher Meister in der schwartzen Kunst /der unterm Scheine einer anmuthigen Historien sein Gifft andern anschmieren / beybringen / und dadurch seine Teuffels-Kunst fortpflantzen wollen. Ist gewesen ein Mahometist oder Saracener / welches Glaubens es zu der Zeit in Spanien viel gegeben. Der Alquiff / die Uganda und dergleichen Zäuberer / werden von ihm die Weisen genennet / und ihre Kunst die vollkommene Weißheit. Niemals hat der Jupiter, noch die Minerva so viel Wunders gethan: Niemahls ist der Abgott Apollo zu Delphis so geehret und gefraget worden / als eben die obbenannten beym Amadys, welcher öffentlich heraus saget / daß diese Kunst löblich / gut und wol vergönnet sey. Derentwegen hat er eine andere Art Zauberer / als Archelaum, Meliam, etc. die nur immer was Böses stifften. Er meldet auch / daß die weise Urganda ihre Weißheit und Kunst von einem Meister mit Nahmen Apollyon, gelernet / ist ohne Zweiffel gewesen der Apollyon, dessen in der Offenbahrung Johannis gedacht wird / nemlich der Satanas selbst.


Derhalben soll ein jegliches Christliches und Tugendreiches Gemüth für dem Amadys einen Abscheu tragen /und denselben wie ein gifftiges Thier fliehen. Viele aber seynd fertiger darinn / dann in der Bibel bewandert.

88. Vom Salamander / der im - Feuer lebet
88. Vom Salamander / der im / Feuer lebet.

Es ist eine gemeine Rede / der Salamander (ist eine Art von Heidexen / mit einem langen Schwantz) sey so einer kalten Natur und Eigenschafft / daß er auch im Feuer leben / und das Feuer mit seiner Gegenwart auslöschen könne. Ist alles falsch [495] und der Warheit und täglichen Erfahrung zuwider. Dann wann man einen oder mehr Salamander ins Feuer jaget oder wirffet / so werden sie in kurtzer Frist zu Aschen verbrannt / eben so wol als ein Frosch / Krebs oder ander Ding. Braffavola, ein erfahrner Italiänischer Artzt /hat solches / doch schier mit seinem Schaden / erfahren. Dann als er einen Salamander hat verbrennen wollen / ist ihm das Gifft / (das er von sich gelassen /) bey nahe in das Maul gesprützet / doch aber in kurtzem vom Feuer verzehret worden.


Wer leicht gläubet / der wird auch leicht betrogen.

89. Ob die Menschen die Artzney-Kunst von den Thieren gelernet
89. Ob die Menschen die Artzney-Kunst von den Thieren gelernet.

Es pflegen etliche Aertzte fürzugeben / als solten wir Menschen unsere Artzeney-Kunst in vielen Stücken von den unvernünfftigen Thieren gelernet haben / welche aus angebohrner natürlicher Zuneigung zu erkennen und zu gebrauchen wissen / was ihnen gesund und nützlich ist / als 1. der Esel / wann er kranck /suche und esse Hirschzungen. 2. Die Schlangen /wann sie wieder aus der Hölen kriechen / heilen ihre verdunckelte Augen mit Fenchel. 3. Die Rebhüner und Krähen purgiren sich im Vorjahr oder Frühlinge mit Lorbeer-Blättern. 4. Die Schwalben heilen ihren geblendeten Jungen die Augen / und machen sie wiederum sehend mit Schelkraut oder Goldwurtz / und des Dinges häuffig mehr. Ist alles nur erdichtet / und alter Weiber-Geschwätz. Dann belangend das 1. so wächset die Hirschzunge an wenig Orten / und selten anderswo / dann auf hohen Klippen / oder in abgelegenen Wäldern / dahin des Müllers Esel [496] nimmer kommet. Man hat zum offtermalen unterschiedlichen krancken Eseln Hirschzungen fürgehalten / sie haben sie nich anrühren wollen. Zum 2. sind in Teutschland hin und wieder etliche tausend Schlangen / wo finden die Fenchel in abgewichenen und abgelegenen Orten? Es ist solches niemals von keinem Menschen gesehen oder erfahren. Fürs 3. wirff du den Rebhünern oder Krähen Lorbeer-Blätter für im Frühling oder sonsten /wirst bald sehen / daß es falsch sey. Wir haben ja täglich beydes bey der Hand / Rebhüner und Lorbeer-Bletter: Ist Wunder / das man so grosse Lügen schreiben darff. Letztlich zum 4. haben die Schwalben ja keine Vernunfft / daß sie wissen / ob ihre Jungen blind oder sehend seyn / sie seyn zufrieden / wann die Jungen ihre Schnäbel weit auf thun / ihnen Speise darein zu schütten / die todten werffen sie zum Nest hinaus. Uber das / so ist der Safft von Goldwurtz so scharff / daß er die Augen vielmehr verletze / als heile. Die Erfahrenheit bezeugets / wann den Schwalben und den Fincken die Augen sind verdorben oder gestochen / daß sie offtmahls von sich selber wieder genesen. Hiervon hat vorlängst der Celsus geschrieben: Wann also den Schwalben auswendig die Augen verletzet werden / so bekommen sie nach etlicher Zeit ihr Gesicht wieder / daher ist die Fabel entsprungen /daß durch Hülffe der Goldwurtz geheilet werde / was von sich selber gesund wird. Brassavolus ein glaubwürdiger / wolbekannter und sehr erfahrner Artzt /schreibet in seinem Kräuter-Examen folgende Wort: Fabelwerck ists / daß zu unser Zeit (vielleicht aus dem Dioscor,) die Leute fürgeben / wann man den jungen Schwalben die Augen aussteche / [497] (doch also /daß der Nerv nicht verletzet werde /) so heilen die Alten ihre Jungen wieder mit Schwalben-Kraut. Ich aber habe solches versuchen wollen / und 5. jungen Schwalben die Augen ausgestochen / ja auch den Nerv nicht verletzet / des andern Tages habe ich zwar die Jungen frisch und gesund gefunden / aber keine Schwalbenwurtz im Neste.


Grosse Meister geben wol Lügen für. Wer allem gläubet / wird mehrmahls betrogen. Der ist weise / der die Natur selber erforschet.

90. Tiresias ein blinder Wahrsager
90. Tiresias ein blinder Wahrsager.

Tiresias ist von Thebis bürtig gewesen / welcher da er auf eine Zeit zween Drachen an einander gesehen / hat er das Weiblein davon getödtet / und ist alsbald Tiresias aus einem Mann in ein Weib verwandelt worden. Uber 7. Jahr hat er auf dieselbe Art das Männlein erstochen / und ist er wiederum zum Manne worden. Es hat sich aber auf einmal begeben / daß Jupiter, und sein Gemahl Juno sich unter einander beredeten / wer doch die gröste Wollust empfünde im Venus-Werck /der Mann oder die Frau? Da ist unter ihnen beliebet /man solte einen fragen / der beydes versuchet / der beyde Mann und Frau gewesen. Also ward Tiresias vorgestellet / der dann seiner Erfahrung nach gesprochen / die Weiber hatten die gröste Lust. Da ist Juno auf ihn zornig worden / und ihn stock- und staar-blind gemacht. Daher ist das Sprichwort: Blinder als Tiresias. Jupiter aber hat ihm zur Erstattung den Wahrsager-Geist gegeben / daß er zukünfftige Dinge hat verkündigen können.


Ist zwar eine Fabel / unter welcher aber viel gute Sachen verborgen.

91. Lycurgus
[498] 91. Lycurgus.

Dieser ist ein edler Spartaner gewesen / dessen Bruder war Eunomus der Lacedämonier König. Nach Absterben des Eunomi unterwund sich Lycurgus des Reichs / welches sehr unrichtig und mit guten Satzungen übel versehen; Derowegen sich Lycurgus unternahm / solches wieder in gute Ordnung zu bringen: Machte darauf heilsame Gesetze / und zog nach Delphos den Abgott zu fragen / ob auch dieselbe / von ihm aufgezeichnete Gesetze / löblich / gut und unsträfflich wären? Der Abgott Apollo hat sie nicht allein bekräfftiget / sondern auch gesprochen / sie wären mehr Göttlich / als menschlich. Darauf Lycurgus diese Gesetze seinen Spartanern fürgetragen / und so viel zuwege gebracht / daß sie sie haben angenommen für ihr Stadt-Recht / darnach sie hinführo wolten ihr Thun und Leben führen. Die Bürger befunden sich sehr wohl hierbey / und florirte die Stadt trefflich. Damit nun Lycurgus seine Bürger möchte bey Observantz seiner nützlichen Gesetze erhalten / hat er fürgegeben / er müste nothwendig eine Reise thun nach Delphos /und gebeten / die Bürger wolten unterdessen die angenommenen Gesetze nicht abschaffen / sondern so lang in Würden halten / und im Gebrauch bleiben lassen /biß er wieder käme: Welches ihm dann die gantze Bürgerschafft mit einem theuren Eyde bewähret und versprochen. Lycurgus reiset weg. Auf daß aber dieser Eyd gehalten / und die Gesetze erhalten würden /hat Lycurgus erwehlet nicht wieder Lacedämon zu kommen / auf daß die Bürger ihres Eydes nicht loß würden / sondern immerfort bey den Gesetzen blieben. [499] Also ist er nach Cirra gereiset / und hat allda ihm mit eigenen Händen den Tod angethan. Die Spartaner haben ihm eine Kirche zum Gedächtniß aufgerichtet /und hernach als einen Abgott geehret.


O wie findet man heut zu Tage so wenig Lycurgos /die ums gemeine Beste / und des Vaterlandes Wolstand zu erhalten / sich so sehr bemühen / und sauer werden lassen.

92. Der Ubelthäter Straffe bey den alten Römern
92. Der Ubelthäter Straffe bey den alten Römern.

Bey den Römern waren leibeigene Knechte und freye Menschen. Die Knechte / wann sie es gröblich verschuldet / wurden auf zweyerley Art gestraffet. Entweder brachte man sie an grausame wilde Thiere auf den Schauplatz / mit welchen sie streiten mussten / oder sie wurden zu den Schwerdtfechtern geführet / welche starcke / unbarmherzige Leute waren. Die aber / so frey und keine Knechte / wann sie mißgehandelt / hat man pflegen aus der Stadt ins Elend an andere Oerter zu verweisen. Dann anfänglich ist kein Römischer Bürger geschlagen oder getödtet worden / wie grob er auch gesündiget / sondern nur die Fremdlinge: Syllaist der erste / welcher am Leben zu strafen angefangen. Also seynd unterschiedliche Arten zu strafen gebräuchlich worden. Unter welchen das Creutz oder die Furca nicht die geringste gewesen / daran man die Menschen gantz nacket gehangen / und sie mit Ruthen zu Tode gegeisselt. Im gleichen hat man die Ubelthäter auch mit einem Strick erwürget / welche Straffe fü die allerverachteste / schändlichste und uneherlichste gehalten / dahero auch von den Scribenten schandbar genennet wird. Und Plinius im 2. Buch /25. Cap. heisset sie [500] verkehrte / weil durch dieselbe der Athem wird eingeschnüret / oder sonst solte heraus gehen. Auf solche Weise hat GOtt befohlen, die Abgöttischen Priester mit dem Stricke zu würgen /Num. 25. Cap. Auch der Josua / ein Fürst unter den Juden / viel Heydnische Könige würgen lassen / Jos. 7. und 10. Die allerehrlichste Straffe war das Beil oder das Schwerdt / damit denen / so es verdienet /der Kopff ward abgehauen / wie solches Xenophon bezeuget / und beym Cicerone in Pisone zu lesen.


Die Ubelthäter straffen / ist ein gottseliges Werck / und kan ohne solches das Regiment nicht bestehen. Auf grobe Sünden gehören grobe und grosse Straffen.

93. Die weisen Sibyllen
93. Die weisen Sibyllen.

Sibyllen seynd vorzeiten weise gelehrte Weibespersonen gewesen / welche von einem besondern Geist gerühret und getrieben / zukünfftige Dinge den Menschen verkündigen / und viel Griechische Verse hinterlassen / auch von Christi Geburt / Leiden / Sterben und Auferstehung so eigentlich geweissaget / etliche tausend Jahr zuvor / als wann sie dabey gestanden /und alles selbst angesehen. Wie viel solcher Sibyllen an der Zahl gewesen / ist ungewiß. Plinius im 34. Buch / 5. Cap. nennet nur 3. wie dann auch Ausonius und Solinus mit diesen Nahmem / Delphica, Erythrea Cumæa. Viel andere Scribenten erzehlen 10. Unsere Mahler thun noch zwey darzu / daß ihrer 12. werden / wie die Apostel. Die drey Fürnehmsten belangend / so hat die Sibylla Delphica in der Stadt Delphis ihr Wesen gehabt / und ihre Weissagung vom Abgott / oder Oraculo daselbst / gelernet und empfangen. Man sagt / sie habe gelebet lang fur dem Trojanischen Kriege / und [501] denselben verkündiget. Auch habe Homerus viel von ihren Versen mit in seine Bücher gesetzet. Die andere ist Sibylla Erythrea, aus der Stadt Erythræ bürtig / von welcher man folgende Geschicht erzehlet / nemlich / daß sie vom Gott Apollo inbrünstig sey geliebet worden / der ihr auch versprochen zu geben / was sie nur wünschen würde. DieseSibylla ergreifft eine Hand voll Sands / und begehret so viel Jahr zu leben / als sie Sandkörnlein gefasset. Solches wird ihr gegeben und vergönnet / doch mit dem Beding / daß sie ihr Vaterland und die Erde / da sie gebohren / nimmer / so lang sie lebete / anschauen solte. Als nun Sibylla Erythrea viel lange Jahre hingebracht / und nunmehr schwach und unvermöglich /in einer Höle immer sitzen blieb / haben ihre Landsleute / die von Erythris einen Brieff an sie geschrieben / und denselben / nach ihrer Stadt Gebrauch / mit Erde versiegelt und vermacht. So bald Sibylla die Erde aufm Brieff ansichtig worden / ist sie gestorben. Die dritte Sibylla Cumæa, aus der Stadt Cumæ, ist sehr berühmt beym Virgilio im 6. Buch vom Ænea, daselbst Wunderdinge von ihr erzehlet werden. Diese ist eben die / welche dem Römischen König Tarquinio 9. Bücher zu kauffen brachte / davon im ersten Hundert vorn an zu lesen.


Was der Teuffel selber nicht thun wil / das verrichtet er durch seine Werckzeuge: Solche seyn die Sibyllen auch gewesen.

94. Einhorn
94. Einhorn.

Es wird viel erzehlet, und noch mehr gehalten vom Horn eines Einhorns / und dessen kräfftiger Wirckung wider den Gifft; Werden auch an unterschiedlichen Orten gantze Hörner davon gezeiget / [502] als zu S. Denis in der Kirchen / nahe bey Pariß in Franckreich: Zu Venedig und anderswo. Zwar diese Hörner sind wohl von lebendigen Thieren / als Wallfischen oder sonsten: Aber ein wahrhafftiges Einhorn / wie es beschrieben wird und abgebildet / ist noch zur Zeit von keinem Menschen gesehen / und hat sich keiner gefunden / der es kennet. Heute zu Tage ist die Welt so bekannt und durchreiset / daß schier kein Winckel /da man nicht ist hinkommen; Ist aber noch keiner gefunden / der das Thier Einhorn an einem Ort gesehen oder etwas gewisses davon hätte vernehmen können. Der erste / so dieses Thiers gedencket / ist gewesen der Cresias, welchen Aristoteles öffentlich einen Lügner heisset. Andere / so auch davon geschrieben /sagen allzeit davon / wie man saget oder fürgiebt: Haltens also für ein ungewiß Ding. Der eine schreibet / es sey gleich einem wilden Pferde: Der ander / es sey ein Esel: Dieser / es habe Füsse wie ein Pferd. Jener /es habe gespaltene Füsse / wie die Ziegen. Die Hörner / so gezeiget werden / seyn auch nicht einerley Art und Gestalt. Und noch viel weniger befindet sich solche Krafft und Wirckung / als man ihm zuschreibet. In der H. Schrifft wird zwar etlichmal des Einhorns gedacht / ist aber viel ein anders als diß Thier / welches aus der Beschreibung klärlich zu ersehen:


Was nicht in der Natur ist / können Mahler und Poeten auf ihre Art darein machen: Die setzen dem Pferde Flügel an (als Pegaso) Hörner vorn am Kopff (als dem Einhorn) wie es ihnen nur beliebet.

95. Philoctetes
95. Philoctetes.

Dieser ist des Herculis Geselle und Reise-Bruder gewesen: Welcher (Hercules) wie er auf dem [503] Berge Oeta sterben wolte / gab zur Gedächtniß seine Pfeile gantz vergifftet vom Blute Hydræ Lerneæ diesem seinem Freunde / der ihm mit einem Eyd schweren muste / daß er keinem Menschen anzeigen wolte / wo erHercules gestorben oder begraben. Es geschach aber /daß / wie die Griechen mit der Stadt Troja Belägerung zu thun hatten / der Abgott zu Delphis seine Weissagung herfür brachte / und vermeldete / Troja könte nicht erobert werden / es wäre dann / daß Herculis vergiffte Pfeile in der Belägerung von den Griechen gebraucht würden. Da hat man den Herculem hin und wieder gesuchet: Endlich den Philocterem funden /der anfänglich zwar starck geleugnet / und geantwortet / er wüste nichts von dem Hercule, noch seinen Pfeilen. Doch endlich wie man ihn hart gedrungen /hat er seinen Eyd gebrochen / Herculis Tod bekant /und zwar nicht mit dem Munde ausgeredet / sondern mit dem Fuß auf die Erde gestossen / und also Herculis Grab angezeiget. Er hat auch mit nach Troja gemust / und ist ihm unterwegens ohngefehr einer von den vergifften Pfeilen auf den Fuß gefallen / mit welchem er Herculis Grab verrathen hatte. Diese Wunde hat dermassen gestuncken / daß kein Mensch hat um ihn bleiben können: Daher die Griechen bewogen /ihn nach der Insul Lemno zu schicken und von sich abzusondern.


Meineyd / Untreu / Verrätherey bleibet nicht ungestrafft / und muß man auch den Todten / was man ihnen im Leben versprochen / fest halten.

96. Jungfrauen-Kinder zu Sparta
96. Jungfrauen-Kinder zu Sparta.

Die Lacedämonier (sonst Spartaner genannt) führeten schwere und langwierige Kriege mit [504] denen von Athen; In welchem Streit der Spartaner Mannschafft und junge Bursch meist war aufgegangen / also / daß wenig übergeblieben. Da hat der Rath der Stadt durch einen öffentlichen Ausruff den Jungfrauen vergönnet /sie möchten ihnen ausersehen / was sie für Männer wolten / und so viel sie wolten / und bey denselben heimlich schlaffen / auf daß der Mangel und der Schade wieder ersetzt würde. Solches ist auch geschehen /und ist in kurtzer Frist / eine ziemliche Anzahl hübscher Jünglinge daraus entsprossen / welche dann im Kriege sich wol und Männlich gehalten. Nachdem aber der Krieg zu Ende gebracht / und diese junge Bursch vernommen / daß sie von ungewissen Vätern gebohren / Hurenkinder und Jungfrauen-Söhne wären / (darum man sie auch Parthenios geheissen) ist ihnen diese Schande und böser Nahmen (ob die Schuld wohl nicht bey ihnen) sehr zu Hertzen gegangen / und haben in ihrem Vaterland nicht länger bleiben wollen / sondern sich vereiniget / in fremd weit abgelegene Oerter zu ziehen / da sie jedermänniglich unbekant. Hierauf ist von ihnen einer mit Nahmen Phalentes zum Führer erwehlet und angenommen worden / der mit ihnen geschiffet biß gen Tarento in Calabrien /allda sie diß Städtlein eingenommen / es vergrössert /in guten Flor gebracht / und endlich daselbst mit grosser Macht und Ansehen geherrschet. Diß wird erzehlet von Servio im 3. Buch Æneid.


1. Heydnische Leute machen Heydnische Gesetz. 2. Ein Weibsbild ist eine schwache Creatur / läßt sich bald zum Bösen überreden: Ist nöthig / daß man sie davon abmahne. 3. Je ärger Hurenkind / je besser Glück.

97. Von der Hand und den Fingern
[505] 97. Von der Hand und den Fingern.

Nicht allein bey den weisen Römern und Griechen /sondern auch bey den barbarischen Nimidiern / hat mans dafür gehalten / daß in der rechten Hand eines Mannes sonderliche Tugend und Autorität bestehe. Mit der rechten Hand haben sie den Frieden verkündiget und angedeutet. Wann sie dieselbe darreichten /wars ein Zeichen einer demüthigen unterthänigen Bitte / wie Turnus thate beym Virg. im 12. BuchÆneid.

Beym Euripide wolte Hecuba den Ulyssem um Gnade bitten / auf daß sie ihre Tochter Iphigeniam wieder loß bekäme; Aber Ulysses zog seine rechte Hand, weg / und verbarg sie / damit sie nicht von derHecuba angerühret würde.

Insonderheit war im Daumen eine Anzeigung der Gunst und Freundlichkeit. Wann man einem Gutes gönnete / so drückete man den Daumen: Gönnte man Ubels / so kehret man ihn um. Der mittelste oder längste Finger ward für unehrlich oder schandbar gehalten: Ward auf jemand mit denselben ausgestreckt gewiesen / so war es eine grosse Schande demselben /dem es geschah: Und ward ihm hierdurch Schimpff und Unehr angethan.

Wann eine Frau in Kindes-Nöthen arbeitete / und jemand zugegen / der die Hände und Finger in einander geschürtzet / gleich als ob er betete / das ward für eine Zauberey gehalten / und könte die kreissende Frau nicht erlöset werden. Noch ärger aber war es /wann man die also zusammen geschürtzte Hände sitzend über ein oder zwey Knie geschlagen und gehalten. Diß findet man beym Plinio im 17. und 28. Buch.

[506] Aberglaube ist mancherley: Thut aber zu Zeiten auch etwas / nach dem Sprichwort: Einbildung ist ärger als Pestilentz.

98. Mosis Leichnam will der Teuffel haben
98. Mosis Leichnam will der Teuffel haben.

Im Neuen Testament in der Epistel Judä am 1. Cap. v. 9. werden diese Wort gelesen: Michael der Ertz-Engel / da er mit dem Teuffel zanckete / und mit ihm redete /über den Leichnam Mose / durffte er das Urtheil der Lästerung nicht fallen / sondern sprach: Der HErr straffe dich. Allhier fraget sichs nun / warum der Teuffel Mosis Leichnam habe begehret / und sich darum mit dem Engel gehadert? Etliche wollen / dieweil GOtt der HErr den Mosen hätte lebendig mit Leib und Seel (wie Henoch und Eliam) gen Himmel genommen / so habe ihm der Teuffel solches mißgönnt / und des Mosis grobe Fehler und Sünde herfür gesuchet / um welcher willen er solcher Ehre nicht würdig. Ja daß GOTT darum ihn selbst nicht habe lassen ins gelobte Land kommen.

Diese Antwort hat keinen Grund in GOttes Wort /da wir ausdrücklich lesen / Deut. Cap. 34. v. 5. Und Josua Cap. 1. Vers. 1. Daß Moses gestorben / wie er 120. Jahr alt. Und Deut. Cap. 31. Vers. 49. stehet: Steig hinauf (saget GOTT zu Mose) auf den Berg Abarim / und beschaue das Land Canaan / etc. und stirb allda. Am selbigen Ort spricht die Schrifft /Moses sey gestorben / wie Aaron: Aaron aber ist nicht lebendig gen Himmel gezucket. Ist derhalben unfehlbahr / daß Moses / wie ein ander Mensch gestorben /begraben / und sein Grab gewesen an einem gewissen Ort / nemlich im Thal des Landes / [507] Moab / gegen Phagor über; Ob wol solcher Ort und das Grab nie von keinem Menschen ist erkant worden.

Die warhaffte Ursach (meinem Bedüncken nach dieses Zanckens zwischen dem Teuffel und Michael) ist diese: Daß / weil der Teuffel wuste / Moses wäre der allergröste Prophet / so jemahls auf der Welt gewesen / so hat er sein Grab den Juden wollen bekant und offenbahr machen / auf daß er ihnen Ursach und Anlaß gebe zur Abgötterey; Und auf daß sie Mosi Göttliche Ehre anthäten / und dessen Leichnam wie einen GOTT anbeten; Welches ihm der Engel nicht hat gestatten wollen.

Siehe / die gröste Sünde / darein der Teuffel die Menschen-Kinder stürzen kan / ist Aberglaube und Abgötterey.

99. Auf Gesundheit einem zutrincken
99. Auf Gesundheit einem zutrincken.

Es wird gefraget / ob es Christlich und wol vergönnet sey / ein Ehren- und Lust-Trincklein zu thun auf grosser Herren oder sonsten guter Freunde Gesundheit? Wann kein Uberfluß und Mißbrauch dabey / so könte sich solches wol behaupten lassen / so wol aus Heil. Schrifft / als Profan-Historien. Jerem. Cap. 16. v. 5. 7. lesen wir / daß die Jüden nach vollendeter Leich-Bestattung / ins Trauer-Haus gegangen / sich allda untereinander getröstet / und aus einem besondern Trost-Becher getruncken.

Da ist warlich zu vermuthen / daß sie den überbliebenen Freunden im Trincken Gesundhiet und das Leben gewünschet.

Der Nehemias war Schencke des Königs Artaxerxis / Nehem. c. 1. v. 11. und Cap. 2. v. 13. So offt er[508] eingeschenckt / und den Becher credentzen wolte /sprach er / GOtt gebe dir König ein langes Leben. Was ist das anders / als Gesundheit trincken? Der Prophet und König David trinckt ihm selber einen geistlichen Gesund-Becher zu / im 116. Ps. Welches GOtt der HErr auch thut allen seinen Lieben im 75. Psalm. Endlich hat unser Heyland Christus selber seinen Jüngern den Valets-Becher zugebracht am vorigen Abend seiner Passion / Matth. 25. Luc. 22.

Dafern man sich auch in weltlichen Historien umsiehet / wird man befinden / daß dem Rath zu Rom der Käyser Augustus unter andern die Ehre vergönnet und zugeeignet / daß in den Gastereyen zum unterthänigsten Wolgefallen / auf Gesundheit seiner Majestät ein Freuden-Trunck gebracht werde. Da wird manches schöner Becherlein seyn ausgeleeret worden.

Mäßige Lust und Fröhlichkeit kan GOTT wohl leyden: Insonderheit wann sie geschicht ohn Schaden des Nechsten und unser selbst.

100. Der Weiber vielgeliebte Märtyrer
100. Der Weiber vielgeliebte Märtyrer.

So mag man billig nennen das in aller Welt wol bekannte / und von den Weibs-Personen meist gelobte und geliebte Kraut / welches Flachs geheissen wird. Des Flachses Grösse / Länge / Schwere und vielfältige Pein und Marter / ist vom hochgelehrten Mann Hermann Bock ordentlich erzehlet in seinem Kräuter-Buch / sehr lustig zu lesen / und mit folgenden Worten beschrieben:

Der Flachs ist ein gemartert Kraut in Teutschland der den Reichen und Armen / den Armen zur Nothdurfft / den Reichen zur Wollust / ja den Edlen / Fürstinnen [509] und Gräfinnen keine Schande damit zu kurtzweilen. Die Plage und Marter des Flachses ist unzehlbar. Erstlich mit ropffen und reiffen: Dann schwerlich erträncket werden: Darnach auf der Heyden gedörret: Von neuen gedroschen und geschlagen werden: Dann muß er sich lassen zerbrechen und schwingen. Von dieser Marter muß er durch die Stacheln der Igel oder Hecheln geschleifft seyn / nach dieser Plag verbindet man ihn eine Weile / thut ihn wieder auf / zeucht ihn von einander / hencket ihn an den Galgen des Rockens / da wird er geküßt / gelecket / und durch die Finger gezogen / wieder aufgewickel / schnaps abgehaspelt.

Darnach von neuem mit sieden und braten gequälet / ins kalte Bad vom warmen geführet / wiederum gehencket / gedehnet / und mit Kolben gebläuet / über den Stock geleget / mit umtreiben auf runde Kugeln gewunden / abgespulet / ausgestrecket. Alsdann durch die engen Strassen der Weber-Geschirr geführet / in ein Verbündniß geknüpffet / mit Fluchen und Schelten durch einander gewebet.

Noch ist er dem Unfall nicht entrunnen / muß allererst von den Schneidern und Näherinnen zerschnitten und zerstochen werden.

Kommet er dann nach der Marter zu den Ehren / eilends beklagen sich die krancke gute Töchter / und allerley Gesinde / die wollen allesammt seiner nicht entbehren / da wird er zu Windeln / zu Pflastern / und zuletzt zu Arschwischen gemacht. Und so jederman vermeynet / es sey gar mit ihm aus / kömmt er doch nach aller Unehr herfür / doch nicht ohne Plagen der Wassermühlen / in derselben wird er zerschnitten /getreten / gestampffet / [510] erträncket und gehencket /Hoch und Nieder begehren alsdann seiner von neuen.

Er wird gehorsam dem Käyser und Hirten / zu Lande und auf dem Wasser / zu Nutz und Schaden /wie man ihn gebrauchen will.

Der Tod und Absterben geschicht ihm vom Feuer und Mäusen / die fressen ihn gar. Als muß der gute Flachs / und was seines Geschlechts ist / umkommen.

Den Nutz und Schaden dieses Krauts / Saamens und was davon kömmt / zu beschreiben / ist keinem Menschen möglich / dann ohne Zweiffel kein Kraut auf der Erden ist / das mehr gebraucht wird / als Flachs und Hanff. Von diesem Handel hat Plinius geschrieben in dem neunzehenden Buch am ersten Capitel.


FINIS III. CENTURIÆ.

Das vierdte Hundert nützlicher und lustiger Historien

1. Von Papiniano einem gewissenhafften Rechts-Gelehrten
1. Von Papiniano einem gewissenhafften Rechts-Gelehrten.

Die Rechts-Gelehrten und Advocaten haben insgemein einen bösen Nahmen / und werden insonderheit von dem gemeinen Pöbel geschmähet / daß sie das Recht beugen wie Wachs / und Unrecht aus Recht machen nach eigenem Gefallen. Daher es auch kömmt / daß man nunmehr das Sprichwort von den Rechts-Gelehrten gebrauchet: Juristen sind böse Christen. Diese und dergleichen Schmähworte werden ohne Maaß heut zu Tage von dem unverständigen Pöbel über die Rechts-verständige ohne Unterscheid ausgegossen. Aber diejenige / welche mit besserm Verstande begabet sind / wissen besser von solchen Leuten zu urtheilen / deren kein Land noch Stadt entbehren kan. Es kan zwar nicht geleugnet werden / daß viel Zungendrescher gefunden werden / welche das Recht verkehren: Aber es ist ferne davon / daß solche solten unter die wahren Rechts-Gelehrten zu zehlen seyn / daß sie auch vielmehr als Schandflecken von denselben verworffen werden. Es ist kein Acker / auf welchem nicht auch Unkraut wächset zwischen dem Weitzen / und kein Stand / darinnen nicht Böse unter den Guten gefunden werden: Keine [512] Kunst ist / deren sich nicht etliche Boßhaffte mißbrauchen; Aber sotyane Fehler etlicher Schandflecken der Kunst oder dem gantzen Orden zuzuschreiben / ist grösser beydes Vermessenheit und Thorheit / sintemal auf solche Weise keine Kunst / kein Stand würde zu finden seyn / der nicht zu verwerffen wäre. Wir könten zwar hier unzehliche Exempel anführen derjenigen Rechts-Gelehrten / welche ihr Gewissen besser betrachtet / und unrechte Sachen zu vertheidigen beständig abgeschlagen haben: Wir wollen aber Kürtze halber mit dem eintzigen Papiniano, einem rechten Muster und Vorgänger aller Rechtsverständigen / dißmal zufrieden seyn.

Es ließ der Käyser Caracalla seinen jungen Bruder Septimium Getam, welchen der Vater zum Gehülffen des Reichs in seinem Testament dem Caracalla zugeordnet hatte / tyrannischer Weise in seiner Mutter Armen umbringen / so daß die Mutter mit dem unschuldigen Blut gäntzlich besprützt ward. Auf daß sich nun Caracalla bey dem Volck etlicher massen von diesem begangenen Bruder-Mord entschuldigen möchte / hat er den Æmilium Papinianum, seinen Hof-Marschall / einen sehr verständigen Rechts-Gelehrten / vermahnet und geheissen / diese schändliche That aus den Rechten zu vertheidigen. Aber dieser fürtreffliche Mann wuste wol / daß solcher tyrannische Mord der Natur selbst und den beschriebenen Rechten zuwider war / schlug derhalben solch unbillich Begehren mit diesen sehr lieblichen Worten ab: Es ist nicht so leicht / O Käyser / einen Bruder-Mord beym dem Volck zu entschuldigen / als zu begehen. Diese des Papiniano Aufrichtigkeit verdroß den Tyrannen dergestalt / [513] daß er denselben so bald hieß enthaupten. Aber diesen Tod wolte der treffliche Mann lieber ausstehen / als offenbarlich gegen sein Gewissen handeln.

In allen Ständen werden Gute und Böse gefunden: Und heißt derwegen nach dem Sprichwort: Tollatur abusus & mansat usus. Man thue den Mißbrauch hinweg / und lasse den rechten Gebrauch bleiben.

2. Straffe eines ungerechten Advocaten
2. Straffe eines ungerechten Advocaten.

Gleichwie in der vorigen Historie von einem gar aufrichtigen Rechts-Gelehrten ist gehandelt worden / also wollen wir jetzo dem Leser ein sonderbar Exempel eines sehr arglistigen und betrüglichen Zungendreschers vor Augen stellen / damit andere so wol an dessen abscheulichen Falschheit / als auch empfangenen / wohlverdienten Straffe ein Exempel nehmen /und sich für so schändlichem Laster hüten.

Galeacius der Hertzog von Mäyland hatte unter seinen Unterthanen einen Advocaten / welcher bey ihm angetragen ward / daß er so listig und spitzfindig wäre / daß / wann er sich vornehme einem zu dienen /oder dem andern den Beutel zu leeren / er eine Sache so lang aufhalten könte / daß ein unendlicher Proceß daraus würde. Damit nun der Hertzog die Warheit selbsten möchte erfahren / hat er seinen Hofmarschall gefragt / ob er niemand wüste / der einem Bürger etwas schuldig wäre? Der Marschall antwortete: Er wäre selbst einem Becker hundert Pfund schuldig. Darauf machte der Hertzog / daß er vor Gericht gefordert ward / und als er erschien / den vorgemeldten Advocaten ersuchte / ob er nicht könte machen / daß die Zahlung eine Zeitlang aufgeschoben würde. Der Advocat war sobald [514] bereit / verhieß dem Marschall / er wolte verschaffen / daß der Becker in den ersten zweyen Jahren keinen Heller von der Schuld erhalten solte. In währendem Proceß aber ließ der Hertzog den Advocaten für sich fodern / und fragte ihn / ob es nicht möglich wäre / daß der Marschall durch seinen Beystand von Zahlung der 100. Pfund möchte befreyet werden? Welchem der Advocat antwortet: Innerhalb zweyen Jahren würde mans erfahren. Hierauf ist der Hertzog ergrimmet / hat den ungerechten Bösewicht hart bestrafft / daß er sich unterstehen dürffte /wissentlich und vorsetzlich gegen sein Gewissen eine ungerechte Sache zu vertheidigen / und den armen Becker um das Seinige zu bringen. Befahl hierauf seinen umherstehenden Trabanten / diesen Zungendrescher zu greiffen / an den Galgen zu hencken / und in Stücken zu zerreissen / damit er den gemeinen Nutzen nicht weiter vergiffte und verderbe. Welches Urtheil auch so bald vom Rath gebilliget und exequiret worden ist.

Grosse Verbrechen verdienen grosse Straffen. Wer vorsetzlich wider sein Gewissen / und da er den Willen des HErrn weiß / sündiget / der hat doppelte Streiche verdienet.

3. Dioxippus ein nacketer Fechter kämpffet mit einem gewaffneten Macedonier
3. Dioxippus ein nacketer Fechter kämpffet mit einem gewaffneten Macedonier.

Der grosse Alexander hatte an seinem Hofe zwey geübte Fechter / deren der eine hieß Corthagus, oder /wie ihn Curtius im 9. Buch nennet / Horatas, ein Macedonischer vom Adel / der ander Dioxippus ein gemeiner Fechter von Athen bürtig. Diese beyde konten sich nicht wol mit einander vertragen / forderten derwegen einander auf Verwilligung des Königs [515] zum Kampff aus: Horatas kam mit Harnisch und Waffen zierlich angethan auf den Platz / dem begegnete Dioxippus gantz nackend / mit Oele über den gantzen Leib beschmieret / nichts / als eine höltzerne Keile in der Hand habend. Die Macedonier hiengen dem Horatas an / dem Dioxippo aber die andere Griechen. Der Kampff gieng an / und ward Horatas vom Dioxippo überwunden / welcher ihn seiner Waffen beraubte / zur Erden schlug / auch mit der Keile erschlagen hätte / wann nicht der König ihm zugeruffen hätte / daß er sein schonen solte. Aber so wol der König /als auch die übrige Macedonier mißgönneten demDioxippo die Ehre / hasseten ihn wegen dieser Tapfferkeit / und trachteten darnach / wie sie ihm möchten einen Schimpff beweisen / und die erlangte Ehre wieder abschneiden: Darauf raubeten etliche heimlich einen güldenen Becher von des Königs Tische / und überredeten den König / Dioxippus hätte ihn gestohlen: Welches ihnen Alexander leichtlich glaubete /und den Dioxippum vor einen Dieb erklärete: Diesem aber that solche Schmach so wehe / daß er sich selbsten umbrachte.


Da heists: Invidia virtutem, ut umbra corpus sequitur. Der Neid folget der Tugend / wie der Schatten dem Leibe / auf dem Fusse nach.

4. Königs Philippi Antwort die er einem Bettler gegeben
4. Königs Philippi Antwort die er einem Bettler gegeben.

Philippo, dem Könige in Franckreich / begegnete einsmals ein Bettler / welcher eine reiche Gabe von ihm begehrte / aus der Ursachen / weil der König sein / des Bettlers / Bruder wäre. Der König lachte hierüber / und fragte den Bettler / wie das seyn könne /und von was vor einem Vater er gebohren wäre? Der[516] Bettler antwortete: Er sey gebohren von Adam / welcher unser aller Vater ist. Der König befahl hierauf seinem Kämmerling / dem Bettler einen Heller zu reichen; Wie aber der Bettler sich beklagte / daß solches ein Königlich Geschencke wäre / hat der König geantwortet: Wann er allen seinen Adamitischen Brüdern so viel geben solte / müste er das Königreich verkauffen / und würde doch wenig oder gar nichts übrig behalten: Er solte hingehen / und einem jeglichen Bruder sich so viel geben lassen / so würde sein Beutel voll genug werden.


Nicht einem jeden Narren gehen seine Possen an. Grossen Herren ists löblich / wann sie mit kluger Vernunfft gezieret seyn.

5. Herberge-Recht bey den alten Römern
5. Herberge-Recht bey den alten Römern.

Die Römer haben vorzeiten nicht allein fremde Gäste gerne beherberget / sondern sich auch denselben jederzeit so verbunden zu seyn erachtet / daß sie sich keine / wiewol billiche und erhebliche Ursach / bewegen lassen / etwas feindseliges gegen ihre gewesene Gäste zu verüben. Dessen haben wir ein trefflich Exempel an Tito Quintio Crispino einem Römer / bey welchem einsmahl ein Campanier Nahmens Badias herbergte / vom Crispino auch sehr wol tractiret ward. Als aber die Campanier von den Römern nachmals abfielen / und deßwegen von ihnen mit Krieg angegriffen wurden / trat Badias für der Römer Wagenburg / und ließ Crispinum zu sich heraus ruffen / mit Vorgeben / er hätte etwas heimliches mit ihm zu reden. Crispinus meynete / er würde als sein alter Gast / der empfangenen Wohlthaten eingedenck / ein freundlich Gespräch mit ihm halten / da fieng Badias [517] an zu trotzen / und zu schmähen / und forderte den Römer heraus zum Kampff. Crispinus weigerte sich /mit Anzeigung / daß solches dem Herberg-Recht /damit sie verbunden wären / zuwider lieffe. Darauf ward der Campanier frecher / schalt Crispinum vor einen verzagten Kerl / der das Hertz nicht hätte / seinem Feinde zuwider stehen. Crispinus berieff sich abermals auf das Herberg-Recht / welchem solches zuwider wäre. Badias aber häuffete die Schmähworte dermassen / daß auch des Crispini Gesellen ihm zuschryen / er solte seine Ehre retten / und mit dem Campanier / als seinem offenbahren Feinde / kämpffen. Hierauf gieng Crispinus zum Bürgermeister / erzehlete demselben allen Handel / und bat um Erlaubniß / mit dem verwegenen Campanier zu kämpffen /mit dem Bedinge / daß solches ihme als eine Ubertretung des Herberg-Rechts nicht zugerechnet würde: Welches er auch erhalten / den Kampff angetreten /Badiam überwunden / und ihm seine Vermessenheit bezahlet hat.


Undanckbarkeit übertrifft und begreifft alle Laster /nach dem Sprichwort: Ingratum si dixeris omnia vitia dixeris.

6. Wie Teberius die Sterngucker - und insbesonderheit Thrasullum, versucht
6. Wie Teberius die Sterngucker / und insbesonderheit Thrasullum, versucht.

Wann der Käyser Tiberius die Sterngucker von zukünfftigen Dingen um Rath fragte / führete er sie auf einen hohen Thurn / der nahe am Meer lag / und nahm niemand mit sich / als nur einen starcken unverständigen Knecht. Wann nun der Sterngucker den Lauff der Sterne gnugsam beschauet / muste er zuvor herunter steigen / und folgete ihm der Knecht auf dem Fuß nach. Im Heruntersteigen aber muste er seine Meynung sagen über dem / worüber er [518] gefraget ward. Was nun dem Käyser bedünckte / daß der Sterngucker entweder aus Unwissenheit / oder aus Schmeicheley der Wahrheit verfehlete / so befahl er dem dazu verordneten Knecht / daß er den Astronomum vom Thurn hinab in das Meer stürtzete. Auf eine Zeit führte Tiberius den Thrasullum, seinen Lehrmeister in dieser Kunst / auch auf diesen Thurn: Wie sie nun wieder herunter stiegen / und Thrasullus dem Käyser / worüber er ihn fragte / antwortete: Sagte Tiberius endlich: Thrasulle, weist du auch / wann du gebohren /wie alt du seyest / und was dir an gegenwärtigem Tage begegnen wird: Thrasullus sahe an das Gestirn /fieng an betrübt zu werden / und sprach: Ich sehe aus dem Lauff der Sterne / daß es schlecht stehe um meine Sache / und daß dieser bey nahe der letzte Tag meines Lebens seyn werde. Da umfieng ihn Tiberius, rühmete seine Wissenschafft / und trauete dem allein / was ihm Thrasullus verkündigte / und hielt ihn hernach allezeit in grossen Ehren.


Schmeicheley und Falschheit ist grossen Herren nicht allezeit angenehm. Wissenschafft hat viele vom Tode errettet.

7. Muthige Antwort eines See-Räubers dem Alexandro Magno gegeben
7. Muthige Antwort eines See-Räubers demAlexandro Magno gegeben.

Es wurde von des grossen Alexanders Soldaten auf eine Zeit ein See-Räuber gefangen / und für den König geführet. Als ihn nun Alexander fragte: Warum er sich habe unterstehen dürffen / das Meer unruhig und unsicher zu machen / und durch sein Rauben fremde Güter mit Unrecht an sich zu ziehen? Der Räuber aber gedachte / er hätte doch den Tod zu erwarten / antwortete er dem König mit [519] freudigem und kühnem Gemüth / und sprach: Weil ich / O König! nur ein eintziges Raubschiff habe gehabt / so habe ich gar leicht von mehrern können überwunden und gefangen vor dich gestellt werden. Du aber / weil du mächtig bist / gehest frey durch / und raubest nicht allein zu Wasser / sondern auch zu Lande / und wirst noch darzu mit eines Königes Nahmen verehret. Wann man derhalben die Sache genauer besiehet / so bist du ein grösserer Räuber / als ich: Dann mich hat meine Armuth und Noth darzu getrieben / daß ich mit Rauben mein Brodt habe suchen müssen; Dich aber /als der du aller Dinge Uberfluß und keine Noth hast /hat dein unersättlicher Geitz und Hochmuth dazu getrieben / daß du gantze Lande und Völcker beraubest. Ist derowegen zwischen uns kein ander Unterscheid /als daß ich ein armer / du aber ein reicher und gewaltiger Räuber bist. Darum werde ich wegen meiner Armuth ein See-Räuber gescholten und zum Tode verdammt. Du aber gehest wegen deiner Macht frey durch / und müssen sich alle Völcker für dir fürchten /ehren dich dazu mit dem Königlichen Titul / und ist niemand der deine Rauberey straffen könne. Uber diese behertzte Rede hat sich Alexander höchlich verwundert / und ob er sich schon vorher vorgesetzt hatte / ihn mit dem Tode zu straffen / hat er ihn doch um solcher Kühnheit willen wieder zu Gnaden angenommen / und ihm das Leben geschencket.


Kleinen Dieben leget man eiserne Ketten an / die Grossen aber prangen mit güldenen. Dat veniam corvis, vexat censura columbas: Gewalt gehet offtmal vor Recht. Die Warheit errettet manchem das Leben / ob sie schon insgemein Haß erwecket.

8. Augustus strafft seine Tochter - daß sie ihr die grauen Haar ausrupffen lässet
8. Augustus strafft seine Tochter / daß sie ihr die grauen Haar ausrupffen lässet.

[520] Julia Käysers Augusti unartige Töchter fieng in der besten Blüt ihres Alters an grau zu werden / daher sie sich die grauen Haare / so offt sie gekämmet und gezieret ward / ausziehen ließ. Nun kam der Vater einsmals darzu / und fand ihre Magd bey ihr benebens den Haaren / welche sie ihr ausgeraufft. Augustus stellete sich anfangs / als wann ers nicht merckte / redete mit der Julia von anderen Sachen / kam aber endlich auf das Alter der Menschen / und fragte seine Tochter? Ob sie nach etlichen Jahren lieber wolle kahl oder grau seyn? Die Tochter antwortet: Viel lieber / Herr Vater / wolt ich grau / als kahl seyn / weil das Alter ingemein auch andere Leute gelbe oder schwartze Haar weiß und grau machet: Aber ein kahler Schädel verstellet den Menschen hefftig / und wird an wenigen befunden / welche die Natur vor andern heßlich gemacht hat. Da antwortet Augustus: Ey Julia, warum machest du dich dann vor der Zeit mit Fleiß kahl /damit du nur nicht grau werden mögest? Wie diß Gespräch Augusti und seiner Tochter von Macrobio beschrieben ist.


Die Natur ist unterschieden bey den Menschen. Graue Haar seynd eine Zierde des Alters. Der thut thöricht / wel cher der Natur mit Schaden widerstehet.

9. Thales weiset den Soloni die Beschwerlichkeiten des Ehestands
9. Thales weiset den Soloni die Beschwerlichkeiten des Ehestands.

So wol das einsame Leben / als der Ehestand haben ihre Beschwernissen. Bleibet einer unverheyrathet / so hat er keine rechte Treue und Gehülffen / keine Kinder noch Erben / oder Nahmens- und Geschlechts-Fortpflantzer / sondern muß Fremden sein Gut hinterlassen. Freyet einer / und nimmt ein [521] Weib / so ist da allerhand Sorge und Widerwärtigkeit: Bald zanckt die Frau / bald sehen die Schwäger und Freunde sauer /bald entlaufft der Knecht / die Magd / und was dergleichen Widerwärtigkeiten mehr sind. Daher Socrates nicht unbillich einem Jünglinge / welcher ihn gefraget / ob er freyen solte oder nicht? geantwortet hat: Du magst thun was du wilst / so wird es dich doch gereuen. Unter andern Sorgen aber / welche im Ehestande vorfallen / ist nicht die geringste / wann Eltern ihre liebe Kinder verliehren / wohin dann zielet / wasPlutarchus erzehlet / welches sich also verhält. Solon reisete von Athen nach Mileto / und besuchte denThaletem, wie er nun sahe / daß dieser in der Einsamkeit und ohne Weib lebte / sprach er: Wie kömmts doch / mein lieber Freund / daß du dich nicht verheyrathest? Es solte dich zum Ehestande / wo nichts anders / doch dieses bewegen / daß du Kinder und Lei bes-Erben hinterlassen möchtest. Thales schwieg still / verordnete aber nach etlichen Tagen einen fremden unbekanten Mann / welcher vorgeben solte / er käme von Athen / und wäre vor wenig Tagen allererst von dar abgereiset. Wie Solon solches hörete / fragte er denselben / was doch zu Athen neues fürgefallen wäre? Dieser / vom Thalete zuvor unterrichtet / antwortete Soloni: Er hätte nichts neues / ohne daß daselbst eines vornehmen Manns / welchen die gantze Stadt hoch hielte / einiger Sohn gestorben wäre.Solon erschrack hierüber / befürchtende / es möchte sein einiger Sohn seyn: Fragte derwegen weiter: Ob der Fremde nicht wüste wie der Mann hiesse / dessen Sohn gestorben wäre? Der ander sagte / er hiesseSolon. Da bestürtzte Solon dermassen / daß ihn Thales kaum trösten konte / welcher [522] ihm endlich offenbahrte / daß es eine erdichtete Sache wäre / und daß er (Thales) dem Soloni die Sorge des Ehestandes hierdurch hätte andeuten wollen.


Ein jeder Stand hat seine Beschwernissen. Der ist weise / welcher sich in Widerwärtigkeit mäßigen / und die Gedult üben kan.

10. Kluge That und Rede Alamanduri
10. Kluge That und Rede Alamanduri.

Alamandurus ist gewesen ein Monarch der Saracenen, und hat gelebet um das Jahr Christi 493. derselbe / ob er schon Anfangs die Christen aufs hefftigste verfolgete / so ward er doch endlich durch ihre beständige Frömmigkeit bewogen / daß er den Christlichen Glauben annahm. Weil aber eben zu dieser Zeit derEutyches seinen ketzerischen Saamen ausgesäet hatte / und lehrete / daß Christus nur eine Natur hätte /nemlich die Göttliche / in welche die Menschliche sey verwandelt worden / mit welcher Ketzerey viel Kirchen und Völcker verunreiniget wurden / daß auch der Käyser Anastasius und der Patriarch zu Constantinopel derselben beyfielen: So ist dieser Alamandurus von den Eutychianern hefftig angefochten worden. Dann als der Patriarch hörete / daß er den Christlichen Glauben angenommen hätte / hat er etliche hingesand / welche ihm den Eutychianischen Irrthum beybringen solten: Wie nun dieselbe ihm allezeit vorsagten / daß Christus nur eine Natur hätte / auch nach derselben gestorben wäre. Siehe / da stellete sich Alamandurus auf eine Zeit sehr traurig / wie er aber von den Eutychianern um die Ursach solcher Traurigkeit befraget ward / antwortet er ihnen: Er habe vernommen / der Engel Michael sey gestorben / das bekümmert ihn hefftig; Jene aber / als sie dieses wolten wiederlegen / vor gebende / [523] daß es nur ein falsch erdichtetes Ding / weil ein Engel / als ein Geist / nicht sterben könne / hat er hinwieder geantwortet und gefraget: Wie dann Christus habe sterben können / da er doch nach ihrer Meynung allein eine geistliche Natur gehabt habe? Vorauf diese Ketzer schamroth worden /und den König hinführo unangefochten liessen.


Einem Fürsten stehet die Klugheit sehr wohl an. Ketzer haben allezeit die höchsten Häupter verführet / und sehr groß Ubel gestifftet. Kan die Seele des Menschen /als ein geistlich Wesen / von denen / die den Leib tödten /nicht getödtet werden / wie viel weniger die unendliche Weißheit.

11. Kriegs-Zucht der alten Römer - und Exempel Titi Manlii Torquati
11. Kriegs-Zucht der alten Römer / und Exempel Titi Manlii Torquati.

So wenig ein Regiment ohne Gesetz bestehen kan /eben so wenig können auch Kriege ohne dieselbe geführet werden. Das haben wol gewust die alten Römer / welche daher die Kriegs-Disciplin scharff und fest gehalten / ohne Ansehen der Person.

Ein vornehm Exempel dessen finden wir an Tito Manlio Torquato, welchen die Römer zum Hauptmann erwehlet hatten wider die Lateiner. Dieser machte etliche Kriegs-Gesetze / unter welchen auch dieses war / daß niemand gegen die Feinde etwas ohne Bewilligung des Hauptmanns vornehmen solte. Es begab sich aber / daß dieser Manlius auf eine Zeit seinen Sohn gleiches Nahmens ausschickte / des Feindes Lager zu erkundigen. Deme begegnete Geminius Metius ein trefflicher Held der Lateiner / und hielt anfangs ein freundlich Gespräch mit Manlio. Aber wie es zwischen feindseligen Gemüthern zu gehen pfleget / also kam es auch hier durch schmähliche Worte so[524] weit / daß Geminius den jungen Manlium zum Kampff ausforderte. Manlius, als ein junger hurtiger Soldat / hielte sichs für eine Schande / solchen Kampff abzuschlagen. Ward also der Kampff angegangen / und der Lateiner vom Manlio erschlagen. Darauf tritt dieser mit Freuden wieder zum Lager / eylete zum Vater / erzehlete ihm allen Handel / und wie er den Vornehmsten der Lateinischen Obristen überwunden hätte. Der Vater aber stieß den Sohn von sich / verfluchte seinen frechen Ungehorsam / dadurch er die Kriegs-Gesetze muthwillig übertreten hätte: Ließ darauf den Scharffrichter beruffen / und dem Sohne den Kopff abschlagen / mit Anzeige / er wolle lieber seines Sohns / als des Kriegs-Ordnung und deren Observanz entrathen. Es ist aber Manlius um dieser so grausamen That halber sein Lebtage / insonderheit bey den jungen Römern / verhaßt gewesen.

Kriegs-Disciplin ist so nöthig im Kriege / als die Waffen: Aber allzuscharff macht Scharten / nach dem Sprichwort: Accus nimium intensus facile rumpitur.

12. Pausanias rächet sich an Philippo
12. Pausanias rächet sich an Philippo.

Pausanias ein hurtiger Macedonischer Jüngling /ward von einem / Nahmens Attalus, zur Unkeuschheit genöthiget / welches ihn dann hefftig verdroß / gieng derhalben zu Philippo, dem Könige in Macedonien /und klagte demselben seine Noth / bittende / daß erAttalum deßwegen gebührlich straffen wolte. Philippus verlachte den guten Jüngling noch dazu / meynete / er thäte thöricht / daß er über so eine geringe Sache so zornig wäre. Der Jüngling / welchem die Schmach sehr wehe that / war darauf bedacht / wie er sich anPhilippo rächen möchte / weil er doch dem Attalo [525] mit Fuge nicht könte schaden. Unterdessen begiebt sichs /daß Philippus seine Tochter Cleopatram dem Alexandro der Epiroter Könige vermählete / und eine treffliche Hochzeit hielte. Da suchte Pausanias Gelegenheit / verbarg sich in einen dunckeln Winckel /und als Philippus nichts dergleichen besorgend / ohne einige Trabanten denselben Weg gieng / durchstach ihn Pausanias, daß er todt zur Erden niederfiel / und also die hochzeitliche Freude mit einem traurigen Ausgang beschlossen ward.


Obrigkeiten sollen sich fürsehen / daß sie den Beleidigten Recht wiederfahren lassen / damit es ihnen nicht gehe / wie Philippo.

13. Popilii und Antiochi Unterredung
13. Popilii und Antiochi Unterredung.

Antiochus König in Syrien führete Kriegs-Volck in Egypten / und wolte den Kindern des Ptolomæi das Reich abdringen / und das unter seine Gewalt bringen. Es hatte aber der Ptolomæus in seinem Testament den Rath zu Rom zu Vormündern seiner unmündigen Kinder verordnet / derwegen die Römer / als sie von Antiochi Vornehmen hörten / den Popilium als ihren Gesandten zu denselben schickten / ihn von diesem unrechtfertigen Beginnen abzumahnen. Antiochus hatte für diesem grosse Freundschafft zu Rom mit Popilio gepflogen / grüssete ihn derhalben freundlich / und both ihm die Hand: Popilius aber sahe sauer / sagte: Es sey nun keine Zeit / der Privat-Freundschafft zu gedencken / man müsse derselben die Sachen des gemeinen Bestens vorziehen: Uberreichte ihm darneben die Brieffe des Römischen Raths. Als solche Antiochus gelesen / sagte er: Er wolte sich darauf bedencken / und dem Rath zu Rom mit ehstem [526] antworten. Popilius machte mit seinem Stabe einen Circul in den Sand um den König her /und sprach: Du must dich erklären / was du thun wollest / ehe dann du aus diesem Circul gehest. Antiochus furchte sich für der Römer Gewalt / und verhießPopilio Egyptenland so bald zu verlassen. Also schieden die beyde in Freundschafft wieder von einander /wiewohl es nachmahls Antiochum gar sehr gereuete: Und ob er schon dißmal sein Kriegsheer aus Egypten abgeführet / hat er dennoch hernach dasselbe Land aufs neue bekrieget / aber zu seinem eigenen Verderben.


Privat-Händeln muß man allezeit die Sachen des allgemeinen Nutzens vorziehen / unnöthige Händel bringen manchen in grossen Schaden / wie dem Antiocho endlich wiederfahren.

14. Fabritius ein unbeweglicher aufrichtiger Römer
14. Fabritius ein unbeweglicher aufrichtiger Römer.

Von diesem seynd die Römische Historien alle voll /sonderlich aber ist er berühmt seiner Standhafftigkeit und Aufrichtigkeit halber / daß er sich durch kein Ding von der Treue / damit er den Römern verbunden / hat abwendig machen lassen. König Pyrrhus, welcher gegen die Römer Krieg führte / versuchte es mit ihm auf mancherley Art / dafür haltende / wann er Fabritium nur auf seine Seite bringen könte / so wolte er bald der Römer Herr werden. Erstlich / weil besagterFabritius sehr arm war / stellete ihm Pyrrhus nach mit Golde / und both ihm ansehnliche Geschencke an / welche sonst auch die Allerweisesten / insonderheit Dürfftige bethören können. Aber Fabritius schlug solche / sagte: Es wäre der Römer Art / daß sie viel lieber herrschen über diejenige / welche Gold haben /als [527] daß sie selbst Gold besässen. Hierauf brauchtePyrrhus eine andere Weise: Befahl / man solte einen ungeheuren Elephanten / hinter den Teppich stellen /und wann er mit Fabritio redete / die Decke wegthun / in Hoffnung dem Mann einen Schrecken dadurch einzujagen / daß er Pyrrho willfahren müste: Denn es hatten die Römer nie Elephanten in ihrem Lande gesehen / und war Pyrrhus der erste / welcher sie herein brachte. Aber Fabritius ist eben so wenig dißmahl als zuvor durchs Gold bewogen worden. Dann obschon dieses alles zu Werck gerichtet ward / auch der Elephant den Fabritium mit seinem Rüssel über den Kopffschluge / auch greulich darneben brüllete; Achtete doch solches Fabritius weniger als nichts / sondern lächelte / und sprach: Es hat wich weder dein gestriges Gold / noch diß scheußliche Thier anjetzo bewegen können / daß ich zu dir fallen solte. Letztlich both ihm Pyrrhus an / er solte nach getroffenem Frieden mit dem Römern (welchen zu erlangen er sich bemühen wolte) mit ihm ziehen / verhieß ihm die oberste Stelle unter seinen Dienern. Darauf antwortete Fabritius: Das wäre / O König / nicht nützlich vor dich: Denn diejenige / so dich jetzo für ihren König halten /würden mich annehmen / wann sie mein Gemüth recht kennen gelernet.


Geschencke bethören auch viel kluge Leute / aber Treue und Anrichtigkeit erweckt einen unsterblichen Ruhm.

15. Des weisen Mannes Platonis Eltern - Geburt und Thaten
15. Des weisen Mannes Platonis Eltern / Geburt und Thaten.

Der berühmte Philosophus Plato ist gebohren zu Athen in Griechenland / im vierdten Jahr der 53steOlympiadis, das ist im Jahr der [528] Welt 3618. Sein Vater war Aristo, aus dem Geschlecht Codri des letzten Königs zu Athen. Seine Mutter hieß Perictione, deren Geschlecht hergeleitet ward vom Solone, einem unter den sieben Weisen in Griechenland. Die Beschaffenheit des Himmels / als er gebohren ward / ist eine solche gewesen / daß die Sterngucker nicht anders vermeynet haben / als daß ein sehr beredter und sinnreicher Mann aus ihm werden solle. Man schreibt / wie er noch in der Wiegen gelegen / haben ihm die Bienen Honig in den Mund getragen / woraus kluge Leute alsbald geschlossen / daß er dermaleins würde ein sehr lieblicher Redner werden. Als er 21. Jahr alt war / hat ihn sein Vater dem Socrati zu unterweisen anvertrauet: Und wird erzehlet / daß Socrates die vorige Nacht einen Traum gehabt / als wann ein junger Schwan in seinem Schoosse habe Federn bekommen /welcher auch / so bald ihme die Federn ein wenig gewachsen / sey in die Höhe geflogen / und habe angefangen lieblich zu singen. Und wie hierauf des Platonis Vater dem Socrati seinen Sohn zugeführet / habe Socrates gesagt: Dieser sey eben der Schwan / welcher ihm im Schlaafe vorkommen. Nach Socratis Tode hat er sich zu Cratylo, so des Heracliti Zuhörer gewesen / und zum Hermogene des Parmenidis Nachfolger gesellet. Darnach ist er verreiset / und hat zu Megara den Euclidem, zu Cyrene den Theodorum, beyde Mathematicos, zu Tarento in Italien denArchitam, zu Locris den Timæum, zu Crotona denPhilolaum, die Pythagorische Philosophos gehöret. Nach diesem hat er sich in Egypten begeben / und den Egyptischen Priestern und Weissagern zugehört / und hält Augustinus wie auch andere Altväter dafür / daß er daselbst auch in der [529] Heil. Schrifft des A. Tstam. sey unterrichtet worden / angesehen / daß viele Dinge in des Platonis Schrifften gefunden werden / welche mit der H. Schrifft des A.T. gar schön übereinkommen / dergleichen bey keinem andern Philosopho gelesen werden. Daher auch etliche auf die Meynung kommen sind / als wann Plato zu Jeremiä Zeiten in Egpten gelebet / und von demselben Propheten unterwiesen sey. Weil aber die Vergleichung und Zusammenrechnung der Zeit hiermit nicht übereinstimmet /so ist dieser Mynung wenig zu trauen. Er hatte sich auch vorgesetzt die Magos in Persien / und Gymnosophisten in Indien zu besuchen / wo ihn nicht die Asiatischen Krige verhindert hätten. Er hat dreymal in verschiedenen Kriegen gesieget. Zum dritten mal ist er in Sicilien gereiset. Das erste mal den mit Feuerbrennenden Berg Ætnam, und Gelegenheit der Insel zu besehen. Das andermal / auf Bitte des Dionysii Königs derselben Insul / um denselben durch Rath und heilsame Lehre dahin zu bewegen / daß er ein löblich Regiment daselbst führen möchte. Das drittemal / den vertriebenen Dionem wieder mit dem Dionysio zu versöhnen / welche beyde letztere Vornehmen er doch nicht erhalten hat. Als er nun zu Athen anfieng zu lehren / hat er nicht allein viel Zuhörer bekommen / sondern auch den Ort so berühmt gemacht / daß / da zuvor die Griechen in fremden Landen die Weißheit suchen und lernen musten / nach Platonis Zeiten alle Welt um Weisheit zu lernen / gen Athen gleichsam zusammen geflogen ist. Er war so ein lieblicher und gewaltiger Redner / daß Cicero auch an einem Orte schreibet: Wann der Gott Jupiter hätte wollen mit Menschen-Zungen reden / würde er sich keiner / als des Platonis wohlredender [530] Zungen gebraucht haben. Daher hat der Mann ein solch Ansehen erlanget / daß wie auf eine Zeit einer eine Tragœdiam hersagte /deren der eintzige Plato zuhörte / und ein ander sagte: Es wäre dem Oratori schimpfflich / nicht mehr als nur einen Zuhörer zu haben / hat er geantwortet: Dieser eintzige ist höher zu achten / als alle Athenienser. Und mercklich ists / was Cicero sagt an einem andern Orte: Er wolle lieber mit Platone irren / als mit an dern der Warheit beystimmen. Was anlangt seine Person / ist er sehr schön und starck von Leibe gewesen /also / daß er auch von seinen breiten Schultern / grossem Gesichte / und des gantzen Leibs Grösse den Nahmen bekommen / daß man ihn Plato genennet hat / da er zuvor Aristocles hieß. Es ist kein Fehl an ihm gewesen / ohne daß er eine kleine und heissere Sprache / wie auch einen kleinen Buckel oder Hocker auf dem Rücken gehabt.


In der Jugend erscheinet bald / was aus einem werden wil / nach dem Sprichwort: Urit mature, quod vult unica manere. Geschicklichkeit erweckt einen unsterblichen Nahmen / und groß Ansehen bey jederman / jedoch muß alles menschliche Ansehen der Warheit weichen / und wird derhalben nicht unbillich dem Spruch Ciceronis entgegen gesetzt jenes gelehrten Spruch: Amicus Socratis, Amicus Plato, amicus Philosophus (Aristoteles) sed magis amicu veritas.

16. Platonis Lebens-Wandel und Tod
16. Platonis Lebens-Wandel und Tod.

Nachdem wir von der Geburt / Auferziehung / Geschicklichkeit und Person des weisen Philosophi Platonis in voriger Historie geredt haben / so als billich /daß wir diese Materie fortsetzen / und von seinem Lebens-Wandel und Ende auch etwas melden: Er hat geführet gar ein fromm eingezogen Leben / aß täglich nur ein oder zum höchsten zweymal / schlieff gantz allein / und brachte sein Leben eheloß zu. Damit [531] er aber die fleischliche Begierden destomehr bezähmete und der Philosophie abwarten könte / hat er erwehlet einen Ort / Nahmens Academia, welcher nicht allein fern von Athen in einem Walde entlegen / sondern auch gar ungesund war / auf daß er durch stetige Kranckheiten die Ungestümmigkeit der Lüste bezämen / und seine Schüler keine andere Wollust empfinden möchten / als deren Dinge / welche sie lerneten. Er ist sonst auch eines standhafftigen Gemüths / tapffer und gutthätig gewesen gegen seine Freunde. Dann wie der tapfere Kriegs-Held Cabrias von seinem geschwornen Feinde dem Crobylo auf Leib und Leben angeklagt / und von allen andern Mitbürgern in seiner Noth verlassen ward / ist dennoch Plato allezeit beständig bey ihm verblieben / und ihm Hülffe und Beystand geleistet. Und obschon der Verleumder Crobylus ihn von seinem Fürnehmen vermeynte abzuschrecken / ihm dräuete und sprach: Kömmstu noch / und wilt andern beystehen / da doch des Socratis Gifft auch dir bereitet ist / hat ihm Plato mit unerschrockenem Gemüthe geantwortet: Höre Crobyle wie ich stritte vor das Heil meines Vaterlandes / nahm ich gern und willig die Gefahr des Lebens auf mich: Nur ich aber wache für die Ehre und Wolfahrt meines Freundes / solst du mich weder mit Dräuworten / noch mit dem Schwerdt und Gifft davon abschrecken. Wie er andere Leute gelehret mit Worten / das hat er selbst mit der That in acht genommen. Dann ob er schon so wol wegen seines erblichen Rechtens / als auch der Bürger Gunst leichtlich hätte das Regiment zu Athen bekommen können / hat er doch solche Würde allezeit abgeschlagen und verachtet. Seine Güter / welcher viel waren / hat er nicht geachtet / sondern seinen Reichthum [532] und väterlich Erbe seinen Brüdern ausgetheilet. Er war ein Unterweiser und angenehmer Freund der Könige / Fürsten und anderer fürnehmen Personen / aber Geld / als ein nichtiges Ding / nahm er nicht von ihnen / daher der König Dionysius zu sagen pflegete: Aristippus fordert allezeit Geld / Plato aber begehre immerzu Bücher. Seine Gottesfurcht ist auch billich zu rühmen / sintemal er in allen seinem Thun den Anfang mit GOtt und zu GOtt machte. Insonderheit pflegte er seinem GOtt für dreyerley Dinge zu dancken: Nemlich daß er (1.) ein vernünfftiger Mensch / (2.) zu Athen / und (3.) zu Zeiten Socratis gebohren wäre. Wie er nun biß in sein hohes Alter in solchen Tugenden verharret / und nunmehr das 81. Jahr erreichet hatte / ist er sanfftiglich unter dem Schreiben / wie Cicero erzehlet / oder wie andere wollen / auf einer Gasterey mitten unter dem Gespräch gestorben.


Es stehet wohl / wann Lehr und Leben zusammen stimmet. Auf ein gut Leben folget gemeiniglich ein guter Tod / nach dem Sprichwort: Non potest male mori, qui bene vixit.

17. Kluge Reden und Schrifften Platonis
17. Kluge Reden und Schrifften Platonis.

Aller guten Dinge sind drey / wie man im gemeinen Sprichwort zu sagen pflegt: Weil wir dann zwey Historien von dem weisen Platone, und dessen Geburt /Person / Leben und Tod erzehlet haben / so wirds nicht unnützlich seyn / wann wir auch die dritte von seinem nachdencklichen Reden und Schrifften hinzusetzen. Er pflegte zu sagen / daß die Erkäntniß GOttes die rechte Weißheit und wahre Tugend wäre. Nur einen GOtt und Schöpffer aller Dinge hat er erkannt und gesagt: Man müste das Zeitliche hindan setzen /und allein nach dem Ewigen trachten. Ja so heilsame Lehren hat er geführet von GOtt / [533] Erschaffung der Welt und höchstem Ente / daß er der Meynung der Christen gar nahe kommen / und auch viele daher dafür gehalten haben / daß er solche Sprüche und Meynungen aus dem A. Testament geschöpffet habe. Er hatte zween Lehrjünger von gar unterschiedener Natur / nemlich Aristotelem und Xenocratem, deren dieser gar langsam und eines schwachen Verstandes /jener aber sehr hurtig und lehrsam war / daher pflegete er zu sagen: Er habe ein Pferd / welches des Zaums / und einen Esel / so Sporen bedürfftig wäre / zusammen gebracht Wann er einen Verliebten sahe / sprach er: Dieser ist ihm selbst erstorben / und lebt in eines andern Leibe. Wie sich viele seiner Zuhörer verwunderten / daß Xenocrates, welcher sonst allezeit sauer sahe einsmals etwas lächerliches fürbrachte / sprachPlato: Was Wunder ists / daß unter den Dornen auch bißweilen Lilien herfür wachsen? Zu seinen Zuhörern pflegete er offt zu sagen: Liebet vielmehr die Arbeit /als den Müßiggang / es sey dann / daß ihr meynet /daß der Rost dem Glantze vorzuziehen sey. Wenn er sie wolte zu einem tugendhafften Leben anmahnen /sprach er: Sie solten die gantz widerwärtige Eigenschafften der Tugenden und der Laster wol betrachten. Dann auf der Wollüste kurtze Süßigkeit folge ein ewiger Schmertz. Aber auf der Tugend kurtze Arbeit und geringen Schweiß / erfolge eine beständige Ergetzligkeit. Den Trunckenen und Zornigen hat er gerathen /daß sie solten in den Spigel sehen / so würden sie sich für demselben Laster ins künfftige hüten. Er sagte auch es wäre einem verständigen Menschen nichts lieber dann die Warheit hören und reden / sintemahl nichts bessers und köstlichers sey / dann die Warheit. Wie [534] ihn etliche fragten: Was für Güter sie ihren Kindern fürnemlich solten sammlen? Antwortet er: Solche / welche keine Gefahr / Ungewitter / noch Gewalt der Menschen fürchten / ja welche den Gott Jupiter selbst nicht scheuen. Als ein ander fragte: Was für ein Unterscheid wäre zwischen einem Erfahrnen und Unerfahrnen / oder zwischen einem Gelehrten und Ungelehrten? Sprach er: Eben so ein grosser Unterscheid ist unter ihnen / als zwischen einem Krancken und Artzte. Einem Fürsten / sagte er / ist die Klugheit eben so nöthig und nützlich / als dem Leibe die Seele. Aber es würde gar zu lang fallen / alle seine kluge Sprüche zu erzehlen. Es seynd dieselben häuffig zu finden in seinen hinterlassenen Schrifften / welche berühmt seyn unter den Gelehrten. Er hat geschrieben ein Buch von der Heiligkeit / von der Seelen Unsterblichkeit / von der Wissenschafft / vom Wesen / vom Königreich / von der Liebe / von der Schönheit / von der Weisheit / von der Mäßigkeit / von der Tapfferkeit / von der Freundschafft / vom gemeinen Nutzen /von den Gesetzen / von den Lügen / und vielen anderen Dingen mehr. Er hat auch verschiedene Gespräche geschrieben / und selbe benennet mit dem Nahmen derer Philosophen / welche er gehöret / oder auch /denen in der Lehre gefolget / als da sind: Das Gespräch / Timæus genannt / deßgleichen das Gespräch oder Dialogus, Parmenides, Theæretus, Phædrus, Euthydemus, und dergleichen mehr / welche von den Gelehrten hoch gehalten werden.


Kluge Leute befleißigen sich auch kluger Reden: Der ist klug und verständig / welcher nicht allein fleißig betrachtet / auch im Leben practicirt die Reden und Lehren der Weisen.

18. Demosthenes ein fürtrefflicher Sachverwalter oder Advocat
18. Demosthenes ein fürtrefflicher Sachverwalter oder Advocat.

[535] Rühmlich ists dem Demostheni; daß er durch seine kluge Erfindung / wie Valerius im 7. Buch am 3. Cap. schreiben / einem armen betrübten Mägdlein mit Rath geholffen / damit sie nicht vom Richter verdammt würde. Bey diesem Mägdlein legten zween Jünglinge zu Athen etliche Pfennige / oder eine Summa Geldes nieder / mit dem Beding / daß sie solch Geld ihrer keinem alleine weder halb / noch gantz / solte wieder geben / sondern allererst zu der Zeit / wann sie beyde zugleich kommen / und dasselbe von ihr fordern würden. Uber eine Zeitlang kam der eine gantz schwartz gekleidet gen Athen / und gab vor / sein Mitgesell wäre gestorben / forderte derwegen die bey dem Mägdlein deponirte Summa Geldes: Das einfältige Weibsbild trauete dem Betrieger / und übergab ihm das Geld. Aber was geschicht? Nach etlicher Zeit kam der ander Geselle / und fordert das Geld auch und wie ihm angezeiget wird / daß es sein Mitgeselle schon bekommen hätte / verklagte er die Dirne / und begehrt vom Richter / daß sie in die wider ihren Vertrag wiedergegebene Summa möchte verdammt werden. Daher wurde das Mägdlein so betrübt / daß sie ihr vornahm sich selbst zu erhencken / sintemal sie keine Mittel hatte / eine sothane Summa Geldes zu bezahlen / konte auch keinen Verthädiger finden / der ihr mit Rath aus dieser Noth hätte geholffen. Da trat endlich Demosthenes herfür / nahm sich ihrer an und sprach: Lieber Jüngling / weil du diß Mägdlein so hart treibest / und ihr Schuld giebst / daß sie unrecht daran gethan habe / indem sie deinem Mitgesellen das Geld allein wieder zugestellet / so gestehest du ja hiermit / daß sie einem unter euch alleine nicht schuldig sey / das deponirte Geld wieder zu geben. Darum[536] gehe hin / und bringe deinen Mitgesellen anhero / alsdann soll dir das Geld so bald gegeben werden. Dieses Urtheil haben die Richter gut geheissen / und das Mägdlein von der angestellten Klage loß gesprochen.


Wer zu leicht glaubet / der wird leicht betrogen / daher heißt das alte Sprichwort: Fide, sed vide, cui fidas. An einem verständigen Advocaten ist gar viel gelegen? Doch hat sich niemand auf solch Urtheil zu verlassen; Einem andern / insonderheit Reichen / würde die Sententz den beschriebenen Rechten nach entgegen seyn. Denn es heißt da: Negligentibus jura non subveniunt, l. 16. C. ex quibus caus. maj. in integ.

19. Eltern seynd Richter ihrer Kinder und Exempel Bruti
19. Eltern seynd Richter ihrer Kinder und Exempel Bruti.

Nachdem die Könige aus der Stadt Rom verstossen waren / haben die Römer eine andere Weise des Regiments angefangen / und alle Jahr aus dem Volck zween Bürgermeister erwehlet / bey welchen dasselbe Jahr über die höchste Gewalt stunde. Einer von den zween ersten Bürgermeistern ist gewesen L. Junius Brutus, dessen Söhne heimliche Verbündniß hatten mit dem ausgetriebenen Könige Tarquinio Superbo. Als sie nun der Verrätherey vor ihrem eigenen Vater dem Bruto verklagt wurden / hat sie der Vater fürgefordert / und also angeredet: Was antwortet ihr Beklagte auf angehörte Beschuldigung? Ists also / wie eure Ankläger berichten? Wie sie aber hierzu still geschwiegen / wandte sich der Vater zu dem Hencker oder Scharffrichter und sprach: Ich habe nun das Meinige gethan / thue du auch das Deinige zu der Sache: Darauf sind die Beklagten hingeführet / mit Ruthen gestrichen / und hernach mit dem Beil enthäuptet worden / welches alles der Vater Brutus ohne einigen[537] Seufftzer mit unverändertem Gesicht angesehen hat /wie solches vom Valerio erzehlet wird.


Verrätherey nimmt selten ein gut Ende. Privat-Liebe muß dem gemeinen Besten nachgesetzt werden.

20. Der Geitzhals Pythes oder Pythius
20. Der Geitzhals Pythes oder Pythius.

Der gläntzende Dreck / das Gold / erwecket in manchem Menschen eine solche Begierigkeit / daß es nimmer kan davon ersättiget werden. An dieser Geitzseuche lag auch kranck Pythes, oder wie ihn andere nennen / Pythius, aber sein kluges Weib halff ihm löblich. Wie er / der Pythes, durch Willfahrung des Glücks ein Gold-Bergwerck / und in demselben viel von diesem Metall gefunden hatte / hieng er demselben so unmäßlich an / daß er alle seine Knechte und Mägde stets in dieser Gruben arbeiten ließ. Pythes Haußfrau war damit übel zu frieden / daß kein Feld gebauet / kein Vieh versorget / und kein Vorrath zu leben verschafft wurde / mahnete derwegen ihren unersättlichen Ehemann offt von seinem närrischen Vorhaben ab / aber das mochte nichts helffen / Pythes ließ je mehr und mehr Gold graben und zusammen häuffen / und achtete unterdessen andere Dinge gantz und gar nichts. Dieser Thorheit etlicher massen zu wehren / berieff die Frau ingeheim etliche Knechte und Bergleute / die ihr allerley Speisen von Gold zubereiteten / aufs beste als sie konten. Wie nun der Mann Pythes heim kam hungerig und des Essens begierig / wurden ihm zu unterschiedlichenmahlen verschiedene Speisen fürgetragen / aber alles von lauterem Golde. Pythes belustigte sich zwar und ergetzte seine Augen und Hertz hiermit eine Zeitlang / als ihn aber der Hunger immer härter druckte / [538] sprach er zur Frauen: Sie sollte das Gold nur wegschaffen / und ihm sothane Speisen aufsetzen lassen / mit denen er den Magen füllen / und den Hunger stillen könte. Aber die Frau antwortet ihm: Lieber Mann / unsere Felder / die uns Getreide geben solten / haben gefeyret / das Vieh / welches gebührlich hätte sollen verpfleget werden / ist Hungers gestorben / die Knechte und Mägde / welche die Speise einkauffen / und Küchen und Kleider versehen sollten / hast du stets in deinen Goldgruben gebraucht / darum nimm mit dieser Speise vorlieb / greiff hurtig zu / und laß dirs wol schmecken. Fast auf gleiche Weise hat Heliogabalus seine Diener gequälet / indem er ihnen allerley gemahlte Speisen auftragen lassen / wann sie sind hungerig gewesen. Dieser ist der Pythes, welcher den Xerxem, als er in Griechenland reisen / und dasselbe mit einem überaus mächtigen Heere von zehenmahl 100000. Mann bekriegen wolte / mit seinem gantzen Heere zu Gast gehabt / was er aber für ein Ende genommen /davon siehe Plutarchum in seinem Büchlein von der Tugend der Frauen.


Die Reichen fallen in viel Stricke. Der Geitzige hat nimmer genug / wie es heißt: Tam decst avaro quod habet, quam quod non habet. Darum soll ein jeder mit einem ehrlichen Auskommen zufrieden seyn. Vernünfftiger Frauen Rath soll man folgen.

21. Dionysius betreugt einen Spielmann artig
21. Dionysius betreugt einen Spielmann artig.

Aristoteles im 9. Buch von der Sittlichkeit schreibet /daß Dionysius der Tyrann in Sicilien auf eine Zeit einen Spielmann habe zu sich fordern lassen / und demselben seine Instrumenten zu rühren befohlen /mit dieser Verheissung / daß je süsser und anmuthiger er spielen würde / je grössern Lohn sollte er davon zu[539] hoffen haben. Der Spielmann that sein Bestes / schonete keiner Arbeit / und wande grossen Fleiß an /lieblich gnug zu spielen / weil ihm gute Belohnung versprochen war. Des andern Tages hernach gieng er zum Dionysio, und forderte den verheissenen und verdienten Lohn. Dionysius erzürnet sich fast sehr und sprach: Was ist dein Begehren / Freund? Hab ich dir nicht schon bezahlet / was dir gebühret / und meinem Verheissen ein Genügen geleistet / denn du hast meinen Ohren eine Lust erreget / so habe ich dich auch über die massen mit guter Hoffnung ergötzet / daß du grossen Lohn von mir soltest zu gewarten haben / und je besser du nun gespielet hast / je grössere Lust der Hoffnung hast du empfunden / ließ ihn damit hingehen.


Grosse Herren thun alles nach Belieben / und gehet da Gewalt für Recht / nach dem alten Sprichwort: Cui jus est, jus non metuit, jus obruitur vi. Derowegen sich ein jeder desto mehr hierinn fürzusehen hat.

22. Warum der Hahn krehe - wann der Tag anbricht
22. Warum der Hahn krehe / wann der Tag anbricht.

Mir ist nicht unbewußt / daß vielerley Gründe von den Naturkündigern sind aufgezeichnet / warum der Hahn mehrentheils nicht des Abends / sondern des Morgens / so bald die Sonne aufgehet / und der Tag anbricht / seine Stimme hören lasse. Ob nun zwar dieselben Gründe der Wahrheit nicht unähnlich seyn / so wil ich doch zu diesem mal eine andere Poetische Ursach / genommen aus dem Ovidio im 2. Buch von der Kunst zu lieben / der hieroben angezogenen Ursachen anhencken.

Die schöne Venus hatte zum Ehemann den schwartzen und hinckenden unflätigen Vulcanum, zwischen diesen war wegen der grossen Ungleichheit wenig Liebe: Darum / [540] als Vulcanus in seiner Schmiede (oder Schmidts Werckstatt) bey dem Amboß geschäfftig war / buhlete Frau Venus mit dem Marte und damit immittelst niemand dazu käme / und insonderheit die Sonne / welche dem Vulcano sehr günstig war / diese ungebührliche Gemeinschafft nicht erführe / hat Mars einen feinen Jüngling / Hahn geheissen /zum Thürhüter gestellet. Aber Herr Hahn entschlieff /und die Sonne merckte die Possen / und zeigte demVulcano an. Diese Hinläßigkeit und Faulheit des Jünglings verdroß dem Martem hefftig / verwandelte ihn derowegen in ein Thier gleiches Nahmens. Daher annoch dieser Hahn / so bald er nur das geringste Licht von der Sonnen siehet herfür brechen / sich seiner vorigen Schlaffsucht und Unachtsamkeit erinnert /und durch seine Stimme und Krähen den Martem warnen wil / daß er sich für seinem Feinde und Verräther der Sonnen vorsehe und hüte / damit er nicht in seiner unziemlichen That ertappet werde.

Billig mögen wir wol vorsichtig und unsträfflich wandeln / daß die Sonne und andere Creaturen uns nicht wegen unserer Ubertretung bey GOtt dem HErrn anmelden und verklagen.

23. Pisonis Tyranney
23. Pisonis Tyranney.

Es ward zu Rom ein Soldat bey dem Cnejo Pisone angeklagt und beschuldiget / daß er einen seiner Spießgesellen ermordet hätte / ward auch der Ursach halber zum Tod verdammet. Wie aber unterdessen derjenige / welcher für erschlagen gehalten wurde /unversehens wieder in die Stadt kam und erschien /und also befunden ward / daß es nur falsche erdichtete Mährlein gewesen und der Beklagte an solcher That unschuldig wäre / hat der Hauptmann / deme befohlen war das Urtheil vollziehen zu lassen / den Beklagten[541] wieder zum Pisone geführet / damit seine Unschuld erkant / und er also möchte loß gesprochen werden.Piso aber ist bey seinem einmal aus gesprochenen Urtheil geblieben / und nicht allein den falschlich Beklagten vermeynten Mörder / sondern auch den / so man todt gesagt hatte / benebenst dem Hauptmann hinrichten lassen: Den ersten zwar / wegen des einmal gefällten Urtheils: Den andern aber / weil er mit seiner Abwesenheit zu solchem Handel und Verdammung Ursach gegeben / den Hauptmann / weil er den Befehl nicht exequirt hatte. Wie solches erzehlet wird vom Seneca im ersten Buch vom Zorn am 16. Cap.


Ist ein Exempel eines grausamen Blut-Hundes / und eines ungerechten Richters.

24. Vom Käyser Zenone
24. Vom Käyser Zenone.

Zeno. welcher im Jahr Christi 474. zum Käyser in Orient erwehlet worden / hat die gantze Zeit seiner Regierung wenig Glück gehabt / dann wie er den Wollüsten gar zu viel anhieng / und sich um Vermehrung des Reichs nichts bekümmerte / da haben die Saracenen seine Länder häuffig angefallen / und dieselbe gantz ausgeplündert und verstört. Hernach / wie er von Basilio. einm seiner Bluts-Verwandten aus der Stadt Constantinopel vertrieben / und des Reichs beraubt ward / hat er sich mit seinem Gemahl in Isaurien begeben / daselbst eine Zeitlang unbekanter Weise (dann ihm Basilius nach dem Leben stund) aufgehalten / und sich von den Kräutern und Wurtzeln des Feldes gar elendiglich ernehrt. Nicht lang darnach entstund eine Feuersbrunst zu Constantinopel / dadurch das köstlichste Theil der Stadt / sammt der fürtrefflichen Bibliothec, darinnen des Homeri Schrifften / geschrieben [542] auf einer Drachenhaut 120. Fuß lang /gefunden worden / verbrant und eingeäschert worden. Durch diesen so grossen Schaden seynd etliche auf den Käyser Basilium ergrimmet und bewogen worden / daß sie den Zenonem wieder zurück geruffen haben. Also hat sich dieser so bald in Isauria gerüst / in Willens die Stadt Constantinopel / als seinen alten Käyserlichen Sitz wieder einzunehmen / wie es dann auch geschehen / dann als Basilius seinen Krieges-Obersten mit einem ziemlichen Heer dem Zenoni entgegen schickte / hat sich derselbe (so bald sie einander ansichtig worden) mit dem gantzen Heer dem Zenoni ergeben. Basilius als er diß gehöret / hat er seine Flucht in die Kirch genommen / woselbst er auch ergriffen /und dem Zenoni überantwortet ist / welcher ihn mit Weib und Kindern in Cappadociam geschickt und befohlen hat / daß man ihnen weder mit Kleidern /noch mit Speisen beyspringen solte. Wordurch geschehen / daß sie allesammt in kurtzer Zeit Hungers gestorben sind. Zeno, nachdem er also wieder zu seinem Reich kommen / hat er alles wiederum in Ordnung gesetzet / auch unter andern von dem KönigeHulderico in Africa erhalten / daß sowohl die Rechtgläubige / als Arrianer ihre Religion frey und ungehindert möchten üben / und nachdem er noch eine Zeitlang regieret hatte / ist er gestorben. Etliche melden / daß sein Gemahl ihn / als er sich einsmals so voll gesoffen / daß er gantz ohne Sinne und Empfindligkeit / und einen Toden nicht ungleich gewesen / begraben / und einen grossen Stein aufs Grab habe legen lassen. Und als Zeno den Rausch ausgeschlaffen / habe er jämmerlich geschrien / weil ihm aber niemand helffen mögen / habe er im Grabe Hungers sterben müssen.


[543] Wollüste und Trunckenheit bringet manchen um Leib und Leben. Untreu bleibet selten ungestrafft. Auf ein böses Leben folget gemeiniglich kein guter Tod: Non potest bene mori, qui male vixit.

25. Hulderici Tyranney und Tod
25. Hulderici Tyranney und Tod.

Weil in der vorigen Historia des Hulderici gedacht /als wollen wir von demselben auch etwas erzehlen. Nachdem / wie gesagt / in seinem Land Africa / auf Anhalten und Fürbitt Käysers Zenonis sowol den Catholischen als Arrianern das freye Exercitium der Religion zugelassen ward / geschah es / daß von den Rechtgläubigen zu Carthago zum Bischoff erwehlet ward Eugenius, welcher die Kirchen / so bey 24. Jahr lang verschlossen waren / wieder eröffnen ließ / dahero sich viel von den Arrianern zum Catholischen Glauben bekehrten. Diß verdroß die Arrianische Bischöffe hefftig / reitzeten derowegen Huldericum an /daß er die Rechtgläubige verfolgete: Welcher dann auch aufs grausamste gegen sie wütete / Hencker bey die Thüren der Kirchen stellete / die Wenden davon abzutreiben / ja alle seine Hofdiener und Soldaten / so der Cathol. Religion zugethan waren / in die 40000. Mann / theils ins Elend verjagte / theils erwürgete. Vielen ließ er die Zungen und Augen ausreissen /Nasen / Ohren und Füsse abschneiden / und sie auf andere schreckliche Weise martern. Der Käyser Zeno schickte abermals seine Gesandten dahin / und bat für die Rechtgläubigen; Darauf ward zu Carthago ein Gespräch angestellet / zwischen den Catholischen und Arrianern / welchen jene von diesen mit unmäßigen Geschrey seyn übertäubet worden / darum daß sie das Wort ὁμοωσιος das ist / gleiches oder einerley Wesens nach den [544] Buchstaben in der Schrifft nicht konten zeigen: Wurden also verdammet / und ließ Huldericus nicht allein nicht ab die Catholische zu verfolgen / sondern gieng auch hernach viel strenger mit ihnen um / übergab ihre Kirchen und Güter den Arrianern /ließ unzehlich viele martern / und vielen die Zungen gantz ausreissen / deren doch etliche nichts desto weniger die grosse Geheimnisse GOttes haben aussprechen und preisen können. Auf diese Verfolgung ist so bald ein grosser Hunger und Pestilentz / wie auch eine greulich anzusehende Finsterniß an der Sonnen gefolget. Wie nun dieser Tyrann eine Zeitlang also gewütet hatte / hat er endlich seinen gebührlichen Lohn bekommen / und ist lebendig von den Würmern verzehret worden.


Die Kirche der Rechtgläubigen ist denen Verfolgungen jederzeit unterworffen gewesen / da hingegen die Ketzer nur durch ihre Tyranney ihre Secte zu erweitern sich befliessen. Und sagt Hyeronymus recht: Nunquam spiritualis persequitur carnalem; Daher dann erscheinet / wie wenig Catholisches Geblüts diejenige haben / welche heutiges Tages an der Christen Blut nicht satt genug werden können.

26. Calanus tödtet sich selbst
26. Calanus tödtet sich selbst.

Calanus einer von den Gymnosophisten / war demAlexandro Magno wol bekannt / welcher viel von ihm hielte: Derselbe war so starcker Natur / daß er biß ins 73. Jahr seines Alters von keiner Kranckheit war angegriffen worden / noch einigen Schmertzen gefühlet hatte. Nach erreichtem diesem Alter aber fieng er an ein wenig kranck und schwach zu werden /meynete derohalben seine Lebenszeit wäre verflossen / und die Stunde des Todes herbey kommen / und bath Alexandrum, daß er ihm einen Holtzhauffen möchte aufrichten und anzünden lassen / weil er nunmehr das von [545] der Natur vorgesetzte Ziel erreicht hatte. Alexander mahnete ihn erstlich von solchem Vornehmen ab /wie aber das nicht helffen wolte / befahl er einen grossen Holtzhauffen zu machen / und in Beyseyn unzehlicher Leute anzuzünden. Hierauf nahm Calanus Abschied von den umstehenden Macedoniern / vermahnete sie / den Tag über mit ihrem Könige frölich zu seyn / darnach stieg er mit grosser Freudigkeit auf den Holtzhauffen / legte sich nieder / bedeckte sich mit seinem Mantel / und wie das Feuer nahe kam / und anfieng seinen Mantel zu brennen / verspüret man nicht allein keine Anzeigung einiger Schmertzen an ihm / sondern er lag auch stock stille / und rührete sich nicht einmal biß daß er gantz vom Feuer verzehret wurde / wie solches bezeugen Cicero, Plutarchus, Strabo und Ælianus.


Das Alter ist gemeiniglich den Kranckheiten und Schwachheiten unterworffen. Den Tod soll zwar kein Frommer schonen / aber denselben ihm selbst nicht anthun / sondern das von GOtt bestimmte Ziel gedultig erwarten.

27. Hanß Laß Dünckel
27. Hanß Laß Dünckel.

Es haben viele / bevorab die / so der Unwissenheit verdächtig sind / den Gebrauch / daß sie in Zusammenkünfften / welche zur Ergetzlichkeit angestellet /aufgezogen kommen mit spitzigen / tunckelen und eitelen Fräglein / damit sie hierdurch von jederman sie gar klug und sinnreich mögen gehalten werden.

Einen solchen Gesellen stellet uns vor Augen / und mahlet mit lebendigen Farben ab der vielwissende /Plutarchus im 2. Buch seiner Gast Fragen. Ein vornehmer reicher Mann zu Rom stellete ein groß Gastmahl an / und lud unter andern auch viel gelehrte und weltweise Leute darzu. Wie sie in der besten Lust und Gespräch waren / fand sich ein junger Phantast / der sich [546] bedüncken ließ / er wisse alles / und noch mehr als alles / wolte gleichsam von solcher Weißheit bersten / darum war es ihm unmöglich länger zu schweigen / fieng derhalben an folgender Gestalt aufzuschneiden: Nachdem ich / sprach er / hier vor mir sehe so viel alte / weitberühmte / hochgelehrte und erfahrne Leute / und aber einen Zweiffel habe / darüber ich mich lange Zeit sehr gequälet / manche Nacht schlaffloß zugebracht / mit vielen Unterredung gehalten / viel Bücher nach geschlagen / vieler Meynungen durch Schreiben erforschet / und dennoch gleichwol keine gnugsame Antwort und Aufflösung dieser Frage erlanget habe / so wolte ich hierüber der anwesenden Herren Bedencken und Meynung auch gerne erforschen. Jederman war still / spitzte die Ohren / und meynte / es würde etwas sonderliches vorgebracht werden / des gantzen gemeinen Wesens Nutzen und Wolfarth betreffend. Da sprach der Klügling: Ich /liebe Herren / befinde / daß / wann ich in einen Topffe weiß und schwartze Bohnen unter einander menge /und am Feur wohl sieden und kochen lasse / dennoch das Gemüsse davon einerley Farbe ist / nemlich weisser; Dieses Geheimnisses Ursache verlanget mich zu wissen / und habe sie bißher nicht erfinden können. Aus beschehenem Anbringen konten die hochverständigen Leute unschwer abnehmen / daß der gute Kerl einen Narren im Busen führete: Dennoch / daß er sich nicht gar zu klug düncken liesse / antwortet einer unter ihnen Nahmens Arideces und sprach: Lieber Jüngling / es wäre unnöthig gewesen / so viel Zeit zuzubringen über Nahforschung dessen / was du vorgebracht hast / sintemahl du den geringsten Nutzen nicht davon zu hoffen hast; jedoch wil ich dir auslegen / was dir die [547] Einbildung zweiffelhafftig gemacht hat / so bald du mir auf eine andere Frage / welche eben so grosse verborgene Weißheit in sich fasset /als die deine / wirst Antwort geben? Lieber sag an /wie mag es doch immer zugehen / wann man dich mit weissen und schwartzer Peitschen zugleich würde wacker zudecken / daß dennoch deine Lenden und Rücken nur einerley / nemlich blaue Striemen haben würde: Hierüber ward der vorwitzige Jüngling schamroth / stund auf vom Tische / und gieng vor geendigter Mahlzeit davon.

Ein Narr / wann er schwiege / würde auch für weise gehalten. Antworte ihm aber nach seiner Thorheit / auf daß er sich nicht klug düncke.

28. Stärcke eines Hundes - so Alexandro Magno verehtet worden
28. Stärcke eines Hundes / so Alexandro Magno verehtet worden.

Der Albaner König schenckte dem Grossen Alexandro einen sehr grossen Hund; Alexander zu versuchen / ob er auch hertzhafft und tapffer wäre / ließ einen Bären ins Gemach führen / darinn der Hund lag / der Hund sahe den Bären an / lag aber gantz stille / und regte sich nicht einmal / ließ auch keine Stimme hören: Da ließ Alexander ein wild Schwein und Damm-Hirsch herzu führen / der Hund kehrete sich an diese auch nicht / sahe sie nur über die Seite an / und blieb liegen: Da befahl Alexander, man solte das feige und verzagte Thier todt schlagen / wie auch geschah. Als aber solches der Albaner König erfuhr /gereuet es ihn hefftig / daß er Alexandrum nicht besser berichtet hatte / schickte ihm derhalben noch einen Hund von gleicher Grösse und Art / und ließ ihm darneben anzeigen / er solte des Hundes Stärcke nicht an kleinen verächtlichen Thieren / sondern an grausamen Löwen und Elephanten probiren: Er habe nur zween[548] dieser Hunde gehabt / der eine sey aus Irrthum für einen Verzagten getödtet / diesen andern verehre er auch dem Alexander, auf daß er nicht allein den Irrthum an den vorigen begangen erkennete / sondern auch fürsichtiger mit demselben wisse umzugehen. Alexander ließ der beschehenen Unterrichtung zu Folge erstlich einen grausamen Löwen zum Hunde hinein springen / den ergriff der Hund bald beym Leibe / und brach ihm im ersten Antritt den Halß. Nach diesem ließ Alexander einen ungeheuren Elephanten hinein führen / den Hund an deme auch zu versuchen. Da sahe Alexander allererst seine Lust /und ergetzte sich über die massen über diesem Spectacul. Dann wie der Hund den Elephanten ersahe /schutterte er anfangs zusammen / fieng hernach an greulich zu bellen und zu springen / und machte ein solch Gerüchte / daß man davor weder hören noch sehen konte / nahm endlich einen gewaltigen Sprung /faßte den Elephanten im Nacken / biß und zerwühlete ihm die Haut so lang / biß der Elephant ausgemattet zur Erden fiel / daß das gantze Gemach davon erzitterte / ließ auch nicht von ihm ab / biß er ihm gäntzlich erwürget und zerrissen hatte.


Großmüthigkeit findet sich mehr bey manchen unvernünfftigen Thiere / als bey vielen Menschen / und theilet die Natur wol unter Thieren als Menschen die Gaben unterschiedlich aus. Dem Irrthum ist der Mensch von Natur unterworffen / darum sich ein jeder und sonderlich grosse Herren wohl fürzusehen haben / und eine Sache zuvor wohl erwegen sollen / ehe sie davon zu urtheilen sich unterwinden.

29. Ursprung der Carthäuser-Mönche und Edimeri Rede nach dem Tode
29. Ursprung der Carthäuser-Mönche undEdimeri Rede nach dem Tode.

Edimerus ist gewesen ein vornehmer Professor zu Pariß / welcher nicht allein wegen seiner Gelehrsamkeit / [549] sondern auch stillen und dem äusserlichen Ansehen nach frommen Lebens von allen hoch gehalten ward. Wie derselbe nunmehr verstorben / und jetzo solte begraben und in die Erde verscharret werden /hat er sein Haupt aus dem Sarck aufgehoben / und kläglich geschryen: Ich bin vor das Gerichte GOttes gestellet worden. Uber dieser Stimme sind plötzlich alle Umstehende hefftig bestürtzet worden / und haben die Begräbniß biß auf den folgenden Tag aufgeschoben. Als nun die Leute wiederum in grosser Anzahl zusammen kamen / hat sich der verstorbeneEdimerus im Sarck abermahl aufgerichtet / und mit jämmerlicher Stimme geruffen: Ich bin vor dem Gericht GOttes verklagt worden. Am dritten Tage / als die gantze Stadt in der Kirchen zusammen kam / hat er sich wiederum aufgerichtet / und aufs allergrausamste geschryen: Aus gerechtem Gericht GOttes bin ich verdammet worden. Wie nun alle Anwesende hierüber gar erstarreten / hat Bruno ein ander Professor desselbigen Orts zu den Umstehenden gesagt: Sehet an das jämmerliche Ende dieses Mannes / welcher unserer Meynung nach der Heiligste war / wie wird es uns ergehen? Warlich / wir haben keine Hoffnung zur Seeligkeit / wofern wir nicht diese Welt verlassen. Ist darauf mit vier Gelehrten und zween Leyen in eine Wüsteney gezogen / und kommen an einen Ort / welcher Carthusia heißt / daselbst hat er ein Kloster gebauet / und einen Mönchs-Orden angefangen / welche noch heutiges Tages Carthäuser-Mönche genennet werden.


GOttes Gerichte seyn gerecht. Der Mensch siehet was für Augen ist / GOtt aber siehet das Hertz an. Laß deinen Gottesdienst nicht Heucheley seyn.

30. Der tieffsinnige Chrysippus
30. Der tieffsinnige Chrysippus.

[550] Chrysippus war ein Stoischer Philosophus, in den Logicalischen Spitzfindigkeiten insonderheit so ersoffen und vertieffet / daß er aller Menschen Gesellschafft flohe / damit er nur ungehindert seine spitzfindige Gedancken üben könte. Von sich selbst hat er unmäßlich viel gehalten: Als ihn einer fragte: Wem er seinen Sohn zu unterweisen anvertrauen wolte? Hat er geantwortet: Niemand / als mir selbst; Dann wüste ich einen / der gelehrter als ich / wolte ich mich selbst seiner Unterrichtung gebrauchen. Von diesem Chrysippo saget man / daß er sein Lebenlang nur dreymal getruncken habe / wie Petronius in einem Gedichte /und Erasmus in seinen Sprüchwörtern gedencken: Darüber dann auch seinen Schimpff und Kurtzweil treibet der Spottvogel Lucianus in seinen warhafftigen Lügen / und saget im 2. Buche: Man habe Chrysippum nicht ehe wollen in die heilige Insul lassen /in welcher die Seligen wohnen / biß er zum vierdtenmal Niesewurtz getruncken. Es wird ihm auch nachgesagt / daß er eine Magd gehabt / Nahmens Melissa, die allezeit mit ihm über einer Tafel gesessen / und von welcher diesen Nutzen gehabt / daß sie ihm zu Essens-Zeit den Mund aufgebrochen / und die Speise hinein gesteckt habe / dann Chrysippi Kopff war immer verwirret / und voll von Sophistischen Subtilitäten / darüber vergaß er Essens / Trinckens / ja sein selbst / und wäre ohne Zweiffel in seiner Tieffsinnigkeit Hungers gestorben / wann ihm nicht Melissa ein Bißlein ins Maul gestecket hätte.


Eigen Lob stincket gern / nach dem Sprichwort:Propria laus sordet. Man muß Maaß halten in allen Dingen / dann wohl sagt der Poet:


Est modus in rebus, sunt certi denique fines.
Quos ultra citra aque nequit consistere rectum.
31. Wunderbare Liebes-Erregung. Psammetichi
[551] 31. Wunderbare Liebes-Erregung. Psammetichi.

Ælianus im 13. Buch seiner mancherley Geschichten / erzehlet eine seltzame Heyrath / die der Egyptische König Psammetichus mit der Rhodope einer schönen Huren getroffen hat.

Wie sich die Rhodope auf eine Zeit badete / und ihrer Magd die Kleider zu verwahren gab / kam ein Adler daher geflogen / und entführete der Magd den einen Schuch / und brachte ihn in die Stadt Memphis. Der König Psammetichus saß eben unter dem blossen Himmel / und hielt Gericht / da ließ der Adler den Schuch in des Richters Schooß fallen. Psammetichus verwundert sich über den so zierlichen und hübschen Schuch / auch / daß der Vogel ihn eben in seinen Schooß geworffen / befahl derhalben / daß die Person durch das gantze Königreich gesucht würde / deren der Schuch zugehöret: Und wie sichs befand / daß er der Rhodopen Schuch wäre / hat sie der König zum Weibe genommen.

Huren kommen manchmal höher an / als sie verdienet haben.

32. Vom Herode dem Ersten dieses Nahmens
32. Vom Herode dem Ersten dieses Nahmens.

Der Nahme Herodes, dessen die H. Schrifft unter andern vielmal gedencket / heißt auf Griechisch so viel /als ein Ehren-Berg: Nach dem Syrischen kan mans verdolmetschen einen feurigen Drachen: Auf Arabisch / ein Basilisk / welches Wort gefunden wird in der Arabischen Bibel Ps. 91. 13.

Der Erste dieses Nahmens ist gewesen des unedlen Kriegs-Obristen und Landpflegers in Judæa, Antipatris anderer Sohn. Er hat drey Zunahmen gehabt / [552] 1.Ascalonita, von seines Großvaters Geburtsstadt. 2.Magnus der Grosse / von wegen seiner Thaten. 3. Der Kinder-Mörder / von den ermordeten unschuldigen Kindern / Matth. 2. 16.

In seiner Kindheit ist er von seinem Vater mit seinen drey Brüdern Phaselo, Josippo und Pherora, und mit seiner Schwester Salome / in Arabien zum Könige Areta geschicket / allda er eine Zeitlang versorget /und auferzogen ist / dieweil damals grosse Zwietracht in Judäa war. In seiner Jugend war er kühn / unverdrossen / und stets grosser Dinge begierig / derwegen er zum Landpfleger im Galiläischen Lande verordnet ward / als er noch keine 25. Jahr alt war: Bald hernach als der Seeräuber Ezechias aus Arabia in Syrien fiel / und solches Land sehr verderbte und beraubete /machte sich dieser Herodes auf / zog ihm entgegen /fieng ihn mit seinen Gesellen / und ließ sie zusammen erwürgen. Nach diesem / als ihm des Jüdischen Königs Aristobuli hinterlassener Sohn Antigonus im Galiläischen Lande drey vornehme Städte einnehmen und plündern ließ / zog er demselben aus Nieder-Syrien mit einem grossen Heer entgegen / und schlug ihm viel Juden zu tode: Weßwegen er von den Juden vor dem Antonio zu Tyro hart verklaget wurde; Derselbe aber nahm ihn wieder zu Gnaden an / und machte ihn dazu zum Landpfleger in Judäa / unerachtet / daß Herodes zuvor dem Cassio mit Geld und Volck gegenAntonium geholffen hatte. Unterdessen hat Antonius etliche Legaten zum Parther Könige Pacoro geschickt / und demselben eine grosse Summa Geldes sammt 500. schönen Weibsbildern verheissen / wann er ihm wieder zum Reich verhelffen würde. Hierauf hat [553] Pacorus die Stadt Jerusalem und andere vornehme Städte in Judäa eingeno en / und Herodem verjagt / welcher erstlich gen Massadam, darnach in Egypten /und endlich gen Rom geflogen ist / allwo er vom Augusto u.M. Antonio zum Könige der Juden ist gemacht worden. Also ist er wieder von Rom in Syrien gereiset / da er sich mit Hülffe Antonii, Silonis und Sofii ein Kriegs-Heer versammlet / Galiläam und Judäam angegriffen / alle Städte / wie auch endlich Jerusalem / nach ausgestandener grosser Gefahr / erobert /den König Antigonum sammt 45. seiner vornehmsten Freunde gefangen bekommen / und nach Antiochia zum Antonio geschicket / welcher sie allesammt erwürget / und also das Geschlechte der Asmonier oderMaccabeer, welches 123. Jahr lang ziemlich floriret /gäntzlich ausgerottet hat. Unter währender Belägerung hat er Mariamnem, eine hinterlassene Tochter des Königes Alexandri, in Judäa / zum Weibe genommen / und eine köstliche Hochzeit mit ihr gehalten. Als er nun völlige Macht bekommen / hat er sein tyrannisch Gemüth öffentlich an den Tag gegeben / die 72. Aeltesten unter den Juden / benebens 40. anderen jungen Studenten und 2. Priestern ließ er umbringen /sein eigen Gemahl Mariamnem, samt seiner Schwieger ließ er jämmerlich hinrichten / schonete auch seiner eigenen Kinder nicht / und erwürgete seine 3. leibliche Söhne ohne alle Barmhertzigkeit. Des Hohenpriesterthums hat er sich auch bemächtiget / und damit gespielet / wie es ihn gelüstete. Den alten Hohenpriester Hircanum, der sich doch wol um ihn verdienet hatte / ließ er elendiglich ermorden im 80. Jahr seines Alters. Man sagt auch / daß er Zachariam, den Vater Johannis des Täuffers / im Heiligthum habe[554] tödten lassen. Er hat wenig löbliche Thaten verrichtet: Die Araber hat er bezwungen / und unter sein Joch gebracht. Zwey und zwantzig Jahr vor der Geburt des HErrn Christi / erschien ein gewöhnlicher Comet im Zeichen des Stiers / und erhub sich wegen grosser Dürre ein greulicher Hunger im Jüdischen Lande: Da nahm Herodes im Mangel Geldes / alle seine Königlichen Kleinodien / verunterpfändete dieselbe / und ließ eine sehr grosse Menge Geträides aus Egypten bringen / theilete dasselbe unter das Volck / und speiset noch dazu 50000. armer Leute / biß zur Zeit der Erndte. Im 17. Jahr für des HErrn Christi Geburt hat er den Tempel zu Jerusalem / (welcher nach der Babylonischen Gefängniß erbauet / und kaum halb so groß war / als der vorige und erste gewesen) abbrechen /und einen neuen / von gleicher Grösse / als der erste gewesen / innerhalb 10. Jahren aufrichten und verfertigen lassen. Sonst ist Herodes so ein greulicher Bluthund auch gegen seine eigener Kinder und Verwandten gewesen / daß er sich deßhalben für jederman fürchten müssen / bauete auch verschiedene Vestungen / dahin er im Fall der Noth fliehen könte. Zu seiner Zeit ist der HErr Christus / der Welt Heyland aus reinen Jungfrau Maria gebohren worden. Den Weisen aus Morgenland / welche den neugebornen König und Heyland suchten / stellete er hinterlistiger Weise nach: Und da ihm dieses Vornehmen zu Wasser ward / suchte er den HErrn Christum selbst zu tödten / ließ derwegen die Stadt Bethlehem sammt den umliegenden Gräntzen durch Mord der unschuldigen Kindlein greulich verwüsten / in Meynung den HErrn Christum unter denselben zu vertilgen. Tausendmal tausend und 44000. [555] unschuldige Kindlein werden von den AbtPaulo Volzio erzehlet / welche Herodes um des neugebohrnen Meßiä willen so grausamlich hat lassen hinrichten. Der löbliche Käyser Augustus hat gar recht von ihm gesagt: Er wolle lieber Herodis Schwein (welche die Juden nicht essen) als sein Sohn seyn. Aber wie grimmig er auch gewesen / so hat er doch den Tod nicht überwältigen können. Dann ein Jahr nach dem Mord der unschuldigen Kinder fiel er in eine abscheuliche schmertzliche Kranckheit / da ihm das Eingeweide verfaulte / Würme im Leibe wuchsen / und nachdem er auch den Seinigen mit seinem abscheulichen Gestanck verdrießlich worden / ist er mit unaussprechlichen Schmertzen gestorben. Von seinem Tode / damit ja das Maaß der Tyranney voll gemacht würde / befahl er / so bald er sterben würde /solte seine Schwester Salome alle Gefangene erwürgen lassen / damit ihn die Juden auch wider ihren Willen mit denselben beklagen müsten / welches gleichwol nicht geschehen.

Tyrannen sterben selten eines ruhigen und guten Todes: Und wird durch ihre Tyranney auch das Gute / so sie etwa gethan haben / gantz verfinstert: Unschuldige tödten bleibet nicht ungestrafft.

33. Vom Herode dem Andern - Dritten und Vierdten
33. Vom Herode dem Andern / Dritten und Vierdten.

Herodes der Ander / sonst Antipas genannt / des Grossen Herodis Sohn / und Archelai leiblicher Bruder /ward Vier-Fürst im Galiläischen Lande / so bald nach dem Tode des Vaters / sonst ein treuloser schändlicher Mensch: Denn sein rechtes Ehegemahl / des Königs Aretæ Tochter / stieß er ohn alle Ursache von sich / entführete seinem leiblichen Bruder dem Philippo sein Gemahl Herodiadem, nahm dieselbe zum[556] Weibe / und legte Johannem den Täuffer / welcher ihn dieser Blutschande halben bestrafft / ins Gefängniß / ließ ihn auch endlich enthaupten. Dem HErrn Christo selbst / da er in Galiläa lehrete / stellete er nach / deßhalben er von demselben nicht unbillich ein Fuchs genennet wird: Er verspottete auch den HErrn CHristum mit seinem Hof-Gesinde / und legte ihm ein weisses Kleid an / da er vom Pilato zu ihm gesandt ward. Als er aber endlich durch Ehrgeitz und Hoffart seines Weibes den Königlichen Titul zu Rom begehrte / erzürnete sich der Käyser Cajus darüber so hefftig / daß er ihn gen Lyon in Franckreich ins Elend gejagt / und seiner Land und Leute beraubet hat.

Herodes der Dritte / genannt Agrippa, Aristobuli des Vierdten Sohn / und Enckel des Grossen Herodis, brachte seine junge Jahre in vielerley widerwärtigem und wanckelbarem Glücke zu Rom zu / ward endlich aus seinem schlechte Stande zu hohen Ehren erhaben /und hat durch Gunst der Käysere Tiberii, Claudii und Caji nicht allein das Königreich Herodis in Judæa, und Antiochi in Comagone, sondern auch die vier Fürstenthümer Antipæ und Philippi, wie auch die Landpflegerey Lysaniæ überkommen. Als er auf eine Zeit vom Cajo vermahnet ward / zu bitten / was er wolte / hat er nicht um grosse Ehre und Reichthum /sondern vor das Gesetz GOttes gebeten / nemlich /daß des Käysers Seule und Bildniß nicht in den Tempel gesetzt würde. Da er in sein Vaterland wieder kam / opfferte er in dem Tempel eine güldene Kette / die ihm der Käyser Cajus verehret hatte / und welche am Gewichte so schwer war / als die eiserne Kette / mit welcher ihn zuvor Tiberius in seinem Gefängniß hatte binden lassen. [557] Damit er aber den Juden desto besser gefallen möchte / fieng er an / wider die Jünger des HErrn Christi zu wüten / ließ Jacobum den Sohn Zebedæi mit dem Schwerdt tödten / und Petrum ins Gefängniß legen. Endlich / als er zu Cæsarea auf dem Schauplatz sitzend auf einem Königlichen Stuhl / und aufs herrlichste bekleidet / eine Rede zum Volck thate / schryen ihm etliche Heuchler zu / und nenneten ihn einen Gott / um welche Gotteslästerliche Rede / weil er sie billichte / wurde er vom Engel des HErrn ge schlagen / fiel in eine tödtliche Kranckheit / da ihm sein Eingeweide mit greulichem Gestancke verfaulete / und ihn die Würmer zerfrassen: Also starb er im 5. Tag hernach mit grossen Schmertzen beyde seines Leibes und auch seines Gewissens.

Herodes der Vierdte / Agrippæ Bruder bekam nach dessen Todt vom Käyser Claudio Gewalt / einen Hohenpriester zu Jerusalem zu erwehlen / und durch solche Gewalt wurde er auch Schatzmeister über das Geld des Tempels. Er reisete nach Jerusalem / setzteSimonem Cantharum vom Hohenpriester-Amte ab /verordnete an dessen Stelle Josephum Canidæ Sohn /an dessen statt er nach 3. Jahren den Ananiam erwehlte. Welchen der Apostel Paulus eine getünchte Wand nennet. Actor. 23. v. 3. Es kam unter ihme dahin / daß kein Würdiger mehr zum Hohenpriester-Amt erwehlet wurde / sondern war alles um Geld feil /und geschah also / daß solches Amt / weil es gemeiniglich gottlosen Buben anvertrauet ward / nimmer recht bedienet wurde. Dieser ist der Agrippa, welche mit seiner Schwester Berenice den Apostel Paulum gehöret / als ihn der Landpfleger Festus aus seiner Gefängniß herfür [558] führete. Zu seiner Zeit hat sich der Krieg zwischen den Römern und Juden begeben / in welchem endlich die Stadt Jerusalem sammt dem gantzen Jüdischen Lande jämmerlich ist zerstöret und verwüstet worden.

1. Der Apffel fällt nicht weit vom Stamme. Blutschanden: geben Ursach zu grossen Unheil / bleiben auch selten ungestrafft Weiber stürtzen offt mit ihrem Ehrgeitz sich und ihre Männer ins Verderben. 2. Das Glück ist wandelbar / erhebt bald den einem und stürtzet den andern. GOttes Ehre muß billich allen Dingen fürgezogen werden. Hoffart bringt endlich zu Fall. 3. Wann geistliche Güter der Krämerey unterworffen werden nimmt mit Gottesfurcht bald ab.

34. Vernünfftige Antwort Juliæ gegen ihrem Vater Augusto
34. Vernünfftige Antwort Juliæ gegen ihrem Vater Augusto.

Juliæ, des Käysers Augusti Tochter / deren hierbevor auch ist gedacht worden / besuchte auf eine Zeit ihren Vater / angethan mit sehr köstlicher und prächtiger Kleidung. Dem alten Augusto, als welcher mehr Lust hatte an Mäßigkeit und Eingezogenheit / mißfiel dieser Pracht nicht wenig / verbarg jedoch solchen seinen Unwillen / und redete unterdessen mit der Julia von andern Dingen. Julia vermerckte endlich des Vaters Mißfallen / nahm derwegen ihren Abschied vom Vater mit gebührlicher Ehrerbietung. Des folgenden Tages kleidete sie sich gantz schlecht und erbar an /und kam also wiederum zu ihrem Vater / grüssete ihn mit gehöriger Reverentz / umfieng und küssete ihn. Das erfreuete den Augustum, welcher seine Tochter deßwegen lobte und sprach: Das Kleid / liebe Tochter ist viel zierlicher als das gestrige / auch dir / als desAugusti Tochter / anständiger. Darauf gab sie zur Antwort: Es ist wahr / hertzvielgeliebtester Herr Vater / mit der heutigen Kleidung / als die da erbarer ist / gefalle ich dir [559] nicht unbillich: Gestern aber hatte ich mich gezieret / den Augen meines Ehegemahls ein Gnügen zu leisten.


Welcher verheyrathet ist / der sorget was die Welt angehet / wie er dem Weibe / und eine verheyrathete Frau /wie sie dem Manne gefalle. Sonst ist der Kleider-Pracht ein eiteles und nichtiges Ding: Vanitas Vanitatum.

35. Alexander M. ersticht Clytum
35. Alexander M. ersticht Clytum.

Clytus ist gewesen einer von den ältesten Kriegs-Obristen des Grossen Alexandri, welcher schon unter dem Philippo des Alexandri Vater sich in vielen Gelegenheiten als ein Held erzeiget / auch dem Alexandro in der Schlacht mit den Persern bey dem FlusseGranico sein Leben augenscheinlich errettet / indem er den erblösseten Alexandrum, über welchen derRhosaces ein Persianischer Obrister schon den Säbel gezuckt / und ihn Zweiffels ohne nieder gehauen hätte / mit seinem Schilde bedecket / und dem Persianer die Hand abgehauen hatte / daß sie mit dem Säbel dahin flog. Aber diese Treue des Clyti, dessen SchwesterHellanice auch den Alexandrum in seiner Jugend mit ihren Brüsten gesäuget hatte / hat ihm Alexander sehr übel belohnet.

Nachdem Alexander Persiam unter sein Joch gebracht / und beynahe alle Orientalische Länder mit Siegen erfüllet / ist er durch Scythien und Tartaren /wie auch andere mitternächtige Länder gezogen / und ist endlich an einen umzäuneten Wald und Thiergarten kommen darinn er sich mit seinen Kriegsleuten mit Jagen ergetzet / auch des Abends ein köstlich Pancket zurichten lassen / darauf er seine vornehmste Kriegs-Obristen / und unter andern auch gedachten Clytum geladen hat. Wie nun der König sich mit Wein ziemlich überladen hatte / fieng er an seine eigene Thaten biß in den [560] Himmel zu erheben / Philippi seines Vatters Kriege aber schimpfflich zu verachten. Diß verdroß die alten erfahrnen Helden hefftig / und sagte Clytus zu einem / der neben ihm saß: Was sich doch die Könige möchten einbilden / daß sie alle Siege ihnen selbst allein zuschreiben dürfften / da doch die Soldaten das meiste zur Sache thun / und Leib und Leben in Gefahr setzen müsten. Alexander fragte: Was Clytus geredet hätte? Sie schwiegen aber still / derhalben Alexander viel ärgers argwohnete.Clytus, welcher auch nicht mehr nüchtern war /scheuete sich nicht / Philippi Helden-Thaten sehr hoch zu rühmen / als welcher mit Helden gekämpffet /da Alexander nur mit Weibern gefochten habe: Sagte derhalben / er thäte besser / daß er still schwiege / und sich selbst nicht lobte. Alexander befahl Clyto, er solte aufstehen / und sich heim packen: Der wolte aber nicht / sondern fuhr fort / Philippum und die alten Helden zu loben / Alexandrum aber zu verachten. Darüber ergrimmete Alexander dermassen / daß er aufsprang / und seinen Spieß ergreiffen wolte / aber den hatten die Diener schon verborgen. Da ward er noch zorniger / lieff in den Vor-Saal / und riß einem Trabanten die Hellepart aus der Hand. Unterdessen kam Clytus und wolte entfliehen: Alexander begegnete ihm in der Thür / fragte: Wer da wäre? Jener antwortete trotziglich / er wäre Clytus: Da durchstach ihn Alexander, daß er todt zur Erden fiel / und sprach: Gehe nun hin / Clyte, zum Philippo, zum Parmenione, zum Attalo, welche du heute als Väter gerühmet hast / und berichte sie / wie es dir ihrem Lober ergangen sey. Als aber Alexander den Rausch ausgeschlaffen hatte / und des andern Tages [561] erwachte / hat ihm diese unbedachtsame That dermassen gereuet /daß er sich selbst deßwegen erwürgen / und von niemand trösten lassen wolte / aß auch und tranck nichts in dreyen Tagen / biß daß die Obristen und das gantze Heer hervor traten / und ihn vermahneten / und beredeten / daß er sich zufrieden gab.

Eigen Lob stincket gern. Mit grossen Herren ist nicht gut schimpffen / dann sie haben lange Hände und greiffen weit um sich / wie jener recht sagte: An nescis longas Regibus esse manus! Die Welt lohnt zuletzt mit Undanck.

36. Alcmæon bekommt die Herberge bezahlt
36. Alcmæon bekommt die Herberge bezahlt.

Ehe und bevor Crœsus der Lydier König den Krieg gegen Cyrum anfieng / schickte er seine Gesandten nach Delphos / den Abgott Apollinem daselbst um Rath zu fragen. Wie diese unterwegens gen Athen kamen / kehreten sie zur Herberge ein bey Alcmæon des Medagis Sohne / einem frommen aufrichtigen Manne / welcher ihnen sehr viel und grosse Freundschafft und Dienstwilligkeit erzeigte / auch sie über die masse wohl tractirete. Als nun diese Gesandten nach vollbrachter Reise wieder heim kamen / rühmeten sie dem Könige die erwiesene Wolthaten des Alcmæon, derhalben ließ ihn derselbige gen Hof beruffen / redete freundlich mit ihm / und sprach: Weil du / ô Alcmæon, meine Gesandten so freundlich empfangen / und daher meine Gunst verdienet hast / soltu nicht meynen / daß du dessen keinen Lohn und Wiedergeltung zu gewarten habest; Dann das würde mir als einem Könige in Warheit nicht wohl anstehen / wann ich undanckbar solte erfunden werden: Derhalben thue ich dir diese Verehrung / daß du so viel Goldes /als du auf einmal tragen kanst / aus meiner Schatzkammer [562] nehmest / und mit dir nach Hause bringest.Alcmæon danckte dem Könige aufs unterthänigste /folgte dem Diener / welcher ihn zur Schatzkammer führte / und füllete nicht allein sein weites allenthalben geflicktes Kleid / Schuh und Strümpffe / sondern auch die Haar und den Mund mit dem Golde / daß es ihm davon aufgeblasen ward / trat also für den KönigCrœsum, einem Wunderthier als Menschen ähnlicher. Crœsus muste lachen über den vergüldeten und allenthalben mit Schätzen behängten und gleichsam darunter vergrabenen Alcmæon, blieb bey seiner Zusage / und verehrete ihm nicht allein dieses / sondern auch noch vielmehr dazu.


Ein Ehrliebender Mensch gedenckt der Wohlthaten ihm oder den Seinigen erwiesen.

37. Britannicus wird mit Gifft hingerichtet
37. Britannicus wird mit Gifft hingerichtet.

Britannicus ist gewesen ein Bruder des grausamen Tyrannen Neronis, und hat mit demselben einen Vatter / wiewol nicht eine Mutter gehabt. Dieser Nero ward einsmahls auf einer Fastnachts-Gasterey durchs Looß im Spielen König / und bekam alle Macht einem jeden der Anwesenden etwas zu gebieten: Da hielt er die andern Gäste zwar ziemlich höflich / und legte ihnen nichts verdrießliches oder schimpfliches auf; Seinem Bruder Britannico aber befahl er / er solte von der Tafel ausstehen / und ein Liedlein hersingen; Vermeynte / Britannicus, als solcher Zech-Lieder ungewohnt / würde darzu ungeschickt seyn /und also von jederman verlacht werden. Britannicus aber stund auf von der Tafel / gehorchet dem Königlichen Befehl / und sang ein Lied / in welchem er sich beklagte über die Unbillichkeit Neronis, von [563] welchem er des Käyserthums / welches ihme sonst von rechtswegen gebühret hätte / wäre beraubet worden / deßgleichen / daß er noch dazu geneidet und verächtlich von ihm gehalten würde / und dergleichen mehr. Diß verdroß den Tyrannen gar hefftig / warff einen tödtlichen Haß auf Britannicum, und setzte sich für / ihn mit Gifft hinzurichten. Damit diß nun füglich geschehen möchte / hat er sich folgender List gebraucht: Es war damahls bey den Römern in Gewonheit / nicht allein / daß ein dazu bestellter Diener der Fürsten Speisen versuchen und credentzen muste / ehe die Fürsten sich unterstunden davon zu essen / sondern auch / daß die junge Herren an einer besondern Taffel unfern von den Alten und Regierenden gespeiset wurden. Derhalben / als Nero seinen Mord ins Werck richten wolte /befahl er / daß die Speise / so dem Britannico solte vorgetragen werden / siedeheiß gemacht würde: Davon schmeckte der Credentzer ohne Gefahr / weil sie noch nicht vergifftet war / satzte darauf dem Britannico das Essen vor: Der war hungerig / und griff zu / konte es aber nicht essen / sondern begehrte /man solte sie kalt machen / da nahm der Credentzer kalt Wasser mit sonderlichem dazu bereitetem Giffte vermischet / goß es in die Speise / und gab sie dem jungen Herrn zu essen. Britannicus aß tapffer fort /unwissend dieser Vergifftung / befand sich aber nicht wohl darnach / sondern es vergieng ihm Essen und Trincken / Hören und Sehen / biß daß er für den Augen seines tyrannischen Bruders todt zur Erden fiel: Wie solches ausführlich beym Tacito zu lesen.


Fürsten und Herren haben sich nirgends mehr / als vor Gifft vorzusehen / weil ihnen gemeiniglich damit nachgestellet wird.

38. Dionysius wird durch eines Philosophi Spruch vom Tode errettet
[564] 38. Dionysius wird durch eines Philosophi Spruch vom Tode errettet.

Als dieser Tyrann einsmahls auf einem Jahrmarckt herum gieng / und aller Kauffleute Waaren besahe /ward er unter andern auch eines Philosophi gewahr /welcher bey den andern Krämern saß: Den fragte Dionysius: Was er feil habe? Der Philosophus gab zur Antwort: Ich verkauffe Weißheit. Wie theuer? FragteDionysius: Der Philosophus sprach: Um 600. Gülden. Da zehlete ihm der Tyrann die geforderte Summa / und begehrte / daß er ihm die gekauffte Weißheit überlieffern solte. Darauf sagte der Philosophus zu ihm:


Quicquid agis, prudenter agas, & respice finem:


Was du thust / das thue fürsichtiglich / und siehe aufs Ende.


Diesen Spruch des Philosophi pflegte nachmahlsDionysius, weil er ihn so theur erkaufft / allezeit im Munde zu führen. Nun begab sichs / daß etliche seiner grossen Tyranney und Unbillichkeit halben wider ihn zusammen schwuren / und deßwegen einen Barbierer bestelleten / welcher ihm / wann er seinen Bart abschüre / zugleich die Gurgel abschneiden solte. Der Barbierer kam seiner Gewohnheit nach zu Dionysio, demselben den Bart abzunehmen. Wie nun die Sache solte zu Werck gestellet werden / trug sichs eben zu /daß Dionysius seinem Brauch nach den obgemeldten Spruch wiederholete. Darauf erschrack der Barbierer dergestalt / daß er das Scheermesser für Zittern nicht mehr halten konte / sondern aus der Hand fallen ließ /meynete / Dionysius redete solchen Spruch mit Fleiß zu seiner Warnung / und wüste schon zuvorn [565] von der Verrätherey: Fiel derhalben Dionysio zu Fuß / bath um Gnad und Verzeihung / und offenbahrte die Conspiration. Also erfuhr Dionysius, daß er diese Weißheit nicht so theuer gekaufft hätte / sintemal ihm dieselbe sein Leben errettet hat.


Tyrannen sind nimmer ihres Lebens sicher / und der Gefahr allezeit unterworffen. Manchen klaget an sein eigen Hertz.

39. Cyrus wird von seinem Großvatter Astyage begastiget
39. Cyrus wird von seinem Großvatter Astyage begastiget.

Xenophon im 1. Buch von der Unterrichtung des Cyri erzehlet nachfolgende Geschichte: Der Fürst Cyrus kam auf eine Zeit nach Hof / und ward neben andern von seinem Groß-Vatter Astyage zur Mahlzeit geladen; Wie nun ein Gericht nach dem andern aufgetragen / und die Tafel mit allerhand Leckerbißlein erfüllet ward / auch der König und alle Höflinge bald diese / bald jene Speise versuchten / fragte Astyages seiner Tochter Sohn Cyrum: Welche Weise zu leben ihm am besten gefiele / der Persianer / bey welchen er erzogen war / oder der Meder / welche er gegenwärtig sahe Mahlzeit halten? Cyrus gab hierauf zur Antwort: Ich / hertzallerliebster Großvatter / halte es mit den Persern / und gefällt mir ihre Art zu essen weit besser. Wie so / mein lieber Sohn? Sprach Astyages. Darum /antwortete Cyrus, weil ich sehe / daß ihr eure Mahlzeiten mit grosser Mühe haltet / die Arme so offt ausdehnet / und bald diese bald jene Schüssel zu euch ziehet / bald die Messer und Hände / welche durch Antastung so unterschiedlicher Speisen offt besudelt werden / abtrucknen müsset: Da hingegen ich und meine Landsleute dieses alles nicht bedürffen / sintemahl [566] wir mit Brodt / oder zum höchsten mit einem Essen oder Gericht zufrieden sind / und uns sättigen. Ferner / als Cyrus sahe / daß der Mundschenck Saca in grossen Gnaden beym Astyage war / sprach er: Allerliebster Großvatter / dieses Amt / welches ihr demSaca anvertrauet / und deßhalben ihr ihn so hoch achtet / wolte ich eben so gut / oder auch wol viel besser / verrichten / weil ich sehe / daß Saca mit dem Becher nicht wol umgehet / und so offt er ihn überreichet /das beste davon trincket: Astyages war hiemit wohl zufrieden / vergönnete darauf Cyro, daß er das Schenck-Amt verwalten möcht / und nahm es vonSaca. Wie man nun wieder Mahlzeit halte solte /spülte Cyrus das Geschirr fein rein aus / und wie er dasselbe voll geschencket / überreichte ers mit grosser Ehrerbietung / Astyages nahm es von des Cyri Hand /sprach darneben: Lieber Sohn / du hast die Schenck-Kunst vom Saca sehr wohl gelernet / machest auch alles sehr wohl / aber eins hastu vergessen / dessen ich dich billich erinnere: Wie kommts / daß du den Trunck nicht zuvor credentzest / und / wie zuvor Saca zu thun pflegte / versuchest? Cyrus sprach: Die Ursach dessen / allerliebster Großvatter / ist diese / daß ich mich befürchte / es möchte Gifft im Becher seyn /daraus ihr trincket. Wie das / Cyre? Sprach Astyages, wie kömmestu auf diese Gedancken? Cyrus sagte: Nicht ohne Ursach habe ich mich dafür gefürchtet /weil ich gesehen / daß ihr / allerliebster Großvatter /und euer gantzes Hofgesinde an dem Tage / da euer Geburts-Tag begangen / und eben aus diesem Becher tapffer herum getruncken ward / gantz närrisch und unsinnig wurdet: Eure Augen waren dunckel / und starreten im Kopffe / die Zunge sammlete / ihr sunget allerley seltsame Lieder / die kein [567] Mensch / ja ihr selbst nicht verstundet / und schwuret dazu bey allen Göttern / daß sie lieblich anzuhören wären: Die Füsse waren unflätig / und taumelten von einem Ort zum andern: Kürtzlich / ihr allerliebster Großvatter / hattet des Königreichs / und eure Mitzecher ihrer unterthänigen Pflicht vergessen / weil niemand that / was ihm gebührete. Dieser Ursach halber habe ich nicht wollen aus eurem Becher trincken / weil ich mich gefürchtet habe / ich möchte auch meiner Sinnen beraubet werden: Was sonst denckwürdiges mehr bey dieser Gasterey fürgefallen / ist zu lesen bey vorgemeldtem Xenophonte.


Die Natur ist mit wenigem vergnüget: Der Uberfluß in Essen und Trincken dienet zu nichts / sondern erwecket allerhand Laster / Geilheit / Uppigkeit / ja auch Kranckheit / und verkürtzet des Menschen Leben.

40. Vom Sprichwort: Haut curat Hippoclides
40. Vom Sprichwort: Haut curat Hippoclides.

Clisthenes der Sicyonier König hatte eine Tochter Nahmens Agaristha, welche schöner Gestalt war /daß alle Griechische Jünglinge / aus den vornehmsten Geschlechten / nach ihr freyeten / auch zu dem Ende sonderbahre Versammlungen und Schauspiele anstelleten / darinn ein jeder seine Tugenden / und was er gelernet / sehen ließ. Unter diesen Freyern war auchHippoclides, ein feiner geschickter Jüngling / welcher dem Vatter Clistheni nicht übel gefiel / sintemal er ein gantzes Jahr lang (dann so lang versuchte er die Freyer) alle wohl anständige Tugenden an ihm verspüret hatte: Daher dann ohne Zweiffel Hippoclides die Braut davon geführet hätte / wann er nicht in einem geringen Dinge gefehlet / und des Clisthenis Gunst [568] verlohren hätte. Dann als er einsmahl auf einer Gasterey tantzete / mißfiel die Leibs-Bewegung demClistheni dergestalt / daß er überlaut rieff: Hippoclides, du hast die Braut mit deinem Tantz verschertzet. Wiewohl dieser nun die Jungfrau sehr lieb hatte / und gern geehliget hätte / jedoch / weil er sahe / daß alle Hoffnung zu solcher Heyrath verlohren war / fassete er einen Muth / antwortete dem Clistheni so bald /und sprach: Haut curat Hippoclides, als hatte er sagen wollen: Mein lieber Clisthenes, bist du ein solcher / der einem sonst geschickten Jünglinge nur darum seine Tochter versagen darff / weil er nicht wol hüpffen und tantzen kan / wolan! So gehab dich wol /behalt deine Agaristham immerhin / Hippoclides fragt nichts darnach / wird ohne sie wohl ein Weib bekommen. Gieng hiermit davon.


Eltern sind billich vorsichtig in Verheyrathung ihrer Kinder / jedoch muß man um so einer nichtigen und albern Ursach willen die Heyrath nicht abschlagen / sintemal ohne dem niemand überall vollkommen ist.

41. Vom Sprichwort: Cretiza cum Cretensi
41. Vom Sprichwort: Cretiza cum Cretensi.

Dieses Sprichworts (wie Erasmus erzehlet) gedencket Plutarchus in Beschreibung des Lebens Lysandri wie auch Pauli Æmilii, und bedeutet so viel / als wann ich sagte: Gegen den / welcher dich betreugt / oder dir vorleugt / gebrauche dich hinwiederum des Betrugs und der Lügen. Dann gleichwie heutiges Tages die Juden wegen ihres unmäßigen Wuchers und Betrugs so einen bösen Nahmen und Gerücht haben / daß /wann man einen Wucherer schelten will / man denselben einen rechten Juden nennet. Also waren die Creter wegen ihrer groben [569] Lügen und Falschheit zu ihrer Zeit so übel berüchtiget / daß / wer einen Lügner bestraffen wolte / der nennete denselben einen Cretenser. Dieses Laster bestrafft auch der Poet Epimenides selbst / wie dessen Vers der Apostel Paulus anziehet /in dem 1. Cap. der Epistel an den Titum / wann er spricht: Es hat einer aus ihnen gesagt / ihr eigener Prophet (nemlich Epimenides, welchen die Creter dafür hielten) die Creter seynd immer Lügner / böse Thiere und faule Bäuche. Es findet sich aber der Anfang dieses Verses (die Creter seynd immer Lügner) auch beym Poeten Callimacho in seinem Gedichte /welches er wider die Creter zum Lobe des heidnischen Gottes Jupiter geschrieben / in welchen er sie der grösten Thorheit überzeuget / indem sie sich rühmeten /daß des Jupiters Grab bey ihnen verwahret wäre / da doch derselbige unsterblich seye. Hat also das Wortcretiziren bey den Griechen so viel bedeutet / als lügen. Es kan aber auch / nach Suidæ Meynung / so viel heissen / als daß es vergebens sey / sich der Lügen zu gebrauchen / bey einem Meister im Lügen. Oder einen arglistigen Fuchs und Betrieger fangen und betriegen wollen.


Grobe Laster können wol einem gantzen Volcke und Land ein ewiges böses Gerücht erwecken. Betrug mit Gegen-Betrug zu vergelten ist zwar politisch / aber nicht Christlich / sintemal niemand Böses mit Bösem vergelten soll.

42. Vom Sprichwort: Stultior Melitide
42. Vom Sprichwort: Stultior Melitide.

Melitides ist einer von den glückseligen Narren / welche der weitberühmte Poet Homerus in seinen Gedichten einzuführen gewürdiget hat. Diese war so alber / dumm und ungeschickt / daß er durch keine Arbeit oder Fleiß über fünffe konte zehlen lernen /wie [570] Plutarchus von ihm schreibet. Als er ein feines Mägdlein zum Weibe genommen hatte / wolte er durchaus nicht bey ihr liegen / dann er beforchte sich /seine Braut möchte sich über diese grosse Kühnheit erzürnen / und ihn deßwegen bey ihrer Mutter verklagen. Dieses närrische Abendtheuer kam nach längst eroberter und verbrandter Stadt Troja / und woltePriamo dem Trojanischen Könige Hülffe und Beystand leisten. Er konte auch mit allen seinen Sinnen nicht ergründen / ob ihn die Mutter oder der Vatter an die Welt gebohren hätte. Wie ihn einsmals zu Abendszeit / als schon das Licht angezündet war / die Flöhe jämmerlich bissen / löschete er mit grosser Behutsamkeit das Licht aus / in gewisser Hoffnung / es würden durch dieses Mittel seine Feinde von ihrer Grausamkeit abstehen müssen / weil sie ihn im finstern gewiß nicht würden finden können.


Narren müssen auch in der Welt seyn. Sind aber den Verständigen eine Anleitung zur Danckbarkeit für die ihnen vor manchen Unwitzigen verliehene Göttliche Gaben.

43. Vom Sprichwort; Asini tondes: oder Ab asino lanam
43. Vom Sprichwort; Asini tondes: oder Ab asino lanam.

Dieses Sprichworts gebraucht sich Aristophanes, wie auch eines andern gleichgültigen / nemlich: Asino lanam: das ist: Du forderst Wolle von einem Esel. Es wird aber solches gesagt und gebraucht / wann man will andeuten / daß einer ein thörichtes und vergebliches Ding vornehme / davon gar kein Nutze zu gewarten ist / und daß es derhalben besser sey / von sothanigem Beginnen abzustehen / als dasselbe ins Werck zu richten. Und ist die Ursach dieses Sprichworts genommen von der Haut des Esels / [571] welche vieler und dicker Harlocken halber weder gekämmet /noch aus Mangel der Wolle beschoren werden kan.


Unnützliche und vergebliche Dinge vornehmen / ist thöricht.

44. Vom Sprichwort: Asinus apud Cumanos
44. Vom Sprichwort: Asinus apud Cumanos.

Lucianus erzehlet eine Fabel von einem Esel bei den Cumanern / welcher / überdrüßig der vielfältigen und schweren Dienstbarkeit / das Jochseil zerbrochen /und seinem Herrn entlauffen sey / wie er nun in einen Wald gekommen / habe er in demselben ungefehr eines erschlagenen Löwens Haut gefunden / dieselbe angezogen / und sich darinn wie ein Löwe gestellet /auch beyde Menschen und Vieh mit seiner Gestalt und Stimme erschrecket / weil in dem Lande kein Löwe bekannt / noch jemahls von den Einwohnern desselben war gesehen worden. Auf diese Weise habe der Esel in der Löwens-Haut eine geraume Zeit in dem Lande geherrschet / und habe sich jederman für ihm fürchten müssen / biß daß zuletzt ein fremder Gast an denselben Ort gekommen / welcher offtermahls so wol Löwen / als Esel gesehen / und derhalben gar leicht einen Unterscheid zwischen beyden wuste zu machen. Also habe ihn derselbe so bald an seinen langen herfürschiessenden Ohren und andern Merckmahlen erkannt und ihn (mit grossem gelächter der Einwohner / welche ihn lange Zeit als einen Löwen gefürchtet hatten) mit Prügeln wieder zum Gehorsam bracht / und seinem vorigen Herren überantwortet. Kan also dieses Sprichwort gebraucht werden von denjenigen / welche / ob sie schon närrisch und unverständig sind / [572] dennoch bey unbekandten Leuten hoch gehalten und geehret werden / oder auch / welche sich grosser Dinge unterstehen / darzu sie doch untüchtig sind.


Niemand soll sich dessen unterwinden / welches ihm zu hoch ist / sonst wird er darüber doch endlich zu Spott und Schanden.

45. Vom Sprichwort: Asino dat ossa
45. Vom Sprichwort: Asino dat ossa.

Gleichwie ein Esel / wann man ihm Knochen fürwirfft / mit denselben so nicht weiß umzugehen / wie der Hund / und derhalben solche ihm gantz unnützlich seynd: Also kan man auch dieses Sprichwort nicht unbillich gebrauchen von denjenigen / welche einem etwas verehren / welches ihnen unnützlich ist / und damit sie nicht wissen umzugehen. Deßgleichen wann man einem ein Amt anvertrauet / welches er nicht verwalten kan: Als wann man einem unverständigen Läyen das Predigt-Amt / einem Gelehrten einen Hauptmanns-Dienst / oder einem Bischoff eines Jägers Amt anvertrauete. Dann auf solche Weise wird nicht allein den Aemtern / sondern auch sothanigen Verwaltern derselben übel gethan / dieweil sie es nicht verstehen noch verwalten können / und dadurch in Schimpff und Schaden gerathen.


Unnütze Dinge muß man niemanden anmuthen / noch einem ein Wort vertrauen / dazu er untüchtig ist.

46. Vom Sprichwort: De Asini prospectu litigare
46. Vom Sprichwort: De Asini prospectu litigare.

Nachdem wir auf diese Materie, und Sprichwörter von des Esels Natur genommen / kommen sind / will ich noch eins hinzu setzen / so genommen ist aus folgender Geschicht. Es hatte einsmahls ein Töpffer unterschiedliche Arten der Vögel von [573] Thon verfertiget /und dieselbe in seine Werckstatt für dem Fenster stehen. Da trug sichs zu / daß ein Esel / indem er starck vom Esels-Treiber getrieben ward / seinen Kopff in des Töpffers Fenster bekam / und alle diese aus Thon gemachte Vögel herunter auf die Erden warff / und verdarb. Diß verdroß den Töpffer / gieng derhalben hin / verklagte den Eseltreiber vor Gericht: Und als er gefraget ward / warum er ihn angeklagt habe? Hat er geantwortet: De asini prospectu, das ist / von wegen des Esels Einsehen / oder Einguckens. Andere wollen / daß es lebendige Vögel gewesen / welche wegen des Esels plötzlichen und unversehenen Einfalls erschrocken seyn / und die Gefässe zerbrochen haben. Es wird aber dieses Sprichwort gebraucht von geringen und nichtswürdigen Dingen / darüber man mit einem Zanck und Zwietracht anfängt.


Thörichte und ungeschickte Leute sind es / welche um geringer Ursachen willen viel Streits und Gezänckes erre gen.

47. Vom Sprichwort: Neque natare, neque literas didicit
47. Vom Sprichwort: Neque natare, neque literas didicit: Und von etlichen Schwimmern.

Dieses Sprichwort gebraucht man von einem groben und ungeschickten Tölpel / der gar nichts verstehet oder tauget. Es haben aber so wol die alten Römer als Griechen auf die Schwimme-Kunst sehr hoch gehalten / daher gebeut auch Plato und nach ihm Aristoteles, daß neben andern freyen Künsten die Jugend auch im Schwimmen solte geübt und abgerichtet werden. Und in Warheit diese Kunst ist nicht zu verachten / sintemahl dieselbe dem Menschen offtermahls sein Leben errettet; Wie dann Herodotus in [574] seiner Urania meldet / daß in der Schiff-Schlacht bey Salamine, welche die Griechen mit dem Persischen Könige Xerxe gehalten /viel der Griechen durch das Schwimmen davon kommen / und ihr Leben errettet haben / da hingegen viel Persianer ihre Unerfahrenheit im Schwimmen mit dem Leben büssen / und im Meer ersauffen musten. Sertorius, nachdem er im Cimbrischen Kriege sehr verwundet worden war / ist gewapnet und mit einem Harnisch angethan über den starckfliessenden Rhodanum geschwummen / und also den Feinden entrunnen / wie Plutarchus zeuget.

Es gedencket Alexander ab Alexandro im 21. Cap. seines 2. Buchs eines Schwimmers / der in einem Tage / wann schon das Meer hefftig gebrauset und grosse Wellen aufgeworffen hat / auch bey Herbstzeiten / von der Insul Enaria (nicht weit von Neapolis gelegen) nach Rochytam hin und herschwimmen gekont hat. Es liegen aber solche Oerter 50. Stadia oder über anderthalb teutscher Meilen von einander. Diesen aber hat noch weit übertroffen der DänischeColan oder Niclaß / von deme viele Scribenten / und insonderheit Pontanus, der es selbst gesehen hat /warhafftig berichten / daß er nicht anders als ein Meer-Thier mehrentheils in Wassern gelebt hat / und von stätigen Schwimmen nicht ist müde worden /daher er über die 15. Meilen nach einander hat fortschwimmen können / und mitten in weit entlegenem Meer offtermahls bekannten Schiffleuten begegnet ist / die ihn dann bißweilen zu sich in die Schiffe genommen haben / weil er aber lieber mochte im Wasser seyn / ist er / so bald er sich nur ein wenig erholet und Athem geschöpfft hat / wieder ins Meer gesprungen /und davon geschwummen.

[575] Schwimmen ist zwar eine Kunst / die nicht zu verachten ist / dennoch bezeugt die Erfahrung / auch daß die erfahrensten Schwimmer offtmahls am allerersten ersauffen / derowegen man sich desto mehr fürzusehen / und nicht allen Wassern zu trauen hat.

48. Vom Sprichwort: Areopagita incorruptior taciturnior
48. Vom Sprichwort: Areopagita incorruptior taciturnior.

Zu Athen war ein schlechter und unansehnlicher Ort /mit Rohr oder Stroh gedecket / und Areopagus genannt / in welchem alle wichtige Sachen gerichtlich entschieden und geurtheilet wurden. Es war aber dieser Ort wegen Aufrichtigkeit / Weißheit und Verschwiegenheit der Richter berühmt und hochgehalten / daß auch die Götter selbst sich diesem Gericht und Urtheil der Areopagiten zu unterwerffen erbothen haben. Daher ist entsprungen das Sprichwort: Areopagita incorruptior, taciturnior, das ist: Er ist aufrichtiger und verschwiegener als ein Areopagit; Welches gebraucht wird von einem Richter der sich weder durch Gunst noch Haß / weder durch Freundschafft noch durch Feindschafft / noch durch einige Geschencke bestechen läst / daß er ein partheyisch Urtheil fälle. Damit aber aus Anschauen der Personen weder Furcht noch Mitleiden an ihnen erweckt würde /haben sie nicht bey Tage / sondern bey Nacht Gericht gehalten: Auch nicht zugelassen / daß die streitige Partheyen oder deren Advocaten sich einiger Vorrede oder umschweiffiger Rede gebrauchten / sondern durch ein besonder Gesetz befohlen / daß der Sachen Beschaffenheit nur, schlechtlich erzehlich würden damit nicht die Richter durch die annehmliche Ueberredenheit verführet / ein unrecht Urtheil fälleten. Ein Exempel einer im Areopagitischen Gericht gesprochener [576] Sententz finden wir beym Ammiano Marcellino im 19. Buch seiner Geschichte / welches zwar im ersten Anblick lächerlich zu seyn scheinet / wann man es aber was reiffer betrachtet / nicht so gar ungereimt ist.

Ein Weib / Nahmens Smyrnæa, ward angeklagt vor dem Dolabella, daß sie ihren Sohn und Ehemann durch Gifft hingerichtet hätte. Das Weib gestund zwar die That / sagte aber sie wäre durch die natürliche Liebe darzu getrieben worden / weil die beyde ihren hertzlieben Sohn / welchen sie mit einem andern Manne in voriger Ehe gezeuget / als Meuchelmörder umgebracht hätten. Dolabella konte die Sache nicht entscheiden / verwieß derohalben die Partheien an dieAreopagiten / welche nach Erkäntniß der Sache diesen Bescheid ertheilten: Daß der Kläger und die Beklagte schuldig seyn solten / nach verflossenen 100. Jahren wiederum persöhnlich zu erscheinen / und das End-Urtheil anzuhören. Aber darum urtheileten sie also damit sie nicht nöthig hätten / die Mörderin loß zubrechen / oder dieses Weib / welches mehr aus mütterlicher Zuneigung / als Blutdürstigkeit den Tod ihres jeden Sohns gerächet hätte / mit der Straffe des Todschlags zu bestraffen. Ein ander Exempel eines Areopagitischen Urtheils ist zu lesen beym Aristotele zu seinem ersten Buche von guten Sitten.

Aufrichtigkeit und unpartheiligkeit stehet einem Richter sehr nahe an / aber wie viel findet man deren wol heut zu Tage.

49. Vom Sprichwort: Syncretismus
49. Vom Sprichwort: Syncretismus.

Dieses Sprichwort ist bey nahe allen Gelehrten in der Welt auff der Zungen / und schreibt Erasmus in seinen Sprichwörtern davon also: Syncretismus, spricht er / ward nach dem Cretischen [577] Sprichwort genant /wann es geschahe / daß diejenige / welche die ärgsten Feinde gegen einander scheineten zu seyn / unversehens sich vereinigten und vertrugen / welches sich dann gar oft pfleget zubegeben / insonderheit wann ein solch Unglück vorhanden war / welches beyden Theilen konte schädlich seyn. Dieses Sprichworts gedencket auch Plutarchus, und erkläret es in seinem Buch von der brüderlichen Liebe / da er spricht: Uber diß so must du dieses in acht nehmen wann Brüder unter sich uneins sind / daß du es alsdann mit ihren Freunden haltest / mit denselben essest und trinckest /hingegen derselbigen Feind und Widersacher meidest / und hierinn nachfolgest dem Exempel der Creter /welche gar offt / wann sie mit einheimischen Kriegen und auffruhren beladen waren / und ein fremder Feind sie anfiel und bekriegte / ihren einheimischen Haß und Zwietracht fahren liessen / und mit gesamter Hand gegen den Feind fochten / und dasselbe nenneten sie Syncretismum. Und kan also dieses Sprichwort füglich gebraucht werden von denjenigen / wel che Freundschafft und Frieden mit einander machen darum weil einer des andern Hülffe von nöthen hat oder / damit sie mit gesamter Hand einen gemeinen und beyden Theilen widrigen Feind angreiffen und dämpffen. Wie es denn heutiges Tages gar gemein ist / daß diejenigen offtmals die Waffen zusammen fügen / welche doch sonst im Hertzen Feinde untereinander sind.


Falschheit spielet Meister in der Welt / bey nahe mehr als eine andere Laster / hält aber gleichwol auffs letzte den Stich nicht. Und vergleichen sich solche Syncreticirende nicht uneben an den Füchsen des Simsons / welche mit den Schwäntzen zusammen gebunden waren /mit den Köpffen aber unterschiedene Wege suchten.

50. Vom Sprichwort: Orci galea
[578] 50. Vom Sprichwort: Orci galea.

Dieses Sprichwort pflegt man zu gebrauchen von denjenigen / welche sich durch sonderbahre Künste können unsichtbar machen und verbergen: Davon lieset man folgende Fabel.

Acrisius, ein König der Argivorum schickte einsmahls seine Gesandten nach Delphos, den Abgott daselbst wegen Ertödtung seiner männlichen Erben zu fragen / bekam aber diese Antwort; Daß seine Tochter die Danae einen Sohn zur Welt gebähren würde von welchen er würde erschlagen werden. Hierüber istAcrisius sehr erschrocken / und hat so bald einen starcken Thurm bauen lassen / darinnen er die Tochter verschloß damit sie zu keinem Manne kommen möchte; Aber Jupiter hat die Danaëm lieb gewonnen sich in einen güldenen Regen verwandelt / durchs Dach in ihren Schooß herein gelassen / und geschwächet. Also ist sie schwanger worden / und hat einen Sohn gebohren / Nahmens Perseus. So bald nun der Vater solches erfahren / hat er beyde / so wol den Sohn / als die Mutter in ein Gefäß gethan / und ins Meer gestürtzet. Es begab sich aber / daß sie an die Insul Seripho getrieben / und von dem Dictys auffgenommen wurden. Wie nun Perseus erwachsen war / hat er von den dreyten Töchtern des Phorci bekommen Geflügel /und den Helm Plutonis, welcher die Natur hatte / daß / wer denselben aufhatte / sahe alle die er wolte /wurde aber von niemand wiederum gesehen. Hiermit auffs beste gerüstet ist Perseus zu denen Gorgonibus geflogen. Diese Gorgones waren drey Schwestern /Namens Euriale, Sehenio und Medusa, grausamer Gestalt mit Drachen-Köpfen / [579] und grossen Schweins-Zähnen / geflügelt / und hatten die Krafft / daß wer sie anschauete / so bald in einen Stein verwandelt wurde. Weil aber die Medusa von diesen dreyen allein sterben kunte / ergriff sie Perseus, und schnitt ihr den Kopff ab. Wieweit nun die andern zwo Schwestern hinzuflogen den Perseum zu verfolgen / ist er doch durch Hülffe des Plutonischen Helms unverletzt davon kommen. Nach diesem hat er den Polydecten umgebracht / welcher war ein Bruder des Dictys, der die Danaën der Persei Mutter suchte zu verunehren. Er hat auch seinen Alt-Vater den Acrisium, wiewol unwissend / erschlagen / und sonst grosse Thaten gethan: Daß also dieses Sprichwort auch nicht unbillich von denjenigen kan gebraucht werden / welche alle Sachen glücklich und nach Wunsch ausrichten.

Dem Rath GOttes kan niemand widerstreben. An dem unflätigen Jupiter siehet man / was für Götter die Heyden gehabt haben. Der Christen wahrer Helm / mit welchem sie bestehen können gegen alle listige Anläuffe der höllischen Medusa / ist das Wort und die Krafft GOttes.

51. Wie die alten Teutschen den Ausgang der Kriege erkundiget haben
51. Wie die alten Teutschen den Ausgang der Kriege erkundiget haben.

Cornelius Tacitus meldet in seinem Büchlein von den Sitten der Teutschen / daß / wann diese Bäcker mit den Römern / oder andern fremden haben Krieg geführet / und den Ausgang desselben gerne zuvor wissen wollen / daß sie alsdann nachfolgende Verba gebraucht. Sie haben sich befliessen einen von den Feinden zu überkommen / entweder mit öffentlicher Gewalt / oder durch List. Denselben Gefangenen stelleten sie auff einen Platz mit eben denselben Kleidern[580] und Waffen angethan / wie sein Volck trug / mit welchem die Teutschen kriegeten: Darnach erwehleten sie einen aus ihren Soldaten / der muste mit dem Gefangenen fechten / auch seines Volcks und Lands-Leute Kleider und Waffen gebrauchen. Wann es nun geschahe / daß der Teutsche den Gefangenen und Fremden überwand und tödtete / so hofften sie / und hieltens gewiß dafür / daß sie auch ihren Feinden obsiegen würden. Trug sichs aber zu / das der Fremde den Teutschen erschlug / so meynten sie / es würden die Feinde gegen sie siegen.


Zukünfftige Dinge / sonderlich durch abergläubische und verbotene Mittel zu erforschen / ist grosse Thorheit.

52. Unvorsichtige Freundschafft bringt manchen in Unglück
52. Unvorsichtige Freundschafft bringt manchen in Unglück.

Derjenigen Leute werden sehr viel / leyder! gefunden /welche zwar gar süsse Worte geben / und sich als die besten Freunde stellen können / da sie doch Gall im Hertzen haben / die ärgesten Feinde seynd / und nur darnach streben / wie sie einen in Unglück stürtzen mögen / von welchen nicht unbillig jener dort singet:


Mel in ore, fel in corde,
Verba lactis, fraus in factis.

Das ist:


Sie haben Honig im Munde / aber Gall im Hertzen: Reich in Worten / Betrug in Thaten oder Wercken. Ein Exempel solcher tückischen Freundschafft erzehlet Leirus im 4. Buch seiner Jahr-Geschichte. Sejano, welcher beym Käyser Tiberio in grossen Gnaden nur hassete im Hertzen Germanicum des Tiberii bey der Sohn und dessen Hauß-Frau Agrippinam, [581] wie auch alle die / so dem Germanico an hiengen / und ihm gewogen waren: Unter welchen auch war ein vornehmer Römischer Edelmann / mit Nahmen Titus Sabinus. Dessen Gemüth und was er vom Tiberio und Sejano hielte / zu verrathen / machten vier falsche Bößwichter / Latiaris, Portius, Petilius und Opsius diesen gefährlichen Anschlag. Latiaris, welcher mit den Sabino ziemlich bekandt war / muste sich öffters zu ihm gesellen / bald den Germanicum loben / bald des Sabini Beständigkeit rühmen: Da meynete der gute Sabinus, er hätte einen rechten treuen Freund am Latiare, offenbarete ihm demnach sein gantzes Gemüth /fieng an zu klagen über des Sejani Grausamkeit und Übermuth / und daß er nach dem Reich stünde / schonete auch in solchen Reden des Tiberii selbsten nicht. Ob nun wol diese vom Latiare heraus gelockte Worte genug waren / den Sabinum ins Verderben zustürtzen / so konte sie doch Latiaris, weil er sie nur allein gehöret / mit keinem Zeugen im Fall der Noth beweisen. Derwegen verbarg Latiaris die übrigen drey Gesellen / Portium, Petilium und Opsium oben in seinem Hause / und führete darauff Sabinum in das Gemach /in welchem seine Gesellen lagen und laureten; Fieng an vom Tiberio und Sejano viel böse Stücke zu erzehlen / und dieselbe zu verachten. Bey dieser Gelegenheit schüttete Sabinus sein gantzes Hertz gleichsam gar aus / klagte nochmahls über die Boßheit Sejani und Tiberii, verschwieg nichts / sondern redete frey von ihnen / wie ihm ums Hertz war. Die Laurer hörten fleißig zu / klagten darauff den Sabinum beymTiberio an / als einen / der die Majestät gefrevelt hätte / unn machten in kurtzen daß er nicht allein in dem Kercker geworffen / sondern [582] auch ohne einige Verantwortung erwürget ward.


Das mag wol heissen / wie man im gemeinen Sprichwort sagt: Traue / aber sieh zu / wem du trauest.

53. Von etlichen Wunder-Brunnen
53. Von etlichen Wunder-Brunnen.

Man verwundert sich zwar nicht unbillig über, das Wasser des Meers / welches / ob es schon sonst bitter und gesaltzen ist / dennoch durch die Erde / dadurch es fleust / gereiniget wird / daß es süsse Flüsse und Brunnen gibt. Es sind auch verwunders werth die Saltz-Brunnen / welche nach Absiedung des Wassers köstlich Saltz geben. Aber man findet gleichwol dieser Dinge natürliche Ursachen. Wann man aber ansiehet andere Wunder-Brunnen / deren etliche Exempel hernach folgen / so muß die Vernunfft einhalten / und sich entsetzen.

An dem Berg Atlante in Africa entspringen etliche Brunnen / die so gar kalt sind / daß niemand die Hand / er wolle sie dann verderben / darein stecken kan. Augustinus gedencket eines Brunnens / der zu Mittage in der grösten Hitze so kalt ist / daß man ihn kaum trincken kan / nach der Sonnen Untergang aber biß zu Mitternacht immer kälter / und gegen Mittag am allerkältesten wird. In Peru ist ein Brunne / daraus daß Wasser quillet / wann es aber heraus geflossen ist / verändert es sich in einen Stein / davon man Häuser bauen kan / welche lange wären: Und so jemand von Menschen oder Viehe von diesem Wasser trincket /wird er sterben / so bald es im Leibe zu einem Stein wird. In Hilbernia ist Wasser / welches / so man ein Holtz darein stecket / die Natur hat / daß dasjenige[583] Theil des Holtzes / welches im Schlam steckt / zu einem Stein / das andere / so vom Wasser bedeckt wird / wird zu Eisen / das übrige Theil aber ausser dem Wasser bleibt Holtz / wie zuvor. Nicht weit von Jena über der Saal liegt ein Brunnen / der Fürsten-Brunn genannt / welcher / so man Holtz / Laub oder dergleichen hinein legt / dasselbe mit einem / wiewol nicht gar harten Stein überziehet / und findet man in demselben Bächlein / so daraus entspringt / Frösche und ander Ungezieffer / welche mit solchen Steinen überzogen / todt da liegen. Anderer vieler Wasser und warmen Bäder zu geschweigen / muß man sich verwundern über den Wunder-Brunnen / welcher in Meissen bey der Zwönitz einem Bauren zugehörig im Jahr 1608. von einem alten Weib erfunden ist / dahin die Leute fast von allen Orten gezogen / und dessen Wasser man weit und breit weggeführet und verkaufft hat. Wer dasselbe im Trincken oder im Baden recht gebraucht hat / der ist von seiner Kranckheit in kurtzem genesen und wieder gesund worden: Weil man aber nicht recht damit umgangen ist / noch GOtt dem HErrn gnugsam dafür gedancket hat / ist der Brunn bald vertrucknet. Für 220. Jahren ist unfern von der Elbe ein Brunn entsprungen / Glonach genannt / welcher zu Friedens-Zeiten die Leute wie der beste Wein / frölich gemacht / zu Kriegs-Zeiten aber Blut und Asche geführet hat. Es ist bekant / was für Wunder-Brunnen ungefehr vor 10. Jahren / im Dorff Hornhausen / in der Graffschafft Ascanien / in Nieder-Sachsen gelegen / entsprungen sind / durch deren rechten Gebrauch allerhand krancke und gebrechliche Menschen / Krumme / Lahme / Taube / Stumme / und dergleichen [584] sind gesund worden. Und haben sich viel 1000. Menschen / Fürsten und Herren / Edle und Unedle /Bürger und Bauren / Gesunde und Krancke / dahin begeben.

Groß und viel sind die Wunder des Allerhöchsten /welche von seiner Göttlichen Allmacht ein genugsames Zeugniß geben / und zu seinem Lobe täglich anmahnen.

54. Zweyer Freunde Gleichheit in allen Dingen
54. Zweyer Freunde Gleichheit in allen Dingen.

Gemachte Freundschafft ist offtmals besser / als natürliche: Insonderheit wann die Freunde eines Willens und Sinnes seynd / zu einerley Sachen Lust haben /und einerley Natur seynd. Ein Exempel einer sothanigen ungeferbten Freundschafft haben wir an dem Philostrato und Hippoclide, welche zwey recht vertraute Freunde waren / unter welchen die Natur gleichsam selbst die Verbündniß gemacht hatte. Dann erstlich waren sie beyde auff einen Tag zur Welt gebohren /und also eines Alters: Darnach so hatten sie auch beyderseits Lust zu der Epicurischen Philosophie, und übten sich darinnen von Jugend auff / wurden auch beyde einem Lehrmeister zu unterweisen anvertrauet: Ihre Güter und Vermögen waren auch gleich / und zuletzt gemein unter ihnen. Da sie nun in solcher vertraulichen Freundschafft viel Jahre angebracht / und einer sich des andern erfreuet hatte / hat der Tod diese beyde selbst so hart verknüpffte Hertzen nicht wollen von einander reissen / sondern gleichwie sie in einem Tage waren gebohren worden / also stürben sie auch beyde in einem Tage dahin.


Ein recht aufrichtiger und vertrauter Freund ist besser als ein großes Schloß oder einiger Reichthum.

55. Philopomenon wird vor einen seinen Diener angesehen
[585] 55. Philopomenon wird vor einen seinen Diener angesehen.

Daß offtmals die äusserliche Gestalt und Kleidung einem ein Ansehen bey den Leuten mache / solches erscheinet aus nachfolgender kurtzweilichen Geschichte / welche Plutarchus auffgezeichnet hat. Der fürtrefflichste Kriegs-Obriste Philopomenon wolte bey einem seiner alten bekanten Freunde einkehren /that ihm derhalben solches etliche Tage zuvor zuwissen. Wie nun der Hauß-Herr seinen angenehmen Gast erwartete / bereitet er sein Hauß / und alle hierzu nöthige Dinge / befahl seiner Haußfrauen / daß sie die Mahlzeit zubereitete / und die Taffel verfolgete / er selbst aber gieng hin / etwas darzu einzukauffen. Unterdessen ko t Philopomenon ins Hauß gegangen /und weil er der Haußfrauen gantz unbekant / darzu heßlicher Gestalt / und schlecht bekleidet war / hat ihn die Wirthin vor einen des Philopomenis Diener angesehen / und also nicht viel geehret oder respectirt / ja befiehlt ihm auch endlich / er solle ihr / weil sie geschäfftig wäre / behülfflich seyn / und was Holtz hauen / damit die Speisen fein gar würden / und seinem Herrn desto besser schmeckten. Philopomenon, der merckte / daß sie ihn nicht kante / that was ihm befohlen war / und hauete tapffer auffs Holtz zu / biß daß der Wirth wiederum nach Hauß kömmt: Als der den Philopomenon in voller Arbeit geschäfftig siehet / verwundert er sich / entsetzet sich hefftig / und spricht: O mannhaffter Held / wer hat dir immermehr die knechtische Arbeit auffgetragen / wie kömmstu doch zu so beschwerlichen Geschäfften? Philopomenon fieng an [586] zu lächeln / und sprach: Mein lieber Freund / daß hat meine heßliche und unansehnliche Gestalt und schlechte Kleidung gethan / kehre dich hieran nur nicht / wir wollen unser hinfort besser pflegen.


Unverständige Leute urtheilen nach den äusserlichen Kleidern / aber weise und kluge nach den innerlichen Gaben des Gemüths.

56. Der Bruder- und Schwester-Mörder Cambyses
56. Der Bruder- und Schwester-MörderCambyses.

Koenig Cyrus verließ nach seinem Tode zween Söhne / den Blut-Hund Cambysem, und dessen BruderSmerdem, welcher von andern Artexerxes, von andern Trancoxares genannt wird. Der ältere Cambyses hatte von den jüngern Bruder diesen Traum: Ihn dauchte daß ein Bote aus Persien käme / und ihn berichtete / Smerdes wäre zum Königlichen Throne erhoben worden. Wie nun der Narr erwachte / meynte er / der Traum würde wahr werden / und Smerdes würde ihn tödten / und also das Reich an sich bringen. Diesem Ubel vorzukommen / schickte er seinen treuen Rath Prexaspem, (welchen er doch auch endlich übel belohnet hat / wie droben gemeldet) nach Susa in Persien / dahin sein Bruder Smerdes gereiset / oder vielmehr von dem tollen Tyrannen Cambyse verschlupfft war / mit Befehl seinen Bruder zu tödten / welcher diesem auch also ist nachkommen / und den gutenSmerden, unter dem Schein / als wolte er ihn auff die Jagd führen / im todten Meer erträncket hat.

Nachdem er nun den Bruder auf solche Weise aus dem Wege geräumet hatte dürstete ihn wieder nach Blut / und ließ demnach seine hinterstellige leibliche[587] Schwester (welche er beydes wider natürliche und auch ordentliche Land-Rechte zur Ehe genommen hatte) auch erwürgen / mit welchen Morde es / nach Erzehlung Plutarchi im 3. Buch / also ist zugangen.

Als auf eine Zeit Cambyses Ergötzlichkeit und Lusts halber einen Hund und jungen Löwen für der Tafel mit einander kämpffen ließ / und der Löwe dem Hunde (wie leichtlich abzunehmen ist) überlegen war / trug sichs zu / daß dieses Hundes Bruder / welcher in dem Gemach an einem Seile gebunden lag / das Seil zerreiß / seinem nothleidenden Bruder zu Hülffe kam / und also der Löwe von ihnen beyden erwürget und überwunden ward. Das gefiel dem Cambysi über die massen wol / dergestalt / daß er sich bey nahe zu todt gelacht hätte; Hingegen aber weinete die Königin / des Cambysis Schwester bitterlich: Deswegen fragte sie Cambyses: Warum sie weine / da er doch solche Kurtzweil und Streit angestellet habe / um ihren Augen damit eine Lust und Ergötzung zu machen? Die Schwester gab zur Antwort: Sie erinnere sich bey diesem Streit des Löwens und der 2. Hunde ihres getödteten Bruders Smerdis, welcher niemand hätte gehabt der ihm hätte helffen können / sondern von seinem eigenen Bruder / bey welchem er Trost und Beystand hätte suchen sollen / erwürget wäre. Uber dieser Antwort hat sich Cambyses dermassen erzürnet / daß er die Königin seine Schwester so bald hat lassen wegführen und umbringen.

Tyrannen thun was ihnen gefällt / achten weder Gesetze noch Rechte oder Billichkeit.

57. Vom Saltz
57. Vom Saltz.

[588] Das Saltz haben die Alten unter andern in hohen Ehren gehalten / und dasselbe zu vielen Dingen gebraucht. Der Fürst unter den Griechischen Poeten Homerus nennet es Göttlich / entweder darum / daß alle Opffer / so von den Vätern geschehen / gesaltzen wurden / wie solches GOtt selbsten im Alten Testament befohlen hat / als wir lesen im 3. Buch Mosis am 2. Capit. und Marci am 9. Cap. oder auch darum / weil das menschliche Leben des Saltzes gar nicht kan entbehren: Oder weil das Saltz die Verwesung der todten Cörper verhindert / und also etwas Göttliches in sich fasset / welches der natürlichen Versamlung widerstehet / zu welchem Ende dann auch die Egyptier ihre Todten mit Saltze besprenget haben / wie Herodotus im 2. Buch meldet. Und Plutarchus führet die Ursache ein im 9. Buch seiner Gast-Fragen. Es kan auch diese Ursach gegeben werden / weil das Saltz die Fortpflantzung des menschlichen Geschlechts dessen Stiffter und erhalter GOtt selbst ist) gewaltig sehr befördert und zu ehelicher Beywohnung wegen seiner in sich habenden Wärme tüchtiger macht: Daher es auch ko t / daß die Egyptischen Priester niemahls gesaltzene Speise gessen haben / auch ihr Brodt recht saltzen lassen / auf daß sie also desto keuscher leben /und aller weiblichen Lust sich desto besser enthalten können. Uber das so war auch das Saltz ein Kennzeichen einer guten und vertraulichen Freundschafft /daher dann entsprungen ist das Sprichwort: Ad salem reuminum amicus: Welches man gebraucht von einem gar vertrauten Freunde / der mit Saltz und Brodt gerne verlieb nimmt. In betrachtung dessen haben die Alten ihren Gästen / welche bey ihnen zur[589] Herberge eingekehret sind / so bald im Anfang der Mahlzeit / ehe dann eine andere Speise auffgetragen ward / ihnen Saltz vorgesetzet / ihre Gewogenheit und guten Willen dadurch anzudeuten: Und ist bey ihnen für unglücklich und böß gehalten worden / wann das Saltz etwa über Tafel ist verschüttet worden / welches sie für ein Zeichen künfftigen Zancks / Uneinigkeit und dergleichen Unglücks gehalten haben.


Alle geschöpffe preisen GOtt ihren HErrn. Christen /sonderlich Lehrer und Fürsteher sind gleich wie ein Saltz der Erden / und siehet ihnen wol an / die Krafft ihres gottseligen Lebens öffentlich und jederman sehen zulassen.

58. Etliche Exempel Melancholischer Leute
58. Etliche Exempel Melancholischer Leute.

Der berühmte Artzt und Fürst aller Medicorum Galenus gedencket etlicher Menschen / welche so Melancholisch gewesen / daß sie sich seltzame Dinge eingebildet haben. Einer meynte / er wäre gläsern und zerbrechlich / bat derhalben alle Menschen / die er nur von ferne sahe ihm entgegen kommen sehr inständiglich / daß sie sich nicht wolten zu ihm nahen / damit er nicht von ihnen beschädiget / oder wol gar zerbrochen und zerscheitert würde.

Ein ander bildete sich ein / die Welt würde von einem grossen Mann auff dem Rücken getragen /fürchtete sich derwegen / wann derselbe Mann ermüdet daß alsdann die runde Erd-Kugel über einen Haufen fallen möchte / und lieff deshalben ohne Auffhören stets umher / damit sie ihm nicht auff den Kopf fallen könte.

Muretus erzehlet vom Hippocomo, daß er sich habe eingebildet / er wäre Pabst zu Rom / habe auch wöchentlich zu Venedig in seines Herrn Hauß auf einem [590] grossen Saale mit den Cardinälen (welche auff einer Tafel abgemahlet stunden) Zusammenkunfft gehalten / und eyfferig mit ihnen von geistlichen Sachen gerathschlaget / nicht anders / als lebten sie. Trallianus schreibt: Er habe eine Frau gekant / welche vor gab / sie hätte Schlangen im Magen / die ihr ohne Unterlaß darinn nageten / sey auch von den Phantastischen Einbildungen keines weges abzubringen gewesen / biß daß man ihr Artzney eingeben / welche ihr das Brechen verursachet / und eine lebendige Schlange ihr unwissend in ein Becken geleget / und selbe /nachdem sich die Frau hefftig gebrochen / ihr vorgezeiget / mit Anzeigung / daß sie von ihr abgetrieben und ausgeworffen sey.

Bey dem Overcetano findet sich auch ein lustiges Exempel / so hieher gehöret: Einer bildete sich ein / er hätte so eine Grosse Nase / als ein Wasser-Eymer /scheuete sich derohalben unter die Leute zu kommen /damit er nicht verspottet und verlachet würde. Diesem Phantasten benahm ein Artzt seine thörichte Einbildung auff folgende Art. Er hielt ihm eine grosse frische Ochsen-Leber an die Nase / schnitte gewaltige Stücke herunter / schonete auch der Nasen nicht / sondern gab derselben mit verkehrtem Messer ziemliche harte Schnitte. Wie nun so grosse Stücke von der jeder herunter fielen / und das Blut sehr hefftig aus derselben floß / beschmierte der Artzt den Wahnsüchtigen Narren das gantze Angesicht mit Blut / und überredete ihn / die Stücke / welche er für Augen sehe herunterfallen / wären von seiner Nasen abgeschnitten / und hätte nun dieselbe ihre rechte Grösse / welches der Narr also glaubte / und nachmals zu frieden war.

Melancholie ist ein Hauptküssen des Teuffels / und verursacht offtmahls viel böses / darum man sich billig zu hüten hat.

59. Von dem greulichen Abgott Moloch
[591] 59. Von dem greulichen Abgott Moloch / dessen offt in der Heiligen Schrifft gedacht wird.

Unter andern groben Abgöttereyen / welche das Jüdische Volck im Alten Testament begangen hat / ist nicht unbillich diejenige für die allerärgste und grausamste zuhalten / welche es mit dem Abgott Moloch getrieben hat / davon Buxtorffius aus einem Jüdischen Buche also schreibet.

Moloch war ein Bild aus Ertz gegossen / welches ein Gesichte hatte gleich einem Kalbe / und ausgespannete Hände gleich einem Menschen / welcher dieselbe ausbreitet / daß er etwas damit empfahe / inwendig ausgehölet. Diesem Götzen sind auffgerichtet gewesen 7. Capellen oder Kirchen / vor welche dieß Bild gesetzet ward. Und zwar / wer einen Vogel oder junge Turteltaube demselben zum Opffer brachte / der gieng in die erste: Wer ein Schaff oder Lamm brachte / in die andere: Wer einen Widder / in die dritte: Wer ein Kalb / in die vierdte: Wer eine Kuhe / in die fünffte: Wer aber seinen eigenen Sohn opfferte gieng in die siebende Capell / und derselbe küssete der Moloch /wie geschrieben stehet bey dem Propheten Hosea am 3. Cap. im 2. Vers. Wer die Kälber küssen will / der soll Menschen opffern. Der Sohn ward vor den Moloch geleget: Der Moloch aber ward gantz feurig und glüend gemacht / biß daß er scheinete / wie ein Licht: Da haben die Priester das Kind genommen / und es in die glüende Hände des Molochs gelegt: Damit aber die Eltern nicht möchten hören das jämmerliche geschrey ihres Kindes / [592] hat man dabey die Trommeln gerühret / dahero derselbe Ort ist Tophet geheissen worden. Biß hieher Buxtorfius.

Eben dieser Gebrauch ist auch bey den Carthaginensern üblich gewesen / dannenhero bezeuget Plutarchus, daß sie wissentlich und aus eingebildeter Klugheit und Heiligkeit ihre eigene Kinder gehabt /die haben andere von armen Leuten darzu erkaufft /und sie gleich den Lämmern und Vögeln geschlachtet: Dabey habe die Mutter ohn einiges Seufftzen und Verloderung der Geberden stehen / und solch traurig Spectacul ansehen müssen: Welche aber sich nicht hat enthalten können / sondern entweder darüber geseufftzet / oder Thränen vergossen hat / dieselbe sey gestrafft / und nichts desto weniger das Kind geopffert worden: Und setzt Plutarchus recht hierzu / wann die grossen Riesen den Himmel gestürmet und an der Götter statt geherrschet hätten / würde man ihnen kein angenehmers Opffer haben bringen / und sie auch kein grausamers begehren können.


Abgötterey ist die gröste Sünde / welche GOtt dem HErrn am besten zuwider ist: Was meynstu dann von einer solchen / welche um so grausamen Mordthaten ver mischet ist?

60. Vom Liebes-Trüncklein
60. Vom Liebes-Trüncklein.

Einem ein Liebes-Trüncklein beybringen / hefftigere Zuneigung und Liebe dadurch in ihm zu erwecken /stehet nicht allein redlichen Leuten nicht wol an / in Betrachtung / daß solches eine Art der Zauderey ist /dadurch ein Mensch gleichsam wider seinen Willen und natürliche Bewegung gezwungen wird / solche gezwungene Liebe nachmals offt in einen Argen Haß verwandelt / ja sothanige Liebes-Trüncklein [593] seynd gefährlich und demjenigen Menschen / welcher sie geneust / gar schädlich / machen ihn offt wahrsinnig /und berauben ihn seiner Vernunfft / wie Oridius im 2. Buch von der Kunst zu lieben mit diesem Vers bezeuget:

Philtra nocent animis, vimqve furoris habent. Und Cornelius Nepos, wie auch Plinius im 3. Cap. des 25. Buchs schreiben / daß dem fürtrefflichen Kriegs-Helden Lucullo von seinem eigenen freygelassenen Knechte / Calisthene, ein Liebes-Trunck eingegeben sey / welcher ihn nicht allein gantz toll gemacht / sondern ihm auch zuletzt den Todt verursachet hat. Der sinnreiche Poet Lucretius ist gleicher Gestalt von seiner eigenen Frau der Lucilla durch einen solchen Buhlerischen Trunck vergifftet / und davon so wütend worden / daß er ihm zuletzt selbst die Hand angelegt /und das Leben genommen hat. Es gedencket auch Aristoteles einer Frauen / welche einem Manne ein Liebes-Träncklein eingeschencket hat / davon er so bald gestorben ist. Einen solchen schädlichen Liebes-Trunck hat dem Tyrannen Caligulæ auch zugetruncken sein Ehe-Gemahl Cæsonia, davon er gantz närrisch und rasend worden ist / wie Svetonius meynet.

Ein auffrichtiger Mann gewinnet seiner Frauen Hertz nicht durch leichtfertige verbothene Venus-Träncke /sondern durch Freundlichkeit und andere Tugenden. Der Käyserliche Herr Prediger und Chronist Gvevarra in seiner Schlag-Uhr zu Fürsten im 2. Buch am 6. Capitel lehret ehrliche Weiber einen Liebes-Tranck zuzurichten / dadurch sie ihre Männer unsträflich und rühmlich bezaubern / und sie zu eifferiger Liebe bewegen können: Nemlich es soll diese Artzeney gemacht seyn aus folgenden Kräutern: Aus Verschwiegenheit / aus Gedult / aus Friedlichkeit / Einsamkeit und Zucht.

61. Tiberii Schatz-Kammer
61. Tiberii Schatz-Kammer.

[594] Tiberius Constantinus, Justini des andern Nachfolger / ein Lob- und liebwerther Käyser / war sieghafft in Kriegen / auffrichtig und rechtfertig im Urtheilen /klug in seinem Vornehmen / vornehmlich aber über alle massen freygebig und gutthätig gegen die Nothleidenden und Armen / auch so gar / daß es ihm zuletzt selbst am Gelde mangelte / und er kaum seine Taffel / wie sichs gebührete / halten konte: Hierüber frolockete Sophia, Käysers Justini nachgelassenes Ehegemahl / verspottete den Tiberium, und warff ihm offt für seine ungebürliche und unmäßige Allmosen /und daß er als von geringen Herkommen / alle das Seinige seines gleichen geringen Leuten austheilete:Tiberius aber antwortete ihr allezeit mit grosser Gedult: Es würde GOtt der HErr ihm andere Schätze wiedergeben / und leichtlich dasjenige vergelten / was er an dürfftige Leute angewendet habe. Was geschicht? Wie er einsmahls auff seinem Schlosse spatziren gieng / ward er ungefehr auff der Erden eines Marmorsteins gewahr / darein das Creutz Christi gehauen und abgebildet war: Damit nun dasselbe nicht möchte mit Füssen getreten werden / rieff er etliche seiner Diener zu sich / und befahl ihnen / daß sie dasselbe aus der Erden wegthäten / und an einen andern Ort versetzten. Die Diener gehorchten ihrem Herrn dem Käyser / besahen aber unter diesem zu erst ausgeno enen Steine noch einen andern gleicher Gestalt liegen. Tiberius befahl / sie solten auch den heraus nehmen / und an einen andern Ort hinsetzen: Als sie solches thaten / funden sie unter demselben den dritten von gleicher Grösse / Gestalt und Zeichen. Tiberius hieß denselben auch auszugraben: Da ward ein grosser Schatz an guten reinen [595] Golde darunter gefunden / welche weder der Käyser noch sonst iemand daselbst gehoffet hätte: Mit diesem Schatze ersetzte Tiberius seinen Mangel / und bekam also reichlich durch GOttes Segen wieder / was er auff die Armen verwendet hatte.


Almosen erretten vom Tode: Wer den Armen gerne gut thut / leihet GOtt einen Pfennig auff Wucher. O daß gute Herren heut zu Tage Tiberii Nachfolger wären / und aber dasjenige auff arme Leute verwendeten / was an überflüssiger Pracht und Uppichkeit gehenckt wird.

62. Menschen haben sich zu todte gelachet
62. Menschen haben sich zu todte gelachet.

Das Lachen ist eine Eigenschafft des Menschen welches keinem andern Thiere von der Natur ist mitgetheilet / darum ist ihm wol erlaubt in seiner Zeit aus tüchtigen Ursachen zu lachen / iedoch so daß es mäßiglich / bescheidentlich / und ohne Verletzung der Erbarkeit geschehe / und nicht ein närrisch Gelächter daraus werde / oder auch ein Mensch ihm selig durch solch unmäßiges Lachen an seinem Leibe Schaden zufüge / wie etliche Narren gethan haben / und welchen einer gewesen ist / Nahmens Philemon: Dieser hatte sich gute Feigen holen lassen / die er selbst geniessen wolte: Es trug sich aber ungefehr zu / daß durch Fahrläßigkeit des Dieners ein Esel darüber kam / und die Feigen allzumal verzehrete / ehe er sichs versah. Als er aber solches gewahr ward / befahl er seinen Diener / er solte den Esel von den Feigen wegtreiben / der antwortete: Der Esel hätte keine mehr übrig gelassen / sondern sie allzumahl auffgefressen: da sprach Philemon: Ey so reiche ihm einen Trunck Wein dazu / sie möchten ihme sonsten übel bekommen; Lachte [596] darneben über diese seine Worte so hefftig / daß ihm der Athem ausgieng / und er todt blieb /gleichwie Valerius erzehlet.


Masse ist gut in allen Dingen / dann wie man im Sprichwort sagt: Zu viel ist ungesund. Omne nimium vertitur in vitium.

63. Saladinus bestellet ihm die Leichbegängniß
63. Saladinus bestellet ihm die Leichbegängniß.

Saladinus ist gewesen Fürst und Monarch in Egypten / welche damals Soldanen genennet wurden: Dieser hat geherrschet über sehr viel Länder und Völcker /welche er mehrentheils durch Krieg mit sieghaffter Hand erobert hatte. Und wiewol er in stetiger Glückseligkeit gelebt / so wird doch rühmlich von ihm geschrieben / daß er sich nicht allein seiner Sterblichkeit jederzeit gebürlich hat zu erinnern gewust / sondern auch / daß er in Verordnung seines letzten Willens oder in seinem Testament seiner Leichbegängniß ist eingedenck gewesen / und ausdrücklich befohlen hat /wie sein Begräbniß nach seinem Tode solte angestellet werden: Insonderheit / daß man einen öffentlichen Ausruffer verordnen solte / welcher sein Leinen-Gewand / welches er bey Lebzeiten am Leibe zu tragen pflegte / auff einen langen Speer oder Spieß stecken /nahe vor den Sarck hergehen / und mit lauter Stimme diese Wort ausschreyen solte: Der grosse Saladinus, welcher gantz Asien bezwungen / gantze Länder zehrend gemacht / und Könige überwunden hat / nimmt von seiner Herrlichkeit und von seinen Unterthanen nichts mit sich hinweg / als diesen elenden Todes-Kittel: wie solches beym Cranzio zu lesen ist.


Zeitlich erinnert sich der Mensch insonderheit aber grosse Herren / der Sterblichkeit: Dann (wer) das Ende recht bedenckt [597] in all seinem Thun / der wird desto weniger sündigen; Sintemahl die Erinnerung der Sterblichkeit die rechte Klugheit im Psalm. 90. v. 13.

64. Socratis Unterredung mit der Theodora
64. Socratis Unterredung mit der Theodora.

Es war zu Athen in Griechenland ein schönes aber unzüchtiges / geiles Weib / Theodora genant / die warff dem weisen Socrati einmal für daß sie viel seiner Schüler an sich locken und ziehen / da hingegenSocrates aus ihrer Zucht und Schule nicht einen einigen zu seiner Unterweisung bringen und bewegen könte / schloß daher / daß ihr Orden weit besser und höher zuhalten sey / als der Weltweisen Leute. Socrates aber stopffte ihr das Maul / und widerlegte ihre falsche Einbildung mit nachfolgenden Worten: OTheodora, bilde dir ja nicht ein / und meyne nicht /daß du in einem glückseligen Stande lebest / oder daß deine böse Kunst und Lehre / dadurch du viel junge Leute verführest und an dich ziehest / und zwar mehr als ich / darum zu loben / für gut zu achten / oder zu entschuldigen sey: Dann der Weg / welchen du zeigest und lehrest und welcher zu dir führet / gehet unterwerts / und kan ein ieder / der auch sonsten zu hohen Dingen gantz untüchtig ist / denselben leicht herunter lauffen: Hingegen aber der Weg / welchen ich zeige und lehre / und welcher zur Tugend führet /gehet Berg an / und auffwerts / ist gar beschwerlich und verdrießlich zu steigen / daher es dann kein Wunder ist / daß ihrer viel abgeschreckt werden von dem selben abzuweichen / welche lieber ohne einige Mühe sich in deinen Abgrund stürtzen / als mit Verdruß und Ungemach meine Berge auffsteigen wollen.


Wir sind allesammt von Natur mehr zum Bösen / als zum Guten geneiget / daher komts / daß die Pforte weit ist / welche zur Verdammniß führet.

65. Käysers Augusti Mäßigkeit
[598] 65. Käysers Augusti Mäßigkeit.

Es ist eine grosse Tugend an einem Fürsten und Herrn / wann er nicht den Wollüsten und der Schwelgerey /sondern der Mäßigkeit in Essen und Trincken ergeben ist. Dann die Uppigkeit und Völlerey macht ihn nicht nur bey den Unterthanen verhasset / sondern bringt ihn auch endlich um Scepter und Kron / ja um Leib und Leben. Derhalben ists dem Käyser Octavio Augusto sehr rühmlich / was von ihm Svetonius schreibet / daß er nemlich nicht allein nicht köstlich und in Schlemmerey gelebt / sondern auch so genau sich beholffen habe / als ein anderer schlechter Bürger zu Rom kaum gethan hat / sintemal er mit Rocken-Brod und kleinen gemeinen Fischlein / benebens einem Stück Käse vorlieb genommen / und wann er bißweilen eine Gasterey gehalten / insgemein nur 3. nimmermehr aber über 6. Gerichte aufftragen lassen. So zeuget auch Cornelius Nepos von ihm / daß er nicht mehr / als dreymal über den Essen hat pflegen zu trincken: Wann ihn aber etwa ausserhalb der Mahlzeit gedürstet / habe er mit einem Trunck Wasser / oder mit einem sauren Apfel den Durst gestillet und vertrieben. Er hat auch insgemein nicht länger als 7. Stunden geschlaffen / und die übrige Zeit der Nacht mit selichen Sachen und Geschäfften oder auch Gedancken zugebracht: Und ist also in der That ein recht Exempel oder Muster eines nüchtern / mäßigen und tugendhafften Fürstens gewesen / welchen büllig alle etliche Potentaten eyfrig nachfolgen sollen.


Gleichwie die Uppigkeit und Völlerey eine Quelle ist aller Laster. Also ist hingegen die Mäßigkeit ein Ursprung aller löblichen Tugenden.

66. Eines Raben Leich-Begängniß
[599] 66. Eines Raben Leich-Begängniß.

Es hat sich zu Rom einsmahls zu getragen / daß eine junge Rabe aus dem Neste in eines Schusters Hauß flog / welche der Schuster erzog / und lehrete sie die Leute grüssen / daher ward sie gewehnet auff den Marckt zu fliegen / grüsset den Käyser Tiberium, (dann zu dessen Zeiten ists geschehen) hernach auchGermanicum Drusium und die andern Leute und begab sich darauf wieder nach Hauß. Wie dieser nun die Rabe viel Jahr lang mit aller Leute Belieben und Wohlgefallen getrieben hatte / begiebt sichs ungefehr / daß sie einsmahls in des nechsten Schusters Hauß steiget / und demselben ein paar Schuh beschmeist und verunreiniget: Weil aber dieses denselben Schuster hefftig verdroß / ergreifft er den Leist / und schlägt den guten Raben den Kopff entzwey / daß er davon so bald starb. Als nun der Rath zu Rom solchen Frevel erfahren / ist der Raben-Mörder nicht allein der Stadt verwiesen / sondern auch hernachmahls noch gar umgebracht worden. Den Cörper der Raben aber hat der Rath herrlich und mit grosser Pracht begraben lassen: Denn es ward ein Bahre gemacht auff zweyer Mohren Schultern / darauff ward der Leichnam dieses Vogels gelegt: Voran ist gegangen ein Pfeiffer / welcher Klag-Lieder gespielet hat: Nebenher sind gefolget allerley vornehme Leute in grosser Anzahl / und haben den todten Vogel zum Holtzhauffen begleitet / allwo derselbe verbrant / und also mit einer viel ansehlicheren Leichenbegängniß geehret / als manchem Held / der sich ums Vaterland er unverdient gemacht hat / zu Rom wiederfahren ist: und solchesPlinius erzehlet im 23. Cap. seines 10. Buchs.


[600] Grosse / und vornehme Leute begehen zuweilen Thorheit / wie in diesem Exempel der Römer zu sehen ist. Dann es ist ja grosse Thorheit / eine unvernünfftige Bestie einem vernünfftigen Menschen vorzuziehen. Aber es ist der undanckbaren Welt Lauff / daß sonderlich bey grossen Herren kurtzweilige Narrenpossen den besten Tugenden fürgezogen werden / und gilt offtermahls ein poßirlicher Hoff-Narr mehr / als ein tapfferer kluger Herr.

67. Dionysius bezahlt einen Fuchsschwäntzer gar artig
67. Dionysius bezahlt einen Fuchsschwäntzer gar artig.

Dionysius, der König in Sicilien / übte grosse Tyranney und Unbilligkeit gegen seine Unterthanen / dahero dann viel weise Männer sich unterstanden / ihn eines bessern zu bereden / strafften seine Unbilligkeit höflich / und sparten keinen Fleiß / ihn zur Tugend treulich anzumahnen / und auff einen besseren Weg zu bringen / aber sie richteten nicht allein wenig bey ihm mit ihren treuen Lehren aus / sondern wurden auch mehrentheils sehr übel von dem Tyrannen belohnet / verspottet und gestraffet: Daher nahm sich einsmals einer vor / durch einen andern Weg dessen Gnade und Gunst zu erlangen: Lobte seine Thaten /und sein kluges Regiment nicht nur mündlich auffs allerhöchste / sondern machte ihm zu Ehren auch ein öffentlich Gerichte / in welchem er seine Tugenden biß in den Himmel erhub / meynete also hierdurch beydes ein gut Trinckgeld / und auch des Tyrannen stetige Gunst zu verdienen. Aber was geschicht? Dionysius läst zwar diesen seinen so wohlverdienten Lober nicht unbelohnet / sondern läst ihm auch zur Vergeltung eine ansehnliche Summa Geldes darreichen / befahl aber darneben daß man ihm die Zunge ausschneiden solte: Wie er nun gefragt ward; Warum er seinem Lober einen [601] so scharffen Lohn oder vielmehr Straffe anthäte? Antwortete er: Demnach es den Göttern also gefallen hat / daß einmal ein Mensch ist erfunden worden der mich gelobet / und gutes von mir geredet hat / so will ich seine Zunge zum Heiligthum in einem Tempel auffheben / damit sie vor aller Verderbniß bewahret werde.


Nicht einem ieden Schmeichler geräth seine Schmeicheley wohl.

68. Radbots gottlose That und Rede
68. Radbots gottlose That und Rede.

Um das Jahr Christi 700. ist der Christl. Glaube unter andern auch in Frießland gepredigt / und das Licht des H. Evangelii daselbst angezündet worden / dergestalt / daß nicht allein viele vom gemeinen Volck zum Christlichen Glauben bekehret worden sind / sondern der Fürst Radbotus selbst auch Lust zum Christenthum bekommen hat. Dieser Ursach halber schickte der König der Francken einen Bischoff Namens Wulframus in Frießland zu dem Radbotus / daß er denselben in der Christlichen Lehre völlig unterrichten und bekehren solte. Radbotus hat denselben freundlich auff- und angenommen / und ist durch seine Unterweisung ziemlich weit in der Christlichen Religion gekommen / daß er sich auch die H. Taufe zu empfangen nicht weigerte. Als er aber nunmehr solte getaufft werden / und schon den einen Fuß in dem Tauff-Becken hatte (dann es war damahls der Gebrauch / daß die neulich bekehrte Christen in ein groß Gefäß stiegen / und also über ihren gantzen Leib mit Wasser gebadet und getauffet wurden) hat er den Wulframum gefragt: Wo seine Vor-Eltern / welche den Christlichen Glauben nicht haben bekant / seyn [602] hinkommen /ob sie im Himmel oder in der Hölle wären? Wulframus antwortete: Weil ausser Christo kein Heil zu finden sey / so sey leichtlich zu erachten / daß sie allesa t verdammt und in der Hölle seyn würden. Darauff zog Radbotus seinen Fuß wieder zurück aus dem Wasser und sprach: So wolte er lieber bey dem grossen Hauffen so tapfferer berühmter Helden in der Hölle / als bey dem geringen und verachteten Häufflein Christen im Himmel seyn.


Der Weg ist breit / der zur Verdammniß führet / und sind ihrer viel / die darauff wandeln: Darum muß man nicht ansehen die Menge derselben nachzufolgen zum Bösen.

69. Einer Frauen Schwätzhafftigkeit
69. Einer Frauen Schwätzhafftigkeit.

Zu Rom hat sichs einsmahl zugetragen / daß der Rath daselbst etliche Tage nach einander wichtiger Sachen halber / welche das Regiment und Heil des gantzen Volcks betroffen / bey einander versa let war / und sich jedermann verwunderte / was doch die Ursach des langen und ungewöhnlichen eyfferigen Rathschlagens seyn möchte. Unter andern ist auch der Weiber-Orden hierüber nicht wenig bestürtzt worden / und hat sich eine unter denselben / eines Rath-Herrn Ehe-Frau unterstanden / die Ursache dieses eyfferigen Rathschlagens von ihrem Manne zu erforschen: Folgete derhalben demselben allenthalben nach / wo er sich nur hinkehrete / warf ihm vor mit kläglicher Stimme und weinenden Augen / daß er sie nicht recht liebte /weil er ihre so viel nicht zutrauete / daß er ihr offenbahren möchte / was im Rath gehandelt wäre / da doch Eheleute ein Hertz und Sinn haben / und einander nichts verschweigen solten: Umfieng ihn darneben / und küssete ihn freundlich / verschwur sich auch hoch [603] und theuer / daß sie es niemand nachsagen oder offenbaren wolte. Was geschicht? Der Mann / damit er sie der befürchteten Schwatzhafftigkeit mit Grunde überzeugen / und von dergleichen verbotenen Nachforschungen abmahnen möchte / stellete sich endlich /als könte er ihrem inständigem Bitten aus schuldiger Liebe nicht länger widerstehen / überredete sie demnach / die Priester hätten dem Rath angezeugt / daß eine Leiche mit einer güldenen Haube und einem Spießlein gerüstet über die Stadt hergeflogen wäre. Darum werde im Rath so lange gerathschlaget / ob dieses eine gute oder böse Anzeigung sey? Vermahnete sie darneben ernstlich / daß sie es ja niemand offenbahren solte / und gieng darauff so bald aus dem Hause nach dem Marckte zu. Unterdessen kömmt eine Magd ins Hauß gegangen / da fängt die Frau an zu weinen und zu klagen: Ach mein lieber Mann! Ach die gute Stadt! Was will uns doch dieses immermehr bedeuten? Gibt damit zu verstehen / daß sie gern wolle gefragt seyn: Die Magd / als der auch die Ohren juckten etwas neues zu hören / läst sich nicht lange hierzu bitten / und fragt die Frau: Warum sie so jämmerliche Klage führe? Darauff erzehlet ihr die Frau den gantzen Handel / wie sie es von ihrem Manne gehört hatte / beschleust doch ihre Rede mit der aller alten Plapperinnen gebräuchlichen Warnung / daß sie es ja niemand offenbahren / sondern bey sich behalten solte. So bald diese Magd aus dem Hause kömmt / erzehlet sie diese neue Zeitung einer andern Magd / mit gleichen Anhang und Warnung / daß sie es heimlich halte. Diese erzehlet es ihrem Freyer / welcher ihr ungefehr auff der Gassen begegnete / und derselbe an dern / [604] in Summa / diese Fabel von der geharnischten Lerche kommt eher auff den Marckt als dessen Erfinder. Der Rath / welchem diß Mährlein auch schon vorkommen war / erschrickt selbst darüber: Biß der Erdichter desselben zu Rathauß gieng / und den anwesenden mit Erzehlung des gantzen Handels die Furcht benahm: Laufft darauff nach Hause / bestrafft seine Frau ernsthafftig: Ey / spricht er / liebe Frau /wie fein hastu verschwiegen / was ich dir auff deine inständige Bitte und theure Verheissung offenbahret habe: Siehe da / nun muß ich deiner Schwätzhafftigkeit halber sterben / dann der Rath hat erfahren / daß dieses Geheimniß aus meinem Hause erstlich ist kund worden. Die Frau will nicht gestehen / daß es von ihr sey herkommen / sondern entschuldiget sich / und spricht: Es habe diß nicht können von ihr offenbahr gemacht seyn / weil es nur wenig Stunden sey / daß sie es von dem Manne gehöret habe / da ers hingegen schon von vielen auff dem Marckt erfahren habe. Der Mann aber widerlegte ihre Ausflucht und sprach: Ja /Frau / wie wäre es müglich / daß ein ander ausser dir die Schuld hätte an diesem Geschwätze / mit welchem die gantze Stadt erfüllet ist / sintemaahl es nur eine Fabel / und von mir selbst erdichtet war / damit ich deine zugesagte Verschwiegenheit erfahren / oder auch der Verschwätzhafftigkeit dich klärlich überzeugen möchte: Derwegen wird mirs hinführo eine Lehre und Warnung seyn / daß ich dir nichts vertraue und offenbahre / damit ich nicht in Gefahr und unwiederbringlichen Schaden gerathe.


Die Weiber haben nicht unbillig den Nahmen / daß sie verwaschen sind / und werden derer gar wenig gefunden / welche den Tugenden Sara / Rebecca / Abigaill und anderer verschwiegener [605] gottselicher Weiber nachfolgen. Jedoch finden sich unter den Manns-Personen derer auch nicht wenig / welche der weiblichen Schwatzhafftigkeit mehr als zu viel nachfolgen.

70. Exempel etlicher gelehrten Weiber unter den Heyden
70. Exempel etlicher gelehrten Weiber unter den Heyden.

Wer ohne vorgefasten Wahn und unpartheylich urtheilen will / der muß mit dem weisen Socrate bekennen / daß die Natur das weibliche Geschlecht nicht mit geringeren Gaben gezieret hat / als die Männer. Dann obschon die Weiber insgemein auch ihren Lastern / als der Schwätzhafftigkeit / Vorwitzes / grimmigen Zorns und dergleichen ergeben sind / so kan doch nicht geleugnet werden / daß gleich wie es unter denn Manns-Leuten viel ungeschickte und verkehrter Bößwichter giebt / also auch unter den Weibern noch jederzeit fromme und lobwürdige Personen gefunden werden. Und gleich wie in der vorigen Historie ein Exempel eines vorwitzigen schwätzhafften Weibes erzehlet ist / also will ich in dieser Historie zu ihrem Lob hinwiederum etliche Exempel lobwürdiger Weiber gedencken. Ich will aber hier nicht reden von Schönheit und Gaben des Leibes / nicht von Freundlichkeit und Sparsamkeit / oder andern häußlichen Tugenden / in welchen es die Weiber den Männern insgemein zuvor thun: Sondern nur vom Verstande /Weißheit und Gelehrtheit der Frauen will ich sagen /und mit wenigen Exempeln darthun / daß auch Weiber zu hohen Dingen tüchtig seynd / und nützlich können gebrauchet werden.

Vorn an und gleichsam an die Spitze stelle ich dieCorneliam, welche nicht allein ihre Söhne die Gracchos von Jugend auff / selbst in freyen Künsten unterrichtet / [606] biß sie hochgelehrte Männer worden sind /sondern auch die Philosophie zu Rom öffentlich gelehret hat. Uber das ist sie so beredt / und in Sprachen erfahren gewesen / daß der Meister der BeredsamkeitCicero selbst sich vor ihren Schüler bekennen müssen / auch alle berühmte Redner ihre Sprüche und Bücher offt anzuziehen und zu gebrauchen sich nicht geschämet haben.

Cassandra, des Trojanischen Königs Priami Tochter ist so gelehrt gewesen / daß die Lacedämonier /um ihrer Weissagungen und fürtrefflichen Tugenden halben / ihr zu Ehren einen eigenen Tempel aufgerichtet haben.

Cleobolina, des weltweisen Cleobuli einige Tochter / in der Insul Rhodis / ist so beredt und in der Philosophie erfahren gewesen / daß andere hochgelehrte Männer ihre Bücher offt zu Bestätigung ihrer Meynung angezogen haben.

Cleopatra, die Königin in Aegypten / (derer hiebevor gedacht ist) war so vieler Sprachen kundig / daß sie den Arabern / Ethyopiern / Ebräern / Syrern / Medern und unterschiedener anderer Völcker Bottschafften / welche an sie abgefertiget worden / einem jeglichen in seiner Sprache recht und zierlich wuste zu antworten / wie Plutarchus im Leben Antonii von ihr meldet. Sie hat auch in Griechischer Sprache etliche Bücher von köstlichen Salben und von der Chymischen Wissenschafft geschrieben / wie solche vom Alberto Magno angezogen worden.

Corinna Rhodia, bürtig aus der Insul Delia / welche gelebt hat zu den Zeiten Platonis, ist in der Poetischen Kunst so erfahren gewesen / daß man ihre Verse den Schrifften des berühmten Poeten Homeri gleich [607] geachtet / und den Versen des Pindari vorgezogen. Sie hat ein schön Gedicht von 300. Versen verfertiget / mit Verwunderung aller Gelehrten: Ist aber nur 19. Jahr alt worden.

Cumana Sibylla Amalthea hat so treffliche Weissagungen und Bücher geschrieben / daß sie im Römischen Reich vor Christi unsers HErrn Geburt / nicht anders als GOttes Wort sind gehalten worden. Der berühmte Sylla, von dem Römer das Sprichwort gebrauchen: Er regiere die Bürger mit der Zunge / die Feinde aber mit Spieß und Waffen: Hatte eine Tochter / Lælia Sabina, in Griechischer / und Lateinischer Sprache so geübt / und so verständig / daß sich der Vater dessen / was sie zu Hause verfertigte / mit grossem Lobe und Nutzen in wichtigen Geschäfften gebrauchte.

Alle diese hat meinem Bedüncken nach übertroffen die Themistoclea, welche den berühmten Mann und Fürsten aller Gelehrten Pythagoram selbst in allerley freyen Künsten unterwiesen hat / und dessen Lehrmeisterin gewesen ist.

Dieser aber weichet nicht die Aspasia, des Pythagoræ Tochter / welche nach ihres Vaters Todt / dessen Lehre wieder erwecket / öffentlich Schul gehalten / und die Philosophie gelehret hat. Sie ist wegen ihres hohen Verstandes und grosser Geschicklichkeit so berühmt gewesen / daß der weise Socrates selbst sich nicht geschämet hat / ihr Zuhörer zu seyn / und etwas von ihr zu lernen. Der treffliche Redner Pericles hat sie auch mit Lust und Verwunderung gehöret.

Diesen folget am nechsten nach die Aretha, des hochgelehrten Aristippi Tochter / welche in Griechischer [608] und Lateinischer Sprach / wie auch nicht weniger in den freyen Künsten so fertig ist / daß sie auch nach des Vaters Tod dessen Stelle vertreten / und diePhilosophie und freyen Künste in die 25. Jahr lang auff der hohen Schul zu Athen öffentlich gelehrt /auch bey 110. Zuhörer gehabt hat. An Gelehrtheit hat sie es dem klugen Socrati fast nachgethan / daher man zu ihrer Zeit gesagt hat / Socratis Geist wäre in die Aretham gefahren. Sie hat 13. oder wie andere wollen / 40. Bücher geschrieben. Ist gestorben im 77. Jahr ihres Alters / und haben die Athenienser auf ihr Begräbniß schreiben lassen: Hier liegt die grosse Aretha, welche ein Licht des gantzen Griechenlandes gewesen ist.

Ich muß hier viele Kürtze halber vorbey gehen / als die Lasthemiam und Axiotheam, welche der gelehrtePlato höher als alle seine Schüler gehalten hat. DieTejam, welche im 16. Jahre ihres Alters verstorben /vorher aber ein Gedicht verfertiget hat / welches den Versen und Schrifften des Homeri gar nahe kommen ist; und andere mehr / welche in grosser Menge bey andern / sonderlich bey denen / welche vom Lob der Weiber geschrieben haben / zu finden sind.

Tugend und Geschicklichkeit ist an kein Geschlecht gebunden / und lebt auch nach dem Tode. Wie das Sprichwort heist: Vivit post funera virtus.

71. Exempel gelehrter Frauen unter den Christen
71. Exempel gelehrter Frauen unter den Christen.

Anastasia des H. Märtyrers Chrysogonis Zuhörer /ist nicht allein in freyen Künsten / sondern auch in der Heiligen Schrifft so geübt gewesen / daß sie viel Send-Brieffe in Lateinischer Sprache an die heiligen Märtyrer geschrieben / und sie dadurch getröstet und[609] im Glauben gestärcket hat / wie sie dann selbst auch endlich um des Christlichen Glaubens willen verbrannt / und der Märtyr-Krone theilhafftig worden ist.

Catharina eine Tochter Costi des Königs zu Alexandria ist so gelehrt / und in der H. Schrifft erfahren gewesen / daß sie mit starcken Gründen und Schlußreden alle Doctores und Philosophos (welche ihr Heydnischer Vater versammlet hatte / die Catharinam vom Christlichen Glauben abzubringen) nicht allein überwunden und zu Schanden gemacht / sondern dieselbe auch mit ihrer Weißheit bewogen hat / daß sie allesammt den Christlichen Glauben angenommen haben.

Helena des Käysers Constantini Mutter ist nicht allein eine gottsfürchtige Frau / sondern auch in allerley Künsten und Sprachen so erfahren gewesen / daß sie viel Bücher geschrieben hat / als eins von der Fürsehung GOttes / ein anders von der Unsterblichkeit /deßgleichen ein anders von der Art recht zu leben.

Gorgonia, die Schwester Gregorii Nazianzeni, ist in der H. Schrifft so gelehrt gewesen / daß sich keiner unter den Männern zu ihrer Zeit hat berühmen können / daß er sie in Lesung oder Auslegung der Heil. Schrifft überwunden habe: Wie Gregorius in seinerOration, so er zum Lob dieser seiner Schwester nach ihrem Tod gehalten hat / von ihr meldet.

Der H. Hieronymus lobt viel Weiber wegen fleissiger Lesung der Heil. Schrifft und ihres klugen Verstandes in Göttlichen Sachen / als die Hedibiam, Algasiam und Bresillam, desgleichen die Marcellam, von welcher er rühmet / daß sie der Heil. Schrifft so mächtig und verständig gewesen / daß / wann etwa ein Streit über der Auslegung eines Orts in H. Schrifft ist vorgefallen / [610] man ihr Urtheil darüber ersuchet hat. Die Paulam lobt Hieronymus in ihrer Grab-Schrifft /daß sie die Bibel auswendig gekont habe.

Ich übergehe hier Kürtze halber die Brigittam, welche gleichsam mit Prophetischem Geist ist begabet gewesen / und des Pabsts Hoffart in ihren Büchern hart gestrafft hat: Deßgleichen die Baptistam, Alexandri Sfortiæ Tochter / die edle Römerin Fabiolam, dieGenebriam Veronensem, und unzehlich viel andere /welche durch fleißiges Lesen der Historien einen jeden mehr bekannt werden können. Eine Krone des weiblichen Geschlechts / und Ausbund aller gelehrten Jungfrauen sehen wir noch heutiges Tages für Augen an der Edlen Jungfrauen Anna Maria Schurmannia, welche nicht allein in Lateinischer und Frantzösischer / sondern auch in Griechischer / Ebräischer / Arabischer und andern Sprachen fertig / wie auch in geistlicher und weltlicher Wissenschafft über die Masse wol geübet ist / mit Verwunderung aller Gelehrten: Wie solches ihre Schrifften und Send-Brieffe / welche zu Utrecht (woselbst sie sich auffhält) gedruckt seynd /mit mehrerm ausweisen.

Wissenschafft ist wol an sich rühmlich / aber wann der wahre Glaube an Christhum nicht dabey ist / ist sie gering / nach dem Sprichwort: Si Christum nescis, nihil est, si cætera discis Derohalben sind die letztere Exempel desto fürtrefflicher / weil beydes in denselben mit grossem Ruhm herfürleuchtet.

72. Ein trauriges Fastnacht-Spiel
72. Ein trauriges Fastnacht-Spiel.

Woher die Fastnacht ihren Ursprung habe / und wo sie am ersten gefeyert worden sey / lehret Macrob im 1. Buch seiner Fastnächtigen Gastereyen am 7. Cap. und ist zu weitläufftig hier zu erzehlen. Plutarchus in seinem Büchlein von der Begierde [611] des Reichthums meldet / daß die Fastnacht bey den alten Römern schlecht weg und ohne grosse Kosten sey gehalten worden. Es ward ein Bock herum geführet vor / demselben her ward ein Eymer voll Wein / und ein Bündlein abgeschittener Rebensprößlein getragen. Nach ihme folgete ein Mann mit einem Korbe voll Feigen /letztlich wurde ein garstig Bild eines männiglichen Gliedes / (Phallus) hernach getragē. Heutiges Tages aber wird unter den Christen Fastnacht gehalten in Völlerey / Unzucht / und andern schändlichen Lastern. Wer da die unflätigste Zotten und Narrenpossen machen und herfür bringen kan / der ist der beste Fastnachts-Bruder. Da machen sie durch schändliche Veränderung und Verwechselung der Kleider die Männer zu Weiber / und hinwiederum die Weiber zu Männer / welche offtmals einen bösen Ausgang gewinnen / wie ich davon ein denckwürdig Exempel in nachfolgender Historie erzehlen will.

Dem König Carolo dem 6. dieses Nahmens in Franckreich / wolten etliche Frantzösische Herren eine Fastnachts-Freude machen / verkleideten sich derhalben bey nächtlicher Zeit als wilde Männer / mit engen Pech und Hartz zusammen geheffteten Kleidern / und kamen also in das Gemach. Das gefiel dem Könige so wol / daß er sich auff gleiche Weise bekleidete und vermummete / kam darauf zu einer Frantzösischen Herzogin / und gieng freundlich mit ihr um: Die Hertzogin ließ sich bedüncken / der König machte sich gar zu gemein mit ihr (dann sie kannte ihn in den Kleidern nicht) ergriff ihn / und wolte ihn nicht gehen lassen / biß er bekennete / wer er wäre; Als er sich nun nicht wolte zu erkennen geben / nahm ein Hertzog / welcher dem Tantze zusahe / [612] einem Diener die Fackel aus der Hand / und leuchtete dem Könige damit unter das Gesichte / weil er aber zu nahe kam /ward das Pech an den Narren-Kleidern angezündet /und fieng der König an zu brennen / die andern Narren / welche gleiche Kleider anhatten / lieffen herzu /und wolten dem Könige helffen / vergassen aber ihrer verpechten Kleidung / wurden gleicher Weise angezündet / und verbrannten 4. unter denselben so sehr /daß sie davon sturben. Der König selbst gerieth dadurch in ein Todes-Schrecken / und ward also verletzet / daß er endlich davon sterben muste. Das war also der Ausgang dieses närrischen Fastnachts-Spiels.

Narrenspiel will Raum haben. Die Christen solten so ärgerliche unzüchtige Sachen billich den Heyden überlassen.

73. Kindliche Treue einer Tochter gegen ihren Vater
73. Kindliche Treue einer Tochter gegen ihren Vater.

Cimon ein eißgrauer / steinalter Mann zu Athen /ward wegen harter Anklage zum Gefängniß verurtheilet / daß er darinn sterben solte / es wurde ihm keine Speise zugelanget / und durffte niemand zu ihm hinein gehen / als alleine seine Tochter Pera, welche ein kleines saugendes Kind zu Hause hatte; so offt sie aber den Vater besuchen wolte / wurde sie von den Hütern erstlich besucht / damit sie keine Speise mit hinein trüge. Weil nun der Alte ohne Speise so lange Zeit lebte / und niemand wissen konte / wovon er sich immermehr erhalten möchte / gaben die dazu bestellte Wächter heimliche Achtung darauf / und befunden endlich / daß die Tochter / wann sie hinein gieng / den alten Vater an ihren Brüsten säugete / als ein unmündiges Kind / und ihm also das Leben erhielte. Solches zeigten die [613] Wächter der Obrigkeit an / der diese Treue so wol gefiel / daß sie nicht allein dem alten Vater seine verdiente Strafe schenckete / sondern auch der Tochter für ihre Säugung eine stattliche Verehrung thaten. Fast ein gleiches Exempel finden wir beymPlinio am 7. Cap. des 36. Buchs.


Was ist billiger / als derjenigen ihr Leben nach äusserster Möglichkeit zu erhalten / welche uns das Leben ge geben haben.

74. Etlicher Jünglinge Trunckenheit
74. Etlicher Jünglinge Trunckenheit.

Nicht unbillig sagen die Päbstlichen Rechte / daß die Trunckenheit den Menschen der Sinne und des Verstandes beraube: Dann daß deme also sey / erscheinet aus nachfolgender Historie / so aus dem Athenæo genommen ist.

Zu Agrigent in Sicilien richteten etliche Jünglinge unter sich eine Gasterey an / in welcher sie so tapffer zechten und schwelgeten / daß sie nicht allein truncken / sondern auch des Verstandes durch den übrigen Wein beraubet wurden / dergestalt / daß sie sich in solcher Verwirrung ihres Sinnes einbildeten / sie schiffeten auf dem Meer / und das Schif wolte von übriger Last zu Grunde gehen: Darum dasselbe zu erleuchtern / wurffen sie aus der Ka er / darinn sie waren / alles was ihnen nahe oder um sie war / Bäncke / Tische / Gläser / Schüsseln und dergleichen /nicht anders meynende / dann daß sie dardurch ihr Schiff entluden / und alle übrige Last in das Meer hinein würffen: Diejenige / welche für dem Hause fürüber giengen / huben begierig auf alles was die Schwelger in solcher Tollerey wegwurffen / und giengen damit frölich nach Hauß. Des folgenden Morgens forderte der Rath zu Agrigent [614] diese Schluck-Brüder für sich / bestraffte sie ihrer begangenen Tollheit und Muthwillens halber / und fragte: wie sie zu solcher Raserey kommen wären? Hierauff gaben sie zur Antwort: Daß die Noth und Gefahr / darinnen das Schiff gewesen wäre / sie gezwungen hätte / etliche Sachen auszuwerffen / damit es leichter würde / und nicht versincken möchte: Und hielten sie dafür / es wäre besser Güter zu verlieren / als das Leben. Einer unter ihnen / den man für den Aeltesten und Verständigsten ansahe / hatte sich in solchem Tumult unter das Bette verkrochen / und sagte für dem Rath / daß er der augenscheinlichen Gefahr desto besser zu entrinnen in den untersten Theil des Schiffs hinab gestiegen wäre. Aus welchen närrischen Reden der Rath abnehmen konte / daß die Narren voll Weins gewesen waren /und den Rausch noch nicht ausgeschlaffen hatten.

Die Trunckenheit ist gar ein schändlich Laster / und Brunnquell alles Bösen. Es kan sich aber keiner besser davon hüten / als wann er ihm / nach dem Rathe des weisen Anacharsis / allezeit trunckene Leute vor die Augen stellet.

75. Kluge Antwort Diogenis, welche er einem Höfling gegeben
75. Kluge Antwort Diogenis, welche er einem Höfling gegeben.

Dionysius, der Tyrann in der Stadt Syracusa in Sicilien / hatte viel arme Leute gemacht / und unter andern auch eine Philosophum, Diogenes genannt / verdorben / darum / daß er ihm hatte die Warheit gesagt /und seine Laster und tyrannisches Regiment bestraffet. Nun begab sichs auff eine Zeit / daß Diogenes Kraut auf dem Felde zusa en gelesen hatte / welches er wusch und einen Sallat davon machen wolte / welchen er für den Hunger essen möchte. Dieses ersahe ohngefehr einer von den Dienern des Tyrannen Dionysii, [615] sprach derhalben zum Diogene: Wann du woltest leben nach dem Willen meines Herrn des Koniges Dionysii, und dessen Gefallen thun / so hättestu bessere Kost zu essen / und dürfftest kein Kraut waschen. Diogenes aber antwortete ihm und sprach: Wann du Kraut essen woltest / so dürfftestu deinem Herrn demDionysio nicht so schändlich und fälschlich heucheln.


Wer die Warheit redet / kan nirgend bleiben / nach dem Sprichwort: Veritas odium parit. Heuchler sind grossen Herren allezeit angenehmer / als gelehrte Leute /welche es mit ihren Vermahnungen treulich meynen.

76. Unterschiedliche Kleider-Tracht der alten Römer
76. Unterschiedliche Kleider-Tracht der alten Römer.

Gleichwie das menschliche Alter in gewisse Jahrzeiten abgetheilet wird / also gebrauchten auch die alten Römer bey einem jeden Alter besondere Kleidung. Die Kinder / welche unter acht Jahren waren (dann die Kindheit erstreckt sich in den Rechten biß auff den 1. Tag des achten Jahrs) trugen am Halse mancherley Klipperwerck / darauff gemeiniglich der alten Namen geschrieben stunden / auf daß / wann sich etwa die Kinder in der Stadt verirreten / sie an ihren rechten Ort / wiederum könten gebracht werden. Die Knaben / welche über 7. und unter 14. Jahren waren /(dann so weit gehet das ander Theil des Alters im männlichen Geschlechte) waren bekleidet mit kurtzen Röcken / ungefehr wie unsere Reitröcke sind / welchealiculæ genannt wurden. Wann sie 14. Jahr alt wurden / war ihnen / wann sie freye Leute waren (dann die Knechte wurden dieses Zierraths nicht gewürdiget) ein ander Rock angezogen / prætexta genannt /welcher oben an der rechten Schulter mit einem Hefftlein angehefftet [616] ward / und die lincke Seite mit bedeckte / der Saum desselben war um und um mit Purpur eingewickelt / über das ward ihnen ein Bildniß /Bulla genant / vom Gold oder Silber / in Gestalt eines Hertzens an den Halß gehencket: Purpurroth war der Rock / zweifels ohne darum / daß sie bey dieser Farbe der Zucht und Schamhafftigkeit (deren Zeichen dieselbe ist) sich erinnerten und befliessen. Als ein Hertz war das Halsgeschmeide gestaltet / damit sie bey Anschauung dessen erkenneten / der wäre ein rechter Mensch zu nennen / welcher am Hertzen und Gemüth löblich und mit Tugenden gezieret ist. Wann sie diese Kleidung eine Zeitlang hatten getragen / wurden sie mit männlichen / erbaren Bürger-Röcken bekleidet /in welchem kein Purpur zu finden / und welche ihnen biß auf die Füsse hiengen. Diese Kleidung hieß toga virilis, und gehet solches zu / mit grosser Pracht und Herrlichkeit; Dann wem erlaubt wurde / diese Kleidung zu tragen / der ward von seinen Eltern oder Freunden erstlich auff den Marckt / nachmals auff das berühmte Römische Schloß Capitolium geführet /und wurden zu dieser Einführung (welche sie Tirocinium nenneten / und diejenigen / welche also bekleidet werden solten / Tirones) die nechste Anverwandten gebeten / Geschencke von einem jeglichen ausgetheilt / auch eine Unterredung dabey gehalten. Gleichwie nun diese Kleidung allen Römern in Friedens-Zeiten gemein war / daher sie Togati genant wurden /also ist der ersten Auslegung keine gewisse Zeit von Jahren gesetzt gewesen / dann wir finden / daß etliche zu diesen Bürgerlichen Röcken sind gelassen worden im 15. Jahr ihres Alters / als Antonius; etliche im 16. als Octavius Augustus; etliche im 21. als Cajus Julius [617] Cæsar, etliche wol auch so bald nach ihrer Mündigkeit / oder nach ihrem 14. Jahre: Vor vollbrachten 14. Jahren aber ist niemals jemand mit solcher Kleidung geehret worden.


So genau haben die klugen Römer auff die Kleidung acht gehabt: Bey unsern Zeiten trägt ein jeder was er will / und ist da kein Unterscheid der Kleider.

77. Ob todte Leute wiederum können lebendig werden
77. Ob todte Leute wiederum können lebendig werden.

Wann die Seele des Menschen einmahl durch den zeitlichen Tod vom Leibe abgesondert ist / so ruhet der Mensch ohn allen Zweiffel biß zum jüngsten Tage / und kan natürlicher Weise nicht wiederum lebendig werden. Dann ob schon einige Exempel können fürgebracht werden etlicher Leute / welche schon begraben gewesen / und dennoch wieder lebendig worden sind /auch eine Zeit lebendig blieben; so ist doch bey denselben das Band der Seelen und des Leibes noch nicht gäntzlich zerrissen gewesen / sondern solche Leute sind entweder nur in eine grosse Ohnmacht und Mattigkeit des Hertzens gefallen / oder auch vor Angst gleichsam entzücket gewesen / daß sie für tod sind gehalten worden / da doch der lebendige Geist noch in ihnen gewesen ist / welcher sich auch nachmals wiederum erreget und herfür gegeben hat. Eine andere natürliche Ursach / was die Weibspersonen betrifft /giebt Plinius im 52. Cap. seines 7. Buchs / da auch Exempel zu finden sind derer / welche wiederum sind lebendig worden / aus welchen ich nur folgende zwey anziehen will.

Erus Pamphilius lag gantzer 10. Tage / nach vorhergehaltener Schlacht / unter den Toden: Wie er aber zwey Tage hernach auff den Holtzhauffen geworffen[618] ward / und verbrannt werden solte / hat er wiederum zu leben angefangen. Dieser hat ohne zweiffel einen harten Schlag an den Kopff bekommen / und ist im Schwindel niedergefallen / und dergestalt mit Füssen zertreten worden / daß er sich nicht mehr hat wieder erheben können.

Thespesius ist den dritten Tag / nachdem er gestorben war / wiederum erwachet: Aber der war vom Boden oder Seller herunter gestürtzet / und hatte ihm das Hirn im Kopff verletzet / daß er ohnmächtig worden ist / wie etwa einem geschicht / der am Schlage arbeitet: dann solche pflegen wol etliche Stunden gleichsam todt zu seyn.

Bey Pest-Zeiten höret man offt / daß Todte wiederum lebendig werden / aber das ist kein Wunder. Dann die alten Huren / welche den Krancken warten sollen /pflegen ihnen wol die Lufft-Röhre und den Hals mit Heyde oder andern Dingen zuzustopffen / und sie alsdann für tod auszuschreyen / da doch das Leben noch in ihnen ist / nur damit sie frey und ungehindert zugreiffen und wegnehmen mögen / was vorhanden ist.

Das die Todten wiederum aufferstehen / ist kein natürlich Werck / sondern stehet allein zu der Allmacht GOttes.

78. Cynegiri unerhörte Tapfferkeit
78. Cynegiri unerhörte Tapfferkeit.

In dem Kriege / welchen Darius der 3. Persianische Monarch gegen die Griechen führete / hat mancher tapferre Held sein unerschrocken Gemüth erzeiget und spüren lassen / unter welchen auch billich nach Aussage Justini Cynegirus ein Atheniensischer Soldat gezehlet wird. Dieser / als er in der Marathonischen Schlacht eine zeitlang sehr männlich gefochten [619] hatte /und die Perser endlich in die Flucht geschlagen und in ihre Schiffe gejagt wurden / hat er sich unterstanden mit seiner rechten Hand eines unter denselben Schiffen zu halten / damit unterdessen seine Landsleute darzu kommen / und dasselbe erobern möchten. Wie aber solches die Perser merckten / welche in demselben Schiffe waren / sind sie hinzu gelauffen / und haben ihme die Hand abgehauen. Cynegirus hierüber das geringste nicht erschrocken / ergreiff das Schiff mit der lincken Hand / um dasselbe auffzuhalten /aber es ward ihm dieselbe gleicher Gestalt abgehauen. Ob nun wol Cynegirus hierdurch sein bestes gewehr /damit er streiten solte und könte / verlohren hatte / ist ihm dennoch der Heldenmuth hierum nichts desto mehr entfallen / sondern er hat das Schiff mit dem Maul angegriffen / und als ein erzürneter Hund mit den Zähnen äusserstem Vermögen nach auffgehalten /biß er endlich darüber ist erschlagen worden.


Tapfferkeit ist eine trefliche und nothwendige Tugend im Kriege / aber es muß die Vermessenheit / sich in überflüßige und unnöthige Gefahr zu begehen / davon seyn.

79. Lybussa und Primislaus ihr Ehemann
79. Lybussa und Primislaus ihr Ehemann.

Lybussa ist gewesen eine gebohrne Königin in Böhmen / welche nach dem Tod ihres Vaters das Reich überkommē / und der Regierung mit Recht und Billigkeit so wol fürgestanden / daß keiner unter ihren Unterthanen auch die geringste Ursach gehabt hat / über sie zu klagen. Weil aber die Stände des Reichs gerne einen Erben des Reichs gehabt hätten / vermahneten sie die Lybussam, daß sie sich verheyrathen wolte:Lybussam aber verdrossen diese Worte gar hefftig /und fragte sie mit zornigem Gesichte: Was sie für Mangel [620] hätten an ihrer Herrschafft / daß sie einen König begehreten? aber die Stände antworteten ihr: Sie hätten gar keinen Mangel / sondern wären sehr wol mit ihr zufrieden / wann sie nur versichert wären /daß sie unsterblich wäre / weilen es aber kund / daß sie wie andere Menschen der Sterblichkeit unterworffen wäre / so wünschete das Volck / daß sie nach ihrem Tode einen Erben möchten bekommen / der ihren Tugenden nachfolgete. Lybussa schwieg hierauf still / dann sie wolt lieber unverheyrathet bleiben. Als aber das Volck unabläßig bey ihr anhielte / bewilligte sie endlich in desselben Begehren / und befahl / auff Aussage der Götter / welche sie hierumb befraget hatte / daß man ihr weisses Pferd / auff welchem sie stets zu reiten pflegte / solte satteln / wo nun dasselbe also gesattelt würde hinlauffen / dahin solten die Stände des Reichs nachfolgen / dißes endlich für einem würde still stehen / der auff einem eissernen Tisch esse / den solten sie für ihren König annehmen /dann denselben wolte auch sie ihres Ehebettes würdigen / den ihr die Götter würden auf solcher Art zeigen. Die Stände richteten als bald der Königin Befehl aus / sattelten das Pferd / und liessen es mit verhengtem Zaum lauffen; sie folgten alle nach / das Pferd lieff voraus durch dicke / durch dünne / bald zur rechten / bald zur lincken / und achtete keine Richte der Wege / biß es endlich nach vielen Lauffen um Mittagszeit einen Ackersmann antraf / welcher müde von der Arbeit sich auf die Erde gesetzt / und den Pflug umgekehret hatte / und das Pflugschaar für einen Tisch gebrauchte. Als das Pferd nun zu diesem Manne kam / stund es vor ihm stille / und sahe weder zur Rechten noch zur Lincken. Die Stände / welche dem Pferd allezeit nachgefolget waren / [621] als sie dieses vermerckten und sahen / daß er das Pflugschaar vor einen Tisch gebrauchte / erinnerten sie sich dessen /was ihnen die Königin vom eisernen Tisch gesagt hatte / gedachten derhalben / sie hätten den rechten Ehemann ihrer Königin gefunden / wurden sehr froh /fragten diesen Bauersmann / wie sein Nahme wäre? und erfuhren von ihm / daß er Primislaus hiesse. Dar auf baten sie ihn / daß er möchte aufstehen / und sich auf das Königliche Pferd setzen: Und als er solches thate / führeten sie ihn also zu der Königin / und erzehleten was und wie sie ihn gefunden hätten. Die Königin war hierüber froh / und nahm ihn als ihren vom GOtt gezeigten Ehemann an / ließ ihn Königlich kleiden / und ehrete ihn als ihren Herrn. Also haben diese beyde nicht allein eine friedliche Ehe / sondern auch ein gut und löblich Regiment mit einander geführet / und hat dieser Primislaus den Böhmen viel gute Gesetze vorgeschrieben: Seine höltzerne Schuhe / welche er im Acker gebraucht hatte / sind zum Gedächtniß in der Kirchen auffgehangen worden.


GOtt erniedriget und erhöhet / und thun diejenigen wol / welche die ihnen von GOtt fürgesetzte Obrigkeit ehren /unangesehen sie von geringen Stande / Geschlecht und Herkommen ist.

80. Pythagoras kan wilde Thiere mit Worten zwingen
80. Pythagoras kan wilde Thiere mit Worten zwingen.

Man findet hin und wieder bey bewährten Scribenten /insonderheit aber beym Platone viel von des Pythagoræ hohem Verstande / Weißheit und Gelehrsamkeit. Aber ich zweiffele nicht / er müsse ein Zauberer gewesen seyn / wann es anderst nicht erdichtet ist /was man von ihm erzehlet / und hiernechst folget.

[622] Pythagoras war einmal zu Sommerszeit von Tarent ungefehr ausgespatziret / und traff im Felde einen Kühhirten an / welcher das Vieh weidete: Unter demselben war ein Ochs / welcher in die grüne Saat lieff /und grossen Schaden darinn that: Da sprach Pythagoras zum Hirten: Lieber / stehe auff / und hüte des Viehes / damit nicht durch deinen Unfleiß andern Leuten Schaden zugefügt werde / vielmehr gebiet dem Ochsen des Korns zuschonen. Der ungeschickte vierschrötige Tölpel verlachte den guten Pythagoram hönisch / und kützelte sich / als hätte er ein Hufeisen gefunden / sprechende: Er hätte die Kunst nicht gelernet mit unvernünfftigen Thieren zu reden / seine Sprache verstünden die Ochsen nicht / er sehe ihn (den Pythagoram) aber für einen Schulmeister an / darum / wann ers könte / solte er nur das Verbot in seinem Namen thun / und den Schaden verhüten. Pythagoras tritt hierauff zum Ochsen / und murmelte ihm etwas ins Ohr: Darauf gehorchte das Thier so bald / verließ die niedliche Speise / und kehrete wiederum zu seiner Gesellschafft.

Auff eine andere Zeit sahe eben dieser Pythagoras einen starcken Adler in der Lufft fliegen / sprach nur wenig Worte / da ließ sich der Adler mit einem sanfften Flug zu ihm herunter auff die Erden / und satzte sich bey ihm / ließ sich angreiffen und betasten.

Ein andermal kam eine grimmige Wölffin herzu gelauffen / für welcher sich iederman furchte und flohe:Pythagoras aber griff sie ohne Furcht und unerschrockē an / führete sie mit sich in sein Hauß / und da er sie eine Zeitlang beherberget hatte / hieß er sie wieder in ihre Freyheit lauffen / doch mit diesem ernstlichen Befehl / daß sie herfüro keinem Menschen oder Vieh Schaden zufügen [623] solte / welchem dieses Thier auch ist gehorsam gewesen / sintemal die Erfahrung bezeuget hat / daß es sich hernach offtmals unter den Menschen hat finden lassen / und doch niemals iemand verletzet.


Plinius im 10. Buch seiner natürlichen Geschichte im 49. Cap. hat zwar des Democriti Artzney auffgezeichnet /dadurch man der Vögel Gesänge auslegen / und mit ihnen reden kan: Aber das ist Fabelwerck. Thiere zu verstehen / oder von ihnen verstanden werden / wann sie nicht zu etlichen Worten durch Länge der Zeit gewohnt werden / ist nicht natürlich / sondern kömmt von Teuffel her.

81. König Ptolomeus wird von seiner Gemahlin Beronice zum guten ermahnet
81. König Ptolomeus wird von seiner GemahlinBeronice zum guten ermahnet.

Daß auch die Weiber offtmals klüger seynd als ihre Männer / und denselben einen guten heilsamen Rath mittheilen können / dadurch sie von vielen Bösen abgehalten werden können / solches erscheinet aus nachfolgender aus dem Æliano genommener Historie.

Ptolomæus der König in Egypten / hatte diesen bösen Gebrauch / daß / wann er im Bretspiel spielete / so stellete er neben sich einen Knaben / welcher in der Hand hatte ein Register oder Papier / darauff geschrieben waren die Namen derjenigen / welche einer Ubelthat beschuldigt / und darum angeklagt waren. Wie nun die Würffel lieffen oder fielen / also urtheilete auch der König; wann der Wurff gut war / so sprach er wol einen loß / der das Leben billig verschertzt hatte gehabt; wann aber der Wurff unglücklich war / so verurtheilete er hingegen wol einen zum Tode / welcher unschuldig war / und denselben gar nicht verdienet hatte. Dieses ward einmal gewahr sein Gemahl Beronice, straffte derhalben ihren Herrn darüber mit freundlichen bescheidenen Worten [624] riß dem Knaben das Register aus der Hand und sprach: Es stünde einem Könige nicht wol angenehmer mit so wichtigen Sachen so leichtsinnig und unbedachtsam umgienge / und so liederlich urtheilete: Des Menschen Leben / davon in solchen Urtheilen gehandelt wird /sey viel edeler und köstlicher / als daß man dasselbe unter dem Spielen / ohne fleißige Erkündigung der Sachen / einem solte absprechen: So sey auch die Bestraffung der Ubelthäter viel nöthiger / als daß man einem Bösewicht nur eines guten Wurffs halber die wolverdiente Straffe nachlassen solte. Diese heilsame Vermahnung wirckte bey dem Ptolomæo so viel / daß er nachmals sein Urtheil über so wichtige Blut-Sachen niemals wiederum nach dem ungewissen Wurff und Fall der Würffel richtete.

Wiewol ein Mann die Herrschafft hat über seine Frau /und also keine tugendsame Frau sich derselben boßhafftiglich widersetzen soll / iedoch so kan und mag auch wol ein fromm Weib mit bescheidenen Worten ihren Ehemann zum guten ermahnen / denn ein gut Wort findet eine gute Statt:

82. Unehrlich gebohren seyn ist schändlich
82. Unehrlich gebohren seyn ist schändlich.

Alciatus ein berühmter Rechts-Gelehrter erzehlet im 9. Buch seiner beyläufftigen Sachen am 12. Cap. unter andern auch folgende Geschicht.

Eine fürnehme Frau in Franckreich / als sie sehr kranck und fast in letzten Zügen lag / berieff ihre Kinder (derer eine ziemliche Anzahl war) zu sich vor ihr Siech-Bette / und redete dieselbe also an: Liebe Kinder / weil es scheinet daß die Stunde meines Todes vorhanden ist / und ich diese Welt werde gesegnen müssen / so habe ich zu Rettung meines Gewissens /und Unrechtfertigkeit [625] zu verhüten hiermit auffrichtig bekennen wollen / daß einer unter euch einen besondern Vater habe / und nicht von deme gezeuget sey /von welchem die andern sind entsprossen: Nun ists unbillich / daß solcher / als ein Hurenkind / mit den übrigen rechtmäßiger Weise gebornen Kindern zugleich zum Erbe des väterlichen Gutes solte zugelassen werden / sondern mag mit deme / was von mir herkömmt / sich begnügen lassen / und die väterlichen Güter euch übrigen rechtmäßigen Kindern meines Ehemans überlassen: Und dafern ihr begehret / daß ich euch denselben / welcher solcher Gestalt im Ehebruch erzeuget / nennen soll / will ich mich dessen im geringsten nicht verweigern. Hierauf fangen die Söhne allzumal an zu bitten / daß die Mutter den Namen desselben möchte verschweigen / und doch ja nicht kundig machen / erboten sich / sie wären willig denselben / wer er auch seyn möchte / mit zum väterlichen Erbe zu zulassen: Dann ein jeglicher müste sich befürchten / daß ihm die Schmach und Verlust der väterlichen Güter treffen möchte.

Kinder sind übel dran / die sothanige Eltern haben /durch welche sie ihr Lebtage geschändet sind / unangesehen sie nichts darzu können.

83. Von der Vergessenheit
83. Von der Vergessenheit.

Die Gedächtniß ist eine grosse Gabe und Gnaden-Geschenck GOttes / dadurch der Mensch wunderliche und fast unglaubliche Dinge kan ausrichten / wird aber auff vielerley Weise geschwächet / ja wol gar verschertzet. Ohne allen Zweiffel ist die Trunckenheit dem Gedächtniß sehr schädlich / wie dann Capitolinus vom Käyser Maximino meldet / daß nachdem er von dem Römischen Rath für einen Feind war erkläret worden / er sich vollgesoffen / und [626] durch solche Trunckenheit hernacher vergessen / auch sich nicht wieder erinnert hat / was vor gelauffen und ihm wiederfahren war.

Velerius Maximus am 8. Cap. seines 1. Buchs erzehlet / daß ein fürtrefflicher Mann zu Athen gewesen sey / welcher in Künsten und Sprachen sehr erfahren war / als ihm aber einsmahls ein Stein auff den Kopff gefallen sey / habe er sein Gedächtniß und Verstand so gar verlohren / daß er auch alle Buchstaben vergessen habe. Fast ein gleiches meldet Dion Cassius vom Käyser Caracalla, ob derselbe schon in der Weltweißheit so geübt gewesen / daß er nicht unbillich unter die Gelehrten gezehlet worden ist / so ist er dennoch hernach so tumm und ungeschickt am Verstand /so schwach am Gedächtniß erfunden worden / als hätte er niemahls lesen gelernet / niemahls Buchstaben gekannt oder gesehen. Mehr Exempel sind zu finden beym Plinio in seinen natürlichen Geschichten /im 7. Buch am 24. Capitel / da er unter andern eines Menschen gedencket / dessen Gedächtniß von einem Falle dermassen ist beschädiget worden / daß er nicht allein seiner Blutsverwandten und Schwäger / sondern auch seiner leiblichen Mutter und seiner Knechte Namen / welche ihm lange Zeit gedienet hatten /gäntzlich vergessen hat.

Keiner aber hats mehr empfunden / wie hinfällig des Menschen Gedächtniß sey / als der erfahrne Redner Messala Corvinius, welcher nach ausgestandener schweren Kranckheit seines eigenen Namens nicht mehr ist eingedenck gewesen / sondern denselben gäntzlich vergessen hat / da er doch vorher wol und zierlich verfertigte Reden auswendig daher gesagt hatte / wie gedachter Plinius und Solinus bezeugen.

[627] Auff Erden ist kein Ding fest oder beständig / darum kan der Mensch GOtt nicht gnugsam dancken / welcher nicht nur mit guten Gaben von demselben gezieret ist /sondern auch welchen GOtt dabey erhält.

84. Aristippus leidet Schiffbruch ohne Schaden
84. Aristippus leidet Schiffbruch ohne Schaden.

Der kluge und gelehrte Aristippus, als er einsmahls auff dem Meer schiffete / und mit seinen Gefehrten Schiffbruch litte / an das Rhodische Meer-Ufer ausgeworffen ward / fand er allda im Sande etliche Geometrische Figuren gemahlet: wie er nun deren gewahr wurde / rieff er überlaut. Ihr liebe Gefehrten seyd getrost / es wohnen in der nächsten Stadt wahre Menschen / bey welchen wir unsere Nothdurfft / Nahrung und Unterhalt leichtlich bekommen werden. Gieng darauff fort nach Rhodis / lehrete daselbst in den Schulen / und brachte in kurtzer Zeit durch seine Kunst / Weißheit und Geschicklichkeit so viel Vorrath an Geld und andern Sachen zusammen / daß er nicht allein selbst gnug hatte / sondern auch seinen gewesenen Gefehrten konte mittheilen. Als nun dieselbe wieder in ihr Vaterland ziehen wolten / und demnach Abschied von Aristippo nahmen / auch zugleich fragten: Ob sie auch den Seinigen in seinem Nahmen etwas verkündigen solten? sprach er: Erzehlet ihnen / was ihr gesehen habt / das uns wiederfahren ist / und vermahnet sie von mir und in meinem Nahmen / daß sie ihren Kindern solche Schätze sammlen / und zuwege bringen / die auch mit ihnen durchs Meer schwimmen / und durch Schiffbruch nicht verlohren werden können.


Tugend / Geschicklichkeit und Wissenschafft übertrifft allen Reichthum und zeitliche Schätze.

85. Historia vom Sigismundo und einem seiner Diener
[628] 85. Historia vom Sigismundo und einem seiner Diener.

Der Käyser Sigismundus hatte einen alten treuen Diener / welchem er bißher sehr wenig verehret hatte /wiewohl er sonsten ein freygebiger Herr war. Es begab sich aber auff eine Zeit / als der Käyser eine Reise that / und unterwegens durch einen Teich ritte /daß des Käysers Pferd seyn Wasser in den Teich ließ: Als aber solches der besagte Diener / welcher vor dem hergieng / ersahe / sprach er aus Kurtzweil: Das Pferd habe eben die Natur an sich / die der Käyser an sich hätte. Das hörete der Käyser ohngefehr / fragte ihn derohalben / was er dadurch verstanden oder gemeynt hätte. Da legte es der Diener also aus: Daß / gleichwie das Pferd sein Wasser lasse in den Teich / darinnen ohne dem Wassers genug wäre / also mache es auch der Käyser / indem er denen viel Geschencke gebe /welche schon zuvorn Geld und Güter gnug hätten.

Der Käyser merckte bald / wohin dieser zielte /nemlich / daß er ihm hiermit höflich vorwürffe / daß er ihm als einem alten Diener wenig Geschencke für seine lange treue Dienste verehret hätte / antwortete derowegen / und sprach: Daß der Mangel bißher nicht an ihm gewesen wäre: Sondern es sey also beschaffen mit den Fürstlichen Verehrungen / daß sie offtmals nicht derjenige bekäme / welcher sie verdienet hätte /sondern welchem GOtt und das Glück dieselbe gönnete / und daß dem also sey / wolle er erstes Tages darthun. Wenig Tage hernach lässet der Käyser zwo Büchsen von Blech machen / von einer Grösse und Schwere / [629] und in die eine Bley / in die andere aber Gold giessen: Ruffte darauff obgemeldten seinen Diener für sich / setzte ihm die beyden Büchsen vor / mit Befehl / eine von denselben zu nehmen / und zu erwehlen / welche er wolle: Der Diener erschrack hierüber / besahe und wug eine um die andere / und wuste nicht welche er erwehlen solte / biß er zuletzt die erwehlete / in welcher sich das Bley befand. Da sprach der Käyser: Nun siehestu klärlich / daß es nicht meine / sondern des Glücks Schuld ist / daß du nichts bekommen hast von meinen Gaben.

Treue Diener muß man treulich lohnen / sonderlich denen / die es vonnöthen haben: Glück kömmt zwar von GOtt / entschuldigt aber den Käyser nicht / welcher seine Pflicht hätte bedencken / und nicht den unbekannten und zweiffelhafften Glücks-Fall erwarten sollen.

86. Der Aegypter Gebrauch bey Gastereyen
86. Der Aegypter Gebrauch bey Gastereyen.

Von den Aegyptern schreibet Herodotus, daß sie bey ihren Gastereyen / da sie zur Lust und Frölichkeit versamlet waren diesen Gebrauch gehabt haben / daß sie ein von Holtz geschnitztes Bild / einem menschlichen todten-Cörper gleichförmig in das Gemach / darinnen die Gäste zur Frölichkeit waren zusammen gekommen / haben bringen lassen / welches der Träger desselben einem ieglichen der anwesenden Gäste muste vorzeigen / mit diesen Worten: Mein Mensch / siehe an diß Bild / und bedencke / daß du nach deinem Tode dem selben werdest auch ähnlich seyn; Darum ergetze dich ietzo mit Essen und Trincken. Wann nun die Aegypter dieses auff solche Weise und / in der Meynung haben thun und ausruffen lassen / gleichwie der viehischeSardanapalus, welcher auff [630] sein Grab schreiben ließ: Was ich mit Essen / Trincken und Wollust davon bracht habe / das habe ich / und mehr nicht: Darum iß / trinck / spiel / dann nach dem Tod ist keine Lust oder Ergetzlichkeit mehr zu hoffen: Wann / sage ich /die Aegypter in gleicher Meynung den besagten Gebrauch gehalten haben / damit sie nemlich der Wollust sich desto besser möchten gebrauchen / als welche dafür hielten / daß nach dem Tode nichts mehr zu hoffen wäre: So sind sie darüber zu schelten / und keines weges zu loben gewesen; Wann sie es aber zu dem Ende gethan haben / damit sie ihre Gäste von übriger Uppigkeit / Völlerey und Fressen abhalten möchten / wie vermuthlicher ist / so ists ein löblicher Gebrauch gewesen / deme wir Christen billig nachfolgen / und Mäßigkeit bey Gastereyen und sonst allezeit im Essen und Trincken halten sollen.


Memento mori, ô homo: O Mensch bedenck das Ende und den Tod in allem Thun / so wirstu nimmermehr vorsetzlich sündigen.

87. Von wunderbahrer Geschwindigkeit und Verstand etlicher Thiere
87. Von wunderbahrer Geschwindigkeit und Verstand etlicher Thiere.

Wiewol die Vernunfft und Verstand ein solcher Schatz ist / welcher allein uns Menschen / als Ebenbildern GOttes geschenckt ist: So ist dennoch offenbahr / daß viel Thiere mit ihrer klugen Sinnlichkeit dem menschlichen Verstande gar nahe kommen: Welches dann auch Plutarchum bewogen hat / daß er dafür gehalten / es seyn auch die Thiere mit Vernunfft begabet: Und obschon dieses zu viel geredt ist / so ist doch dagegen unlaugbar wahr / was der kluge Plato schreibet / nemlich / daß in den Kräutern die Sinne der Thiere / in den Thieren die Vernunfft der Menschen / und in den Gemüthern die Göttliche [631] Weißheit gleichsam abgebildet sey. Zum Beweiß und Bestätigung dieses Spruchs / so viel die Thiere anbetrifft /achte ich genug zu seyn / was gedachter Plutarchus von einem Elephanten auffgezeichnet hat. Zu Rom lehrete ein Kerl die Elephanten allerley Künste um Geld / und richtete sie ab unterschiedliche Bewegungen zu machen mit dem Rüssel und den Füssen. Unter denselben befand sich auch ein Elephant / welcher gar hartlernig und tumm war / und deßwegen von seinem Meister offt mit Worten / öffter aber mit Pfriemen bestrafft wurde: Dieses Thier hat man zu Nacht-Zeiten im Mondschein gesehen sich üben und befleißigen /damit es den andern Mitschülern gleich thun / und also die Scheltworte und Schläge seines Meisters verhüten möchte.

Die Ameise / das kleine Thierlein / behüt Gott! wie fänget das seine Sachen so klüglich an; ObgedachterPlutarchus ist der Meynung / daß / ob schon die Natur in diesem Thierlein einen Spiegel grosser und bey nahe unbegreifflicher Dinge vorgestellet habe /indem an demselben gefunden wird eine treffliche Abbildung und Anzeigung beständiger Gesellschafft /grosser Arbeit / Tapfferkeit / Vorsichtigkeit / Gerechtigkeit und Mässigkeit: Dannoch seine verwunderliche Sinnlichkeit am allermeisten daraus erschiene /daß / wann es sich gegen den Winter mit gnugsamen Vorrath versehen hat / es am allerersten die herfürschiessende Blüt oder Kühmen an ihren Körnlein abnagen / damit dieselbe dadurch nicht weich werden /verfaulen / und ihme also zur Speise untüchtig seyn. Von diesem Thierlein ist besser zu schweigen / als wenig zu schreiben: Dann auch der Geist GOttes selbst die Ameisen den Menschen [632] zum Exempel der Arbeitsamkeit und des Fleisses vorgestellet. Und der berühmte Virgilius im 4. Buch von den Thaten Æneæ singet wunderlich von ihrer wunderbahren Einsammlung und zusammentragung des Geträudes.

Zu Susis in Persien sind Ochsen gehalten worden /welche den Königlichen Garten daselbst gewässert /und zu dem Ende ein jeglicher unter ihnen 100. Eymer Wassers zugetragen haben: So bald sie aber nach gewöhnlicher Zahl haben ihre Arbeit verrichtet gehabt / hat man sie durch keine Schläge dahin bringen können / daß sie noch einen eintzigen Eymer hinzugetragen hätten.

Vom Crocodil melden viel wahrhafftige Geschicht-Schreiber / daß er zu Winters-Zeit / wann alle Wasser mit Eiß befroren sind / mit seinen Ohren sich nahe bey das Eiß lege / und aus dem Rauschen des Wassers urtheilen könne / ob das Eiß so dicke gefroren sey / daß er ohne Gefahr darüber könne gehen.

Es bleibet wol wahr / was jener sagt / daß viel Thiere klüger sind als die Menschen / und daß diese von jenen in manchem Stücke gelehrt und unterwiesen werden.

88. Wie man bey denen Spartanern die Raths-Herren erwehlet hat
88. Wie man bey denen Spartanern die Raths-Herren erwehlet hat.

Bey den Spartanern war dieser Gebrauch / daß / wann sie einen Rathsherrn erwehlen wolten / sie die Gemeine auff den Marckt berieffen und versammleten / darnach verschlossen sie etliche Männer in ein nechst dabey gelegenes Hauß / welche keinen Menschen sehen / und von keinem gesehen werden konten: Hierauff kamen diejenige / welche zur Wahl benennet waren / und gieng einer nach dem andern [633] stillschweigend mitten durch die Gemeine: Die verschlossene Auffmercker hatten Tafeln bey sich / darauf verzeichneten und schrieben sie die Stimmen des Volcks /welche Stimme nicht durch Wörter / sondern durch Klitschen oder Zusammenschlagung der Hände gegeben wurden. Es wusten aber diese Auffmercker nicht /welchem unter den Vorgestellten das Volck durch solches Zeichen ihrer Hände seinen Beyfall gab / sondern richteten sich nur nach der Zahl der durchgehenden und dem Handklitschen des Volckes: Welchem nun unter ihnen durch das gröste Handklappern (darauff die verschlossene Auffmercker acht gaben) das Volck Beyfall gab / es sey dem ersten / welcher also durchgangen war / oder dem andern / dritten / und so fortan / den erwehleten sie ohne weitere Erkäntniß der Sachen / und rieffen ihn vor einen rechtmäßigen / durch einhellige Zustimmung des Volckes erwehlten Rathsherren aus.


Ein iedes Land hat seine Weise: Lands Sitte / Lands Ehre.

89. Ungleiche Natur des Königs Prusius und Porus
89. Ungleiche Natur des Königs Prusius undPorus.

Prusius der König Bithyniæ ist gar eines kleinmüthigen und verzagten / hingegen Porus der Indianer König eines heroischen und standhafftigen Gemüths gewesen. Von dem Prusius meldet Livius, daß / als er auff eine Zeit ist nach Rom kommen / habe er sich gegen iederman / auch den geringsten / so kleinmüthig gestellet / daß man leicht habe abnehmen könnē / ob er schon ein König wäre / daß er doch kein Königlich noch Fürstlich Gemüth hätte. Er hat sich auff der Reise einen Freygelassenen Knecht der Römer nennen lassen / hat auch solche Kleider gebraucht wie die freygelassene [634] Knechte zu tragen pflegen / und sich selbst / nach Art der Freygelassenen /das Haupt mit einem Scheermesser beschoren. Wie er auffs Rathhauß gangen ist / ist er zur Erden nieder gefallen / und hat die Thürschwellen geküsset: Die Rathshern hat er seine Götter genennet / und viel dergleichen Schmeichel-Worte gebraucht / welche keinem ehrlichen Manne / geschweige einem Könige wohl anstehen. Er hat aber hiermit weniger erlanget /als wann er sich männlich erzeiget hätte / dann gleichwie diejenige / so einen andern Fürsten überwinden /viel lieber hören / daß der Uberwundene ein tapfferer Kriegs-Held / als ein weibischer und verzagter Kerl sey / als haben sie auch gerne / daß er sich also in Wiederwärtigkeit erzeige. Aber viel ein anders hat sich Porus, obschon klein von Person / erzeiget /dann als ihn der grosse Alexander nach einer harten Schlacht gefangen bekam / und fragte: Wie er wolte gehalten seyn? hat er geantwortet: Königlich. Da aber Alexander fortfuhr / ob er nichts weiters haben wolte? sagte er: Nein / dann unter diesem Worte (Königlich) wäre alles begriffen.


Der ist allererst für einen rechten tapffern Held zu halten / der auch in Wiederwärtigkeit nicht verzaget.

90. Gleichheit des Gesichts - und Historia Laodices und Artemonis
90. Gleichheit des Gesichts / und HistoriaLaodices und Artemonis.

Von der Laodice des Königs Antiochi in Syrien Gemahl / erzehlet Plinius und Valerius folgende Geschicht. Laodice ließ ihren Herrn den König Antiochum umbringen / damit sie einen andern jungen und frischen Helden / Artemon genannt / wieder trauen /oder zum wenigstens an Manns Statt [635] gebrauchen möchte. Wie nun dieser Mord vollbracht war / fürchtete sich Laodice, daß ihr das Volck nicht allein gehäßig werden / sondern auch von ihr abfallen möchte /derohalben / dessen Gunst zu behalten / gebrauchte sie folgende List. Ihr Buhler der Artemon, welcher dem ertödteten Antiocho an Gestalt und Beschaffenheit des Leibes gar ähnlich war / muste sich in ihres gewesenen Ehemanns Bette legen / so kranck stellen /als arbeitete er in Todes-Nöthen / und das Volck (welches ihren krancken König zu sehen häuffig herzu lieff) folgender Gestalt anreden: Meine liebe getreue Unterthanen / weil es mit mir nunmehr so weit kommen ist / daß ich diese Welt gesegnen / und von euch scheiden muß / so ermahne ich euch Väterlich / daß ihr nach meinem Tode dieses mein Gemahl (auff dieLaodicen zeigende) zu eurer Königin annehmen / sie ehren und ihr gehorchen wollet in allen Dingen /gleich wie ihr mir bißhero gethan habt / und ihr alle unterthänige Treue erzeigen / wie Unterthanen ihrer Obrigkeit zu leisten schuldig seynd. Das Volck bildete sich nichts anders ein / als ob ihr rechter Herr und König Antiochus sie anredete / gelobten ihm derohalben solches treulich zu thun: Und befestigte also dieLaodice ihre Macht durch ihre Arglistigkeit / darzu ihr die Gleichheit des Artemons mit dem Antiocho Anlaß gab und hülfflich war.


Ehebruch und Mord / sind sehr schändliche Laster /sonderlich an hohen Personen: Wer nicht genau zusiehet / der wird gemeiniglich betrogen.

91. Was ein böß Gewissen thun kan - wann es auffgewacht
91. Was ein böß Gewissen thun kan / wann es auffgewacht.

[636] Dieterich der Gothen König / ließ zween fürnehme Römische Bürgermeister / nemlich Symmachum und dessen Tochter-Mann Boëthium, (von deme er zuvor bey seinem Einzug in die Stadt Rom mit einer zierlichen Glückwünschungs-Rede empfangen ward) aus lauterm Neid und ungegründeten falschen Argwohne jämmerlich hinrichten. Nicht gar lange aber darnach begab sichs / daß dem Könige / da er Abend-Mahlzeit hielte / neben andern Speisen ein grosser gekochter Fisch-Kopff fürgesetzt ward: Da dauchte dem König nicht anders / als sehe er das Haupt des Symmathi, den er hatte erwürgen lassen / vor sich in der Schüssel liegen / mit starrenden grimigen Augen ihme Rache dräuende: Worüber er dann so sehr erschrack / daß er mit seinem gantzen Leibe zitterte und bebete / und so bald von der Tafel auffstehen und sich zu Bette legen muste: Darnach fieng er an grausam zu schreyen und zu klagen / über seinen begangenen Mord / und rieff stets und ohne Auffhören / man solte dem Symmacho und Boëthio wehren / daß sie ihn nicht erwürgeten: Ist auch in dem jämmerlichem Zeter-Geschrey und Weheklagen so lange fortgefahren / biß er seinen Geist darüber auffgegeben hat.


Böß Gewissen ist ein nagender / und sehr schändlicher Wurm / darum man sich desto mehr zu hüten hat / daß man sein Gewissen mit muthwilligen Lastern nicht beflecke.

92. Unterredung und Gespräch Pompeji und Cratippi
92. Unterredung und Gespräch Pompeji undCratippi.

Als Pompejus in Thessalia bey der Stadt Pharsalo vom Julio Cæsare überwunden / und mit seinem Kriegsherr in die Flucht geschlagen war / [637] begab er sich zu Schiffe und auffs Meer / willens in Aegypten zu fliehen / unterwegens aber nahm er seinen Weg auff die Insul Mitilenen zu / dahin er sein GemahlCorneliam, des Ausgangs des Kriegs daselbst abzuwarten / geschickt hatte. Weil aber Pompejus die Gastmahle und Zusammenkünffte der Bürger flohe /zog er nicht in die Stadt / sondern kehrte in des gelehrten Weltweisen Cratippi Garten / vor der Stadt gelegen / ein / klagte demselben sein Unglück / und die unversehene Veränderung seines Zustandes / und fragte ihn: Ob auch eine Göttliche Fürsehung wäre? Dann er hielte dafür / daß sich GOtt des Menschen Zustandes nicht annehme / weil er an sich selbsten befunden habe / daß er in einer löblichen / und (seiner Meynung nach) gerechten und guten Sache überwunden / und gleichsam von GOtt verlassen wäre. Cratippus aber / damit er Pompejum etlichermassen trösten / und ihm seine Traurigkeit benehmen möchte / antwortete hingegen / daß viel andere Ursachen wären /darum solches geschehen sey / und sprach: Die Königreiche und Regimente dieser Welt haben ihren von GOtt gesetzten Lauff / nach welchem sie zu- und abnehmen: So ists dißfalls dem Römern auch wiederfahren: Dieweil sie bißher in der Democratia (da das gemeine Volck mit herrschet) von dem rechten Wege abgewichen / hat es nothwendig zu einer Monarchia (da nur einer die Oberstelle hat) kommen müssen: Dann wann ein Ding auffs höchste kömmt / so beginnt es gemeiniglich wieder zu fallen. Er sagte auch ferner zu Pompejo, daß er sich nicht zu beklagen habe / daß GOtt dem Cæsari solche Römische Monarchie für ihm gegönnet hätte / obschon Pompejus meynete /er wäre viel tüchtiger darzu [638] gewesen. Dann fragteCratippus, womit woltest du / Pompeje, versichert und vergewissert haben / daß du nach erhaltenem Sieg dich dessen besser würdest gebrauchen / als Cæsar? Wie aber Pompejus hierauff nichts antwortete /sprach der Philosophus Cratippus: Wir wollen dasjenige / was in GOttes Gewalt / Rathschluß und Fürnehmen stehet / nicht spitzfündig durchforschen und nachgrübeln.


GOttes Geheimnisse muß man nicht fürwitzig durchforschen / noch seine unbegreiffliche Gerichte tadeln; Dann er hat Gewalt über die Königreiche / und giebt nach Belieben wem er will.

93. Vom Niesen
93. Vom Niesen.

Zu dem Niesen pflegen wir gemeiniglich zu sagen /GOtt helff! Da wir doch weder einem gähnenden noch gröltzenden Glück wünschen. Aristoteles lehret uns dessen Ursach: Dann / spricht er / es sind drey Theile des menschlichen Leibes / nemlich / der Kopff / die Brust und der Bauch: Weil denn das Haupt der fürnehmste Theil des Menschen ist / und den übrigen Gliedern gleichsam als ein Herr gebietet / weil auch im Kopffe als in einem herrlichen Schlosse alle göttliche und menschliche Wissenschafft ihren Sitz hat /und aber das Niesen aus dem Kopff herkommt /darum halten wir diß Blasen billich viel höher / als dasjenige welches aus dem Magen oder untersten Bauch auffsteiget / und heissen es gleichsam mit einem freundlichen Wunsche willkommen: Weil auch die Alten gute Achtung auff das Niesen gegeben / und gewisse Merckzeichen daraus genommen haben /darum haben sie den Niesenden Glück gewünschet /auff daß alles Unglück dadurch möchte abgewendet[639] werden / wie wir dann lesen / daß Käyser Tiberius dieser Ursachen halben solche Glückwünschung ernstlich befohlen hat.

Gleichwie nun das Niesen eine Anzeigung ist eines gesunden Gehirns / wie Galenus urtheilet / also haben die Alten ihnen dadurch gut Glück zugesagt / doch nicht allezeit / dann die nachmittägliche Niesung ist zwar für eine gute Bedeutung gehalten worden / wann aber iemand vor Mittage genieset hat / ist solches vor eine böse Anzeige gehalten worden / und hat sich derselbe besorget / das ihm desselben Tages all sein Vornehmen mißlingen werde. Daher auch diejenige / welche des Morgens wann sie schon vom Bette auffgestanden / und die Schuh angethan hatten / genieset haben / sich haben pflegen wieder niederzulegen / und also das übrige Theil des Tages durch ihren Schlaff /als eine neue Nacht / von dem vorigen Theil des Tages / in welchem sie genieset hatten / abzuschneiden. Sonst ist auch dafür gehalten worden / wann einer entweder selbst / oder auch ein Anwesender /bevorab an der rechten Hand stehend / genieset hat /zu der Zeit / da man den Göttern geopffert / oder sonst dergleichen wichtige Geschäffte verhandelt hat /daß alsdann die Niesung ihre Wirckung gewißlich bekomme / bald zum Guten / bald zum Bösen. Also wird von Xenophonte erzehlet / daß er unter seiner Rede / welche er zum Griechischen Kriegsheer thate /genieset / und von dem Volck zum Feld-Obristen erwehlet sey. Als Hippias, in dem er niesete / einen Zahn verlohr / folgete darauff ein grosses Unglück. Hieher gehöret / was Plutarchus schreibet / daß /wann einer dem Socrati zur rechten Hand / oder gegen ihm überstehende genieset habe / er alsdann mit [640] freudigem und hurtigem Gemüth die Arbeit angetreten habe / in Hoffnung / es würde alsdann alles glücklich und wol gelingen; Wann aber das Niesen von der lincken Seiten herkommen sey / habe er solches für ein böß Zeichen gehalten / auch desselben Tages nichts anfangen wollen.

Diß ist aus der alten Heidn'schen und Abergläubischen Welt / das Niesen hat seine natürliche Ursachen / und keine Krafft zukünfftige Dinge zu verkündigen.

94. Ungebührliche Leichtfertigkeit des Persischen Gesandten wird vom Alexandro artig gestrafft
94. Ungebührliche Leichtfertigkeit des Persischen Gesandten wird vom Alexandro artig gestrafft.

Megabyzus, ein Kriegs-Obrister des Persischen Monarchen Cyri, schickte Gesandten an Amyntam König in Macedonien / den unter ihnen gemachten Vertrag und Frieden zu befestigen. Amyntas tractirte die Persianische Gesandten auffs köstlichste: Als aber diese von Wein truncken worden waren / begehrten sie vom Könige / daß er seine und seiner Söhne Weiber möchte zu ihnen ins Gemach und an die Tafel kommen lassen / alsdann würden sie spüren / daß sie ihm angenehme Gäste wären. Amyntas bewilligte ihnen solch Begehren / und ließ die Weiber ins Gemach an die Tafel kommen / mit vermahnen / daß sie seinen Gästen die Zeit kürtzen solten. In dieser Lustigkeit aber erzeigten sich die Persianer gar ungebührlich / und giengen mit dem Macedonischen Frauen-Zimmer nicht um wie Zucht und Erbarkeit erfordert. Diß verdroß Alexandrū des Amyntæ Sohn gar hefftig / derhalben / damit er solche ungebührliche Leichtfertigkeit den Persianern verwehren möchte / erdachte er nachfolgende List. Er bemühete sich zuförderst / [641] daß er den alten Vater Amyntam überredete aus dem Gemach zu weichen / unterm Schein / als wolte er seines Alters schonen / und ohne ihm die Gäste wol tractiren. Darnach begehrte er von den Persianern / sie möchten den Frauenzimmer einen Abtritt vergönnen /mit Versprechen / daß sie auffs eheste wiederkommen solten: Unterdessen erwehlete und verordnete er selbst schöne Jünglinge / befahl ihnen / daß sie sich mit Frauenkleidern bekleiden / und mit verborgenen Dolchen wol versehen solten: Führete sie also wiederum hinein zu den Gesandten / und setzte sie bey dieselbe an statt der Frauen. Als aber dieselbe mit diesen Jünglingen / in Meynung / daß es das vorige Frauenvolck wäre / nicht besser umgiengen / als zuvor mit den Weibern / ergriffen dieselbe / nach ertheiltem BefehlAlexandri, ihre Gewehr / durchstachen und verwundeten die unzüchtigen Persianer dergestalt / daß bald einer hie / bald dort zur Erden niedersanck / und sie ihrer unzüchtigen Löffeley und Kurtzweil bald vergassen.


Leichtfertigkeit thut nimmer gut / und bringt manchen in grossen Schimpff und Schaden.

95. Euclides und Socrates
95. Euclides und Socrates.

Die Athenienser hatten auff eine Zeit ein Gebot lassen ausgehen / daß kein Megarenser Bürger bey Leib- und Lebens Straf in ihre Stadt kommen solte. Nun aber wohnete zu Megara Euclides, welcher ein Schüler und Zuhörer lange Zeit gewesen war des berühmten Weltweisen Socratis, wohnende in der Stadt Athen: Derwegen als ihm durch diß öffentliche Edict der Athenienser / der Weg und die Gelegenheit benommen war / nach Athen zu dem Socrate [642] öffendlich zu gehen / und seinem Gebrauch nach denselben zu hören; damit er dennoch gleichwol der herrlichen Unterweisung dieses klugen Mannes nicht gäntzlich möchte beraubet seyn / hat er Weibs-Kleider angezogen / das Haupt mit einer Hauben / nach Art der Frauen / verhüllet / und allezeit gegen Abend in der Demmerung sich nach Athen begeben / um den Socratem nur des Nachts zu hören / ist hernach des Morgens früh wieder nach Megara, und also fünff guter Teutscher Meilwegs nach Hauß gegangen / und hat sich weder den fernen beschwerlichen Weg / noch die grosse Gefahr von seinem Lehrmeister abhalten lassen. So kan die Liebe und Eiffer zur Weißheit einen auffmuntern / daß man auch alles leicht und zu thun möglich achtet / und sich keine Ungelegenheit verdriessen läst.


Das heist wol: Lust und Liebe zum Dinge / macht alle Arbeit geringe: Wie das alte Sprichwort heisset.

96. Eines Adlers Treue
96. Eines Adlers Treue.

Der Griechische Poet Stesichorus rühmet in seinem Gedichte einen Adler wegen bewiesener Treue folgender Gestalt: In der Erndte-Zeit sassen 16. Meyer im Grase / ein wenig zu ruhen / und schickten einen aus ihrem Mittel hin / daß er ihnen zur Erquickung etwas frisches Wasser schöpffte. Wie dieser zum Brunnen kam / fand er allda eine grosse ungeheure Wasser-Schlange / die sich einem Adler um den Halß gewickelt hatte ihn zu ersäuffen / und in den Grund zu reissen. Der Meyer zerhieb die Schlange mit seiner Sichel / welche er bey der Hand hatte / daß sie da lag /und errettete also den Adler: Darnach gieng [643] er mit dem geschöpfften Wasser wieder zu seinen Mit-Arbeitern / und reichte einen ieden unter ihnen zu trincken: Wie nun die Ordnung an ihn selbst kam / und er das Gefäß mit Wasser an den Mund setzte / siehe da flieget der Adler daher / und stösset dem durstigen Meyer das Gefäß mit Ungestümm vor dem Munde weg / daß das Wasser alles auff die Erde läufft. Der Meyer kannte den Adler / fänget an gegen seine Mitgesellen auff denselben zu schelten / und sich zu beklagen / über die grosse Undanckbarkeit des Vogels /welcher ihm in seinem grossen Durst auch den Trunck Wassers mißgönne / da er ihn doch beym Leben er halten und von der Schlangen errettet hätte. Indem er aber diese Worte redete / ward er gewahr / daß seiner Gesellen einer hie / der ander da tod zur Erden fiel /merckete also / daß das Wasser / welches sie getruncken hatten / ohne Zweiffel durch die Schlange sey vergifftet gewesen / und daß der Adler ihn darum im Trunck verhindert habe / damit er nicht auch neben den andern durch das vergifftete Wasser möchte umkommen.


Viel unvernünfftige Thiere sind treuer und danckbarer als manche Menschen.

97. Democritus wird von seiner Magd artig betrogen
97. Democritus wird von seiner Magd artig betrogen.

Der gelehrte Democritus, aus Thracien bürtig / sandte einsmahls seine Magd auff den Marckt / daß sie ihm Kukummern einkauffen solte. Die Magd richtete ihres Herrn Befehl aus / kauffte etliche der Früchte / und legte einen derselben in einen Honig-Topff / welchen sie eben unter dem Arm [644] hatte. Wie nun Democritus diese Kukummern schmeckte / befand er / daß sie gar süsse war / fragte darauff die Magd / aus welchem Garten sie die Kukummern gekaufft hätte? Die Magd zeigte den Ort an. Hierauff lieff Democritus hin / besahe das Erdreich / in welchem die Früchte gewachsen waren / und fieng an nachzusinnen / wie es doch möglich seyn könte / daß eine Kukummer vor der andern so einen lieblichen Geschmack hätte / meynete /er wolte die Ursach dieses Unterscheides durch diePhilosophie ergründen: Aber er arbeitete umsonst. Endlich / da er sich lange gnug über diesem Geheimnisse gequälet und verwundert hatte / trat die Magd herzu und sprach: Lieber Herr / es ist umsonst / daß ihr euch bemühet / die Ursach dieser Süßigkeit aus der Natur zu ergründen: Aber ich will euch bald den Zweiffel benehmen und lehren / woher es komme /daß die Kukummer / welche ihr gegessen habt / ist süsser gewesen als die andern. Democritus spitzte die Ohren / eine sonderliche Ursache dieses Unterscheits erwartende: Da sprach die Magd: Lieber Herr / ich habe die Kukummer / wie ich sie nach Hause getragen / in einen Honig-Topff gelegt / und daher kömmt es /daß sie einen Honig-süssen Geschmack an sich genommen hat: Also merckte Democritus, daß er betrogen war / und vergeblich seinen Kopff darüber zerbrochen hatte. Hiervon kanst du mit mehrerm lesenPlutarchum und Laẽrtium.


Die Weltweisen werden offt in ihrer Weißheit betrogen.

98. Exempel - die die Bibel und heilige Bücher fleißig gelesen
98. Exempel / die die Bibel und heilige Bücher fleißig gelesen.

Vom Antonio, einen Egyptischen Mönche / schreibetAugustinus, wie auch Nicephorus, [645] daß / ob er gleich in Künsten und Sprachen nicht erfahren gewesen / so sey er doch von so scharffen Verstande und gutem Gedächtnisse gewesen / daß er auch die Heil. Schrifft aus dem blossen Gehör auswendig gefasset / und durch unnachläßiges Nachsinnen richtig verstanden.

Käyser Theodosius der Ander / hat mit solchem Eyffer und unauffhörlichem Fleisse die Bücher der Heil. Schrifft gelesen / daß er auch zuweilen die gantze Nacht mit zu Hülffe genommen. Er hat einen Leuchter mit einem künstlichen Uhrwerck machen lassen / welcher von sich selbsten sich beweget / und in Ermangelung Oel wiederum zugiessen können /und diesen hat er darum gebrauchet / damit ihm seine Diener nicht dörfften auffwarten / und in seinen geistlichen Arbeiten verhinderlich fallen.

Der Heil. Hieronymus / ob ihm gleich zu anfangs die Schrifften der Heydnischen Scribenten / vornemlich des Ciceronis, sehr gefallen / so hat er doch zuletzt eine solche Liebe die Schrifft zu lesen bekommen / daß er auff eine Zeit gesaget: Was für ein Theil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen? Was für Gemeinschafft hat das Licht mit der Finsterniß? Wie stimmet Christus mit Belial? Wie reimet sich der Psalter und Horatius? Das Evangelium und Cicero zusammen?

1. Prüffet alles / was gut ist / behaltet. 2. Das Wort GOttes ist köstlicher / dann Gold / und viel seines Goldes / denn es unterweiset uns zur Seligkeit. 3. Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen: Wann er sich hält nach GOttes Wort. Ψ.C.XIX.9

99. Liebe zu leblosen Dingen
[646] 99. Liebe zu leblosen Dingen.

Ælianus im 9. Buch seiner vielfältigen Geschichte erzehlet nachfolgende Historiam. Zu Athen war ein Jüngling / dessen Name wegen seiner lächerlichen Thorheit nicht werth ist / daß er genennet werde: Derselbe verliebte sich in ein mit Händen gemachtes Bild / welches des Glücks Gestalt hatte / so hefftig / daß er ihm nicht allein täglich einen Gang schenckte / sondern auch hinzugieng / es umfieng und küssete / als wäre es eine wolgestalte lebendige Jungfrau. Es ist leicht zu gedencken / was für Lust und Ergetzlichkeit die Anredung und Umfahung des stummen Klotzes gegeben habe: Dennoch war die Liebe gegen dasselbe bey dem Jünglinge so hitzig / daß er wegen unvölliger Geniessung dieser seiner erwehlten Liebsten täglich sehr abnahm: Konte auch die Liebes-Flammen nicht länger bergen / sondern gieng in den versammleten Rath / und bath / daß sie ihm um gebührliche Entgeltniß das schöne Glücks-Bild möchten zukommen lassen. Der Rath aber schlug ihm diß Begehren ab / aus Ursachen / weil es unziemlich seyn würde / ein so wolgestaltes Bild / mitten aus der Stadt hinweg zu nehmen / und die Stelle zu blössen.

Der armselige Liebhaber / wie er mit solchem unverhofften und unangenehmen Bescheid abgewiesen ward / stellete sich vor das Bild / beklagte mit erbärmlichen Worten und Geberden seine unglückselige Liebe / daß er eines so schönen Bildes nicht habe theilhafftig werden können: Bezeugete mit theuren Worten / daß er ihm auch im Tode getreu und von Hertzen geneigt verbleiben wolle: Stieß ihm hiermit selbst unter [647] denen daher fliessenden Thränen das Schwerd in den Leib / und fiel todt vor dem Bilde zur Erden.

Wer sich in Liebe zu wolgestalten Menschen nicht mäßigen kan / der ist kein Kluger zu nennen. Wer zweiffelt dann / daß es ein vollkommener Narr sey / welcher an Gold / Silber und dergleichen ungeseelten Dingen sein Hertz hänget / welche durch dieses Bildniß können verstanden werden.

100. Frauen-List
100. Frauen-List.

In Hoffnung / daß es dem Leser nicht unangenehme seyn werde / will ich diß vierdte Hundert unserer Historischen ACERRA mit einer kurtzweiligen Historie /genommen aus der Studopædia Joannis Pauli beschliessen.

Es verliebten sich drey junge Kerle in eine wolgestallte und vornehme Wittibe / und freyeten hefftig nach ihr. Wiewol sie nun keinen unter denselben zu ehlichen willens war / so wolte sie gleichwol nicht ungestümm ihnen den Abschied geben / oder sie durch den Korb fallen lassen / sondern machte sich ihrer nachfolgender Weise listig und höflich loß. Sie bestimmete einen jeglichen unter ihnen eine gewisse Zeit / zu welcher er zu ihr kommen solte. Als nun der erste sie besuchte / befahl sie demselben / er solte einen Todten-Cörper / welcher nahe bey ihrer Wohnung auf dem Todten-Acker kürtzlich war begraben worden / aus dem Sarge nehmen / an dessen Stelle aber sich hinein legen / und biß an den folgenden Morgen darinnen verharren / alsdann wolte sie darbey abnehmen / daß er sie recht treulich liebete. Der Narr that dieses gantz willig / und mit so grossen Freuden /als solte er zum Tantze gehen. Bald darauff stellete sich der andere [648] auch ein: Den bekleidete die Frau mit einem weissen Hemde gar zierlich / eben wie man die Engel pfleget abzumahlen / gab ihm damit eine brennende Kertze in die Hand / und ermahnete ihn / wann er sie von Hertzen liebte / und treulich meynete / solte er sich bey den Sarck stellen (welchen sie ihm zeugete / und darinnen der erste Buhler lag) denselben verwahren / und nicht ehe davon gehen / biß sie ihm würde abfordern. Dieser hielt sichs für eine Ehre /einer so fürnehmen Dame angenehme Dienste zu leisten / eilete zum Grabe / und stund da steiff und unbewegt. Endlich kam auch der dritte und letzte Freyer /den verkleidete sie scheußlich / und befahl ihm / er solte hingegen / die Leiche aus dem vorgezeugten Sarge nehmen / und zu ihr ins Hauß bringen. Der Narr war auch dienstwillig / wanderte so forthin: Wie er aber den in dem weissen Kleide da stehen siehet /erschrickt er / nicht anderst meynende / als daß er ein Engel sey; Doch macht ihm die Liebe einen Muth /und benimmt ihm alle Furcht: Gehet also tapffer auff den Hüter des Grabs zu / und unterstehet sich / demselben den Cörper mit Gewalt abzunehmen: Aber der ander im weissen Kleide will solches mit nichten zulassen / sondern wehret sich / und schlägt mit seiner in der Hand habenden brennenden Fackel um sich /und schmeissen sich diese beyde lustig um die Köpffe: Der im Grabe gucket durch einen Ritz aus dem Sarge / meynete ein Engel und der Teuffel stritten um den todten Menschen / welchen er heraus genommen hatte / und damit er dessen nicht entgelten müste /springet er mit grosser Geschwindigkeit aus dem Grabe herfür / willens zu entfliehen. [649] Wie aber die beyde Kämpffende den dritten sehen / bestürtzen sie sehr / lauffen mit grossem Zetter-Geschrey davon /und mercken endlich / daß sie von der Frauen / auff welche sie alle drey ihre Liebe geworffen hatten / hinter das Licht geführet / und geäffet oder verspottet seyn.

Keine List gehet über Frauen-List. Sich in eine zu verlieben / deren man nicht kan theilhafftig werden / ist grosse Thorheit.


FINIS IV. CENTURIÆ.

Das fünffte Hundert nützlicher und denckwürdiger Historien

1. Vom Bildniß der Gerechtigkeit
1. Vom Bildniß der Gerechtigkeit.

Es schreibet Aulus Gellius im 14. Buch Noctium Atticarum cap. 4. daß / nach dem Gezeugniß Chrysippi, die lieben Alten / wann sie das Ammt der Gerechtigkeit fürbilden wollen / sie das Bild der Gerechtigkeit gemahlet in Gestalt einer Jungfrauen / mit einem ernsten / schröcklichen Angesicht / mit hellen / scharffen / flammenden Augen / eines Gravitätischen mit Schwermuth vermischeten Ansehens. Diß ist ein rechtes Regenten-Bild / da ihnen vorgestellet wird / wie sie ihr Richter-Ammt führen sollen / und ihnen diß Bild der Gerechtigkeit allezeit für Augen stellen. 1. War es eine Jungfrau / anzuzeigen / daß ein Regent als Vorsteher der Gerechtigkeit / incorrupt und rein wie eine Jungfrau / für sich selbsten GOtt fürchten /redlich / warhafftig und dem Geitz feind seyn / das Recht nicht beugen / noch keine Person ansehen soll. 2. Die Jungfrau hat ein ernsthafft Angesicht / anzudeuten / wie sonderlich Regenten gegen den bösen Buben und Ungerechten verfahren sollen. Ernsthafft wegen der Majestät / Billigkeit und Warheit / daß es heisse: Thustu Böses / so fürchte dich / denn die Obrigkeit [651] trägt das Schwerdt nicht umsonst. Sie ist GOttes Dienerin / eine Rächerin zur Straffe über den / der böses thut.


1. Die Bilder seyn unsere stumme Lehrer. 2. Uber Gericht und Gerechtigkeit soll man halten. 3. Lutherus in der Kirchen-Postill am 5. Sontag nach Trinit. über die Epistel. Der HErr siehet auff den gottlosen Hauffen mit seinem Angesicht: Das ist nicht ein freundlicher Blick oder gnädiges Gesicht / sondern ein sauer zorniges Ansehen / darob sich die Stirn runtzelt /die Nase rümpffet / und die Augen roth und glüend funckeln wie ein zorniger Mensch thut.

2. Wie GOtt die Spötter der Gesetz-Prediger pflegt zu straffen
2. Wie GOtt die Spötter der Gesetz-Prediger pflegt zu straffen.

M. Hartm. Braun in der Vorrede der Donner- und Wunder-Predigt / erzehlet folgendes.

Es war an einem fürnehmen Ort ein Christeyfferiger Prediger / der grobe Laster mit Ernst gestraffet und seine Zuhörer davon abzustehen vermahnet hat /wenn sie nicht gehorcheten / wolte er an jenem Tage für sie keine Antwort geben. Das hörete ein rohes Weltkind / geht nach der Predigt zu Hauß / suchet Feder und Dinten / nimmt Papier / schreibt ein Briefflein an den Prediger des Inhalts: Er wolle ihn mit dieser Handschrifft quitiret haben / daß er keinesweges für seine Seele GOtt werde Rechenschafft geben dürffen / die könte er deßwegen vor GOttes Gericht fürlegen. Was geschicht / innerhalb 14. Tagen fällt Er in eine tödliche Kranckheit. Da wacht ihm das Gewissen auff / daß er nicht weiß / wo er für Angst bleiben soll. Er schickt nach beyden Caplänen / begehret Trost /aber es will kein trösten helffen. Er führet ohn Unterlaß diß Jammer-Geschrey. O meine Handschrifft! O meine Handschrifft! Ach wie hab ich meinen [652] Prediger so hart betrübet! O ich elender Mensch! O meine Handschrifft! Denn er fürchtete sich / als möchte der Satan die Handschrifft haben / und sie vor GOttes Gericht vorlegen / und nach der Seelen greiffen. Hat auch um GOtt und für GOtt gebeten / daß doch sein Prediger wolle zu ihm kommen / und geruffen: Ach daß ich den sehen / ach daß ich den hören möchte. Der Prediger aber sagte: Nein / ich komme nicht. Denn weil er ihn verachtet und quitiret / sey er nicht gehalten einem solchen Epicurer die heiligen Perlen fürzuwerffen. Endlich aber auff inständiges Anhalten /stellet er sich ein / thut ihm eine ernstliche Gesetz-Predigt. Und weil er eine hertzliche Reu bey dem Sünder verspürete / läst er ein Licht anzünden / verbrennet die Handschrifft / tröstet und absolviret ihn auff den Nahmen und auff das Verdienst Christi. Also ward der Seelen wieder geholffen.

1. Irret euch nicht / GOtt läst sich nicht spotten. 2. Niemand verachte die Diener GOttes. 3. Ein böses Gewissen ist ein grausamer Hencker. 4. Hastu gesündiget / so thue bey zeiten Busse.

3. Wie die Frantzosen das gantze Reformation-Wesen auff einen Schauplatz vorgestellet
3. Wie die Frantzosen das gantzeReformation-Wesen auff einen Schauplatz vorgestellet.

Es haben iederzeit gelehrte und sinnreiche Leute nach ihres hohen Gemüths Scharffsinnigkeit den Gebrauch gehabt / daß sie das / was andere weitläufftig mit Schrifften / sie kurtz mit Sinnbildern pflegen für Augen zu mahlen. Diß hat auch Franckreich im Gebrauch gehabt / sonderlich zu der Zeit der ersten Reformation, da sie dem Könige Francisco dasselbe in einer lebendigen Comœdien folgender Gestalt [653] auff den Schauplatz gestellet haben. Sie haben eingeführet einen Mann / tragende einen Arm voll Holtz / welches er auff dem Theatro niedergeworffen hat / und davon gegangen ist. Dem folgete ein anderer / der hat diß Holtz in die Hand genommen / es fleißig beschauet: Aber er hat es wieder hingeleget / und ist davon gegangen. Nechst diesem ist einer herfür getreten mit sich bringende Feuer / welches er auff das Holtz geleget / angefangen zu blasen / biß es in vollen Flammen auffgegangen. Diesem folgete einer / der hatte in beyden Händen zwo Eymer / in derer einem war Wasser /in dem andern Oel / da er nun vermeynete / er ergriffe den Eymer mit dem Wasser / hat er ergriffen den Eymer mit dem Oel / wodurch das Feuer erst recht an gegangen. Endlich sprang herfür einer mit einem hauenden Schwerd / damit hat er in das Feuer geschlagen / ie mehr er aber geschlagen / ie mehr und weiter die Funcken um sich geflogen. Hiemit haben sie das gantze Reformation-Wesen vorbilden wollen. Durch den 1. haben sie verstanden / den in den Orientalischen Sprachen hocherfahrnen Mann Reuchlinum, der habe das Holtz zugetragen / das Eiß gebrochen / und die Bahn darzu gemacht. 2. Durch den andern / der das Holtz zwar berühret / aber wieder davon gegangen /haben sie verstanden den Erasmum Roterodamum, der ihm zwar das Reformation-Wesen gefallen lassen / sey aber zu furchtsam gewesen / solches ins Werck zu stellen / und der Katzen die Schelle anzuhencken. 3. Durch den mit Feuer aufftretenden haben sie gemeynet Lutherum, welches wir vor bekannt annehmen / doch im guten Verstande / als der das Feuer des Evangelii angezündet. 4. Der Wasser und Oel bringende [654] ist ihnen gewesen der Pabst Leo X. der es mit dem Oel seiner Verbann- und Verdammung mehr angezündet als gelöschet habe. 5. Durch den mit dem Schwerdt dareinschlagenden verstunden sie den Käyser Carolum, der es mit Gewalt gedachte zu dämpffen; Aber weil das Werck von GOtt / muste es bleiben / biß es / als auff einem Leuchter / in der Augspurgischen Confeßion / so öffentlich auffgestellet worden.


1. Es giebet kluge Köpffe in der Welt. 2. Ein ieder legt ein Ding aus / nachdem er affectionirt ist. 3. Viel meynen ein Ding gut zu machen / und machen es ärger. 4. Was GOtt wil erquicken / daß kan kein Mensch erdrücken.

4. Von dem Krancken Philonide
4. Von dem Krancken Philonide.

Der Manutius in seinen Apophthegmatibus schreibet von dem Philonide von Syracusa bürtig / daß er mit vielen und gantz beschwerlichen Kranckheiten befangen gewesen / so / daß deßwegen alle seine gute Bekandte und Bluts-Freunde einen Eckel und Abscheu vor ihm gehabt. Eine unter seinen Schwestern aus hertzlichem Mitleiden bewogen / rieth und mahnete ihn an / daß er es solte versuchen / und seinen Landsmann den Menecratem um guten Rath fragen / denn derselbige nicht allein in der Artzneykunst wol erfahren / sondern auch wegen seiner vielen glücklich verrichteten Curen bey iedermänniglich beliebet und hoch gerühmet würde. Der krancke Philonides ni t diesen so treuen / ernsten und ersprießlichen schwesterlichen Rath tief zu Hertzen / folget auch demselben / stehet so bald auff und gehet hin den Artzt Menecratem zu suchen. Wie er nun hörete / daß er bey einem der vornehmsten der Stadt zu Tisch sässe / hat[655] ers nicht wol dürffen wagen / ihn da zu sprechen /doch aus grossem Verlangen zu seiner vorigen Gesundheit zu gelangen / ist er hinein getreten / und hat demüthig um Verzeihung gebeten / daß er als ein Krancker in so voller vornehmer Gesellschafft käme ungebeten / die grosse Noth hätte ihn darzu gezwungen. Aber der Menecrates, obgleich die andern sehr unwillig waren / hat ihn mit Freuden angenommen /und ist wieder genesen.


1. Der Mensch ist vielen Kranckheiten unterworffen. 2. Freunde halten keine Farbe in der Noth. 3. Gesundheit ist lieb. 4. Ein Sünder liegt gefährlich an der Seelen kranck: Aber er suche durch die wahre Busse seinen Artzt JEsum / der wird ihm helffen.

5. Von zween Tempeln - der Scham und der Demuth
5. Von zween Tempeln / der Scham und der Demuth.

Es gedencket der Egesippus eines sonderlichen bey den Griechen üblich gewesenen Gebrauchs. In Peloponneso auff dem grossen Marckt seyn auffgebauet zween Tempel / der eine ist geheiliget der Scham; Der andere der Demuth: Und hat niemand können in den Tempel der Demuth kommen / es sey denn / daß er erst durch den Tempel der Scham gegangen. Hinter diesen beyden Tempeln ist auffgerichtet gestanden ein Bild / in der Hand haltende einen Schild / darauff diese nachdenckliche drey Buchstaben eingegraben sich gefunden R.T.P. welche bedeuten: RESTITUIT TE POPULUS. Wann nun ein abtrünniger wieder solte bey dem Volck ausgesöhnet und in die Zahl der Bürger angenommen werden / so hielten sie diese Ceremonien. Sie führeten ihn in einer öffentlichen Procession vom Stadt-Thor zum Tempel der Scham /zum Zeichen / das er [656] Reu und Leid trüge über sein begangenes Verbrechen. Darauff gieng er in den Tempel der Demuth / woselbst er seine Missethat bekante /und unterthänigst um Gnade und Verzeihung bate; Darauff wusch er seine Hände / zum Zeichen / daß ers hertzlich und aufrichtig meynete. Ferner und von dannen fügte er sich zum Bild / welches die gantze Stadt vorbildete / und nachdem er demselben die Füsse geküsset mit gebogenen Knien / seynd ihm / im Namen des Volcks / diese Worte zugeruffen: Restituit Te populus, als wolten sie sagen: Nun bistu / O Rebell! hiemit wieder in deinen vorigen Stand gesetzet / und in die Bürger-Zahl angenommen.


1. Ländlich / sittlich. 2. Uber gute Gebräuche soll man halten. 3. Wer gesündiget hat / der füge sich nach der Gemeine GOttes / trage Reu und Leid über seine Sünde / demüthige sich mit dem armen Zöllner / und sage: GOtt sey mir Sünder gnädig. So wird Christus ihm zusprechen die tröstlichen Worte: Remissa tibi peccata. Dir sind deine Sünde vergeben.

6. Ein Bürger zu Constantinopel verräth dem Türcken die Stadt
6. Ein Bürger zu Constantinopel verräth dem Türcken die Stadt / und bekömmt seinen rechten Lohn.

Johannes Cuspinianus vom Leben Constantini schreibet unter andern / als er ein Knabe gewesen von acht Jahren / und bey seinem Vater fürm Tisch gestanden / da habe er gehöret erzehlen die grausamen Händel / welche bey Einnehmung der Stadt Constantinopel / vom Türcken getrieben worden. Da sey unter andern mit erwehnet / wie zu Constantinopel ein reicher Bürger gewesen / welcher einen Haß zum Käyser getragen: Derowegen er sich zum Türckischen Blut-Hunde gefunden (welcher ein grosses [657] Heer beysammen gehabt / und willens war die Stadt zu überziehen) hat ihm angeboten: Er wolle ihm die eine Stadt-Pforten / darzu er die Schlüssel gehabt / öffnen; es solte ihm aber der Türcke eine Tochter / und ein groß Geld zum Heyraths-Gut geben / das hat ihm der Türcke zugesaget. Wie nun die Stadt übergeben worden /und der Verräther nach dreyen Tagen den Türcken seiner Zusage erinnerte / da hat der Tyrann einen grossen Schatz herzu bringen lassen / und gesagt: Das soll das Heyraths-Gut seyn. Weil du aber ein Christ und unbeschnitten bist / so wäre es wider meinen Glauben und Religion / daß du meine Tochter soltest haben. Darum mustu dir zuvor die Haut abstreiffen lassen. Hat alsobald die Henckers-Buben lassen fordern / die ihn lebendig geschunden. Darauff hat er befohlen / daß man ihn mit Saltz und warmer Aschen reiben / in ein Bette / als einen Bräutigam legen / und warm zudecken solte / damit ihm eine neue Haut wüchse. Und ist also der Verräther in grausamen Schmertzen gestorben.


1. Geitz ist eine Wurtzel alles Ubels. 2. Kleine Mäuse haben auch Ohren. 3. Thue nichts Böses / so wiederfähret dir nichts Böses. 4. Verrätherey bleibt nicht ungestrafft.

7. Mehr Exempel - wie Verräther nach Verdienst bezahlet worden seyn
7. Mehr Exempel / wie Verräther nach Verdienst bezahlet worden seyn.

Weil wir von Verräthern und derselbigen Straffe im vorigen gedacht / will ich noch wenig Exempel gleiches Schlages hiebeyfügen. Plutarchus schreibet: Als die Persier Griechenland verwüsteten / hat Pausanias, Cleombroti Sohn / der Spartaner Obrister / vom Xerxe dem Könige in Persien [658] genommen 500. Talent Goldes / und hat ihm die Stadt Spartam verrathen wollen. Als mans erfahren / ist er in eine Kirche derMinervæ geflohen: Aber sein eigener Vater hat ihn in der Kirchen vermauret / und verhungern lassen.

P. Æmilius und Johannes Tilius gedencken vomClodovæo dem V. Könige in Franckreich / daß er den Verräthern / die den Cannacarium und seine Brüder umbracht / falsche Müntze zu Lohn gegeben habe.

Ludovicus Cœlius Rhodiginus meldet: Wie Cillicon sein Vaterland Miletum den Persianern verrathen / das habe nicht allein den Fürnehmsten / sondern auch den geringen Leuten mißgefallen. Als aber der Verräther auf eine Zeit bey einem Fleischhacker mit Namen Theagenes, Fleisch kauffen will / und nun zugreifft / daß er ihm auch ein Stücklein abhauen solte /da hauet der Fleischhacker dem Verräther die Hand ab / und saget: Mit der Hand wirstu keine Stadt mehr verrathen.

Johannes Leunclavius Türck. Chron. 2. Theil setzet / wie Anno 1566. ein Ungarischer Herr / Keretsch in Laßla genant / die Stadt und Vestung Jula verrätherischer Weise / wieder der andern Befehlhaber Willen / den Türcken auffgegeben. Den haben die Türcken nachmals selbst in ein Faß gespündet / welches viel lange spitzige Nägel gehabt / und von einem hohen Berg hinab geweltzet / das ihm die Nägel allenthalben in den Leib gedrungen / davon er elendiglich gestorben.

1. Wie Dienst / so Lohn. 2. Hüte dich vor Verrätherey / denn die bleibet nicht ungestraffet. 3. Einem Verräther ist GOtt und Mensch feind.

8. Legenda vom Verräther Judas - wer er gewesen
8. Legenda vom Verräther Judas / wer er gewesen.

[659] Indem bißher etwas gedacht von Verrätherey / will ich gleichfalls hinbey setzen eine Legenda / wer der Ertzverräther Judas sey gewesen.

Jacobus de Voragine in den Lombardischen Historien / und Pelbartus in seiner Postill / so er Pomerium nennet / geben vom Juda für / daß seine Mutter habe Cyborea geheissen / die habe einen Traum gehabt / sie würde einen Sohn gebähren / welcher eine Ursach würde seyn des gantzen Jüdischen Volckes Unterganges. Das habe sie ihrem Mann Simoni vermeldet. Wie nun der Sohn gebohren worden / haben sie ihn nicht umbringen wollen / sondern in einem Korbe ins Meer geleget / welches ihn in die Insul Scharioth zu Lande getrieben / dannenhero er auch den Zunahmen bekommen. Denselben hat die Königin desselbigen Landes lassen heraus heben / und weil sie nicht Kinder gehabt / sich gestellet / als wäre sie schwanger / und habe endlich das Kind herfürgebracht / als hätte sie es gebohren.

Bald darnach habe GOtt der Königin einen rechten Erben bescheret. Als sie nun beyde mit einander auffgewachsen / da habe der Fündling dem rechten Sohn alle Schande angeleget / darum es die Königin eröffnet / daß er ein Fündling wäre. Darüber soll Judas den Erben heimlich erwürget haben / und davon gelauffen seyn. Er sey aber gen Jerusalem gekommen /und habe sich an Pilati Hoff begeben / der habe auff eine Zeit in einem Garten schön Obst gesehen / derselbe Garten sey des Judä Vaters gewesen / welches aber weder er noch Pilatus gewust. Da soll Judas hinein gestiegen seyn / und wie der Vater darzu kommen / soll er sich über ihn gemacht / und ihn [660] mit einem Stein zu tode geschlagen haben / sey davon gesprungen / daß es niemand innen geworden / er aber habe Pilato die Aepffel gebracht / mit Vermeldung / wie es ihm gegangen sey. Pilatus habe ihm den Garten alsobald eigenthümlich einreimen lassen / habe ihm darzu die Cyboream zum Weibe gegeben / daß er also seine eigene Mutter unwissend zum Weibe genommen. Auff eine Zeit habe die Mutter hefftig geseufftzet. Als sie nun Judas gefraget / was ihr sey / habe sie gesaget: Sie sey ein unselig Weib / weil sie einen Sohn gebohren / durch welchen das gantze Jüdische Volck ins Verderben kommen solte / welchen sie ins Meer in ein Kästlein gesetzet. So habe sie auch ihren Mann todt gefunden / und habe nun / durch Pilatum gezwungen /ihn nehmen müssen. Da soll Judas vernommen haben / daß er derselbige Fündling gewesen / hätte seinen Vater erschlagen / und die Mutter zum Weibe genommen. Darum habe er sich zu Christo gefunden / und von ihm Vergebung seiner Sünden begehret:

Aber wie die andern Legenden meistentheils grobe Lügen seyn: Also ists auch mit dieser. Ist zum Theil genommen aus Mosis Historia / zum theil aber aus der Historien des Oedipi, welchen sein Vater Lajus hat hinweg legen lassen / weil das Oraculum vermeldet / er solt ihn mit der Zeit umbringen / so aber endlich wiederkommen / habe den Vater erwürget / und die Mutter Jocastam zum Weibe genommen / biß er endlich mit ihnen ein schröcklich Ende genommen. Die Evangelische Historia sagt davon nichts / sondern meldet diß von ihm / daß er von Christo sey zum Apostel-Amt beruffen worden. Ist aber ein Mameluck worden.

[661] 1. Es ist nicht so bald anzunehmen / was die Leute schreiben. 2. Wer Böses thut / bekommet einen bösen Nahmen.

9. Wie es dreyen falschen Zeugen auff ihren Kopff gekommen
9. Wie es dreyen falschen Zeugen auff ihren Kopff gekommen / was sie ihnen gewünschet.

Eusebius in seiner Kirchen Historia lib. 6. cap. 7. schreibet / wie böse Leute wider den eifferigen Prediger Narcissum eine grosse Ubelthat erdacht / und ihn dessen öffentlich bezüchtiget / auch drey Zeugen auffgestellet / die es bey ihrem Eyde auff ihn ausgesaget /und sich selbst darüber verfluchet. Der eine sagte: Wo es nicht wahr wäre / was er gesagt / so solte GOtt helffen / daß er verbrennen müste: Der ander sagte: Wäre es nicht wahr / so solte ihn der Schlag rühren. Der dritte sagte: Er wolte verblinden. Was geschicht? Ob schon niemand diesen Leuten glaubete / weil ihnen des frommen Narcissi Leben und Wandel bekant war / so that ihm doch der Spott wehe / und begab sich ins Elend. Aber GOtt / der alles siehet / wuste recht in den Handel zu schaffen. Es währet nicht lange / so kömmt durch ein geringes Füncklein ein groß Feuer in des ersten Hauß aus / dadurch er und alle die Seinen verbrennen. Der ander wird vom Slage von der Fußsohlen biß auff die Scheitel gerühret und getödtet. Der dritte / als er höret / wie es den beyden gegangen / gehet für jederman / und beklagts mit Thränen: Es sey dem frommen Pfarrherrn Unrecht geschehen. Weinet auch so lange / biß er darüber erblindet. Das hatten sie ihnen an ihren eigenen Halß gewünschet und gefluchet.


[662] 1. Wer ihm selbst Ubel wünschet / der kan wol dazu kommen. 2. GOtt ist ein gerechter Richter und Rächer. 3. Glaube nicht alles was du hörest / man leugt auff die Frommen.

10. Cyndia Meineyd wunderlich an den Tag kommen
10. Cyndia Meineyd wunderlich an den Tag kommen.

J. Stobæus Serm 28. vom Meineyd erzehlet / daß Archetimus aus Ionia in die Insul Tenedum gezogen / ist da beym Cyndia zur Herberge eingekehret / welchen er für einen ehrlichen Mann angesehen / dem habe er etzlich Geld vertrauet; wie er solches wieder gefordert / läugnet es Cyndias, darum Archetimus für Gericht läuffet und es so weit bringet / daß es der Wirth mit einem Eyde läugnen soll. Als er nun über drey Tage den Eyd ablegen soll / lässet er ihn unterdessen einen ausgehöleten Stab machen / verspündet das Geld darein / und stellet sich als wann er übel zu passe wäre /daß er an einen Stabe gehen müste. Wie er nun den Eyd thun soll / bittet er den Arhetimum, er wolle ihm mitlerweile den Stab halten / darein er das vertraute Geld verborgen hatte. Schweret also / er hätte zwar etzliche Gelder bekommen / hätte es ihm aber wieder in seine Hände zugestellet. Darüber er zürnet Archetimus, und wirfft den Stab mit Ungestümme zur Erden /da springt der Stab auf und fällt das Geld heraus / daß also der Betrug offenbar wird.


1. Wie ist so gar keine Treue in der Welt. 2. GOtt hat Greuel an den falschen Hertzen. 3. Meineydige müssen mit Schanden bestehen. 4. Plato ein kluger Heyde sagte recht: Niemand / wann er GOtt anrufft / soll ein Lügner seyn oder betriegen / es sey denn / daß er wolle / daß ihm GOtt soll gram seyn.

11. Hatto handelt tückisch mit Alberto Grafen von Bamberg
11. Hatto handelt tückisch mit Alberto Grafen von Bamberg.

[663] Albertus Crantz meldet vom Hatto / Ertz-Bischoffen zu Mäyntz / ein solches Bubenstücklein.

Albertus Grafe võ Bamberg zog zu Felde wider Hertzog Conradum / Käyser Ludwigs Brudern / und schlug denselben. Darüber ward der Käyser wider Albertum sehr unwillig. Das wuste Hatto / fügete sich zu Alberto und sagte ihm zu: Er wolte sich in den Handel schlagen / und ihn mit dem Käyser vertragen: Er soll sich ihm nur vertrauen / und mit ihm zum Käyser ziehen / schwur ihm auch einen Eyd / er wolte ihn gesund und lebendig wieder in sein Schloß bringen. Wie sie sich nun des Morgens auffmachen und hinziehen / hebet Hatto an und saget zum Grafen Alberto: Wir haben nicht recht gethan / daß wir uns nüchtern auff den Weg ins Lager machen. Vermahnet ihn / er solle mit ihm zurück ins Schloß sie wolten zuvor frühstücken. Der Graf thuts auff gut Vertrauen; Aber der Ertzbösewicht Hatto meynete / er hätte nun seinen Eyd erfüllet / und ihn mit Listen gesund und lebendig in sein Schloß gebracht / zeucht aber nach gehaltenen Frühstück mit dem Grafen ins Käysers Lager / welcher ihn enthaupten ließ.

1. Das heist Treu und Glauben gebrochen / setzet der Crantzius hinbey. 2. Und gefolget dem gottlosen Spruch / welchenAlexander ab Alexandro dem Tyrannen Dionysio zuschreibet: Pueros tales, viros juramentis oportet circumvenire. 3. Aber ehrliche Leute sollen nicht mit solchem Schalck gefüttert seyn / und mit solchen unehrbaren Possen umgehen. 4. Homerus sagt das keiner ungestrafft bleibet / der einen falschen Eyd schwöret.

12. Conterfait eines auffrichtigen Christen
12. Conterfait eines auffrichtigen Christen.

[664] Ein wunderschönes Sinnbild stellet uns ein gelehrter Mann vor Gesichte / das hält sich folgender Gestalt.

Der König David sitzet auff den Knien / mit entblössetem Haupte / die Arme seyn Creutzweise geschrencket. Dem lieget seine Harffe und sein Schäferstab zum Füssen. Es wächst und steiget auff aus der Erden die hocherhabene Sonnen-Blume / aus deren Wurtzel drey andere kleine herfürsprosseten / oben stehen zwey an einander verknüpffete Hertzen / in derer eines ist geschrieben: Nimm / gib / fleuch. In dem andern: Was GOtt will. Um dieser beyder Hertzen finden sich / als in einem Circul und Ring / Englische Gesichter. Ein mit Blumen bewundener Krantz flieget auff und verdorret. Das Schwerdt schwinget sich empor / und gehet in die Lufft. Ein Engel kommt vom Himmel / bringt Kron und Scepter. Der König David liegt hie in der Person eines ieden Gott wolgefälligen und andächtig gelassenen Christen / der in Demuth sich beuget vor GOtt / und dem zu Fusse fällt. Ein solcher leget die Lust- und Freuden-Harffe zu seinen Füssen / setzend seine Freude in GOtt. Er leget hin den Stab seiner Stärcke / und rühmet sich seiner Schwachheit. Ein solcher entäussert sich der Krone seiner eigenen Ehr / und suchet die in GOtt. Er ist eine rechte Sonnen-Blume / sich kehrend in Glück und Unglück / in allem Vornehmen zu der Sonnen der Gerechtigkeit Christo JEsu. Die beyde verknüpffete Hertzen bemercken das liebreiche GOttes und das GOtt-ergebene Christ-Hertz / die seyn in Liebe fest in einander geknüpffet. Aus dem Hertzen GOttes steigen herfür die Worte-Nimm / gib / fleuch [665] Nimm hin alle meine Wohlthaten! Nimm hin meinen lieben Sohn! Nimm hin den H. Geist! Nimm hin des H. Geistes Früchte! Nimm hin Gesundheit! Nimm hin Geld und Gut! Nimm hin Creutz / Anfechtung des Satans / Haß der Welt / und den Streit deines Fleisches. Aber gib mir wieder dein Hertz / gib mir deine schuldige Danckbarkeit / so wol für Glück / als Unglück. Fleuch alle Sünde / den Teuffel / die Welt und allen bösen Schein. Dem antwortet das Christliche Hertz: Was der Herr will! Ich will alles annehmen von deiner Hand; Ich will Danck geben / ich will alles fliehen. Wer also seinen Willen in GOttes Willen ergiebet / der empfindet keine Traurigkeit / sondern das Angst-Schwerdt schiesset aus seinem Hertzen heraus /bey dem ist das Zeitliche geringer geachtet dann ein verdorretes Graß. Die Engel seyn gleich einer feurigen Schutz-Mauer um ein solches Hertze / und GOtt hat seine Freude daran.

1. Wo findet man solche Hertzens-Christen? 2. Darum nimmt GOtt hin den Segen / gibt schwere Straffe / fleucht die gottlosen Hertzen. 3. Sprich von Hertzen zu GOtt: Mein Hertz und dein Hertz ist ein Hertz.

13. Von 10. gefangenen Römern - deren acht ihren Eeyd gehalten
13. Von 10. gefangenen Römern / deren acht ihren Eeyd gehalten / zwey aber eydbrüchig worden.

Aulus Gellius lib. 7. Noct. Attic. c. 18. wie auch Livius Dec. 3. lib. 7. gedencken folgendes. Da Hannibal, der Carthaginenser Krieges-Oberster aus dem Lager 10. Römische Gefangene gen Rom abgefertiget / daselbst mit dem Rath zu handeln / daß sie / so fern es ihnen gefällig / den Carthaginensern ihre Gefangenen solten loß geben / so wolten die von Carthago [666] die Römer wieder loß geben / Mann für Mann / und welches Theil mehr Personen bekäme / das solte einen ieden lösen um anderthalb Pfund Silbers. Wo aber solcher Wechsel der Gefangenen dem Rath nicht gefiele / so solten die abgefertigten Gefangene sich ins Punische Lager wieder einfinden: Darüber sie dann /ehe sie einen Fuß aus dem Lager gesetzet / hart seyn verreydet worden. Wie sie nun gen Rom kommen /und des Hannibals Meynung dem Rath angezeiget /und der Rath dieselbe ihm nicht belieben lassen: Da haben ihre Eltern und Freunde sie höchlich gebeten /sie wolten ja nicht wieder zu ihren Feinden gehen /dann sie nun loß / und in ihr Vaterland kommen wären. Darauff haben ihrer achte aus denselben beständig geantwortet. Sie wären mit Recht nicht loß /weil sie mit einem Eydschwur wieder zu kommen verbunden wären. Welchem Eyde sie sich auch gemäß verhalten haben / und zum Hannibal wieder gezogen seyn: Die übrigen zween sind zu Rom geblieben / mit dieser Endschuldigung / sie hätten sich des Eydes loß gemacht / indem sie bald desselbigen Tages / nachdem sie aus dem Lager gegangen / sich wieder zurück dahin gemacht / als ob sie etwas vergessen hätten. Dieser Betrug hat dem Rath / den Censoribus und männiglichen so übel gefallen / daß man Willens gewesen sie gefänglich dem Hannibal zu überschicken. Sie seyn so verrächtlich gehalten worden / daß sie auch aus grossem Uberdruß ihnen selbst das Leben genommen.


1. Haben das die Heyden gethan: Wie vielmehr sollen gläubige Leute Schwur und Eyd halten. 2. Wie mag dann der Ausspruch bestehen / da einige sagen: Hæreticis non est servanda fides. Das hätte kein ehrbarer Heyde für billich erkennet. [667] 3. Cicero saget recht: Unsere Vorfahren haben kein fester Band / Treue zu erhalten / gewolt / als den Eyd. UndGr. Nazianzenus spricht: Der Meineyd ist eine offenbahre Verleugnung GOttes. 4. Halte den gethanen Eydschwur / es sey dann / daß er aus Unbedacht geschehen / da gehet es nach dem Spruch: In malis promissis rescinde fidem, in turpi voto muta decretum.

14. Vom Victorino und Simpliciano
14. Vom Victorino und Simpliciano.

Victorinus der berühmte Redner zu Rom kam zumSimpliciano, einen alten verständigen Liebhaber JEsu / und sprach: du solt wissen / daß ich ietz- und auch ein Christ bin. Darauff antwortete Simplicianus: Ich werde es nicht ehe glauben / biß ich dich unter den Christen in der Kirchen sehe. Victorinus, als deme noch tieff das Heidenthum im Hertzen steckete / lachte seiner und fragte: Ob dann die Wände und Mauren einen Christen machten? Da er aber durch fleißiges Lesen in Heil. Schrifft zum rechten Erkäntniß und Glauben kommen war / ermahnete er selbst Simplicianum, und sprach: Wol auff! laß uns in die Kirche gehen / ich will ein Christ werden / und hat da öffentlich den Christlichen Glauben bekannt / und dadurch bey allem Volck eine grosse Freude erwecket.


1. Es ist nicht viel zu halten von denen / die gute Christen seyn wollen / und doch nicht zur Kirchen kommen. 2. Ob wol das Kirchen gehen / niemand in den Himmel hebet / so muß man doch die Versammlung nicht verlassen. 3. Der Kirchgang kan auff gewisse Maaß ein Kenn-und Merckzeichen des Christenthums genannt werden.

15. Von fürtrefflichen Rednern - die in ihrer Rede nicht können fortkommen
15. Von fürtrefflichen Rednern / die in ihrer Rede nicht können fortkommen.

Man lieset beym Crinito und andern Scribenten von fürtrefflichen Rednern / daß sie zuweilen / wann sie von hochwichtigen Händeln für herrlichen Leuten haben reden sollen / bald im Eingang [668] der Rede erschrocken / daß sie gleich erstummet / haben kein Wort machen können. Demosthenes und Theophrastus seyn bey den Griechen mächtige Redner gewesen / daß man ihres gleichen in gantz Griechenland nicht gefunden / noch ists ihnen begegnet. Demosthenes solte bey dem König Philippo in Macedonien was wichtiges vorbringen / Theophrastus aber beym Volck zu Athen / die haben bald im Eingang der Rede geschwiegen / und kein Wort machen können.

Bartholomæus Sothinus, ein trefflicher Jurist /solte dem Pabst Alexandro Glück wünschen / solte auch für Augustino Barbarico dem Fürsten zu Venedig seine Rede führen / ist aber mitten in der Rede verstummet.

Franciscus Barbarus, ein Mann von mächtigem Rath und Reden / solte für dem Hertzog in Meyland Philippo eine Rede halten / hub an zu reden: Magnum est nomen tuum, Princeps maxime, in universa terta, i.e. dein Nahme / großmächtiger Fürst ist in der gantzen Welt herrlich bekannt. Hat aber weiter nicht reden können.

1. Grosse Leute fehlen auch. 2. Beredsamkeit ist eine Gabe GOttes. 3. Man muß in seinen Gaben nicht stoltz seyn.

16. Von Sprichwort: Lupus in Fabula
16. Von Sprichwort: Lupus in Fabula.

Es ist ein gemeines und sehr bekanntes Sprichwort:Lupus in fabula, dessen sich unterschiedliche Scribenten in ihren Schrifften gebraucht haben / als dieComœdien-Schreiber / Terentius und Plautus, wie auch der fürtreffliche Redner Cicero. Die Teutschen geben es in ihrer Sprache also: Wann man vom Wolffe redet / ist er nicht weit. [669] Und pflegt man selbiges zu gebrauchen / so offt der / da von man mit einander redet / unversehens darüber zukommt. Der Scholiast und Ausleger des Terentii, Donatus vermeynet / es habe seinen Ursprung daher / daß man schreibet / als solte der Wolff / den er am ersten ansichtig wird / die Sprach und die Stimme benehmen / dessen natürliche Ursachen einige ergründen und geben wollen / nemlich: Es sey der Wolff von Natur des Menschen Feind / daher etzliche gifftige Dünste und Strahlen aus seinen Augen zuschiessen auff den / welchen er zu erst ansichtig / die solcher Krafft / daß sie dem Menschen die Sprache benehmen. Insgemein aber geschicht es /daß wann uns überkommt der / davon man redet / wir erstummen und einhalten; entweder so er gelobet worden / man nicht will das Lob in seiner Gegenwart vollenziehen: oder so man etwas böses geredet / man selbigen nicht will erbittern noch erzürnen.


1. Viel ist in der Natur verborgen. 2. Man rede nicht mehr hinter dem Rücken einem nach / als man ihm unters Gesicht beweisen kan.

17. Livius Drusius hat ein durchsichtiges Hauß
17. Livius Drusius hat ein durchsichtiges Hauß.

Livius Drusius, ein Römischer von Adel / hatte ein Hauß da ihm die Nachbaren an vielen Orten einsehen kunten. Es fande sich aber ein Werckmeister der ließ sich verlauten / wann er ihm fünff Talent / das ist /drey hundert Cronen geben wolte / so wolte er es also zurichten / daß ihm niemand solte hinein sehen können. Da sprach Drusius: Ich will dir zehen geben / wo du mir mein Hauß also zurichten wirst / daß nicht allein die Nachbaren / sondern iederman hinein sehen[670] kan / so wenig trage ich Scheu meines Thuns und Wandels.


1. Viel Köpffe / viel Sinne. 2. Wer arges / thut / hasset das Licht. 3. GOtt schauet auch in die innersten Gedancken. 4. Darum sollen wir so leben / daß wir uns dessen nicht schämen dürffen / weder für GOtt / noch für der Welt.

18. Wie Käyser Maximilianus I. einen seiner Diener beschämet hat
18. Wie Käyser Maximilianus I. einen seiner Diener beschämet hat.

Kayser Maximiliano I. dieses Nahmens ward einsmahls in einer vornehmen Stadt ein groß Pocal voller Ducaten præsentiret / die ließ er in seinem Käyserlichen Gemach auff die Taffel setzen. Nun geschahe es / daß eben zu der Zeit öffentliche Schauspiel dem Käyser zu Ehren gehalten wurden / welchen so wol der Käyser / als auch seine Officianten fleißig zusahen / und deßwegen ein jeglicher seinen Ort am Fenster innen hatte / unterdeß stund der Pocal mit den Ducaten auff den Tisch. Das stach einen von des Käysers Officianten in die Augen / und weil er vermeynet / der Käyser und die / so bey ihm waren / geben nur auff die Schau-Spiel Achtung / stellet er sich / als wann er Ehren halben einem andern seine Stelle am Fenster überließ / machte sich auf die Seite / und nahm aus dem Pocal so viel Ducaten / als er in der Eil mit der Hand ergreiffen und fassen kunte / und steckt sie geschwinde in den Sack / der Hoffnung / daß keiner würde solchen Diebstahl vermercket haben. Aber der Käyser hatte einen Ring an dem Finger / mit dem Edelgestein Fengitis besetzet / darinn konte er sehen /was hinter dem Rücken geschahe / und hatte dieses blinden Griffs wohl wahrgenommen. Als nun das[671] Schauspiel zu Ende kam / und die Officianten auff des Käysers Befehl warteten / zugleich auff das Pocal ein Auge hatten / und vermeyneten / der Käyser würde ihnen von den Ducaten auch etwas mittheilen. Siehe /da rieff er endlich den zu sich / der zuvor unwissend der andern / wie er meynt / hinein gegriffen / und ein ziemlich Partickel schon allbereit in Sack gestecket hatte / und hieß ihn so viel nehmen / als er mit seiner Hand fassen könte. Dieser wuste wol / wahin es mit solcher Freygebigkeit des Käysers gemeynt wäre / und weil ihn das Gewissen drückete / nahm er mit zitterenden Händen gar wenig heraus. Der Käyser befahl /er solte sie zehlen / indem die andern warteten / was daraus werden würde / fieng der Käyser an zu lächeln / und sprach: Nimm nun auch die andern / die du zuvor daraus gestolen / damit ich erfahren möge / ob du ietzt oder zuvor im Nehmen bist behertzter gewesen. Darüber ward er schamroth / fieng an sich zu entschuldigen / aber es halff nicht / er muste in aller Gegenwart die gestohlene auch zehlen. Darauff sprach der Käyser: Nimm nun beyde Summen hin zum Zehrpfennig / hüte dich aber / daß du mir nicht mehr unter die Augen kömmest.


1. Es ist nichts so klein gesponnen / es kömmt an die Sonnen. 2. O thörichte Menschen! Die da meynen / GOtt sehe unser Thun nicht. 3. Am jüngsten Tage werden solche Sünder vor GOtt /allen H. Engeln und Menschen beschämet stehen.

19. Von etzlichen Exempeln - die ein scharffes Gesicht gehabt
19. Von etzlichen Exempeln / die ein scharffes Gesicht gehabt.

Weil in dem vorigen gedacht von dem Ring KäysersMaximiliani I. darinn er alles auch hinterrücks hat sehen können / will ich durch die Gelegenheit [672] einige Exempel anführen / die gar ein helles Gesicht gehabt haben.

Vom Käyser Augusto schreibet man / daß er überaus klare Augen gehabt / welche Strahlen gleich den Sternen von sich gegeben. Daher als ihn einsmals einer von seinen Soldaten ansahe / und das Gesicht alsobald wieder hinweg wandte / fragte der Käyser /warum er das thäte? Da antwortet der Soldat: Quia fulmen oculorum tuorum ferre non possum: Dieweil ich den Glantz deiner Augen nicht vertragen kā.

Vom Strabone meldet Plinius, wann er auff demLilybæo oder Vorgebirg Siciliæ gestanden / so habe er sehen können / wie viel Schiffe von Carthago abgefahren / da doch diese beyde Orter ungefehr in die drey und dreyßig Teutsche Meilen von einander gelegen. Vom Käyser Tiberio zeuget gleichfalls Plinius /daß er ein solch gut Gesicht gehabt / daß er des Nachts / wann er erwacht / ohne Licht / alles sehen können / wie am Tage.

1. Gesunde und klare Augen haben / ist ein edel Geschenck GOttes. 2. GOttes Augen seyn klärer als die Sonne / die sehen alles / was die Menschen thun.

20. Cosmi eines Hertzogs von Florenz beyde Söhne kommen elendiglich um ihr Leben
20. Cosmi eines Hertzogs von Florenz beyde Söhne kommen elendiglich um ihr Leben.

Cosmus ein Hertzog von Florentz hatte zween Söhne / die ritten mit einander auf die Jagd / und als ungefehr ein Haaß für ihnē auffsprang / jagten ihn die Hunde eine geraume Zeit im Felde herum / biß sie seiner mächtig wurden. Da erhub sich ein Streit unter den Brüdern / welches Hund den Haasen gefangen und erhalten hätte. Ein ieder wolt es seinem [673] Hunde zuschreiben. Sonderlich war der älteste Bruder Johannes ein Cardinal / sehr hitzig / und gab seinem jungen Bruder im Zorn eine Maulschell / der hinwiederum sein Schwerdt zuckete / und den Cardinal so sehr gefährlich verwundete / daß er in wenig Stunden seinen Geist auffgab. Das wolten seine Diener rächen / und lieffen mit blossen Degen auff den Thäter zu / verwundeten ihn dermassen / daß er nicht lang darnach starb. Also bekam der betrübte Vater zwar einen Hasen / aber seine beyde Söhne muste er darum einbüssen.


1. Wo Neid und Zanck ist / da ist lauter Unordnung und eitelböß Ding. 2. Von einer kleinen Ursach erhebe keinen Streit. 3. Aus einem Füncklein kan offt ein groß Feuer werden. 4. Die gern hadern / seyn allzumahl Narren.

21. Erzehlung etlicher Lehrer - von welchen das Evangelium von der Apostel-Zeit ist fortgepflantzet
21. Erzehlung etlicher Lehrer / von welchen das Evangelium von der Apostel-Zeit ist fortgepflantzet.

Es hat der HErr JEsus der erste Stiffter des Christenthums / nachdem er von den Todten aufferstanden /seine Jünger ausgesandt / das Evangelium zu predigen allen Völckern. Sie seyn auch nach seiner Himmelfarth ausgegangen / und haben das Evangelium geprediget allen Völckern. Die Apostel haben wieder andere Jünger ausgesandt / wie dann sonderlich Paulus und Barnabas ausgeschicket zu predigen das Evangelium unter die Heyden. Paulus hat Timotheum zum Bschoff zu Epheso / und Titum in der Insul Creta verordnet. Linus, wie Eusebius schreibet / ist der erste Bischoff zu Rom nach [674] Petro gewesen / Anacletus der ander / Clemens der dritte. Dionysius, wie man sagt / ist der erste Bischoff zu Athen worden. Nach der Marter des Apostels Jacobi / welcher der erste Bischoff zu Jerusalem gewesen / ist Simeon /Cleophä Sohn / mit einmüthiger Stimme der noch lebenden Apostel / zum Bischoff erwehlet worden. Unter denen / so die Kirche zu Antiochia regieret / ist der erste gewesen / Evodius. Der andere Ignatius, &c. Auff die Apostolische Männer sind gefolget die heiligen Lehrer der Kirchen / die wir Patres nennen.

In dem ersten Seculo sind berühmt gewesen / Polycarpus, des Apostels Johannis Schüler / und Ignatius.

Im andern / Justinus Martyr, Irenæus, Clemens Alexandrinus, Melito Sardensis, Theophilus.

Im dritten / Tertullianus, Cyprianus, Origenes, Dionysius Alexandrinus, Methodius.

Im vierdten / Eusebius Cæsariensis, Anastasius, Basilius Magnus, Gregorius Nyssenus, Gr. Nazianzenus, Arnobius, Lactantius, Epiphanius, Hilarius, Ambrosius, Ruffinus, Hieronymus, Ammonius, Faustinus, Ephrem.

Im fünfften / Augustinus, Primasius, Chrysostomus, Cyrillus Alexandrinus, Theodoretus, Leo, Socrates, Virgilius, Cassianus, Prosper, Eucherius, Sedulius, Junilius, Salvianus, Gelasius, Maximus, Paulinus, Synesius, Marius Victorinus.

Im sechsten / Fulgentius, Cassiodorus, Fortunatus, Boëtius, Olympiodorus, Gregorius Magnus.

Welche alle / so wol den Tyrannen und Verfolgern der Kirchen / als auch den vielfältigen Ketzern / Rotten und Irrgeistern / als Samosatenianern / Sabellianern / [675] Valentinianern / Arrianern / Nestorianern / Eutychianern / Eunominianern / Manichäern / Macedoniern und unzehlbar andern mehr / starcke Widerpart gehalten / auch die reine Lehre des Christlichen Glaubens mit Lehr und Schrifften verfochten und fortgepflantzet. Und ob wol in den folgenden Zeiten dergleichen auch verblieben / als im siebenden Seculo, Isidorus. Im achten / Beda, Damascenus. Im neundten /Rabanus, Haymo, Remigius, Paschasius. Im zehenden / Theophylactus. Im eilfften / Anshelmus. Im zwölfften / Bernhardus. Weil iedoch nach Gregorii Zeiten das Pabsthum aller Orten mit Macht eingerissen / darunter auch endlich in dem dreyzehenden Seculo und den folgenden die Schul-Theologia, eingeführet / etc. Als ist die reine Lehre sehr in Abgang kommen.

1. GOtt hat etliche gesetzt zu Aposteln / etliche zu Evangelisten / etliche zu Lehrer und Hirten. 2. So iemand lehret / daß ers rede als GOttes Wort.

22. Friedrich Landgraff in Thüringen macht in dreyen Tagen eine Mauer um seyn Schloß
22. Friedrich Landgraff in Thüringen macht in dreyen Tagen eine Mauer um seyn Schloß.

Als im Jahr Christi 1130. Käyser Friedrich den Landgraffen in Thüringen Fridericum mit dem ZunahmenFerreum oder den Eisernē besuchte / und er Ihrer Majestät auff Begehren das Schloß zu Naumburg zeigete / gefiel solches dem Käyser wol / allein / sagt er / es fehlete ihm nichts / dann eine Mauer. Der Landgraff antwortet: Er fragte darnach so viel nicht / dann wann er eine Mauer drum haben wolte / so solte es ihm daran nicht fehlen / er wolte sie gar eilends und geschwind zu wege bringen. Der Käyser fragete / [676] wie bald er dann meynete / daß ers zu Werck richten wolte. Ey / sprach der Landgraff / ich hoffe es in dreyen Tagen zu wege zu bringen. Darüber lächelte der Käyser und sagte: Wann er gleich alle Steinhauer und Mäurer beysammen hätte / so wäre ihnen doch / solche zu verfertigen unmöglich. Was geschicht? Der Landgraff lässet alsobald seine Ritterschafft / Graffen und Herren / samt ihren Unterthanen auffgebieten /stellet sie des Nachts um das Schloß herum / in solcher schönen Ordnung / daß an dem Ort / da ein Thurm stehen solte / ein Graff oder sonst ein tapfferer Cavallier seinen Stand halten muste. Da nun diese Ordnung angestellet / gieng er zum Käyser ins Gemach / und berichtete Ihre Majestät / die Mauer wäre fertig / wann es derselben beliebig / könte sie unbeschwert zum Fenster hinaus sehen. Der Käyser thats /und siehe / da war um das Schloß herum eine Mauer /nicht von Kalck und Steinen / sondern von tapffern und wolbewehrten Männern / verwunderte sich darüber zum höchsten / und sprach / daß er die Zeit seines Lebens keine schönere Mauer gesehen hätte.


1. Treue der Unterthanen ist der Fürsten beste Mauer. 2. Wer GOtt zum Schutz hat / ist wol vermauret. 3. Die Engel lagern sich um die her / so GOtt fürchten.

23. Gedicht oder Beyspiel von des Teuffels Vermehlung
23. Gedicht oder Beyspiel von des Teuffels Vermehlung.

Man lieset in einem alten Griechischen Büchlein Patricon, insgemein Vitæ Patrum genannt / daß der Satan dermaleins sich bedacht und bey sich beschlossen habe / auch ein Weib zunehmen / mit derselbigen Kinder zu zeugen / welche er in der Welt ausstatten /auch desto grösser Menge Menschen [677] zu sich in sein Satanisches Reich ziehen möchte. Sey ihm derowegen vorkommen eine Braut / die habe geheissen Impietas, gottloß Wesen / als er sich mit derselben ehlich vergattet und beygelegen / habe er von ihr sieben Töchter gezeuget / die er zu Hause aufferzogen / und endlich in die Welt ausgeführet / und mit den Menschen-Kindern verehlicht habe. Die erste und älteste Tochter hat geheissen Arrogantia, Jungfrau Ehrsucht / dieselbe hat er denen von Adel / und was von hohem Stand gewesen / zugefreuet. Die andere habe geheissen Avaritia, Jungfrau Geitz und Finanz, diese habe er den Kauffleuten / Handthieren / Parthierern und Gewerbern in den Städten verehliget. Die dritte habe geheissen Falsitas, Jungfrau Betrug und Falschheit / diese habe er den Bauren und gemeinen Landvolck vermählet. Die vierdte habe geheissen Invidia, Jungfrau Neid und Mißgunst / die habe er den Handwercksleuten ausgesteuret. Die Fünffte habe er geheissen Hypocrisis, Jungfrau Heucheley und Gleißnerey / die habe er den Geistlichen zugegattet. Die sechste habe geheissen Superbia, Jungfrau Stoltz und Pracht / die habe er dem weiblichen Geschlechte zugeordnet. Die siebende und jüngste Tochter habe geheissen Scortatio, Jungfrau Unzucht und Hurerey / diese / als das liebste Kind / hat der Teuffel nicht wollen ausstatten / sondern bey sich zu Hause behalten / und doch deren Art alle Welt wollen gebrauchen lassen / damit der Teuffel desto mehr zu Hauß und Hoff ziehen möchte.


1. Durch des Teuffels Neid ist die Sünde in die Welt kommen. 2. Wer Sünde thut / der ist vom Teuffel. 3. Hüte dich / O Mensch! für Ehrsucht / Geitz / Falschheit / Neid / Heucheley / Stoltz und Hurerey.

24. Wie ein Hund die Mörder verrathen
[678] 24. Wie ein Hund die Mörder verrathen.

D. Dieterich über die Erklärung des Buchs der Weißheit cap. 10. conc. 1. p.m. 16. setzet folgendes: Ich weiß mich zu erinnern / daß in Hessen etzliche Siechen des Nachts eine Mühle / so allein in einem Wald gelegen / überfallen / den Müller mit allen den Seinigen in der Mühle erwürget / darnach die Kisten und Kasten auffgebrochen / alles heraus und mit sich genommen / die Thür an der Mühle verschlossen. Als nun des Morgens die Mahl-Gäste kommen / die Mühle verschlossen finden / haben sie solches der Obrigkeit angezeiget / da sie dann nach Eröffnung der Mühlen die erwürgten Cörper gefunden / beneben einem unbekannten Hund / den die Mörder bey sich gehabt / und in die Mühle unwissend / doch zu ihrem Unglück / verschlossen hatten / werden sie Raths / sie wollen den Hund auslassen / und dessen Spur nacheilen / welches auch geschehen / da der Hund dem Siechen-Hause zugeeylet / darinn sie die Thäter bey einander fanden / wie sie eben die geraubten Güter getheilet / sie gefänglich genommen / und ihnen ihr Recht wiederfahren lassen.


1. Sehet wie man dem Gelde nach trachtet! 2. Auch die unvernünfftigen Thiere müssen der Gottlosen Verräther seyn. 3. GOtt hat Greuel an den Blutdürstigen. 4. Obrigkeit soll die Gottlosen Mörder straffen.

25. Einen Eltern-Mörder verrathen seine Schuhe
25. Einen Eltern-Mörder verrathen seine Schuhe.

[679] Ich will noch ein Exempel bringen / daß man sehe /wie GOtt so wunderbar unschuldige Mordthaten offenbahre / das erzehlet D. Joh. Quistorpius in seinen so genanten Perpetuo Mobili oder Gewissens-Predigten / Conc. 10. p.m. 85. folgender Gestalt. Von einem Nagelschmidt in Königsberg lesen wir in der Preußischen Chronica / daß er mit einer grossen eisernen Mörser-Keulen seinen Vater und Mutter habe zu tode geschlagen / nimmt das Geld / welches er in seiner Eltern Hauß findet / hinweg / kaufft ihm vom Schuster darauff ein paar neue Schuh / lässet die alten Schuh stehen / welche wurden hinter die Banck geworffen. Unterdessen ist viel Redens von dem erschlagenen Nagelschmidt in der Stad / niemand gedencket darauff / daß der Sohn solte seine eigene Eltern erschlagen haben. Wie aber nach etlichen Tagen des Schusters Junge die Werckstatt rein machet / findet er unter andern alten Schuhen einen Schuh / der mit Blut bespritzet / zeiget es dem Meister: der erinnert sich / daß des Nagelschmids Sohn neulich von ihm habe ein paar Schuh gekaufft / und die alten hätte stehen lassen. Der Schuster kömmt auff die Gedancken / ob vielleicht der Sohn möchte Vater und Mutter erschlagen haben /gehet hin zum Richter / erzehlet ihm den Handel. Der Richter lässet den Nagelschmied zu sich fordern / sagt ihm / daß man Blut auf seinen Schuhen finde / die er beym Schuster / bald nach seines Vaters Tod / gelassen / welches keine geringe Anzeigung wäre / daß er seine Eltern ermordet habe. Der Junge erschrickt / bekennet die That / und ist darauff durch den Scharffrichter mit Zangen gezogen und gerädert worden. Die Keule soll noch biß auff [680] den heutigen Tag an den Kniephofer Rath-Hause hangen / und / wie man sagt /nimmer stille hängen / sondern sich stets bewegen /etc.


1. Auch die todten und leblosen Creaturen müssen die sündlichen Wercke entdecken. 2. Auch die Steine in den Mauren schreyen / und die Balcken am Gesperr werden ihnen antworten. 3. Hüte dich auch für heimlichen Sünden.

26. Austrigildis - einer Königin in Franckreich - letzte Bitte an den König
26. Austrigildis / einer Königin in Franckreich /letzte Bitte an den König.

Austrigildis / eine Gemahlin Guntrami des Königes in Franckreich / war tödlich kranck / weil nun die zween darzu bestellten Medici, ob sie gleich allen ihren Fleiß anwandten / ihr dennoch nicht helffen kunden; Warff sie einen grossen Zorn und Unwillen auff sie / und bat darauff ihren Herrn den König / daß er sie noch einer Bitte vor ihrem Ende gewähren wolte / dasselbige sagte er ihr zu. Da begehrete sie / daß die zweene Medici, so sie lange vergeblich gequälet und gemartert / dennoch aber ihr nicht helffen können /noch wollen / für ihren Augen mit dem Schwerdt möchten hingerichtet werden. Das ließ der König auch geschehen / und gewährete ihr ihrer Bitte / und sahe das leichtfertige Weib mit lachendem Munde zu / wie sie beyde hingerichtet wurden / bald darauff starb sie / und wird ohne Zweiffel ihren Lohn in der Höllen bekommen haben.


1. Es ist kein Kraut im Garten / das wieder den Tod will arten. 2. Wie viel solten gern sterben / wann sie nur erst möchten die Rache sehen? 3. Aber solchen Rachgierigen ist ein Feuer-Phul zubereitet. 4. Unser aller Seelen-Artzt verdienet offt bey uns wenig Danck.

27. Archias der Thebaner König ist sicher und kömmt drüber um sein Leben
27. Archias der Thebaner König ist sicher und kömmt drüber um sein Leben.

[681] Bey dem Plutarcho lieset man folgende Historiam: Archias der Thebaner König hatte alle seine Höfflinge zu Gaste / und ließ sie auff das prächtigste tractiren / und muste nichts an niedlichen Speisen und Geträncken fehlen / sondern alles in vollen Massen auffgetragen werden. Es war an dem / daß man herfür langete die grossen Pocalen / und die auff Gesundheit zur Erweckung mehrer Lust und Freude den Tisch ließ rund herum gehen. Siehe eben da kommt ein geschwinder Postillon mit einem verschlossenen Schreiben / darinn ihm ein vertrauter und wol affectionirter Freund entdecket / daß grosse Verrätherey obhanden /und wie etzliche sich verbunden hätten / ihn die folgende Nacht umzubringen. Das Schreiben überreichete der abgefertigte Bote dem Könige / mit der ihm anbefohlenen Erinnerung / daß seine Königliche Majestät es ihr möchten belieben lassen / solches so bald zu erbrechen und durch zulesen / dann es wären wichtige Sachen darinnen enthalten. Wäre der König dem nachkommen / wäre es gut gewesen / dann darinnen waren die Nahmen seiner Meuchel-Mörder bezeuchnet / derer er sich hätte bemächtigen können / und der Lebens-Gefahr entgehen. Aber der König / der nun mehr in vollem Gesöffe und unter den Vornehmsten seines Reichs saß / wolte keine Zeit zu der Erbrechung nehmen sondern nahm den Brieff und legte den unter sein Gesäß und Stul-Küssen / sagende: Seria in crastinum: Morgen wollen wir wichtige Sachen abhandeln und lesen / heute muß ich frölich seyn. Aber dieselbige Nacht ist er vom Pelopide jämmerlich ermordet worden. Corn. Nep. Pelop. Cap. 31.


1. Sicherheit stürtzet manchen ins Verderben. [682] 2. Wie viel folgen diesem Könige nach? sie fressen /sauffen / leben alle Tage herrlich und in Freuden: GOtt lässet sie warnen durch sein Wort und treue Lehrer / aber sie schieben es immer auff biß morgen / biß sie das Verderben schnell übereilet. 3. Darum heute / wann ihr des Herrn Stimme höret /so verstocket eure Hertzen nicht.

28. Carolus IV. wie er von einem seiner Amtleute tractiret worden
28. Carolus IV. wie er von einem seiner Amtleute tractiret worden.

Als Carolus IV. einsmahls unversehens bey seinem Amtmann Theodorico Kagelwit in Böhmen mit grossem Comitat einkehrete / das Nacht-Lager bey ihm zu halten / da wuste derselbige Amtmann nicht / wo aus noch ein / dann er hatte sich auff solche Gäste nicht gefast gemacht. Aber bald erdacht er einen listigen und geschwinden Fund / und ließ im gantzen Dorffe allen Schweinen die Ohren und die Schwäntze abschneiden / und solche auff mancherley Manieren zurichten / damit tractiret er den Käyser und dessen gantzes Hoffgesind. Das war eine Sau-Mahlzeit / aber es gieng noch besser her / als wann man bey ehrlichen Mahlzeiten sich so säuisch hält / daß junge und unschuldige Leute dadurch geärgert werden.


1. Geringe Leute / insonderheit Unterthanen / halten es vor eine Ehre / wann hohe Leute und Obrigkeit bey ihnen einkehren. 2. Die Menschen erdencken offt wunderliche Essen /damit sie einander bewirthen. 3. GOtt will bey uns in unserm Hertzen einkehren: Setzet ihm aber nicht für die säuischen Sünden-Gerichte. 4. Macht in Busse die Hertzens-Pforte Angelweit auff /daß der König der Ehren hinein ziehe. 5. Aber die Unbußfertigen lassen GOTT draussen stehen: Darum wird das Himmelshauß ihnen auch zugeschlossen bleiben.

29. Das Gewissen und ein Auge werden mit einander verglichen
29. Das Gewissen und ein Auge werden mit einander verglichen.

[683] D. Schmidt in der 12. seiner Gewissens-Predigten imExordio stellet eine Vergleichung an mit dem Auge und dem Gewissen. Was das äusserliche Auge ist /spricht er / dem menschlichen Leibe / das ist in vielen Stücken die Conscienz in der Seelen. Dann 1. wie das Auge ist ein wunderlich Geschöpff / in welches GOtt gar sonderbare Anzeigungen seiner unendlichen Weißheit geleget hat; Also liegen in dem Gewissen auch mancherley Wunder GOTTES. Es ist eines Menschen innerlicher Præceptor, innerlicher Notarius, der gleich des Menschen Leben und Handlungen auffschreibet: Es ist des Menschen innerlicher Zeuge / etc. Vors 2. Wie das Auge gleichsam auff der Warte stehet / daher es nicht in den untern Leib / nicht auff die Brust / sondern zu oberst in das Haupt gesetzet ist /darneben von geschwinder bewegung / daß es auff beyden Seiten Achtung geben kan: Also ist das Gewissen in die menschliche Seele gesetzet / daß es in derselbigen gleichsam Wache halte / auff alle Gedancken / Bewegungen / Geberden / Worte und Thaten genau Achtung gebe / etc. Vors 3. wie das leibliche Auge ist ein zartes und schwaches Gliedmaß / nach dem Vers: Non patitur jocum fama, fides, oculus. Ein kleines geringes Stäubelein verursachet dem Auge grosse Ungelegenheit. Also ist das Gewissen von sehr zartem Wesen; man kan es leicht mit Gedancken /Worten und Wercken in der Religion / im Handel und Wandel verletzen. Vors 4. wie die Schmertzen des Auges / wann es verletzet worden / sehr bitterbeissende Schmertzen seyn: Eben also sind die Gewissens-Schmertzen und Anfechtungen aus dermassen schwer und beissend / setzen dem Menschen zu / daß er [684] nicht weiß aus noch ein / und ihm die Welt zu enge wird. Vors 5. wie einen die Natur erinnert / daß man sein Auge soll wol verwahren: Dann die Natur hat das Auge gleich mit Wällen umgeben / daß ihm nicht leicht beyzukommen. Es stehet etwas tieff ins Haupt und nicht draussen / wie Nasen und Ohren. Die Höhe der Stirn ist gleichsam ein Vorgebirg. Die Augbraunen seyn gleichsam der Zaun: Die beyden Wangen gleichsam die Wälle / damit sie verschantzet seyn. Die Augenlieder gleich den Fenster-Läden / die /wann der Mensch entschlaffen will / sie sich selbst auffs genaueste zuthun und das Auge bedecken. Also will nun auch das gute Gewissen mit grosser Sorgfalt verwahret seyn / etc.


1. GOtt ist wunderbar in allen seinen Wercken. 2. Durch das äusserliche kömmt man zum Erkäntniß des innerlichen. 3. Wohl dem / der ein gut Gewissen hat.

30. Fabel vom Zwerch - der grösser begehrete zu seyn
30. Fabel vom Zwerch / der grösser begehrete zu seyn.

Man erzehlet eine Fabel von einem Zwerch / der etwa aus Fürwitz von dem Gott Jupiter begehret / daß er ihn doch grösser machen wolte. Da nun der Gott Jupiter dem kleinen Närrlein zu willen war / und aus ihm einen grossen Riesen machte / gefiels ihm zwar anfangs gar wol / und dauchte ihn gut seyn / daß er auch / wie andere Leute / groß und breit herein treten konte. Aber es stund nicht lange an / so gereuet es ihn / daß er groß zu werden iemahls begehret hatte. Dann in seinem vorigen Gemach konte er nicht wohnen /das war ihm zu niedrig; seine vorigen Kleider konte er nicht tragen / die waren ihm zu klein; [685] Er konte auch nicht genug essen / dann er hatte einen grössern Bauch / so wolte ihn auch niemand mehr zu Gaste bitten / denn er war nicht zu füllen. Summa: Jedermann hielt ihn für einen grossen Oelgötzen. Da mercket er erst / wie er so thöricht gehandelt / und wäre gern mit Ehren wieder klein gewest / wann es hätte geschehen können.


1. Niemand ist mit seinem Stande zufrieden. 2. Stultus und der grobe Stoltz wachsen gern auff einem Holtz. 3. GOtt muß sich offt meistern lassen von seinem Ge schöpff. 4. Mancher weiß nicht was er bittet. 5. Durch Schaden wird man klug.

31. Mancherley Meynungen vom Ursprung der Thränen
31. Mancherley Meynungen vom Ursprung der Thränen.

Man hat über der Thränen Ursprung und Beschaffenheit / so wol bey den Kirchenlehrern / als auch den Weltweisen / unterschiedene Muthmassungen. Plinius Natur. Hist. lib. 11. cap. 37. verwundert sich darüber / woher man so bald so viel Feuchtigkeit im Weinen zu wege bringe / und wo dieselbe behalten werde zu der Zeit / wann man nicht weinet. Augustinus der Kirchenlehrer lib. 1. de Mirab. S. Script. c. 11. folget etlichen Aertzten und saget / daß sie von Bewegung der Gallen herrühren / und solches am Geschmack erweise / daß im menschlichen Leibe die Natur des Saltzes verborgen liege. Gr. Nyssenus lib. de opif. Hom. cap. 12. will / daß aus Bewegung der innerlichen Glieder die Dünste ins Gehirn hinauff steigen / da dieselben in den holen Oertern des Haupts verhalten / und durch die Kälte daselbst zu Wasser gemacht werden / welches durch des Gehirns Krafft zu den Augen geführet werde / daraus es also fliesse und thräne. Die Heidnischen Philosophi haben [686] hievon ihre Meynung, Plato in Timæo hat gemeynet / die Thränen seyen wie eine Feuchtigkeit / welche von dem zähen Schleim / so zusammen gedrücket wird / abgesondert werde. Seneca Ep. 100. ad Lucilium meynet / daß durch den Schmertzen der gantze Leib und also auch die Augen bewegt werden / von welchen die nahe gelegne Feuchtigkeit also heraus gepresset werde. Die neuen Scribenten haben ihre Meynung hievon. Hieronymus Mercurialis, welcher anderer Meynung verwirfft /giebt für / die Thränen seyen nichts anders / als ein Theil der Feuchtigkeit des Geträncks / welches im Gehirn in den Adern der Augen und sonderlich in den Aederlein der Augen-Winckel behalten werde / und entweder durch Zusammendrückung oder Ausbreitung derselbigen Adern heraus gebracht werde.


1. Wir verstehen kaum das auff Erden ist. Sap. IX. 16. 2. GOttes des Schöpffers Weißheit / die er an den Menschen erwiesen / ist nicht zu ergründen.

32. König Matthias bezahlt einem Schulmeister seine Mahlzeit reichlich
32. König Matthias bezahlt einem Schulmeister seine Mahlzeit reichlich.

Als König Matthias in Ungarn mit den Siebenbürgern eine Schlacht hielt / und den Kürtzern zog / daß er sich mit der Flucht salviren muste / da ritt er zween Tage und Nächte ungessen und ungetruncken. Endlich kam er ins Zäckler-Land für eine Schule / die am Ende des Dorffs lag / stieg ab / gieng in die Stube / da er Kraut und Fleisch auff dem Tische fand / satzte sich ungeheissen nieder / und aß sich satt / gab sich aber nicht für den König aus / sondern für einen Rath / und verehret dem Schulmeister dafür einen silbernen Steigreiff am Sattel / [687] weil er sonst nichts bey sich hatte / mit Versprechen / es noch besser zu vergelten /welches er auch hielt. Dann wie er stets rühmete / wie ihm das Kraut und Fleisch so wol geschmeckt / und ihn so herrlich gestärcket hätte; Also ließ er den Schulmeister zu Hofe kommen / behielt ihn bey der Tafel und schenckt ihm ein Schloß mit vielen zugehörigen Gütern / und macht ihn zum grossen Herrn.


1. Grosse Herren gerathen offt in grosse Gefahr. 2. Hunger macht rohe Bohnen süsse. 3. GOtt ist ein reicher Vergelter / wann man ihm in seinen nothleidenden Gliedern gutes gethan.

33. Von abscheulichen Trinck-Geschirren
33. Von abscheulichen Trinck-Geschirren.

Herodotus schreibet / wie auch Plato, daß die Scyther den Brauch gehabt / daß sie aus den Hirnschädeln ihrer Feinde gesoffen haben: Und wann sie Bündnisse machten / so hatten sie einen grossen Becher mit Wein und ihrem Blute voll eingeschenckt / damit besprengeten sie ihre Schwerdter und Pfeile / liessen darnach einen Reihe-Trunck umher gehen / und soffen ihn rein heraus.

Livius dec. 3. lib. 3. schreibet / wie L. Posthumius Römischer Bürgermeister im andern Punischen Kriege / ums Jahr nach der Erbauung der Stadt Rom 539. von den Gallis in einem Walde mit einer sonderlichen Krieges-List / sammt seinem Krieges-Volck durch die umfallende Bäume erschlagen worden sey. Da haben die Feinde seinen Kopff abgeschnitten / denselben rein gemacht / in Gold gefasset / und zu einem Kelch in ihre Kirchen gethan: Damit sie ihren Heidnischen Gottesdienst verrichtet.

[688] Beym Paulo Diacono lieset man / daß Alboinus, der Lagobarder König in Welschland / mit Cunimundo der Gepider Könige / eine Schlacht gehalten / in welcher Alboinus den Cunimundum umbracht / dessen Hirnschale er für einen Becher gebraucht / und nahm ihm seine Tochter Rosimundam zum Weibe. Als er nun auff eine Zeit mit ihr guter Ding ist / und viel getruncken / läst er auch denselben Becher herfür bringen / und sagte zu ihr: Sie solte mit ihrem Vater trincken / und sich lustig machen. Welches sie so zu Hertzen genommen / daß sie ihn hernach meuchelmörderischer Weise im Bette hat erwürgen lassen.

1. Was thun nicht die ruchlosen Menschen? 2. Die Erfindungen der Menschen haben kein Ende. 3. Christus hat den Greuel-Kelch des Zorns GOttes für uns getruncken.

34. Exempel - die kein Geld geliebet - noch sich damit wollen bestechen lassen
34. Exempel / die kein Geld geliebet / noch sich damit wollen bestechen lassen.

Ælianus de Var. Hist. lib. 5. c. 5. schreibet vom Epaminonda, der Thebaner Fürsten / wie daß er / ob er gleich so unvermögend gewesen / daß er nur ein Kleid gehabt / und wann er ihme was daran machen ließ /sich muste innen halten / doch keines weges wollen vom Könige in Persien annehmen einen reich ihm angebotenen Schatz von Golde.

Lib. 11. cap. 9. schreibet er auch vom Phocione, der sehr arm gewesen / wie nun auff eine Zeit der Konig Alexander Magnus ihm hundert Talent schickte / hat er gefraget: Warum schickt er mir solch Geld? Wie sie sagten: Darum / daß er dich für einen ehrlichen Mann hält. Ey / hat Phocion darauff wieder gesaget; [689] So lasse er mich einen ehrlichen Mann bleiben / und schickt das Geschenck zurück.

Ephialtes soll auch arm gewesen seyn / wie nun seine Freunde zusammen legten 10. Talent / und sie ihm wolten verehren / sagt er: Last mich zufrieden. Wann ich viel von euch nehme / so müste ich euch viel zu Gefallen thun.

Vom Bischoff Liberio zeuget Theodoretus Ecclesiast. Histor. lib. 2. cap. 16. daß wie ihm Constantinus der Arrianische Käyser und sein Gemahl iedes 500. Kronen schickte / da habe er gesagt zu dem / der sie brachte: Abi domum & istos ipsos aureos redde Imperatori, &c.

1. Um Geldes willen thun viele Böses. 2. Wer Geld lieb hat / bleibet nicht ohne Sünde. 3. Darum soll man nicht Geld begierig seyn.

35. Von zween reisenden Brüdern
35. Von zween reisenden Brüdern.

Petrus Reginaldus in Specul. Final. Retrib. erzehlet eine feine Historiam. Es reiseten einmal / spricht er /zween Brüder zusammen: Der eine von ihnen war klug und verständig: Der ander tumm und unverständig. Wie sie in ihrer Reise kommen an einen Ort / da sich zween Wege scheideten / entstund unter ihnen ein Zanck / welchen Weg sie gehen wolten. Der Unverständige / wie er sahe / daß der eine Weg grün und lustig / sprach zu seinem Bruder / wir wollen diesen lustigen Weg gehen: Der Verständige sagte / nicht also / Bruder / laß uns den unebenen Weg gehen /dann der grüne und lustige Weg führet uns in eine Herberg / darinn Räuber sich auffhalten / und wir werden in Lebens-Gefahr kommen. Der Tumme und Unverständige hält an / es möchte sein [690] Bruder mit ihm den grünen Weg gehen. Der Bruder lässet sich überreden. Sie gehen auff den Wege fort / den der Unverständige erwehlet. Indem sie nun fortgehen / kommen sie an den Ort / da die Räuber sich auffhielten. Sie werden gefangen genommen / und sollen getödtet werden: Der Kluge unter diesen beyden bittet / ihm sein Leben zulassen / sein tummer und unverständiger Bruder habe ihn verführet. Der Tumme antwortet: Ich habe nicht Schuld / sondern mein Bruder; Dann ist er so klug als er ausgiebet / warum hat er sich von mir verführen lassen / wäre er den andern Weg gegangen /ich hätte ihm wol folgen müssen. Der Richter / als er den Zanck anhöret / fället ein solches Urtheil. Du Tummer hast den klugen Bruder nicht hören wollen: Und du Verständiger hast dem Rath des Tummen gefolget. Ihr seyd würdig / daß ihr beyde getödtet werdet.


Die fleischlichen Lüste rathen offt der vernünfftigen Seelen den Sünden-Weg zulauffen / und gerathen dadurch beede ins Verderben / und in die Hölle.

36. Von einem Könige - der allezeit die Quatuor Novissima erwogen
36. Von einem Könige / der allezeit die Quatuor Novissima erwogen.

Damascenus ein alter Kirchen-Lehrer schreibet / daß auff eine Zeit ein frommer König gewest / welcher die Novissima stets behertziget / und daher allezeit betrübt gewesen. Dieses Königes Bruder aber / ein rechter Epicurer / hat ihm einsmahls zugeredet / daß er solte das Trauren bey Seite thun / und gleich andern sich in der Welt frölich machen. Da habe der König gesagt / daß er den folgenden Tag seine Erklärung erwarten solte. Hat darauff so bald eine grosse Grube[691] machen / die Helffte derselben mit glüenden Kohlen anfüllen / über die Grube einen altkrachenden Stuel setzen / über dem ein scharffes zweyschneidiges Schwerd an einem subtilen Faden auffhängen / und zur Gruben einen Tisch setzen lassen. Als nun solches also geordnet gewesen / hat der König seinen Epicurischen Bruder zu Gaste gebeten / und ihn ermahnet /daß er sich auff den Stuel zu Tische setzen wolte / da es geschehen / wurden alsobald die herrlichsten Speisen auffgetragen / auch eine liebliche Music angeführet. Zu dem vier Seiten stunden vier gewapnete Trabanten mit entblästen Degen / so sie gerade auff ihn hielten. Der König trat zu ihm hin / und sprach: Iß und trinck / mein Bruder / sey frölich und guter Ding. Aber er antwortete ihm gar kläglich: Ach hertzlieber Bruder / wie soll ich doch frölich seyn? Sehe ich unter mich / so sehe ich feurige Kohlen: Uber mir hengt ein blosses Schwerd; Soll ich mich zum Tisch bücken /so wird der Stuel bald brechen / zudem umgeben mich allenthalben geharnischte Männer. Wie ist es denn möglich / daß ich mich frölich machen kan? Darauff hat der König gesagt: Wolan / mein Bruder! Wie dir ietzt ist / so ist mir allezeit. Wende ich meine Augen gen Himmel / so sehe ich den gerechten Richter. Sehe ich unter mich / so sehe ich die erschreckliche Höllen-Gluth. Sehe ich hinter mich / so finde ich meine Ubertretung. Sehe ich für mich / so befinde ich / daß ich sterben muß. Sehe ich auff die Seiten / So mercke ich / daß der Teuffel nach den Seelen trachtet. Damit hat er diesen Epicurischen Bruder bewegt / daß er sein ruchloses Leben eingestellet / und gottselig zu leben angefangen.


[692] 1. Der fromme König hat wenig / der ruchlose viel Nachfolger. 2. Bedencke das Ende / so wirstu nimmermehr übels thun. 3. Die Welt ist voller Gefährlichkeit. 4. Wer gesündiget hat / thue Busse.

37. Thales Milesius hat einen klugen Maul-Esel
37. Thales Milesius hat einen klugen Maul-Esel.

Thales Milesius hatte einen Maul-Esel / welcher fast klüger war / als seine Natur mitbrachte. Denn als ihn sein Herr mit Saltz beladen hatte / und er damit durchs Wasser gehen solte / legte er sich nieder / und weil das Saltz im Wasser guten Theils verschmoltzen / befand er im auffstehen und herausgehen / daß seine Last viel leichter worden war. Darum gedacht er in seinem viehischen Verstand / das wäre gut / er wolte dergleichen mehr practiciren. Das merckete sein Herr der Thales, und damit er List möchte mit List vergelten / so legte er dem Esel eine Last auff von Wolle und Schwämmen / und ließ ihn damit hinwandern. Der Esel meynete / er wolte ihm wiederum eine Leichterung schaffen / wie zuvor / und legte sich abermal ins Wasser. Aber die Wolle und Schwämme zogen das Wasser an sich / und machten die Last viel schwerer / als sie zuvor gewesen war. Also erfuhr der gute Esel / daß er nicht viel gutes damit ausgerichtet hatte / und von der Zeit an legte er sich keinmal mehr nieder; sondern trug das Saltz allemal unversehret durchs Wasser hindurch.


1. Bey den Thieren findet sich offt grosser Witz. 2. Füchse muß man mit Füchsen fangen. 3. GOtt legt uns eine Creutz-Last auff / die müssen wir in Ungedult nicht abwerffen / sonst häuffen wir nur die Plagen. 4. Darum fasset eure Seele mit Gedult.

38. Königs Philippi Begehren an die Athenienser
[693] 38. Königs Philippi Begehren an die Athenienser.

Plutarchus schreibet / daß Philippus König zu Macedonien / wie er Athen belägert / habe eine Legation und Botschafft gesandt an die Stadt / und begehret /man solte ihm zehen Oratores oder Redner heraus geben / denn diese wären eben diejenigen / die Unfrieden stiffteten / und die Gemeine auffwiegelten / alsdenn wolte er abziehen und Frieden halten. Aber derOrator und Redner Demosthenes antwortete diesen Abgesandten also: Die Wölffe schickten einmal an die Hirten / und liessen ihnen sagen: Aller Zanck / der zwischen euch und uns ist / der kommt her von den Hunden: Wolt ihr uns nun diese Auffrührer überlieffern / wollen wir vertrauliche Freundschafft mit euch halten. Die Hirten liessen sich überreden / und gaben die Hunde den Wölffen / und als hernach die Hirten schlieffen / kamen die Wölffe / und frassen so viel Schafe / als sie wolten.


1. Trau / schau / wem. 2. Man muß sehen / was einer begehret / ob es nütz oder schädlich sey. 3. Wo man in Kirchen zu den Sünden und der falschen Lehr schweiget / so kommen die falschen Apostel und die höllischen Wölffe / und reissen die Schäfflein Christi dahin.

39. Von der Mohren Sonnen-Tisch
39. Von der Mohren Sonnen-Tisch.

Bey dem Cœlio Rhodigino, Herodoto, Solino ũdPomponio Mela, wie auch bey dem Kirchen-LehrerHieronymo wird gedacht eines weitbeschriehenen und die gantze Welt in hohe Verwunderung ziehenden Sonnen-Tisches bey den Mohren. Daraus kan man folgende Beschreibung fassen.

[694] Die Mohren / (bey denen die Sonne am kräfftigsten ist / wie aus der schwartzen eingebrannten Farbe zu ersehen stehet /) welche gleich andern Völckern mehr die Sonne / als den höchsten und mächtigsten GOtt angebetet / haben derselbigen einen Tisch gesetzt und zubereitet mit solcher sinnreichen Kunst / daß es das Ansehen gewonnen / als hätten nicht Menschen / sondern ihr vermeynter GOtt / die Sonne selbst / denselbigen ihn zubereitet und dargestellet. Denn da sahe man keine auffwartende Diener / es funden sich keine aufftragende Hände / man wurde nicht gewahr einiger kochenden und zurichtenden Köche: Sondern auff eine gewisse Zeit ward man auff einem sandichten Platz gewahr eines Tisches / befüllet mit den allerniedlichsten und nur erdencklichen wolschmeckenden Speisen / da giengen hin / welche nur lüstet und beliebte ohne Unterscheid / und assen / so viel sie wolten. Hiemit wolten sie die grosse Macht und Krafft der Sonnen erweisen / als welche solche Speisen ihnen zurichtete / wolten auch die Geniesser derer desto mehr verbinden / die Sonne / als ihren Gott und alles Guten Geber / anzubeten / welche ihnen auch in der Wüsten / da nichts als Sand und dürre Erde / eine solche Lust machte. In Warheit / die Fürsten und Vornehmsten des Morgenlandes haben dieses prächtige Mahl dermassen künstlich und verborgen angerichtet /daß sie fast die gantze Welt beredeten / die Sonne wäre selbst Anrichterin desselbigen prächtigen und von niedlichkeit überflüssenden Speise-Tisches. Der König Cambyses, wie es ihm zu Ohren gekommen /hat ers in so hohe Verwunderung gezogen / daß er seine Gesandten dahin geschicket / sich zu erkundigen / ob es in Warheit [695] also sey. Der H. Hieronymus gedencket / daß der wegen seiner Zauberey weit und breit beschrieene Schwartzkünstler Apollonius Thyaneus, um solchen Weltberuffenen Sonnen-Tisch zu sehen / noch eine fernere Reise durch unterschiedene Provincien und Länder / als durch Persien / Scythien /Babylonien und Chaldäa etc. dahin gezogen.

1. Die Welt ist voller Aberglauben. 2. Die Heyden haben GOttes Warheit verwandelt in die Lügen / und haben geehret und gedienet dem Geschöpffe mehr / denn dem Schöpffer. 3. Die wahre Sonne der Gerechtigkeit / Christus JEsus / hat mit GOtt dem Vater und H. Geist dem Adam und allen Creaturen in der Ersten Schöpffung einen wunderbaren Tisch bereitet / der erhält uns auch alle Tage. 4. Der hat die Israeliten in der Wüsten 40. Jahr mit Himmel-Brodt gespeiset: Wie auch so viel tausend Menschen im N. Testament. 5. Er bereitet uns einen wunderbaren Tisch im H. Abendmahl / darzu lasset uns mit Verwunderung und mit Lust treten.

40. Von einem - Nahmens Mose - und seinen Anfechtungen
40. Von einem / Nahmens Mose / und seinen Anfechtungen.

Wir lesen in der Alt-Väter Leben und Thaten von einem / Nahmens Mose / der sich zu Petra auffgehalten / daß der Teuffel mit harten und schweren Anfechtungen ihm zugesetzet / darum er zum heiligen VaterIsidoro gekommen / und geklaget / in was für hochbeschwerlichen Anfechtungen er wäre; Der ihn dann darauff mit schönen Sprüchen heiliger Schrifft getröstet / ihn endlich oben auff seine Celle genommen /und zu ihm gesprochen: Siehe dorthin gegen den Abend und schaue recht auff. Da sahe er ein Hauffen Teuffel / die über die Maaß wüteten und sehr toll waren / als wenn sie sich zur Schlacht rüsteten / [696] und den Streit anfahen wolten. Abermal sagt er zu ihm: Siehe nun auch gegen den Morgen / und schaue fleißig zu: Da sahe er eine unzehliche Menge der heiligen Engel / und einen herrlichen Hauffen der himmlischen Heerschaaren / die da schön gläntzeten / etc. Und sprach darauff weiter: Die gegen Niedergang der Sonnen / seyn / die auch die Heiligen GOttes pflegen anzutasten und zu bestreiten: Die andere / die du gegen Auffgang gesehen / sendet GOTT seinen Heiligen zu Hülffe und Beystand. Dencke derowegen gewiß / daß derer / die bey uns sind / mehr ist / denn derer / die bey ihnen sind. Dadurch dieser Vater wieder erquicket worden / in seine Celle gegangen / und GOtt gedancket.


1. Was nicht streitet mit GOttes Wort / soll man nicht also bald verwerffen. 2. Christen haben auswendig Streit / inwendig Furcht. 3. Die Engel beschützen die Frommen. 4. In Anfechtungen soll man sein Anliegen frommen Leuten / insonderheit Predigern offenbaren. 5. Betrübte soll man mit GOttes Wort trösten.

41. Sinnreiches Liebes-Gemählde
41. Sinnreiches Liebes-Gemählde.

Wann kluge Leute die hertzliche Liebe der Christen gegen ihren GOTT und Nechsten fürbilden wollen /pflegten sie zu mahlen einen fruchtbahren Baum /welcher an statt der andern Früchte viel Hertzlein trägt / und unten aus der Erden aus einer schönen lichten Wolcken herfür wächst / davon die zeitigen Früchte abfallen. Hiemit haben sie die fruchtbringende Liebe gar artig angedeutet. Denn 1. daß die Christliche Liebe wird vorgestellet / als entspriesse sie aus einer lichten Wolcken: Damit wird angedeutet / daß die Liebe von GOtt komme / und die die Liebe haben / von GOtt gebohren seyn / denn GOtt ist [697] die Liebe. Vors 2. wird sie abgebildet / als ein fruchtbahrer Baum. Denn die Liebe ist kein fauler / kahler und unfruchtbahrer Baum: Sondern ein guter und fruchtbahrer; Und wachsen darauff die Hoffnung / Gedult / die Demuth und andere Tugenden mehr. Vors 3. auff dem Liebe-Baum wachsen an statt der Früchte Hertzen. Denn soll die Liebe rechtschaffen seyn / muß sie von Hertzen gehen / und zwar von gantzem Hertzen / und von gantzer Seelen.


1. Es gilt hie prüfen. 2. Christen müssen keine gemahlte / sondern nach diesem Gemählde eine hertzliche und von GOTT gewürckte Liebe haben.

42. Ein Gespräch eines Altvaters mit einem - Nahmens Abraham
42. Ein Gespräch eines Altvaters mit einem /Nahmens Abraham.

Jener Altvater rühmete sich / er hätte die Laster / Hurerey / Geitz und eigene Ehre überwunden / zu dem sprach ein ander / Nahmens Abraham: Siehe / wann du jetzt in deine Celle gehest und findest eine Weibs-Person / kanstu auch deine Gedancken so weit absondern / daß du nicht gedenckest / daß es ein Weib sey? Er sprach: Nein / aber gleichwol widerstrebe ich meinen Gedancken / daß ich sie nicht berühre. Abraham sprach weiter: Wolan! so hastu die Hurerey noch nicht gantz vertilget / denn die Begierde lebet noch /aber sie ist gebunden. It. Wann du auff der Strassen gehest / und siehest zwischen den Steinen Gold liegen / kanstu nun das Gold / als lauter Steine achten? Er antwortet: Nein / aber ich widerstehe meinen Gedancken / daß ich es nicht aufflese. Abraham sprach: So siehestu / daß die Begierde noch lebet / aber sie ist gebunden / etc. Wann du von zweyen Brüdern hörest /der eine liebet dich / und redet gutes von [698] dir / der ander aber hasset und schmähet dich / sie kommen beyde zu dir: Nimmst du einen auff wie den andern? Er antwortet: Nein / aber gleichwol zwinge ich mich /daß ich eben so wol dem gutes thue / der mich hasset / als dem andern / der mich liebet. Abraham sprach: So lebet die Begierde noch / aber sie ist gebunden.


1. Das Fleisch gelüstet wider den Geist. 2. Die Sünde klebet uns an. 3. Wer da saget er habe keine Sünde / in dem ist keine Warheit. 4. Lasset die Sünde nicht herrschen in euren Gliedern.

43. Das wahre Christenthum in einem Sinn-Bilde vorgestellet
43. Das wahre Christenthum in einem Sinn-Bilde vorgestellet.

Die lieben Alten haben unter andern auch das wahre Christenthum in folgendes schönes Gemählde abbilden wollen. Sie haben gemahlet ein Hertz / aus welchem ein schöner fruchtbarer Baum herfür gewachsen; An demselbigen hat auch gehangen ein Schiff-Ancker / ein Buch und ein Seckel oder Beutel / mit der Uberschrifft:


Fide, Pietate, Spe & Beneficio.


Durch das Hertz / aus welchem ein schöner fruchtbahrer Baum herfür wächst / wird verstanden der Glaube / der im Hertzen nach dem erleuchteten Verstand und Willen ruhet: Welcher auff GOttes Gnade und das theure Verdienst Christi allein bauet und trauet / auch in guten Wercken sich herfür thut / gleich einem fruchtbaren Baum am Wasser gepflantzet / der seine Früchte bringe zu rechter Zeit. Durch den am Hertzen hangenden Ancker haben sie angedeutet die Hoffnung; Denn wie ein Schiffmann in Meers-Gefahr den Ancker ins Meer wirfft / und also das Schiff anklammert / daß es nicht Schaden thun mag: [699] Also / wann die Creutz-Fluthen daher rauschen / ist ein Christ deßwegen nicht kleinmüthig / sondern hält an der angebothenen Hoffnung / welche er hat / als einen sichern und festen Ancker der Seelen / wann auch eine Plage an ihn stösset / so fürchtet sich der Gerechte nicht. Durch das am Hertzen hangende Buch verstehen sie nicht des Aristotelis Ethische Bücher / auch nicht des Lycurgi, Solonis und anderer Gesetz-Geber Ordnungen: Denn daraus nicht das Christenthum zu lernen ist: Sondern die Heilige Schrifft / denn darinn finden wir das ewige Leben. Durch den am Hertzen hangenden Beutel wolten sie erinnern / nicht / daß man solte gesinnet seyn / wie Judas der Verräther /der den Beutel hatte: Sondern daß man ihn auffthue und den Armen mittheile / den Hungerigen speise /den Durstigen träncke / etc.


1. Christen müssen nicht allein mit dem Munde sich ihres Christenthums rühmen / sondern es im Wercke erweisen. 2. Laß deine Gottesfurcht nicht Heucheley seyn / und diene GOtt nicht mit falschen Hertzen.

44. Ein frommer Bischoff - wie er seine gottlose Mutter zur Busse gebracht
44. Ein frommer Bischoff / wie er seine gottlose Mutter zur Busse gebracht.

Ein frommer Bischoff hatte eine sehr böse Mutter /welche gar nicht konte zur Busse gebracht werden /sondern alles biß auff das Todt-Bette und ihre letzte Hinfarth versparen wolte. Weil denn der Sohn mit stetigem Erinnern und Anhalten diß Orts bey ihr nichts ausrichten konte / bat er sie auf eine Zeit zum Nacht-Essen / und gieng sie / samt etlichen Dienern / da es bereit gantz finster war / sie selbst abzuholen / verboth aber den Dienern einig Licht anzuzünden / oder einige Laternen mitzunehmen / und [700] gieng nebenst der Mutter daher. Weil nun nicht allein viel Steine / sondern auch ein gefährlicher Graben / darüber ein schmaler Steg / unterwegens war / darum die Mutter offt angestossen / und sich hoch befürchtet / daß sie unversehens gar in bemeldten Graben fallen möchte /ward sie gegen ihrem Sohn sehr unlustig / und begehret gar ernstlich / daß er doch ein Licht anzünden lassen wolte. Ob nun wol der Sohn ihr gar freundlich zusprach / und sie vertröstet / daß / wann sie zu dem Graben kommen / er schon ein Licht zu bringen verschaffen wolte / auff daß sie den Steg recht treffe: Gab doch die Mutter gantz zornig zur Antwort: Daß man bey solcher Finstere / den Graben nicht sehen / und vielleicht / ehe das Licht angezündet / sie darein fallen möchte. Da hat der Sohn mit Freuden ihr zugesprochen: Daß sie eben dieses in Anstellung ihres gantzen Lebens wol mercken / bey Zeiten Busse thun / und dieses nicht biß auf die letztere Sterb-Stunde ankommen lassen wolte / in Betrachtung selbige gar ungewiß / und wol geschehen könte / daß sie damit unversehens übereilet würde.


1. Fromme Kinder haben offt gottlose Eltern. 2. Viele seyn sorgfältig für den Leib / und nicht für die Seele. 3. Spare deine Busse nicht / biß du kranck wirst / sondern bessere dich / weil du noch sündigen kanst.

45. Exempel der Brüder-Mörder und derer Straffe
45. Exempel der Brüder-Mörder und derer Straffe.

Ich wil nicht anführen die Exempel der Schrifft / die ihre leibliche Brüder ermordet haben / sondern nur dißmal verbleiben bey den Profan-Historien / da man viele solcher auffgezeichnet findet.

Vom Cambyse, Königs Cyri Sohn / lieset man /[701] daß er seinen eigenen Bruder durchs Schwerdt erwürgen lassen / und darauff seine eigene Schwester zur Ehe genommen. Als er sie aber hernach / wegen ihres Bruders Tod von ungefehr weinen siehet / wird er über sie ergrimmet / sticht sie todt / da sie schweres Leibes gewesen. Aber er ist der Straffe nicht entgangen / denn wie er von seinem Pferd sich schwingen wollen / ist ihm sein Schwerdt ausgeschlossen / und hat sich damit selbst erstochen.

Der König Xerxes erstach seinen eigenen BruderMasisten, daß er mit dessen Tochter Blut-Schande treiben möchte / aber er ist wieder erstochen worden.

Typho hat seinen Bruder Osirin, der ältesten Könige in Egypten einen / nicht allein erwürget / sondern noch in 26. Theil zerhauen / und einem ieden / der diesen Mord beschlossen / ein Theil zugeschickt. Aber er ward wieder von der Iside, Königs Osoris seines Bruders Gemahl / mit allen seinen Consorten umgebracht / das war sein verdienter Lohn.

Antonius Bassianus Caracalla. der 19. Römische Käyser / Käysers Severi Sohn / erstach seinen Bruder den Getam, seiner Mutter in dem Schooß / begehrte von dem vornehmsten Juristen Papiniano, er solte diesen seinen Bruder-Mord entschuldigen: Als er aber solches nicht thun wolte / sondern vorgab: Es sey leichter einen Bruder-Mord zu begehen / als zu entschuldigen / ließ er ihn gleich darauff erstechen / ward aber wieder elend erstochen.

Lecho erwürget seinen Bruder Cracum, einen König in Polen auff der Jagt / zerriß ihn jämmerlich in Stücken / und gab für er wäre also von wilden Thieren zerrissen; Aber er ward wieder ins Elend verjaget / und muste darinn für Leid sterben.

[702] Alphonsus bracht seinen Bruder Johannem Diatium schändlich um sein Leben / darum / daß er die Evangelische Religion hatte angenommen / aber er hatte sich auff dem Concilio zu Trient in seinem Stalle an seines Pferdes Hals selbst erhencket.

1. Der leidige Cainische Mord-Teuffel ist noch ausgelassen. 2. Ach GOtt! ein Bruder ist des andern Teuffel. 3. Mordthaten bleiben nicht ungestraffet. 4. Halt deine Hände rein von Blut-Schulden.

46. Exempel derer - die von geringer Ankunfft zu grossen Ehren kommen
46. Exempel derer / die von geringer Ankunfft zu grossen Ehren kommen.

Es bezeuget die tägliche Erfahrung / daß offt geringer Leute Kinder zu hohen Ehren gelangen. Ich will davon einige berühmte Exempel nur berühren / wie man derer in grosser Zahl bey vielen bewährten Historien-Schreibern findet auffgesetzet. Hadrianus des Nahmens der VI. war von blutarmen Eltern zu Utrecht gebohren / wird Käyser Carls des V. Præceptor, und durch dessen Beförderung an Leonis X. Stelle zum Pabst erwehlet / und hienge man zu Ehren zu Utrecht Tapezerey-Werck auff / daran diese Worte geschrieben: Ultrajectum plantavit, Lovanium rigavit, Imperator benedixit. Es schrieb aber ein Schalck darunter: Zu diesem Pabst hat GOTT nichts gethan.

Willigisus, Ertz-Bischoff zu Mäyntz / war eines Wagners Sohn im Dorff Strovingen in Sachsen; Er hat sich zu Erinnerung seiner geringen Herkunfft Wagen-Räder an die Wände seiner Kammer mahlen lassen / auch dabey setzen:


Lieber Bischoff Willigis,
Deiner Ankunfft nicht vergiß.

[703] Lescus II. ist eines Bauren Sohn gewesen / aber wegen seiner fürtrefflichen Tugenden an die Stelle des verstorbenen Primislai oder Læsci I. zum König in Pohlen erwehlet / und hat sehr wol regieret. Er hat zum steten Andencken seiner geringen Herkunfft die vorgetragene schlechte wollene Kleider über die prächtigen Königlichen gezogen / welchen Gebrauch viele Grosse und Häupter in Pohlen lange Zeit behalten haben.

Die vornehmsten Patres und Kirchen-Lehrer seyn geringes Herkommens gewesen. Ambrosii Vater ist ein Amtmann gewesen. Augustini ein gemeiner Bürger. Chrysostomi ein Kriegs-Befehlshaber. Hieronymi Vater ist ein armer Bauersmann gewesen / von welchem er in einer Hirten-Hütten ist erzogen worden. Lutheri Vater ist gewesen ein Bergmann.

Es finden sich auch gleiche Exempel unter den gelehrten Weltweisen der Heyden: Socratis, des allerweisesten Manns in gantz Griechenland Vater ist ein Steinmetz / seine Mutter eine Heb-Amme gewesen.Pythagoræ Vater ein Ringmacher. Demosthenis ein Messerschmidt. Euripidis, des vornehmsten Tragœdien-Schreibers Mutter hat Kräuter feil gehabt.

1. Der Herr siehet auff das niedrige im Himmel und auff Erden. 2. GOtt erniedriget und erhöhet. 3. Im Unglück verzage nicht: Im Glück erhebe dich nicht.

47. Mehr Exempel - die aus geringem Stande seyn Käyser - Könige und Fürsten worden
47. Mehr Exempel / die aus geringem Stande seyn Käyser / Könige und Fürsten worden.

[704] Wollen den vorigen noch etliche Käyser / Könige und Fürsten hinbey setzen / die aus dem Staube gleichsam erhoben seyn.

Unter den Königen zu Rom ist Servius Tullius von einer geringen Dienst-Magd gebohren; Da er ein Kind gewesen / hat man eine helle Flamme um sein Haupt gesehen / deßwegen ihn Prisci Tarquinii Gemahl dieTanaquil an Kindes statt angenommen / ihm die Tochter gegeben / dadurch er endlich König worden.Lucius Tarquinius ist von geringen Kauffleuten zu Corinth gebohren. Tullius Hostilius ist ein Vieh-Hirt gewesen / und hat das Königreich Rom regieret 32. Jahr. Tarquinius Priscus war von Demerato einem der Stadt verwiesenen Crämer zu Corintho gebohren /welcher in Beherrschung der Römer Reich durch seine löbliche Tugenden sich so verhalten / daß es die Stadt Rom nicht gereuet / daß sie lieber einen König von den angräntzenden entlehnen / als aus den Ihrigen selbst erwehlen wollen.

Unter den Römischen Käysern ist Probus eines Bauren oder Gärtners Sohn in Ungarn. Valentinianus, war eines Reiffschlägers oder Seilers Sohn / deßwegen er genannt Funarius, weil er vielmal Seile und Reiffe verkaufft. Justinianus, der die Gesetze in Digesta & Codicem bringen lassen / ist eines Säu-Hirten Sohn gewesen. Diocletianus war eines Schreibers Sohn. Bonosus war eines armen Schulmeisters Sohn.Maximinus ist in Thracia von Barbarischen Eltern gebohren / war in seiner Jugend ein Schaf-Hirte / wird wegen seiner ungeheuren Grösse des Käysers Severi Trabant / darnach ein Oberster / endlich selbst Käyser. Justinus hütet in der [705] Jugend die Säu / war darnach ein Zimmermann / aus einem Zimmermann ein Kriegs-Mann / aus einem Kriegs-Mann Käyser. Constantini M. Mutter / Helena, ist eine Garköchin gewesen.

Unter andern Königen und Fürsten seyn auch viele aus dem Koth darzu erhaben worden. Ottomann der erste Türckische Käyser ist Bauren-Geschlechts gewesen. Tamerlanes der berühmte Scythen König / ist in der Jugend ein Küh-Hirte / darnach ein Soldat / aus einem Soldat ein Fendrich / aus einem Fendrich ein Feld-Oberster worden / ist endlich so hoch kommen /daß er zwölffmal hundert tausend zu Fuß / und viermal hundert tausendt zu Pferd geführet / und dadurch gantz Asiam bezwungen.

1. Wer ist wie der HErr unser GOtt / der den Niedrigen erhebet aus dem Staub und Koth / und setzet ihn zum Fürsten seines Volcks. 2. O daß die Grossen nur erkenneten / und GOTT lo beten / und dessen Ehre beförderten.

48. Abdolominus wird aus einem Gärtner ein König
48. Abdolominus wird aus einem Gärtner ein König.

Es schickt sich auff das vorige nicht uneben folgendes Exempel. Da Alexander M. die Sydonier überwunden und Stratonem ihren König / so Darii Vetter / abgesetzet / hat er Abdolominum zum König verornet /welcher vor der Stadt in einem Garten wohnete und sich von selbigem erhielte. Als er nun für den KönigAlexandrum geführet / und er ihn fragte / wie er seine Armuth ertragen können? Und er ihm zur Antwort geben: Wolte GOtt Alexander / daß ich gleicher Gestalt das Königreich ertragen könte! Diese meine Hände sind mir gnugsam gewesen zu meiner Unterhaltung / indem ich nichts gehabt / hat [706] mir nichts gemangelt. Welches dem König Alexandro M. so sehr wol gefallen / daß er ihn nicht allein für allen andern des Königreichs würdig geachtet / sondern auch des obgedachten Königs Stratonis Königlichen Haußrath / damit er seinen Hoff hiermit staffieten möchte / verehret.


1. Mancher kömmt zu hoher Würde / da er sichs am wenigsten hätte versehen. 2. Besser ein Gericht Kraut mit Ruh / als ein gemästeter Ochs mit Unruh.

49. Leo wird durch einen Papagey der Gefängniß erlediget
49. Leo wird durch einen Papagey der Gefängniß erlediget.

Basilius Macedo, Käyser zu Constantinopel / hatte einen Sohn / Leo genannt / welchen der Vater in der Jugend zum Käyser designiret hatte. Nun war ein Mönch zu Hofe / Nahmens Theodorus, ein Schwartzkünstler / der forchte sich / der Leo möchte ihn beym Vater in Ungnaden bringen / darum beredet er den alten Käyser Basilium, sein Sohn stehe ihm nach dem Leben / und damit er dessen gewiß sey / werde er einen kurtzen Dolch bey ihm finden / damit er ihn gedräuet ums Leben zu bringen / wann er auff die Jagt ziehen werde. Der Käyser glaubts. Der Mönch gehet darauff zu seinem Sohn / und beredet ihn / wann er auff die Jagt ziehen wolte / solte er einen kurtzen Stöcher mit sich nehmen / damit er dessen zum Gewild gebrauchen möchte. Er folget und thuts / weiß von nichts böses. Als er auf die Jagt kommt und der Vater den Degen unter den Rock findet / wie der Mönch ihm gesaget / da vermeynet er anders nicht / er stehe ihm nach dem Leben / läst den Sohn gefangen legen /wolt ihm die Augen ausstechen lassen / wann es ihm seine [707] Räthe nicht mißrathen / doch endlich verurtheilet er ihn zur ewigen Gefängniß. Was geschicht? Der Käyser hatte die Gewohnheit / daß er bißweilen bey den Rathsherren / Patriciis oder Geschlechtern zu Constantinopel zu Gaste zu gehen pflegte / kommt demnach etwa zu einem zu Gaste / welcher einen Papageyen hatte / der offtmals gehöret / wie sein SohnLeo sich so übel im Gefängniß gehabe. Darum er Mittleiden mit ihm getragen / und immer zu schreyen pflegen: Leo! Leo! Leo! Ach Leo! Leo! Leo! welches den Gästen so nahe zu Hertzen gieng / daß sie alle von der Taffel auffgestanden / und als der Käyser fragte / was ihnen sey? Sie aber geantwortet: Der unverständige Vogel sey viel verständiger dann sie /trage Mitleiden mit seinem gefangenen Sohn / ihrem Herrn / und erinnere sie dessen / und sie solten frölich seyn / und sein vergessen? Dadurch der Käyser bewogen / daß er ihn wieder aus dem Gefängniß erlediget /und zum Käyserlichen Scepter erhaben.


1. Grosse und Gewaltige haben offt listige Nachsteller /Verräther und Verleumder. 2. GOtt demüthiget und betrübet: Aber er erhöhet und erfreuet auch wieder. 3. Im Unglück habe einen Löwen-Muth. 4. Trau GOtt / es kan noch werden gut.

50. Wie Cyrus seinen Soldaten ein Hertz wider die Meder zu streiten gemacht
50. Wie Cyrus seinen Soldaten ein Hertz wider die Meder zu streiten gemacht.

Sextus Julius lib. 1. c. 11. erzehlet vom Könige Cyro, welcher Gestalt er seiner Kriegs Knechte Gemüth zum Streit wider die Meder hertzhafft und freudig gemacht. Dann ehe er sie angefallen / habe er einen gantzen Tag durch seine Soldaten einen grossen Wald[708] umhauen und ausreiten lassen / und sie dadurch gantz matt und müde gemacht. Des andern Tages habe er ihnen ein herrliches Mahl zurichten / und dabey am allerbesten tractiren lassen. Und als bey solchen Wolleben sie lustig und guter Ding / sey er zu ihnen gegangen / und habe sie gefraget / welches Tages sie sich am meisten erfreueten / dessen / da sie den Wald ausreuten müssen / oder dieses / da sie solch Freudenmahl und Wolleben haben? Die ihm aber geantwortet: An diesem Tage ihres Freudenmahls. Da hab er ihnen geantwortet: Durch jenen habt ihr zu diesen gelangen müssen. Also könnet ihr nicht geehrt noch gepriesen werden / ihr habt dann die Meder überwunden. Und dadurch hat er ihnen ein Hertz und muthiges Verlangen wider die Meder zu streiten gemacht.


1. Es ist viel gelegen an einem klugen Kriegs-Helden /der seine Soldaten weiß anzuführen. 2. Christen müssen hie in dem Wald der Trübsal sich abmatten. 3. Aber durch Trübsal kommen sie in das Reich der Freuden. 4. Darum leide dich als ein guter Streiter Christi.

51. Von zwey Brüdern - die durch Schertz an einander kommen - und sich jämmerlich ermordet
51. Von zwey Brüdern / die durch Schertz an einander kommen / und sich jämmerlich ermordet.

Es hat sich folgendes zugetragen zu Padua mit zween Brüdern aus dem alten Geschlecht der Liminiorum, da sie nach dem Abend-Essen vor der Haußthür stunden / und von allerley Sachen mit einander discurirten. Unter andern fieng der eine an / und sprach mit lachendem Munde / weil der Himmel eben schön klar war / und voller Sternen stund: Ich wolte wünschen /daß ich so viel Rind-Vieh hätte / als ich Sternen an Himmel sehe. Der ander sprach [709] gleicher massen in Schertz: So wolte ich / daß ich eine Wiese hätte / die so groß wäre als der Himmel / wo woltest du denn dein Rind-Vieh hintreiben auff die Weyde? Ey /sprach der erste: Ich wolte auff deine Wiese treiben. Wie aber / sprach der ander / wann ichs nicht haben wolte? Darauff replicirt jener; So wolt ichs doch thun. Dieser sprach: Woltestu es dann wider meinen Willen thun? Ja / antwortet der ander / wann du es mir nicht gutwillig gestatten woltest / so wolte ich es freylich wider deinen Willen thun. Das trieben sie so lange mit einander / biß endlich der Schimpff in einen Ernst verwandelt ward / und diese Brüder dermassen ergrimmeten / daß sie beyde zur Wehr griffen / und sich beyde elendiglich ermordeten.


1. Unnützer Wünsche soll man sich entschlagen. 2. Mancher streitet und fechtet / und weiß nicht warum. 3. Zorn / Zanck / Zwietracht / seyn Wercke des Fleisches. 4. Aus geringer Ursach kan offt Mord und Todtschlag entstehen.

52. Von einer Bäurin - die die Kirche verachtet
52. Von einer Bäurin / die die Kirche verachtet.

Rivander meldet in seiner Fest-Chronick / daß eine Meilwegs von Schwerin sich begeben und zugetragen habe / daß ein Wandersmann in einē Dorff unter der Predigt / bey einer Bäurin eingekehret und gefragt: Wie es komme / daß sie nicht auch in der Kirche sey? Sie hat geantwortet: Was soll ich in der Kirche machen? Ich müste vielmahl dahin gehen ehe ich einmal satt würde. Der Wandersmann straffet sie dieser Worte halben und sprach: Frau! Frau! Ihr redet lästerlich. Fürchtet ihr euch nicht für GOtt? Gehet ihr auch zum heiligen Abendmahl? Sie sprach: Was Abendmahl? Eine Schüssel voll [710] Kraut ist mir viel besser. Flugs kommt der Teuffel in Gestalt einer grossen Mauß / läufft ihr unter die Kleider / und verbrennt sie dermassen / daß sie Kohlschwartz wird über den gantzen Leib / ergreifft sie darnach mit seinen Klauen und führet sie in die Lufft hinweg.


1. GOttes Wort und die heiligen Sacramenta werden von vielen wenig geachtet. 2. O weh demselben / welcher hie des HErrn Wort verachtet / er ladet ein schwer Verdammniß auff sich. 3. Drum wer ohren hat zu hören / der höre.

53. Ein Handwercksmann wird seiner Frauen zu Gefallen ein Kauffmann
53. Ein Handwercksmann wird seiner Frauen zu Gefallen ein Kauffmann.

Man lieset von einem Handwercker / daß er von seinem auffgeblasenen Weibe sich habe bereden lassen /sein Handwerck an den Nagel zu hencken / und eine Kauffmannschafft anzufangen. Nun geschah es / daß er sehr reich dabey war / das gefiel seinem Weibe trefflich wol / und gieng eine Zeitlang in floribus daher. Endlich wird der Mann tödtlich kranck / sein Weib vermahnet ihn / er soll ein Testament machen /und sie für andern wol bedencken. Darauff läst er Notarien und Zeugen holen / und spricht zu ihnen: Weil ihr denn erschienen seyd auff mein Begehren / so thue ich mich dessen bedancken / merckt aber auff / was ich sage; Anfangs vermache ich meine Seele dem Teuffel. Die Frau erschrack zum höchsten / und sprach: Ey mein Schatz nicht so / wisset ihr auch was ihr redet? Er antwortet: Ich weiß wohl was ich rede /und was ich geredet habe / so muß es gehen / da wird nichts anders draus. Wem soll ich mich billiger befehlen im Tod / als dem ich gedienet hab im Leben. Was wolt ihr dann mir [711] vermachen / sprach die Frau? Er sprach: Du solt auch mit mir brennen im ewigen Feuer / dann eben du bist die Ursach / daß ich dem Teuffel um des schnöden Geldes willen gedienet habe. Ich konte dich mit Schmuck und Kleidung nicht erfüllen / sondern muste mein ehrliches Handwerck verlassen / und allerhand Finantzerey gebrauchen / daß ich dich in deinem Pracht erhielte / darum ist es billig /weil du mit mir gesündiget / daß du auch gleichen Lohn empfahest. Und ihr / sprach er zum Caplan /müst auch dabey seyn / ihr habet meinen unchristlichen Handel und Wandel wohl gesehen / und mich deßwegen niemahls gestraffet / sondern mit gefressen und mit gesoffen / darauff habt ihr mehr gesehen / als auf GOttes Ehre / seinen Befehl / und meine arme Seele / die ihr durch gute Vermahnung aus des Teuffels Rachen noch wohl hättet können her aus reissen. Weil euch nun meine Gesellschafft hie beliebet / so solt ihr auch von meinem Tisch ungeschieden seyn.


1. Bleib in deinem Beruff und Stand / und werde davon nicht abgewandt. 2. Weiber können manchen Mann verführen. 3. Auff ein gottloß Leben folget offt ein böses Ende. 4. Wer mit sündiget der muß auch mit leiden. 5. Viele Geistliche predigen um des Bauchs willen.

54. Bild der Ewigkeit
54. Bild der Ewigkeit.

Nach dem Gezeugniß Drexelii im Büchlein de Æternitate haben die lieben Alten die Ewigkeit unter andern in einem feinem Gemählde vorgestellet / also: Es war gemahlet eine grosse schreckliche Höle / umgeben mit einer Schlangen / die sich in die Runde geleget / daß sie mit ihrem Kopff den Schwantz erreichen und abbeissen konte. Auff der [712] rechten Seiten der Höle stund ein Jüngling mit einem schönen Angesicht / der hielt in seiner rechten Hand einen Bogen mit Pfeilen /in der lincken aber eine Harffe. Gegen ihm über / und gleich in dem Antritt der Höle saß ein alter Mann /der wendet sein Angesicht auff eine Taffel / zu schreiben / was ihm der Jüngling würde angeben. Zur lincken der Höle sitzet eine alte Matron / mit runtzlichtem Angesicht und grauem Haupte. Zum Eingang der Höle waren vier Staffeln / immer eine höher als die andere / die erste war eisern / die andere war ehern /die dritte silbern / die vierdte gülden. Auff den Staffeln waren kleine Kinder / die ihre Kurtzweil in guter Sicherheit trieben. Die Erklärung ist folgende. Die Höle bedeutet die unbegreifliche Ewigkeit. Die runde Schlang bedeutet die Zeit / die kein Ende hat. Der Jüngling bildet ab unsern GOTT / der allezeit bleibet und an Kräfften nicht abnimmt. Die Pfeile bedeuten GOttes zeitliche und ewige Straffen. Die Harffe zeuget an die Freude der Auserwehlten. Der alte Mann mit der Taffel bedeutet die ewige Erwehl- und Fürsehung / nach welcher alle für Gott seyn auf einen Denck-Zettel geschrieben. Die Matron mit den grauen Kopff bildet ab die gantze Natur / die freylich alt und kalt / und weiset / daß sie bald fallen will. Die vier Staffeln bedeuten die vier Monarchien / die vier Zeiten des Jahrs / und die vier Alter des Menschen / da er immer von einer Staffel zu der andern schreitet. Die Kinder / so auff der Staffel hie und da lauffen und spielen / bedeuten die Weltkinder / die sicher dahin leben.


1. Die Ewigkeit kan uns nicht gnug vorgemahlet werden. 2. Die Ewigkeit hat kein Ende. [713] 3. GOtt ist zwar barmhertzig / aber er ist auch gerecht und straffet schröcklich. 4. O Mensch bedencke die ewige Hölle.

55. Roberti Ehe-Gemahl sauget ihrem Herrn das Gifft aus der Wunde
55. Roberti Ehe-Gemahl sauget ihrem Herrn das Gifft aus der Wunde.

Als Robertus König in Engeland im Kriege wider die ungläubigen Syrer mit einem vergiffteten Pfeil getroffen ward / kunte ihm niemand die Wunde heilen / es wäre dann Sach / daß iemand ihm das Gifft aus der Wunde mit dem Munde heraus saugete. Weil nun der König solches niemand anmuthen wolte (sintemahl er wuste / daß derselbe / der solches thäte / von dem Gifft bald des Todes seyn müste) unterfieng sich dessen seine Gemahlin / die Königin / die sog ihm / als er schlieff das Gifft aus der Wunde / mit Gefahr ihres Lebens / und wolte sich also lieber ihres Lebens / als ihres Gemahls des Königes verzeihen. Dieweil sie aber eine solche Treue an ihrem Könige und Herrn bewiese / schadet ihr solches ausgesogenes Gifft nicht. So wohl ließ ihm GOtt ihre Eheliche Treu / an ihrem Ehe-Gemahl erwiesen / gefallen.


1. Wohl dem / der ein tugendsam Weib hat / des lebet er noch eins so lange. 2. GOtt kan die Seinigen wunderbarlich erretten. 3. GOtt kan auch vom Tode aushelffen.

56. Undancks-Glöcklein
56. Undancks-Glöcklein.

Philippus Camerarius Cent. 1. Horar. Succis. cap. 11. erzehlet eine wunderliche Legenda von etzlichen Heidnischen Völckern / welche diesen Gebrauch gehabt / daß wann einer undackbare Leute für dem weltlichen Gericht verklagen wolte / er ein sonderbares darzu verordnetes Glöcklein anziehen muste. So [714] bald nun mit denselbigen ein Zeichen gegeben worden /kamen etliche Raths-Herren zusammen / und begehrten die Sache zu erkundigen / und wann sie befunden /daß der Kläger rechtmäßige Ursach zu klagen gehabt / haben sie demjenigen / so wegen der Undanckbarkeit verklaget worden / auffgeleget / daß er bey hoher Straffe dem Kläger reiche Vergeltung thun / und sich gegen denselben danckbar erzeigen soll. Nun hat es sich begeben / daß einer sein Pferd lange Zeit zu seinem Dienst gebraucht / also daß es endlich wegen hohen Alters und stetiger Arbeit / blind / hinckend /lahm und zu allen Dingen unnützlich worden: Deßwegen der Herr selbiges aus dem Hause gestossen / daß es sein gewöhnliches Futter nicht mehr hatte / auff den Gassen von den grossen Fliegen muste gebissen und gefressen werden. Das alte Pferd hincket allenthalben herum / suchte einen schattichten Ort / und kam in eine Capell (vermeynet es wäre ein Stall) dar inn war eine Glocke / an deren Seil schöne Weiden von grünen Blättern gehangen / es schnappet darnach / und beweget die Glocke / daß sie ein lautes Zeichen gabe. Alsbald kamen wie gebräuchlich / etliche Richter / und wolten sehen / wo der Kläger des Undancks wäre; Und da sie niemand sahen / als diesen lahmen blinden Gaul / lassen sie denselben zu sich führen /den Herrn holen / und befahlen ihm mit ernstlicher Drohung / daß er sein altes wolverdientes Pferd wieder zu sich nehmen / ihm sein gewöhnliches Futter geben / und selbiges nicht anders halten soll / als wann es noch jung / gesund / starck und zu seiner Arbeit tauglich wäre / etc.


1. Solte man heut zu Tage über alle undanckbare ein Glöcklein ziehen / würde es selten stille stehen. [715] 2. Wann du einen Undanckbaren nennest / so hast du ihm alle Schande angethan / sagt Seneca. 3. Danckbarkeit ist eine schöne Tugend.

57. Von dreyen Soldaten
57. Von dreyen Soldaten.

Es wird von Pelbarto in Pomar. eine denckwürdige Historie erzehlet / die sich einsmahls mit dreyen Soldaten begeben hat. Dieselbigen hatten zusammen geschworen / in aller Noth steiff und fest bey einander zuhalten: Darauff es sich zugetragen / daß sie durch einen Wald gereiset / und gar still worden / daher der älter angefangen / und gesaget: Mich wundert /warum wir auff der Reise durch den Wald also verstummen. Ein ieder zeigete dessen Ursache an / sagend / sie hätten bey dem grünen Wald gedacht an die lieblichkeit des ewigen Lebens / deßwegen ihnen fürgenommen in ein Kloster zu ziehen / und GOTT zu dienen / welches auch geschehen. Die zween aber / so noch in ihrem Christenthum lau waren / kamen zu dem ältern und fragten ihn / was doch sein Thun und Lassen wäre? Er antwortet: Mein Lehrmeister hat mir ein Buch gegeben mit dreyfacher Schrifft geschrieben / welches ich täglich lese / und dadurch höchlich erquicket werde. Die erste Schrifft ist schwartz / wann ich bedencke meine Sünden / mit denen ich die Hölle verdienet habe. Die andere Schrifft ist roth / wann ich bedencke das schmertzliche Leiden / und rosinfarbes Blut Christi / so er für mich vergossen hat. Die dritte Schrifft ist gülden / wann ich bedencke die ewige Lieblichkeit des himmlischen Paradieses / damit verbringe ich meine Zeit ohn Verdruß mit Hertzens-Lust.


[716] 1. Lernet / was derer / die sich von der Welt abthun /ihr Thun und Wesen seyn soll. 2. Trachtet nach dem was droben ist. 3. Halt im Gedächtniß JEsum Christum den Gecreutzigten. 4. An die Hölle offt gedencken / lässet nicht in die Hölle versincken. 5. Auch unter den Soldaten giebt es fromme Christen /die GOtt für Augen haben.

58. Von einem - der einen Freund zum guten Haußhalter macht
58. Von einem / der einen Freund zum guten Haußhalter macht.

Es klagt einer einem guten Freunde / wie alles zurück gienge in seiner Haußhaltung / und so gar nichts wolte erklecken / wann er gleich noch mehr anwendete; Da gab ihm derselbige etwas in ein Tüchlein sauber eingewickelt / und sprach: Siehe da! nimm diß Heiligthum / und trags alle Morgen und Abend in deinem Hause herum / im Keller / auf den Speicher / in die Ställe / und wo du etwas zu verlohren hast / und sage mir in einem viertel Jahr wieder / ob sich nicht dein Hauß-Wesen in einem bessern Stand befindet: was gilts / du wirst mir darum dancken / daß ich dir einen solchen guten Rath gegeben habe. Jener nahm das Heiligthum und thät wie ihm befohlen war: In dem er nun also in dem Hauß / in den Ställen und überall herum gieng / siehe! da befand er / wie man in vielen Stücken Hauß gehalten / und mehr zu Scheitern gehen lassen / als man zur Nothdurfft gebraucht. Darum stellet er eine Reformation an / und kam in kurtzen dadurch wieder zum Auffnehmen. Das war nicht des Heiligthums Schuld / sondern seiner fleißigen Auffsicht / daß er das Heiligthum selber an allen Orten herum getragen.


1. Gottseligkeit ist das rechte Heiligthum / wer sich damit träget / wird Segen die Fülle haben. 2. Des Herrn Auge macht das Pferd fett. [717] 3. Schäme dich nicht für einem bösen Weibe das Deine wohl zu bewahren: Wo viel Zugreiffens / ist alles wohl zu verschliessen. Was man ihnen muß unter die Hände geben / alles zu zehlen / etc. Sir. 42.

59. Christen-Gefängniß in Japonien
59. Christen-Gefängniß in Japonien.

Drexelius de Rogo damnat. cap. 5. beschreibet / was für ein Gefängniß die Heyden in Japonia gehabt / darein sie die armen Christen geworffen. Es ist fast ein grausames Gefängniß gewesen.

1. Sie machten einen Keffet / nicht aus Holtz oder Steinen / sonders aus Pfälen 16. Spannen breit / etc. Spannen hoch / und 24. Spannen lang / darinn unter dem freyen Himmel 32. Gefangene beysammen / wie in einem Vogel-Hüttlein / sitzen musten / daß sie allda biß auff den Tod gequälet wurden. Dann 1. war der Ort eng / daß sie sich nicht strecken / legen oder eines Schrittes weit gehen kunten.

2. Ihre ordentliche Speisen waren zwey Schüßlein mit kaltem Reiß / aus lauter Wasser gekocht / ihr Trincken war aus seltzamen Kräutern gemacht / so bitter / daß sie es kaum / und allein im grösten Durst /trincken kunten / darzu gab man ihnen ein wenig von einer gesaltzenen Wurtzel / davon sie so grossen Hunger gelitten / daß / wann ihnen etwa ein Trabant ein Stücklein hartes Brodtes gegeben / sie solches als ein köstliches Marcipan angenommen haben.

3. Im Sommer haben sie grausame Hitze ausgestanden. Dann dieweil die Gefängniß auff einem hohen Hügel gelegen / und allenthalben durchsichtig gewest ist: So hat die Sonne auff allen Seiten mit ihren Strahlen können zukommen / und sie gestochen. Im Winter wars ihnen auch schwer / weil Regen /Wind und Schnee auff sie hat fallen können.

[718] 4. Daraus ist ein grausamer Gestanck erfolget /weil die Cloack dabey war / und ihre Leiber / die im Sommer so hefftig geschwitzt / niemahlen trucken worden. Sie konten ihre Kleider nicht ändern / daher wurden sie voller Läuse und Ungezieffer / deßwegen sie weder Tag noch Nacht Ruhe hatten.

1. Wie martert und plagt ein Mensch den andern. 2. Die Hölle ist ein grausam Gefängniß. 3. GOtt behüte uns für der Höllen-Quaal.

60. Von dem Wunder-Fluß Job - der sich des Jahrs viermal verändert
60. Von dem Wunder-Fluß Job / der sich des Jahrs viermal verändert.

Es erzehlet Isidorus, daß in Idumæa ein sonderbares Wasser fliesse / welches die Leute Job nennen / das habe unter andern Arten auch diese sonderbare Eigenschafft / daß es seine Farben des Jahrs 4. mahl verändere. 1. Fliesse es trüb und sandigt. 2. Purpurfarb /nicht anders / als wann es Blut wäre. 3. Grünfärbig /als Graß / und 4. lauter und klar. Wann dem also /ists für ein sonderlich Miracul und Wunder der Natur zu halten; auch daraus die unendliche Weißheit GOttes zu erkennen / die er in allen Creaturen / also auch in den Wassern geoffenbahret hat / sagt G. Albrecht in seinem Tractat von der ewigen Himmels-Freudeconc. 11. p. 11. Setzet darauff / daß diß Wasser könne seyn ein Bildniß des menschlichen Lebens / als welches auch 4. unterschiedliche Farben habe. Erst sey da die Trüb-Farbe / weil das gantze Leben trübselig / elend und jämmerlich sey. Zum 2. Purpurfärbig /weil sie durch die rothe Blut-Farbe des Sohns GOttes erlöset seyn. Zum 3. grünfärbig / weil sie in der Hoffnung stehen / eines bessern Lebens. Zum 4. hell und klarfärbig / bedeutende die Freude des ewigen Lebens / als der lebendige Wasser-Brunn.


[719] 1. Auch von den Wassern fliesset zu uns herab die Weisheit GOttes. 2. Von Christo fliessen die Ströme des Lebens.

61. Von drey Bergen in Persia
61. Von drey Bergen in Persia.

Clemens Alexandrinus, ein alter Kirchen-Lehrer / erzehlet / daß in Persia eine sonderbare Landschafft sey / da drey Berge sich befinden / auff einem schönen weiten Felde liegend / mit diesem Unterscheid: Wann die Wanders-Leute auff der Reiß diß zu dem ersten Berge kommen / bedüncket sie / sie hören ein grosses Geschrey derjenigen / die in öffentlicher Feld-Schlacht mit einander kämpffen. Wann sie auff den mittlern Berg kommen / hören sie noch ein grösser Geschrey / wie ein Feld-Geschrey der Soldaten / Geräusch der Waffen / und Schreyen streibarer Pferde: Wann sie aber den dritten und letzten Berg antreten /bedüncket sie / sie hören andere Stimmen / als wann ihrer viel ein schönes Triumph-Liedlein singen nach erhaltenem Sieg. Diß appliciret H.G. Albrecht gar fein auff das menschliche Leben: Der erste ist der Streit-Berg / da der Mensch muß immer im Streit seyn; Er muß streiten mit GOtt selbst / wie Jacob: mit dem Teuffel / mit der Welt / mit dem Tode / mit seinem eigenen sündlichen Fleische. Der ander ist der Creutz-Berg / indem sie hie leben im Jammerthal / da ist lauter Ach / Weh / Klag und Leid. Der dritte ist der Himmels-Berg / da die Christen werden empfinden Freude und Wonne.


1. Die Berge erzehlen die Macht GOttes. 2. Christen seyn Wandersleute und Bergmänner. 3. Uber den Streit- und Creutz-Berg erreichet man die himmlische Freuden-Berge.

62. Wolffgang / Fürstens zu Anhalt - Hochzeit-Geschenck auff einer Hochzeit
[720] 62. Wolffgang / Fürstens zu Anhalt /Hochzeit-Geschenck auff einer Hochzeit.

Man lieset von Wolffgang / Fürsten zu Anhalt / als er auff den Hochzeitlichen Ehren-Tag eines Burggrafen zu Meissen eingeladen ward / und wohl wuste / die dergleichen Fürstliche Personen mit ansehnlichenPræsenten sich dabey pflegten einzustellen / hat er ein schön Todten-Gemählte auffs allerkünstlichste lassen zurichten / darauff stund eine Todten-Bahr mit etlichen Hirnschedeln und Todten-Beinen / um dieselbe herum waren geschrieben allerley schöne Trost-Sprüche; solches schicket er hin / und steß dabey anzeigen / das soll ietzund sein Hochzeit-Præsent seyn. Das hat zwar äusserlich ein seltzames Ansehen; Aber es ist kein Zweiffel / es wird dieser fromme Fürst auch seine gottselige Gedancken dabey gehabt haben / und sonderlich die neuen angehenden Ehe-Leute erinnern wollen / daß sie an ihrem Hochzeitlichen Ehren-Tage auch an ihre Sterblichkeit gedencken / und wissen sollen / obwohl das eheliche Band so fest ist / daß es kein Mensch nicht scheiden kan / daß doch der Tod einmahl werde kommen / und eine Trennung zwischen ihnen anrichten.


1. Es stehet sein / wenn Fürsten recht Fürstliche / daß ist / Christliche Gedancken und Erfindungen haben. 2. Am Freuden-Tage soll man auch haben Sterbe-Gedancken.

63. Exempel die vom weiblichen Geschlecht übel geredet
63. Exempel die vom weiblichen Geschlecht übel geredet.

[721] Es gedencket Epiphanius etlicher Ketzer zu seiner Zeit / daß sie vorgegeben / die Weiber wären des Teuffels Geschöpff. Und haben sich vor diesem auch solche leichfertige Leute gefunden / die behaupten wollen / die Weiber wären keine Menschen.

So lieset man auch von den Indianern / daß sie vorgegeben / es habe einmal einer eine böse Drüse an seinem Bein bekommen / und als mans eröffnet / sey ein Weibs-Bild heraus gesprungen.

Phocylides soll gesagt haben / die Weibsbilder seyn von einem Pferd / Hund / Schwein und Immen zusammen geflickt. Von dem Pferde haben sie Hoffart / von dem Hund den Zorn / von dem Schwein allerley Unflath / von den Immen zwar die Haußhaltung / aber doch darbey auch einen scharffen Stachel.

Die Carthäuser Mönche kehren mit dem Besem /wo ein Weibsbild hergegangen / als sey der Ort dadurch verunreiniget worden.

Jener Mönch in S. Affrä Closter war ein greulicher Weiber-Feind / und so oft er ein Mägdlein tauffte sprach er: Ey nur getäufft und bald ersäuffe. Aber was geschicht? Als er im Jahr Christi 1505. auff der Elb-Brücken stehet / kommt ihm ein Schwindel an / daß er hinunter fällt und ersäufft.

1. Leute-Schänder finden sich allenthalben. 2. Christen sollen nicht treiben faul Geschwätz und Schertz der ihnen nicht geziemet. 3. Weiber seyn Mit-Erben des ewigen Lebens.

64. Von einem frommen Theologo, der von einem armen Bettler den Himmels-Weg gelernet
64. Von einem frommen Theologo, der von einem armen Bettler den Himmels-Weg gelernet.

[722] Es schreibet Taulerus von einem gottseligen Theologo, der hahe 8. gantzer Jahr mit unauffhörlichen Seufftzen bey lieben GOtt angehalten / er wolle ihm doch einen Menschen zeigen / von dem er den rechten Weg und Steg zum Himmel erlernen möchte. Endlich habe er eine Stimme gehöret / die habe zu ihm gesprochen; Er soll zur Kirchen gehen / da werde er für der Tühre einen antreffen der ihn seiner Bitte gewähren solt. Als er nun zur Kirchen kommt / sitzt ein armer Bettler da mit zurissenen Kleidern: Er grüsset ihn / und spricht: GOtt geb dir einen frölichen Morgen. Der Bettler antwortet: Ich weiß mich nicht zu erinnern / daß ich iemahln einen traurigen Morgen gehabt hätte. Ey / sprach der Theologus: Daß dir GOtt viel Glück beschere / was redestu? Der Bettler antwortet: Hab ich doch nie kein Unglück gehabt. DerTheologus wuste nicht / wie er mit ihm dran war /und bat / er wolte ihm doch solches ein wenig besser erklären. Da sprach der Bettler: Ja / das will ich gern thun. Du wünschest mir einen frölichen Morgen / so spreche ich / ich habe nie keinen traurigen gehabt /das ist wahr. Denn wann mich hungert / so lobe ich GOtt / wann mich frieret / so lobe ich GOtt / es regne oder schneye / es donnere oder blitze / es sey Wetter wie es wolle / so lobe ich GOtt / das ist die Ursach /daß mir nichts trauriges begegnen kan. Du wünschest mir / daß mir GOtt viel Glücks wolle bescheren / so spreche ich: Ich hätte noch nie kein Unglück gehabt /das ist auch wahr. Denn ich weiß mich GOtt zu ergeben / und bin deß gewiß / daß er nichts böses thut. Was mir nun GOtt wiederfahren lässet / es sey süß oder sauer / Freud oder Leid / Glück oder Unglück /das [723] halt ich vor das Beste / und nehme es mit Freuden an / denn es muß doch denen / die da GOtt lieben /alles zum besten gereichen. Der Theologus verwundert sich über diesen des Bettlers Discurs, und fragte weiter: Was woltestu thun / wenn dich GOtt in die Hölle verstossen wolte? Ja in die Hölle verstossen? Sprach der Bettler: Das wird er wohl nicht thun /wolte ers aber thun / so habe ich zween Arm; den Arm des Glaubens / und den Arm der Liebe / damit wolte ich ihn angreiffen und so feste halten / daß er mit hinunter in die Hölle fahren müste. Da könte mir denn nicht weh oder übel seyn / denn ich will lieber in der Hölle mit GOtt seyn / als im Himmel ohne GOtt.


1. Unter Armen und Bettlern findet man offt die besten Christen. 2. Man soll sich nicht schämen von geringen Leuten was zu lernen / dadurch man könne frömmer werden. 3. Am guten Tage sey guter Dinge / und den bösen Tag nimm auch vorlieb. 4. Unsern willen müssen wir gantz und gar in den Willen GOttes ergeben.

65. Gedicht von der Sonnen und dem Winde
65. Gedicht von der Sonnen und dem Winde.

Die Alten haben folgendes von der Sonnen und dem Winde gedichtet. Die Sonne und der Wind haben einmal eine Wettung angestellt / wer unter beyden der allerstärckste wäre; Dann ein jegliches wolte der Stärckste seyn. Sie wurden aber eins / daß der solte für den Stärcksten gehalten werden / der einen Wanders-Mann am ersten könte dahin bringen / daß er den Mantel von sich ablegen müste. Darauff hebt der Wind mit aller Gewalt an zu wehen / und versuchtet alle seine Kräffte / aber ie stärcker er [724] wehet / je mehr sich der Wandersmann in den Mantel verwickelt / und will ihm denselbigen nicht nehmen lassen. Nach diesem grossen Winde hebt die Sonne an gar heiß zu scheinen / und wie sie nun solches lange treibet /siehe da wird der Wandersmann so müde und matt /daß er sich nach dem Schatten sehnet / und als er einen grünen Baum antrifft / wirfft er den Mantel von sich / und leget sich nieder in den Schatten. Also behielt die Sonne den Platz mit ihrem leissen und heissen Anscheinen: Der Wind aber mit seinen starcken Sausen und Brausen konte nichts ausrichten.


1. Durch Wollust und gute Tage wird mancher ehe in Sünden gestürtzet / als wann er im Unglück ist. 2. Mit guten Worten schaffet man mehr / als wann man mit dem Kopff hindurch will. 3. Im Unglück halt fest am Glauben / Liebe und Hoffnung.

66. Der Dapsolybier Gebrauch im Heyrathen
66. Der Dapsolybier Gebrauch im Heyrathen.

Der Plutarchus erzehlet von etlichen Völckern / Dapsolybier genannt / wie bey ihnen ein solcher Gebrauch unter andern gehalten / daß die / so seeyen wolten / zu einer gewissen Zeit in einem Hause zusammen gekommen / die Weiber und Jungfrauen seyn bey einander allein gesessen; Die Männer und Jung-Gesellen auch besonders. Hernach seyn die Lichter ausgelöschet / und seyn Männer und Weiber durcheinander gelauffen / was dann ein jeder für eine bey dem Kopffe erwischet / die hielt er fest / und muste sie auch behalten / sie wäre jung oder alt / hüpsch oder heßlich / gut oder böse. Das war keine feine Weise / so soll es unter Christen nicht gehalten werden.


1. Es gibt in manchem Lande böse und sündliche Gewohnheiten. 2. Man soll nicht sehen was gebräuchlich und üblich ist / sondern was recht und erbahr ist. 3. Wer heyrathen will / fange es mit GOtt an!

67. Woher es komme - daß man am 1. May-Tag pflegt Mayen in Kirchen
[725] 67. Woher es komme / daß man am 1. May-Tag pflegt Mayen in Kirchen und vor die Häußer zu setzen.

Man pflegt von Alters her auff den 1. May oder am Tage Philippi und Jacobi grüne Mayen in dem Walde abzuhauen / und dieselben für die Thüren zu stecken. Davon hat man unterschiedliche Meynungen. Etliche sagen / es soll daher kommen seyn / dieweil St. Walburgis / welche mit den bey den Aposteln Phillipo und Jacobo / aus einem geistreichen Eyfer / das Wort GOttes zu hören / und daß sie ihnen Handreichung thun möchte / in dem Lande herum gezogen. Nachdem sie drüber in Verdacht kommen / als ob sie wider Ehr und Keuschheit gehandelt / habe sie einen dürren Stab / dessen sie sich auff der Reiß bedienet / in die Erde gestecket / und darbey gesaget: So wahr ich meine Ehr und Keuschheit rein und unbefleckt behalten / so wahr wird dieser Stecken ein Zeichen von sich geben / und anfangen zu grünen. Von Stund an sey der Stecken ausgeschlagen / unn habe gar schön und lieblich gegrünet. Daher sey der Gebrauch entstanden / daß man an diesem Tage grüne Mayen pflegt auffzustecken. Andere sagen / nachdem der Apostel Philippus zu Hierapolis das Evangelium geprediget / da haben die ungläubigen Heyden das Hauß da er eingekehret / mit grünen Reisern bezeichnet / wen sie willens gewesen / ihn des Morgens zu überfallen und umzubringen. Aber durch GOttes sonderbahre Schickung seyn die Nacht über alle Häuser in der gantzen Stadt mit dergleichen grünen Zweigen besteckt gefunden worden / daß sie also das Hauß nicht [726] mehr finden / und von den andern unterscheiden können. Das lassen wir dahin gestellet seyn. Es ist aber gläubiger /daß diese Gewohnheit daher komme / weil heute der erste Tag des Mayen anbricht / von welchem der Poet saget:


Omnia nunc rident, nunc formosissimus / annus.

Itzt ist die schönste Zeit /
Da alles sich erfreut.

1. Es ist viel vor Alters auffkommen / dessen eigentliche Ursachen man nicht wissen kan. 2. Man behalte den rechten Gebrauch / und schaffe ab den Mißbrauch. 3. Man setzte ins Hertze die Tugend-Mäyen / und grüne von Früchten des Geistes.

68. Von etlichen ruchlosen Gesellen - wie sie von GOtt gestraffet worden
68. Von etlichen ruchlosen Gesellen / wie sie von GOtt gestraffet worden.

Man schreibet / daß auff eine Zeit zu Dantzig etliche leichte Gesellen gewesen / die sich mit einander beredet / sie wolten in etlichen Tagen sich weder waschen noch reinigen / weder Morgen-Segen noch Abend-Segen lesen / weder zu Mittag / noch zu Abend ihr Tisch-Gebet verrichten / und in Summa / so wüst und unflätig leben / als sie immer könten oder möchten. Was geschach? Ein paar Tag giengs hin / daß sie ihre Kurtzweil also trieben. Aber es nahm ein schlecht Ende. Dann als sie Schertzweile einen von ihnen / als einen fetten Braten mit grossem Gelächter / an einen Bratspieß bunden / und an das Feuer setzten / als solte er gebraten werden / siehe da ward aus dem Schimpff ein Ernst / indem sich unversehens ein Tumult erhub / daß die andern davon lieffen. Der am Bratspieß verdarb unterdessen vom Feuer / welches also überhand [727] nahm / daß das gantze Hauß darüber in Brand gerathen; Von seinem Cameraden ward einer erstochen / der andere stürtzte den Halß ab / der vierdte ersoff im Wasser / und in Summa / keiner starb eines natürlichen Todes.


1. Sehet / das kan noch heute geschehen / wann man so ruchlos und epicurisch lebet. 2. GOtt ist ein eifferiger GOtt / und reisset die Gottlosen aus dem Lande der Lebendigen. 3. Der ist klug / der sich an anderer Unfall spiegelt.

69. Einer sagt jedem was er gedencket
69. Einer sagt jedem was er gedencket.

Der Kirchen-Lehrer Augustinus gedencket eines Ebentheuers / der auff offenen freyen Marckte einTheatrum auffgebauet / und überlaut geschrien: Herbey! Herbey! Ich will einem jeden sagen / was er gedencket. Bald war ein grosser Zulauff vom Volck /dann jedermann wolte gern hören / wie das dem Menschen möglich wäre. Als nun unter dem Volck eine grosse Stille war / und mit grossem Verlangen warteten / wie es ablauffen und was er sagen würde: Fieng er an / und sprach mit lauter Stimme: Vili vultis emere, sed vendere caro. Wolfeil wolt ihr einkauffen / aber theuer verkauffen. Darüber erhub sich ein groß Gelächter / und muste jederman bekennen / daß er die Wahrheit gesagt hätte.


1. Die Menschen seyn begierig was neues zu hören. 2. Mancher höret lieber Possen als GOttes Wort. 3. Narren sagen offt die Wahrheit im Schertz. 4. Eigennutz ist sehr gemein.

70. Von einem Vater - der eine natürliche Widerwärtigkeit für sein eigen Kind gehabt
70. Von einem Vater / der eine natürliche Widerwärtigkeit für sein eigen Kind gehabt.

[728] Libavius erzehlet ein Exempel / daß ein Vater gewesen / wie ihm auff eine Zeit ein Sohn gebohren / sich seine gantze Natur für dem Kinde entsetzet / und so sehr / daß er in den Losament / darinn das Kind gewesen / nicht bleiben können / sondern stracks in eine Ohnmacht gefallen. Die Freunde liessen das Kind anderwerts aufferziehen: Das es nun ein wenig stärcker worden / beredeten sie den Vater / daß er sich doch unterwinden solte / das liebe Kindlein auff die Arme zu nehmen / darzu er nicht ungeneigt: Aber so bald er das Kind zu sich genommen / ist ihm der Angstschweiß ausgebrochen / und die Ohnmacht erfolget. Endlich versuchens die Freunde noch einmahl / und da der Vater bey einem ansehnlichen Panquet zu Tische saß / auch etliche junge Knaben für dem Tisch auffwarteten / stellten sie es an / daß ohne Vorwissen des Vaters auch sein Sohn solte in das Losament unter die andern Knaben gestellet werden. Aber so bald er in die Stuben kam / da fieng dem Vater an Angst zu werden / und schwitzte dermassen über seinem gantzen Leibe / daß kein Zweiffel / wann man den Sohn nicht hätte hinaus geschaffet / der Vater also für Ohnmacht gestorben wäre.


1. Das war eine wunderbare Wiederspänstigkeit / die ein Vater getragen für seinem Kinde. 2. Es stecket viel in der Natur verborgen. 3. Wir haben an GOTT nicht einen solchen widersinnigen Vater sondern er hat uns lieb: Es sey denn / das wir ihm zuwider leben / dann hat er einen Greuel an uns /und wirfft uns zu dem Himmel-Hauß hinaus.

71. Von etlichen fürwitzigen Grübelrn der Zeit des Jüngsten Tages
71. Von etlichen fürwitzigen Grübelrn der Zeit des Jüngsten Tages.

[729] Es haben sich unterschiedliche spitz-kluge Leute gefunden / welche sich unterstanden / dem HErrn Christo in die Cantzeley zu steigen / und mit ihrer Vernunfft auszuspeculiren / in welcher Zeit / Jahr / Tag und Stunden der Jüngste Tag kommen werde. Nur etlicher zu gedencken.

Elias / ein Jüdischer Rabbi / hat also geweissaget: Weil GOtt in 6. Tagen Himmel und Erden erschaffen / so werde auch nach verflossenen 6000. Jahren am 7. Tage er alles in einen Hauffen werffen. Eusebius l. 5.c. 16. schreibet / daß A.C. 174. eine Prophetin Nahmens Maximilla auffgestanden / welche fürgegeben: Nach mir wird keine Prophetin mehr seyn / sondern der Welt Ende.

Arnoldus de Nova Villa hat den periodum und das Ende der Welt bestimmet / auff 1345. Jahr.

Melchior Hoffmann hat gesetzet das 1527.

Zu Lutheri Zeiten ist einer gewesen / mit NahmenStifelius, Pfarrher in Lochau / der schrie aus / daß nach Christi Geburt die Welt stehen werde 1533. Jahr / 10. Monat / 2. Wochen / und werde untergehen am Lucas-Tag / Montags um 8. Uhr / beredet seine Bauren / daß sie alles auffzehreten: Und als sie auff den bestimmten Tag in der Kirchen des Jüngsten Tages erwarteten / derselbe aber nicht kommen wolte / wird er zu Schanden / etc.

Johannes Regiomontanus Mathematicus hat für gegeben / der Jüngste Tag werde Anno 1598. kommen / von welchem Jahr ein grosses Geschrey gemacht worden.


Wann man wird zehlen achtzig acht /
Das ist das Jahr / das wohl betracht.
[730]
Geht die Welt alsdann nicht unter /
So geschehn gewißlich grosse Wunder.
Etliche haben gesetzt das 1613. Jahr weil das WortJVDICIVM die Jahr-Zahl in sich begreifft / etc.

1. Uns gebühret nicht zuwissen Tag oder Stunde. Machet / daß ihr bereit seyd / denn ihr wisset nicht /wenn des Menschen Sohn kommen wird.

72. Bagaris durch das Gemählde Methodii bekehrt
72. Bagaris durch das Gemählde Methodii bekehrt.

Cedrenus schreibet unter andern dieses. Als Bagaris der Bulgarn König / so ein Heyd / ein neues Schloß erbauet / hat er den Mönch Methodium, so ein künstlicher Meister war im Mahlen / von Rom zu sich beruffen / daß er solche Pallast mit allerhand Historien bemahle / da er denn ihm mahlen lassen / was er gewolt; Allein befahl er / daß man ihm ein schreckliches Gemählde mahlen solte. Weil er dann gewust / daß er nichts schrecklichers / als eben das Jüngste Gericht mahlen könte / hat er solches gemahlet. Als nun der Fürst diß Gemählde gesehen / wie auff der einen Seiten die Gerechten mit Freuden stehen / auff der andern Seiten die Verdammten in ewigen Flammen / und im höllischen Feuer gequälet würden / und berichtet worden / was dieses alles eigentlich bedeute / hat er so bald auff angehörten Bericht / das heydnische Wesen quittiret / und sich vom Methodio unterweisen lassen / auch darauff den Christlichen Glauben angenommen.


1. Man kan die Hölle nicht schrecklich genug abmahlen noch beschreiben. 2. Lasset uns allezeit die Höllen-Pein bedencken.

[731] 73.

Valerius Maximus lib. 6. cap. 5. schreibet vom Charonda Tyrio, daß er / Unruhe und Auffruhe zu verhüten / ein Gesetz gegeben / daß niemand mit einem Schwerdt oder Waffen in Rath oder gemeine Versammlung kommen solte bey Leibes-Straffe. Auff eine Zeit kommt er vom Felde / und hat sein Schwerdt an der Seite. Als er nun bald zur Gemeine gefordert ward / gehet er stracks dahin / und gedencket nicht /daß er das Schwerdt bey sich habe. Da er nun dessen erinnert ward / daß er wider sein eigen Gesetz gehandelt / da sagt er: Nun will ichs selbst bestätigen /nimmt also sein Schwerdt / und fällt drein. Ob er nun wol als ein Heyde gehandelt / und das gethan / das keinem Gläubigen gebühret / indem er sich selbsten hingerichtet / da er sich hätte entschuldigen können /er hätte es unwissend gethan / doch wolte er lieber des Gesetzes Straffe tragen / als daß durchs Gesetz ein Loch gemacht würde.


1. Die Wohlfarth einer Stadt bestehet in guten Gesetzen / sagt Aristoteles lib. 1. Rhet. c. 4. 2. Wann das Gesetz in einer Stadt auffgehoben wird /so kan man darinn nicht richtig leben / sagt Plato. 3. Uber Gesetze muß man gebührlich halten.

74. Menecrates macht sich selbst zum GOtt - und wird drüber zu Spott
74. Menecrates macht sich selbst zum GOtt /und wird drüber zu Spott.

Der Ælianus, wie auch Athenæus schreiben / daß Menecrates von Syracusis ein Artzt / sich selber Jupiter, den grössesten GOtt / genennet habe / habe auch einmal an den König Philippum in Macedonien geschrieben diese Worte: Philippo Menecrates Jupiter S.D. Der Gott Menecrates wünschet Philippo seinen Gruß. Aber der König hat ihm wieder geschrieben: [732] Consulo, ut Anticyram te conferas. Ich rathe dir / daß du in die Insul Anticyram ziehest (daselbst wächst gute Niesewurtz) damit du das Gehirn reinigen mögest: Wolte ihm zu verstehen geben / er wäre im Kopff unrichtig /und müste einen Sparren zu viel oder zu wenig haben. Auff eine Zeit richtet der König Philippus eine herrliche Mahlzeit zu / und ließ seinen Artzt auch darzu laden / ließ ihm aber ein besonder Täflein decken /und ein Rauchfaß mit Weyrauch drauff setzen / und ihm als einen Gott räuchern. Das gefiel ihm erstlich sehr wol; Mittlerweile assen und truncken die andern /und hatten einen guten Muth. Da begunte ihn auch zu hungern und zu dürsten / und wurde also überzeuget /daß er ein Mensch / und nicht Gott wäre. Drum muste er mit Spott und Scham aus dem Gelach entlauffen.


1. Einbildung ist ärger als die Pestilentz. 2. Antworte dem Narren nach seiner Narrheit / auff daß er sich nicht klug düncke. 2. Vermesse dich nicht eines Dinges / das dir nicht zukommet / damit dich deine Vermessenheit nicht stürtze /und du darüber zum Spott werdest.

75. Mehrere Exempel derer - die sich für einen Gott ausgegeben
75. Mehrere Exempel derer / die sich für einen Gott ausgegeben.

Daß die stolzen oder vielmehr Phantastischen Einbildungen einen Menschen auch dahin können verführen / daß er ihm gar Göttliche Ehre anmasset / ist aus vorigen Exempel zu ersehen gewesen. Solcher Phantasten / die in diesem Hospital kranck gelegen / hat es mehr gegeben.

Ælianus Var. l. 14. c. 30. gedencket / daß zu Carthago einer gewesen / der ihm am menschlichen Stande nicht genügen lassen / sondern habe wollen für einen [733] GOtt gehalten seyn. Darum habe er viel Vögel lassen fangen / die man abrichten konte / daß sie fein singen und reden lerneten; Setzte sie ins Tunckel /und sang ihnen immer für: Annon ist Gott. Da sie nun solches fertig konten / ließ er einen da / den andern dort hinaus fliegen / und verhoffte / sie solten nun die vorgesungenen Worte singen und reden / das würde bey männiglich grosse Verwunderung bringen / und ihm einen Nahmen machen / daß er ein Gott wäre. Aber wie die Vögel ausflogen / und zu andern ihres gleichen kamen / da sungen sie wie ihnen der Schnabel gewachsen war / und vergassen des Götzen Annonis.

Bey dem Josepho, Suetonio, Dione, Cassio, lieset man von dem C. Caligula, den 4ten Römischen Käyser / wie er sich selbst für einen Gott gehalten / hat aus Griechenland die herrlichsten Bilder / insonderheit des Jovis Olympii holen / ihm den Kopff abnehmen / und seines Kopffes Ebenbild auffsetzen lassen. Man muste ihn den Gott Jupiter nennen und dafür anbeten / ordent ihm zu Ehren Kirchen und Priester /und setzte einen Götzen in seiner Gestalt hinein / den ließ er kleiden / wie er gieng / und ließ ihm tägliche Opffer thun / und wolte kurtz um Gott seyn. Ist aber endlich schändlich umgebracht / da ist seine Gottheit ausgewesen.

Der Domitianus (wie Suetonius schreibet /) war auch mit der Lungen-Seuch behafftet / und ließ im seinen Brieffen setzten: Unser Herr und Gott Domitianus befiehlt es also zu machen / wolte auch in Schreiben und Reden nicht anders / als Herr und Gott genennet werden.

Vom Heliogabalo zeuget S. Aurelius Victor, daß er auch habe wollen Gott seyn / habe sich gesetzet auff [734] seinen Wagen / daran Löwen gespannet gewesen / und befohlen / man solte ihn Cybelen und Bachum heissen / welche bey den Heyden für Götter gehalten worden. Es haben aber diese letztere beyde auch ein schädliches Ende genommen.

1. Hochmuth thut nimmer gut / und kan nichts denn arges daraus erwachsen. 2. Da sie Weise hielten / seyn sie zu Narren worden. 3. Was hoch und über Standes-Gebühr / 4. Da eckelt meiner Seelen für.

76. Von einen Löwen und Löwin - denen eine Bärin die Jungen umgebracht hat
76. Von einen Löwen und Löwin / denen eine Bärin die Jungen umgebracht hat.

Ælianus gedencket einer denckwürdigen Geschicht /so sich zugetragen auff dem Berg Pardio in Thracia von einem Löwen und einer Löwin. Als ihnen / weil sie auff der Jagt gewesen / ihre Jungen in der Höle von einer Bärin umkommen / und solches befunden /eilen sie der Bärin geschwinde auff dem Fusse nach /und als dieselbe für grosser Furcht sich behende auff einen Baum macht / bleib die Löwin bey dem Baum /siehet hinnauff mit unverwanten Augen / und wartet der Bärin auff den Dienst: Der Löwe aber gehet auff dem Berge herum / winselnde und wehklagende / wie ein Mensch / biß er einen Zimmermann / der da Holtz fällen wolte / antrifft / und wie derselbige hefftig erschrickt / daß ihm auch die Axt aus den Händen entfällt / und der Löwe solches mercket / so richtet er ihn auff / stellet sich gar freundlich gegen ihn / und trucknet ihm sein Angesicht mit seiner Zungen / daß der Mann wieder einen Muth bekommt. Der Löwe umfängt ihn mit seinem Schwantz / führet ihn fort / [735] und will ihn auch die Axt / so ihm entfallen war / nicht lassen hinter sich verlassen / und als der Mann solche Andeutung nicht verstehet / fasset der Löwe die Axt mit dem Munde und reichet sie ihm / und führet ihn also zu seiner Höle / da die Jungen innen todt lagen. Und wie die Löwin solches siehet / läufft sie auch in grosser Eil dahin / weiset ihm den kläglichen Unfall /und die Bärin auff den Baume / daraus der Mann muthmasset / was da müste geschehen seyn. Hauet derohalben mit Gewalt den Baum um / daß die Bärin auff die Erde fällt / die zerreissen sie alsobald / und führet der Löwe den Mann unverletzt wieder an seinen Ort / von dem er ihn abgeholet hatte.


1. Auch die grausamsten Thiere sorgen für die Jungen. 2. Gehen solchen wilden Bestien ihre Jungen so zu Hertzen / wie solten es Eltern über ihr Hertz bringen können / daß sie sich nicht solten kräncken / wenn ihre Kinder in Unglück / Noth und Tod gerathen. 3. Die unvernünfftigen Thiere seyn danckbarer gegen ihre Wohlthäter / als manche Menschen / die offt gutes mit bösen vergelten. 4. Nothleidenden soll man zu Hülffe kommen / und Mitleiden mit ihnen haben.

77. Wie Caliphus, der Tarter König - zum Christlichen Glauben gebracht
77. Wie Caliphus, der Tarter König / zum Christlichen Glauben gebracht.

Vincentius in speculo Historiarum schreibet / daß im Jahr Christi 1225. als Caliphus der Tarter König die Christen vertilgen wolte / habe er sie zusammen beruffen / und gesagt: Ob das nicht Christi Worte wären; So ihr werdet sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin / so wird er sich heben /Matth. 17. v. 20. Da sie nun ja sagten: Hat er geantwortet: Werdet ihr mir nicht innerhalb 10. Tagen dieses beweisen / so solt ihr alle sterben. Da haben die Priester und Bischöfe das Volck vermahnet zur Busse und [736] zum Gebet / daß ihnen doch GOtt wolte beystehen / und seine Verheissung wahr machen. Darauf sey einem Bischoff offenbaret worden / daß ein schlechter Mann / ein einäugiger Schuhmacher / würdig seyn solle / diese Worte zum Berge zu sprechen. Da nun die Christen an einem / Caliphus mit seinem Heer am andern Ende gestanden; ist ein Schuhmacher auf seine Knie nieder gefallen / und hat Christum gebeten / daß er in diesen Nöthen ihnen wolte beystehen / gebeut darauf dem Berge / der sich alsobald umgestürtzt. Da denn Caliphus bewegt worden / daß er sich täuffen lassen / und zum Christlichen Glauben bekehret hat.


1. Christen haben viele Feinde. 2. Was geringe ist für der Welt / das hat GOtt erwehlet. 3. Das Gebet des Gerechten vermag viel / wenn es ernstlich geschicht. 4. GOtt kan allein Wunder thun.

78. Ein Philosophus führet allerhand Marter auf den Plan
78. Ein Philosophus führet allerhand Marter auf den Plan.

Man lieset in den Historien von den Thebanern / als dieselbe gesehen / daß das Regiment der Lacedæmonier so sehr florirete / und ihnen solches mißgönneten / haben sie einen Philosophum dahin geschicket / der ihre Gesetz und Ordnung fleißig betrachten / und welche den Vorzug hätten / wol in acht nehmen solte / da ers ihnen auch erzehlen könte. Als er nun lange Zeit zu Lacedæmon verharrete / alles fleissig besehen /und wieder nach Hause kommen / wartet jederman mit grossem Verlangen / wie er eine lange Oration halten / und alles dasjenige / so er gesehen / weitläufftig erzehlen werde. Er aber hat ein Theatrum oder Schauplatz aufrichten und auf solchem [737] unterschiedliche Creutze / Räder / Geisseln / Riemen / Strick /Schwerdter und andere Instrument / zur Abstraffung der Uebelthäter gehörig / bringen lassen / und ist schnell davon gegangen. Als sie nun solches gesehen und sich verwundert / haben sie endlich schliessen müssen / wann eine Republica oder gemeine Stadt floriren und blühen soll / so gehörten darzu unterschiedliche Straffen / damit die Bösen nach Verdienst abzustraffen.


1. An einer guten Policey ist viel gelegen. 2. Neid und Mißgunst ist sehr groß. 3. In einem guten Regiment muß das Böse gestraffet /das Gute aber belohnet werden.

79. Von einem Bauren - der Dattel-Bäume gesetzet
79. Von einem Bauren / der Dattel-Bäume gesetzet.

Man lieset / wie der Käyser Maximilianus einsmals über Land reisend / im Vorbeyziehen gewahr worden einen Bauers-Mann / der da Stämme gesetzet. Denselbigen habe er zu sich kommen lassen / ihn gefraget /was für Früchte er allda wolle pflantzen? Der Bauer antwortet dem Käyser: Er setze Dattel-Bäume. Welches der Käyser gehöret / hat er hertzlich darüber gelachet / und gesaget: Ey Mann! die Datteln tragen erst über hundert Jahr Früchte / das wirst du nicht erleben / daß du davon issest. Ja / gnädiger Herr / antwortet der Bauer / ich weiß es wohl / ich thue es aber GOtt zu Ehren / und den Nachkommen zu Nutze. Welche Rede dem Käyser so wol gefallen / daß er dem Bauren hundert Gülden verehren ließ.


1. Redseligkeit und Freundlichkeit ist grossen Herren ein grosser Ornat. [738] 2. Die besten Christen findet man offt hinter dem Pfluge. 3. Daß gute muß man loben und belohnen.

80. Canuti Königs in Engelland löbliche That
80. Canuti Königs in Engelland löbliche That.

Polydorus Vergilius Hist. Angl. lib. 7. setzet uns folgendes löbliches vom Canuto Könige in Engelland. Als einsmals Canutus, König in Engelland / am Ufer des Meers spatzieren gieng / und seiner Hof-Juncker einer sich verlauten ließ / er / der König wäre der Gewaltigste unter allen Königen auf Erden / der den Menschen / der Erden und dem Meer zu gebieten hätte: Zog der König so bald sein Kleid aus / wickelt es zusammen / satzte sich darauf am Rande des abgewichenen Meers / und geboth der Fluth / die daher kam / sie solte ihn nicht naß machen. Da ihn aber die Fluth gantz naß machte / kehret er sich zu seinen Hof-Juncker und sagte: Sehet / was bin ich nun für ein gewaltiger König / dessen auch das elende Wasser spottet / und nichts auf ihn giebet. Der im Himmel ist /der ist der einige König / der Vater unsers HErrn JEsu Christi / den man dafür ehren und bekennen soll. Und melden die Historien / daß er so bald darauf gen Vintoniam gezogen / die Kron / so er getragen / dem Bildniß des gecreutzigten Christi aufs Haupt gesetzet / und dieselbige hernach nicht mehr tragen wollen.


1. Fuchsschwäntzer vermeynen manchen zu ehren /und thun ihnen nur mit ihrer Heuchel-Zunge Schimpff an.


2. Grosse fallen / Kleine steigen. Wol denen / die sich klein bezeigen. Du HErr / wollst die Stoltzen beugen / Daß sie sich zur Demuth zeigen.


[739] 3. Wenn GOtt spricht / so müssen sich legen die stoltzen Wellen des Meers. 4. Drum nicht uns / sondern GOtt allein gebührt die Ehre.

81. Exempel kleiner Kinder - die wunderbarlich erhalten seyn
81. Exempel kleiner Kinder / die wunderbarlich erhalten seyn.

Recuptius erzehlet: Daß unter dem Käyser Trojano zu Antiochia ein groß und hefftiges Erdbeben entstanden / dadurch alle / die es getroffen / getödtet seyn: Allein ein Kindlein hat man lebendig gefunden / das der todten Mutter Brüste gesogen.

Muretus bezeuget / daß dem Mithridati Könige in Ponto / wie er noch in der Wiegen und in den Windeln gelegen / ein gefallener Blitz die Windeln angezündet und verbrannt / ihm aber gar keinen Schaden zugefügt / nur hat man ein geringes Merckzeichen und Mahl für der Stirn sehen und warnehmen können.

Im Jahr Christi 1570. in der Nacht vor Allerheiligen Tag / ist das Meer ausgebrochen / und etliche Insulen in Seeland / ein groß Theil Holland / fast gantz Frießland verschlungen; da nicht allein grosser Schade geschehen an den Gütern / sondern viel tausend Menschen mit ertruncken seyn. Die folgende Tage hat man mit Kähnen und kleinen Schifflein etliche ausgesandt / die übergebliebene Lebendige aufzunehmen /welche auch unterschiedliche auf Bäume und Hügel geflüchtigte kaum mehr Othem holende aufgefangen haben: Unter andern auch ein kleines Kind / welches mit der Wiegen auf einen Hügel war getrieben / sanfft darinn geschlaffen / und von keiner Unlust gewust hat.

Im Jahr 1627. in der Stadt St. Severin seyn in [740] die zehen tausend Menschen in einem Erdbeben umgekommen: Es war samt der Kirchen auch eine grosse Glocke herabgefallen / welche einen Knaben bedecket und lebendig erhalten.

Sanctii Garsiæ des Hertzogs zu Arragonia Mutter /Uraca mit Nahmen; Wie sie mit ihm schwanger gegangen / und im Kriege gegen die Mauritaner / als ein Heroisches Weib nebst ihrem Herrn tapffer stritte / ist sie mit einem Speer in die Seite gestossen / und todt darnieder gefallen / das Kind aber ist unbeschädiget geblieben / auch lebendig durch die gestossene Wunde / dadurch es das Händlein hatte gestecket /herfür gebracht.

1. GOtt ist wunderbarlich in allen seinen Wercken. 2. Er ist ein mächtiger Beschützer der kleinen und noch unmündigen Kinder. 3. Ohne GOttes Willen kan uns kein Haar von unserm Haupte fallen.

82. Vom Chariton wie derselbige so wunderbar von den Mördern erhalten
82. Vom Chariton wie derselbige so wunderbar von den Mördern erhalten.

Vom Chariton lieset man / wie derselbige nach Jerusalem wollen ziehen / daß er von Mördern sey aufgefangen / in ihre Höle geschleppet und mit Ketten gebunden worden. Indem nun die Mörder wieder aus auf den Raub / hat Chariton sich allein zu GOtt gewandt / GOtt und seine Macht gepriesen / sich demselbigen zumahl ergeben / nichts mehr wünschende und begehrende / denn daß GOtt alles schicke nach seinem Willen und Wohlgefallen. Als er in solchen heilsamen und andächtigen Seuffzern begriffen / stehe / da kreucht eine Schlange aus dem Loch herfür / und macht sich zur Schüssel mit Milch / davon thut [741] der unberuffene Gast einen guten Trunck / aber an statt des Tranckgelds / schüttet sie ihren Gifft wieder hinein. Wie die Mörder in ihre bekandte Kammer und Mörder-Höle zurück kamen / da war das erste / daß sie wolten ihre Hitze mit einem Trunck kühler Milch abkühlen / sie nahmen etwas mehr zu sich / dann die Schlange / aber sie truncken nicht noch einmal / denn bald darauf / nach dem das Gifft durch die Glieder gegangen / seyn sie alle daran gestorben. Darauf hat sieChariton, der nunmehr der eintzige Erbe dieser Mörder war / und allein Meister der blutigen Hölen / dem Schutz und Vorsehung GOttes hertzlich befohlen / da denn GOtt seinem Gebet Krafft gegeben / daß die Bande seyn loß gegangen; Da er an statt der Gefängniß bekommen ein reiches Erb- und Sterb-Hauß. Das da gefundene Geld hat er ein Theil an Arme und Nothleidende / ein Theil an Auferbauung eines Klosters gewendet. Die Mörder Grube hat er zu einer Kirchen gemacht / da so wol die Juden / als andere Abgöttische seyn getauffet und der Kirchen einverleibet worden.


1. GOTT führet die Seinen wunderlich. 2. GOTT hat Greuel an den Blutgierigen. 3. Denen die ihn fürchten / muß alles zum besten dienen. 4. Auch die Schlangen seyn zur Rache erschaffen über die Gottlosen.

83. Zeuxis stirbet mit Lachen
83. Zeuxis stirbet mit Lachen.

Von dem Zeuxe, dem berühmten Mahler / schreibet man / daß er für vielem Lachen seinen Geist aufgegeben habe. Die Ursache aber / dadurch er zu dem Lachen angetrieben ist / soll gewesen seyn diese: Er hatte vor auf einer Tafel zu mahlen die Helenam [742] und die Hecubam, die Allerschönste von der Welt / und die Allerscheußlichste unter der Sonnen. Die Hecudam die alte heßliche hat er so künstlich und vollkommen getroffen / als wenn sie es selbsten leibhafftig wäre: Nemlich mit einem Geiffer um den Mund /zahnloß / runtzelicht / mit trieffenden Augen und gelber Stirn / bleichen Leffzen / mit fallenden Wangen /dünnen graulichten Haaren: Aber belangend die Helenam, wie er die auch wollen anfangen zu mahlen und abzubilden / ist es ihm unmöglich gewesen / solches nach Gebühr zu Wercke zu setzen / so daß er ein belieblich Gefallen daran gehabt hätte / daher er die wol tausendmal ausgemahlet / und selbige doch wiederum ausgethan / weil es ihm nicht nach seinem Kopffe. Nun hat es sich zugetragen / daß er eins Tages von aussen zu Hause kommt / in seine Werck-Stube hineingehend / die Alte beschauet / wie sie so gar natürlich nach allen Lineamenten getroffen / darüber so hertzlich lachet / daß er bald im Lachen niederfällt und dahin stirbt.


1. Es seyn mancherley Gaben. 2. Die Menschen seyn klug zum Bösen / aber Gutes zu thun wissen sie nicht. 3. Der Tod will eine Ursach haben.

84. Von einem Bischoff - der mit ein Küriß müssen im Gefängniß sitzen
84. Von einem Bischoff / der mit ein Küriß müssen im Gefängniß sitzen.

Daß offtermals / insonderheit vor unsern Zeiten / die geistlichen Bischöffe eine Zeitlang den geistlichen Habit an Nagel gehangen / die Bibel unter die Banck gestecket / das Gebetbuch in den Winckel geworffen /und an deren Stelle das Schwerdt angegürtet / und den Harnisch und die [743] Sturm-Hauben angezogen und aufgesetzt haben / solches ist zu ersehen aus folgender Historien.

Als der König in Engelland Richardus Krieg führete mit dem König von Franckreich im Jahr 1195. und jener wider diesen obsiegete in der Schlacht / da hat er unter andern auch bekommen einen Bischoff gefangen / der in einem gantzen Küraß daher ritt. Der König ließ ihn fragen / wer er wäre / und als er verstanden / daß er ein geistlicher Bischoff wäre / hat er ihn mit seinem gantzen Küraß in einen Thurm setzen lassen / und Leute und Wächter dazu bestellet / die darnach sehen solten / daß er seinen eisernen Chor-Rock Tag und Nacht anbehalten muste. Denn weil er /wider seinen Beruff / zu solchem Meßgewand Lust gehabt hatte / so sprach der König / solt ers auch behalten. Da nun der Bischoff mit dem Küraß eine geraume Zeit geplaget ward / liessen seine Freunde die Sache an den Pabst Cœlestinum gelangen / der schrieb an den König von Engelland / und vermahnet ihn / er wolte seinen Sohn den Bischoff nicht so übel tractiren / sondern ihn wieder auf freyen Füssen stellen. Aber der König Richard ließ sichs nicht viel angehen / doch nahm er dem Bischoff seinen Harnisch ab / schickt ihn dem Pabst zu / und schrieb dabey keine andere Worte / denn die / welche Jacobs Söhne zu ihrem Vater sagten / als sie ihm das blutige Gewand ihres Bruders Josephs brachten: Diesen haben wir funden / besiehe / obs deines Sohns Rock sey oder nicht. Darüber der Pabst nicht wenig schamroth werden müssen.

1. Was deines Amts nicht ist / da laß deinen Fürwitz. 2. Wer GOttes Wort lehren soll / der kan keiner andern Arbeit warten. 3. Wer Gefahr liebet / der kommt drinn um.

85. Von prächtigen Gastereyen
[744] 85. Von prächtigen Gastereyen.

Athenæus schreibet von den Sybariten / wann sie Gastereyen halten wollen / so haben sie sich ein gantz Jahr zuvor darauf gerüstet und die Gäste geladen. Sonderlich gedencket er eines / mit Nahmen Smyndirides, wenn der zu seiner Buhlschafft / oder sonst über die Gassen gangen / so hab er allzeit tausend Jäger und so viel Köche bey sich gehabt / soll auch gesagt haben / er habe in einem gantzen Jahr die Sonne weder auf noch untergehen sehen.

Lucullus ein Römischer Edelmann / hat auf eine eintzige Mahlzeit / als er Pompejum und Ciceronem zu Gaste gehabt / 50000. Cronen aufgewandt.

Deßgleichen schreibet Suetonius vom Vitellio, als er seinen Bruder besucht / hab ihm derselbige cœnam adventitiam, das ist / eine solche Mahlzeit gegeben /die er in der Eyl zubereitet / wie ein guter Freund dem andern / wenn sie von ungefehr zusammen kommen. Aber dieselbige Mahlzeit sey so prächtig gewesen /daß zwey tausend der besten Fische / und sieben tausend von allerley Gevögel ihm aufgesetzet worden.

1. Uberfluß dienet nirgend zu. 2. Wer die Gaben GOttes mißbrauchet / der thut grosse Sünde.

86. Von starcken Säuffern und säuischen Leuten
86. Von starcken Säuffern und säuischen Leuten.

Alexander der Grosse soll einsmals einen Sauff-Kampff angestellet haben / da dem / der am meisten sauffen könte / versprochen 600. dem nechsten 300. und dem dritten 2000. Cronen. Promachus hat [745] den Preiß erhalten / indem er 12. Maaß Weins aussoff /aber am dritten Tage hernach muste er sterben.

Der Käyser Tiberius, welcher seines Sauffens halben Biberius, und an statt seines Vornahmens Claudius, Calidus, und an statt seines Zunahmens Nero, Mero ist genennet worden / hat den Pompejum Flaccum, und L. Pisonem, welche zween Tage und eine Nacht aneinander mit ihm gefressen und gesoffen / für seine beste Freunde gehalten / und zu einer Vergeltung dem einem die Landschafft Syrien / dem andern die Stadt Rom zu verwalten übergeben.

Käyser Verus ließ güldene und silberne Becher und andere köstliche Kleinodien unter diejenige austheilen / die sich im Sauffen am besten gebrauchen konten.

Sardanapali Epitaphium ist bekannt: Ende, bibe lude, post mortem nulla voluptas. Friß / sauff und gebrauch dich dieses Lebens / du hast doch nichts mehr davon.

1. Säuffer seyn ärger denn das Vieh.

2. Sauff dich voll und leg dich nieder /
Steh früh auf sauff hinwieder /
So vertreibt eine Sau die ander /
Das ist die Regel Alexander.

3. Die Trunckenbolde werden das Reich GOTTES nicht ererben.
87. Exempel starcker Fresser
87. Exempel starcker Fresser.

Kayser Aurelianus hat an seinem Hofe gehabt einen solchen Fresser / daß er auf einmal über seiner Käyserlichen Tafel ein gantz Schwein / einen Hammel und ein Ferckel / und hundert Brod auffressen können / wie Vopiscus gedencket.

Philoxenus wünschete ihm / daß er einen Halß hätte [746] / wie ein Kranich / damit er die Süßigkeit der Speise desto länger schmecken möchte.

Suitrigalo, ein Fürst von Littau / hatte sein Koch-Buch allezeit bey sich / wo er reisete. Er pflegte sechs Stunden zu Tische zu sitzen / man muste ihm auch zum wenigsten hundert und dreyßig Gerichte auftragen. Wann einer etwas neues von Speisen und Lecker-Bissen konte auf die Bahn bringen / dem gab er eine Verehrung.

1. Hütet euch / daß eure Hertzen nicht beschweret werden mit Fressen. 2. Viel fressen und sauffen sich arm / kranck / und in die Hölle hinein.

88. Exempel aus der Schrifft und Welt-Historien derer - die mäßig gelebet
88. Exempel aus der Schrifft und Welt-Historien derer / die mäßig gelebet.

Nicht allein die Schrifft / sondern auch die Natur lehret uns / daß Uberfluß in Essen und Trincken schädlich und der Erbarkeit zuwider sey. Daher hat man Exempel der Gläubigen und der Heyden / welche ein mäßiges Leben geführet.

Der Ertz-Vater Abraham tractirte seine Gäste gantz sparsam / trug ihnen auf Butter und Milch / und etwas von zubereiteten Kalbe / Gen. 18. v. 8.

Die hundert Propheten in der Hölen nahmen vorlieb mit Brod und Wasser / 1. Reg. 18. v. 13.

Die Schnitter Boas assen Sangen / und tuncketen das Brod in Eßig / Ruth. 2. v. 14.

Daniel und seine Schul-Gesellen assen Zugemüß und trancken Wasser / dabey waren sie viel schöner /als die andern Knaben / die von des Königes Tafel gespeiset wurden / Dan. 1. v. 15.

So spricht Tertullianus und Justinus von den [747] Christen zu ihrer Zeit / daß sie bey ihren angestellten Liebemahlen / so viel zu sich genommen / als Frommen wol anstehet / und keuschen Hertzen nützlich ist. Käyser Cajus, als er wider den stoltzen König in Persia Arsacidam, mit einem grossen Kriegs-Heer ausgezogen / und nunmehr in des Feindes Gräntzen kom men war / hungerte ihn / satzte sich nieder in das grüne Graß / nahm seinen Topff für sich / darinn ein gekochtes Erbes-Muß / und etliche Stück eingesaltzen Schweinen-Fleisch waren / und hielt also Mahlzeit.

Julius Cæsar hat keine Speise verachtet / wie gering sie ihm auch ist vorgesetzet worden.

Manius Curius der Edle Römer / der die Samniter, mit welchen die Römer biß in funfftzig Jahr Kriege geführet / so weit gedämpffet / daß sie um Frieden bitten musten / der saß eben am Feuer und brühet Rüben / als die Gesandten kamen / etc.

1. Wartet des Leibes / doch also / daß er nicht geil werde. 2. Wer mäßig isset / der lebet desto länger.

89. Costus richtet ein Bild auf dem unbekandten Gott
89. Costus richtet ein Bild auf dem unbekandten Gott.

Es gedencken etliche alte Geschicht-Schreiber gar einer wunderbahren Historien / welche sich mit einem Persischen Könige / den sie Costum nennen / soll zugetragen haben. Denn als derselbige mit seiner Königlichen Gemahlin keine Erben gezeuget / habe er alle Medicos und Astronomos zusammen fordern lassen / sich von ihnen zu erkundigen / an wem doch der Mangel solcher Unfruchtbarkeit seyn möchte? Darauf sie nach fleißiger Erkundigung / dem König geantwortet haben / daß sie aus allen natürlichen Ursachen[748] so viel befinden / daß die Schuld weder des Königes noch der Königin sey / er soll aber die Götter um Fruchtbarkeit und um eines Leibes-Erben anruffen lassen / so würde er den Segen gewiß erhalten. Darauf hat der König alle seine Götzen-Priester zusammen ruffen lassen / und befohlen / daß sie den Göttern opffern / und um einen ehelichen Segen dabey bitten solten. Wie nun solches eine lange Zeit umsonst geschehen / habe letztlich ein Astrologus, Macrobius mit Nahmen / gerathen / weil die Götter unzehlich wären /so solte er dem unbekandten Gott / dem GOtt aller Götter / ein Opffer thun lassen / so würde sein Bitten erhöret werden. Als dieses der König gehöret / habe er einem Goldschmied eine grosse Anzahl Goldes gegeben / daß er daraus dem unbekandten Gott / der ein GOtt aller Götter wäre / solte ein Bildniß machen /welcher / ob er ihm gleich ein köstlich Bilde abgerissen / dessen Gleichniß er aus dem geschmeltzten Gold machen wollen / so sey doch allezeit ein Bild eines gecreutzigten Menschen daraus worden. Uber welchem Handel / als sich der König Costus erzürnet und hinwieder einem andern Goldschmiede / solch Bild zu verfertigen / viel Goldes gegeben / so habe auch derselbige in Gegenwart des Königes / wie offt ers auch versucht / anders nichts / denn ein Bild eines gecreutzigten Menschen aus dem Golde giessen und formiren können. Welches Bild hernach der König auf RathMacrobii in den Tempel seiner Götter gesetzt / darbey sich diß neue Wunder begeben und zugetragen /daß alle andere Bilder ihrer Götter zerfallen / und allein das Bilde des Gecreutzigten übergeblieben / dem sie hernach Gelübd und Opffer gethan. Es habe auch alsobald dieser [749] grecreutzigter HErr / den König und die Königin mit einem jungen Leibes-Erben und Königlichen Herrlein gesegnet.


Wenn dieses alles in Wahrheit geschehen wäre hätte man daraus augenscheinlich zu sehen / wie GOTT zu allen Zeiten / in der Welt hin und wieder die Ehre des Creutzes JESU Christi offenbahret und bekannt gemacht / daß man durch ihn müsse empfangen allen Segen an Leib und Seel.

90. Von des Hertzogs von Lüneburg Ernesti seinem Emblemate
90. Von des Hertzogs von Lüneburg Ernesti seinem Emblemate.

Man lieset in dem Historien / insonderheit bey demChockier. lib. 8. Thes. Polit. c. 19. von einem frommen Hertzog in Lüneburg / welcher mit Nahmen Ernestus geheissen / daß derselbige ihm ein sonderliches Emblema und Gemähld machen / und darein mahlen lassen ein brennendes Licht / daß nun auf das Ende gehet / und darüber geschrieben diese Worte:Aliis inserviendo consumor: Indem ich andern Leuten diene / werde ich selbst auch verzehret. Wohin dieser löbliche Fürst gesehen / ist ohnschwer zu errathen. Er hat sein schweres Regiments-Amt behertziget / und so viel befunden / daß / wann er dasselbe würdiglich wolte abwarten / er dadurch an seinen Leibes-Kräfften verzehret werde. Und das hat er gar artig abgebildet durch ein brennendes Licht. Ein Licht ist ein sehr nützliches Ding / und erleuchtet das gantze Hauß / doch je mehr es leuchtet / je mehr es abnimmt / biß ihm endlich das Oel entgehet / und es velöschet: Also sagte der fromme Hertzog / wäre es auch mit einem Fürsten und weltlichen Regenten beschaffen. Er heisse und sey ein Licht / leuchte allen Unterthanen / daß sie unter seinem Schutz bey dem Licht des Evangelii erhaten / [750] ein stilles und geruhiges Leben führen mögen. Doch wenn er dem Regiment in die Länge vorstehe / so werde ihm die Last zu schwer / biß er /wie ein Lichtlein / sich gar verzehre und verlösche.


1. Obrigkeit sollen leuchtende / nicht brennende und fressende Lichter seyn. 2. Der Regiment Stand hat viel Mühe und viel Wachen. 3. Die wol vorstehen / werden im Himmel vor GOtt leuchten.

91. Von des Kirchen-Lehrers Basilii kräftigem Gebet
91. Von des Kirchen-Lehrers Basilii kräftigem Gebet.

Man lieset in den Historien / insonderheit bey demZonara Tom 3. de Valente Cent. 3. cap. 13. als in der ersten Christlichen Kirchen die verdammte Ketzerey der Arrianer starck eingerissen / und sich Basilius, neben andern Vätern / hefftig darwider gesetzt / doch aber von dem Arrianischen Käyser Valente solches nicht erlangen konte / daß die reine Bischöffe in der Kirchen sicher predigen möchten: Hat er ein solch Mittel fürgeschlagen / man solte die Sache allein GOTT heimstellen / die Kirche verschliessen / und mit einem starcken Riegel verwahren: Hernach die Arrianer zu erst / nachgehends aber ihn Basilium und seinen Beystand vor derselbigen beten lassen / und welchem Theil die Thür sich würde öffnen / der solte recht haben / und sicher in der Kirchen predigen. Da seynd die Arrianer herfür getreten / und haben ihr Gebet starck gethan / aber alles vergebens / der Riegel wolte sich nicht öffnen. Endlich sey Basilius mit seinen Kirch-Kindern dafür gegangen / und habe mit heller Stimme geruffen: Thut euch auf / ihr Thür und Thor / auf daß der König der Ehren drein ziehe. Alsbald seyn die Bande und das Schloß zersprungen [751] / die Riegel geöffnet / und die Thür durch einen Wind aufgestossen worden.


1. Gottlose verfolgen die Rechtgläubigen. 2. GOtt erhöret die Sünder nicht / sondern ihr Gebet ist ihm ein Greuel. 3. Das Gebet des Gerechten vermag viel / wann es ernstlich geschicht.

92. Christen werden dem Demant verglichen
92. Christen werden dem Demant verglichen.

Wann unsere liebe gottselige Alten einen betrübten doch beständigen Creutzträger beschreiben wollen /haben sie selbiges in einem feinem Emblemate und Bildniß gethan. Sie haben gemahlet einen Demant /auf welchen von allen Seiten mit grossen Hämmern starck geschlagen werde / er aber im geringsten nicht weiche / sondern immerdar bleibe / wo er vorhin war /mit der Uberschrifft: Semper idem: Einmal wie das ander. Hiemit haben sie einen tapfferen Hertz-Christen beschrieben in dem Bild eines Demants. Und zwar um folgender Vergleichungen willen.

Denn 1. der Demant ist ein sehr köstlicher Stein /giebt einen Himmelblauen Glantz von sich / und wird von jederman sehr hoch gehalten. Ein rechtschaffener Christ ist auch vor GOtt ein hoch edel Kleinod / der sich gerne mit Himmelblau bekleidet / das ist / mit seinem Hertzen über sich im Himmel schwinget / und trachtet nach dem / was droben ist / etc.

2. Der Demant lässet mit grossen Hämmern auf sich zuschlagen / und wird doch nicht zubrochen. Ein Christ muß sich in diesem Leben auf allen Seiten mit mancherley Hämmern zuschlagen lassen. Von oben[752] herschlägt GOtt auf ihn / theils mit dem Creutz /theils mit dem Gesetz / das da ist / wie ein Hammer /der Felsen zerschmeist. Von unten führet der Teuffel den höllischen Schmied-Hammer / wann er mit seinen Anfechtungen auf die Herzten zuschlägt. Auf beyden Seiten führet die Welt den Streit-Hammer / und schlägt auf sie zu / theils mit heimlicher Lästerung /theils mit öffentlicher Verfolgung.

3. Der geschlagene Demant führet die Uberschrifft: Semper idem, einmal wie das ander. So ist ein Christ. Im Creutz verzaget er nicht / im Glück wird er nicht stoltz.

1. Man soll nicht bloß den Schein des Christenthums haben / sondern auch die Krafft. 2. Christen seyn Creutz-Träger. 3. Ein Christ hält beständig bey GOtt an.

93. Boßhafftiges Vornehmen der Juden - und wie es gestrafft ist
93. Boßhafftiges Vornehmen der Juden / und wie es gestrafft ist.

Im Jahr 1322. haben die Juden in Franckreich gottlose Händel angefangen / seynd aber ihrer Straffe nicht entgangen. Denn weil sie hiebe voraus demselbigen Königreich vertrieben waren / und grossen Schaden an ihren Gütern erlitten hatten / so unterstunden sie sich solche Schmach solcher Gestalt zu rächen. Sie bestachen die Aussätzigen mit Geld / und handelten mit ihnen / daß sie die Brunnen allenthalben vergifften solten. Die Aussätzigen nahmen ihres aussätzigen Blutes und Harns / mengeten Krötenleich und gifftige Kräuter darunter / und senckten solchen Teig zu Küchlein gemacht mit angehengten Steinen in den Grund der Brunn-Quellen / daß viel Leute / so davon getruncken / aussätzig worden / viel [753] auch gar dahin sturben. Als nun König Philippus dahinder kam / ließ er alle Juden und Aufsätzigen / die Wissenschaft darum hatten / lebendig verbrennen. In der Stadt Vitry lagen viertzig Juden dieses Lasters halben gefangen /die brachte ihr böses Gewissen in eine solche Verwunderung / daß sie zween junge starcke Bösewichter aus ihrem Mittel erwehleten / welche die andren alle erwürgen solten / welches sie auch thäten. Da nun diese zweene noch übrig waren / bracht der eine sei nen Gesellen auch um / und wolt sich der letzte Mörder an einem Seil zum Turm herab lassen; Aber er hat alles Silber und Gold / das die erschlagene Juden bey sich gehabt / zu sich genommen / und sich damit also beschwert / daß das Seil zerriß / und er einen Schenckel brach / auch darauf gefangen / mit glüenden Zangen gezogen / und lebendig verbrannt worden.


1. Eigene Rach stürtzet den Menschen in eine Stünde über die ander. 2. Unter Bettlern finden sich offt gottlose Leute. 3. Boßheit bleibet nicht ungerochen.

94. Exempel die mit grossen Torturen beleget - ihren Geist aufgeben
94. Exempel die mit grossen Torturen beleget /ihren Geist aufgeben.

Anno 1022. fiel der Wenden Fürst Miscevo in Sachsen mit grosser Macht ein / und handelt grausamlich /bevorab mit den Geistlichen / denen er die Haut auf dem Kopff Creutzweise zerschnitt / und zum Gespött im Lande herum führete.

Also lieset man vom Käyser Heinrich dem VI. als seine Gemahlin Constantia bey ihm angegeben ward /wie sie mit einem Sicilianischen Grafen Buhlschafft triebe. Da ließ er denselbigen Grafen fangen / ihn [754] nackend auf einen glüenden Stuel jetzen / eine glüende Kron mit Nägeln ans Haupt hefften / und also mit grosser Marter hinrichten.

Anno Christi 1206. als König Johannes in Engelland mit König Philippo in Franckreich Krieg führete / und ihm an Geld gebrechen wolte / da pressete er nicht allein die Juden / sondern kam auch an die Geistlichen / und weil sich der Ertz-Diaconus zu Londen widersetzen wolte / so ließ ihn der König fangen / und ein Kleid von Bley so fest an den Leib anschmieden / daß er von demselben schweren Rock erdrücket ward / und sterben muste.

1. Es ist besser fallen in die Hände GOttes / denn in die Hände der Menschen. 2. Wie viel ringen selbst nach Unglück mit ihren bösen und sündlichen Thaten.

95. Vom Tempel der Barmhertzigkeit
95. Vom Tempel der Barmhertzigkeit.

Man lieset bey sicheren Scribenten / daß vor Jahren in der Heydenschafft zu Athen / der fürnehmsten Stadt in Griechenland / ein sonderbarer schöner Tempel sey erbauet worden / zu Ehren der Göttin Misericordiæ, darinnen ward Misericordia oder die Barmhertzigkeit selbsten abgebildet / und zwar in Gestalt einer ehrlichen Matron / und Weibs-Person. In der rechten Hand hielt sie ein Hertz / das in der Mitte zerspalten / von fliessenden Blut trieffend / und aus den Augen flossen ihr ohn Unterlaß heisse Thränen.

Das mögen wir billicher auf unsern GOTT appliciren. Denn 1. kan er verglichen werden einem Weibe / wegen seiner Wehmüthigkeit. 2. In der Hand ist das Hertz / denn seine Barmhertzigkeit ist hertzlich. 3. Das [755] Hertz ist gespalten / denn sein Hertz bricht ihm gegen uns. 4. Es triefft vom Blut / denn er hat uns geliebet biß aufs Blut. 5. Aus den Augen fliessen Thränen / es jammert ihn hertzlich und schmertzlich unser Elend.

1. Schmecket und sehet wie freundlich der HErr ist. 2. Barmhertzig und gnädig ist der HErr.

96. Joh. Valentini Andreæ Apologus vom Heiligen Abendmahl
96. Joh. Valentini Andreæ Apologus vom Heiligen Abendmahl.

Es kam auf eine Zeit von ungefehr ein heydnischer Mann in die Versammlung der Christen / und zwar eben zu der Zeit / wie sie sich gebrauchten des Heiligen Abendmahls / er hat mit hoher Verwunde angesehen ihre grosse Andacht / und deßwegen befraget den nahe bey ihm stehenden Christen; Was doch da vor ein Werck vorgienge / deßwegen die Leute mit solcher Furcht und Ehrerbietung hinzu giengen? Darauf der Christ ihm geantwortet: O du Welt Mensch! Da gehet vor ein gar hochheiliges Werck. Denn GOtt kehret ein bey allen / die du da siehest / und nimmt ein die in Andacht gesäuberte und ausgeleerte Seelen. Der Heyndnische und Ungläubige sprach weiter und fraget: Wovon seyn die ledig? Der Christ antwortet: Ledig und gesäubert von Hoffarth / Geitz / Zorn /Fressen / Sauffen / Zwietracht / Haß / Neid / Mißgunst / Faul- und Trägheit / damit sie zuvor beladen waren. Aber durch ernste Reu und Leid zur hertzlichen Busse getrieben / haben sie sich der Göttlichen Fürsehung und Regierung untergeben.

Der heydnische Mann schwieg darzu still / er gab gute Acht / welche unter dem Hauffen GOTT auf- und annahmen im Heiligen Abendmahl / ist ihnen den gantzen [756] und folgenden Tag nachgefolget / so viel er konte / und hat acht auf sie und auf ihr Thun gegeben. Es daurete nicht lange / siehe da hat es sich befunden / daß sie vor wie nach sich wieder gekehret zum Fressen / zum Rauben / zum Zancken / zum Sauffen / zur Faulheit / zu allerhand listigen Nachstellungen / zum Geitzen / zum Wuchern / zum Verläumden / etc. Der heidnische Mann wolte seinen Augen nicht erst trauen / ruhete derowegen nicht ehe / diß er erfuhr / daß sich die Sache in Wahrheit also verhielte. Darauf ist er auf den Marckt gegangen und öffentlich ausgeruffen: Ich habe erfahren / daß keine Völcker unter der Sonnen weniger Gastfrey / als die Christen / als bey welchen auch ihr GOtt nicht kan zwey Tage Herberge behalten.

1. Unbeständigkeit im Gottesdienst ist ein gemeines Ubel. 2. Die meisten gehen nur nach Gewohnheit ohne Besserung ihres Lebens zum H. Abendmahl. 3. Die Heuchel-Christen ärgern Türcken / Juden und Heyden mit ihrem gottlosen Leben.

97. Von zwey frommen Brüdern - die eines geschwinden Todes gestorben
97. Von zwey frommen Brüdern / die eines geschwinden Todes gestorben.

Es erzehlet der gelehrte Mann Cicero eine sonderbahre Historie / so sich mit Cleobe und Botone zween Brüdern zugetragen habe: Denn als ihre Mutter gar alt / und zu dem Tempel nimmer gehen kunte / sie aber auch die Pferde nicht hatten / haben sich ihre beyde Söhne für den Wagen gespannet / und ihre Mutter zu dem Tempel geführet. Das hat ihr so wohl gefallen /daß sie GOtt gebeten / er wolte solche Pietät und Frömmigkeit mit der höchsten Gabe / [757] die ein Mensch erlangen könte / erstatten / darauf haben sie sich alle beyde zu Bette geleget. Als nun die Mutter Morgens wieder aufstunde / da wurden ihre beyden Söhne todt im Bette gefunden / daraus sie alle geschlossen: Es sey nichts fürtrefflichers als der Tod.


1. Es ist rühmlich und GOTT gefällig / wenn Kinder ihren unvermögenden Eltern an die Hand gehen. 2. GOTT erhöret der Gläubigen Gebet / so nicht nach Willen / doch nach ihrer Seligkeit. 3. Sterben ist den Christen das beste und nützlichste.

98. Bildniß des Todes
98. Bildniß des Todes.

Wann unsere liebe gottselige Alten den Tod und seine Beschaffenheit beschreiben wolten / haben sie es durch ein sonderbares Conterfait gethan / und ihn folgender massen abgemahlet. Es war ein langes Bild von lauter dürren Beinen aneinander hangend zusammen gefüget / ohne Augen / ohne Ohren / ohne Nase /nackend/ fleischloß / heßlich und ungestalt / weder Mann noch Weib. In der einen Hand hatte er eine Sense / in der andern eine Sand-Uhr. Damit haben sie uns die Wirckung und die Beschaffenheit des Todes fürgestellet. Denn 1. das Bild hat keine Augen / bedeutet / der Tod sey blind / sehe keine Person an /blende auch und mache die Augen brechend. 2. Hat keine Ohren / es helffe kein Suppliciren oder Bitten /sondern es bleibet dabey: Mensch du must sterben. 3. Ist es ohne Nase / damit wird angezeiget / es hinderten ihn nichts die Biesem-Aepffel und der gute Geruch. 4. Ist es nackend / hat kein Kleid: Anzudeuten /daß man nackend davon muß / und man nichts im Sterben werde mitnehmen. 5. Ist es ohne [758] Fleisch: Bedeutet der Tod / achte der grossen / schönen und starcken Leute nicht. 6. Ist er weder Mann noch Weib / es ist ihm gleich / er nimmt sie beyde dahin. 7. Traget das Bild in der einen Hand eine Sense / damit man Graß abmehet / denn alles Fleisch ist wie Graß. In der andern Hand aber eine Sand-Uhr: Denn der Mensch hat seine bestimmte Zeit.


1. Gedencke Mensch / daß du sterben must. 2. Man kan den Tod nicht scheußlich genug abmahlen. 3. Das Verweßliche wird gleichwol wieder anziehen das Unverweßliche / und das Sterbliche das Unsterbliche.

99. Von dem Mahler Timanthe
99. Von dem Mahler Timanthe.

Es schreibet Plinius der berühmte Naturkündiger Lib. 35. cap. 10. von dem fürtrefflichen Mahler Timanthe, als derselbige die traurige Historie von AufopfferungIphigeniæ, der Tochter Agamemnonis, abmahlen solte / habe er etliche Personen gemahlet / die mit weinenden Augen und traurigen Gebehrden dem Spectacul zugesehen. Als er aber endlich an den Vater kommen / habe er ihm eine schwartze Trauer-Binden um sein Angesicht gemahlet / und des dabey verbleiben lassen. Als er nun gefraget worden / warum er solches thäte? Habe er geantwortet: Es wäre ihm unmöglich / daß er die Traurigkeit des Vaters oder des väterlichen Hertzens gnugsam abbilden könte. Womit der Timanthes hat wollen anzeigen / daß zwar auch die Freunde einander betrauren; Doch keine grössere Traurigkeit seyn könte / als wann die Eltern müssen sehen / wie ihre Kinder dahin gehen / sterben und erwürget werden.


[759] 1. Todten soll man betrauren. 2. Mahlwerck ist nur Schattenwerck. 3. Der Eltern Trauren über ihre Kinder geht von Hertzen.

100. Bild - darinn die Stände der Menschen abgemahlet werden
100. Bild / darinn die Stände der Menschen abgemahlet werden.

Es haben die lieben alten Vorfahren / ihren jungen Leuten ein schönes Gemähld / zu ihrer Lehr und Unterricht auf solche Weise fürgegeben.

Erstlich war gemahlet ein Prediger / der ein Buch in seiner Hand / und über ihm eine solche Uberschrifft hatte: Ich bete für euch alle. Denn das ist das Amt eines Predigers / lehren und beten zu GOtt.

Zum andern war gemahlt ein Regent mit seinem Scepter / und solcher Uberschrifft: Ich sorge für euch alle. Denn die Obrigkeiten seyn Pfleger der Volcks.

Drittens war gebildet ein Hauß-Vater mit der Zucht-Ruthen / und solcher Uberschrifft: Ich erzieh euch alle. Denn die Väter sollen ihre Kinder auferziehen in der Zucht und Vermahnung zum HErrn.

Zum vierdten war gestellet ein Handwercks-Mann mit seinem Hammer / und solcher Uberschrifft: Ich arbeite für euch alle. Denn er muß im Schweiß seines Angesichts sein Brodt essen.

In der fünfften Stelle kam herfür ein Bauers-Mann mit seinem Pfluge / und solcher Uberschrifft: Im ernehre euch alle. Denn er muß das Land und die Erde bauen / daß sie fruchtbar und wachsend werde / daß sie gebe Saamen zu säen / und Brodt zu essen.

[760] Und dann endlich war auch abgerissen der bleiche Tod mit seiner Sichel und solcher Uberschrifft: Ich fresse euch alle. Dann wann im erzehlten Ständen Sorge / Furcht und Hoffnung gewähret / so kommet endlich und zuletzt der Tod / so wol zu dem / der in hohen Ehren sitzt / als zu dem Geringsten auf Erden /etc.

1. GOtt hat unterschiedene Stände verordnet. 2. Ein jeder sehe zu / daß er seinem Beruff und Stande gemäß sich verhalte. 3. Alle Menschen müssen sterben / sie leben in was Stande sie wollen. 4. Wol dem / der also wandelt in seinem Beruff / daß er nach dem Tode sich des Ewigen zu erfreuen habe.


Finis V. Centuriæ.

Das sechste Hundert nützlicher und denckwürdiger Historien

1. Archidamus legt bey Streit zwischen zween streitenden Freunden
1. Archidamus legt bey Streit zwischen zween streitenden Freunden.

Bey dem Plutarco in Lacon, lieset man folgende Historie. Es ward Archidamus von zween Freunden / die mit einander in Streit und Mißverstand gerathen / zu einem Unterhändler erbeten. Darüber ward er Anfangs etwas bestürtzt / und wuste nicht / was zu thun wäre. Solte ers abschlagen / so besorgte er / sie würden ihm solches übel aufnehmen. Solte er aber über ihre Sache seine Meynung frey heraus drücken / fürchte er / solche würde dem einen zuwider gehen / und dadurch von einem Danck und Freundschafft / vom andern Undanck / Zorn und Unwillen zu Lohn empfangen. Nachdem er nun lange Zeit die Sache reifflich erwogen hatte / fiel ihm folgendes bequemes Mittel ein. Er führete sie beyde in einen Wald / welcher der GöttinMinervæ geheiliget war / und forderte allda von ihnen den Eyd / daß sie es bey seinem Urtheil wolten beruhen lassen. Nachdem sie den begehrten Eyd willig abgeleget hatten / sprach er: Das ist mein Auspruch /daß ihr euch nicht ehe von dieser heiligen Stätte machet / biß daß ihr alle [762] Feindschafft abgeleget / und euch mit einander vertragen habt. Dieß liessen sie ihnen beyderseits gefallen / vertrugen sich und wurden wiederum gute Freunde.


Wir Christen sollen dieß Exempel zur Christlichen Nachfolge gebrauchen / und versöhnlich seyn mit unserm Neben-Christen / Aber leider! Es leben viele in solcher Verbitterung mit einander / daß kein Friede und Eintracht bey solchen Starrköpffen zu hoffen ist.

2. Cajus Pompejus und Marcus Crassus werden ans Feinden wiederum Freunde
2. Cajus Pompejus und Marcus Crassus werden ans Feinden wiederum Freunde.

Dieweil in der vorigen Historie gedacht ist der Versöhnlichkeit / wil ich davon noch ein Exempel erzehlen / welches Fulgosus lib. 5. c. 7. Prompt. Exempl. aufgezeichnet hat. Die zweene Bürgermeister Cajus Pompejus und Marcus Crassus neideten heimlich einander im Amte / nach dem Sprichwort: Figulus Figulo invidet. Es thut dem einen Hunde leid / daß der ander in die Küche gehet. Da nun ihr Amt zu Ende lieff / sprach Sextus Aurelius, da sie beyde zu Rathe sassen: Er sey im Schlaffe vom Gott Jupiter ermahnet worden / daß er den beyden Bürgermeistern solte offenbaren / daß sie vor Abtretung ihres Regiments all ihren heimlichen Neid solten ablegen / und wiederum Freundschafft machen. Da Crassus solches gehöret /ob er wol ältere war / ist er aufgestanden / Pompejo die rechte Hand geboten / und es ihm für keine Schande gehalten / den Anfang solcher Versöhnung zu machen. Da nun Pompejus gleicher Gestalt seinen guten Willen dem Crasso geleistet / sey sie von Stund an vertragen und allezeit gute Freunde geblieben.


[763] Neid und Mißgunst ist gemein bey allen: Auch ein Bettler neidet den andern. Die Heyden beschämen viele Christen / die sie weder durch GOttes gnädige Verhei ssung / und durch seine eifferigen Dräuungen wollen vom Haß ab- und zur brüderlichen Eintracht antreiben oder anlocken lassen.

3. Fabius Ursinus wäschet aus Rachgier seine Hände in des Getödteten Blut
3. Fabius Ursinus wäschet aus Rachgier seine Hände in des Getödteten Blut.

Cæsar Borgia, Pabst Alexandri Sohn / ein tyrannischer Mensch / hatte Fabii Ursini Vater Paulum wider seine gethane / und mit einem Eydschwur betheuerte Zusage tödten lassen. Das schmertzete den Sohn über alle massen. Weil er aber Gewalt sich anBorgia zu rächen / ihm nicht getrauete / bekam er von des Borgiæ allergetreuesten Freunden einen / dem ließ er jämmerlich das Leben nehmen / und wusch aus grosser Rachgierigkeit in des Getödteten Blut seinen Mund und Hände.


Wie viel Christen haben auch noch heutiges Tages solche rachgierige Gemüther / die nicht können ruhen / biß sie ihr Müthlein an ihren Feinden gekühlet. Aber rechtschaffene Kinder GOttes / die sagen nicht / wie man mir thut / also will ich wieder thun / sondern vergeben einer dem andern.

4. Carpo wird im Gesicht die grosse Liebe Christi gegen die Sünder gezeiget
4. Carpo wird im Gesicht die grosse Liebe Christi gegen die Sünder gezeiget.

Ein schönes Exempel lieset man in dem Send-Brieff /welchen Dionysius an den Mönch Demophylum geschrieben von Carpo, dem Jünger Pauli und gewesenen Bischoffe zu Troada. Der hatte in seiner vertrauten Kirch-Gemein zweene grundböse Buben / welche GOTT und sein Wort verachteten / und allerley Laster und Muthwillen trieben. Für diese ruchlose Welt-Kinder betet Carpus fleißig [764] zu GOtt / er wolte ihnen doch erkennen lassen / daß sie sterbliche Menschen wären / und endlich für GOttes Gericht erscheinen müsten. Da er aber gar keine Zeichen wahrer Busse an sich spüren konte / wandte er sich auf die andere Seiten / und fieng an von Hertzen wider sie zu beten /daß sie GOtt beyde tödten oder sonst straffen wolte /damit dem Aergerniß gewehret würde. Als er nun einsmahls sein Gebet Morgens früh ernstlich zu GOtt verrichtete / siehet er im Gesicht / wie der Erdboden weit aufthut / und die zween Sünder verschlingen will. Uber diesem Gesicht erfreuet sich Bischoff Carpus, und dancket GOtt / daß er nunmehr dem lang getriebenen verfluchten Schand-Leben abgeholffen / und andere an solcher Straffe ein Exempel haben werden /daran sie sich spiegeln könten. Indem er aber ungefehr empor anssiehet wird er gewahr / daß der HErr JEsus mit viel Engeln vom Himmel sich herab lässet erschrockenen Sündern die Hand zu bieten / und sie vor dem bevorstehenden Unglück zu erretten / er aber der HErr JEsus wendet sich zu Carpo und spricht: Siehest du das Carpe? Das solt du wissen / ich habe das menschliche Geschlecht so lieb / daß ich lieber noch einmal mein voriges Leyden auf mich nehmen wolte / denn daß ich jemand solte lassen verderben.


Das mag wol heissen: Der HErr ist allein gütig / und erbarmet sich aller seiner Werck. O wie hat er die Menschen so lieb.

5. Admetus nimmt Themistoclem um seines Söhnleins willen zu Gnaden an
5. Admetus nimmt Themistoclem um seines Söhnleins willen zu Gnaden an.

Thucydides im 1. Buch vom Peleponesischen Krieg /und Plutarchus vom Leben Themistoclis schreiben /[765] daß / da die Athenienser ihren Fürsten den weisenThemistoclem aus Haß und Neid verstossen hatten /derselbe geflohen zu Admeto der Molosser König inEpirum der damahls nicht zu Hause war. Weil aber der auch sein Feind war / und er ihm nicht wol trauen durffte / macht er sich zu der Königin / bath um guten Rath / wie er doch ihres Herrn des Königs Gunst erlangen möchte? Die Königin hat ihm gerathen / er soll ihr junges Herrlein auf seine Arme nehmen / dem König / wann er aus dem Tempel heimkäme / damit demüthig unter Augen gehen / für ihm einen Fußfall thun / und bitten / daß er um seines Söhnleins willen alles / was er wider ihn gethan verzeihen / ihn in Gnaden auf- und annehmen / und sein gnädiger Herr und König seyn wolle. Solchem Rath hat Themistocles gefolget / und wiewol ihm der König sehr feind gewesen / hat er ihm doch seine Gnade und Freundschafft nicht versagen können / weil er ihn um seines Söhnleins willen gebeten.


Was wir Christen GOTT dem zornigen Richter bitten /um seines lieben Sohns JESU Christi willen / das wird er uns nicht versagen.

6. Æoli suchen bey Cyro zuspäte Freundschafft
6. Æoli suchen bey Cyro zuspäte Freundschafft.

Bey dem Meiger Nucl. Histor. lib. 5. cap. 17. ausHerod. 1. wird folgendes gelesen. Es hatte der KönigCyrus vor dem Kriege mit Crœso den Æolis und Ionibus seine Freundschafft angeboten / aber selbige schlugen sie damahls ab / und wolten sie nicht annehmen. Wie aber das Spiel anders lieff / und der Crœsus vom Cyro überwunden ward / da haben sie von sich selbst ihre Gesandten zum Könige abgefertiget [766] / und die vor dem Kriege angebothene Freundschafft bittlich begehret. Cyrus gab hierauf den Legaten aus der Fabel Æsopi diese Antwort: Ein Fischer stund am Ufer und pfiff den Fischen im Wasser gar süsse / in Hoffnung / sie sollten zu ihm ans Ufer kommen / diß wolten sie aber nicht thun. Da er sie nun mit seinem Netze bestricket und gefangen hatte / und sie begunten zu springen / sprach der Fischer: Könnet ihr nun tantzen? Da ich euch süsse pfiff / da woltet ihr nicht tantzten. Mit solcher Anwort musten die Legaten abziehen / aber sie verstunden daraus wol / weil sie die angebothene Freundschafft zwar hatten abgeschlagen / daß sie nun keine Freundschafft noch Gnade haben solten.


GOTT beut uns Menschen auch seine Gnade / Huld und Freundschafft an / die müssen wir mit Danck anneh men / und hat Gnaden-Zeit nicht versäumen. Am Jüngsten Tage / wann alle Feinde erleget / ist keine Gnade mehr zu hoffen / sondern das Gericht.

7. Von Nini Thaten und Kriegen
7. Von Nini Thaten und Kriegen.

Ninus (von dessen Tod etwas gedacht ist in der 81. Historia des 2. Hundert) der erste König der Assyrier nach dem Gezeugniß Justini und Diod. Siculi, hat die Königliche Residentz verleget nach Ninive / als der Haupt-Stadt des Assyrischen Landes. Er hat mit Hülffe der Araber die angräntzenden Babylonier überverwunden. Armeniam hat er gleichfalls mit seiner Kriegs-Macht bezwungen / doch hat er dem Könige Barzanes, weil er / zu Bezeugung seiner Unterthänigkeit ihm mit Geschencken entgegen kam / dasselbige Reich doch wieder gegeben: Aber der Meder König den Pharnum,, weil er ihm mit seiner Krieges-Macht[767] den Kopff geboten / hat Ninus, nachdem sein Heer geschlagen / sammt seinem Weibe und sieben Kindern fangen und creutzigen lassen. Er hat innerhalb 17. Jahren mit grossen Siegen die übrigen VölckerAsiæ überwältiget / doch haben ihm die Indianer undBactrianer viel zu schaffen gegeben. Es waren diese gedachte Bactrianer tapffere Krieges-Leute / derer Mannheit und Starcke Nini Krieges-Heer zuvor mit ihrem grossen Schaden geprüfet und erfahren hatte: Ihr Land war auch von Natur sehr fest / so daß an vielen Orten ihnen nicht wol beyzukommen war. Gegen diese sammlete Ninius ein fast grosses Heer / von siebenzehenmal hundert tausend Fuß-Knechten / zweymal hundert tausend Reutern und zehentausend sechs-hundert Streit-Wagen / durch derer scharffe Sicheln das Herr der Feinde konte zugleich getrennet und getödtet werden. Mit diesem Heer zog er wider die Bactrianer, derer König mit viermal hundert tausend Mann dem Nino entgegen zog / stellen seine Leute in die Schlacht-Ordnung / that ein blutiges Treffen /schlug die Assyrier in die Flucht / und erlegte bey die hundert tausend Mann. Endlich aber seyn die Bactrianer übermannet worden / darauf der Ninus alle Oerter / biß auf die Haupt-Stadt Bactra eingenommen hat /die auch endlich durch List der Semiramidis, in seine Hände gekommen / und ist das gantze Land ihm dienstbar worden.


Nichts ist so starck und fest / es kan endlich überwältiget und erzwungen werden. Der beste Streit ist gegen Teuffel / Welt zur Sünde.

8. Des Xenophontis etliche nachdenckliche und Lehrreiche Reden
8. Des Xenophontis etliche nachdenckliche und Lehrreiche Reden.

[768] Der wohlerfahrne und sinnreiche Xenophon, welcher seine Geschichten anfänget / da der Thucydides endiget / und zur Zeit der fürtrefflichen Männer Isocratis, Anaximenis, Platonis, Aristippi berühmet gewesen /auch Schule gehalten / der hat unter andern vielen merckwürdigen Reden auch folgende hinterlassen: Er hat 1. pflegen zu sagen: Wann es dem Menschen glücklich und wohl gienge / so solt er GOtt am meisten lieben / und am höchsten ehren / das dienete darzu wann Unglück käme / und es uns übel gienge /daß uns als dann GOtt in Gnaden ansehe / und uns desto williger mit Hülfe erscheine. Wer aber GOtt im Glück vergisset / den lasse er auch im Unglück stecken und versterben. Zum 2. hat er pflegen zu sagen: Es wäre hohen Leuten rühmlicher / wann sie das Gedächtniß vieler erwiesenen Wohlthaten an Freunden und an Feinden hinter sich liessen / als das Gedächtniß vieler gehaltener Triumphe / dabey Land und Leute verdorben. Zum 3. hat er pflegen zu sagen: Das wären die glückseligsten Städte / die ernstlich nach Friede trachteten / und lange in Ruhe und Friede lebeten / dann da gienge Handel und Wandel glücklich ab / und könte ein jeder des Seinen glücklich abwarten.


Kluge Rede der Weisen soll man mercken.

9. Columbus macht ein Ey stehend
9. Columbus macht ein Ey stehend.

Der wohl belesene Lipsius lib. 2. Antiq. Lect. præf. ad Lector. gedencket folgender Geschicht. Christophorus Columbus, bürtig von Genua in Italien / ist derjenige gewesen / welcher die neue Welt von sich selber / aus gewissen Merckmahlen erfunden / [769] wie gedacht im ersten Hundert in der 54. Historia. Wie nun alle lobwürdige Thaten den Neid ins gemein zum Gefährden haben / so gieng es auch dem Columbo, daß daher etliche fürnehme Herren aus Spanien auf einem Gastmahl / ihn zu verkleinern / diese Erfindung verhöhneten und gantz geringe hielten / die ohne sonderliche Gefahr / darzu man auch keiner fremden Hülffe bedurfe hätte. Columbus, der auch zugegen war /nach dem er lange genug zugehöret / und darzu stille geschwiegen hätte / stund endlich vom Tische auf /stellete sich als wenn er etwas anders zu verrichten hätte: Gieng hin / holete ein Ey / legte es mitten auf den Tisch / und sprach: Höret doch liebe Herren /welcher unter euch ist so verschlagen und witzig / der diß runde Ey könne stehend machen? Diese fiengen es an zu versuchen / konnten es aber nicht zuwege bringen / daß es wäre gestanden / sprachen derowegen /das sey unmöglich zu thun. Darauf antwortet Columbus, es könne gar wol geschehen / nahm das Ey / und schlug es gelinde mit der Spitzen auf den Tisch / da blieb es aufrecht stehen. Diß lachete ein jeder und sagte: Daß wäre eine geringe Kunst / so hätten sie es alle wol machen können. Da sprach Columbus: Nun ihr es von mir gesehen habt / zuvor aber war niemand zu Hause: Und also ist es auch mit Erfindung der neuen Welt.


Mancher tadelt ein Ding / davon er doch keinen Verstand hat Μωμεῐας μεν ραἰον ἢ μιμεῐας. Carpere facilius est, quam mitari. Können wir nicht alle dichten / so wollen wir doch alle richten.

10. Dionysius hat seine Ohren an den Füssen
10. Dionysius hat seine Ohren an den Füssen.

[770] Es kamen einsmahls einige Philosophi zusammen vom wichtigen Dingen zu handeln. Unter andern ward gedacht der grossen Unfreundlichkeit des Dionysii des Königs in Sicilien / von dem niemand das geringste erlangen konte. Da stund einer unter ihnen auf /fieng an eine Wette aufzuschlagen / er wolte das / was er von ihm bitten würde / auch gewiß von ihm erhalten. Die Wette wird vollzogen / dieser macht sich zum König / bringt sein Anliegen an / kan aber nichts erhalten. Er hält mit Bitten an / es wil aber nichts helffen / sondern wird mit harten Worten abgewiesen. Der Philosophus wil demnach nicht ablassen / sondern fällt dem Könige zu Fusse / bittet gantz demüthig und beweglich / diß er das steinerne Hertz des Dionysii erweichet und beweget / auch was er bat / erlangete. Darauf kam dieser wieder zurück und begehrete / man solte ihm geben / was er durch die Wette gewonnen hätte. Die andern aber wolten nicht / sondern sprachen: Er hätte sich dem Tyrannen zu sehr unterworffen / wäre ihm zu den Füssen gefallen / und hätte ihm wider die Art der Weltweisen zu sehr geliebkoset. Er aber antwortet: Daß er solches gethan /damit zu lehren / daß Könige / Fürsten und Herren die Ohren an den Füssen und nicht an dem Haupte hätten.


Wer etwas von grossen Herren haben will / der muß ihnen zu Fusse fallen / und für ihnen sich demüthigen. GOtt hat leise Ohren / der erhöret der Demüthigen Gebet und verachtet der Armen Schreyen nicht.

11. Dracula lässet den Türckischen Legaten die Hüte auf die Köpffe nageln
11. Dracula lässet den Türckischen Legaten die Hüte auf die Köpffe nageln.

[771] Weil in der vorigen Historie gedacht / wie durch Demuth eines Weltweisen das harte Hertz des tyrannischen Dionysii erweichet ist / als wil ich in dieser gedencken eines Exempels / daraus zu sehen / wie durch Stoltz der Fürsten Gemüther können zum Zorn und zur Verbitterung getrieben werden. Denn von dem tyrannischen und blutdürstigen Dracula, Weywoden in Siebenbürgen / lieset man / als zu ihm auf eine Zeit der Türckische Käyser seine Legaten schickte / daß sie bey ihm etwas anbringen solten / und die Legaten ihres Landes Art nach / die Türckische Hüte nicht abziehen wolten / sondern auf dem Kopff behielten /habe ihn solches sehr verdrossen. Er hat sie anfangs freundlich erinnern lassen / sie solten sich besinnen /mit wem sie zuthun hätten / ihm seine gebührende Ehre geben / und die Häupter entblössen / wann sie mit ihm zu thun hätten. Wie sie sich aber dessen verwegerten / und ihren alten Gebrauch vorwendeten /siehe / da hat Dracula zu Bestärckung ihres alten Herkommens einem jeden unter ihnen unter seinen Türckischen Hut mit drey Nägeln auf dem Kopff feste machen lassen / damit sie also die Hüte niemahls abziehen dürfften.


Ehre dem die Ehre gebühret / mancher hält steiffer über alte Gebräuche / als über GOttes Gebot. Zu hart und strenge seyn / ist nicht zu loben / sondern heißt: Summum jus, summa sæpe injuria.

12. Von dem Egyptischen König Osiride
12. Von dem Egyptischen König Osiride.

Es ist alles / was man bey den Historien-Schreibern /sowol nach dem Nahmen / als auch nach den Thaten und Tode des Osiridis, und seiner Nachfolger findet /sehr verworren und zweiffelhafftig; [772] doch wil ich davon / so viel nützlich und der Jugend ergetzlich /aus dem Micrælio entlehnen / und hieher verdeutschen. Man findet beym Diodoro und andern / daß der Osiris, (nicht der gewesene Argiver König / der Sohn Phoronæi, sondern in Egypten /) sonsten Bacchus und Dionysius, auch mit andern mehr Rahmen genennet / wie er / sterbende nach grossem Ruhm und Ehre / mit einem grossen Heer ihm vorgenommen hatte / die gantze Welt durchzuziehen / nicht um Krieges willen / sondern willen / sondern die Leute in allen Wissenschafften zu unterrichten. Da habe er so lang seines Reichs Verwaltung seinem Weibe derIsidi / übergeben / und ihr zum geheimen Rath denMercurium hinterlassen. Die Aufsicht der am Meer gelegenen Oerter hat er aufgetragen dem Bosiri, Æthiopien aber und Lydien hat er dem Antæo anvertrauet. Des Osiris Reise-Gefehrten seyn gewesen /sein Bruder Apollo, nebenst neun im Singen und Spielen wolgeübten Jungfrauen / die genannt die Musen / und gehabt den Apollinem zum Führer / der daher Musagetes genennet ist. Noch hat er bey sich gehabt die beyden tapffere Männer / den Anubin undMacedonem, welche mit Thiere- jener mit Hunds-dieser mit Wolffs-Fellen bekleidet waren. Ihm sey auch gefolget der Pan, Mero, Triptolemus, und andere mehr / im Weinpflanzen und Ackerbau wohlerfahrne Leute / dann / wie gedacht / der Osiris nicht um Krieg zu führen / sondern den Leuten gutes zu thun /ausgezogen war. Erstlich sey er in diesem seinem Zug gekommen in Mohrenland / von da nach Arabien /und Indien / woselbst er die Stadt Nisam erbauet habe. Von dannen ist er durch den Hellespont in Europam gekommen in Thracien hat [773] er den König Lycurgum, der sich ihm wiedersetzte / erschlagen / und den Meronem über das Land gesetzt / dem Macedoni hat er Macedonien anbefohlen / dem Triptolemo aber in Attica den Ackerbau. Er hat auch den Leuten gelehret den Wein-Gebrauch / und wie aus Gerste Bier zu brauen sey. Endlich sey er auch in Hispanien gekommen / und weil der Tyrann Geryon mit einer grossen Macht sich ihm wiedersetzte / hat er denselbigen in die Flucht getrieben / und den Tyrannen in der Schlacht getödtet; dessen hinterlassene drey Söhne aber hat er lassen in allen freyen Künsten unterrichten / ihnen die Verwaltung des väterlichen Reichs aufgetragen / und ist wieder in Egypten mit grossen Geschencken bereichert / gezogen. Aber diese Geryones gedachten mehr des Vaters Tod zu rächen / als die erwiesene Gutthaten mit Danck zu erstatten / beredeten des Osiris Bruder den Typhonem mit Geschencken dahin / daß er Osiridem umbrächte und selbst das Egyptische Reich einnehme. Diesen Mord hat er nebenst sechs und zwantzig Verschwornen vollenbracht / derer jeder eins / von dem in so viel Stück zerschnittenen Leibe / nahme / die Scham aber / die niemand begehrete / haben sie ins Wasser weggeworffen. Aber die Königin Isis / hat den Tod ihres Mannes / mit Hülffe ihres Sohns Ori oder Herculis, (welchen der Vater über die Seythen gesetzet hatte) gerochen / und den Typhonem mit seinen Gesellen erschlagen. Sie hat auch geordnet / daß man den Osiridem göttlich verehren solte / ihm zwey Stier geheiliget / die von den Egyptiern Apis und Mnevis genannt seyn. Den Priestern hat sie den dritten Theil des Landes zum Unterhalt vermacht / auch es so weit gebracht / daß des Isidis [774] heimliches Glied in dem Tempel aufgehenckt und hernach göttlich verehret worden ist.


Grosse Herren erhalten einen unsterblichen Nahmen /wenn sie sich der Künste und Wissenschaft befleißigen. Die Welt giebt Stanck für Danck. Die Heyden seyn mit ihrem eitelen Dienst zu Narren worden.

13. Ein Abt füllet zwey Säcke mit Sand
13. Ein Abt füllet zwey Säcke mit Sand.

Daß mancher den Splitter / das ist / die geringen Fehler und Gebrechen sehe in seines Nechsten Auge; Aber des Balckens / das ist / der grossen und schweren Fehler in seinem eigenen Auge nicht gewahr werde / das hat ein frommer Abt einsmals gar artig vor Augen gelegt. Derselbige ließ bringen einen grossen Sack / füllete denselbigen mit Sand / und nahm ihn auf den Rücken: Ingleichen ließ er bringen einen kleinen Sack / und nachdem er ihn mit Sand befüllet /behielt er den in den Händen / und sahe ihn scharff an mit den Augen. Als nun solches die andern Brüder des Klosters sahen / fragten sie / was er damit meynete? Antwortet er: In dem grossen Sack sind meine Sünden / derer seyn viel / die fasse ich auf den Rücken / damit ich sie nicht sehe. Aber in dem kleinen Sack sind anderer Leute / oder meines Nechsten Gebrechen / die sehe ich für mir / und hebe an meinen Nechsten zu richten und zu urtheilen / welches doch unrecht ist / und Christen nicht gebühret.


Es ist nichts gemeiners in der Welt / als andere Leute urtheilen und richten. Ein jeder sehe auf sich / so wird er wol seines Nechsten vergessen.

14. Der Käyser M. Aurelius Antoninus gehet in seinem hohen Alter in die Schul
14. Der Käyser M. Aurelius Antoninus gehet in seinem hohen Alter in die Schul.

[775] Von diesem Kayser Marco Aurelio Antonino, (der wegen seiner grossen Wissenschafften mit dem Zunahmen Philosophus genennet ist /) lieset man / daß er noch in seinem hohen Alter / nemlich in dem 60. Jahr zu dem berühmten Mann Apollonio sey in die Schule gegangen. Wie nun einsmals desselbigen Colega Lucius Verus ihm begegnete / und ihn fragte /wo er hinaus gedächte: Der Käyser aber ihm antwortete: Es stünde einem Alten wol an / daß er etwas lerne / er wolle hin zu dem gelehrten und vielerfahrnen Apollonio, und von ihm erlernen / was er nicht wisse. Wie dieß der Lucius Verus gehöret / hat er seine Hände hinauf gen Himmel gehoben und gesaget: O Jupiter! Dieser Käyser träget in seinem hohen Alter in der Hand eine Tafel / wie ein junger Knabe / und gehet in die Schule etwas zu lernen / da der KönigAlexander M. allbereit im zwey und dreyßigsten Jahr gestorben ist.


Der Könige bester Rath ist Klugheit. Man muß sich nicht schämen etwas zu lernen.

15. Diogenes beweiset dem Alexandro Magno, daß er ein Knecht und nicht ein Herr sey
15. Diogenes beweiset dem Alexandro Magno, daß er ein Knecht und nicht ein Herr sey.

Der heilige Kirchen-Lehrer Augustinus führet schrifftmäßige Worte an im 2. Buch von der Stadt GOttes Cap. 3. wenn er spricht: Der Fromme oder Gottesfürchtige / ob er gleich dienet / ist er dennoch frey /aber der Böse und Gottlose / ob er gleich herrschet /ist er doch ein Knecht / nicht eines eintzigen Menschens / sondern / welches das allerärgeste ist / so vieler Herren / so vielen Lastern ergeben. Damit [776] stimmet ein der alte Kirchen-Lehrer Hieronymus, der übern 10. Psalm nach dem Gezeugniß Hugonis sagt: Ein jeder Sünder träget um und bey sich Stricke / Ketten und Bande. Ein Sünder ist gleich denen / die um ihrer Ubelthat willen auf die Galeen geschmiedet / und an das Ruder verurtheilet seyn / die seyn so wol des Tages als des Nachts mit schweren eisernen Ketten umgeben: Warlich in einem solchen Zustand lebet ein Sünder / derselbige / er gehe / stehe / sitze / liege /esse / trincke / schlaffe / wache / so ist er allezeit mit den Ketten und Banden der Sünden umschlossen. Dieß haben auch die Heyden / insonderheit dero Weltweisen erkannt und bekannt / ob ihnen gleich das Licht des Göttlichen Worts nicht geschienen. Bey dem Laërtio lieset man / daß der berühmte Philosophus Diogenes dem mächtigen Könige in Macedonien / dem Alexandro Magno seine grosse Regiersucht unerschrocken vorgehalten / und dieselbige an ihm getadelt / mit folgenden Worten: Du bist bey weiten nicht ein Herr / sondern ein Knecht meiner Knechte: Dann die Laster seyn deine Herren / und meine Knechte / welche über dich herrschen. Es bezeuget gleichfals lib. 9. de Republ. der kluge Plato, das solches diesem Welt-Stürmer sey von seinem Eydgenossen vorgeworffen. Seine Worte davon lauten also: Was Nutzen bringt es dir / ein Herr seyn der gantzen Welt / da du doch eines so verwerfflichen Dinges / als da ist die Sünde / Knecht und Sclave bist.


Ein Sünder ist die unglückseligste Creatur auf Erden.Plato sagt recht am vorangezogenen Ort: Quoties peccas, toties te velut catenâ revinctum nequissimo & spurcissimo Domino pro mancipio eradis.

16. Amphilochius bringet es mit seiner Klugheit dahin
[777] 16. Amphilochius bringet es mit seiner Klugheit dahin / daß der Käyser Theodosius die Arrianer abschaffet.

Beym Theodoreto im 5. Buch am 16. Capitels und beym Sozomeno im 7. Buch am 6. Capitel lieset man folgendes / daß sich damalen zwischen dem Amphilochio und Theodosio zugetragen hat.

Dieser Amphilochius, Bischoff zu Lycaonia, vertheidigte ernstlich den Christlichen Glauben / und widerstunde den Arrianern. Gieng auch zum KäyserTheodosio, und bat demüthig / er wolte die Arrianer /als Lästerer der Gottheit Christi / aus der Stadt treiben / und ihnen / als Verführer des Volcks / keine Kirchen noch Schulen mehr gestatten. Aber der Käyser / eingenommen von den Creaturen und Gönnern der Arrianer / schlug ihm diese Bitte ab / einwendende / des Amphilochii Begehren wäre viel zu hart und unbillich. Dieser weise Mann erwartet einer seinen Gelegenheit / biß der Käyser seinen Sohn neben ihm zum Mit-Regenten erklärete / krönete und die Huldigung thun ließ. Da gieng er neben andern Bischöffen zum Käyser / und that ihm seine gebührende Ehre: Aber den Sohn Arcadium stehet er nicht an / erweiset ihm auch gar keine Ehre. Darum ward der alte Käyser zornig / und befiehlt den Bischoff zu fahen und zu straffen. Darauf fieng der weise Mann an und sprach: Ey allergnädigster Käyser / thuts eurer Majestät wehe / daß ich dem Sohn nicht gebührende Ehre erwiesen: So bedencket dabey / wie es dem Vater im Himmelreich schmertzen [778] müsse / daß die Arrianer seinen liebsten Sohn die gebührende Ehre versagen. Hierauf bedachte sich der fromme Käyser bald / verwundert sich des Mannes Weißheit und Bescheidenheit / willigte in die vorgethane Bitte / und befahl durch angeschlagene ernste Befehle / daß die Arrianer aus allen Städten weichen / und hinfort keine Schulen / noch Kirchen inne haben sollen.

Der Eyffer zu GOTTES Ehre ist zu rühmen. Könige und Fürsten können durch Fuchsschwäntzer verleitet werden. Ein Wort zu rechter Zeit geredet / ist wie güldene Aepffel in silbernen Schaalen.

17. Julii Cæsaris Leutseligkeit gegen seine Feinde
17. Julii Cæsaris Leutseligkeit gegen seine Feinde.

Quintus Hirtius im vierdten Buch seiner Historien erzehlet / daß der großmächtigste Römische Käyser Julius Cæsar, nachdem er eine siegreiche Schlacht erhalten / des nechstfolgenden Tages / durch sein gantzes Krieges-Heer ausruffen lassen / daß der Tag sey ein Tag der Versöhnung und Vergebung / es wolle der Käyser aller Beleidigung und ihm angethaner Schmach und Injurie vergessen / von aufrichtigem Hertzen der Feinde schonen / und sie in die Zahl der Freunde annehmen. Wie dieß unter dem gantzem Kriegs-Heer erschollen / ist einer von den edelsten und tapffersten Soldaten herfür getreten / und hat den Käyser folgender Gestalt angeredet: O Käyser / ich habe allzeit ein Heroisches Gemüth an dir gespüret /ich habe mich offtmahls hochverwundert über deinen Ruhm und Ansehen: Aber heute bin ich gantz erstarret und bestürtzet. [779] Dann indem du allen deinen Feinden vergiebest / womit sie dich beleidiget haben / und sie in die Zahl deiner Freunde auf- und annimmst / erlangest du hierdurch grössere Ehre / als du mit und durch die gestrige siegreiche Victorie erhalten und zuwege gebracht hast.


Recht saget Aristoteles lib. 3. Ethic. cap. 8. Viri magnamini et injurias magno animo ferre. Daher haben die Lacedamonier sonderbare Opffer angeordnet / damit sie ihre Götter anbeten um die Gnade / den Feinden zu vergeben / und das Unrecht zu vergessen / dann sie dafür hielten / daß ein Nachgieriger nichts ruhmwürdiges könne verrichten.

18. Apelles mahlet ab die Calumniam oder Verleumdung
18. Apelles mahlet ab die Calumniam oder Verleumdung.

Der weitberühmte Kunst-Mahler / Apelles, ward aus Neid vom Antiphilo, einem andern Mahler / beym Egyptischen König Ptolemæo heimlich angegeben /als wäre er ihm treuloß / und hätte neben Theodora, dem Hauptmann zu Tyro / den er noch nie gesehen /wider ihn Aufruhr angerichtet. Weil aber der Apelles sich nie konte mündlich verantworten / that ers durch seine Kunst / und mahlete einen König auf einem schönen Stuel sitzende / mit weit geöffneten Ohren /damit er den Verleumdern gern zuhöre: Hinter ihm stund Ignorantia, Jungfrau Unwissenheit / dieweil der König so bald der Lügen ohne Erkundigung des gewissen Grundes geglaubet: Für dem König stund Suspicio, Argwohn / der er die Hand both / anzuzeigen /daß er aus blossem Muthmassen den Beklagten verdamme. Zum König trat Calumnia, die Verleumdung / in Gestalt eines sehr schönen Weibes / die hatte in einer Hand eine brennende Fackel / damit sie leichtlich das Zorn-Feuer anzünden kan; und mit der andern schleppte sie einen unschuldigen wolverdienten [780] Mann mit den Haaren für des Königes Thron / und verhetzte mit allerhand falscher Auflage den König wider ihn. Dieser folgete auf dem Fuß nach Schwester Invidia, oder Abgunst / anzudeuten / daß ihm bey dem Könige dieß Unglück aus blossem Neid zugerichtet. Hinter dieser kam geschlichen Fraus, Betrug / denn die Verleumder bringen ihre Lügen für mit scheinbaren Worten / damit zu betriegen. Auf der Seite stund Tristitia, die Traurigkeit / denn es thut weh / wann einer fälschlich angeklagt / sich nicht darff verantworten. Von ferne folgte Veritas, die Wahrheit / welche doch endlich die Unschuld an den Tag bringet / und die Verleumder zu schanden macht. Zuletzt zog hernachPœnitentia, Reue / die nicht aussen bleibet / doch offt langsam kömmt / wenn der Unschuldige schon in grosse Gefahr gerathen ist.


Das mag wol heissen? Die Verleumdung mit lebendigen Farben abmahlen.

19. Ein Neapolitanischer Ritter fordert seine Feinde fürs Gericht GOttes
19. Ein Neapolitanischer Ritter fordert seine Feinde fürs Gericht GOttes.

Fulgosus lib. 1. cap. 6. erzehlet / daß in Vasconien in der Stadt Burdegala sey gewesen ein Ritter aus dem Orden der Tempel-Herren / von Neapolis bürtig / der in Gegenwart des Pabsts Clementis und KönigesPhilippi zum Feuer verdammt. Da er nun das ungerechte Urtheil verlesen hörete / rieff er überlaut: O du greulicher Tyrann Clemens! und du ungütiger KönigPhilippe! weil ich auf Erden niemand weiß und hab /an den ich wieder euch meines Todes halber / den ich unschuldig leide / appelliren könte / so appellire ich zu dem gerechten Richter JESU Christo / der mich [781] erlöset hat / und citire euch beyde dahin / daß ihr über ein Jahr auf diesen Tag allda erscheinet / meine Unschuld anhöret / und für euer Unrecht und Frevel das gerechte Urtheil von GOtt anhöret und empfahet. Diese Rede ward zwar von bey den hönisch verlachet / aber es erfolgete gleichwol / daß der Pabst übers Jahr eben auf den Tag starb / und König Philippus fiel sich auf der Jagt vom Pferde zu tode.


Das heißt: Irret euch nicht / GOTT lässet sich nicht spotten. Unschuldig Blut bleibt nicht ungerochen. Die Gewaltigen werden gewaltig gestraffet.

20. Von eines Blinden Listigkeit
20. Von eines Blinden Listigkeit.

Zu Agrigent in Sicilien war ein reicher / listiger / blinder Mann / der vergrub fünffhundert Gülden in seinen Garten. Da er aber nach etzlicher Zeit darnach griff /und nichts fand / warff er einen Argwohn auf seinen armen nechsten Nachbar und Gevatter daß er es hinweg genommen hätte. Derowegen erdachte er diese List / gieng zu ihm und sprach: Ach lieber Nachbar und Gevatter! gebt mir doch einen guten Rath / ich habe fünffhundert Gülden in meinem Garten vergraben / nun hab ich noch fast so viel bekommen / das traue ich im Hause nicht / wils auch im Garten vergraben / rathet mir nun recht / soll ichs zu jenem Gelde legen / oder an einen andern Ort setzen. Jener gedachte / das wird gut / so bekommest du dieses zu dem vorigen. Rieth derowegen / er solte es fein zusammen setzen / so könte ers desto besser wiederum finden. Weil darauf der Blinde ihm den Rath gefallen ließ / und beschloß / auf Morgen solches zu thun /gieng der Nachbar die Nacht hin / und satzte die gestohlene [782] fünffhundert Gülden wieder an den Ort. Als nun der listige Blinde des andern Tages dahin kam /und den Topff mit dem Gelde wieder fand / nahm er selbigen weg / und sprach überlaut; Denn er wuste wol / sein Nachbar würde ihm zusehen: Höre Gesell /der Blinde hat besser zugesehen / als der zwey Augen hat. Ich habe nun mein verlohren Geld wieder / was besser verwahren / als zuvor / und gieng davon.


Geld hat viel Feinde / Füchse muß man mit Füchsen fangen. Sie Ars diluditur Arte.

21. Vom Sprichwort: Vindicta Lycurgi
21. Vom Sprichwort: Vindicta Lycurgi.

Plutarchus in Apophtheg erzehlet folgendes von dem fürtrefflichen und um das gemeine Beste wolverdienten Man Lycurgo. Ein frecher und allen Bubenstücken ergebener Jüngling / hatte aus lauterm Frevel und Muthwillen dem aufrichtigen und nur mehr alten und greisen Lycurgo das eine Auge verletzt und ausgeschlagen. Was konte verwegeners? Was konte erschrecklichers von so einem stoltzen Jüngling verübet werden? Hätte er auch können einem so redlichen und aufrichtigen Mann was schimpfflichers beweisen? Wie es vor den Rath und Magistrat der Stadt gekommen / wird geschlossen / man solte dem beleidigtenLycurgo den muthwilligen Schander übergeben / selbigen nach eigenem Belieben und Wolgefallen zu straffen. Was meynet ihr wol / was dieser Atte gethan? Vielleicht hat er diesen verwegenen Jüngling in ein grausames Gefängniß geschmissen? Nein. Vielleicht hat er ihm die Hand / damit er ihm sein Auge ausgestossen / abhauen und ihm dieselbige [783] zum Schimpff an den Halß hencken lassen? Nein. Vielleicht hat er ihm beyde Augen ausgerissen / und ihn zum Spott den andern Spießgesellen übergeben? Nein. Vielleicht hat er ihm einen schmählichen Tod angethan / damit ein solcher Unflath niemand weiter betrüben und beschimpffen möchte? Nein. Was hat er dann immermehr mit seinem Feind vorgenommen? Höret eine gantz wunderbare Weise sich zu rächen /vernehmet eine unterhörte Art der Tortur und Straffe. Der gute Alte / nachdem ihm sein Feind in seine Hände war gelieffert / hat er denselbigen bey der Hand ergriffen / mit sich nach Hause genommen / ihn in guten Sitten und Tugenden unterrichtet und gewiesen / wie er seinen Muthwillen solte brechen und frömmer leben. Hat ihn auch / nachdem er einen andern und frömmern Menschen aus ihm gemacht / vor den Rath gestellet / und den also angeredet: Einem standhafftigen und großmüthigen Mann gebühret keine andere / dann diese Rache von seinem Feinde zu nehmen. Dieß hat Ursach gegeben zu dem abgesetzten Sprichwort: Vindicta Lycurgi. Welches gebraucht wird von denen / die ihren Feinden gutes thun.


O Christen! O Christen! was gedencken wir / die wir offt für Zorn und Rache brennen? wird nicht dieser am Jüngsten Tage viel tausend rachgierige Maul-Christen beschämen. O rächet euch selbsten nicht meine Liebsten.

22. Mehr Exempel derer - die sich gegen ihren Feinden gütig erwiesen
22. Mehr Exempel derer / die sich gegen ihren Feinden gütig erwiesen.

Mit vorhergehenden kommen sehr sein überein folgende Exempel.

Der großmüthige und tapffere Krieges-Oberste der Athenienser der Phocion, wie er gantz [784] unschuldig und ohne Ursach / aus eigener mißgünstiger und boßhafftiger Leute fälschlicher Anklage / war zum Tode verurtheilet / und nunmehr den Becher mit Gifft / der ihm / selbigen auszutrincken / von dem Scharffrichter gegeben war / in den Händen hatte / und er von einigen Freunden gefraget / ob er auch etwas zu sagen / oder zu guter letzt zu entbieten hätte seinem eintzigen Sohne / soll er mit grosser Standfestigkeit geantwortet haben: Diß befehle ich ihm / daß er soll vergessen des Trancks / den ich / mir von den Atheniensern eingeschenkt / ietzo trincken muß. Wolte nicht haben / daß er seinen unschuldigen Tod an den Atheniensern solte rächen.

Quintus Curtius lib. 5. de Reb. Alexand. schreibet / wie ihm war zu wissen gethan / daß sein geschworner Feind der Darius todt / und von seinen eigenen Freunden ermordet wäre / in Meynung / sie würden den Alexandrum mit dieser Botschafft hoch erfreuet haben: So habe er ihnen den Rücken zugekehret / und gegen die andern Umstehenden den Tod des KönigesDarii beweinet: Beklagende / daß ihm dadurch die Gelegenheit / seine Gelindigkeit sehen zu lassen / benommen / dem Dario das Leben zu retten / und ihm sein Königreich wieder zu geben.

Gleichfalls schreibet man von dem grossen KäyserMarco Aurelio, daß er seines Feindes des Crassi Tod kläglich beweinet habe / auch befohlen / daß man dessen ihm vorgebrachtes Haupt solte gebührlich begraben: am allermeisten beklagende / daß er nicht könne / indem er dem Crasso wollen alle Verbrechen vergeben / den Nahmen des Großmüthigen erlangen.

Da mag man wol sagen: Fortior est, qui se, quam[785] qui fortissima vincit mœnia. Und müssen gelten diese Worte Isidori: Magna est virtus, si non lædis eum, à quo læsus es: Magna est gloria, si, cui potuisti nocere, parcas.

23. Lysimachus verkaufft mit einem Trunck Wasser seine Freyheit
23. Lysimachus verkaufft mit einem Trunck Wasser seine Freyheit.

Plutarchus gedencket unter andern von dem KönigLysimacho, daß er auf eine Zeit von seinen Feinden gantz umschlossen / und fast hart beängstiget gewesen. Wie er nun in währender feindlicher Belägerung sehr grossen Durst litte / und nicht anders vermeynete / er müste vor Durst verschmachten / habe er einen Stillstand gebeten und erbeten / auch darauf / um einen kalten Trunck Wasser beydes sich / und sein Volck / und seine Freyheit und alles / was er hatte /den Feinden geboten und übergeben. Die Feinde nicht faul / bringen ihnen vor so einen geringen Preiß diese aufgetragene und angebothene Schätze zuwege / bringen dem durstigen Lysimacho einen kühlen Trunck /welcher denselbigen mit grosser Begierde an den Mund gesetzet und ausgetruncken hat. Wie er nun dadurch wieder zu Kräfften / und durch seinen Schaden klüger geworden / hat er von Hertzen angefangen zu seufftzen und folgende Klag-Worte dabey ausgesprochen: Ach! ach! wie so eine kurtze Lust hat mich aus einem Herrn zum Recht / aus einem König zum Gefangenen gemacht.


Das gilt uns Christen: wie offt tragen wir feil den Himmel / und verschertzen die himmlischen Güter durch einen schnöden und eitelen Wollust-Trunck.

24. Croesi stummer Sohn redet
24. Crœsi stummer Sohn redet.

[786] Herodotus, im ersten Buch seiner Historien / erzehlet eine gantz wunderbahre Geschicht / die sich mitCrœso, der Lydier König / und dessen stummen Sohn zugetragen habe. Dieses Crœsi junger und stummer Sohn ward zugleich mit seinem Vater in einem unglücklichen Streit und Gefecht gefangen. Wie nun einer von den gemeinen Soldaten sein Schwerdt zückete / in Willen seinen Vater den König zu tödten /und der Sohn solches ersahe / ward er aus natürlicher Liebe getrieben / sehr bestürtzt / er bemühete sich seinem Vater zu helffen: Aber / weil er schon gefangen /konte er keine Hülffe thun. Was geschicht? Mercket eine unglaubliche That / der Schmertzen und die kindliche Liebe seyn in ihm so starck geworden / daß alsobald die Bande der Zungen seyn gelöset / und der Sohn mit aller Bestürtzung in folgende Worte heraus gebrochen: Hüte dich / daß du den König nicht tödtest! Als wolt er sagen: Was gehest du an / du verwegener und frecher Soldat / siehest du nicht / daß dieser / den du dich unterstehest zu tödten / sey Crœsus mein Vater der König in Lydien? Höre auf von so einem gottlosen Vornehmen: Es ist unverantwortlich /daß ein solcher gemeiner Soldat seine Hand wil legen an den König und mit dessen Blut seine Hände netzen. Durch diese Worte soll der Soldat dermassen bestürtzet seyn / daß er den vorgehabten Todtschlag nicht vollenzogen.


Giebt ein feines Beyspiel allen Kindern / sich der Eltern / insonderheit der Nothleidenden / anzunehmen. Ein Sünder / der was böses und sündliches begehet / tödtet gleichsam seine Seele und alles Gute darinnen: Da soll ein Christ demselbigen zuruffen / straffen und ihn von Sünden abmahnen.

25. Egyptier und Römer liessen ihre Weiber nicht viel ausgehen
[787] 25. Egyptier und Römer liessen ihre Weiber nicht viel ausgehen.

Es haben die lieben Alten dem weiblichen Geschlecht das Schnecken-Häußlein recommendirt / daß sie daher ein fein Beyspiel nehmen / und wie die Schnecke ihr Hauß allezeit auf den Rücken nachträget: Also sie auch gerne daheim bleiben / und nicht viel ausgehen solten. So haben es auch einige Völcker gehalten. Plutarchus Lib. de Præcept. Nupt. gedencket / daß den Egyptischen Weibern von ihren Männern nicht anders / als mit entblösseten Füssen aus dem Hause zu gehen / zugelassen sey. Daher dieselbigen aus Furcht / sie möchten anstossen / oder sich verletzen /entweder gar nicht aus dem Hause giengen / oder wann sie nothwendig musten ausgehen / doch nicht weit giengen / sondern bald wieder zu Hause kehreten.

Eben derselbige Plutarchus im Leben Numæ Pompilii gedencket / wie zu Rom zugetragen habe / daß ein Weib das Marck- oder das Gericht-Hauß vorbey gegangen sey / worüber die Römer dermassen bestürtzet worden / daß sie nach dem Oraculo zu Delphis geschicket / um zu vernehmen / was solches bedeutete. So gar ungewöhnlich war es zu der Zeit / daß Weiber öffentlich über die Gasse giengen.

So manches Land / so mancher Gebrauch. Halt dich rein / acht dich klein / mache dich nicht zu gemein / in diesen dreyen Stücken sollen sich die Weiber schmücken.

26. Fabel vom Igel
26. Fabel vom Igel.

Ein berühmter und gelahrter Poet hat diese Lehrreiche Fabel vom Igel geschrieben.

Der Igel ist ein Thier / daß allenthalben voller [788] spitziger Stacheln / es kan sich aber dermassen zusammen thun / daß es läst wie ein kleiner Ball oder Kugel. Nun habe es sich auf eine Zeit zugetragen /daß diß elende Thier aus seinem Lager vertrieben worden / indem die Jäger vermeynet / es wäre ein Raub darinn / und es gantz darnieder gerissen. Der Igel / beraubt seiner Behausung / ist durch die Felder und Wälder herum gegangen / da ihm ungefehr auf dem Wege begegnet ein Fuchs / welchen er demüthig gebeten / er wolle ihn doch bey sich beherbergen. Der Fuchs siehet diß stachlichte Thierlein mit unerschrockenem Hertzen an / hat zwar Mitleiden mit demselbigen; aber er versaget ihm schlechter Ding die Herberge. Dann er hielt es nicht für rathsam. Der Igel hält inständiglich an / er wolle ihm nur ein Räumlein in seiner Fuchs-Gruben einräumen / gelobende / er wolle sich nicht rühren / noch einige Beschwerde verursachen. Durch dieses Fehlen und Bitten lässet sich der Fuchs endlich erweichen und erbitten / nimmet den Igel an / und beherberget ihn. Aber so bald nun der Igel den geringsten Platz in der Höle einbekommen /hat er sich dermassen ausgedehnet / daß der Fuchs /(hat er nicht wollen gestochen und verwundet seyn /) dem Igel müssen weichen / und ihm die Grube allein lassen.

Trau / schau / wem. O wie viel Igel-Hertzen giebt es noch! Der Teuffel hat Igels-Natur / wann er das Hertz einnimmet / muß GOtt weichen.

27. Antigoni kluge Antwort
27. Antigoni kluge Antwort.

Der gemeine Mann hält die / so in grossem Ehren-Stand sitzen / für glückselig / aber in Warheit findet sich grosse Gefahr dabey / wie solches der König Antigonus erkannt und bekannt hat / nachdem [789] Gezeugniß Plutarchi in Apopht. und des Valerii Maximi lib. 7. cap. 2. Dieser Antigonus war auf eine Zeit angethan mit seinem Königlichen Purpur-Kleide / haltend in seinen Händen seinen Königlichen Scepter / begleitet mit vielen Fürsten und Edlen des Landes / und ward geführet auf einem prächtigen und kostbar zugerüstetem Triumph-Wagen durch die Stadt. Unter andern kam ihm auch ein Weib entgegen / welche ihm mit frolockender und glückwünschender Stimme also zurieff: O du glückseliger! O vor allen andern hochgepriesener Antigone! Der du zu solchem Glück-Stande und hohen Ehren bist erhaben worden! Auf dieses Weibes Glückwünschen hat der König etwas still halten lassen / und nachdem er mit Verwunderung dieselbe angesehen / und ihr zugehöret hatte / hat er ihr erbleichet mit trauriger und wehmüthiger Stimme folgende Antwort darauf gegeben: O Weib! wenn du es wüstest / wie viel Sorge und Gefahr unter diesem Stücklein Tuch verdecket und verborgen liegen / du würdest es nicht würdigen von der Erden aufzunehmen.


Das menschliche Leben ist voller Unruhe. Die uns düncket die Glückseligsten zu seyn / die seyn offt die Allerunglückseligsten. Erhebe dich nicht deines Standes /sondern sey demüthig.

28. Einige denckwürdige Grabschrifften
28. Einige denckwürdige Grabschrifften.

Dionysius Cassianus bezeuget / daß er auf eines vernehmen Römischen Raths-Herrn / der genannt Similus, seinem Grabe gesehen / und gelesen habe die folgende Grabschrifft: Hie liegt Similus, dessen Alter sich zwar erstrecket auf viel Jahr / aber doch nur [790] sieben gelebet hat. Aber wie ist das zu verstehen / und wie soll es ausgeleget werden / daß dieser bey Erreichung eines so hohen Alters vorgebe: Er habe nur sieben Jahr gelebet? Der Dionysius Cassianus beantwortet diese Frage / und saget / daß Similus mit vielen Sachen und Staats-Geschäfften umgeben / nicht ihm selbsten / sondern andern gelebet habe: Aber nachgehends hätte er sich der Dinge abgethan / und sich aufs Land auf seinen Meyerhof zu wohnen begeben / da er sieben Jahr in guter Ruhe zugebracht. Darum er denn gesaget / daß sein gantzes Leben beruhe in den sieben in Stille verbrachten Jahren.

Plutarchus erzehlet / es sey an des streitbaren Königs Alexandri Grab ein Emblema gesetzet worden:Asiam & Europam devicit. Gantz Asiam und Europam hat er ihm unterthänig gemacht. Mit dieser Uberschrifft: Alexandri Victoria. Des grossen Alexandri Sieg und Triumph.

Die Rabbinen oder Hebräischen Lehrer zeugen von dem Grabe des Israelitischen Fürsten Josuä / daß darauf pro Emblemate gestanden sey das Bildniß der Sonnen / und darüber diese Worte: Sol contra Gabionem ne movearis. Sonne stehe still zu Gibeon. Zum Gedächtniß des herrlichen Wunderwercks / da die Sonne und der Mond stille gestanden / einen gantzen Tag / biß sich das Volck rächete.

König Cyrus hat befohlen / man solte ihm nach seinem Tode auf sein Grab schreiben: Hic jacet Persarum debellator. Hier lieget der Perser Bezwinger.


Ehren-Gedächtnisse / denn die es verdienet haben /aufzurichten ist unverboten. Aber rechtschaffener Christen wahre Grabschrifft solte seyn: Hie lieget der / durch des Lamms / Blut / über [791] Tod / Teuffel / Sünde / Welt und Hölle gesieget hat. Aber solte man vielen nach ihrem Lebens-Wandel die Grabschrifft setzen / würden sie des säuischen und unflätigen Sardanapali Grabschrifft erlangen /dem auf sein Grab gesetzet dieser Epicurische Spruch:


Ede, bibe, lude, post mortem nulla voluptas.

29. Verblühmte Beschreibung des Worts Cor oder Hertz
29. Verblühmte Beschreibung des Worts Cor oder Hertz.

Die gottseligen Alten vermelden / daß einsmahl ein Einsiedler GOTT täglich gebeten habe / er wolte ihm doch zeigen / was ihm zu seiner Seelen Heil am nothwendigsten und GOTT dem HErrn am allerangenehmsten wäre? Es sey ihm aber einsmals erschienen der Teuffel / in der Gestalt eines guten Engels / und zu ihm gesaget: Mein frommer Vater / dein Gebet ist erhört und GOtt hat mich zu dir gesandt / und befohlen dir anzuzeigen / daß / wofern du begehrest / selig zu werden / müssest du drey Dinge für deine Sünde opffern / nemlich einen neuen Mond / den Zirckel der Sonnen / und den vierdten Theil eines Rads. Worauf der böse Geist so bald verschwunden. Der arme Einsiedler hielt solches für unmöglich / und habe angefangen an seiner Seligkeit zu verzweiffeln. Aber GOtt hat ihn nicht verlassen / sondern ihm einen Engel des Lichts geschicket / und ihm lassen sagen: Daß die Dinge / die ihm durch den Satan fürgestellet worden /nicht unmöglich wären. Denn der neue Mond werde bedeutet durch den Buchstaben C. der Zirckel der Sonnen / durch den Buchstaben O. und das R. bedeutet das vierdte Theil des Rads. Diese drey Buchstaben zusammen gesetzt machen ein COR, oder ein Hertz /das soll er GOtt aufopffern.


[792] Der Teuffel suchet auf allerhand Weise die Menschen zu bestricken / und setzet seine Worte auf Schrauben. GOtt muß man das Hertze geben / und zwar das gantze /und nicht ein halbes.

Jener Poet hat es so gegeben:


Tolle caput Corvi, caput Ovis, Cœter a corvi,
Offer ista Deo, inde beatus eris.
30. Faustinæ ungebürliche Liebe
30. Faustinæ ungebürliche Liebe.

Daß die Liebes-Begierden einen Menschen offt wunderbarlich verleiten / solches bezeugen gar viel Exempel. Nur eines zu berühren / aus dem Suetonio Tranquillo in Vit. Cæsarum, da gedencket er der Faustinæ der Käyserin / wie sie verblendet von ihren eigenen Begierden und Lüsten / nicht achtend die schuldige Pflicht / die sie ihrem Ehe-Herrn dem Käyser versprochen / sich ungebührlich verliebet habe in einen geringen Fechter. Wie aber die Eltern und Freunde solches vermercket / haben sie denselbigen Fechtmeister umbringen lassen. Das ward der Faustinæ kund gethan /daß ihr unzeitiger und unglücklicher Buhler todt / darauf hat sie zu ihren Dienerinnen gesaget: Verschaffet mir etwas von seinem Blute / als hätte sie wollen sagen: Dieweil ich nun meines Liebhabers beraubet bin / nicht mehr mag seine Gegenwart geniessen / und mich derselbigen erfreuen / so holet mir etwas seines Blutes / damit ich mein mattes Hertz damit erquicke /und die in mir brennende Liebes-Flamme lesche.


Die Liebe ist blind / sie fällt sobald auf das Ungestalte /als auf das Wolgestalte. Viel Christen verlassen GOtt und verlieben sich in die Welt: Aber O thörichte Menschen.

31. Augusti Gäste müssen sonderliche Kleider anhaben
31. Augusti Gäste müssen sonderliche Kleider anhaben.

[793] Der obberührte Suetonius im gedachten Buch gedencket auch dieses vom Käyser Augusto, daß er seinen Freunden ein groß Gastmahl zugerichtet habe / unter andern habe er an die eingeladene Gäste begehret /und sagen lassen / daß alle / die seine liebliche und köstlich zugerichtete Speisen mit geniessen wolten /ihre gewöhnliche Kleider solten ausziehen / und mit der Götter als herrlichsten Kleidern / angekleidet /sich solten einstellen. Wer diesem nicht würde nachleben / den würde er nicht allein zu diesem Gastmahl nicht kommen lassen / sondern würde ihn darbey mit schwerer Straffe belegen / als welcher sein Gebot freventlich übertreten / und sich selbst dieser Mahlzeit unwürdig gemacht hätte. Diß gewinnet das Ansehen eines grossen Stoltzes und Ubermuths / welchen der Käyser Augustus hiemit habe an den Tag gegeben: Dann er hat hiemit wollen sehen lassen die Herrlichkeit seines Gastmahls.


Die Grossen und Gewaltigen lassen auch im Speisen /Getränck und Kleidungen ihren Pracht sehen. GOtt hat uns bereitet ein geistliches Mahl / wer darzu würdig und GOtt wolgefällig treten will / der muß ausziehen das Sünden-Kleid / und anlegen das rechte neue uns von GOtt geschenckte Buß-Kleid.

32. Vom Niesen
32. Vom Niesen.

In der 393. Historie der 4. Centuriæ ist auch davon gedacht / und sind aus dem klugen und Weltweisen Heyden Aristotele natürliche Ursachen angeführet /wie nicht weniger solches bestätiget aus dem Gebrauch der Alten / warum man den Niesenden Glück wünschet. Ich will dißmahl hieher setzen / das sich soll zugetragen haben zu Rom im Jahr 580. [794] wodurch dieser Gebrauch gleich erneuert und völlig bestätiget oder bekräfftiget ist. Im Jahr Christi 580. zur Zeit der Regierung des Pabsts Pelagii, ist um Rom die Tyber so groß gewesen / daß sie biß an die Fenster des Tempels Neronis gegangen. Nach Verlauffung des Wassers / blieb viel Ungezieffers / Kröten / Schlangen /Ottern etc. im Schlamme liegen / darvon ward die Lufft also vergifftet / daß eine geschwinde Pestilentz daraus entstund / dadurch die Menschen in einem Augenblick dahin fielen und sturben / und gemeiniglich kam es die Leute mit Niesen und Hojanen an / so daß sie im Niesen und Hojanen sobald niederfielen und den Geist aufgaben. Daher ist kommen der Gebrauch / daß / wann man einen hat sehen Hojanen / hat er und andere das Creutz für sich oder ihn gemacht / und also sich und ihn GOTT zum Tode befohlen. Im Niesen hat er und andere geruffen: GOtt helffe! als der in so geschwinden Sterben der Hülffe GOttes am meisten bedürffte.

Man schreibet auch / das Pabst Pelagius eine Fasten geboten habe / habe auch Procession gehalten in der Stadt Rom / dem Sterben zu steuren und zu wehren: Aber in der ersten Procession soll er todt darnieder gefallen seyn sammt neuntzig Personen im Niesen und Hojanen.

Viel Dinge seyn mit der Zeit aufgekommen / davon man keine Ursache weiß zu geben oder den ersten Ursprung mag erforschen. GOTT hat viele Wege die Menschen zu straffen. Es ist gar bald mit dem Menschen geschehen / daß er ausgehet wie ein Licht. Darum befehl man sich bey Zeiten in GOttes Hand.

33. Ein Soldat bittet Antigonum ihm zu helffen um seines Vaters treue Dienste
33. Ein Soldat bittet Antigonum ihm zu helffen um seines Vaters treue Dienste.

[795] Plutarchus in Apophth. erzehlet von einem jungen Soldaten / einem Sohn eines alten und treugedienten Soldatens des Königes Antigoni, daß derselbige nach dem Tod seines Vaters durch Faulheit und Verschwendung in die äusserste Armuth gerathen / und fast an den Bettel-Stab gekommen sey. In dieser seiner grossen Dürfftigkeit habe er sich einsmahls erkühnet / sey zu dem König Antigonum gegangen / vor demselbigen auf die Erde niedergefallen / und ihn angeredet mit folgenden Worten: O Großmächtigster König / ich leide grosse Armuth und Dürfftigkeit / so gar / daß ich weder zu beissen noch zu brocken habe. Derowegen bitte ich unterthänigst / Ew. Königl. Majestät wolle sich meiner in Gnaden annehmen / und mir in meiner hohen Noth zu Hülffe kommen / und das um meines Vaters willen / als welcher allezeit treue gedienet / auch sein Leben nicht geachtet / sondern dasselbige vor Ewr. Königl. Majestät Heil und Wolfahrt gelassen hat. Hierauf habe dieser kluge und weise König geantwortet: Höre junger Mensch! Mein Gebrauch ist / die eigene / und nicht der Vor-Eltern Verdienste zu belohnen / als wolt er sagen: Wilt du /daß ich dir helffen soll / so must du dich nicht auf den Vater beruffen / sondern du must dich recht und männlich halten / dann wird die Entgeltung sich auch finden.


Viele Kinder schlagen aus der Art / und folgen nicht den Tugenden ihrer Eltern. GOTT hilfft nicht um unsers / sondern um des Verdienstes JEsu Christi willen.

34. König Demetrius verlachtet die Schilde der Babylonier
34. König Demetrius verlachtet die Schilde der Babylonier.

[796] Der großmüthige Held Demetrius, ein Sohn des Königes Antigoni (wie Cœlius Rhodiginus lib. 6. schreibet) wie er einsmahls mit seinem bey sich habenden wohlgerüstetem Krieges-Heer vorhabens war über den Fluß Euphratem zu gehen / die Stadt Babel zu belagern / hat er um den Abend in seinem Gezelt mit den Krieges-Obristen / Gewaltigen und andern vornehmen Befehlshabern / Krieges-Rath gehalten / wie die Stadt auf das bequemeste anzugreiffen und zu gewinnen sey. Nachdem nun der König seine Gemüths-Meynung ihnen entdecket hatte / ist einer von den Beysitzern aufgestanden / hat gewaltig heraus gestrichen die Fürtrefflichkeit der Babylonischen Waffen /sagende: Babylonica scuta telorum ictus irrident. Die Babylonischen Schilde verlachen alle Pfeile. Wolte damit so viel sagen: Die Babylonier achten keinen Feind / sondern verlassen sich auf die starcken Schilde. Darum wolle er rathen / man soll die Stadt nicht mit Gewalt angreiffen / sondern sehen / ob sie mit List und Verrätherey zu gewinnen. Aber dem Demetrio mißfiel der Rath / denn er wolte die Stadt lieber durch seine Tapfferkeit als durch Verrätherey an sich bringen / antwortet derowegen und sprach? Si scuta Babylonii habent, dextera carent. Ob gleich die Babylonier starcke und gute Schilde haben / so haben sie doch keine rechte Hand: Als wolt er sagen: Der Schild will es allein nicht thun / sondern man muß ihn wissen zu gebrauchen / und damit zu streiten / daran aber fehlt es den Babyloniern. Darum haben wir uns für ihren Schilden nicht zu fürchten.


[797] Nicht die Waffen / sondern derer rechter Gebrauch ist zu fürchten. Der Glaube und das Gebet seyn der Christen bewehrte Waffen und Schilde.

35. Warum die Schwanen von GOTT gerechnet unter die Unreinen
35. Warum die Schwanen von GOTT gerechnet unter die Unreinen.

Im dritten Buch Mosis / cap. 11. vers. 18. hat GOTT dem Israelitischen Volck unterschiedliche / sowohl Thier / als Vögel benennet / die sie als unreine solten achten / und derselbigen Fleisch nicht essen. Darunter wird mit gefunden der weisse Schwan. Darüber könte sich vielleicht jemand verwundern und fragen / was doch GOTT für Ursache müsse gehabt haben / einen solchen schönen Vogel unter die unreinen zu zehlen /der herein gehet mit so aufgerichtetem langen Halse /der gezieret und geschmücket ist mit Schneeweisen Federn / so daß ein jeder / der ihn siehet / ihn nicht ohne Belustigung kan anschauen. Der Kirchen-Lehrer Origenes, (der / von wegen seiner schweren und unverdrießlichen Kirchen-Arbeiten / wie auch vielen Schrifften ist Adamantius genannt.) Hom. in Lib. Num. bemühet sich das darunter steckende hohe Geheimniß zu erklären / wann er saget: GOtt habe den Schwan vor unrein erkläret / weil er ein lebendiges Muster sey der Heuchler und Gleißner. Wie das? Denn sagt er: Wie der Schwan auswendig trägt weisse Federn / aber damit überdecket sein schwartzes Fleisch: Also stellen sich die Heuchler auswendig still / sittsam und fromm: Im Hertzen aber stecken sie voll schwartzes Sünden-Fleisches.


Die Schrifft ist voller Geheimnisse / darum forschet /daß ihr möget finden / den darein vergrabenen Seelen-Schatz. Heuchler gefallen GOTT nicht / sondern seyn unrein und ein Greuel. [798] Es seyn nicht alle Köche / die lange Messer tragen. Cura esse quod adis.

36. Der Neidhart wird mit dem Tiegerthier verglichen
36. Der Neidhart wird mit dem Tiegerthier verglichen.

Die Natur-erfahrne Scribenten / Plinius, Pierius, Herodotus, Cl. Alexandrinus, und andere haben unter vielen andern wunderbahren Eigenschafften des Tiegerthiers / auch diese angemercket. Wann es von ungefehr soll hören ein lieblich sängendes musicalisches Instrument / so soll es sich gantz grimmig /wütrig und schrecklich stellen und gebärden; Wann er aber nebenst der lieblichen Music soll hören eine Stimme eines Menschen / der mit aller Freundlichkeit zu sich rieffe andere Menschen oder Thiere / so soll es sich selbst mit seinen grimmigen Klauen zerreissen und zerstücken. Diese thierische und bestialische Gewohnheit und Eigenschaft hat gleich erheblich angenommen der Mißgünstige. Denn derselbige / wann er siehet und höret / daß ein ander von wegen seiner Geschicklichkeit / und seinen herrlichen Tugenden /damit er begabet ist / von diesem und jenem gerühmet wird / so entbrennet er gleich vor Zorn und Unwillen /und fehlet nicht weit / er nehme ihm vor Unmuth selbst das Leben. Diß kan nicht uneben mit dem Exempel des Königs Saul beleuchtet werden / 1. Sam. 18. vers. 6. 7. 8. 9. der aus gifftigem Neid nicht konte ohne Erbitterung anhören / daß man David ihm vorzog. Ein gelehrter Doctor redet mit erstarrendem Gemüth auf Rhetorische Art den Saul deßwegen also an: Was ergrimmest du Saul / und warum mißfällt dir das Lob dessen / der [799] das Vaterland erhalten hat? Freue dich / O du guter Mann / über das Musiciren der Weiber; Hörest du nicht / wie lieblich sie die Seiten schlagen / wie anmuthig sie singen / wie zierlich sie die Füsse setzen / und bewegen. Diß soll ja die Gemüther zur Freude antreiben / nicht aber eine Grausamkeit bey einigen erwecken / und du zürnest deßwegen. Schliesset darauf / und saget: Mit einem Tiegerthier hab ich zu reden / nicht mit einem Menschen und der durch Neid gleich verwandelt in ein Tiergerthier / der hält auch dessen Art und Natur / wann er den lieblichen Klang und Gesang der Weiber gehöret.


Salomo sagt recht: Neid ist ein Eiter (oder nach dem Hebräischen ein Tod) in den Beinen. Der Neid verwandelt vernünfftige Menschen in unvernünfftige Thiere.

37. Fabel vom zornigen Jupiter
37. Fabel vom zornigen Jupiter / wie er von der Göttin Venus mit einer Kette auf die Erde gezogen.

Bey dem alten Griechischen Poeten Homero lieset man vom Jupiter und der Venus eine solche Fabel. Der Heyden erdichteter Gott / der Jupiter / war einmahls sehr ergrimmet über die grosse Boßheit der Menschen auf Erden / so daß er im Zorn oben in dem Himmel blieb / und nicht wolte zu den Menschen auf Erden kommen. Derowegen die andern Götter / wie sie sahen den grossen Jammer und das grosse Elend /darein die Menschen deßwegen geriethen / aus Mitleiden bewogen / zu dem Gott Jupiter sich verfügeten /und hielten mit inständiger Bitte an / er wolle sich der Noth derer / die auf Erden wohneten / annehmen / und sich zu ihnen hinunter machen. Der Jupiter willigte in ihre Bitte / doch mit [800] dem Bedinge / wann sie ihn könten mit einer güldenen Ketten vom Himmel zur Erden ziehen. Diß liessen sie sich alle belieben / und fiengen an alle mit aller Gewalt ihn zur Erden zu ziehen: Aber es war alles umsonst und vergebens. Endlich ist auch hinbey getreten die Göttin Venus, die hat dermassen starck angezogen / daß der Jupiter hat müssen ihr nach der Erden folgen / der auch befohlen / man solte nach diesem die Venus nicht ein unvermögendes und schwaches Weib / sondern eine starcke Heldin und Göttin nennen.


Die Poetischen Schriften seyn voller Gedichte nach dem Ausspruch des Horatii:

Pictoribus atque Poëtis,
Quidilbet audendi semper fuit æqua potestas.

Doch stecken zuweilen grosse Weißheiten darunter. Die Liebe hat GOTT vom Himmel gebracht / daß er sich der in Sünden verlassenen Menschen erbarmet hat. Mit dem andächtigen und gläubigen Gebet kan man GOTT und seinen Segen vom Himmel bringen.

38. Zeuxis mahlet die schöne Helenam
38. Zeuxis mahlet die schöne Helenam.

Von dem fürtrefflichen und weitberühmten Mahler /dem Zeuxe, schreibet der Römische Redner Cicero, wie er mit seinem kunstreichen Pinset wollen abmahlen die alle Weiber in Griechenland an Schönheit übertreffende Helenam, so habe er alle schöne Jungfrauen aus denen Oerten zusammen gefordert / und aus allen genommen ihrer fünffe / die er achtete / daß sie es allen andern an Schön- und Höfflichkeit zuvor thäten. Diß that er zu dem Ende / auf daß er von diesen fünffen nehme ein Formular und Muster / nach welchem er möchte hernach die schönste Helenam abbilden. Derowegen so hat er von der einen nachgebildet die schöne Goldgelbe Haar / von der [801] andern die klaren hellgläntzenden Augen / als die Liebe und des Hertzens Dollmetscherinnen. Von der dritten die Zierde der Brüste / von der vierdten der Lippen und der Wangen natürlich-schöne Röthe. Von der fünfften hat er geborget die hocherhabene weite Stirn: Aus denen zusammen er / nach seiner Mahler-Kunst gleich dieQuintam Essentiam der Schönheit herausgezogen hat / in solcher Vollkommenheit / daß aller die sie mit ihren Augen angesehen / sich darüber haben müssen verwundern.


Schönheit ist eine grosse Gabe GOttes / doch soll man nicht damit prangen. Gottesfurcht ist die beste GOtt- wolgefällige Schönheit.

39. Carolus König zu Navarra muß jämmerlich verbrennen
39. Carolus König zu Navarra muß jämmerlich verbrennen.

Man lieset vom Carolo einem Könige zu Navarra /als er im Jahr Christi 1386. gantz contrac war / und sonst seine Glieder nicht zur Nothdurfft gebrauchen können / habe er sich auf Rath und Gutachten seiner Aertzte lassen einnehen / in ein leinen Tuch / welches zuvor in Regen-Wasser war eingetunckt und genetzet worden. Was geschicht / derselbige / der den König eingenehet hatte / als er den Faden abschneiden sollen / nimmet er ein Licht / brenne den Faden ab / und gehet davon. Da nun jederman vermeynet / der König lege in seiner sanfften Ruhe / und also unter den Dienern niemand vorhanden war / der auf den König hätte acht gehabt / siehe da, fänget das abgebrannte Fädelein an zu glimmen und erreichet das leinen Kleid / in welches der König genehet war / das nimmt die Flamme schnell an sich. Der krancke König aber /der sich weder reget [802] noch bewegen können / und seine Diener nicht bey sich hatte / muste verbrennen und eines jämmerlichen Totes sterben.


Auch die Gewaltigsten dieser Welt seynd nicht sicher für dem Tode. Für einem bösen schnellen Tod / behüt uns lieber HErre GOTT.

40. Etlicher Exempel - die wunderlich und geschwinde umgekommen seyn
40. Etlicher Exempel / die wunderlich und geschwinde umgekommen seyn.

Weil wir aus voriger Historie gesehen / wie wunder und schleunig wider aller Vermuthen einer könne um sein Leben kommen / als will ich zu dessen Bestätigung und zu mehrer Erinnerung unserer Sterblichkeit / noch wenig Exempel hieher setzen.

Von dem Ascepio Medio, einem Bruder des gewaltigen Römers Pompeji M. zeugen die Historien / daß er 20. Jahr auf grossen Wassern und auf dem wütenden und brausenden Meer herum geschiffet / nie auch in sonderlicher Gefährlichkeit des Lebens gewesen: Als er aber auf eine Zeit Wasser aus einem Brunnen schöpffen wollen / fiel er hinunter und ersoff. Muste also der tapffere Held / der so viel Siege erhalten /und so viel Reisen auf der Tieffe des Meers verrichtet hatte in einem Regen-Brunnen ersterben.

Von dem edlen Römer Bibulo, der mit dem Zunahmen Bonus genannt ist / schreibet man / als er auf eine Zeit einen herrlichen Sieg erhalten / und ihm auf Anordnung des Rathts zu Rom / ein stattlicher Triumph angestellet wurde / auch nun an deme war / daß er mit der grössesten Solennität und Jauchtzen des Volcks solte auf das Capitolium geführet werden / da[803] sey ein Ziegel vom Dach herunter gefallen / habe ihn den Bibulum so getroffen / daß er allda sterben müssen / und ist aus solchem Freuden-Tag ein Leid-Tag geworden.

Bekannt ist / daß Appius an einem Ey ersticket.Anacreon an einem Gersten-Körnlein. Sophocles an einem Weinbeerlein. Fabius, der Raths-Herr zu Rom / an einem Haar im Trunck. Euripides und Lucianus von Hunden zerrissen worden / etc.

Das mag wol heissen / unser Leben sey gleich einem fliegenden Blat / einem dürren Halm / einem hinfliessenden Wasser / einem durch die Lufft fliegenden Vogel: Einem Graß / das bald welck wird / das mit der Sichel abgehauen wird / etc. Ach HErr / lehre uns bedencken / daß wir sterben müssen / auf daß wir klug werden.

41. Ein Philosophus beantwortet vier Fragen
41. Ein Philosophus beantwortet vier Fragen.

Man schreibet von einem Könige in Italia, daß er von einem fürnehmen Philosopho vier Dinge gefraget /und davon seine Meynung zu sagen begehret habe. Als folgende: 1. Was der Mensch wäre? 2. Wem er zu vergleichen sey? 3. Was des Menschen Thun? 4. Was er für Gefehrten hätte? Alle vier habe ihm der Philosophus also beantwortet: Auf die erste Frage: Was der Mensch wäre? Hat er geantwortet: Der Mensch wäre ein Gast und Fremdling / und sein Lauff gehe immer nach dem Tode. Auf die zweyte / wem der Mensch zu vergleichen? Sagt er: unterschiedlichen Dingen. Als erstlich: Einem Eyß / welches / so bald die Sonne darauf scheinet / verschmeltzet. Zum andern / dem Thau / der am Graß hienge / und von der Sonnen verzehret würde. Zum dritten / einer Wasserblasen / die leicht zergienge / [804] und zerspringen. Vierdtens / den Blättern auf den Bäumen / welche bald abfielen und verwelckten. Auf die dritte Frage / was des Menschen Thun? sagte er: Er müsse stets streiten und kämpffen auf Erden. Auf die vierdte / was er für Gefehrten hätte? Hat er gesaget: Seine Gefehrten seyn Durst / Hunger / Sorge / Kranckheit und endlich der Tod.


Auf kluge Fragen gehören kluge Antworten. Ein jeder wünsche mit dem H. Augustino: O Deus! Da mihi nosse Me & nosse Te.

42. Alexandro wird verehret ein wunderbarer Stein
42. Alexandro wird verehret ein wunderbarer Stein.

Paulinus lib. de Mort. Temp. & Ætern. cap. I. gedencket eines wunderbaren Steins / welcher von einem alten Mann dem Alexandro M. dem herrschenden Welt-Monarchen / ist zu einem sonderlichen Geschenck præsentiret worden. Dieser Stein hat die Natur an sich gehabt: Wann man ihn in eine Sag-Schaale geleget / hat er alle andere Sachen / auch die allerschwersten überwogen / die in der andern Schüssel eingeleget waren; Aber wann man nur ein wenig Asche darauf streuete / ¡so sey er auch von den allerleichtesten Dingen überwogen worden. Uber diesen Wunder-Stein muste sich Alexander mit allen seinen Hof-Dienern verwundern / und trugen Verlangen die Ursache dessen zu erfahren. Derowegen hat der König Alexander etliche Weltweise Leute zu sich fordern lassen / und von ihnen begehret / sie solten ihm diß Wunder-Ding erklären / welche / nachdem sie sich lange bedacht hatten / endlich dem König dieses Morale daraus gegeben und gesaget: Herr König / der Stein bedeutet euren Zustand. Ihr seyd der schwere Stein / den [805] schier der Erdboden nicht tragen kan. Ihr übertrefft alle Potentaten / daß sie nichts gegen euch wägen. Aber es kan bald kommen / daß ihr müsset sterben / da euch die Erde wird bedecken / und werdet alsdann leicht genug werden.


Es stecket viel Wunderdings in der Natur / daß wird nicht alles können ergründen. Der ist aller Ehren werth /der alle Ding zum besten kehrt.

43. Ein Herr darff seinen flüchtigen Knecht nicht verfolgen im Grabe
43. Ein Herr darff seinen flüchtigen Knecht nicht verfolgen im Grabe.

Man lieset in Theat. Vitæ Hum. Tom. 2. lib. 3. von einem Bürger und Herrn aus der Stadt Sybaris / daß derselbige mit seinem Knecht auf dem Felde gewesen / da es der Knecht gar grob versehen / so / daß der Herr deßwegen im Zorn ergrimmet / denselbigen mit seinem an der Seiten gehenckten Degen hat erstechen wollen. Der Knecht hat sich auf die Flucht begeben /und der Stadt zugelauffen / in Meynung / er würde allda sicher seyn: Aber der Herr von Grimm und Zorn eingenommen / folget ihm unverzögerlich hinten nach: Der Knecht laufft aus Furcht und Bangigkeit in der Götter Tempel hinein / in guter Hoffnung / sein Herr werde den heiligen Ort scheuen / und nichts Gewaltsames an ihm vollenbringen: Aber sein Herr folget ihm auch Zorns voll dahin nach. Der arme und unglückselige Knecht wuste ferner keine Auswege / er stund in tausend Aengsten / und wuste nicht / wohin er weiter fliehen solte. Er bedachte sich letzlich kurtz / und sprang ins Grab / da seines zornigen Herrn Vaters Knochen begraben waren. Dadurch sey dieser HErr dermassen bewogen / daß er erstarret / still gehalten / sich seiner und seines Vaters [806] Sterblichkeit so bald erinnert / den Zorn fallen lassen / dem Knecht alles vergeben / und so nach Hause gangen.


O Mensch! Bedencke das Ende / so wirst du nimmermehr Ubels thun.

44. Ein Höfling wünschet einen grossen Nagel
44. Ein Höfling wünschet einen grossen Nagel /daß er das Glücks-Rad möge feste machen.

Der kluge Heyde Seneca erzehlet von einem Könige /daß er einen seiner Höflinge zu hohen Ehren habe erhoben / und ihn zu einem vornehmen Regenten seines Reichs gemacht. Nach wenig Tagen hat es sich zugetragen / daß der König ihn gefraget: Ob er nun nicht an einer so grossen Ehre sein Vergnügen hätte? Ob er sich nicht jetzo glückseelig schätzte? Darauf hat der Höfling dem Könige geantwortet: Er halte sich noch nicht allerdings glückseelig / er wolte und könte es werden / wenn nur eins nicht im Wege lege / und ihm nicht noch eins mangelte. Wie nun der König inständig begehrete / ihm zu sagen / welches das eine wäre /das ihm die volle Glückseeligkeit verhinderte? Hat er gar höflich und klüglich geantwortet: Es lege im Wege das wanckelbare und unbeständige Rad des Glückes / und es fehle ihm nicht mehr denn ein eintziger grosser und starcker Nagel. Der König hat hierauf weiter gefraget / was er mit dem grossen Nagel wolte anfangen? Liegt denn des Glücks Vollkommenheit an einem Nagel? Freylich habe der Höfling gesaget: Denn wann ich den hätte / so wolte ich das unbeständige Glücks-Rad feste machen / daß es nicht könte umlauffen.


[807] Traue nicht zu viel dem Glück / gedencke es kan sich ändern / das Glück ist gläsern / wenn es am meisten gläntzet / so zerbricht es. S. Ambrosius lib. de Abraham. sagt schön: Bona hujus seculi instabilia sunt, & rotarum more cum ipso seculo volvuntur.

45. Des heiligen Arsenii wunderbares Gesicht
45. Des heiligen Arsenii wunderbares Gesicht.

Bey dem Hieronymo ist zu finden / was ich in dieser Historie erzehlen will.

Der heilige Abt Arsenius, wie er in seiner Cellen sich enthielte / hat auf eine Zeit diese Stimme vom Himmel gehöret. Gehe heraus / ich will dir zeigen die Wercke der Menschen. Arsenius, da er diese Stimme gehöret / ist er aus seiner Cellen heraus gegangen; Er wird gewahr eines schwartzen Manns / der in dem Walde Holtz hauet und zusammen sammlet. Der /nachdem er das gehauene und gesammlete in einen grossen Hauffen hatte zusammen gebunden / hat ers versuchet von der Erde zu heben / auf den Rücken zu nehmen / und es davon zu tragen. Aber ob er gleich starck von Leibe / hat ers doch nicht können von der Erden heben / vielweniger auf den Rücken nehmen und davon tragen. Darum hat ers lassen liegen / ist hingelauffen / hat noch mehr Holtz loßgehauen / solches genommen / und dem andern beygethan / versuchende; ob ers nun könte heben. Aber alles umsonst: Denn der das Leichtere nicht konte heben / wie solte dem möglich fallen / das Schwere zu tragen? Doch ist er zum drittenmal hingelauffen / hat noch ein mehrers geholet / bey das vorige gethan / und versuchet / ob es jetzt werde möglich fallen / das Bund-Holtz aufzunehmen! aber / war es zuvor nicht möglich / so war es nun noch viel weniger. Der heilige Mann stund und[808] sahe dem Dinge mit grosser Verwunderung zu / er kunte es gantz nicht ersinnen / was hierdurch solte bedeutet werden / biß eine Stimme vom Himmel ihm diß dunckele Bild erkläret hat / mit diesen Worten: Der da Holtz hauet und es in Bündlein bindet / bedeutet den Sünder / welcher mit Sünden und Ubertretung beladen / offt dieselbige Last kaum ertragen kan / und gleichwol so gar bethöret ist / daß er immer neue Sünden hinzu thut / gleichsam bey sich selbst sagende: Nachdem ich viele Sünden werde zusammen getragen haben / und die zu den andern gethan / dann will ich dieselbe heben und Busse thun.

Es sey geschehen / oder von den frommen Alten erdichtet / so giebt es eine gute Lehr / wie thörlich die Menschen thun / die Sünde mit Sünden häuffen / die häuffen ihnen die Straffe auf den Tag des Zorns.

46. Von dem Heydnischen Gott Rumino
46. Von dem Heydnischen Gott Rumino.

Was die Heyden durch diesen Gott Rumino verstanden haben / das kan man nehmen aus dem H. Kirchen-Lehrer Augustino im 4. Buch von der Stadt GOttes Cap. 11. Denn die Alten / wann sie wolten beschreiben den GOtt der Natur / der allen gebe das Leben / wie auch den lebendigen Creaturen ihre Nahrung etc. so haben sie ihn abgemahlet in Menschen-Gestalt / aber so / daß sie denselben vom Haupt biß zu den Füssen voller Brüste gemacht / an welchem hiengen Löwen / Bären / Elephanten / Hirsche und andere Thiere mehr: Aber aus sonderlicher Liebe undAffection hielt er den Menschen in seinen Armen /und speiset / tränckete und ernehrte ihn mit einer süssen Milch. Daher ist er genannt Deus Ruminus, das ist / ein Gott der Brüste / dieweil er damit allenthalben behangen war.


[809] Das ist ein Poetisches Gedicht / aber wir können mit Warheit sagen / daß unser GOtt sey ein GOtt der Brüste /als von dem alles muß leben und sein Gedeyen nehmen: Denn alle gute Gaben / und alle vollkommene Gaben /die kommen von oben herab von dem Vater des Lichts.

47. Alexandri M. Soldaten kommen durch ihre lange Haare in grosse Gefahr
47. Alexandri M. Soldaten kommen durch ihre lange Haare in grosse Gefahr.

Der heilige Kirchen-Lehrer Ambrosius lib. 6. Hex. gedencket aus dem Plutarcho, daß des Königs Alexandri M. Krieges-Heer einsmals durch ihre lange Haar sey in grosser Gefahr gewesen / und sich solches folgender Gestalt begeben. Des Königes Alexandri und des Königes Darii Soldaten haben eines Tages gantz männlich gegen- und miteinander gestritten /also / daß man nicht wissen können / auf welche Seite der Sieg würde fallen. Endlich habe einer unter den Persianischen Soldaten einen Anschlag erdacht / den Feind zu überwältigen / nemlich also: Er sprang in einem Sprung auf die Macedonische Soldaten zu / ergriff sie bey den langen Haaren / warff sie zu Boden /und erstach sie mit seinem Schwerdt zu tode. Wie nun der König Alexander vermerckte / daß er dadurch viele von seinen Soldaten verlohr / ließ er alsbald zum Zug blasen / rufft alle seine Soldaten von dem Kampff-Platz zurück / führet sie an den Berg / lässet ihnen alle die Haar kahl abschneiden / führet sie wieder an die Schlacht / und sieget glücklich.


Zum Kriege hilfft nicht starck seyn / zuweilen thut die Geschwindigkeit und Listigkeit das beste. Die sündlichen Lüste seyn die langen Haare / woran uns der Satan zur Höllen ziehet. Wachet und beschneidet die verderblichen Lüste des Fleisches.

48. Von der Semiramidis Geburt - Heyrath und Gebäuden
[810] 48. Von der Semiramidis Geburt / Heyrath und Gebäuden.

Die Semiramis ist / (nach dem Gezeugniß Diodori Siculi im 2. Buch Cap. 6.) bürtig bey der Stadt Ascalon, des Landes Syrien; allwo sie / als sie an die Welt gekommen / am See hingeworffen; Daselbst aber soll sie / wie einige schreiben / von den Tauben / welche da nisteten / anfangs mit süsser Milch / hernach als diß Kind stärckere Speise bedurffte / mit abgenagtem Käse / den sie von den nächstwohnenden Hirten raubeten / gespeiset und erhalten worden seyn / biß es endlich die Hirten gewahr geworden / die es / als ein schönes Magdlein hinweg genommen / dem Königlichen Stallmeister Simma solches geschencket / der das Kind / als seine leibliche Tochter auferzogen hat /und es nach ihren Speiß-Meistern / den Tauben / Semiramis nennen lassen. Einsmals kehrete des Königes Land-Voigt der Menones bey Simma ein / wie der die Semiramiden sahe / (welche nun schön und mannbar war) verliebet er sich in dieselbige / und nahm sie zur Ehe / die ihm gebahr zween Söhne Hypaten und Hydaspen. Wie aber die Semiramis sich klüglich hielte in der Stadt Bactra, (wohin sie ihr Mann mit hatte holen lassen) und mit sonderlicher Listigkeit Meisterin des Schlosses ward / auch folgends zuwege brachte / daß die Stadt in die Hände des Königes kam / verwunderte er sich über ihren Heldenmuth und Klugheit / verliebt sich zugleich in ihre Schönheit / und nahm sie / (nachdem der Menones, wie er hörete / daß der König sie begehrte zu haben / aus Ungedult und rasender Unsinnigkeit sich selbst erhenckt) zum Weibe / und [811] hat mit ihr gezeuget einen Sohn / NahmensNinus, der aber gantz aus der Art geschlagen / und nichts lobwürdiges verrichtet hat. Nachdem nunNinus sterbende / das Reich der Semiramidi hinterlassen / wie Diodorus sagt: oder wie andere setzen / von ihr mit List getödtet / und sie sich der Regierung angemasset / da hat sie unter andern auch grosse Lust zu bauen gehabt. Wie sie dann zu Friedens-Zeiten ihren Ruhm in Aufrichtung köstlicher Gebäue gesuchet hat. Daher seyn von ihr erbauet viel Städte / die Stadt Babylon ist von ihr erweitert / und mit einer so köstlichen Mauer gezieret / daß es für ein Wunder-Werck der Welt gehalten worden. Es ist hiebey nicht zu vergessen der Brücke über den Fluß Euphraten, da auf beyden Seiten zwey herrliche Schlösser gebauet. Sie hat auch einen Gang in der Erden unter dem Wasser gemacht / durch welchen sie aus einem Schloß ins andere konte gehen. Ich wil nicht gedencken der Tempel und Gärten / die sie auf das köstlichste hat ausfertigen lassen. Kurtz zu sagen / wie sie mit Einrichtung vieler krummen Wege grossen Nutzen geschaffet: Also hat sie dadurch grossen Ruhm erworben.


GOtt und die Natur läßt sich an kein Geschlecht binden / sondern richtet auch durch die Geringen ihr Werck aus.

49. Von der Semiramidis ihren Kriegen und Absterben
49. Von der Semiramidis ihren Kriegen und Absterben.

Die vorgedachte Semiramis, wie sie sich klüglich gehalten in Friedens-Zeiten / also hat sie auch ihren Helden-Muth zur Zeit des Krieges erwiesen. Sie ist nicht vergnüget gewesen mit der Beschirmung derer von ihrem Mann ihr gelassenen Reiche [812] / sondern sie hat nach mehrern getrachtet. Gantz Egypten ist sie durchgezogen / ein groß Theil Lybien / und gantz Æthiopiam hat sie unter ihre Gewalt gebracht. Sie hat viel Siege gegen die Perser / Meder / Araber und andere Völcker mehr erhalten. Schrifftwürdig ists / was man lieset / daß / wie ein Bote gekommen / der ihr die Zeitung gebracht / daß die Babylonier von ihr abgefallen wären / sie entrüstet / die Helffte ihres Haars also ungebunden fliegen lassen / und dieselbigen nicht ehe in Ordnung gebracht / biß die Babylonier unter ihre Gewalt gedemüthiget worden. Daher ihr auch in der Stadt Babylon ein Marmorsteinern Bild in der Gestalt / wie sie zur Rache geeilet / nachgesetzet worden. Gegen die Indianer brachte sie eine grosse Macht zusammen / also daß gezehlet wurden 30. mal hundert tausend Fuß-Knechte / 5. mal hundert tausend Reuter / hundert tausend Streit-Wagen / und eben so viel Männer auf Cameelen sitzend / welche Schwerdter führeten vier Ellen lang. Weil auch die Indianer viel Elephanten hatten / so hat sie dreymal hundert tausend schwartze Ochsen schlachten lassen / befahl den Schustern aus deren Leder Bilder der Elephanten zu machen / welches auch künstlich ist zu Ende gebracht / wiewol es ihnen wenig geholffen hat. Zwar anfangs hat sie (so wol zu Lande / als zu Wasser) glücklich gestritten. Dann als Staurobates, der Indianer König /mit einer grossen Schiff-Armada ihr entgegen gieng /weil die Semiramis sich nicht wollen abschrecken lassen / durch die an ihr abgeschickte Gesandten / welche im Nahmen ihres Königes straffeten ihre Vermessenheit / daß sie so einen unnöthigen Krieg anfieng /dabey dräuen ließ / wann [813] er sie gefangen bekäme /daß er sie wolle creutzigen lassen. Da kam es an ein hartes Fechten / und nach langer Gegenwehr überwand sie die Indianer / versenckte ihrer Schiffe bey die tausend / nahm viel Insuln ein / und bekam über die hundert tausend Indianer gefangen. Darauf hat sie ihren zu Wasser erhaltenen Sieg auch zu Lande verfolget. Ließ eine grosse Brücke über den Fluß bauen /führet ihr Krieges-Volck hinüber / stellet sich in Schlacht-Ordnung / und wurden die Feinde durch die vielen falschen Elephanten fast geschrecket. Denn ob sie gleich den Betrug gewahr wurden / auch die Indische Pferde / welche der rechten Elephanten wol gewohnet waren / mit ihren Reutern auf die andern loß giengen / wurden dennoch die Pferde durch den ungewöhnlichen Gebrauch der frischen Elephanten hefftig verstöret / warffen ihre Reuter ab / und gaben sich auf den Lauff. Die Semiramis drang mit ihrem Heer hinten nach / und schlug sie in die Flucht. Aber der König der Indianer bestürtzt / setzte die Schlacht-Ordnung fort / stellete seine echte und rechte Elephanten vorne an / welche mit den gemachten stritten / und die bestritten / biß das gantze Assyrische Heer in die Flucht gebracht ward. Die Semiramis selbsten ward vom Staurobate mit einem Pfeil in den Arm / und mit einem Wurffspieß in den Rücken getroffen / sie entkam aber mit ihrem schnellen Pferde / und brachte kaum den dritten Theil ihres Volcks davon. Megasthenes beym Strabone vermeynet / daß sie im Kriege mit Staurobate dem Könige der Indianer umgekommen sey. Hingegen schreibet Justinus im 1. Buch am 2. Cap. daß sie zuletzt / als sie ihren Sohn zur Unkeuschheit hatte antreiben wollen / (wie sie denn wegen ihrer [814] Geilheit einen bösen Nahmen gehabt hat) von demselben getödtet worden.


Das Glück ist wanckelmüthig. Vermessenheit hat viel gestürtzet / und wer Gefahr liebet / der kommt darinnen um.

50. Von des Cleantis, Diogenis und Plauti Begierde zu lernen
50. Von des Cleantis, Diogenis und Plauti Begierde zu lernen.

Bey dem Laërtio lib. 7. lieset man vom Cleante, daß er anfangs gehabt einen groben ungelehrten Kopff /aber in der Mühe und Arbeit ist er gewesen über alle massen gedultig. Er hat sein gantz Gemüth zu Erlernung guter Künste gewandt / ist gekommen nach Athen / und gehöret den gelehrten Mann Zenonem. Weil er aber arm und unvermögen / hat er des Nachts einem Gärtner Wasser getragen / damit er das Brod verdienete / daher er auch genannt φριάντης, das ist /ein Brunnen-Ausschöpffer. Des Tages studierete er /und weil er nicht Geld hatte / Pappier und Schreib-Bücher zu kauffen / so zeichnete er ihm auf Thon /Scherben und Ochsen-Beine / was er aus dem Munde seines Præceptoris hörete.

Antisthenes, da er in Piræeo wohnete / gieng alle Tage einen weiten Weg gegen Athen / daß er allda in der Schule den Socratem hörete. Als er nachgehends ein fürtrefflich gelehrter Mann geworden / und selbst eine Schule aufrichtete / aber vermerckte / daß viel Zuhörer seiner Lehr nicht folgen wolten / ward er zornig / und wolte niemand mehr unterweisen / derowegen er auch den fleißigen Schüler Diogenem von sich treiben wolte. Als aber dieser wieder kam / und mit grösserm Fleiß sich einstellete / dräuete ihm Antisthenes, er wolte ihn mit dem Stecken abtreiben / wie er ihn dann auch mit dem Bacul etliche mal getroffen /aber [815] er wolte nicht weichen; sondern sprach: Schlag du nur wacker darauf / ich wil dir den Kopff mit Gedult herhalten: Dann einen solchen harten Prügel wirst du nicht finden / mit dem du mich von deinenDisputationibus und von deiner Lehre abtreiben kanst. Da diese Lust der Antisthenes vermerckete /ward er sein bester Freund / und lehrete ihn mit Freuden / alles was er wuste.

Plautus, der fürtreffliche Comœdien-Schreiber muste Armuths halber zu Rom um das Brod mahlen. Dabey studierete er mit Fleiß / brachte es endlich so weit / daß auch Varro von ihm schreibet / wann dieMusæ Lateinisch reden solten / so würden sie sich seiner Art im Reden gebrauchen.


Lust und Liebe zum Dinge / macht alle Arbeit geringe. In der Jugend kan man bald mercken / was aus einem werden wil.


A teneris assuescere multum est.
Hansellus teneris quicquid non discit in annis,
Hans nunquam discet; semper ineptus erit.

Es ist nichts in der Welt / sagt Seneca, das eine standhafftige Mühe / eine fleißige Sorge und Verrichtung nicht überwinden könne.

51. Vom H. Laurentio
51. Vom H. Laurentio.

Der Heilige Märtyrer Laurentius, (wie die Kirchen-Historien vermelden /) hat gelebt um das Jahr Christi ungefehr zweyhundert funfftzig. Ist bürtig gewesen aus Spanien. Von seinen Eltern / wer sie gewesen /und wie sie geheissen / wird nichts gründliches gefunden; Doch ist er ohne allen Zweiffel / von solchen Eltern entsprossen / die ihn zur H. Tauffe befördert /und ihn Laurentius nennen lassen / vom Lorbeer-Baum / der Winter und Sommer grünet. Wie er zu seinen Jahren kommen / hat er sich in den [816] geistlichen Stand begeben / und ist Diaconus oder Caplan der Römischen Kirchen / auch zu einem Kasten-Herrn der geistlichen Güter verordnet worden. Der damahlige Bischoff zu Rom hieß Sixtus, wie derselbige zur Marter geführet ward / ist deßwegen Laurentius Traurens voll geworden / und hat angefangen bitterlich zu weinen / auch ihn mit diesen Liebes-Worten angeredet: O lieber Vater! Wo gehet ihr hin / wollet ihr denn euren Sohn nicht mitnehmen? Habt ihr mich im Amte stets um und bey euch gehabt? Warum wolt ihr mich nicht auch zu einem Gesellen des Todes annehmen? Sixtus hat ihm geantwortet: O mein lieber Sohn! ich verlasse dich nicht / nach dreyen Tagen wirst du mir folgen. Laß dir nur die Schätze der Kirchen treulich befohlen seyn. Wie diß der Königliche Stadthalter gehöret / hat er ihn lassen greiffen / und ins Gefängniß legen / mit dem Befehl / er soll die Schätze dem Käyser übergeben. Laurentius begehret drey Tage Frist / auf daß er das Geld zusammen bringen möchte. Unterdessen fordert er zu sich alle arme Wittwen und Wäysen / und andere nothleidende Christen / und theilet unter ihnen das Geld aus. Nach dreyen Tagen / da man das Geld begehret / müssen die Armen wieder zu ihm kommen / die zeiget er dem Käyserlichen Stadthalter / und spricht: Sehet / das seyn die Kirchen-Schätze. Was man solchen Leuten giebet / das ist unverlohren. Darüber ward der Tyrann sehr erbittert / befahl dem Hencker / ihn alsobald auf einen eisernen Rost über das Feuer zu legen / das auch geschehen. Man schreibet /daß er in solcher Noth sehr gestärcket sey. Ein Heil. Engel / in Gestalt eines schönen Jünglings / habe ihm den [817] Schweiß abgewischet / und ihm alle Schmertzen gelindert / daß er mit Freuden gesaget: Diese glüende Kohlen machen mir gar keine Quaal und Pein. Er habe sich auch gewendet zu dem dabey stehenden Tyrannen / und gesaget: Wolan! die eine Seite ist gebraten / friß du Menschen-Fresser. Hat darauf seine Seele Christo befohlen / und ist selig eingeschlaffen.


Viele haben den Nahmen mit der That. Was dir befohlen ist / deß nimm dich treulich an. Was im Gesange ist die liebliche Zusammenstimmung / das ist in der Kirchen die Einigkeit / sagt Augustinus: Mit Kirchen-Gütern soll man treu und redlich handeln. CHristo muß man getreu seyn biß in den Tod.

52. Aristippi kluge Antwort - die er einem geitzigen Vatter gegeben
52. Aristippi kluge Antwort / die er einem geitzigen Vatter gegeben.

Der gelehrte und berühmte Mann Aristippus (dessen gedacht in der 55. Historie der 2. und in der 84. der 4. Centuriæ) hat gar klüglich begegnet einem geitzigen und unverständigen Vatter. Denn wie derselbige auf eine Zeit zu ihm kam / und fragte / was er nehmen wolte / vor seinen Sohn / wann er einen gelehrten Mann würde daraus machen. Aristippus darauf forderte 500. Drachmas, oder nach gemeiner Müntze 50. Reichs-Thaler. Dieser karge Filtz aber sagte: Für so viel Geld könte er einen leibeigenen Knecht erkauffen / der müsse thun / was er befehle und könne ihm in der Nahrung durch seine Arbeit grossen Nutzen schaffen. Da antwortet ihm Aristippus recht: Wolan! gehe hin und kauffe dir einen. Denn hast du zween grobe Flegel / am Sohn und an dem Knecht.


Wie einer fraget / so lautet billich die Antwort. Viel wollen sparen / da sie nicht sollen. Diogenes, wie er gefraget: Welche [818] unter den vielen Lasten / so die Erde trüge / die schwerste? hat geantwortet: Homo indoctus, ein ungelehrter Mensch.

53. Die Märterin Catharina siehet zwo Cronen
53. Die Märterin Catharina siehet zwo Cronen.

Der Hospinianus von den Festen der Christen / und andere schreiben / daß die Märterin Catharina auf eine Zeit gesehen habe / wie zwo Kronen vom Himmel herab gelassen worden: Die eine sey mit schönen und wolriechenden Blumen zubereitet gewesen / die andere aber sey mit stachlichten Dornen geflochten /dabey habe sie gehöret diese Stimme: Erwehle dir eine / unter diesen beyden hast du die Wahl. Darauf habe sie alsobald mit beyden Händen nach der Dornen-Kron gegriffen / dieselbe auf ihr Haupt gesetzet und gesagt: Diese erwehle ich / diese erwehle ich. Dieß lässet sich fein appliciren auf einen jeden Christen / dem werden fürgestellet zwo Kronen. 1. Die Welt- und Freuden-Kron. 2. Christi dorne Creutz-Krone / damit er in seinem Leiden ist gekrönet worden / die auch allen seinen Gliedern angeboten wird.


Der zum Himmel ist erkohrn / den stechen die Disteln und Dorn. Christen erwehlen Creutz und Leiden.

54. Legenda von der H. Catharina
54. Legenda von der H. Catharina.

Weil in der vorigen etwas gedacht ist von der Heil. Catharina / will ich die gantze Legenda hieher setzen / wie sie von den Scribenten in der Römischen Kirchen beschrieben ist. Es fället dero Gedächtniß-Tag ein den 25. Tag des Monats November / und schreibet man / daß sie von Alexandria aus Königlichem Geschlecht bürtig gewesen / von Jugend auf in dem Heydenthum / in der Philosophia und Weltweißheit /auch andern freyen Künsten sich geübet [819] und darinn mit grosser Verwunderung zugenommen habe: sey aber endlich zur Christlichen Lehre und Glauben bekehret / auch bald darauf von Maxentio, den sie wegen seiner Tyranney und Verfolgung wider die Christen hart gestraffet / ins Gefängniß geworffen /darinn 7. Tage mit Hunger gequälet / nachmals 50. berühmten Männern und Philosophis fürgestellet worden / die mit ihr aufs schärffste disputiret / daß sie sie wieder zur Heydnischen Abgötterey bringen möchten: Haben aber nichts bey ihr ausrichten können / sintemahl sie ihnen allerseits dermassen begegnet / daß sie zuletzt überwunden / und zur wahren seligmachenden Religion bekehret. Worüber der Tyrann Maxentius also ergrimmet / daß er die 50. Philosophos alle tödten lassen. Die gefangene Catharina /weil sie standhafft in der Erkäntniß Christi verharrete / habe er auf Räder / mit viel spitzigen Eisen zugerichtet / legen lassen / daß sie von denselbigen solte in Stücken zerschlagen werden / welche eiserne Räder aber / durch ein Göttliches Wunderwerck zersprungen / und eine grosse Menge der umstehenden Ungläubigen erschlagen. Letzt sey sie dem Schwerdt hingerichtet / und habe also die Marter-Krone erlanget.

Diß wird also als warhafftig geschrieben / aber man findet davon nichts bey den alten Geschichtschreibern. Ist hiemit allerdings bewandt / wie mit dem erdichteten grossen Christophoro, der hin und wieder in den Kirchen gemahlet stehet / wie mit dem Ritter Georgio, der einen grossen Drachen soll erwürget haben / mit Hyppolito, der unter dem KäyserDecio durch Dorn und Disteln geschleifft und zerrissen seyn soll. Mit Longino, der nach Eröffnung der Seiten Christi / mit seinem [820] / des HErrn / Blut soll besprenget / und durch dessen Krafft zum Christlichen Glauben gebracht seyn.

Hieraus ist zu schliessen / was man soll halten von dem Gebet: O du heilige Jungfrau Catharina / sey unsere Vorsprecherin bey GOtt / in unserm Kampff und Streit. Ja daß zu Rom noch soll verwahret seyn die Milch / so an statt des Bluts von St. Catharinen soll geflossen seyn.

55. Artaxerxes begehret - Democritus soll ihm seine Gemahlin lebendig machen
55. Artaxerxes begehret / Democritus soll ihm seine Gemahlin lebendig machen.

Dem König Artaxerxi starb seine Gemahlin die Königin ab / wie er sie nun todt und bleich für seinen Augen liegen sahe / ward er über alle massen traurig darüber / dann er sie sehr geliebet hatte. Schickte auch in der Traurigkeit zu dem gelehrten Mann Democrito, und ließ bey ihm anhalten / er solte die Verstorbene durch seine Kunst wieder lebendig machen. Ja wol / sprach Democritus, das ist eine schwere Kunst / welche selten jemand studieret und gelernet hat / doch solte der König an den Sarg schreiben lassen 30. Menschen-Nahmen / die ihr Alter über 20. Jahr gebracht / und kein Unglück ausgestanden / so würde ihr geholffen werden. Aber in allen seinen Ländern konte er nicht einen einigen Menschen finden /der ohne Creutz gewesen.


Es ist kein Kraut im Garten / das wider den Tod wil arten. Christen seyn vielem Unglück unterworffen.

56. Spartaner grosse Liebe zur Freyheit
56. Spartaner grosse Liebe zur Freyheit.

Die Heydnischen Völcker / die der Tugend und Tapfferkeit nachgejaget / habens je und je dafür gehalten /daß die Politische und Bürgerliche Freyheit ein sehr fürtreffliches Kleinod sey / köstlicher [821] dann alle andere leibliche Güter / um dessen Erhaltung man gern Leib und Leben solte wagen.

Die Spartaner haben solches ihren Kindern früh vorgehalten / und sie unterrichtet / daß sie / als freye Leute / zu keiner schnöden Dienstbarkeit sich solten zwingen lassen / sondern viel lieber den Tod darüber leiden / ja ihnen selbst den Tod anthun / welches auch von vielen geschehen. Plutarchus erzehlet von einem jungen Spartanischen Knaben / daß / als er im Kriege gefangen worden / er öffentlich / auch in den Händen der Feinde / ausgeruffen: Non serviam. Ich mag und wil kein Knecht seyn / ich wil auf keine schnöde Weise dienen. Und als nachmals sein Herr / der ihn gekaufft / ihm etwas zugemuthet / das freyen Gemüthern untüglich / habe er zu ihm gesaget: Scies, quid emeris, du solt alsobald erfahren / was du gekaufft habest. Sey damit auf das Dach gestiegen / und habe sich selbst herab gestürtzet. Eben dergleichen meldeet er auch von einer Weibes-Person / daß sie zu ihrem Herrn / der sie gekaufft / und nachmals unziemliche Dienste ihr zugemuthet / gesaget: Flebis. Es wird dich gereuen / habe ihr darauf selbst das Leben genommen.

Christen sollen eyfferig halten / über ihre Christliche Freyheit / nicht werden der Sünden Knechte.

57. Ein Brunn verräth die Meineydigen
57. Ein Brunn verräth die Meineydigen.

Es schreibet der Weltweise Heyde Aristoteles, daß in Sicilien ein sonderbarer Brunnen sey / den man für hoch und heilig halte / darum / daß er die Warheit des Eydes offenbare / dann wann man etwas auf ein Täfflein schreibet / und in diesen Brunnen [822] wirfft / und dasselbige mit einem wahren Eyde bekräfftiget ist / so schwimme das Täfflein über sich in die Höhe: Wann es aber ein falscher Eyd / so falle das Täfflein zu Boden / daß mans nicht mehr sehen kan / der Meineydige aber werde alsobald vom Feuer verzehret.


Wenn dem also / wär es für ein groß Wunderwerck der Natur zu halten / und dabey GOttes Allmacht zu preisen. Es ist auch dabey zu erkennen / wie die Heyden / ob sie wohl ohne GOtt und sein Wort gewesen / dennoch auf Eyd / Treu und Glauben viel gesehen / und dafür gehalten haben / daß / wer solche halte / für fromm: Wer sie aber breche / für einen Gottlosen soll gehalten werden.

58. Abedii Pollionis und Ottonis Antonii Tyranney
58. Abedii Pollionis und Ottonis Antonii Tyranney.

Abedius Pollio ist so ein tyrannischer Herr gewesen /daß / da auf eine Zeit Käyser Augustus bey ihm zu Gaste gewesen / der Diener aber ungefehr ein Glaß zerbrochen / habe er befohlen / man soll ihn in Stücken zerhauen / wäre auch geschehen / wenn nicht der Käyser Augustus solches gewehret hätte und befohlen / den Knecht ledig zu lassen / auch alle Christalline Gläser zu bringen / und in Stücken zerbrechen / damit Abedius nicht Ursach hätte / sich also zu erzürnen.

Otto Antonius der Urbiner Fürst ließ einen Edel-Knaben nackt ausziehen / mit Leinwand umwinden /die mit Schwefel umgossen / zündet die an / und verbrannte ihn schmertzlich / nur darum / daß er zu lange geschlaffen / und den Herrn nicht früh genug zum Jagen aufgeweckt hat.

Zürnet ihr / so sündiget nicht!

59. Vom Wort Spinnen - und wem diese Arbeit am besten anstehe
[823] 59. Vom Wort Spinnen / und wem diese Arbeit am besten anstehe.

Das Wort Spinnen hat seinen Ursprung von einer Spinne / das ist ein Thierlein / das findet sich in allen Häusern / dessen gantz wunderliche Natur der Plinius Lib. 11. Nat. Histor. cap. 24. weitläufftig beschrieben hat / sagend / es sey ein schönes Model oder Muster einer Haußhaltung: Zwischen dem Männlein und Weiblein sey ein sonderbarer Vergleich / was ein jeder machen soll. Das Weiblein spinne und webe sein Werck mit solchem Fleiß / daß alle Weber sich nicht schämen dürffen zu bekennen / daß sie ihre Kunst von diesem Thierlein bekommen haben. Das Männlein aber begibt sich auf die Jagt / und bewirbt sich um Nahrung / das Weiblein damit zu erhalten und zu ernehren.

Diß ist nun eigentlich eine Weiber-Arbeit / deren sich keines schämen darff / daher auch Käyser ihre Töchter darzu haben gewehnen lassen. Vom KäyserAugusto schreibet man / daß seine Töchter haben müssen lernen mit Wolle umgehen / auf daß / wann sie solten Armuth leiden / sie sich damit fortbringen könten. Gleichfals lieset man vom Käyser Carolo Magno, daß er nicht nur seine Söhne in guten Künsten und Sprachen habe unterrichten / sondern auch die Töchter das Spinnen lernen lassen / nicht nur zur Vermeidung des Müßiggangs / sondern auch wann das Glück sich änderte / und in Armuth kämen / sie sich damit ernehren könten.

Der Mensch ist zur Arbeit gebohren / wie der Vogel zum Fliegen. Spinnen kommet eigentlich Weibern zu /daher hat man das Sprichwort: Eine Nehnadel und Spindel / eine Wiege / [824] Kinder und Windel / ein Rocken / Woll und Spinnrad / und der Ehefrauen ihr Haußrath.

60. Vom Sprichwort: Eigner Herd ist Goldes werth
60. Vom Sprichwort: Eigner Herd ist Goldes werth.

Apelles hat ein Weibes-Bild auf einer Schnecken stehend gemahlet / anzuzeigen / daß ein Weib wie eine Schnecke / ihr Hauß immer bey sich haben soll. Die Poeten haben hievon einen feinen Apologum erdichtet / sagende: Jupiter habe auf eine Zeit eine Hochzeit angestellet / und alle Thiere darzu geladen. Da seyn die Thiere alle zu rechter Zeit erschienen / allein die Schnecke sey zu späte kommen. Darauf sagt der Jupiter: Wie so langsam? Die Schnecke hat geantwortet:οἶκος φίλος, οἶκος ἄριςος. Eigner Herd / ist Goldes werth. Darüber sey Jupiter zornig geworden / und habe gesaget: Weil du so gerne in deinem Hause bist /so solt du dich nirgend hinwenden / du trägest denn dein Hauß mit dir auf dem Rücken. Daher kommet es auch / daß man die Weiber mahlet auf ein Schnecken-Hauß: Die alten Teutschen haben der Braut lassen die Schuh ausziehen / und mit einem Nagel an die Wand hefften / anzuzeigen / sie solle ihr Hauß abwarten-Von Caja Cœcilia, des Tarquinii Tochter lieset man /daß sie so gern daheim geblieben / daß / da man nach ihrem Tode ihr eine Grabschrifft aufgerichtet / man ihr einen Schuh / Rocken und Spindel darauf gemacht hat.


Die Weiber sollen fleißig das Hauß warten / denn von denen / die gerne Hauß bey Hauß gehen / hält man nicht viel. Ein häußlich Weib ist ihres Mannes Krone.

61. Von Sesostris Geburt - Auferziehung - Thaten und Tode
61. Von Sesostris Geburt / Auferziehung /Thaten und Tode.

[825] Sesostres ist gewesen ein König in Egypten (dessen auch gedacht in der 41. Historie und 68. der 1. Centuriæ Cent. VII. H. 60.) an seinem Geburts-Tage hat sein Vatter alle Knäblein im gantzen Reich / welche eben an dem Tag auch gebohren waren / versammlen /und auf gleiche Weise auferziehen lassen / damit sie nachmahls des Sesostris treue Gesellen würden / und weil sie von Jugend auf mit stetiger Arbeit geübet worden / seyn es alle tapffere und geschickte Männer geworden. Bey Lebenszeit seines Vatters ward er mit seinen Gesellen mit einem Heer in Arabien geschickt /und hat die gantze Landschafft bezwungen / auch / da er noch gar jung / ein Theil Lybien erobert. Nach dem Tod des Vatters / nahm er ihm für / den gantzen Erdboden zu bekriegen. Ehe er die Reise annahm / hat er mit Geschencken alle Egyptier verehret / und derer Gemüther dergestalt gewonnen / daß die Krieges-Leute erbietig waren / Gut und Blut bey ihm aufzusetzen: Die im Lande aber ihm auch treu und hold verblieben. Nachdem er nun im Lande gute Anstellung gemacht / ist er mit einem sehr grossen Krieges-Heer aufgebrochen / hat anfangs gantz Æthiopien unter sein Joch gebracht: Auch ingleichen gantz Asiam / Indiam und Scythiam erobert. In allen überwundenen Landen hat er Triumph-Bogen aufgerichtet / und wann das Volck streitbar gewesen / hat er ein männlich Glied / wann aber nicht / sondern zaghafft gewesen / hat er ein weiblich Glied mahlen lassen / mit dieser Uberschrifft: Dieses Land hat mit seinen Waffen überwunden der König aller Könige / und Herr aller Herren Sesostres. Als er nun neun Jahr mit diesem Zug verbracht hatte / ist er mit grossem Raub wieder in [826] Egypten angekommen / und hat grosse Geschenck unter seine Soldaten ausgetheilet. Er hat auch nach diesem viel herrliche Gebäue aufgerichtet / insonderheit viel Tempel gebauet / darzu er die Gefangene gebrauchet / dahero er an alle Tempel setzen ließ: Niemand von den Einwohnern hat hieran gearbeitet. Nachdem er in die 33. Jahr regieret hatte / ist er vor Alter blind worden / und gestorben / und hat bey männiglichem einen unsterblichen Ruhm hinterlassen.


Eltern thun wohl / daß sie ihre Kinder zur Tugend von Jugend an gewehnen. Freundlichkeit ist eine grosse Zierde grossen Herren / wie ingleichen die Freygebigkeit /und machen sich nen bey allen beliebet / und wird derer nach dem Tod zum besten gedacht.

62. Ehe-Weiber zu Sparta lassen sich gefangen setzen um ihrer Männer willen
62. Ehe-Weiber zu Sparta lassen sich gefangen setzen um ihrer Männer willen.

Plutarchus schreibet / daß zu Sparta 30. Ehe-Weiber gewesen / derer Männer aus der Minoaner Geschlecht / sich verbunden und zusammen verschworen / darnach zu trachten / damit sie das Königreich an sich brächten. Wie sie nun allerhand listige Anschläge darzu machten / kam es / ehe sie es möchten vollenziehen / alles aus; Und nachdem ihr verrätherisches Vornehmen ausgekommen / hat man sie ins Gefängniß gesetzet / um erst zu Rath zu gehen / mit was für einer Straffe man sie deßwegen belegen sollte. Es wurde niemand zu ihnen gelassen / ausgenommen ihre Weiber / welche zu Abend in langen Trauer-Kleidern und verhülleten Angesicht zu ihnen giengen / welche darauf die Trauer-Kleider ausgezogen / solche [827] den Männern angethan / das Angesicht ihnen verhüllet: Hingegen haben sie der Männer Kleider angezogen /und sich an ihrer statt gefangen gesetzet. Wie nun die Männer also verhüllet / und verkleidet hinaus kamen /meyneten die Wächter / als wärens die vorigen Weiber / liessen sie derowegen gehen. Morgens / da sie zum Tode gebracht werden solten / da hat man an statt der Männer die Weiber gefunden / die sich erboten / das Leben für ihre Männer zu lassen. Darüber sich die Regierung höchlich verwundert / und ihnen das Leben geschencket hat.


Das seyn Heydnische Exempel / da Christen sich in ihr Hertz zu schämen haben / daß bey ihnen wenig eheliche Liebe und Treue erfunden wird. Die Galater haben den angehenden Eheleuten aus einem Becher zu trincken gegeben / anzuzeigen / sie sollen in Freud und Leid miteinader vorlieb nehmen.

63. Kinder - die ihre Eltern übel halten - bleiben nicht ungestrafft
63. Kinder / die ihre Eltern übel halten / bleiben nicht ungestrafft.

Aristoteles, der kluge Heyde / schreibet am 6. der Sitten-Bücher Cap. 6. ein Exempel / das alle Kinder wohl mögen zu Hertzen nehmen. Wie nemlich ein Sohn gewesen / der habe seinen Vatter bey den Haaren im Hause herum geschleiffet / biß an die Thür-Schwelle. Da er nun ihn wolte über die Schwelle in den Koth ziehen / hat er geschrien / halt ein / halt ein /und verschone meiner / denn ich habe meinen Vatter auch nicht weiter als hieher geschleppet. Sehet! da hat GOtt diesem gezeiget / wie er sich zuvor gegen seinen Vatter so übel verhalten habe. So lieset man auch beym Zvvingero in dem Theatro fol. 3519. daß ein Sohn einen alten Vatter gehabt / der sich über Tische ungebührlich gehalten / und die Speise verschüttet habe. [828] Wie er darüber ungehalten ward / und ihm wolte ein Tröglein machen / damit er allein daraus essen könte / wie ein Schwein / haben solches seine Kinder gesehen / und gefraget / was er damit machen wolte? Darauf er geantwortet: Es solte dem Groß-Vatter zugehören / daß er daraus esse. Die Kinder fragten weiter: Wann du alt wirst / sollen wir dir auch ein solches Tröglein machen lassen?


Wie einer handelt / so wird einem gelohnet. Spotte deines Vatters Gebrechen nicht / sondern halt ihm zu gut /ob er kindisch würde.

64. Schulen dem Paradieß zu vergleichen
64. Schulen dem Paradieß zu vergleichen.

Man lieset von einem alten Kirchen-Vatter / derChrysologus geheissen / daß er gesaget habe / er halte gäntzlich dafür / wann einer sage / auf Erden sey noch ein Paradieß anzutreffen / und zu finden / so sey es nirgends / als wo Kirchen und Schulen wol bestellet seyn. Kan also das erste Paradieß mit einer Schule / nach Aussage dieses Kirchen-Vatters verglichen werden. Recht! Dann 1. das Paradieß ist von GOTT selber gemacht worden: Die Schulen seyn auch nicht von Menschen / sondern von GOTT eingesetzet / der hat befohlen / daß man die Kinder seine Wege lehren soll / welches sonderlich in Schulen geschicht.

2. In dem Paradieß waren allerhand Edelgestein und Gold zu finden: In Schulen findet mann herrliche Edelgesteine der Weißheit / darinnen die Jugend unterrichtet wird / daß sie ihnen einen Schatz sammlen /besser dann Gold.

3. Das Paradieß hat seinen sonderbaren Baumeister [829] und Gärtner gehabt / den Adam / den GOtt darzu erschaffen. In die Schulen gehören auch verständige Baumeister / das sind alle Præceptores, und Schul-Diener / welchen befohlen ist / daß sie den Schulen mit guter Lehr und treuer Unterrichtung sollen fürstehen.

4. Im Paradieß waren allerhand Bäume / lustig anzusehen und gut zu essen: In Schulen sind auch allerhand junge Bäumlein / von Söhnen und Töchtern /von Knäblein und Mägdlein / von Natur noch wild und störrig: Müssen aber durch gute Unterrichtung gezogen werden / daß man Lust und Freude an ihnen erlebe / und man ins künfftige in allen drey Haupt-Ständen Nutzen von ihnen haben könne.

Schulen muß man nicht verachten / sondern hoch achten. Wer denen feind ist / der giebet damit seinen Unverstand zu erkennen. Aus Schulen müssen alle drey Haupt-Stände besetzet werden. Wer einen Knaben versäumet /der ladet eine grosse Sünde auf sich.

65. Warum die alten Teutschen die Bräute mit einem Distel-Krantz gezieret haben
65. Warum die alten Teutschen die Bräute mit einem Distel-Krantz gezieret haben.

Man schreibet von den alten Teutschen / daß dieselben in Einleitung junger Hochzeit-Leute einen sonderbaren Brauch gehabt / indem sie die Bräute in die Kirchen geführet / ihnen schöne Kräntze von Disteln aufgesetzet haben. Das muß bey den Einfältigen ein wunderbares Ansehen gehabt haben: Dann ob es wol bey uns noch gebräuchlich ist / daß man die Bräute mit Kräntzen in die Kirche führet / jedoch seyn dieselbigen nicht von Disteln / sondern von köstlichen Perlen gemacht. Daß aber die Alten einen Distel-Krantz gebraucht / muß ohne sonderbare [830] Ursachen nicht geschehen seyn. Sie haben damit ohne Zweiffel gesehen / erstlichen auf des Ehestandes Lieblichkeit. Der Krantz war vor Zeiten ein Zeichen der Frölichkeit: So wird hiemit angezeiget / daß der Ehestand ein leiblicher Stand sey / darinnen Eheleute allerley Freud und Wonne haben. Freude an GOtt / Freude an sich selbsten / Freude an den Kindern. Dieser Freuden-Krantz ist geflochten mit Creutz-Disteln / welche seynd 2. die vermischte Widerwärtigkeit / daß sie in diesem Stande auch mancherley Creutz und Widerwärtigkeit müssen ausstehen: Nicht allein das gemeine Elend / das ein jeder in diesem Leben zu erwarten hat? Sondern das absonderliche Ehe- und Hauß-Creutz / so alleine die Eheleute angehet / als da sie entweder haben eine unfruchtbare Ehe / bißweilen eine fruchtbare / aber ungetreue Kinder / offt / daß der fromme Tobias hat eine (Tob. II. 20–29) böse Hannam / oder eine vernünfftige Abigail einen närrischen Nabal / da eines dem andern sein Leben sauer machet. Der Mann muß im Schweiß seines Angesichts sein Brod essen / und die Frau mit Schmertzen Kinder gebähren / etc.


Der Ehestand ist ein Wehe-Stand. Gute und lehrreiche Ceremonien soll man nicht abschaffen.

66. Weiber die ohne Schmertzen gebohren haben
66. Weiber die ohne Schmertzen gebohren haben.

Was GOtt gedräuet hat der ersten Mutter aller Lebendigen / Eva / daß sie solte mit Schmertzen Kinder gebähren / das hat sie in der That erfahren / und müssen es noch alle Gebährende auf den heutigen Tag empfinden. Doch hat man wenig Exempel / die ohne Schmertzen gebohren haben.

[831] Plutarchus zeuget von der Mutter Ciceronis, dieHelvia geheissen / daß sie ohne Schmertzen soll gebohren haben. Strabo schreibet von einem Ligurischen Weibe eine denckwürdige Historie: Demnach die Ligures sich stets mit dem Ackerbau bemühet /haben sie auch die Weiber zur Bauren-Arbeit angetrieben. Da hab es sich mit einem hochschwangern Weibe begeben / daß sie / neben den Männern um ihren Lohn auf dem Felde gearbeitet / unter der Arbeit kommt sie ihr Wehe an / sie mercket / daß die Zeit zu gebähren vorhanden / gehet bey Seite hinter ein Gesträuch / und gebähret ein Kind / wickelt dasselbige in Blätter und verbirgts / gehet wieder an ihre vorige Arbeit / und sagt niemand nichts von der Geburt. Als aber das Kind weinete / und es daher offenbar wird /daß sie eines Kindleins genesen / wolte dennoch der /so auf die Arbeit sahe / sie nicht von der Arbeit ruhen lassen / biß er sich endlich über das Kind erbarmet /und sie mit der Zahlung ihrer Lohns / der Arbeit erließ.

Das seyn sonderbahre Exempel / die noch keine Regel machen / sondern heist: Una hirundo non facit ver. Sonsten bleibet es bey dem / daß ein jedes Weib in der Geburt Schmertzen hat / doch die eine grösser als die andere.

67. Von dem Hosenbindel-Orden
67. Von dem Hosenbindel-Orden.

Man lieset in den Historien / daß um das Jahr Christi 351. in Engelland ein sonderbarer Orden aufkommen / den man genannt Ordinem Periscelidis den Hosenbindel-Orden. Desselbigen Ordens-Leute tragen am lincken Bein ein schön Himmelblaues und mit Gold und Edelgestein gesticktes / und mit einer weissen und rothen Rosen geziertes Hosenband / daran geschrieben: Vituperetur qui male [832] cogitat. Dem werde es leid / der es übel deut. Der Ursprung kömmt daher. Eduardus der Dritte dieses Nahmens / König in Engeland / hatte sich verliebet in eine vornehme Gräfin Adelheida. Als er nun auf eine Zeit in Beyseyn vieler hohen Personen einen Tantz mit ihr gethan / ist derselbigen Gräfin ungefehr ein Kniebändlein loß worden / und auf die Erden gefallen. Der König hebt es auf / und die Gräfin wird schamroth; Da sagte der König: Vituperetur, qui malè cogitat, dem wird es leid / der es übeldeut. Ist alsobald her / und fänget einen sonderbaren Orden an / von 40. Edlen Ritters-Leuten / die solch Bändlein / als Ordens-Zeichen tragen müssen. Wie demnach viel grosse Potentaten / als der König in Engeland / Franckreich / Dännemarck /und andere / solches Ordens-Zeichen haben und tragen.


Was hiervon zu halten / will ich jetzo nicht vermelden /grosse Herren führen ihre sonderbahre Weise / welche /wann sie nicht wider GOttes Wort läufft / nicht gäntzlich zu verwerffen ist.

68. Der Athenienser Gebrauch bey Hochzeiten
68. Der Athenienser Gebrauch bey Hochzeiten.

Man lieset in den Historien / von den Bürgern zu Athen / daß / wann dieselbige eine Hochzeit angestellet / habe ein Knabe müssen vorher gehen / und mit lauter Stimme singen: ἔφυγον κανὸν, εὗρον ἄμεινον. Dem Bösen bin ich entrunnen / das Gute habe ich gewonnen. Wohin sie damit gesehen / ist leicht zu erachten. Sie hatten zwar als Heyden GOttes Wort nicht / doch haben sie aus dem Licht der Natur so viel gelernet / daß ein jeder / der sich in den Hauß-Stand begebe / zweyerley Wohlthaten erlange. 1. Dem Bösen entrinne. 2. Das Gute gewinne. [833] Das Böse haben sie gespüret in dem Fleische / wie dasselbige voll böser Lüste stecke / deßwegen sie dafür gehalten / es sey besser / daß er sein eigen Weib habe / und sich mit dero Liebe ergötze. Darnach haben sie befunden / daß keine grössere Liebe auf Erden sey / als zwischen Eheleuten / die einander lieben / als em Hertz und Seel / und sich von einander nicht lassen scheiden /als durch den zeitlichen Tod.


Ob nun wohl dieses Sprüchlein von den Heyden herkommt / doch hat es seinen Grund in H. Schrifft / als welche von dem Ehestand auf gleiche Weise redet / und anzeiget / daß / wer sich gottselig darein begebe / auch mit Warheit sagen könne: Dem Bösen entrinne er / nem lich allerhand bösen Lüsten: Das Gute gewinne er / nemlich einen getreuen Gehülffen in der Haußhaltung.

69. Wie wunderbar Eudoxia Käyserin geworden
69. Wie wunderbar Eudoxia Käyserin geworden / und wie der Käyser Theodosius einen schweren Argwohn auf sie geworffen.

Diese Eudoxia war eines Heydnischen berühmtenPhilosophi, Nahmens Leontii, Tochter; Wie derselbige starb / und in einem Testament seinen Söhnen vermachte alle seine Güter / und diese seine Tochter ausschloß / verdroß ihr solches gar sehr / machte sich demnach auf / und zog hin zum Käyser Theodosio, sich deßwegen zu beklagen. Sie kam aber erstlich zu der Pulcheria, des Käysers Schwester / einer tugendsamen und vernünfftigen Matronen / und bracht ihr Anliegen bey ihr vor / mit solcher Zierlichkeit und Bescheidenheit / daß des Käysers Schwester sich nicht gnug darüber verwundern konte / wie sie denn in der Philosophie, auch Griechischer und Lateinischer Sprache dermassen gelehret war / daß ihres gleichen [834] nicht wol zu finden gewesen. Pulcheria war lang damit umgegangen / wie sie ihrem Bruder dem Käyser ein vernünfftig Weib freyen möchte / darum trägt sie um diese an; Der Käyser siehet selbst / daß sie mit hohen Gaben des Verstands und der Wohlredenheit begabt ist / und lästs ihm gefallen: Dieweil sie aber eine Heydin war / ist sie in der Christlichen Religioninformiret / darauff getaufft / und an statt ihres vorigen Nahmens / da sie Athenais geheissen / Eudoxia genentet worden. Was geschah / einsmals hatte der Käyser einen schönen Apffel / den verehret er seiner Gemahin der Käyserin. Nun war zu Hofe ein hochgelehrter Mann / Paulinus geheissen / von welchem die Käyserin Eudoxia wegen seiner Geschicklichkeit viel hielte / wie sie hörete / daß derselbige kranck wäre /schickte sie ihm den schönen Apffel: Dieser / wie er wieder gesund worden / gieng mit dem schönen Apffel zum Käyser (nicht wissend / daß er denselbigen der Käyserin verehret) und præsentiret ihm den in tieffster Unterthänigkeit. Der Käyser der kannte so bald den Apffel / gehet zur Käyserin Eudoxia, und fraget: Wo sie den ihren geschenckten Apffel hätte? Sie erschrack / und sagte: Sie habe ihn gegessen / und schwur darzu / daß dem also wäre. Der Käyser entrüstet / zog den Apffel heraus / warff auf sie und denPaulinum einen bösen Verdacht / ließ den Paulinum tödten / die Eudoxia aber muste in das Elend wandern / darinn sie auch gestorben.


GOtt führet seine Heiligen wunderlich. Glück und Glaß / wie bald bricht das? Aus Eyfer und falschem Argwohn begehet man offt grosse Thorheiten.

70. Vom Vogelschiessen
70. Vom Vogelschiessen.

[835] An etlichen Orten pfleget man auf Pfingsten ein Vogel-Schiessen zu halten; Da man auf einer hohen Stangen einen höltzernen Vogel aufrichtet / und mit Bogen oder Büchsen um Gewinn darnach schiesset. Ob nun wohl diß eine Bürgerliche / Männliche und Rittermäßige Krieges-Ubung seyn kan / weil man ehemahlen die Bogen im Kriege sehr gebrauchet hat /daß sich junge Mannschafft darinnen übe. Gleichwol ist unverborgen / daß diß noch aus dem Heydenthum herrühre / und vermuthlich vom Teuffel und Heyden /dem Heiligen Geist zu Spott / sey erdichtet und angerichtet / als der sich in Taubens-Gestalt hat offenbahren und sehen lassen. Daher dann dieser Vogel als eine fliegende Taube gemacht; Die Vogel-Stange noch an vielen Orten der Tauben-Baum / das Schiessen auch nach der Taube schiessen genannt wird. Gleich als hätten die Gotteslästerlichen Leute mit Pfeilen nach dem Heil. Geist zielen und schiessen wollen. Darum auch dieser Gebrauch an etlichen Orten gefallen / an etlichen Orten aber auf eine andere Zeit verleget worden ist.


Mancher hält fester über alte gottlose Gebräuche / als über GOttes Wort und seinen Befehl. Böse Gewonheiten / ob sie gleich alt / muß man ab schaffen. Was ehrbar / dem dencket nach.

71. Exempel - daß auch die Heyden die Einigkeit geliebet haben
71. Exempel / daß auch die Heyden die Einigkeit geliebet haben.

Friede ernehret / Unfriede verzehret / diß haben auch die Heyden wahr zu seyn erkannt / und derowegen sich der Einigkeit beflissen / auch andere darzu angemahnet / wie aus folgenden Exempeln zu sehen ist.

[836] Plutarchus rühmet sehr hoch / daß einst zu Rom ihrer bey 16. Brüder und Gefreunde aus dem Geschlecht der Æliorum, in einem engen Hauß bey einander gewohnet / und gleichwol so hertzlich sich vertragen haben / daß nie kein Zwiespalt oder Widerwill zwischen ihnen vermercket worden. Leo Byzantius war ein sehr dicker und fetter Mann / darneben aber ein stattlicher Orator, als nun zu Athen unter dem gemeinen Volck etwas Streitigkeiten sich ereigneten /die gar leichtlich zum offenen Krieg hätten erwachsen können / ward er von seinen Obern dahin verschicket / daß er sich bemühen solte / dieselbe Mißhelligkeiten durch seine Beredsamkeit zu stillen und beyzulegen. Er thät auch sein bestes / und fieng an zu erzehlen /warum er dahin kommen wäre / verhoffte demnach /sie würden gutem Rathe folgen / und sich wiederum zur Ruhe begeben. Aber die Bürger zu Athen konten sich seiner überaus dicken Person halben des Lachens nicht enthalten / das merckte der Orator und sprach: Was lacht ihr / lieben Bürger? Kommt euch das so wunderlich vor / daß ich so dick und feist bin / was würdet ihr dann sagen / wann ihr meine Hauß-Frau sehen sollet / die noch zweymal dicker ist? noch wann wir einig sind / so können wir uns in einem Bette wohl behelffen / wann wir aber uneins werden / so ist uns das gantze Hauß zu enge.

Seyd eines Sinnes / habt gleiche Liebe / seyd einmüthig und einhellig / thut nichts durch Zanck und eitel Ehr / etc.

72. Exempel der Eheleute - die einig gewesen - sich sehr geliebet
72. Exempel der Eheleute / die einig gewesen /sich sehr geliebet / und mit Bösen und Guten vorlieb genommen.

[837] Weil in den vorigen von Liebe und Einigkeit ist gedacht / will ich hie etliche Exempel anziehen derer Eheleute die sich dieser Tugend beflissen haben. Vom Könige Cyro lesen wir / daß er mit seiner Gemahlin der Cassandra so friedlich gelebet / daß es jederman hat loben müssen.

Julia hatte ihren Herrn den Pompejum so lieb / daß sie seiner nicht vergessen konte.

Ennia soll sich mit ihrem Ehemann so wohl begangen haben / daß sie denselbigen in 43. Jahren mit keinem Wort oder Werck jemahls erzürnet hat.

Terentiana soll mit ihrem Mann / den sie 25. Jahr gehabt / nicht einmahl uneinig oder aufstößig geworden seyn.

Dominicus Catalusius, ein Fürst in der InsulLesbo, hatte eine Gemahlin / die gantz aussätzig war /dannoch hatte er sie so lieb / daß er sie vom Bette und Tisch nicht ausschliessen wolte / und GOtt behütet ihn auch solcher Treue halben / daß er nicht inficiret wurde.

Ludovicus Vives erzehlet / daß in Engelland eine schöne Jungfrau gewesen / Clara Cerventa genannt /diese war vertrauet einem Manne / Nahmens Bernhard Valdaul, der fiel gleich nach der Hochzeit in eine abscheuliche Kranckheit / und schlug an seinem gantzen Leibe dermassen aus / daß auch der Eyter von ihm floß / das ließ sich seine Hauß-Frau nicht angehen / sondern thate das beste bey ihm / speisete und tränckete ihn / pflegete sein biß in das zehende Jahr.

Jener Neapolitaner / als ihm sein Weib entführet ward von den Mohren / sprang ins Meer / und schwamm dem Raub-Schiff nach / wolte auch nicht ablassen / biß sie ihn zu sich hinein nahmen. Da solches [838] dem Könige von Thunis / welchem das Raub-Schiff zugehöret / erzehlet ward / ließ er sie ohne einige Entgeltniß wieder loß.

Als Christianus, König in Dennemarck 1523. aus seinem Reich vertrieben ward / stund es seiner Gemahlin Isabella / Käysers Caroli V. Schwester / frey /daß sie mochte im Lande bleiben; Aber sie wolte nicht / sondern sprach: Wo mein König ist / da ist auch mein Königreich.

So sollen Christliche Eheleute in Lieb und Leid / in Glück und Unglück zusammen setzen / und keines des andern überdrüßig werden. Der Hauß Lehrer Sirach sagt cap. 26. v. 16. Ein freundlich Weib erfreuet ihren Mann /und wenn sie vernünfftig mit ihm umgehet / erfrischet sie ihm sein Hertz.

73. Von des Thesei Geburt und Helden-Thaten
73. Von des Thesei Geburt und Helden-Thaten.

Wie in der 33. Historia der 1. Centuriæ, und in der 6. Historia der 2. Centuriæ, etlicher massen beschrieben seyn die Helden-Thaten Herculis; So will ich auch in dieser etwas gedencken von den Thaten seines gewesenen Gefehrten des tapfferen Thesei.

Theseus, der X. König der Athenienser / ist gewesen ein Sohn Ægæi und der Æthra, gezeuget zu Troezene im Lande Peloponneso, in Abwesenheit desÆgæi, der sich nach Athen hatte begeben / vor der Abreise aber sein Schwerdt und Schuh unter einen schweren Stein verborgen / und seinem Gemahl befohlen / wenn sie einen Sohn gebährete / und derselbige so starck seyn würde / daß er den Stein könte aufheben / so solte er mit dem / was drunter lege / zu ihm gen Athen kommen. Als nun Theseus erwuchs / hat er sich mit denen unter [839] dem Stein gefundenen Zeichen nach berührtem Ort aufgemacht / und unterweges mit vielen Mördern gestritten / auch dieselbigen überstritten und bemeistert. Er hat überwunden den Corynettem, und dessen Kolben hernach allezeit gebrauchet. Denn Mörder Sinnim, (der die gefangene Menschen band an zwo zusammen gebeugete Bäume / die er hernach geschwinde von einander ließ / daß die armen Leute erbärmlich wurden entzwey gerissen /) hat er mit gleicher Marter getödtet. Den Räuber Scio, (dem die Gefangene musten auf einem hohen Felsen die Füsse waschen / von dannen sie hernach von ihm ins Meer gestürtzet wurden) hat er mit gleicher Müntze bezahlet / wie er denn gleichfalls mehr Mörder getödtet hat / biß er nach vielen Streit endlich nach Athen kommen ist / daselbsten erschallete so bald das Gerüchte von seinen Thaten / dieweil aber der König nicht gewust / daß es sein Sohn / trachtete er ihn mit Gifft heimlich umzubringen / lud ihn deßwegen zur Mahlzeit / in Meynung / ihn mit zubereitetem Gifft aus dem Wege zu räumen. Als nun Theseus seine Messer auszog / erkannte Ægeus so bald seinen Sohn / stieß den Becher mit dem Gifft um / und hat so bald allen kund gethan / daß Theseus sein leiblicher Sohn /welchen sie vor ihren zukünfftigen Herrn erkennen solten. Nach diesem hat er ferner seine Helden-Thaten erwiesen. Die Athenienser musten dem Minoi alle sieben Jahr sieben Söhne und Töchter geben / welche wurden im Gefängniß Labyrinth verschlossen / und hernach dem Uberwinder der Gymnischen Spiele gegeben. Dahin ist Theseus freywillig / nebenst andern Knaben gefahren / hat Taurum erschlagen / die andern Knaben in dem Kampff erlöset / und [840] vom Minoë die Nachlassung des Tributs erhalten. Ægeus hatte mit ihm abgeredet / daß er / wann er gesund wieder käme / an statt des schwartzen / ein weisses Segel über sein Schiff spannen solte: Wie er nun dasselbe nicht gethan / hat der Vatter sich eingebildet / er wäre todt / daher sich derselbige vor Leid selbsten von einem Felsen zu tode gestürtzet hat. Also hat Theseus, nach des Vatters Tod / das Regiment überkommen / die Stadt Athen sehr mächtig gemacht / eineDemocratie angeordnet / so daß er nur ein Aufseher des Krieges / und ein Bewahrer des Gesetzes verblieben. Er ist ein treuer Gefehrte des Herculis gewesen /und hat viel grosse Thaten gethan / soll zuletzt vom Könige Cyro hinterlistiger Weise vom hohen Felsen herab gestürtzet seyn.

Was ist rühmlicher / als nach Tugend streben? Der Mörder soll man nicht schonen. Auch die Stärcksten bekommen einen Stärckern über sich / und kommen um /ehe sie es sich versehen.

74. Des Königs von Navarra Trau-Ring
74. Des Königs von Navarra Trau-Ring.

Jener König von Navarra gab seiner Braut zum Mahl-Schatz einen köstlichen Ring / mit einem schönen Demant besetzet / darauf waren künstlich gestochen die himmlischen Lichter / Sonn und Mond / und oben drüber stunden die drey Wörtlein: Semel, simul, semper. Einmal / zumal / allemal. Ob nun wol heutiges Tages Christliche Eheleute in dem gemeinen Leben und Wesen das Vermögen nicht haben / daß sie einander so köstliche Ringe verehren können / so sollen sie doch die geistliche Deutung nicht aus der Acht lassen / die ihnen durch diesen Ring zu Gemüth geführet wird. 1. Ist der Ring rund / daß man weder Anfang / Mittel noch Ende daran siehet: [841] Also sollen Eheleute beständig seyn in der Liebe / und nicht nur wol anfangen / sondern auch wol aushalten / auch dabey trachten nach dem unendlichen Gute. 2. Die Sonn und der Mond bedeuten / daß der Mann soll seyn die Sonne in seinem Hause / und demnach mit dem Schein eines guten Exempels dem gantzen Hause fürleuchten. 3. Die drey Wörter semel, simul, semper, haben auch ihre Bedeutung. Semel, zeiget an / daß solche Verlobung nur einmal geschehe / wann sie aber geschehen / so habe sie darnach solche Krafft /daß sie nicht wieder könne retractiret werden: Dann was GOtt zusammen füget / das soll der Mensch nicht scheiden. Simul, zugleich / bedeutet / daß solch Versprechen nicht nur von einem / sondern von beyden müsse gehalten werden. Das Wörtlein Semper, allezeit / soll sie erinnern / daß es nicht nur auf eine Woche / auf ein Monat / auf ein Jahr angesehen sey /sondern wann sie einander die Hand gegeben haben /so gilts so lange sie leben.


Ein Freund kommt zum andern in der Noth / aber Mann und Weib vielmehr. Unter Eheleuten soll seyn die allergrößte Vertraulichkeit / daß es heisse: Mein Hertz /dein Hertz.

75. Daß die Music nicht zu verachten - und von derselbigen Feinden
75. Daß die Music nicht zu verachten / und von derselbigen Feinden.

Plutarchus schreibet unter andern in seinem Buch von der Music / daß man die Music soll hoch halten /dieweil sie die Götter erfunden haben. Christen halten billich auch viel von der Music / doch daß man sich nicht so sehr belustige an dem äusserlichen Klang /als daß man dabey GOtt möge lieffern ein fröliches und GOtt ergebenes Hertz. Denn


[842]
Des Munds-Gesang GOtt nicht annimmt /
Wann nicht das Hertz auch mit einstimmt.

Wenn aber das Hertz dabey / so gefällt es GOtt /und der Menschen Gemüth wird dadurch erquicket. So daß es recht säuische Menschen seyn / die eine solche lieblich klingende Music nicht können vertragen / derer es doch gleichwol einige gegeben hat. Plutarchus zeuget vom Anthea der Scythen König / welcher als Ismenias schön und lieblich gesungen / sich vernehmen lassen / er wolte sein Pferd lieber schreyen hören. Als Archidamo, der Spartaner König / ein trefflicher Musicus gerühmet ward / der in gantz Griechenland den Preiß hatte / deutet er mit einem Finger auf seinen Koch und sprach: Fürwar! Dieser ist bey mir ein Meister gute Suppen zu kochen. Bey den Römern ist die Music auch nicht viel geachtet worden.Scipio, Æmilianus und Cato haben sie gar abschaffen wollen / als eine Wissenschafft / so der Römer Gravität und Sitten allerdings zuwider. Als Philippus König in Macedonien hörete / daß sein Sohn Alexander lieblich gesungen / hat er ihn hefftig gescholten /und gesagt: Schämest du dich nicht / daß du so wohl singen kanst? Denn es ist einem Fürsten übrig genug /wenn andere singen / daß er so viel Zeit haben kan ihnen zuzuhören.

Singet und spielet dem HErrn in eurem Hertzen.

76. Alcoran wird von den Türcken hoch gehalten
76. Alcoran wird von den Türcken hoch gehalten.

Es schreibet ein gelehrter Mann / Nahmens Dosua, als er etwa vor Zeiten zu Constantinopel / und zwar nicht weit von des Türckischen [843] Käysers Kirchen gewesen / habe er gesehen / daß ein Cameel gar im langweiligen Schritt sey daher gegangen / von einer grossen Menge umringet und begleitet. Als er aber einen fragte / was das bedeute / daß sich das Volck um das Thier herdringe? Bekam er zur Antwort / das Cameel komme aus der Stadt Mecha / und bringe den Alcoran (nemlich das Buch / darinnen der Türckische Glaube / oder vielmehr Unglaube begriffen) auf dem Rücken getragen / und darum werde ihm so grosse Ehre von einer so grossen Menge Volcks angethan. Denn etliche von denselbigen räuffeten ihm das Haar aus / hieltens hoch als ein grosses Heiligthum: Etliche hertzeten und küßten es: Etliche trocketen ihm den Schweiß ab / und bestrichen damit die Augen und das gantze Angesicht. Endlich aber wurd das Cameel geschlachtet / in kleine Stücken zerhauen / und allen denen / so man für die Frömmsten unter den Türcken hielte / zu essen ausgetheilet. Woraus denn leichtlich zu ermessen / so das Cameel so hoch gehalten worden / das den Alcoran bloß und allein getragen / wie viel höher und heiliger der Alcoran selber von ihnen werde müssen gehalten werden. Da doch im Grunde das Buch nur ein Fabel-Buch ist / und voller Lästerung wider GOtt und seinen Sohn.


Diß sollen wir uns fürstellen / und desto höher halten zur Schrifft altes und neues Testaments / als welche nicht aus eigenem Willen ist herfür gebracht / sondern die heiligen Männer GOtt haben geredet / getrieben von dem H. Geist. Das Wort GOtt ist unserer Füsse Leuchte / und ein Licht auf unserm Wege.

77. Meer-Räuber schreckliches Ende
77. Meer-Räuber schreckliches Ende.

[844] Antonius Guevarra, Caroli V. Beicht-Vatter / schreibet in seinem Horologio Principium lib. 3. cap. 7. folgende grausame Historie.

Anno Christi 1510. den 20. Augusti hat sich Abends zu Palermo in Sicilia (als deren zu Palermo Meer-Räuber den Numidiern zehen Schiffe abgedrungen / und 22. versenckt / und den Raub mit grossen Freuden theileten / auch in einem Schloß bey einem grossen Gast-Gebot zusammen waren) auf einem Wagen / der von zween Löwen und zween Bären gezogen war / ein Monstrum eines erschrecklichen Anblicks in der Stadt sehen lassen / und nachdem es dieselbe fast gantz durchfahren / hat es sich auch zu demjenigen Pallast verfüget / in welchem die Meer-Räuber banquetirten / der Löwen einem / so den Wagen zogen / ein Ohr abgeschnitten / und mit dem Blute / so heraus gerunnen / nachfolgende Buchstaben angeschrieben: R.A.S.V.P.I.P.P. darüber sie sich hefftig entsetzet. Diese Schrifft ist gar ungleich gedeutet worden / biß eine berühmte Wahrsagerin sie also erkläret hat: Reddite Aliena, Si Vultis Propria In Pace Possidere. Bald darauf ist Blitz / Donner / Feuer /und ein solch Erdbeben erfolget / daß in der Stadt Palermo viel Häuser eingefallen / viel Menschen versuncken / das Feuer hat den gantzen Pallast / in welchem die See-Räuber sich enthielten / auch die Steine selbst gefeessen und verzehret / und solcher Jammer erfolget / daß in die 2000. Häuser eingefallen / und in die 10000. Menschen zu Grunde gangen sind.

Daraus schließt man nicht unrecht / also: Wann gemeine Land- und Meer-Räuber also heimgesuchet werden /was soll dann nicht andern Kirchen-Räubern widerfahren. O Christen / fürchtet die allmächtige Hand GOttes.

78. Von falschen Heylanden und lügenhafften Propheten
[845] 78. Von falschen Heylanden und lügenhafften Propheten.

Es ist bekannt aus den Historien / daß zum öfftern ihrer viel sich für Propheten / ja für den grossen Propheten des Neuen Testaments / den Messias ausgegeben / aber darüber zu Schanden und zu Spott worden seyn.

Ein Verführer hat die Samariter aufgewiegelt und fälschlich fürgegeben / wie er die heiligen Gefäß / die etwa Moses auf dem Berge Garizim verborgen haben solt / gefunden und ausgegraben hätte / die wolt er dem Volcke zeigen: Da haben sich etliche tausend zusammen gerottet / und ein groß Dorff Tirithaba unten am selbigen Berge eingenommen / daselbst der andere zu warten. Pilatus meynete / diß wäre ein Aufruhr /nahm mit den Reisigen den Berg zuvor ein / griff die Samaritaner an / und schlug ihrer etliche hundert zu todt / die übrigen flohen wieder zu Hauß.

Im Jahr nach der Geburt des HErrn Christi 46. setzet Josephus die Historie eines Aufrührers und Zauberers Theudæ, der eine grosse Menge Volcks an sich gehänget / und sie beredet / sie solten ihm biß an den Jordan folgen / mit dem Versprechen / er wolte mit einem Wort den Jordan von einander theilen / daß sie trucknes Fusses hindurch gehen solten. Da nun eine grosse Anzahl Menschen aus Vorwitz ihm nachfolgeten / besorgete sich Cuspidus Fadus der Land-Voigt /es wäre auf eine Rebellion angesehen / schickte etliche Compagnien Reuter unter sie / die sie unversehens überfielen / viel erschlugen / und noch mehr gefangen [846] nahmen / unter denen Theudas auch war / dem die Reuter den Kopff abhieben / und mit sich gen Jerusalem brachten.

Ein Egyptier ist gen Jerusalem kommen / der sich für einen Propheten ausgegeben / und eine grosse Menge Volcks an sich gehenget: Zum Wahr-Zeichen seines Beruffs gab er für / daß auf sein Wort und Geheiß solten die Mauren der Stadt umfallen / damit man an allen Orten ungehindert hinein gehen könte. Also folgte ihm ein grosser Hauffen Leute auf den Oel-Berg / daß sie dieses Wunder sehen möchten. Da Felix der Landpfleger diß vernahm / fiel er mit den Reisigen hinaus / und schlug bey 400. zu tod / und fieng 200. Der Egyptier verschwand / und wuste niemand / wo er hingekommen war.

Prüfet die Geister / ob sie aus GOtt seyn! Hütet euch für falschen Propheten / die in Schaafs-Kleidern zu euch kommen / inwendig aber sind sie reissende Wölffe.

79. Bild der Weißheit
79. Bild der Weißheit.

Man lieset vom Laurentio Justiniano dem alten Patriarchen / daß ihm im 21. Jahr seines Alters ein Bild einer Jungfrau / in einer schönen / zumuthigen und freundlichen Gestalt / gläntzend wie die Sonne / erschienen / so sich die Weißheit GOttes genannt / und vorgegeben / daß sie menschliche Form und Gestalt an sich genommen / die Menschen zu reformiren /und habe deßwegen von ihm gebeten / daß er sie zu einer Gespons und Braut annehmen wolte / so solte ihm in allem seinem Thun wohl ergehen. Als er nun in solches Begehren eingewilliget / habe sie ihm einen Kuß gegeben / und sey mit Freuden von ihm geschieden.

[847] Diß Gesichte lässet man billich an seinem Ort /nach der Heil. Schrifft können wir die Göttliche Weißheit uns nicht ungleich vorstellen. Dann 1. ist sie von Natur verborgen / aber von GOtt geoffenbaret. Zum 2. ist sie schöner Gestalt und herrlichen Glantzes / und 3. begehret die Weißheit / daß man sie zu einer Gespons annehme. Also wird Salomon redend eingeführet Cap. 8. Die Weißheit habe ich geliebet / und von meiner Jugend an zur Braut zu nehmen gesuchet. Dann ich habe ihre Schöne lieb gewonnen / etc.

Weißheit ist besser denn Perlen.

80. Vom Socrate und Xenophonte
80. Vom Socrate und Xenophonte.

Der Griechische Scribent Plutarchus erzehlet / daß auf eine Zeit Xenophon, als er noch ein kleiner Knabe gewesen / dem gelehrten Mann Socrati in einem engen Gäßlein begegnet. Wie nun Socrates den Knaben gesehen / und gemercket / daß er ein fein Ingenium und einen fertigen Verstand hatte / habe er ihm seinen Stab vorgehalten / daß der Knabe nicht fürüber gekont / sondern stille stehen müssen: Darauf er ihn von allerhand Waaren gefraget / wo dieses und jenes /das man im täglichen Leben gebrauchte / gemacht würde / an welchem Ort / bey welchem Krämer / und in welchen Landen mans überkommen könte. Wie nun Xenophon ihm richtigen Bescheid gegeben habe ihn Socrates ferner gefraget: Wo man die Leute könne gut und fromm machen? Er zur Antwort gegeben: Er wisse es nicht. Darauf habe ihn Socrates angeredet / und gesagt: So folge mir nach / auf den du solches lernest. Von der Zeit an soll Xenophon Socratis Schüler worden seyn.


[848] Man kan es manchen an den Augen ansehen / was aus einem werden will. Die Schul / da man Gottesfurcht lernet / ist die beste.

81. Heydnische Philosophi wollen wissen - wer dem Käyser Valenti folgen werde
81. Heydnische Philosophi wollen wissen / wer dem Käyser Valenti folgen werde.

Man lieset von den Heydnischen Philosophis, Jamblichio, Libanio, Maximo und andern / daß dieselben / weil sie gern gewust hätten / wer dem Käyser Valenti folgen möchte / ihre Zauberey folgender Gestalt angerichtet haben. Sie schrieben alle Buchstaben des Griechischen A.B.C. in einen runden Circul auf den Boden / und legten auf einen jeglichen Buchstaben ein Gerstenkorn: Liessen darnach einen Hahn / den sie zuvor durch einen gewissen Segen beschworen hatten / in den Cräyß lauffen. Der Hahn laß die Germenkörner alle auf / ließ allein diese vier Griechischen Buchstaben liegen / Θ. Ε. Ο. Δ. / heisset Theod. Dieweil aber Valens sehr argwöhnisch war / ließ er aus Furcht und grimmiger Blutgierigkeit / alle die / deren Nahmen vom Theod. anfiengen / als Theodosius, Theodorus, gefänglich einziehen / derselbigen auch ein groß Theil unschuldiger Weise hinrichten / wiewol er herunter den rechten nicht können antreffen / sondern hat denselbigen müssen leben lassen / denn der Theodorus nach ihm in Orient regieret hat.


Dieser Valens ist ein rechtes Muster aller Tyranney /welche in dem Argwohn leben / wie auch in Bangigkeit ihres Hertzens. Sie fürchten sich / da nicht zu fürchten ist / vergiessen dabey viel unschuldiges Blut. Zäuberischen und fürwitzigen Künsten und Wissenschafften soll man nicht nachhangen / denn der Teuffel ist ein tausend-Künstler / und suchet nur den Menschen zeitliches und ewiges Verderben.

82. Etlicher Tyrannen tyrannische Thaten
82. Etlicher Tyrannen tyrannische Thaten.

[849] Es hat jederzeit in der Welt gehabt tyrannische Menschen / die grausame Mordthaten begangen / wenig will ich berühren. Käyser Caligula hat Schauspiele angestellet / in welchen die Leute sich einander umbringen / oder nacket mit den wilden Thieren kämpffen musten / daß er auch mit Menschen-Blut seine Augen nicht erfüllen konte / als der gewünschet / daß alles Volck zu Rom nur einen Halß hätte / damit er solchen in einem Streich abhauen könte. Im ersten Jahr fiel er in eine Kranckheit / da lieff einer unter seinen Schmeichlern hin / und that ein Gelübd zu den Göttern / er wolte selber gerne sterben / wenn nur Caligula wieder aufkäme / hoffte hiedurch eine Hof-Suppen oder einen Gnaden-Pfennig zu verdienen. Da nun der Käyser wieder gesund ward / zwang er den Schmarutzer / daß er sterben / und also sein Gelübd bezahlen muste.

Käyser Commodus war auch ein rechter Blut-Hund / wann er sich bloß im Fechten übete / stach er allezeit seinen Widerpart nieder / dasselbige solte nur Kurtzweil seyn / und waren wenig Tage / daß er nicht Menschen-Blut vergoß. Bißweilen stellt er sich wie ein Barbierer / beschur seine eigene Freunde / und ehe sie sichs versahen / schnitt er einem mit dem Scheermesser sein Ohr hinweg / etc.

Caracalla war auch ein solcher wütriger Löwe /als er in die Stadt Alexandriam kommen / hielt er den gantzen Rath zu Gast / und gab vor / er wolte aus der Bürger Söhnen ihm eine sonderliche Leib-Guarde erwehlen: Als nun die Eltern ihre Söhne wohl geschmückt für den Käyser brachten / und eine grosse Anzahl Volck darzu kam / umringten seine Soldaten das Volck [850] allgemach / und schlugen sie / auf des Käysers gegebenes Zeichen / alle ohne Unterscheid todt /überfielen die Stadt / plünderten die Häuser / und muste alles sterben / was ihnen fürkam / welches Morden währete Tag und Nacht / daß das Blut häuffig aus den Häusern in den Fluß Nilum geflossen.

Diesem mag wol beygesetzet werden der Maximinianus, der ruffte einsmals seine Abgötter an / und hieß seine Soldaten zwischen zwey brennenden Holtzhauffen nach Heydnischer Weise durchgehen / und den Göttern zu Ehren / Weyrauch in das Feuer werffen. Nun waren in einem Regiment lauter Christen /wie auch ihr Oberster Mauritius / die wolten deren keines thun. Da ließ der Käyser den Zehenden aus ihnen heraus nehmen / und in Stücken zerhauen / und gebot den übrigen / dem Götzen die angestellete Ehre zu erweisen: Da sie es aber beständig abschlugen /muste abermahl der Zehende den Kopff hergeben /und wurd das vorige Gebot wiederholet. Da sie aber noch nicht wolten / umgab sie Maximinianus mit dem andern Krieges-Volck / und ließ sie alle niederhauen.

Das mag wol heissen / sich selbst zum grimmigen Löwen und reissenden Wolff machen: Denn die also wüten und toben / das seyn keine Menschen / sondern lauter Monstra und Ungeheuer / die nicht werth / daß sie der Erdboden tragen soll.

83. Wie man im Ehestande glücklich leben soll
83. Wie man im Ehestande glücklich leben soll.

Es war vor Zeiten ein andächtiger / frommer und gottseliger Mann / der hat GOTT fleissig in allen seinen Nöthen und Anliegen angeruffen. [851] Unter andern hat er fleißig und offt GOtt gebeten / er wolte ihn doch wissen lassen / wie man in dem heiligen Ehestande glücklich leben / und die Haußhaltung wohl bestellen möchte. Auf eine Zeit sollen ihm in Gesicht gezeiget seyn drey Engel: Der erste habe gekniet und gebetet: Ich hebe meine Hände auf zu dem HERRN. Der ander hatte eine Krauthacke oder Grabschauffel / und suchte Wurtzeln aus der Erden / daß ihm der Schweiß übers Angesicht lieff / und sprach: Im Schweiß deines Angesichts solt du dein Brod essen. Der dritte sammlete die ausgegrabenen Wurtzeln zusammen / und trug sie heim in das Hauß / da die drey Engel bey einander waren. Daraus hat er so viel abnehmen können / soll es im Hause wol zugehen / so müsse man erstlich beten: Zum andern arbeiten: Zum dritten sparen / und zum vierdten in Englischer Liebe und Einigkeit neben einander wohnen.


Von GOtt und dem Gebet muß man in allen Dingen den Anfang machen. Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit. Was man mit Arbeit gewonnen / muß man fleißig verwahren. Bonas enim Servatius, facit bonum Bonifa cium. Wo Friede und Einigkeit ist / da hält GOtt Hauß /und die heiligen Engel haben Lust in einem solchen Hause zu wohnen.

84. Domitiani Spiel oder Aufzug - und seine Tyranney
84. Domitiani Spiel oder Aufzug / und seine Tyranney.

Domitianus des Vespasiani Sohn und Titi Bruder (der von dem Eusebio ein Erbe der Neronischen Grausamkeit genannt wird / soll einsmahls / die Rathsherren zu Rom zu ängstigen / ein solch Spiel angestellet haben. Er hat ein sonderbares Hauß inwendig allenthalben lassen schwartz anstreichen / und etliche schwartze Bäncke darein stellen / befahl darauf [852] allerley Werckzeug und Ornat, so man zu den Begräbnissen brauchte / hinein zu bringen; Auf der Erden neben den Seulen stunden Todtenbaaren / darauf die Nahmen derselbigen geschrieben / welche dahin beruffen waren. Zu oberst hieng ein klein Liechtlein / wie die Ampeln seyn / die in den Todtenhäußlein brennen; Auch lagen Tücher da / darein man die Todten zu wickeln pflegt / und war alles aufs schrecklichst und traurigst zugerichtet. An diesen Ort wurden die Rathsherren geführet / gantz allein ohne Diener / und da sie mit Furcht umgeben waren / lieffen kleine Jungen aus den Löchern heraus / kohlschwartz / wie der Teuffel / und stunden diesen Männern an der Seiten. Man hörte da kein Wort / und war alles stille. Endlich trat der Käyser selbst hinein / und that eine Rede von dem Tode / wie man den mit Gedult tragen solte / da meyneten sie anders nicht / dann es müste jetzt gestorben seyn. Als sie nun fast die gantze Nacht hindurch also geängstiget wurden / ließ sie der Käyser wieder heim gehen / schenckte ihnen stattliche Verehrungen und verehrte ihnen die jungen Knaben für leibeigen. Und hat sich der Domitianus über dieses Spiel sehr erfreuet und belustiget. DieserDomitianus ist nicht allein sehr stoltz gewesen / so daß er begehret / man solte ihn nennen einen Gott und Herrn / sondern er hat auch sehr gegen die Christen tyrannisiret / und hat seiner eigenen Bluts-Freundin der Flaviæ Domicillæ nicht geschonet / sondern dieselbe / wegen des Glaubens an Christum / in die Pontianische Insul vertrieben.


Wie das Gemüth und Hertz beschaffen sey / das geben offt die Thaten an den Tag. Der Teuffel kan keine wahre Christen leiden / darum verfolget er sie durch seine Diener / die Tyrannen.

85. Vom Käyser Trajano - dem dritten Haupt-Verfolger der Christen
[853] 85. Vom Käyser Trajano / dem dritten Haupt-Verfolger der Christen.

Dieser Trajanus ist ein löblicher Herr gewesen / was die weltliche Regierung und andere darzu gehörige Tugenden anlanget. Dann wie er tapffer und behertzt gewesen im Kriege / also ist er gar freundlich gewesen im Friede. Er ist gelinde gewesen gegen die Bürger / geehret vom Senat / lieb den Soldaten / bey allen in hohem Ansehen / daß er auch genannt ist wordenPater patriæ, und hat der Römische Rath dem neu-erwehlten Käyser zugeruffen: Ne sis felicior Augusto, melior Trajano: Seine Demuth und Freundlichkeit ist so groß gewesen / daß er insgemein nur drey Trabanten bey sich gehabt: Gar selten vier etc. Privat- und gemeinen Leuten hat er auch die Gnade und Ehre gethan / daß er bey ihnen gegessen und getruncken / hat mit geringen Speisen vorlieb genommen / als ein Feind alles Uberflusses / wie er dann den Ruhm hat /daß er sich nimmer truncken getruncken habe. Er hat auch pflegen seine Unterthanen in ihrer Kranckheit zu besuchen / sie zu trösten / ihnen Aertzte und Artzney zu ordnen / Speiß und Tranck denen / so es nicht in Vermögen hatten / zu senden. Damit er bey allen einen solchen Ruhm erlanget / daß man ihn so wol im gantzen Leben / als auch nach seinem Tode geliebet und geehret hat. Wie er einsmahls einen neuen Gerichts-Herrn eingesetzet / soll er demselben das Schwerdt mit diesen Worten überreichet haben: Siehe / das Schwerdt gebrauche wider meine Feinde / siehestu aber / daß ich unrecht handele / so straffe auch mich damit. So löblich dieser Käyser regieret hat / so[854] hat er gleichwol die Christen verfolget / doch nicht aus Blutgierigkeit / sondern vielmehr aus blindem Eyfer und falschem Angeben abgöttischer Priester /darauf er allen Bedienten seiner Reiche Befehl gegeben / alle Christen zu verfolgen / da denn unzehlich viel getödtet und hingerichtet seyn / wie denn auch Ignatius um die Zeit den wilden Thieren ist fürgeworffen worden. Gleichwol hat GOtt den verfolgeten Christen wieder Ruhe gegeben. Denn Plinius Secundus, ein kluger und verständiger Mann / der auch Befehl bekommen / die Christen auszurotten / wie er vermerckte der Christen Unschuld / schickte ein Schreiben an den Käyser / vermeldende / daß er nichts an der Christen Leben und Wesen erfahren könte /ohne daß sie auf eine gewisse Zeit vor der Sonnen Aufgang zusammen kämen / ein Liedlein zusammen sängen / sich auch mit einander verbünden / niemand zu übersetzen und zu betriegen; Darauf der Käyser befohlen / man solte einhalten mit der Verfolgung der Christen. Er soll in seiner Reise aus Persien auf dem Wege am Durchlauff gestorben seyn / and ist nach seinem Tod unter die Götter gerechnet worden. SeinSymbolum ist gewesen: Qualis Rex, talis Grex. Wie Herr / so Knecht / wie Obrigkeit / so Unterthan.


Wie löblich ists / wann grosse Herren klug / fromm /demüthig / freundlich und gutthätig seyn. Niemand ist ohne Gebrechen. Falsche Leute können Fromme verführen. GOTT läst nach dem Ungewitter die Sonne scheinen.

86. Vom Käyser Hadriano - dem vierdten Verfolger der Christen
86. Vom Käyser Hadriano / dem vierdten Verfolger der Christen.

[855] Dieser Hadrianus ist dem vorigen Trajano an Tugenden und Geschicklichkeit gleich gewesen. Ein gar gelehrter Fürst / der wol erfahren in der Lateinischen und Griechischen Sprache. Wie nicht weniger der Mahler-Kunst und Bildschnitzerey zugethan. Er war lieblich / freundlich / schertzhafftig / der da liebet den Rath / das Volck und die Soldaten / und ward er hinwiederum von allen geliebet und geehret. Ein Weib ist ihm auf eine Zeit begegnet / begehrende: Er solte sie hören / sie hätte was zu klagen. Wie er sich das weigerte und sprach: Ich habe nicht die Weile: und sie wieder antwortete: So solt du nicht herrschen. Ist er still gestanden / und hat mit Gedult des Weibes Klage angehöret. Er hat nicht allein die Jüden / nebenst ihrem Verführer den Burochechab, fast gantz ausgerottet / und jämmerlich viel tausend getödtet / sondern auch die Christen zu verfolgen angefangen / doch alles aus bösen Anklagen gottloser und neidischer Leute. Eins nur zu gedencken. Es war einer mit Nahmen Eustachius, mit dem Kriegs-Heer gegen die Feinde ausgeschicket von dem vorigen Käyser: Wie er nun nach wohl verrichteten Sachen wieder nach Hause kommt / ziehet ihm der Hadrianus entgegen /und holet ihn in die Stadt. Darauf er der Käyser /Heydnischen Gebrauch nach / sich in den Tempel Apollinis machet / die gehörige Danck-Opffer den Göttern zu bringen. Aber Eustachius als ein Christ /wolte nicht mit in die abgöttische Kirche / das verdroß den Käyser sehr / ließ ihn nach verrichtetem Gottesdienst zu sich fordern / hielt es ihm verweißlich für. Aber Eustachius steckte nichts unter den Stuhl /und sagte frey heraus: Ich falle meinem [856] HErrn JEsu zu Fuß / und dem dancke ich vor die ertheilete Siege. Einen andern kenne ich nicht / einen andern will ich auch nicht ehren. Darauf hat er ihn mit Weib und Kindern gefangen genommen / anfangs den Löwen vorgeworffen; Wie die sie aber nicht beschädigten / in einen Feuerofen geschmissen / da sie GOtt mitten im Brand gedancket und freudig gestorben seyn. Es hat sich doch GOtt endlich seines glaubigen Häufleins erbarmet / und gute Leute erwecket / die es mit ihrer Vorsprach beym Käyser so weit gebracht / daß die ungestümme Verfolgungs-Wellen sich ein wenig wieder geleget haben. Er ist letztlich mit der Wassersucht befallen / und wie er sehr grosse Schmertzen litte /und nicht sterben konte / ob er gleich ihm offt den Tod vergeblich wünschete / hat er sein Schwerdt gefordert / sich selbst zu erstechen / aber es wolte ihm niemand das Schwerdt geben. Er bothe einem Barbaren Geld / er solte ihn erstossen / aber derselbige weigerte sich auch dessen / und flohe davon. Endlich hat er ihm selbst mit Hunger das Leben abgeschnitten. Sein Symbolum ist gewesen; Non mihi, sed populo prosim.


Die Heydnischen Käyser übertreffen viel Christliche Potentaten an Freundlichkeit und Frömmigkeit. Christen können mit gutem Gewissen Kriege führen. Die Warheit muß man frey heraus bekennen: GOtt hilfft wunderlich aus der Noth.

87. Denckwürdiges Gespräch eines Christen mit einem Juden
87. Denckwürdiges Gespräch eines Christen mit einem Juden.

Es wird eine denckwürdige Historie erzehlet / die sich mit einem Christen Philippo, und einem fürnehmen Juden Theodosio zur Zeit Käysers Justiniani soll begeben haben. Dieser Jude ist von [857] den Christen offt ermahnet worden / er solte sich bekehren / dann er in heiliger Schrifft wol belesen / und nicht leugnen können / unser HErr Christus wäre der verheissene Meßias. Der Jude hat nicht einwilligen wollen / besonders weil er ein Obrister der Juden / und in grossem Ansehen bey ihnen gewesen / hat aber dem Christen ein Geheimniß entdecket von einem Buch / welches die Juden haben / darinnen stehe / CHRISTUS sey der Heyland der Welt / und hats folgender massen beschrieben. Zu Jerrusalem / sprach er / ist bey den Juden die Gewonheit gewesen / daß sie allezeit 22. Priester im Tempel gehabt / nach der Zahl ihrer Hebräischen Buchstaben / und der Bücher des Alten Testaments. Daher ist ein groß Buch im Tempel gelegen / darinn eines jeden Priesters Nahme / Geburt / Geschlecht und Herkommen verzeichnet worden. Nun hat es sich begeben / daß eben / da CHRISTUS in Judea umgangen / einer aus den Priestern verschieden. Da nun die Priester zusammen kommen / und berathschlagen / wen sie jetzo erwehlen wolten / ist einer aufgestanden / und hat geruffen: Ich will / daß an des todten Priesters Stelle erwehlet werde JESUS / des Zimmermanns Josephs Sohn / welcher an Alter zwar jung ist / aber im Reden und Leben trefflich / daß seines gleichen nirgend kan gefunden werden. Darauf hat man die Jungfrau Mariam / weil Joseph schon verstorben war / beruffen / welche Zeugniß geben / sie sey eine Mutter JESU / aber er habe auf Erden keinen Vatter / und erzehlet solches mit Umständen / wie die Historie Luc. 1. und 2. zu finden. Demnach haben die Priester ihr Buch gebracht / und also darein geschrieben: [858] Auf diesen Tag ist verschieden unser Mit Priester / ein Sohn des und dieses / und ist an seine statt / aus gemeiner Willkühr / erwehlet worden der Priester JESUS / welcher ist des lebendigen GOttes Sohn /und ein Sohn der keuschen Jungfrauen Maria. Dieses Buch ist im Tempel behalten worden / biß auf die Zerstörung Jerusalem / von dannen es in die Stadt Tyberias gebracht worden ist. Darauf der Christ dem Juden geantwortet / er wolte solch Geheimniß dem Käyser anzeigen / daß er in die Stadt Tyberiadem schickte / und das Buch holen lasse / zum Zeugniß des Unglaubens der Juden. Der Jude aber hat kläglich gebeten / er wolle es bleiben lassen / weil ohne groß Blutvergiessen das Buch von den Juden nicht könte zuwege gebracht werden / die ihr Leib und Leben liessen / ehe sie das Buch einigen Christen liessen sehen / und würden ehe den Ort / da diß Buch lieget /und alles selbsten verbrennen / ehe sie jemand von den Christen dahin kommen liessen. Mit diesen Worten hat sich der Christ bereden lassen / daß er solches dem Käyser nicht angezeiget / aber sonsten seinen Bekannten und Freunden offenbahret.


GOtt hat die Juden aus gerechtem Gericht dahin gegeben in verstockten Sinn. Wie viele widerstreben der Warheit. Aus GOttes Wort wissen wir / daß JESUS sey der rechte Meßias der Welt.

88. Bischoff Friedrich straffet Käyser Ludwig
88. Bischoff Friedrich straffet Käyser Ludwig.

Viele Exempel können aus der Schrifft und Welt-Historien herfür gebracht werden / die bezeugen / daß grosse Herren nicht gern die Warheit hören / noch sich gern straffen lassen. Doch finden [859] sich auch / ob gleich wenige / die das Straff-Amt nicht verachtet haben. So lieset man / daß einsmahls Fridericus zum Bischoff zu Trajecto geweihet ward / in Beyseyn Käyser Ludwigs des Gottseligen. Als er nun bey Käyserl. Majestät an der Tafel saß / und der Käyser ihn vermahnete / sein Amt ernstlich zu verrichten / ohne Ansehen der Person / weisete der Bischoff auf einen grossen Fisch in der Schüssel liegend / und sprach: Gnädigster Herr / wann ich von dem Fische essen wolte / wo solte ich ihn am füglichsten angreiffen /am Haupt oder am Schwantz? Als nun der Käyser Ludwig sagte: Ey! das Haupt ist das beste / daran fahet ihr billich an. Antwortete Bischoff Friederich darauf: Ey Herr Käyser / so straff ich Euer Majestät billich am ersten der Blutschande halben / so ihr in eurem Ehestande begehet / mit der Käyserin Judith /euer nahen Blut-Freundin: Welche Straffe der Käyser willig angenommen hat / und sich der Sünde ferner enthalten.


Bischöffe müssen die Heerde Christi weiden und straffen / es sey zu rechter oder zur Unzeit: Wohl dem / der die Straffe annimmt / und sich bessert.

89. Nutzbarkeit und Wunderding - auch Gefährlichkeit der Brieffe
89. Nutzbarkeit und Wunderding / auch Gefährlichkeit der Brieffe.

Von den Egyptiern lieset man / daß sie ihre Gemüths-Meynung durch nachdenckliche Sinn-Bilder an den Tag gegeben / unter andern ihre Egyptische Buchstaben selbsten zu bedeuten / haben sie gemahlet ein Dintenfaß / ein Rohr und ein Sieb. Dann mit dem Rohr schrieben sie / dieweil sie keine andere Federn hatten. Das Sieb lehrete / daß dieser Werckzeug erst aus Rohren gemacht / das Meel [860] dadurch zu beuteln;Item, daß die so der Schreiberey obliegen / ihre Nahrung wol davon haben mögen / und keiner andern Arbeit abwarten dörffen. Wie nun alle Schrifften für ein recht Wunderwerck zu halten / also mögen wir billich die Brieffe ansehen. Das ist 1. ein wunderliches Werck / daß / da etliche Zeichen / das ist Buchstaben / aus dem A b c auf dem Papier geschrieben stehen /die äusserliche Augen sie ansehen / und gleich darauf das innerliche Gemüth wissen soll / was GOtt rede /was die Menschen sagen und wollen / was in weit abgelegenen Oertern geschehen. Es ist 2. ein holdselig Ding / es können die Abwesende durch kein stärckers Band / als durch Brieffe in Freundschafft erhalten werden / wie Antonius de Gvevarra meldet / daß eines vertrauten Freundes Schreiben den Geist erfreue / die Augen erfrische / das Hertz belustige / Freundschafft bestätige / und den Verstand schärffe. Dahero ein bekanntes Rätzel aufgegeben wird: Ach lieber Räther sag mir an / was ist doch dieses für ein Mann /der einem Menschen weit entlegen / mir in die Nähe bringt zuwegen / daß ich mit ihm kan reden frey / der doch viel Meilwegs von mir sey? Ist ein Schreiber /der einen Brieff schreibet / durch welchen wir die Abwesende anreden / und auch ihre Antwort hören und vernehmen. Es ist aber auch 3. ein gefährliches Ding /da man behutsam handeln muß / dann man dadurch offt in grosse Ungelegenheit kommen kan. Barnabas /der Fürst zu Mayland / hat Pabst Urbanum V. gezwungen / daß er / als er noch nicht Pabst war / und ihm von dem vorigen Pabst ein angenehmes Schreiben brachte / solches essen müssen.


[861] GOtt ist ein wunderbahrer GOTT in allen seinen Wercken. Das beste und edelste Ding kan mißbraucht werden / da muß es heissen: Tollatur abusus & maneat usus.

90. Königs Abgari Brieff an CHRISTUM - und dessen Antwort
90. Königs Abgari Brieff an CHRISTUM / und dessen Antwort.

Euseb. Ecclesiast. Hist. lib. 1. cap. 15. erzehlet: Es solle König Abgarus zu Edessa dem HERRN CHRISTO ein Schreiben zugesand haben / folgenden Inhalts: Abgarus der Land-Fürst zu Edessa / entbeut seinen Gruß / JESU dem Heyland / dem Guten und Frommen / der sich in der Gegend der Stadt Jerusalem aufhält. Mir ist glaubwürdig fürkommen / wie daß du mit samt den Deinen / den Leuten hilffest / und sie gesund machest ohne alle Kräuter und Artzney. Dann /wie ich höre / so machest du die Blinden sehend / die Lahmen gehend / die Aussätzigen rein / die Todten lebendig / und die mit langwieriger Kranckheit beladen seyn / wiederum gesund / treibest auch aus die bösen und unsauberen Geister. Als ich aber solches von dir gehöret / habe ich gedacht / du seyest entweder GOtt selbst / und vom Himmel um solcher Wunderwerck willen kommen / oder aber der Sohn GOTTES / daß du solche gewaltige Dinge wirckest. Darum bitte ich dich hiemit schrifftlich / du wollest dich mit nichten beschweren / zu mir zu kommen / und mir das grosse schmertzliche Leiden / damit ich geplaget werde / hinnehmen. So habe ich auch gehöret / daß die Juden wider dich murren / und suchen alle Gelegenheit / wie sie dich können peinigen und tödten: Nun habe ich allhie eine eigene Stadt / welche / wiewol sie klein /ist sie doch ehrsam / und wird mir [862] und dir groß genug seyn. Auf welches Bitt-Schreiben eine solche Antwort / die der HErr Christus ihm soll zugeschicket haben /zu finden ist. Selig bist du / Abgare / daß du an mich geglaubet hast / ob du mich wohl nicht hast gesehen: Dann es stehet von mir geschrieben / daß die / so mich gesehen / an mich nicht werden glauben / auf daß die / so mich nicht sehen / glauben und das Leben haben. Daß du aber in deinem Schreiben meldest / ich solte zu dir kommen / soltu wissen / daß ich eben an diesem Ort / im Jüdischen Lande und zu Jerusalem /alles / darum ich gesendet worden bin / erfüllen muß /und wann ich solches erfüllet habe / muß ich zu dem gehen / der mich gesandt hat. So bald ich aber aufgenommen werde / und gen Himmel fahre / will ich dir einen aus meinen Jüngern schicken / der soll dir helffen / und dich samt denen / die bey dir sind / gesund machen. Welches dann im Jahr Christi 43. und also über neun Jahr hernach geschehen seyn soll / indem vom Thoma ein anderer Jünger / Nahmens Thaddæus, dahin geschicket worden / welcher die Hände auf ihn geleget / ihn und viel andere gesund gemacht /und zum Christlichen Glauben gebracht.


Christus ist der rechte Wundermann / wer an ihn glaubet / der wird selig.

91. Ein Künstler hält sich in drey Stücken glücklicher dann alle Könige
91. Ein Künstler hält sich in drey Stücken glücklicher dann alle Könige.

Der König in Hispanien Philippus II. hatte einen fürtrefflichen Künstler Joanella de Trezzo, der bey ihm sehr wol gelitten und in grossen [863] Gnaden war: Es trug sich einsmals zu / daß sie beyde zu reden kamen von der Könige Zustand und anderer Privat oder gemeiner Leute Leben / welches eins dem andern vorzuziehen und am glücklichsten seyn. Da hat dieser Joanellus unter andern gesaget: O gnädigster Herr und großmächtigster König! Ich mißgönne weder dir noch einigem Fürsten ihren vor der Welt glücklich scheinenden Staat und Stande unterdessen / wann ich frey heraus reden soll / wie es mir ums Hertz ist / so halte ich mich / in meinem Stande / darinn ich lebe / viel glücklicher / dieweil ich habe dreyerley / die hoch zu achten seyn / dessen doch insgemein grosse Herren Mangel haben / diese drey seyn / res cara, res rara, res præclara, ein theures / ein seltzames / ein herrliches Ding. Das theure Ding / sagt er / seyn die aufrichtigen Freunde: Das seltzame / ist die Warheit /das herrlichste ist die Morgenröthe. An diesen dreyen fehlt es insgemein den Fürsten und Gewaltgen dieser Welt / denn weil sie im hohen Stande lebeten / so hätten sie wenig ihres gleichen / und also keine rechte Freunde. Vors andere / weil Herren-Höfe voller Schmeichler / so höreten die grossen Herren selten die Warheit. Zum dritten / weil sie schlieffen biß in den Tag hinein / so sehen sie selten die liebe und hochgewünschte Morgenröthe.


Ein guter Freund ist ein köstlicher Schatz.


Die Warheit und die / so dieselbige reden / soll man nicht anfeinden. Bey Herren-Höfen ist die Warheit vertrieben. Daher sagt Ludovicus XI. König in Franckreich: In Aula omnibus abunde una excepta veritate, und Carolus VIII. hat gesagt: Quid mirum si rari in cœlo. Reges, raros habent circa se veri monitores.


Wehe dem Lande / dessen Herren lange schlaffen.

92. Eine Probe - wer unter drey Brüdern des Vatters eheliches Kind
[864] 92. Eine Probe / wer unter drey Brüdern des Vatters eheliches Kind.

Man lieset in Theat. Vitæ Human. lib. 4 tom. 2. eine Historie oder Geschicht / die sich in Scythia soll zugetragen haben. Es war ein Vatter / der hatte drey Söhne / unter welchen zween unehliche / der dritte aber ehelich gebohren war: Aber diß war niemand /auch den Söhnen selbst nicht bewust. Der Vatter stirbet / er macht sein Testament / und setzet den einen zum Erben ein; Aber die beyde Unehliche schliesset er aus / doch machte er keinen nahmhafftig / welchen unehlich / und welcher ehelich gezeuget wäre. Nach des Vatters tödtlichen Hintritt wird das Testament eröffnet / und erfahren die Söhne aus den beyliegenden Schrifften / wie die Sache mit ihnen beschaffen sey. Sie erstarren darüber / sehen einander an / verwundern sich / und konte kein Richter sie in dieser Streit-Sache entscheiden. Die Unehlichen sagten / sie wären eheliche und rechtmäßige Kinder: Der rechte und Eheliche wolte beweisen / daß er / und kein ander / der rechte und echte sey. Wie sie sich über diesen Streit nicht vergleichen können / lassen sie endlich die Sache an den König und das Gericht gelangen / welche / nachdem sie die Sache eingenommen / die drey Söhne lassen zu sich fordern. Sie werden ernstlich vermahnet nach Warheit auszusagen / wer unter ihnen der ehelich-Gebohrne sey. Wie aber diese Streitigkeit zu keinem Ausschlag kan gebracht werden / da lasset der König des Vattern todten Leichnam herbringen /denselbigen an einen Baum binden. Darauf wird einem jeden Bogen und Pfeil gegeben / und ihnen [865] befohlen zu schiessen / welcher des Vatters Hertztreffen würde / der solte der rechte und nechste Erbe seyn. Der gantze Königliche Hof kommet zusammen / diesem Werck beyzuwohnen / und sammlet sich von allen Orten ein grosses Volck bey einander: Der erste nimmt seinen Bogen / legt den Pfeil darauf / schiesset und trifft nahe bey dem Hertzen / das thut auch der ander / und fehlt auch des Hertzens nicht weit. Es war nunmehr an dem dritten / welcher / wie er seinen Bogen gespannet / die Pfeile darauf geleget / erinnert er sich der vielen Wolthaten / die ihm vom Vatter erwiesen / hebet an bitterlich zu weinen / legt den Bogen nieder und saget: Ey / das sey ferne von mir /daß ich um des liederlichen Geldes willen solte meine Hände verunreinigen an meines Vatters Blut. Er ist mein Vatter / ich sein Sohn. Der König mache und setze zum Erben / welchen er will. Ich will lieber den Pfeil mir selbst in meinen Leib schiessen / als daß ich solte nach meinem Vatter zielen. Wie dieses der König gesehen / und seine Erklärung angehöret / hat er denselbigen / als rechten Erben erkläret / die andern beyden aber hat er ausgeschlossen.


Besser ist ein Ding verschweigen / als Dinge schreiben / daraus nur Uneinigkeit entspringet. Uber zeitliches Gut werden offt die besten Freunde uneins. Ja um Geldes willen tragen Kinder keine Scheu / ihre leibliche. Eltern zu schimpffen und zu verunglimpffen. Was aber fromme Kinder seyn / die leiden lieber Schaden / als daß sie sich an den Ihrigen solten vergreiffen.

93. Von unterschiedlichen künstlichen Thieren
93. Von unterschiedlichen künstlichen Thieren.

Man hat viel Exempel der unvernünfftigen Thiere /welche in allerhand Künsten / auch Sprechen [866] geübt und angewiesen seyn / derer will ich etliche gedencken. Pierius zeuget / daß ein Affe gewesen / der im Beet und das Schach-Spiel hat spielen können. Nierenbergius hat mit vielen Exempeln bewähret / daß es Elstern / Raben / Papagey und andere Vögel gegeben / die gleich den Menschen verständlich haben reden können. Wie denn zu Rom ein solcher Papagey soll gewesen seyn / der die drey Haupt-Artickel des Glaubens fertig habe hersagen können / welches manchem Christen fehlen solte. Ælianus setzet / daß er mit seinen Augen gesehen einen Elephanten / der mit seinem Rüssel hat Buchstaben auf eine Tafel schreiben können. Plinius der gedencket es auch / als eine Warheit /daß ein Elephant gewesen / der Griechische Buchstaben schreiben können. Der fürtreffliche Held und Bezwinger der Teutschen / Germanicus, hat auf eine Zeit dem Käyser Tiberio ein Spiel angerichtet / darein seyn 12. Elephanten auf den Schauplatz geführet / mit sonderlichem Habit und Kleidungen angethan. Dieselbigen leiteten sich erst auf Befehl ihres Führers und Lehrmeisters jeder auf seinen besondern Platz / sie tantzten / streueten Blumen aus / setzten sich zu Tische / assen und truncken / und verrichteten dergleichen viele Dinge / daß jederman sich darüber verwundern muste.


Die Ubung und Gewonheit ist die andere Natur. Viele Menschen seyn unverständiger als das unvernünfftige Vieh.

94. Erzehlung etlicher Ketzer und Ketzereyen - die von Zeit zu Zeiten entstanden
94. Erzehlung etlicher Ketzer und Ketzereyen /die von Zeit zu Zeiten entstanden.

Es ist die Zahl der Ketzereyen / die von Jahren zu Jahren sich herfür gethan / fast groß / wollen derer etliche berühren.

[867] Es seyn gewesen Apostolici, wie sie sich genannt /welche von dem Heil. Ehestand nichts gehalten /darzu allerley Traditiones und Menschen-Satzungen angenommen.

Der Ebion hat fürgegeben / der HErr JEsus sey von Joseph und Maria natürlicher Weise gezeuget / sey auch nur ein blosser Mensch gewesen / und gelehret /man solle alle Jüdische Ceremonien halten / auch im Neuen Testament. Dieses hat auch gelehret der Ertz-Ketzer Cerinthus, bey welchem Johannes im Bade nicht wollen sitzen / in Sorge / es möchte der Boden mit ihnen einfallen. Der hat einen Unterscheid gemacht zwischen JEsu und Christo; der unsterbliche Christus sey in der Tauben-Gestalt bey der Tauffe in ihn gefahren / habe aber denselbigen zur Zeit der Creutzigung verlassen / damit er sterben konte; Die Beschneidung und alle Mosaische Gesetze hat er für nöthig gehalten. Die Chiliastæ haben ihnen eingebildet / daß Christus für dem Jüngsten Tage werde tausend Jahr auf Erden ein weltliches Reich mit den erweckten Auserwehlten und den Frommen / die auf Erden leben / anrichten.

Die Angelici haben die Engel angebetet.

Die Anthropomorphitæ haben vorgegeben / GOtt sey in seinem Wesen ein Mensch / und habe menschliche Gliedmassen / menschliche Affecten und Sinne.

Origenistæ haben alles Allegorisch erkläret / und die Philosophie mit der Schrifft vermischet.

Die Aētiani haben den Ehestand für sündlich geachtet / und sich des Fleisch-Essens eine Zeitlang enthalten / denen auch beygestimmet die Encratiten.

Die Severianer gaben vor / der Wein komme vom[868] Teuffel her / daher sie den Kelch vom Heil. Abendmahl abgeschaffet / so hielten sie auch vom weiblichen Geschlecht / daß dasselbige sey ein Werck des Teuffels / und die in der Ehe leben / dienen dem Teuffel / das haben auch die Tatianer vorgegeben.

Die Montanisten haben verworffen die andere Ehe / die Ehe-Scheidung zugelassen / den Weibern das Predig-Amt anvertrauet / das Blut eines jährigen Kindes genommen / und das mit dem Brodt im Heil. Abendmahl vermischet / die Todten getauffet / etc. Ihr Anfänger Montanus soll sich selbst erhenckt haben.

Die Manichæer haben auch viel greuliche und lästerliche Irrthümer geführet. Als / da sie gesaget / es wären zween ewige Götter / ein guter und ein böser /Christus habe nicht warhafftig gelitten / sey auch nur nach dem Schein gestorben. Sonn und Mond soll man anbeten. In einem jeden Menschen wären zwo Seelen / eine gute und eine böse / welche allezeit mit einander stritten. Der Ehestand gefalle GOtt nicht / die Sünde sey ein selbst-ständiges Wesen. Die Tauffe wäre nichts nütze. Man solle das Heilige Abendmahl mit Manns-Saamen vermengen. Ein böser Gott habe das Gesetz gegeben. Das Fleisch essen / wie auch den Stand der Obrigkeit haben sie verworffen.

Die Mirabiliarii rühmeten sich der Weissagungen /Wunderwerck / Entzückung und Erscheinungen.

Die Discalceati und Nudipedales waren scheinheilige Leute / die / wann sie beteten / oder an heilige Oerter treten wolten / die Schuh ausgezogen und baarfuß gangen seyn. Die Aquarii wolten / man solte den Wein im Heil. Abendmahl mit Wasser vermischen /oder gar Wasser an statt Wein nehmen.

[869] Die Novatianer haben denen / so gesündiget / dieAbsolution versaget / und ihnen die Seligkeit gantz abgesprochen / ob sie gleich Busse und Besserung versprochen.

Die Pelagianer haben die Erb-Sünde verleugnet und gelehrt / man könne aus eigenen Kräfften das Gesetz erfüllen.

Man mag wol beten: Für diese und andere Schwermer und Ketzer / behüte uns lieber HErre GOtt.

95. Von einem - der drey Freunde gehabt
95. Von einem / der drey Freunde gehabt.

Es erzehlet der alte Kirchen-Lehrer Damascenus eine feine verblühmte Historiam: Es sey ein Mensch gewest / der drey gute Freunde gehabt / von denen er zween sehr geliebet / dem dritten aber wenig Freundschafft gethan habe. Als nun derselbige Mann auf eine Zeit in Leib- und Lebens-Gefahr gerathen / ist er zum ersten Freunde gekommen und hat ihn gebeten / daß er ihm wolte zu Hülffe kommen / aber der hat mehr nicht gethan / denn daß er ihm ein Kleid zugeworffen / damit er könte für Gericht gehen. Er sey auch zu dem andern gegangen / aber er habe von ihm keinen andern Trost bekommen / dann diesen / er wolle ihn eine Weile zum Richterstuhl begleiten. Als er nun deßwegen zu dem dritten kommen hat derselbige über alles Versehen sich seiner ganz treulich angenommen / indem er nicht nur sein Gleitmann worden / sondern auch selbsten den Richter er seine Statt angeredet /und ihm seine Sache getreulich vertreten. Dieses hat gemeldter Lehrer auf den sterbenden Menschen gezogen / und damit abgebildet / wie es in dem Tode mit uns ergehe. Wir haben [870] drey Freunde; Die erste ist unser Haab und Gut; Der ander unser Weib und Kinder / Bluts-Freunde; die lieben wir am meisten / der dritte ist Christus / dessen man am wenigsten achtet. Wann wir nun sterben sollen / so ruffen wir sie alle um Hülffe an. Der erste Freund / der Mammon giebt uns gar kurtzen Bescheid / giebt uns ein Leilach oder Hembd / damit wir unsere Glieder bedecken können /nach dem Sprichwort: Ein Tuch ins Grab / darnach schab ab! Der ander Freund seyn die Nechsten / die thun etwas mehrers / sie gehen mit uns zum Grabe /und begleiten uns vollend hinaus. Der dritte aber Christus / dessen wir offt so wenig achten / der thut das Beste bey uns. Er begleitet uns im Tod / und führet uns auf rechter Bahn. Er bereitet uns den Weg zum Himmel. Ja er tritt für den Richterstuhl mit uns / als unser Fürsprecher und vertritt uns bey GOtt.


Geld und Gold kan nicht erretten am Tage des Zorns. Wer Christum zum Freunde hat / der ist wohl daran.

96. Calanus weiset Alexandro M. wie er seine Regierung soll verwalten
96. Calanus weiset Alexandro M. wie er seine Regierung soll verwalten.

Calanus ist gewesen ein kluger und sinnreicher Philosophus aus Indien / dieser / wie er in Gespräch gekommen mit dem König Alexander, und unter andern Meldung gethan / wie ein König am besten seine Regierung konte vertreten / hat dieser obbemeldte Calanus solches dem Alexandro mit einer schlechten doch herrlichen Gleichniß vor Augen geleget / und ihm damit gewiesen / wie er ins künfftige müste und könte sein Regiment erbaulich bestellen. Er hat für den König Alexander bringen lassen eine lederne dürre Haut / [871] die hat er für ihm auf die Erde ausgebreitet: Ist hernach erstlich auf die eine Eck der Haut getreten /da die gantze Haut in die Höhe gesprungen / ingleichen auf die andere / da die Haut ebenmäßig gegen ihn aufgesprungen / letzt ist er mittten darauf getreten / da haben alle äussere Theil der Haut gantz eben und unbeweglich der Erden gleich gelegen. Der Plutarchus, welcher dieses beschreibet / der erzehlet zugleich / was Calanus dadurch habe andeuten wollen /nemlich / daß ein König soll mitten in seinen Reichen wohnen / nicht aber zuweit von denselbigen abziehen / im Fall dieselbigen sollen in Ruhe und Frieden erhalten werden. Dann wann ein König oder Herr sei nen Reichen gar weit abgesessen / könne sich gar leichtlich ein Aufstand gegen ihn erregen.


Die Gegenwart eines Königes hat offt grosse Krafft. Weit von seinem Gut / ist nah bey seinem Schaden.

97. Vom Adonide
97. Vom Adonide.

Die Poeten / wie sie alles mit Gedichten erfüllet / und gleichwol merckliche Lehr-Stücke darunter verborgen haben: Also ist auch von ihnen einer / Nahmens Adonides, von dem dichten sie / er sey gar ein schöner und wohlgeschickter Jüngling gewesen / der sich verliebt gehabt in die Venus, und sie sich wiederum in ihn. Zwar sey er von dem Kriegs-Gott Marte getödtet worden / aber er sey hernach wiederum von neuem auferwecket. Um dieses seines Todes willen / (wieLucianus gedencket) haben die blinden Heyden / insonderheit die Assyrier / alle Jahr auf gewisse Tage ein groß Klagen gehalten; und bald darauf ein grosses Jauchtzen und Freuden-Gethön / zum Gedächtniß seiner Auferweckung. Was sie hiemit [872] bedeutet haben /das erkläret Hugo, wann er vermeynet / daß sie durch den schönen und wohlgeschmückten Adonidem verblümter Weise verstanden / die Blumen / Kräuter /Korn / Gersten / Weitzen und andere aus der Erden herfürwachsende Früchte / davon wir unsere Speise /Nahrung und Unterhalt haben / die geben eine Zierde dem gantzen Lande. Aber alle diese gedachten Früchte ersterben und verdorren gegen den Herbst / da ist denn die ankommende Kälte gleich der Früchte und Gewächse Mars und Feind / der da macht / daß sie verwelcken / verfaulen / dahin fallen / ersterben und verderben. Bey Ankunfft des Frühlings kommen sie von neuem herfür / als wenn sie gleich auferwecket und das Leben ihnen von neuem wieder gegeben würde. Daß sie ferner dabey gedichtet / der Adonides und die Venus haben sich mit einander verliebet /damit haben sie wollen anzeigen / daß insgemein Uberfluß im Essen und Trincken und allerley Früchte / welche durch den Adonidem verstanden würden: Und denn die Liebe und Geilheit / durch die Venus bedeutet / bey einander wären.


Man mag es wol mit Danck erkennen / wann GOtt das Land gesegnet: Hingegen trauren / wann das Erdreich sein Gewächs nicht giebet. Uberfluß wird von GOtt gestrafft.

98. Frage und Streit - so über das Schiff Thesei vorgefallen ist
98. Frage und Streit / so über das Schiff Thesei vorgefallen ist.

Alexander ab Alexandro Dier. Genial. Lib. 3. c. 1. erzehlet / daß über das Schiff Thesei, damit er nebst den andern Argonauten in Cretam ist gefahren / ein grosser Streit und Disputation sich erhoben. Dieses Schiff soll noch zu Athen biß auf Demetrii Phalerei Zeiten in Verwahrung gewesen seyn / indem [873] man allemal die alten verfaulten Bretter hinweg genommen /und an derer Stelle neue wieder angemachet. Deßwegen hat sich zwischen den Legisten und den Philosophis eine Frage erhoben / ob das Schiff durch die viele Veränderung der Bretter sey eben dasselbige allezeit geblieben / und ob es dasselbige Schiff zu nennen sey? Und es ließ / als wann es dasselbige geblieben / weil es allezeit blieb bey einer Form / auf anderer Seite wendete man ein / daß es nicht ein Schiff verblieben / weil es nicht eine Materie behalten / die es zuvor gehabt. Die Legisten sagten und behaupteten / daß es ein Schiff allezeit verblieben wäre: Denn wie eine Heerde / nach dem Ausspruch Ulpiani, verbleibet / obgleich nach Absterben eines Viehes an derer Stelle andere beygeschaffet werden: Also obgleich neue Bretter an statt der alten am Schiffe Thesei gefüget / so sey es nichts destoweniger ein Schiff zu nen nen / weil die vorige Form und Gestalt noch da gewesen. Aber die Philosophi, die mit grossem Fleiß dieser Frage nachdachten / die wendeten ein / es wäre ein ander Schiff zu nennen / weit von dem ersten unterschieden. Denn ob es gleich hätte die vorige Form und Gestalt / so bestünde es doch aus einer andernMaterie. Denn gleichwie das Römische Volck / ob es gleich noch lebe in derselbigen Stadt / darinn die Vorfahren / so wären es doch nicht dieselbigen Völcker /die vor diesem da gewohnet; Denn es ja weit andere darinn gebe / als zuvor: Also hätte es auch mit dem gedachten Schiffe des Thesei eine Beschaffenheit.


Es erhebet sich offt ein Streit über ein Ding / da man es nicht gemeynet hätte. Der streiten will / muß deutlich seine Meynung offenbahren / damit nicht der eine schwartz / der [874] ander weiß rede. Der eine von der Wind-der ander von der Wasser-Mühlen.

99. Von dem künstlichen Thron des Königes Darii
99. Von dem künstlichen Thron des KönigesDarii.

Schrifftwürdig und hier zu gedencken ist / was man lieset von dem sehr kunstreichen Thron / welchen der großmächtige König Darius zu Beweisung seines Prachts ihm verfertigen lassen. Bernhardus gedencket von diesem Thron / daß er habe gehabt sieben unterschiedene Stuffen: Der erste bereitet aus köstlichen Amethisten; Der ander aus Schmaragden: Der dritte aus Topazier: Der vierdte von Granaten: Der fünffte von lauter Demanten: Der sechste von Gold. Letzt der siebende von Leim oder Erden. Es scheinet diese Ausfertigung des Königlichen Throns gar frembd und seltzam zu seyn / und hat das Ansehen / als wann alles wider gute Ordnung angestellet wäre. Denn dem Erdenen / der billich hätte sollen den untersten Platz behalten / sey die oberste Stelle gegeben. Aber es ist zwar wahr / daß die von dem König Dario angestellete Ordnung scheine gar frembd und wunderlich zu seyn: insonderheit bey dem / welchem die Unbeständigkeit der weltlichen Ehren auf Königlichem Sitze unbekannt ist: Aber Darius, dem bewust war / wie so gar keine Beständigkeit sey auch bey Königlichen Thronen / hat mit allem Fleiß und aus reiffem Bedacht / den allerhöchsten Thron aus Erde und Thon verfertigen lassen / zu bezeugen / daß auch die höchsten Welt-Herrlichkeiten vergänglich wären.


Nichts ist beständiges in der Welt. Es ist alles gantz eitel. Darum verlasset euch nicht auf Fürsten.

100. Daß Kirchen-gehen nicht säume - wird mit einer feinen Historie bestätiget
[875] 100. Daß Kirchen-gehen nicht säume / wird mit einer feinen Historie bestätiget.

Pelbartus setzet eine feine Historiam / wie ein junger Gesell / als er ausgezogen / von seinem Vatter vermahnet worden / sonderlich / daß er dreyerley Lehr von ihm behalten soll. Erstlich / daß er fleißig zur Kirchen gienge: Hernach / daß er sich für böser Gesellschafft hütete: Letzt und fürs dritte / daß er sich fein in der Leute Weise richten und schicken lernete. Wie er nun auszeucht / kommt er an eines Königes Hof / hält sich wol und kommt bald in Gnaden / und in gutes Ansehen. Diese Gunst und Gnade ward ihme von andern nicht gegönnet / ward demnach von einem beym Könige verleumbdet / als buhle er mit der Königin / und daß dem also sey / könne man aus seinen Gebärden vernehmen / denn wie sich die Königin gebährde / so gebährde er sich auch. Wann sie frölich sey / so stelle er sich auch frölich. Wann sie traurig sey / so stelle er sich auch traurig. Der König will erstlich dieses selbsten erfahren / um in Augenschein nehmen / zeucht einmahl einen schönen Ring von seiner Hand / und giebt denselbigen seiner Gemahlin /welche darüber lachte / und sich frölich stellet. Der junge Geselle stehet vor dem Tische / und wartet auf /und als er siehet / daß der König und die Königin frölich sind / erzeiget er sich auch frölich / als der gerne sahe / daß der König und die Königin freundlich mit einander umgiengen. Dieses merckte der König alles genau an. Auf eine andere Zeit stellet sich der König zornig / giebt seiner Gemahlin einen Backenstreich /da wird sie traurig / und weinet. Wie der Jüngling siehet / daß der König zornig / und die Königin [876] traurig ist / wird er auch betrübet / wie billich. Das deutet ihm der König zum ärgsten und vermeynet Ursach genug zu haben / ihm das Leben zu nehmen. Der König gehet zu Rath / wie er sich an ihm rächen möge; Der Verläumder giebt dem König Rath / er soll nicht viel Disputirens mit ihm machen / sondern ihn so bald in den Kalck-Ofen stecken und verbrennen lassen. Damit es auch unvermercket zugienge / möchte der König dem Kalck-Brenner sagen lassen / daß auf den Morgen um gewisse Stunde einer zu ihm heraus kommen und fragen würde / ob er des Königs Befehl ausgericht? Denselben solt er nehmen / und in den Kalck-Ofen werffen. Darauf wird dem frommen Menschen der Königliche Befehl aufgetragen / daß er am folgenden Morgen hinaus zum Kalck-Brenner gehen / und wie zuvor gedacht / fragen solte. Indem er nun auf dem Wege begriffen / eine offenstehende Kirche vorbey gehet / gedencket er an seines Vatters Befehl / gehet erstlich in die Kirche / höret die Predigt /dencket / er wolle noch Zeit genug kommen / und sei nes Königs Befehl verrichten. Mittler Zeit / daß dieser in der Kirchen ist / läufft der verläumderische Angeber hin zum Kalck-Brenner / in Hoffnung / der ander werde schon zu Asche verbrannt seyn / fragt den Kalck-Brenner / ob er des Königs Befehl ausgerichtet? Da nimmt ihn der Kalck-Brenner / ohne alle Barmhertzigkeit / und wirfft den Verläumder in den Kalck-Ofen. Oder nun gleich schreyet / daß ers nicht sey / gegen den das Königliche Mandat ergangen; so spricht doch der Kalck-Brenner; Er habe Befehl / den in den Ofen zu werffen / der am ersten zu ihm käme: Wirfft ihn derowegen hinein / und brennet ihn zu Aschen. Nach [877] der Predigt gehet der ander hinaus zum Kalckbrenner / fraget ob des Königs Befehl ausgerichtet? Der ihm denn antwortet: Es sey geschehen. Mit welcher Antwort er zum Könige kehret / berichtende / daß des Königs Befehl ausgerichtet sey. Der König erschrickt / verwundert sich über seine lebendige Wiederkunfft / fraget nach dem Verlauff / wie es zugegangen sey? Darauf der Jüngling saget / er habe des Königs Befehl ausgerichtet. Er sey aber nach seines Vatters Befehl zuvor in die Kirche gegangen. Unterdessen sey ein ander für ihm kommen / und in den Ofen geworffen worden. Daraus nimmt der König so viel ab / daß dieser Jüngling unschuldiger Weise verleumbdet / und der falsche Verleumbder billich gestrafft worden. Weiter hat der König gesaget: wie ers denn verstehen solte / daß er sich seiner Gemahlin an Geberden gleich stellete? Darauf er geantwortet: Sein Vatter habe ihn vermahnet / er solte sich fein in der Leute Weise schicken lernen / derselben Lehre habe er wollen nachleben. Wann demnach der König und die Königin frölich gewesen / habe er sich frölich erzeiget / wann sie traurig gewesen / habe er sich auch traurig erzeiget. Nachdem nun der König gnugsam seine Unschuld gespürt / hat er ihn hernach lieb und werth gehalten.


Neid und Mißgunst findet sich allenthalben. Man soll nicht bald glauben / denn man leuget gern auf die Leute. Der Eltern treuen Vermahnung soll man nachkommen. Mit welchem Man einer misset / damit wird er offt belohnet. Wer einem andern eine Grube gräbet / der fällt selbsten hinein. Nach dem Sprichwort: Malum consilium consultori pessimum.


Finis VI. Centuriæ.

Das siebende Hundert nützlicher und denckwürdiger Historien

1. Die blutigen Hostien
1. Die blutigen Hostien.

Zu Sternberg in Mecklenburg / zu Hertzog Magnus Zeiten / Anno Christi 1492. war ein armer / dabey aber heilloser Meß-Pfaffe / Peter Dän genannt. Derselbe versetzte einem Juden / mit Nahmen Eleasar /seiner Concubinen Grapen oder Metallenen Topff. Wie er aber hernach die Concubine etlicher Scheltworte halber von sich gestossen / und sie alle Tage ihren Grapen wieder fiederte / wuste er nicht wo er Mittel hernehmen solte selbigen wieder einzulösen. Der Jude merckt es / gehet zu dem / und verspricht ihm nicht allein den Grapen umsonst wiederzugeben /sondern auch noch eine halben Gülden Müntze drüber / aber mit dem Bedinge / er solle ihm consecrirte Hostien / eine grosse für die Priester / und eine kleine für die Leyen / geben. Des wird der Pfaffe froh / und sagts ihm zu: Consecriret darauf den 10. Julii in der Pfarr-Kirche zu unser lieben Frauen bei der Messe 3. Hostien: Eine öffentlich / die er dem Volcke weiset /die andern heimlich / die er dem Juden hernachmals zustellet. Der Jude giebt die Hostien seiner Frauen zu verwahren biß auf St. Jacob-A. / an welchem er seiner Tochter Hochzeit machte / [879] und viel vornehme Juden dazu gebeten hatte. Nach gehaltener Mahlzeit / da die Braut am Tantze ist / verfüget sich Eleazar mit etlichen seinen Gästen in ein sonderlich Gemach / und vermeldet ihnen sein Vorhaben / mit Nadeln oder Pfriemen ihren Feind (zeigend auf die Hostien) zu erstechen. Thut auch den ersten Stich auf beyde Hostien / darauf Rosinfarbenes Blut soll erfolget seyn / also daß es nicht allein das dreyfächtige Tuch / darinnen sie verwickelt / durchnetzet / sondern auch den Tisch gefärbet. Die andern thun / auf sein Anmahnen / dergleichen / wiewol nicht ohne Furcht und Schrecken /worauf gleichfalls Blut erfolget. Die grosse Hostie aber ist vom letzten Stich über sich gesprungen / und so schrecklich anzusehen gewest / als dräuete sie ihnen alle die Rache. Worüber sie sich denn auch dermassen entsetzet / daß sie davon gelauffen und Eleazarn allein gelassen / der die Hostien seiner Frauen mit dem blutigen Tüchlein wieder zugeworffen / und befohlen / dem Pfaffen seinen Gott wieder zu geben. Welches auch geschehen. Der Pfaffe aber geräth darüber in grosse Hertzens-Angst / und ob er zwar die Hostien vergräbet / so muß er es doch endlich selbst offenbahren. Weßwegen er denn / so wol als die Jüden / welche ertappet worden / die verdiente Straffe bekommen / und verbrannt worden. Hederici Schwerinische Chronick.


Hieraus ist zu sehen / die Gottlosigkeit der Pfaffen im Pabsthum / die verstockte Halßstarrigkeit der Juden / die Unruhe dessen Gewissens / GOttes Langmuth / und gerechte Rache.

2. Der verstockte Jude
2. Der verstockte Jude.

Als Anno Christi 1642. den 11. Augusti zu Wien unter andern Jüden ein Rabbi / welcher sich [880] fälschlich für einen Christen ausgegeben / und Ferdinand Frantz Engelberger nennen lassen / wegen verübten Diebstahls zum Strange verurtheilet worden; Hat er sich anfänglich sehr andächtig gebärdet / verhoffend / sein Leben damit zu erretten. Weil er aber gesehen / daß es umsonst / da hat er das Crucifix / das er in Händen tragen sollen / auf die Erde geworffen / dasselbige angespeyet / mit Füssen getreten / und viel Lästerungen wider die Christen ausgestossen. Als man ihm zugesprochen / er solte sich besinnen / was er thäte / und daß er das Heil. Abendmahl den Tag zuvor empfangen / da hat er solches geleugnet und gesagt / daß er es in einem Schnupff-Tuch / mit Ehren zu melden / in das heimliche Gemach geworffen / wie es denn auch also befunden worden. Als nun solches für Käyserl. Majest. gebracht / ist alsobald befohlen worden / die andern verurtheilten Juden zu hencken / diesen aber wieder in Verhafft zu führen. Folgenden Tages / als er seiner Lästerungen halber zur Rede gestellet / hat er geantwortet / daß er solches den Jüden zu Ehren und den Christen zur Schande gethan / und was er zuvor als ein Christ gethan / wäre ihm niemals von Hertzen gangen / er hätte das Heil. Abendmahl allezeit aus dem Munde genommen / und an unsaubere Oerter geworffen: Ja einen mehrern Abscheu dafür gehabt / als für Schweinen-Fleisch / und was dergleichen Gotteslästerungen mehr gewesen / für welchen billich die Erde sich hätte aufthun und zerreissen mögen. Hierauf ist er eben am Sabbath erstlich auf die 4. Haupt-Plätze der Stadt auf einem hohen Wagen geführet worden / dann hat man mit einer glüenden Zangen ihn in die rechte Brust gezwicket / ferner hat man einen [881] Riemen vom Halß an über den Rücken aus dem Leibe geschnitten und gerissen / auf der lincken Brust wiederum gezwicket / und dann wie zuvor / noch einen Riemen aus ihm geschnitten. Darauf ist er von dem Wagen genommen / auf eine Schleiffe gebunden / da er grausamlich geschrien und geruffen / GOtt / der niemahls gebohren / solte sich seiner erbarmen / etc. An der Richtstuhl wurde ihm die Zunge heraus geschnitten / die rechte Hand / als einem Bunds-brüchigen in der Heil. Taufe abgehauen / hernach sein halb-todter Leichnam bey den Füssen mit einer Ketten aufgehencket / und also lebendig gebraten / und samt dem Galgen verbrennet.


Juden sind ein verstocktes Volck / und lassen sich schwerlich kehren / indem sie / was sie vorgeben / selten von Hertzen meynen.

3. Von Fürsten Meuchel-Mördern
3. Von Fürsten Meuchel-Mördern.

Wie Pyrrhus der Egyptier König wider die Römer so lange den Krieg geführet / ist allein denen / so den Livium oder Florum gelesen / bewust. Dieses Königs Diener einer begabe sich auf eine Zeit zu der Römer Feld-Obersten / und erbote sich gegen dem Fabritio seinen eigenen Herren mit Gifft hinrichten / hiedurch vermeynende / von gemeldten Fabritio eine grosse Belohnung zu erlangen. Fabritius aber belohnet den Verräther also / daß er ihn seinem eigenen Herrn gebunden wieder schickte / von welchem er seine wohlverdiente Straffe empfieng. Es war der Käyser Tyberius ein Tyrann / und allen Lastern ergeben / nichts destoweniger als Adgandesterius sich geschlihme / seinen grösten Feind / so er dazumahl in Teutschland hatte / Arminio, oder Hermanno heimlich zu vergeben erboth / so fern als man ihm Gifft von Rom schicken [882] würde / gab er ihm diese Antwort / es wäre der Römer Brauch nicht / heimlich mit List / sondern öffentlich mit der Faust sich an ihrem Feinde zu rächen.


Bey den Heyden ist offt mehr Redlichkeit zu finden gewest / als man heut zu Tage bey Christen verspüret. Untreu schlägt seinen eigenen Herrn.

4. Der Heyden Frömmigkeit
4. Der Heyden Frömmigkeit.

Ob gleich die Heyden den wahren GOtt nicht recht erkennet / so haben sie doch nichts wichtiges angefangen / ehe sie zuvor ihre Götter ersucht / Supplicationes, Vota und Sacrificia gehalten. Also hat Scipio, da er mit seinen Kriegs-Leuten in Africam ziehen wollen / durch gemein Gebet die Götter demüthiglich ersucht und angeschrien / sie wollen verschaffen / daß die Reise zu glückseligen Ausgang gereichen möchte / als Livius schreibet lib. 10. 2. Belli Punici. Item / als der Feind Hannibal für Rom rücken / und dasselbige verstören wolte / und derwegen grosse Noth vorhanden war / da sind von allen Ständen die Götter ersucht /und um Beystand angeruffen worden / als Livius schreibet lib. 6. ejusdem belli. Auch haben sie nicht allein ihre Götter in der Zeit der Anfechtung ersuchet /sondern auch / wenn Glück und Heil ihnen wiederfahren / da haben sie ihre Götter in gemeiner öffentlicher Ehrerbietung und Dancksagung in Freuden gelobet und gepreiset. Also haben die Römischen Herren imAfricanischen Kriege / nach erlangetem Siege alle Tempel aufthun lassen / und gebothen / daß alles Volck die Götter in Frölichkeit loben und dancken soll.


Die Heyden haben in vielen Stücken die Christen übertroffen. Darum werden sie diejenigen beschämen am Jüngsten Tage / welche nicht alles mit GOTT angefangen / und alles ihm gedancket haben.

5. Schlechte Kleidung hoher Potentaten
[883] 5. Schlechte Kleidung hoher Potentaten.

Suetonius schreibet / daß der Käyser Augustus gemeiniglich schlecht gekleidet gegangen / und nur einen Rock angehabt / den ihm irgend sein Gemahl /Schwester oder Tochter gewebet hatten / wie dann zur selben Zeit auch die stattlichsten Weiber damit umgangen. Der Käyser Vespasianus ist wie der schlechtesten Kriegesleute einer gekleidet gewesen. Zwischen dem Käyser Tacito und einer Privat-Person war / (was die Kleidung belanget) kein Unterscheid. Welches man auch vom Käyser Severo sagen kan. Vom Käyser Aureliano schreibet man / daß er keine Seiden gebraucht habe / und auch nicht wollen gestatten / daß sein Gemahl oder seine eintzige Tochter / Gold oder Seiden an ihren Kleidern brauchten. Der König Alphonsus von Arragonien hat zu sagen pflegen / daß es den Fürsten besser anstehe / ihre Unterthanen mit guten Sitten und mit der Gottesfurcht / als mit köstlichsten Kleidungen zu übertreffen / malo moribus & autoritate meos excelsiore, quàm diademate & purpura. Wenn einer wissen will / wie sich der mächtige Konig Ludovicus der XI. Kleidung so schlecht gehalten / so lese er den Cominæum und P. Æmilium, so wird er befinden / daß manche schlechter Bürger heutiges Tages viel stattlicher gehe. Man saget / daß auch Käyser Carl der V. gar schlechte Kleider gebrauchet /und nichts überflüßiges darauf gehabt habe.


Kleider zieren den Fürsten / aber mehr die Demuth. Nicht GOtt / daß man heute zu Tage solchen löblichen Exempeln verfolgete / so bedürffte man keiner Kleider-Ordnung.

6. Crassi Geitz
[884] 6. Crassi Geitz.

Marcus Crassus, der reichste Mann zu Rom / ob er wol so viel Aecker und Feld gehabt / daß sie kein Geyer umfliegen mögen / dennoch ist er so Geld-begierig und unersättlich gewesen / daß er nach der Parther Güter und Schätzen getrachtet / und derhalben wider sie gekrieget hat / als er aber samt seinem Sohn und dem gantzen Heer von ihnen erschlagen worden /haben die Parther in des verstorbenen Crassi Mund geschmeltztes Gold gegossen und geschrien: Sauff getrost / sauff Gold / darnach dich immerzu lange Zeit hero begierlich gedürstet hat.


Der Geitz ist ein schändlich Laster / und bringet den Menschen zu manchem Unglück.

7. Die verhaßten Verräther
7. Die verhaßten Verräther.

Es hat auf eine Zeit ein Bürger zu Tyana, Heracleon genannt / dem Käyser Aureliano sein Vatterland verrathen: Aber diese Verrätherey mißfiele dem Käyser also sehr / daß er der übrigen Bürger aller verschonete / und allein diesen Heracleon dencken ließ / und nahm doch seinen Kindern von dem / so er verlassen /und sich hoch anlieff / nichts / damit man nicht meynen solte / daß er solches Geldes halben gethan hätte. Als dem Käyser Maximino seines Feindes / des Titi, Kopff / von einem (der ihn verrätherischer Weise erstochen hatte) gebracht ward / sagte er dem Verräther erstlich mit einer zierlichen Rede grossen Danck / daß er das Römische Reich von einem solchen Mann erlediget hätte; weil er es aber verrätherischer Weise gethan / so ließ er ihn alsbald zu [885] Stücken hauen. Ein gleichmäßiges Exempel lesen wir von dem Türckischen Käyser Mose / welchem etliche Janitscharen seinen Bruder Musulmann / der sich verborgen hielt /verriethen und zuführten: Denn er nicht allein seinen Bruder (ihrem Brauch nach) tödten ließ / sondern befahle auch die Verräther mit ihren Weib und Kindern / wegen der schändlichen That / lebendig zu verbrennen.


Fürsten lieben die Verrätherey / aber hassen den Verräther und zwar billich. Darum / wer andern nicht Treue hält / dem wird auch wieder keine Treu gehalten.

8. Die geschwinden Uberwinder
8. Die geschwinden Uberwinder.

Alexander Magnus hat alles / was zwischen dem Illyrischen und Adriatischen / auch Oceanischen Meer liegt / das ist das gantze Asiam, und einen guten Theil in Europa innerhalb sechs Jahren erobert. Cn. Pompejus hat innerhalb viertzig Tagen den schweren Krieg wider die Pyratas glücklich vollführet. Cæsar hat in wenig Tagen nicht allein den König Ponti Pharnacem geschlagen / sondern auch viel andereVictorien erlanget / also daß er sich auch diese Wort an den Rath zu Rom zu schreiben nicht gescheuet:Veni, Vidi, Vici. Stilicon, des Käysers Honorii Schwäher und Feld-Obrister / hat in einem Tage 200000. Scythen geschlagen / daß über die 100000. auf dem Platz geblieben: Also hat auch der KönigCarolus. VIII. das Königreich Neapolis ohne Schwerdt-Streich und Widerstand in sehr kurtzer Zeit erobert / und der Duc d'Alba Anno 1578. das Königreich Portugall / doch hat dieser zuvor eine Schlacht gelieffert / und die gewonnen.


[886] Heroische Gemüther säumen nicht lange. In einem Tage wird offt verlohren / was in hundert / ja tausend Jahren nicht kan wiederbracht werden.

9. Rache der Heydnischen Götter
9. Rache der Heydnischen Götter.

Die Perser / als sie im Griechen-Land kriegeten / thaten unter andern auch den Megarensibus sehr grossen Schaden / streiffeten auf sie Tag und Nacht / und verwüsteten ihre Felder und Aecker. Als sie aber ihrer Göttin / der Diana, solchen ihren Schaden / und der Feinde Muthwillen und Frevel klageten / hat sich die Göttin an den Feinden also gerochen. Wie sie gen Theben zu ihrem obersten Feld-Hauptmann ziehen wollen / werden sie geblendet / und mit Finsterniß also bedeckt / daß sie nicht sehen können / gehen auf dem Wege irre / und kommen an ein Gebirge / da lassen sie sich bedüncken / (denn das Gespenst hatte ihnen der Teuffel im Nahmen der Dianæ gemacht) ein Kriegs-Volck komme ihnen entgegen / auf dieselbigen schiessen sie mit ihren Pfeilen / und weil der Satan sie bethörete / daß sie nicht anders meyneten / sie höreten ein groß Wehklagen der Feinde / so sie doch mit ihren Pfeilen nichts traffen / denn die blossen Berge / davon sie alle hitzig wurden / daß sie nicht aufhören konten zu schiessen / biß sie keinen Pfeil mehr im solcher hatten. Wie nun die Finsterniß ein Ende nimmt / und der Tag daher leuchtet / daß sie wiederum sehen kunten / seyn ihnen die Megarenser auf dem Halse und weil sie alle ihr Geschütz und Pfeile verschossen und wehrloß waren / wurden sie von dem Feinde jämmerlich geschlagen / also / daß niemand von ihnen entgangen / ohne die allein / welche die Flucht errettet.[887] Dieser Wohlthat halber danckten die Megarenser ihrer Göttin der Dianä fleißig / und verehreten sie / als eine treue Nothhelfferin / mit einem güldenen Bilder Pausanias in Atticis.


Durch solche Mittel hat der Teuffel / aus GOttes Verhängniß sein Reich unter den Heyden bekräfftiget.

10. Der Athenienser Hungers-Noth wird durch Menschen-Opffer gestillet
10. Der Athenienser Hungers-Noth wird durch Menschen-Opffer gestillet.

Piræus bey Athen ist vorzeiten eine Insul gewest / in derselbigen ist ein Herr gewesen / mit Nahmen Monychus, der hat der Abgöttin Dianæ einen schönen Tempel darinnen bauen lassen. Derselbigen Göttin ward ein Bär geheiliget und zugeeignet / dem niemand nichts thun durffte. Aber als einsmahls die Athenienser sich an ihm vergriffen / und denselbigen getödtet hatten / ist über sie ein grosser Hunger und Theurung kommen / als über die / die aus Frevel und Muthwillen / und aus Verachtung der Göttin Dianæ, ihr Heiligthum verletzet hätten. In solcher Noth fragten sie das Oraculum, oder Abgott zu Delphis, wie der Sachen zu thun? Der giebt ihnen zur Antwort: Wenn sie wolten aus ihrer Noth kommen / und vor solcher Theurung errettet werden / so müste einer unter ihnen seine Tochter schlachten / und mit solchem Opffer der Abgöttin Dianæ Zorn stillen und versöhnen. Das that Embarus, der schmückte seine Tochter / wie in Opffern gebräuchlich / und stach ihr den Halß abe / und opfferte sie also der Göttin Dianæ an. Von Stund an hörete die Plage auf / und gieng denen von Athen wieder wohl. Plutarch. in Collect.


[888] Der Teuffel ist ein Mörder, von Anbeginn der Welt. Elende Leute / die er durch seine falsche Wunderwercke so verblendet / daß sie solches nicht verstehen können.

11. Gebrochen Gelübde wird mit dem Leben bezahlet
11. Gebrochen Gelübde wird mit dem Leben bezahlet.

In Italia ist ein Jäger gewesen / der hatte der AbgöttinDianæ ein Gelübd gethan / daß er ihr von allem Wilde / das er fienge / das Haupt und die Füsse zueignen / und allezeit an einen Baum zusammen hängen wolte. Es begab sich aber einsmahls / daß er ein überaus groß Schwein fällete / das gefiel ihm so sehr / daß er seine Gelübde brach / die Füsse behielte / und der Abgöttin Dianæ nur das Haupt heiligte / welches er an einen Baum hieng. Weil er aber fast müde war / so legte er sich schlaffen eben unter denselbigen Baum /und wie er am besten liegt und schläfft / da zerreist das Band / und der Schweins-Kopff fällt herunter /und schlägt ihn zu tode. Diodor. Sicul. lib. 4. cap. 3.


So wurden die blinden Heyden von ihren Heiligen gezeichnet. Wem einer dienet / von dem mag er sich auch lohnen lassen.

12. Todtschläger Todt
12. Todtschläger Todt.

Wer Menschen-Blut freventlich vergeust / deß Blut soll wieder vergossen werden. Diß ist GOttes Gesetz /auch von GOtt erfüllet. Den Kinder-Mörder Herodem haben die Würme gefressen. Dergleichen Ende auch genommen Herodes Agrippa, welcher den Apostel Jacob hat enthaupten lassen. Cambyses hat seinen eigenen Bruder und geehlichte und geschwängerte Schwester erwürget. [889] Aber sein eigen Schwerdt / welches ihm ausgeschossen / wie er auf das Pferd sitzen wollen / hat ihm wieder das Leben genommen. Xerxes, König in Persien / hat auch seinen Bruder erstochen / und ist auch wieder von einem Persischen Fürsten erstochen worden. Alexander Phæreus hat die Leute in Bären-Häute genehet / und die Hunde an sie gehetzet / die sie zerrissen haben. Aber endlich ist er von seines Weibes Bruder in seiner Schlaf-Kammer erstochen worden / dazu sein Weib mit einer Fackel geleuchtet hat. Bessum, welcher den König Darium umgebracht / hat Alexander M. zwischen zwey gebogene Bäume binden lassen / daß er im Aufhüpffen von einander gerissen worden. C. Caligulam, den greulichen Tyrannen / hat sein Hauptmann Phæreus erstochen. Nero, der erste Verfolger der Christen / hat sich selbst entleibet. Domitianum, den andern Verfolger erstachen seine freye Knechte. Commodus, der ander Nero, ward von seinem Marschall Letho und seiner Concubin ersticket. Andern Verfolgern der Christen ist es nicht viel besser gangen. Decius ist in einem tieffen Sumpffe mit seinem Pferde umkommen.Valerianum hat der König in Persien / Sapores genannt / gefangen bekommen / und lebendig schinden lassen. Diocletianus hat sich selbst erstochen. Maximianus, sein Collega, ist zu Maßilien umgebracht worden / Maxentius ist in die Tyber gejagt / und darinn ersoffen. Maximinus ist an der Läuse-Kranckheit gestorben. Licinium habe seine Kriegs-Knechte erschlagen. Und solcher Exempel sind die Historien voll.


Freventliche Todtschläger nehmen selten ein gutes Ende. Womit einer sündiget / damit wird er auch abgestrafft. Die Rache GOttes ist zwar offt langsam / aber bleibet selten aussen.

13. Bessi aufgewachtes Gewissen
[890] 13. Bessi aufgewachtes Gewissen.

Es ist ein bekannte Historie / so von dem Besso Pœnio Plutarchus schreibet. Dieser hat auf eine Zeit nach dem Nacht-Essen etliche Schwalben-Nester mit einem Spieß zerbrochen / und die junge Schwalben umgebracht. Als ihn aber etliche seiner anwesenden Spieß-Gesellen deßwegen hart angebeten / und was ihme die jungen Schwalben Leids gethan hätten /fragten / sprach er darauf: Ich habe es darum gethan /weil sie nicht aufhören wollen / mir meines Vatters Mord vorzuwerffen. Diese Reden wurden dem Könige referirt / und darauf Bessus eingelogen / welcher dasParricidium (davon man gar nichts gewust) bekannt /und derhalben hingerichtet wird.


Niemand thue was Böses. Das Gewissen wacht doch endlich auf und bringt an Tag / was verborgen war / und plaget solchen Menschen mehr als der Hencker.

14. Grosser Herren schreckliches Ende
14. Grosser Herren schreckliches Ende.

Viel Potentaten sind durch ihr eigen Schwerdt / und Hände gefallen / wie der König Saul / Käyser Nero und Käyser Otto der Erste: Etliche haben sich erhenckt / wie der Käyser Diocletianus. Etliche seynd von andern gehenckt / als König Ai und die fünff Könige / welche von Josua stranguliret worden. Also ward auch Käyser Vitellus stranguliret und erstochen. Andere sind sonsten erschlagen / wie Belsazer der König in Babylonien / Käyser Commodus, Heliogabalus etc. Etliche sind [891] erschossen / als Käyser Richard. Andere sind anderer Gestalt und mörderischer Weise ermordet / wie Julius Cæsar zu Rom in der Rath-Stuben mit drey und zwantzig Wunden umgebracht / und Henricus III. König in Franckreich von einem Mönch mit einem Messer entleibet worden /welches an und gegen Henrico IV. auch offtmahlstentiret und versuchet / auch endlich ins Werck gerichtet worden. Andere seyn ersoffen / wie Käyser Friederich der Erste / Barbarossa genannt. Etliche sind durch Gifft umkommen / als Käyser Carl / der Kahle / und Käyser Otto der Dritte / von einem Paar vergiffteten und von einem Weibe ihme verehrten Handschuhen gestorben. Etliche vom Wetter erschlagen / wie Käyser Aurelius Cajus, Æneas der Trojaner Fürst / und Romulus der erste Römer König. Etliche durch Weiber ermordet / also ließ Johanna die Königin zu Neapolis ihren eigenen Mann Andream / einen Bruder des Königs in Ungarn / erstechen und mit einem seidenen Strich erwürgen. Etliche sind von wilden Thieren zerrissen worden. Dergestalt ward Fürst Wilhelm von Henneberg / Anno Christi 1444. auf der Jagt von einem wilden Schwein umgebracht. Etliche haben sich zu tode gesoffen / als Alexander der Grosse / König in Macedonien. Etliche seynd wegen eines kalten Truncks / den sie auf die Hitze gethan / umkommen / als Käyser Heinrich der Vierdte. Etliche haben sich selbst verbrandt / wie Sardanapalus der letzte König in Assyrien. Andere seyn von Würmen gefressen worden / als Antiochus / Herodes / KäyserConstantinus und Maximinus, Andere von Läusen getödtet als Käyser Arnolphus, dem die Läuse seinen gantzen [892] Leib verzehret / und biß auf die Beine gefressen. Andere aber von Mäusen / wie Pompielus II. König in Pohlen / und Hatto Bischoff zu Mayntz /welche beyde Historien bekannt.


Kein Mensch ist vollkommen glückselig zu preisen. Bey hohen Stande ist grosse Gefahr / auch grosse Sünde. GOtt strafft die Bösen und züchtiget die Frommen andern zum Beyspiel.

15. Geburts-Tages merckliche Begebenheiten
15. Geburts-Tages merckliche Begebenheiten.

Von dem Alexandro Magno und Cn. Pompejo Magno schreibet man / daß sie auf ihren Geburts-Tag umkommen. C. Julius Cæsar ist auf den ersten TagMartii gebohren / und auf denselbigen Tag zu Rom (von denen so wider ihn conspiriret hatten) erstochen worden. Tacitus schreibet von Octaviano Augusto diese Wort: Idem dies accepti Imperii particeps, & vitæ supremus. Antonius Caracalla ist gleicher Gestalt im Martio auf seinen Geburts-Tag von seinem grossen Hofmeister Macrino umgebracht worden. Der Käyser Carolus Magnus ist zu Aach auf seinen Geburs-Tag Anno 810. begraben worden. Plato soll auch auf seinen Geburts-Tag den 7. Aprilis, und eben auf dem Bette / darauf er in die Welt kommen / gestorben seyn / seines Alters 81. Jahr. Cn. Martius ist auch auf einen Tag im Januario gestorben. Es schreibet Plinius, daß der Poet Antipater Sidonius alle Jahr auf seinen Geburts-Tag das Fieber hefftig bekommen und sonsten nicht. Aber über Käyser Carln den V. ist es sich zu verwundern / daß derselbe eben auf den Tag / da er gebohren / nemlich / auf S. Matthiæ Tag den 24. Febr. den König [893] Franciscum I. Anno 1525. gefangen zu Bononien / 5. Jahr hernach vom PabstClemente VII. gekrönet und das Käyserthum dem Churfürsten Anno 1558. resigniret.


Die Geburts-Stunde wird offt zur Todes-Stunde / bringet Glück und Unglück mit sich.

16. Agelmundus ziehet ein Kind aus dem Wasser - das nach ihm König wird
16. Agelmundus ziehet ein Kind aus dem Wasser / das nach ihm König wird.

Zu den Zeiten des Königs Agelmundi, der über die Longobarden regierete / welches aus Dennmarck grosses Hungers halben gezogen waren trug sich zu / daß eine Hure sieben Kinder gebahr / die trug sie an einen Teich / in willens dieselben zu erträncken / wirfft sie hinein / und läufft davon. Indem kommt König Agelmundus gegangen / siehet diese Kinder im Wasser schwimmen / streckt seinen Spieß aus / rührt damit unter diese Kinder / da ergreifft eins der Kinder des Königes Spieß mit der Hand / hielt sich fest daran / er aber zog dasselbe lebendig zu sich aufs Land und nennet es Larissum. Dieser wuchs auf / ward ein mächtiger Kämpffer / weise und fürsichtig / daß er auch seiner tapffern Mannheit halben / da Agelmundus mit Tode abgangen / König an seiner Statt worden.


GOtt erhält offt die kleinen Kinder wunderlich / und erhebet die Niedrigen. In geringer Leute Kindern findet man auch herrliche Ingenia. Hurerey und Mord sind nicht weit von einander.

17. Cispeli wunderliche Erhaltung
17. Cispeli wunderliche Erhaltung.

[894] Es war zu Corintho ein gewaltiger Mann / hieß Eëtion, der freyete eine Person / aus grossem Stamme /welche hinckte / mit Nahmen Labda, mit der hatte er eine geraume Zeit keine Kinder. Darum befragte er das Oraculum, ob er auch Kinder mit ihr haben würde? Da ward ihme geantwortet / sein Weib würde einen Löwen zeugen / der würde starck und trotzig werden. Da nun Labda einen Sohn gebahr / beschlossen die Corinther / das Kind umzubringen / und sandten zehen Männer hin solch Kind zu tödten / die kamen zur Kindbetterin ins Hauß. Labda empfänget sie freundlich / meynet sie wären gekommen ihr Glück zu wünschen. Diese Männer begehrten ihr Söhnlein zu sehen. Die Mutter gab das Kind einem auf die Arme / da es denselben überaus freundlich anlachete / gab ers dem nechsten / und das geschahe also biß auf den letzten Mann / und hielt sich das Kind gegen die zehen Männer also freundlich / daß es niemand tödten kunte / sie gabens der Mutter wiederum / und giengen zum Hause hinaus. Da sie nun aus der Thür getreten / straffet einer den andern / daß sie sich so weibisch gehalten / und zu der Barmhertzigkeit sich also hätten bewegen lassen / schliessen derwegen wieder umzukehren / den fürgenommenen Mord am Kinde zu vollbringen. Solchen Anschlag höret die Mutter / verstecket das Kind ins Stroh / das kunten sie nicht finden / wie fleißig sie es auch suchten. Das Kind war genennet Cispelus, regierte darnach zu Corintho dreyßig Jahr / war ernsthafft und gestrenge / starb endlich in guter Ruhe.


Wen GOtt erhalten will / den kan kein Mensch verderben.

18. Königs Antigoni Begierigkeit zu lernen
[895] 18. Königs Antigoni Begierigkeit zu lernen.

Wie begierig König Antigonus der Lehre gewesen sey / kan einer aus dem Schreiben an den Philosophum Zenonem gethan / leicht abnehmen / welches also lautet: König Antigonus wünschet Zenoni Glück. Ich erachte / daß ich im Glücke und Ehre dir wol fürgehe /aber erkenne dabey / daß du mit Geschicklichkeit und vollkommener Glückseligkeit / die bey dir ist / mir es weit zuvor thust. Darum bitte ich / daß du zu mir kommen wollest / hoffende / du werdest dich darinnen gutwillig erzeigen / daß wir deiner Beywohnung mögen geniessen / denn ich bin gewiß / daß du nicht allein mein / sondern aller meiner Macedonier und Unterthanen Unterweiser seyn wirst. Denn der den König unterweiset / der unterweiset zugleich die Unterthanen in Tugenden der Frömmigkeit und Starckmüthigkeit / dieweil gern die Unterthanen seyn / wie ihr Herr ist. Gehab dich wohl. Hierauf antwortet derZeno also: Deinen Fleiß zu lernen lasse ich mir überaus wohl gefallen / denn die zu der Lehre der Philosophiæ Lust tragen / und meiden Wollust die etlicher Jünglinge Gemüther weibisch machet / die bleiben bey der Tugend / und erhalten natürlichen angeerbten Adel. Denn wenn das Gemüthe zu solcher Disciplin geneiget / und der Gebrauch und fleißige Institution darzu kömmt / wird ein solcher leichtlich zur Vollkommenheit der Tugend aufsteigen. Wenn mich aber mein hohes Alter / der ich von achtzig Jahren / und einen schwachen Leib habe / nicht hindert wolt / ich selber zu dir kommen seyn / wie du an mich [896] begehrest / dieweil mir aber beschwerlich fürfällt / habe ich von meinen Haußgenossen / als Perseum und Philonidem, zu dir schicken wollen / die mir in Gaben des Verstandes nicht ungleich / und an Leibeskräfften mir weit fürgehen. So du mit diesen beyden freundliche Beywohnung halten wirst / wirstu bald zur vollkommenen Glückseligkeit kommen. Hiemit gehab dich wohl. Diogenes Laërtius lib. 7. de vitis Philosophorum.


Grosser Herren beste Zierde ist die Weißheit. Darum schäme ich niemand etwas zu lernen / wie groß er auch sey.

19. Alexandri Pherei Schlaf und Tod
19. Alexandri Pherei Schlaf und Tod.

Alexander Phereus schlieff stets in der Höhe / wenn er ruhen und schlaffen wolte / stieg er eine Leiter hinauf / die er zu sich aufrücken kunte / darunter hat er einen beißigen Ketten-Hund / der ließ niemand hinauf steigen / ohne sein Weib Thebe, und einen Knecht /welchem der Tyrann allein glaubete und trauete. Aber sein Weib ward überdrüßig länger bey solchem blutdurstigen Hunde zu leben / handelt in geheim mit ihren dreyen Brüdern / daß sie den Tyrannen entleiben sollen / die lässet den Ketten-Hund wegbinden / giebt gegen den Knecht für / es sey des Tyrannen Befehl /er könte nicht für dem Hunde schlaffen / bringet die Brüder in der Stille die Leiter hinauf / die haben den Tyrannen im Bette erstochen. Er war bey ihnen so verhasset / daß sie seinen Leib den Hunden fürwarffen / und den Vögeln. Plutarchus in Vitis.


Tyrannen sind furchtsam / und nehmen selten ein gutes Ende.

20. Catilinæ Aufruhr
20. Catilinæ Aufruhr.

[897] Catilina ein aufrührischer Mensch und wohlgebohren zu Rom / richtete grossen Aufruhr an / henckte und brachte in seiner Conspiration an sich vom Rathsherren-Stande / P. Lentulum Suram, P. Antonium, L. Cassium Longinum, C. Cethegum, Publium und Servium, zween Brüder / A. Vergunteium, Q. Annium, M. Porcium Leccam, L. Bestiam, Q. Curium. Aus dem Ritter-Stande M. Fulvium, L. Statilium, P. Gabinium, Caritonem, G. Cornelium, P. Silium, Nucerinum, Manlium, und unzehlich andere mehr / etliche trieb zu solchem Aufruhr die Armuth / als Catilinam den Heer-Führer selber / und C. Pisonem einen Edelen / und darzu von Natur einen unruhigen Menschen / samt etlichen andern / die das Ihre hatten verschlemmet und durchgejaget / die andern trieb die eittle Ehrsucht / weil sie hoffeten / wenn sie den Rath hörten erschlagen / wolten sie in ihre Hoheit treten / und ihren Sitz bekleiden. Mit solchen seinen Gesellen hielte Catilina nächtliche Anschläge / und schloß daher / daß sie für erst beyde Bürgermeister wolten erschlagen / jedoch gieng ihr Anschlag nicht an / da sie es doch zu zweymalen versuchten. Unter den Conjuranten war einer / der hieß Q. Curius, guter Ankunfft / der kunte keine Heimlichkeit bey ihm halten /oder seine Ubelthat verschweigen / es brannte ihn im Hertzen / ehe er sein Anliegen einem andern vermeldet. Dieser Curius hielte zu mit einer Edelen Frauen /die hieß Fulvia dieser seiner Beyschläfferin entdecket er die Conjuration. Diese Fulvia gehet zum Bürgermeister Cicerone, offenbahret ihm alles / was sie vom Curio erlernet hatte / wie die Aufrührer bey ihnen wären entschlossen / Ciceronem in seinem eigenen Hause umbringen. [898] Damit sich der Bürgermeister mit Rath und That zeitlich fürgesehen / daß alle Anschläge der Conjuranten diesen Weg lieffen / daß Catilina mit den Seinen / da er erfahren / wie all sein Thun ausgebrochen und kundbar worden / aus der Stadt geflohen / und ein Kriegs-Volck zusammen gebracht /welches doch der mehrere Theil erschlagen worden ist / etliche seiner Adhærenten / so in der Stadt geblieben / sind zum Theil in der Gefängniß umgebracht / alsLentulus Cethegus, Statilius, Gabinius, Coparius, folgende waren ausgewichen / als L. Cassius, P. Furius, Umbrenus Q. Annius, die wurden mit dem Strange erwürget / die andern auf eine andere Weise. Es hätte Catilina gern die Stadt Rom angezündet / es giengen aber alle seine Anschläge hinter sich / und wurde damalen Rom / erst durch GOttes Gnade /(menschlich davon zu reden) durch Ciceronis Fleiß und Fürsichtigkeit erhalten. Solchen Krieg mag einer lesen beym Salustio, der Catilinarium bellum fleißig beschrieben hat.


Fürchte den HErrn und König / und mische dich nicht unter die Aufrührer / denn ihr Unfall wird unversehens entstehen / Sprichwörter Salom. Cap. 24.

21. Augusti Langmuth
21. Augusti Langmuth.

Seneca schreibet vom Käyser Augusto, da ihm glaubwürdig war fürgekommen / daß Pompeji Brudern Sohn L. Cinna ein Edler Jüngling / dem Käyser nach dem Leben stunde / darüber er denn nicht unbillich zu Zorn war angereitzet / spricht sein Gemahl zu ihm: Ach Käyser / folge meinem Rath / den ich dir geben will. Thue wie Aertzte [899] pflegen / wenn die gewöhnliche Artzneyen nicht helffen wollen / so versuchen sie die Widerwärtigen: Dieweil du mit deinem Ernste biß anhero nichts hast ausrichten mögen / so versuche doch die Gütigkeit / und verzeihe Lucio Cinnæ, dieweil dir schon sein Anschlag offenbahr ist / und dir nun am Leben nicht schaden mag. Er kan aber deinem guten Nahmen viel Nutz schaffen / um dir ein ewiges Lob zuwege bringen. Diesem guten getreuen Rathe folgete der Käyser / ließ Cinnam sich fodern / und neben ihm auf seinen Stuhl sitzen / führete ihm fürs erste zu Gemüthe viel erzeigete Wohlthaten / wie er ihm sein Leben hätte geschencket / und alle seine Güter gelassen / da er ihn in der Gesellschafft seiner Feinde hätte betreten / darnach ihn zur höhesten /Priesterlichen Würden gesetzet und befördert / diesen Lohn wollestu mir aber dagegen geben / saget er / da du mir mein Leben undanckbarlich nehmen woltest. Erzehlete dabey seine Mitgehülffen / auch Zeit / Tat und Stette / da er mit den Seinen solches ins Werck zu bringen entschlossen hatte / etc. Da nun Cinna erstummete / und seines bösens Gewissens halben nicht antworten kunte / hebet der Käyser weiter an / da nun den Cinnam, wie er verdienet / weidlich / durch den Hechel hatte gezogen / sprach er / Cinna, ich schencke dir dein Leben / erstmals als einem Feinde / nun aber als einem heimlichen Meuchelmörder / von diesem Tage wollen wir neue Freundschafft machen /und will sehen ob ich dir mit grösserm Vertrauen und Glauben dein Leben geschencket habe / oder ob du mir fleißiger dancken werdest / daß du hinförder durch meine an dir gewiesene Gnade länger leben kanst. Darnach machte er ihn zum Bürgermeister /und ist Cinna dann [900] überwunden / und des Käysers bester Freund geworden.


Der Poet hat wohl gesagt: Optima vindictæ ratio: si lædere ausis, ignoscas. Das ist die beste Weise sich zu rächen / wenn man dem verzeihet / dem man schaden könte. Mit Gutem richtet man offt mehr aus / als mit Bösen. Verständiger Weiber Rath ist nicht zu verachten.

22. Einem Bauren widerfähret Fürstliche Ehre
22. Einem Bauren widerfähret Fürstliche Ehre.

Als Philippus Bonus, welcher gestorben Anno 1467. ein Fürst in Niederland einsmahls gegen die Nacht /nach dem Abend-Essen / mit etlichen fürnehmen Dienern und Freunden / durch die Stadt spatzieren gieng /ward er ansichtig einen trunckenen Mann / aus dem gemeinen Volck / mitten auf dem Marckt liegend /und fest schlaffend / an diesem wolte er versuchen /und erfahren / was die Freude und Kurtzweile unsers Lebens wäre / davon sie bißweilen mit einander geredt hatten / befahle / man solte den trunckenen Menschen schlaffend in seinen Fürstlichen Pallast tragen /in ein Fürstlich Bette legen / des Hertzogen Nacht-Haube auf sein Haupt setzen / sein unflätig Hembde ausziehen / und in ein anders von gar kleiner Leinwand anziehen. Gegen Morgen da er erwachet / musten da aufwarten die edlen Knaben und Kämmerlinge des Hertzogen / welche nicht anders / als ihren Fürsten ihn fragten / ob er wolte aufstehen / und wie er sich wolte den Tag anthun und kleiden. Man brachte hervor des Hertzogen Kleider. Der Mensch verwunderte sich / daß er an dem Ort wäre. Er wurde angezogen / und als er aus der Schlafkammer gieng / waren allda die Räthe und Hof-Diener zur Stelle / die führten ihn in die Schloß-Capelle / da er die Messe hörte /der [901] Priester gab ihm das Buch zu küssen / nicht anders / als wie dem Hertzoge selbst. Nach gethaner Messe führte man ihn zu einem herrlichen und Fürstlichen Mahl: Nach gehaltener Mahlzeit brachte der Kämmerling etliche Rümpff-Karten und einen Sack mit Gelde / da kurtzweilte er eine Weile mit den fürnehmsten Herren. Und den Abend führte man ihn spatzieren in den Lust-Garten / da jagte er etliche Haasen / und fieng etliche Vögel auf dem Vogel-Heerde / darnach ward das Abendmahl nichts weniger / als das Mittags-Mahl herrlich gehalten. Als man Lichter angezündet / wurden herbracht allerley Instrumente von der Musica / da waren Jungfrauen und Hof-Junckern am Tantze / man spielte Comödien /und trieb allerley Kurtzweil / und währete also solch Wolleben und Zechen in Frölichkeit biß tieff in die Nacht. Er aber / dieweil er des köstlichen und starcken Weins eine gute Nothdurfft überflüßig zu sich genommen / fiel wiederum in einen tieffen Schlaf / als vorhin. Da befahl der Hertzog / ihm wieder seine vorige Kleider anzuziehen / und ihn an den Ort zu tragen / wo er zuvor war aufgenommen worden / da er denn die gantze Nacht gelegen und geschlaffen. Des andern Tages hernach / da er aufwacht / fängt er an das Fürstliche Leben bey sich zu bedencken / und weiß nicht / obs in der That also ergangen wäre / oder obs ihm geträumet hätte. Endlich da ers hin und wie der und auf allen Ecken bedacht / kont er anders nicht schliessen / als daß es müste ein Traum gewesen seyn / erzehlet es auch seinem Weibe / Kindern und Nachbarn als einen Traum.


Das menschliche Leben ist nichts anders als ein Traum. Die guten Tage vergehen bald.

23. Straffe der Vatter-Mörder
[902] 23. Straffe der Vatter-Mörder.

Solon, der weise Mann / hat keine Straffe auf den gesetzt / welcher seine Eltern umgebracht / weil er dafür gehalten / daß niemand eine so greuliche That begehen würde. Aber die Erfahrung hat es leyder! mehr als zu offt erwiesen. Marcus Marcellus, da er seine Mutter umbracht / ist zum ersten in einen Sack genähet und ins Meer geworffen worden. Die Egypter haben die Mörder ihrer Eltern / an allen Gliedmassen mit spitzigen Nägeln zerstochen / und darauf in kleine Stücklein zerhauen / solche auf ein Hauffen Dorn geleget und verbrannt. Die Lusitaner haben sie aus der Gräntze geschleifft und gesteiniget. Selimus hat eben an dem Orte sein Ende genommen / da er seinen Vatter in der Flucht erwürget. Heraclius, der Röm. Käyser ertödtete seinen Vatter Phocam. Unter ihm warff sich der Mahomet auf / er selbst hatte keinen Sieg /muste allezeit mit den Seinen unterliegen / Land und Leute verliehren / und letztlich elendiglich an der Wassersucht sterben. Der König Mithridates hat seine Mutter ertödtet / endlich hat ihm ein Krieges-Mann auch das Haupt abgeschlagen. Fridericus II. Hertzog in Schwaben / König in Sicilia und Neapels /auch hernachmahls Röm. Käyser / wurde von seinem Sohne Manfredo, den er mit einer Magd gezeuget /und zum Hertzogen zu Tarent gemacht / im Bette erwürget. Aber dieser ward jämmerlich bey der StadtBeneventum wieder erschlagen.


Vatter-Mörder entlauffen ihrer Straffe nicht. Verflucht sey / der nicht Vatter und Mutter ehret / Deut. 27.

24. Metelli Kindliche Liebe
24. Metelli Kindliche Liebe.

[903] Als die zween Käyser Antonius und Octavianus, einen einheimischen Krieg führeten / daß sichs offt begiebt / daß ein Bruder wider den andern / der Sohn wider den Vatter / der Vatter wider seine Kinder kriegen muß / etc. Und da nun Octavianus den Sieg behielt / ward unter andern Gefangenen der alte Metellus vor Octavianum geführt / bald aber hat ihn sein Sohn Metellus, der auf des Octaviani Seiten war / erkannt / und ist herfür gesprungen / den Vatter umfangen / und hat mit kläglichem Weinen den Octavianum gebeten / er wolle ihm / weil er sein Diener / so viel Gnade erzeigen / und dem Vatter / der den Tod verdienet / das Leben fristen / und ihn an des Vatters statt tödten. Durch diese Pietät oder kindliche Liebe ward Octavianus bewegt / daß er dem Sohn Metellum, den Vatter / der doch sein ärgster Feind gewesen / lebendig geschenckt hat.


Fromme Kinder liessen wohl ihr Leben für die Eltern. Solche Liebe gefällt GOtt und Menschen.

25. Solons Liebe gegen seinen Sohn
25. Solons Liebe gegen seinen Sohn.

Der Nahme Solonis war in gantz Græcia und Asia beruffen / denn er der Stadt Athen Gesetz gegeben hatte. Als er aber gen Miletum kommen / und mit dem Thalete offtmahl in disputiren sich eingelassen / ist durch Thaletis Anstifftung ein Bothe kommen / eben wie sie beyde mit einander auf der Gassen spatzieren giengen / welcher vermeldet / daß Solons Sohn gestorben sey. Worüber der weise Mann so sehr erschrocken / daß er alsobald zur Erden gesuncken /sein Haar und Bart mit beyden Händen ausgeraufft /und seinen Mantel zerrissen. Zu solchem Spectacul [904] ist ein grosser Zulauff vom gantzen Marckte geschehen / da jederman gesehen / wie der Mann an der Erden gelegen / geweinet und kläglich gethan habe.Thales aber / der diese ertichtete Bothschafft zuwege gebracht / rührte Solonem ein wenig an und sprach: Gib dich zufrieden / lieber Solon, dein Sohn ist noch beym Leben. Ich habe damit wollen versuchen / obs einem weisen Manne auch nützlich sey / ein Weib zu nehmen / und Kinder zu zeugen / welches du mit grossem Ernst vertheidigest. Jetzt aber ist zu sehen / daß es nicht allein nicht gut und nütz ist / sondern auch deiner Meinung widerstrebet / weil der Kinder halben aus weisen Leuten unsinnige werden.


Kinder kommen vom Hertzen / und gehen wieder zu Hertzen. Wie groß die Liebe der Eltern gegen ihre Kinder sey / wissen die nicht / welche keine Kinder haben.

26. Der grosse Christoph
26. Der grosse Christoph.

Von diesem Manne ist viel Sagens / sonderlich unter den Papisten. Jacobus de Voragine und Petrus de Natalibus beschreiben ihn fast folgender Gestalt: Es soll ein grosser Mann gewesen seyn / fast wie ein Riese / der habe gesucht den grösten Herrn / bey welchem er bliebe / wie er nun von einem Könige gehört / der für den mächtigsten gehalten worden / da hat er sich zu demselben begeben / und ist auch von ihm ehrlich aufgenommen worden; Als aber einer einsmahls dem Könige eine Fabel erzehlet / und darinnen den Teuffel offt genennet / da hat der König als ein Christe allezeit das Creutze für sich gestrichen / und als Christoph / welcher noch kein Christe gewesen /sich darüber verwundert / und die Ursache dessen vom [905] Könige zu wissen begehret / auch von ihm zur Antwort bekommen / daß ers darum thäte / daß ihm der Teuffel nicht schaden solte; Da hat er zum Könige gesagt: Weil denn der Teuffel ein grösser Herr ist / als ihr seyd / und ihr euch für ihm fürchten müsset / so habt gute Nacht / ich will mich um ihn umthun und bey ihm bleiben; Als er nun durch eine Wüsten gegangen / und den Teuffel gesucht / da ist ihm derselbige in Gestalt eines grossen Menschen in Begleitung vieler Soldaten schrecklich erschienen / und hat ihn gefraget / wohin er wolte / dem Christoph zur Antwort geben / er suche den Herrn Teuffel / und als er von ihm verstanden / daß er es sey / da hat er sich in seine Dienste begeben. Wie sie nun mit einander gereiset / und unterwegens ein höltzern Creutz gefunden / da hat der Teuffel den rechten Weg verlassen / und ihn durch rauhe Abwege geführet / biß er endlich wieder auf die rechte Bahn kommen / Christoph hat sich drüber verwundert / und nach der Ursach gefraget /und als er sie lange nicht hat erfahren können / da hat er zum Teuffel gesagt: Wenn ers ihm nicht entdeckte /so wolle er seinen Abschied nehmen. Darauf ihm der Teuffel geantwortet / daß er sich für dem Zeichen gefürchtet / weil einer daran gecreutziget / der ihn überwunden. Da sagte Christoph: So ist denn derselbige grösser / als du bist. Nun den will ich suchen. Wie er nun viel Leute deßwegen gefraget / da ist er endlich zu einem Einsiedler gewiesen worden / welcher ihn im Christlichen Glauben unterrichtet / auch wie er leben müste / nemlich fasten / beten / und dergleichen: Als aber Christoph sagte / er wäre das nicht gewohnt / und könte das nicht thun / da hat ihm der Einsiedler [906] zum Gehorsam auferlegt / weil er groß wäre /so solte er bey einem Flusse bleiben / und die Leute hinüber tragen / die es begehreten / derer viel sonst wegen der Tieffe zu ertrincken pflegten / welches er denn angenommen / und sich neben dem Flusse eine kleine Hütte von Holtze gebauet / und die Leute hinüber getragen. Einsmahls aber in der Nacht hat ein kleiner Knabe ihn geruffen / er möchte ihn doch hinüber tragen; Wie er aus der Hütte gegangen / hat er niemanden gefunden / dieses ist noch einmahl geschehen. Aber das drittemahl siehet er ein klein Kind /welches der HERR CHRISTUS war / das legte er auf seine Schultern / und gehet damit in den Fluß / darauf läufft das Wasser auf / und das Kind wird so schwer /als wenn er die grösseste Last trüge / wie er aber über den Fluß kommen / da hat er das Kind niedergesetzet und gesagt / du hast mich in grosse Gefahr gebracht /denn du bist so schwer gewesen / als hätte ich die gantze Welt über mich / darauf soll das Kind gesaget haben: Verwundere dich nicht / denn du hast den auf deinen Schultern getragen / der die gantze Welt regieret. Ich bin dein HERR JESUS CHRISTUS / dem du hierinne gedienet hast / und dein Lohn wird groß seyn / darauf ist das Kind verschwunden / und Christoph hat angefangen das Wort GOTTES zu predigen. Aber dieses alles ist für keine warhafftige Historia zu halten / sondern nur für eine Fabel / von einem nicht unvernünfftigen Mann ertichtet / wie der selige Herr Lutherus dafür gehalten.


[907] Christoph ist ein Bild eines Christen / welcher soll den Teuffel und alle Welt verlassen / und den HErrn Christum immer im Hertzen tragen / und alles Creutz gedultig ausstehen.

27. Der wunder-alte Jude
27. Der wunder-alte Jude.

Im Jahr Christi 1547. soll Hr. Paulus von Eitzen / der H. Schrifft Doctor und Bischoff zu Schleßwig / wieZeilerus im andern Theil der Send-Schreiben Epist. 507. p. 700. 701. berichtet / zu Hamburg in der Kirchen an einem Sonntage einen Mann in gar schlechten Kleidern und barfuß im Winter angetroffen haben / so eine lange Person / mit langen über die Schultern hangenden Haaren / welcher gar andächtig der Predigt zugehöret / und anzusehen gewesen wie ein Mann von 50. Jahren. Nachgehends hat der Herr Doctor mit ihme / ausser der Kirchen / geredet / der ihm bescheidentlich gesagt / er wäre ein gebohrner Jude von Jerusalem / mit Namen Ahasverus, seines Handwercks ein Schuhmacher / so persönlich bey der Creutzigung Christi gewesen / und biß dahero lebendig geblieben: Davon er / wie auch von den Aposteln / den Regiments-Veränderungen in den Orientalischen Ländern /und andern dergleichen Sachen ordentliche Erzehlung gethan / und gesagt / Christus habe unter dem schweren Creutz an seinem / des Jüden Hause / ruhen wollen / er aber habe ihn abgetrieben / und gesprochen /er solle sich weg packen / wohin er gehöre / darauf Christus zu ihm gesagt habe: Ich will allhier stehen und ruhen / aber du solt gehen biß an den Jüngsten Tag. Dieser Jude hat sich gar still und eingezogen verhalten / und nicht vielmehr / denn was man ihn gefraget / geredet / wenn er den Nahmen [908] JEsus hörete /neigete er sich zum demüthigsten / und schlug inniglichen an seine Brust / wenn er einen fluchen gehöret /hat er mit grimmigen Eyffer und Seuffzen gesagt: O du elender Mensch / O du elende Creatur! soltestu den Nahmen GOttes deines HErrn / und seiner bittern Marter und Leiden also liederlich mißbrauchen? Hättestu als ich gesehen / wie schwer und sauer dem HErrn Christo seine Marter / meiner und deiner Sünden wegen wäre worden / du würdest dir eher selbst groß Leid anthun / als so umsonst seinen Namen verunehren. Wenn dieser Jude zu Gast geladen war / hat er wenig gessen und getruncken / und wenn ihm Geld verehret worden / hat er nicht über 2. Schilling genommen / davon er doch alsobald den Armen wiederum ausgetheilet hat / mit Anzeigung / er bedörffte keines Geldes / GOtt werde ihn wol versorgen. Man hat ihn niemahls lachen gesehen; In welches Land er kommen / desselben Sprache hat er gebraucht: Es seynd mehr Leute / auch Herren-Standes und vom Adel gewesen / so diesen Menschen in Engelland /Franckreich / Italien / Hungarn / Persien / Hispanien /Polen / Moscau / Lieffland / Schweden / Dännemarck / Schottland / und andern Oertern / auch in Teutschland / zu Lübeck / Rostock / Wißmar / Dantzig / Königsberg / gesehen. Anno 1575. haben zween Hollsteinische Gesandten / darunter der Secretarius, Christoph Krauß / ihn zu Madrit zu Spanien in aller dergleichen Gestalt / Alter / Leben / Kleidung und Geberden angetroffen / und selbsten mit ihme geredet. Konte damahls gut Spanisch. Anno 1599. befand er sich zu Wien / und An. 1601. zu Lübeck. An. 1616. ist er in Lieffland / zu Krakau in Polen / und in der Moscau [909] von vielen Leuten gesehen worden / die auch mit ihm geredet. Aber das ist nichts anders als ein Gedichte / wie solches weitläufftig bewiesen Joh. Sebast. Mitternacht / Dissert. 19.


Der Leute Betrug ist groß in der Welt / es ist nicht alles zu glauben / was sie offt fürgeben / doch wäre es kein Wunder / wann dergleichen Straffe aus gerechtem Gerichte GOttes über einen Juden verhängt wäre.

28. Pilati Begräbniß
28. Pilati Begräbniß.

Hievon erzehlet Mich. Sachs in der Käyser-Chronicke f. 33. 34. folgendes: Als Käyser Tiberius erfuhr / daß Pilatus Christum gecreutziget hatte / der doch so viel Göttliche Wunderwercke geübet / und so vielen Menschen geholffen hatte / ohne allen Gebrauch der Artzeney / in einem Huy und Augenblicke / ward er zornig auf ihn: Denn er hätte seiner Hülffe in seiner Kranckheit auch gern gebraucht / forderte derwegen Pilatum gen Rom / und da er vernahm aus seiner Bekänntniß / daß er ihn unverschuldet zum Tode verdammet hätte / alleine den Jüden zu hofiren / fällete er wieder ein ernstes Urtheil eines schändlichen Todes über ihn. Als das Pilatus hörete / fiel er in Verzweiffelung / und erstach sich selber im Gefängniß / damit er nicht öffentlich dörffte gerichtet werden / da nun der Käyser dessen berichtet ward / antwortet er: Verè mortuus est morte turpissimâ. Er ist recht gestorben des allerschändlichsten Todes / weil er ihm selber das Leben genommen / und ein Mörder an seinem Leibe geworden ist / befahl derowegen ihm einen Stein an den Halß zu binden / und den verfluchten Cörper in die Tyber zu versencken. So bald das geschach / hörte [910] man ein überaus wunderbares Spiel der Teuffel mit dem Cörper / balde zuckten sie den empor in die Lufft / mit greßlichem Geschrey: Bald warffen sie ihn wieder in das Wasser / erregten dabey solche Ungestüme Sturm-Winde / greuliches Ungewitter / Erregung und Uberlauffung des Wassers / daß man sich der Stadt Verderbens und Untergangs besorgen muste: Darum nahmen sie den verfluchten Leib / führeten den weit weg / und stürtzten ihn in eine tieffen Dümpffel des Rhodans. Da nun des Orts wieder sich ein Ungestüm erhob / daß niemand da handthieren und sicher wandeln konte / zog man den abermal heraus / und wolte ihn in die Erde scharren bey der Stadt Losanna, aber die Teuffel erzeigten auch da ihre Wunderspiel / tobeten und wüteten also / daß jederman in grosse Furcht und Schrecken gerieth. Nahmen also zum vierdtenmal den Cörper / führten ihn auf das Schweitzer-Gebürge / und stürtzten selbigen in eine tieffe Grube / oder weiten tieffen Sumpff / am Berge Fraomont genannt /so zwischen der Stadt Lucern und Unterwalden liegt /in einem dicken und finstern Walde / derselbe Sumpff wird noch heute zu Tage genannt Pilatus-See / und ist mit starcken Schrancken wohl verwahrt / der Ursach halben / daß niemand darzu kommen / oder etwas darein werffen könne / dann man sagt beständiglich / daß so balde jemand freventlich darzu gehe / dabey Pilati gedencke / oder ein Stein und Holtz hinein werffe / so sollen sich schreckliche Ungewitter erheben / und das Wasser also anfangen zu toben / und überzuschiessen / daß es Leuten / Viehe und Früchten Schaden thue /Städte und Dörffer verderbe im Thale.


[911] Pilati Leichnam mag seyn wo er wolle / uns lieget nicht viel dran / gewiß ist / daß er seiner Straffe nicht wird entgangen seyn.

29. Was davon zu halten sey
29. Was davon zu halten sey.

Was Martinus Crusius und Münsterus von Pilati Leichnam fürgeben / das leugnet gantz und gar Lignaridus in Delic. Academ. c. 2. p. 23. seqq. und Gesnerus in der Beschreibung des Berges / wo die Pilatus-See seyn soll. Und wenn man gleich gestünde /daß sich ein groß Wetter erhübe / wenn man was unreines in den See hinein würffe / so kan man doch daraus nicht schliessen / daß Pilati Cörper allda müsse seyn / massen dergleichen auch bey dem Bessiner See geschiehet / wie Paulus Merula libr. 3.Cosm. cap. 16. bezeuget / zu dem mangelt es fürnemlich an bewehrter Scribenten Zeugnissen / dergleichen die nicht abstatten können / welche in diesem oder vorigen Seculo gelebt / es müssens die Alten thun / die nicht lange nach Pilato gelebet haben / welche aber nichts davon melden. Ohne nur / daß Fl. Josephus lib. 18. c. 5. schreibet / Pilatus wäre nach Rom citiret worden / sich allda zu verantworten / wegen etlicher Beschuldigungen / ehe er aber nach Rom kommen /da wäre der Käyser Tiberius schon todt gewesen. Und Orosius lib. 7. cap. 5. sagt / daß er hernachmals grosse Angst empfunden / also / daß er ihm selbst das Leben genommen. Welches auch Eusebius berichtetlib. 2. Hist. Eccl. c. 7. Was die neuen Autores davon schreiben / kan man lesen in Mitternacht. Dissert. Histor. pag. 159. 160.


Man muß in Historischen Sachen nicht alles schlechter Dinge glauben / was der oder jener sagt / sondern allezeit so wol die Sache selbst / als die Autores examiniren und prüfen.

30. Athis sein Fatum
[912] 30. Athis sein Fatum.

Der reiche Lydier König Crœsus hatte einen Sohn /der alleine nach ihm zum Regiment tüchtig erachtet ward / der hieß Athis, sonst war noch einer / der war stumm gebohren / und träumete diesem Crœso von seinem Sohn Athi, daß er vom Pfeil-Schusse solte umkommen / darum wolte er nicht gestatten / daß er in Kriegen sich möchte versuchen. Damit er nun den jungen freudigen Helden vom Kriege abziehen / und bey sich zu Hause behalten / und so viel ihm menschlich und möglich / des Sohns Fato vorbauen möchte /gab er ihm ein schön Gemahl. Nun kam zu Hofe Georgii Midæ Sohn / Adrastus genannt / der hatte seinen Bruder unvorsichtiglich wider Bedacht und Willen ums Leben gebracht / diesen trieb der Vater aus seinem Hause / darum machte er sich zu Crœso, und ward von ihm freundlich und ehrlich gehalten. Nun trug es sich zu / daß ein ungeheuer wild Schwein /deßgleichen man zuvor nimmer hatte gesehen / Crœsi Unterthanen und Bauren mercklichen Schaden zufügte / und mochten sie solches nicht überwältigen oder umbringen / daher sie verursacht wurden / bey ihrem Herrn um Hülffe anzuhalten / baten ihn derowegen /er wolle ihnen seine Jäger vergönnen / samt seinem Sohne / die das Thier fällen möchten / die Hunde und Jäger erlaubet er ihnen / aber er will nicht gestatten /daß der Sohn mit fortrücke / da diß der Ehrdürstige Sohn / welchem verlangte das Thier zu fällen / und den Ruhm davon zu bringen / vernommen / ward er auf den Vater ungedultig / daß er ihm alle Lust gedächte abzuschneiden / und daß er seine [913] Mannheit nirgend möchte beweisen / und sprach / was wil mein neu genommenes Gemahl von mir halten / was werden die Bürger von mir sagen / die schier nicht wissen / daß etwas männliches Gemüths an mir sey / der Vater hält ihm den Traum für / welches der behertzte Jüngling ablehnete / sprechend / auf Träume wäre nichts zu achten / und muste also Crœsus zufrieden seyn / und seinen Willen darein geben / daß er mit auszöge / doch befahl er ihn Adrasto, daß er fleißige Aufsicht auf den Jüngling haben solte / damit ihm kein Unfall widerführe. Sie wandern samtlich hin /biß sie das Thier antreffen / da trägt sichs zu / daßAdrastus, indem er nach dem Thiere schiesset / denAthim trifft / der im Rennen zu maß kommt / ehe Adrastus sich dessen versiehet oder hoffet. Da solches geschehen / will Adrastus nicht vom todten Cörper /folget gar betrübet nach / biß gen Sardis, da Crœsus Hof hielte / da kommt er zu Crœso, fället für ihm nieder / und stellet sich kläglich an / begehret nur / daß man ihn zur Stund wiederum tödte / aber Crœsus trug Mitleiden / und erbarmet sich über Adrastum, und sprach: Ich habe / O GOtt / von dir Gnugthuung / in dem / daß du dich selbst zum Tode offerirest / und bist nicht meines Elendes eine Ursache / ob du wol den Schuß unvorsichtig gethan hast / sondern der Götter einer / der mir schon zuvor in einem Traume solches verständiget hat / da man nun den heydnischen Gebrauch nach / Athis Cörper auf den Holtz-Hauffen solte verbrennen / steiget Adrastus auf den Holtz-Hauffen / ersticht sich selber darauf / und ist sein Leib gleich mit Athis seinem verbrannt worden.


Wer nicht will hören / der mag leiden / wäre Athis seinem Vater gehorsam gewesen / und daheime blieben /so hätte ihn Adrastus nicht erschossen. Fatuorum fatum fatuum.

31. Verlohrnes Gedächtniß
[914] 31. Verlohrnes Gedächtniß.

Solinus bezeuget / daß einem Römer Massala Corvino in einer Kranckheit sein Gedächtniß vergangen /daß er auch seines eigenen Nahmens hat vergessen;Valerius Maximus schreibet / daß zu Athen einer mit einem Steine an den Kopff ist geworffen worden / der ein gelehrter Mann war gewesen / der habe darüber alles / was er hätte gewust / vergessen. Es ist ein König in Hispanien gewesen / der hat Bamba geheissen / dem haben sie einen Trunck beygebracht /davon er hat sein Gedächtniß verlohren / trat derowegen die Regierung ab / und gieng in ein Kloster / wieMünsterus in seiner Cosmographia bezeuget. Herodis Sophistæ Sohn / genannt Atticus, hatte so gar kein Gedächtniß / daß er sein Alphabeth nicht konte lernen oder behalten. Ravisius schreibet von den Thraciern /daß sie so gar bäurischen Verstandes sollen seyn /und ohne alle Gedächtniß / daß sie schwerlich über viere zehlen und rechnen können. Der alte Curio hatte so gar kein Gedächtniß / daß da er vor Gerichte seine Sache solte vorbringen / alles / was ihm zu reden nütze / er vergessen hatte / wie Cicero von ihm zeuget. Franciscus Barbarus ein Freund Hermolai Barbari hat in seinem Alter die Griechische Sprache /deren er gar kündig gewesen / gar vergessen. Georgius Trapezuncius, der ein gelehrter Mann gewesen ist / hat alles in seinem Alter vergessen. Deßgleichen wird auch von Johanne Sleidano gesagt / daß er kurtz für seinem Tode so gar sein Gedächtniß verlohren hat / daß er auch habe vergessen seiner Tochter Nahmen /die er nicht hat nennen können / der doch ein gelehrter Mann / der Rechte / vieler Sprachen und der Historien kundig / und sehr wol versucht zuvor gewesen war.


[915] GOtt giebt uns das Gedächtniß und nimmts auch wieder / wie es ihm gefalle / darum muß man es für GOttes Gabe erkennen / und zu GOttes Ehren allein anwenden /und GOtt um Erhaltung desselbigen bitten.

32. Käysers Basilii Erhöhung
32. Käysers Basilii Erhöhung.

Der Constantinopolitanische Käyser Basilius ist von armen und geringen Eltern in Macedonien gebohren /da er ein Kind war / konte ihn seine Mutter kaum ernähren; Da das Kind an der Sonnen lag und schlieff /schwinget sich ein Adler über ihn mit seinen Flügeln /wolte dieß Kind für Hitze schützen / da die Mutter dieses sahe / jagte sie den Vogel mit Steinen hinweg /befürchtete sich / er möchte dem Kinde Schaden thun / da er sich aber nicht wolte wegtreiben lassen / sondern wieder kam / da die Mutter an ihre Arbeit war gegangen / gedachte sie / daß etwas sonderliches aus ihrem Sohne werden müste / und ließ es geschehen. Er kam zu Hofe bey Käyser Michaelem, und ward der Oberste über bie Reusigen / da richtete er dem Käyser ein Pferd zu / das er lieb hatte / der Gaul war ungehalten und muthwillig / da machte er ihn Zaumrecht /daß er sich reiten und regieren liesse / dadurch erlanget er bey dem Käyser Gunst / und ward von ihm erstlich zum Kämmerling gemacht / darnach zum Römischen Könige / und empfieng die Krone vom Patriarchen Phocio, darnach aber erstach er den Käyser in seiner Kammer / und ward Käyser an seiner Stätte /die Basilio in Zeit seiner Armuth hatten Guts gethan /denen lohnete er danckbarlich / aber seinem wohlverdienten Herrn lohnete er über die masse undanckbarlich.


[916] GOtt erhebet die Niedrigen aus dem Staub. Wer was kan / den hält man werth. Die Regiersucht bringt manchen zu bösen Dingen.

33. Der fälschlich angegebene Sohn und leichtgläubige Vater
33. Der fälschlich angegebene Sohn und leichtgläubige Vater.

Bey eben diesem Käyser Basilio war ein Münch derTheodorus Santavarenus genannt / welcher bey dem Käyser in hohem Ansehen und Würden war / und neidete heimlich des Königs Sohn Leonem, gibt ihn auch allezeit bey dem Vater an / daß er ihn in höchsten Verdacht und Argwohn bringt / treibet es auch so lange / biß endlich der Vater / der des Münchs Angeben glaubete / den Sohn einsperren ließ / in ein hartes Gefängniß / davon ihn doch die Reichs-Räthe mit ihrer Fürbitte wiederum haben loßgemacht und ausgebeten / da das der heillose Münch sahe / fieng er wieder an bey dem Käyser den Sohn mit Lügen zugraviren / und sagte: Glaubet eurem Sohne nicht /dann er hat ihm fürgenommen / euch auf der Jagt zu erstechen / und damit ihr solches gewiß möget glauben / so durchsuchet wenn ihr ausreitet / sein Kleid /so werdet ihr ein blosses Schwerdt unter seinem Kleide finden / damit er euch gedencket zu tödten. Der leichtgläubige Vater wird vom Münche eingenommen / gedachte solches im Felde zu erfahren. Nun gieng dieser verfluchte Münch auch zum Sohn und sprach freundlich zu ihm / dein Vater will heut auf die Jagt ausreiten / und dich mitnehmen / so gehe nimmer ohne Schwerdt / dieweil du ein junger Mensch bist /trage allezeit eines unter deinem Kleide / daß du nicht wehrloß zu Spotte werdest / und so deinem Vater auf der Jagt Gefahr oder Noth zustossen würde / von einen [917] wilden Thier / daß du alsdenn ihm mögest Hülffe thun. Solche Reden des München gedachte der Sohn / daß sie ohne falsch zu seinen Besten geredet /und also gemeynet wären; Darum folgete er des München Rath / und gürtet unter dem Kleide an seine Seite ein Schwerdt. Da sie nun ins Feld kommen / und der Vater solch Schwerdt bey seinem Sohne fand /ließ er ihn abermahls einziehen / war auch allermassen entschlossen / den Sohn tödten zu lassen / wann solches die Räthe nicht mit grossem Ernst gehindert hätten / dieweil er ein einiger Sohn und Erbe des Reichs war / und sein Bruder mit Tode war abgegangen / den der Vater ihm auf seinen Fall zu succediren im Regimente erwehlet hatte.


Falsche Angeber und geschwinder Argwohn richten viel böses an / verdamme keinen / ehe du ihn zugehöret hast / und was bringt der Teuffel durch Münche und alle Weiber offt nicht zu wege?


Non audet Stygius Pluto tentare, quod audet.
Effrenis monachus, plenaque fraudis anus.
34. Der Calumnianten oder Verleumder Straffe
34. Der Calumnianten oder Verleumder Straffe.

Die Verleumder sind bey GOTT und allen ehrbaren Menschen verhast. Nero und Domitianus wie tyrannisch sie auch gewesen seyn / haben doch keine Calumnien hören oder leiden mögen. Der fromme Käyser Alexander Severus ließ die Calumnianten mit dem Schwerdt hinrichten / wenn sie ihre Calumnien nicht wahr machen oder bekleiden kunten / deßgleichen that auch Maovinus. Vespasianus pflegte die Verleumder mit Ruthen zu streichen / daß andere vor solchem Laster ein Abscheu trugen. [918] Pheroras, welcher der Antipatris Bruder beym Vater Herode mit seinen Calumnien übel angegossen / und in groß Unglück gebracht hatte / ward endlich mit Gifft hingerichtet. Der Bischoff Narcissus, da er bey hundert und sechzehen Jahr alt geworden / ward von Calumnianten und Mißgünstigen mit falscher Nach-Rede graviret / und wurden drey Zeugen wider ihn aufbracht / der erste sagete; Zeuge ich nicht recht / so zünde mich das Feuer an / der verbrandt mit Haus und Gütern / der ander wünscht ihm morbum regium, die hinfallende Kranckheit / wo er nicht wahr redete / die kriegte er auch. Der dritte begehrte blind zu werden / so sich Mangel an seiner Aussage befünde / solches ist ihm auch begegnet. Der Egyptische König Ptolomæus hat Apelli seinem Verleumder zum leibeigenen Knecht geschencket. Jenem Münche / welcher Leonem beym Käyser Basilio so fälschlich angegeben / wurd endlich seine Untreu so belohnet: Da der Vater auf der Jagt war umgekommen / und Leo die Regierung wieder angetreten / da ließ er den Münch seiner Augen berauben / und ins Elende in Armenien schicken. Der Hertzog in Damascus, der die Christen bey dem Römischen Käyser Maximino so verleumdet / gerieth in Unsinnigkeit / und tödtet sich selbst.


Du solt kein Verleumder seyn unter deinem Volck /Levit. 19, 16. Der gerechte GOtt läst solch Laster nicht ungestrafft. Auch ehrbare Leute sind den Verleumdern feind.

35. Fr. Borbonii unglückliche Vorstellung des glücklichen Sieges
35. Fr. Borbonii unglückliche Vorstellung des glücklichen Sieges.

[919] Franciscus Borhonius entsprossen aus Königlichem Stamm in Franckreich / der sich in Schlachten / ob er wol noch jung war / männlich hatte verhalten / da er bey Ceresola des Käysers Caroli weitberühmten Obersten Franciscum Davalum Vastium hatte überwunden in einer Feldschlacht / hat er damit grosse Ehre eingelegt. Da er nun wieder in Franckreich kömmt / und im Freudenspiel Frauen und Jungfrauen zu Ehren anrichtet / und wolte im Schimpff vor Augen stellen / wie man eine Stadt stürmen und anlauffen solte / und nun eine Leiter hinangesetzet / und hinauf steiget / da warff einer von denen / so in der Gegenwehr verordnet / einen grossen Korb heraus auf die Leiter / darauf Borbon aufsteigen wolte / dieser Korb drenget diesen jungen Helden von der Leiter / daß er herab stürtzte und den Hals entzwey brach.


Der das Leben im Ernst davon bringen konten / muste es im Schertze lassen. Solches solten junge Leute in acht nehmen / und Gefahr meiden / da es die Noth nicht erforderte.

36. Athenais, eines Philosophi Tochter wird Käyserin
36. Athenais, eines Philosophi Tochter wird Käyserin.

Zu Athen war ein Philosophus, der hieß Leontius, der hatte zween Söhne und eine gelehrte Tochter / derer Nahme war Athenais, die konte was sie wolte inPoësi, insonderheit ein gut Carmen Heroicum schreiben. Dieser Leontius da seine Sterbens-Zeit herzunahete / machte sein Testament / und dieweil er grosse Wissenschafft der Sterne hatte / und daraus vielleicht angemercket / daß seine Tochter zu grossen Dignitäten kommen würde / da vermachte er derselben im Testament nur hundert Gülden / beyden Söhnen aber sein gantzes Gut / das muste Athenais lassen geschehen / [920] da aber der Vater das Testament mit seinem Tode bekräfftiget hatte / wolte sie ihr solch unbillich Testament des Vaters nicht gefallen lassen. Darüber erzürneten ihre Brüder / und stiessen sie zum Hause hinaus. Solche Unbillichkeit klagte Athenais ihrer Mutter Schwester / die zohe mit ihr nach Constantinopel / klagte solches Pulcheriæ Theodosii des Jüngern Schwester / welche / da sie an der Athenais die wolgestalte Sitten und die Gaben des sinnreichen Verstandes vermerckte / riethe sie ihrem Bruder Theodosio, diese Athenais zum Ehe-Gemahl zu nehmen /welches er gethan / und sie tauffen lassen / und zur Käyserin gemacht / und Eudoxiam nennen lassen /das ist sie also unversehens zu so gar grossen Dingen kommen / hat ihren Brüdern verziehen / sie zu sich fordern lassen / und zu grossen Dignitäten gebracht.


Viel sind von geringen Stande zu den höchsten Ehren erhoben worden. Die Astrologia ist nicht allerdings zu verachten / wer heyrathen will / der sehe auf Tugend.

37. Treue eines Dieners gegen seinen Herrn
37. Treue eines Dieners gegen seinen Herrn.

Da die zweene Brüder Gundibertus der Longobarden König / und Partharis, mit einander kriegten / forderte Gundibertus zu Hülffe wider seinen Bruder Partharim Grimoaldum den Beneventanischen Hertzog /der Gundibertum umgebracht wider zugesagten Glauben / dem er solle beygestanden haben / und triebPartharim aus dem Reiche; Da nun derselbe nirgend hin wuste / kommt er zum Grimoaldo, demüthiget sich vor ihm / und befiehlet sich in seine Beschützung / wird auch von ihm aufgenommen / da aber die Ticinensischen Bürger dicke herfür [921] lieffen Partharim zu sehen / und Grimoaldus solche Gunst der Bürger gegen Partharim verspührete / da befürchtet er sich /die Bürger möchten ihn wiederum in seine Regierung setzen / und ihn austreiben / gedencket aber solchen bey Zeiten vorzukommen / und entschloß Partharim zu tödten / auf daß er nun solches ohne Aufruhr vollziehen möchte / so lud er ihn zu Gaste / wolte ihn vollsauffen / und also im tieffen Schlaff erstechen lassen. Nun hatte Partharis einen getreuen Knecht / mit Nahmen Hunnulfus, der hatte diesen Anschlag gerochen / und ihn seinem Herrn angezeigt / mit dem beredte sich Partharis, daß er in seinen Becher stets Wasser / und Wein in Grimoaldi seinen einschencken solt / damit er mit Wein sich nicht überlüde / und sein Thun Macht haben möchte; da er sich nun stelte / als hätte er sich vollgesoffen / und zu Bette gieng / bespricht er sich mit diesem Hunnulfo, und noch einem getreuen Knechte / den er auch bey sich in der Kammer hatte / was sie riethen und was zu thun wäre /dieweil Grimoaldi Diener aussen für dem Gemach stünden / und die Wache hielten / wurden endlich eines / und hiengen Parthari alte Lumpen aufs Haupt / und kleideten ihn wie einen Bauren aus / luden ihm etwas auf den Rücken / und trieben ihn also mit Schlägen zur Kammer hinaus / der eine Knechte folgete ihm / und schlug immer auf ihn / und trieb ihn also für sich / biß sie beyde davon kamen / und flogen in Franckenland. Dieses Handels lachten die Wächter / meyneten sie trieben solch Gauckelwerck mit dem Bauren / ihrer Trunckenheit halben / der ander Knecht verschloß sich wieder in Partharis Kammer. Da es nun an die Zeit kam / daß die bestelte Mörder gedachten / dieweil Partharis sich hätte [922] vollgesoffen / und wol zugericht gewesen / so liege er nun im tieffesten Schlaff / da klopfften sie an die Thüre / der Diener sollte aufmachen / dieser aber weiset sie abe / und spricht / sie sollen seinem Herrn keine Unruhe machen / er schlaffe nun zum besten / da er nicht aufmachen wolte / stiessen sie die Thüre ein / da funden sie das ledige Nest / und war Partharis hinweg / da schlugen sie den Knecht erbärmlich / brachten ihn zum Grimoaldo, und wolten etliche / man solte diesen Knecht tödten. Aber Grimoaldus ließ ihm diese Treue dermassen gefallen / daß er ihn wolte zum Diener haben / da er sich aber des wegerte / ließ er es geschehen / daß er seinem Herrn ins Elende möchte folgen / welches er auch gethan.


Treue ist die größte Tugend an einem Diener / wohl dem Herrn / der einen solchen überkommt.

38. Die fürwitzigen - aber unglückseligen Verschlinger
38. Die fürwitzigen / aber unglückseligen Verschlinger.

Zu Roan in der Normandie hat ein Ebentheuer gesagt / daß in den Ochsenfüssen kein Bein wäre / und gewettet / er wolle einen verschlingen: Als er nun solches leisten wollen / ist ihm der Fuß in dem Halse stecken geblieben / daß man solchen nicht heraus oder hinab bringen können / und hat also neun Tage ohne Rede in überaus grossen Schmertzen zugebracht / den zehenden Tag ist er gestorben / hatte das Angesicht abscheulich verändert / und ist also zu einem Scheusahl worden aller / die ihn gesehen / und den Finger GOttes über ihm erkannt. Ein Rittmeister / Namens Spatz / hat auf seines Obersten Gesundheit etliche Stücklein von einem zerbrochenen Glaß hinein [923] geschlucket / von derselben Zeit an aber keine gesunde Stunde gehabt / und hat also mit grosser Reue seinen Geist aufgeben müssen. Zu Norwegen hat einer zu Oesterlicher Zeit ein rothes Ey gantz wollen hinein schlucken / es ist aber das Ey so groß / und sein Hals zu klein gewesen / daß er also bald daran ersticket. Zu Harlem hat ein Fischer drey Fische / welche wir Großhaupt (gorjons) nennen / lebendig verschlingen wollen / ist aber an dem dritten ersticket.


Durch Fürwitz hat sich mancher in so grosser Gefahr und jämmerlichen Tode gestürtzet. Solche Kurtzweil sollen alle / sonderlich junge Leute meiden / und sich diese Exempel lassen eine Warnung seyn / der ist recht und wol gelehrt / der sich an andere Schaden kehrt.

39. Vielfrässe
39. Vielfrässe.

Obgleich von starcken Fressen schon etwas / wiewol gar ein weniges / droben gemeldet worden / Cent. 5.hist. 87. so scheinen doch folgende Exempel nicht unwürdig zu seyn / diesen Historien mit einverleibet zu werden. Athenæus erzehlet von einem König in Lydia / Campletus genannt / welcher sein eigen Weib in der Nacht hat aufgefressen / und des Morgens / als seine Diener dazu ins Gemach kommen / noch derselben Hände im Munde gehabt / sich aber bald darauf selbst erstochen / vermuthlich aus Unsinnigkeit. Ein ander Nahmens Lepræus wettete mit Hercule, wer zu erst einen Ochsen auffressen könte / darnach wer zu solchem Schnap-Bißlein mehr Weins trincken könte; in solchem ritterlichen Freß- und Sauff-Kampff Hercules das Kräntzlein davon gebracht; Als sie darnach einander einen Kampff angeboten / um Leib und Leben zu fechten / da hat Hercules das Feld abermahls behalten / und ist Lepræus [924] erschlagen worden. Ein Fechter genannt Theagenus Thasius, hat einen Ochsen alleine aufgefressen / Timoreon Rhodius hat mit seinem Fressen und Sauffen folgende Grabschrifft verdienet:


Plurima edens, permulta bibens, mala plurima dicens
Ipse viris, jaceo hic Timocreon Rhodius.

Wie jetzt gedachter Arthenæus bezeuget: An Manuelis des Constantinopolitanischen Käysers Hofe ist einer gewesen / der Camatherus Logothela geheissen / und hat sonderliche Lust gehabt grüne Bohnen zu essen / soll auch zu Zeiten gantze Aecker abgefressen haben. Zu Prag ist vor Zeiten ein Fresser gewesen /der eine Elendshaut / einen Hund / ja gar ein Pferd lebendig gefressen / wie solches Harsdörffer von glaubwürdigen Personen gehört / dieses also erzehlet: Das Pferd war ein Füllen von anderthalb Jahren / darauf setzte er sich rückwarts / biß erstlich den Schweiff herab / und warff ihn hinweg: Darnach fieng er bey dem Hintern an / und fraß das gantze Pferd mit Haut und Haar / mit allem Eingeweid / ja das Gehirn gar aus dem Haupt / die Gebeine aber warff er hinweg. Solches hat er gegen Bezahlung 10. oder 12. Ducaten gethan / so offt man gewolt / und indem er solches und dergleichen aufgezehret / hat er offt darzwischen getruncken / allerley Getränck. Dieser hat sich auch vermessen einen lebendigen Menschen / samt seiner Kleidung zu essen / wenn er das Eisen / als Sporn und Degen würde von sich gelegt haben / vermuthlich ist dieses nicht ohne Verblendung geschehen. Harsdörff. Schaupl. Jämm. Mord. 164. 587.

Viel fressen ist keine Kunst / vielweniger eine Tugend / je [925] grösser Fresser / je grösser Bösewicht / in Lastern muß man nicht mit andern kämpffen.

40. Der verleumdete heilige Athanasius
40. Der verleumdete heilige Athanasius.

Wie grausam die Arrianer diesen heiligen Kirchen-Lehrer verleumdet und verfälschet / ist fast nicht zu gläuben. Erstlich beschuldigten sie ihn beym KäyserConstantino M. daß er den Egyptiern befohlen / der Kirchen zu Alexandria ein leinen Kleid / an stat eines Tributs / zu geben / welche Beschuldigung aber seinePresbyteri, die damahls gleich zu Nicodemien waren /wiederleget / und dem Käyser die rechte Wahrheit entdecket haben; welcher denn deßwegen die Angeber scharff angeredet / und den Athanasium bitten lassen / zu ihm zu kommen / ehe er aber zu ihm kommen /hat Eusebius mit seinem Anhang schon eine andere Lügen auf die Bahn gebracht / und dem Käyser eingebildet / als verachtete Athanasius seine Befehle / und begienge damit ein Crimen læsæ Majestatis, aber da der Käyser sich der Sachen erkundiget / hat er Athanasii Unschuld befunden / solche auch der Käyser der Kirchen zu Alexandria zu verstehen gegeben; hiebey habens die Arrianer noch nicht bewenden lassen /sondern viel greulicher Dinge und Ubelthaten dem frommen Athanasio aufgebürdet / sonderlich im Concilio zu Tyro / da sie erstlich ein Weibsbild wider ihn aufgestellet / welche vorgeben muste / daß sie auf eine Zeit vom Athanasio, als er bey ihr zur Herberge gelegen / bey der Nacht / da sie sich solches gar nicht versehen / wäre genothzüchtiget und beschlaffen worden; wie nun Athanasius deßwegen fürs Concilium gefordert worden / da nimmt er seinen Presbyterum Timotheum mit sich / und heist ihn dem Weibe antworten /so bald sie hatte aufgehört zu reden / das geschiehet[926] auch. Das Weib wiederholt ihre Kluge / wie sie ihr war vorgesagt worden / Timotheus kehrt sich zu ihr und sagte: Bin ich der / den du etwa beherberget hast / und habe ich dich genothzüchtiget / wie du sagst? Da fieng das Weib an ihn auszumachen und sagte: Ja du / eben du bists / du hast mir in meinem Hause Gewalt angethan / und meine Ehre genommen. Wandte sich hierauf zun Richtern / schwur und rieff GOTT zum Zeugen / daß sie die Warheit redte. Darüber wurden sie alle schamroth und zu Schanden / weil das Weib Timotheum an des Athanasii statt beschuldiget. Nach dieser Calumnien kam noch eine viel heßlichere herfür. Die Ankläger zeigten einen abgehauenen Menschen-Arm / den / sagten sie / hätte Athanasius demArsenio abgehauen / und damit Zauberey getrieben. Nun war zu seinem Glück Arsenius eben dazumahl nach Tyrum kommen / und ward heimlich verwahret vom Archelao des Athanasii guten Freund / der es ihm auch zu wissen gethan. Als nun Athanasius sich deßwegen verantworten solte / da fragte er erstlich die Anwesenden Bischöffe / welche unter ihnen Arsenium kenneten / worauf unterschiedliche aufstunden / und sagten / daß sie ihn wol kenneten. Darnach bat er die Richter / daß sie denjenigen möchten lassen hinein kommen / den er zu diesem Handel begehrte. Da wurd Arsenius hinein gelassen / welchen Athanasius hieß aufsehen / und redete das Concilium und die Richter also an: Das ist Arsenius: darnach hub er ihm seinen rechten Arm empor / und sagte / das ist sein rechter Arm / und daß ist sein lincker Arm. Euch Richtern aber gebühret fleißig zu erkundigen / woher der abgehauene Arm kommen. Hierüber erschrecken die Ankläger so / daß ihnen [927] Hören und Sehen vergienge. Nichts destoweniger ward der liebe Athanasius vomConcilio unschuldig verdammet / und muste flüchtig werden. Da er denn 6. gantzer Jahr nach einander in einer alten Cisternen die weder Wasser noch Sonnenschein gehabt / verborgen gelegen / jedoch ist er letztlich auch an diesem Ort von einer Magd verrathen worden / aber durch GOttes Schickung entrunnen. Nach diesen sind noch viel mehr Calumnien wider ihn ausgesprenget worden / als daß er solte gedreuet haben / er wolle verschaffen / daß kein Getreyde mehr von Alexandria nach Constantinopel solte geführet werden / und was dergleichen mehr / aber solches alles kan nach der Länge hie nicht angeführet werden.


Verleumden ist der Ketzer Eigenschafft. Den rechten Lehrern hat Christus vorher gesagt / daß man sie verfol gen werde. Aber die Unschuld kommet doch endlich ans Licht / und die Verleumder müssen zu schanden werden. Unterdessen erhält und führet Gott die Seinen wunderlich.

41. Vom Käyser Valente, und dem Bischoff Basilio
41. Vom Käyser Valente, und dem BischoffBasilio.

Der Orientalische Käyser Valens, war den Arrianern sehr zugethan / und konte daher den grossen Kirchen-Lehrer Basilium, Ertz-Bischoff zu Cæsaria in Cappadocia, als der Arrianer Feinde nicht leiden; Einmals stürmete er zorniglich mit einem hauffen Trabanten in die Kirchen / daß er Basilium daraus hinweg führete / aber weil er sahe / daß Basilius also unerschrocken für ihm seines Amts warten hat er keine Gewalt an ihn geleget / sondern sich gottfürchtig und ehrerbietig gestellet / als er aber ohne Gefahr zum Altar gieng zu opffern / und schier zu der Erden gesuncken wäre / wo ihn nicht ein Diaconus ergriffen[928] und erhalten hätte / wurde er in die Sacristey geführet / daselbst er mit Basilio von der Religion allerley gantz freundlich geredet / und war dazumahl gute Hoffnung / es würde der Käyser sich bekehren. Aber von den gottlosen Räthen ist er wiederum zurück gezogen worden / also / daß er aufs neue wider Basilium gehetzet ward / und war gäntzlich willens / Basilium zu religiren / und ins Elend zu verjagen / aber durch GOttes Wunderwerck ward er daran verhindert / daß er es nicht ins Werck bringen konte. Erstlich ist der Stuhl / darauf er gesessen / voneinander gefallen. Dar nach / als er den Befehl wider Basilium unterschreiben wolte / hat er keinen Buchstaben aus der Feder bringen können. Und letztlich ist ihm auch sein Sohn hefftig kranck worden / also / daß alle Aertzte an seinem Leben verzagten. Dadurch ist der Käyser sehr erschrecket worden / und hat des gemeinen Gebets begehret / auch Basilium zu sich gefordert / welchen / so bald ihn sein krancker Sohn gesehen / ists ein wenig besser mit ihm worden. Aber weil er auch die Arrianer zum Gebet erfordert hatte / ist er nicht gesund worden. Socrates saget / daß der Käyser hat wollen die Lehre versuchen / und zum Basilio gesagt / wie er gekommen: Wo sein Glaube und Lehre recht wäre /so solte er bitten / damit sein Sohn nicht stürbe / darauf Basilius geantwortet: Er könnte wol gute Hoffnung von seiner Gesundheit haben / so er auch glaubete / wie er und verschaffete / daß der Arrianer Gotteslästerung ausgerottet / und die Kirchen also wiederum zur Ruhe und Friede gebracht würden. Als aber der Kayser nicht darinn bewilligen wolte / sprach Basilius: So würde an seinem Sohn auch ergehen /was GOtt beschlossen [929] hatte. Derhalben ist er alsobald gestorben / als ihn erstlich ein Arrianischer Priester getaufft hatte. Aber der Amtmann Modestus ist nicht lange darnach / durch Basilii Gebet aus einer schweren Kranckheit zu seiner Gesundheit kommen / und von ihm bekehret worden.


Wer GOtt vertraut / darff sich für denen nicht fürchten / die nur den Leib tödten / und wen GOtt erhalten will /den kann kein Feind vertilgen / wie groß er ist.

42. Protogenis Gebet macht krancke gesund
42. Protogenis Gebet macht krancke gesund.

Was jetzo von Basilii Gebet erzehlet worden / dergleichen schreibet auch Theodoretus vom Protogene, einem Priester zu Edessen. Denn als derselbe mit dem Eulogio vom Valente in das Elend gen Antionem inThebaide gelegen vertrieben war / fieng er daselbst an Schul zu halten / und die Knaben zu unterweisen. Wie aber ein Knabe unversehens aus seiner Versammlung kranck wird / gehet Protogenes zu ihm / und vertreibet die Kranckheit von ihm / und machet ihn gesund /durch sein Gebet zu GOtt / weil denn solches neu /und einem Miracul gleich schiene / hat es verursacht /daß alle sich des Protogenis verwundert haben / und haben die Eltern hernach alle ihre krancke Kinder zu ihm gebracht / und gebeten / daß er ihnen helffen und gesund machen solte / er hat aber gesagt / daß er für ihre Gesundheit nicht bitten wolte / es sey denn / daß sie / dieselbigen / ihre Kinder zuvor tauffen liessen. Ist derwegen also geschehen / daß die Eltern ihre Kinder tauffen lassen / und darnach zu Protogena gebracht / denen er allen durch sein Gebet geholffen /und sie durch dasselbige wiederum frisch und gesund gemacht.


[930] Des Gerechten Gebet vermag viel / wenn es ernstlich ist / und wenn die Welt nicht Wunder siehet / so gläubet sie nicht.

43. Stieff-Mütter Haß gegen die Kinder
43. Stieff-Mütter Haß gegen die Kinder.

Arsione / des Königs Pergami ander Weib / hat ihren Stieffsohn aus Haß und Neid durch Gifft umbracht /welcher seinem Vatter Lysimacho in vielen Kriegen treulich geholffen hat. Olympias / des grossen Alexandri Mutter / hat ihren Stieffsohn Arisaum mit Zauberey seiner Sinne beraubet / auf daß er zur Regierung untüchtig / und ihr Sohn Alexander möchte dazu kommen. Hippodamea / des Pelopis Weib / hat angereitzet ihre Söhne / daß sie Chrysippum ihren Stieffsohn umbrächten / denn der Vatter Pelops war ihm gewogen. Des Königs Athamantis Weib war ihren Stieffkindern von Hertzen feind / und bracht zuwege /daß die Stieffsöhne solten getödtet und geopffert werden / der Vatter aber verschafft heimlich / daß sie fliehen solten / da ersoff die Tochter im Meer / der Sohn aber kam gen Colches. Diese listige böse That strafft GOtt also / daß der König unsinnig würde / und daIro sein Weib mit ihren zween Söhnen zu dem König in den Saal kam / nimmt er das kleine Kind Learchum ihr von dem Arm / und schlägts wider die Mauer / die Mutter fleucht mit dem andern SohnMebcerte, und steigt auf einen hohen Felß / und stürtzt sich hinab ins Meer. Martina, des KäysersHeraclii ander Weib / hat ihren Stieffsohn / Käyser Constantinum, im 1. Jahr seines Regiments mit Gifft getödtet / derhalben hat sie ein ehrbar Rath zu Constantinopel / mit ihren Sohne Heracleone, des Reichs vertrieben / ihr die Zunge [931] und dem Sohne die Nase abgeschnitten. Faustar des Käysers Constantini Gemahl / hat ihren Stieff-Sohn Crispinum / einen männlichen Helden / bey dem Vater verunglimpfft / als hätte er sie nothzüchtigen wollen / darum ihn der Käyser enthaupten ließ. Als aber hernah die Wahrheit am Tag kommen / hat der Käyser sein Gemahl ersticken lassen / oder wie andere schreiben / in einem siedenden Wasser im Bade ertödtet.


Der Teuffel stellet Eltern und Kindern sehr nach / und treibet sie an zu erschrecklichen Sünden. Doch beschützet GOTT die Frommen / durch seine H. Engel / die Bösen aber straffet er so wol Eltern als Kinder.

44. Darius nimmt seines Vaters Weib - daraus viel Böses entstehet
44. Darius nimmt seines Vaters Weib / daraus viel Böses entstehet.

Als Artaxerxes mit seinem Bruder Cyro einen Krieg führet / und Cyrus, der den Krieg angefangen / in der Schlacht erschlagen ward / hat man in seinem Läger und Gezelt ein Ionisch Weib Aspasiam genannt / die schön gewesen / gefunden / welche Cyrus sehr lieb gehabt / als dieselbe zu Artaxerxe gebracht / hat er sie lieb gewonnen. Da aber Artaxerxes seinen Sohn Darium zum König in Persia erkläret und ausgeruffen /hat Darius den Vatter um Aspasiam gebeten / welches ihm der Vatter nicht hat dürffen versagen. Aber nicht lange hernach / hat er sie ihm wieder genommen. Darüber wird der Sohn / der junge König bewegt / durch Antreibung eines führnehmen Fürsten /Tyribazi, daß er solle den Vatter heimlich erwürgen. Solches wird dem alten Könige verkundschafft. Derhalben Tyribazus von des Vatters Trabanten erstochen wurde / der Sohn aber [932] Darius ward gefangen /und nach Erkäntniß der Fürsten in Persia / auch umbracht. Diese grosse Straffe ist auf des Vatters und des Sohns Unzucht erfolget / der das hat der alte König noch diese böse That / daß er seine eigene Tochter Cossam zum Weibe nahme. Sein SohnOchus, damit er König würde / erstach seinen Bruder Arsenem, den andern Bruder erschreckt er hiermit /daß er sich selbst für Leid und Furcht erstach. Hiemit ist Ochus zum Königreich kommen / welcher hernach auch mit allen seinen Söhnen jämmerlich umkommen ist / damit ist das gantze Geschlecht des ersten Cyri gantz verloschen.


GOtt dräuet zu straffen biß ins dritte und vierdte Glied. Die Sünden / so im Saamen geschehen / werden am Stamm und Nachkommen gestrafft.

45. Liebes-Bissen
45. Liebes-Bissen.

Ein Teutscher von Adel hat sich lange Zeit in der schönen Stadt Neapolis aufgehalten / und mit einer Hoff-Dirne / derer Thür allen offen gestanden / brünstiger Liebe gepflogen / so gar / daß sie geraume Zeit über sich aller anderer Gesellschafft enthalten / und allein dieses Teutschen abgewartet. Dieser nun wurde einsmals nach Hause entbeten / konte aber von der Bestien nicht entlediget werden. Endlich als es muste geschieden seyn / bittet sie ihn zur Mahlzeit / und setzet ihm zur Collation allerhand Zuckerwerck / und Schleckerbißlein für / unter welchen ein Zelten / die sie ihm mit auf den Weg giebt / weil er aus Traurigkeit oder sonsten gefasten Unlust nicht essen wollen /damit nimmet er seinen Abschied / nicht sonder vielfältige Thränen / weil sie sich seiner als ein Eheweib gehalten. Als er nun auf halben Weg nach Capua gekommen / [933] fällt das Pferd unter ihm zu Boden / und will nicht wiederum aufstehen / er steiget ab / gürtet den Sattel auf / und zäumete den Gaul ab / er bleibt aber als halb todt liegen. In Ermangelung aller Labung giebt er dem Pferde die Liebes-Zelten / welche er von ihr auf die Reise empfangen / zu essen / so bald das Pferd solche in den Leib bekommen / steht es wiederum auf / und laufft zurücke nach Neapolis /für der Dirnen Thür und zwar so schnell / daß es niemand aufhalten konte. Der Teutsche gehet hernach so geschwinde als er konte / fragte wo das ledige Pferd hingelauffen / und wird dahin gewiesen / wo er denn sein Pferd gantz rasend an die Thür schlagend gefunden / welches als sie herunterkommen / auf sie springen wollen / dadurch sich denn eröffnet / daß ihme vermeynt gewesen / was dem Pferd beygebracht worden. Als er solches gesehen / hat er ein ander Pferd gemiethet / und GOtt gedancket / daß er ihn für solchem Unglück behütet / weil er nicht allein seine Reise unterlassen / und der Dirn nachgelauffen / sondern auch gewiß rasend worden / und von seinen Sinnen kommen wäre / allermassen dergleichen Liebes-Geträncke und Buhler-Speisen solche Wirckung zu haben pflegen.


Man soll sich für böser Gesellschafft hüten / und sonderlich für Weibs Personen in fremden Landen. Viel haben die Weiber verführet / und in zeitliche und ewige Seelen-Gefahr gestürtzet.

46. Das Stockholmische Gespenst
46. Das Stockholmische Gespenst.

In der Hauptstadt des Königes in Schweden Stockholm / hat sich begeben / daß ein Fleischhacker oder Metzger daselbst / sich in eine schöne Dienstmagd verliebet / welche aber so bedachtsam / daß [934] sie in seinen sündlichen Willen nicht willigen wollen / es sterbe dann sein Weib / und daß er sie ehliche / und zu Kirchen und Strassen führe. Weil aber die Alte nicht fahren wolte / massen nach dem Sprichwort / viel dazu gehöret / biß ein altes Weib stirbet / fället ihm die Nachwart zu lang / daß er auf Mittel bedacht / ihr der Marter abzuhelffen. Er lässet einen Sarg machen /weil damals die Pest regierte / und zerspaltet dem schlaffenden Mütterlein das Haupt mit seinem Schlachtbeil / mit welchem er die Rinder zu schlachten pflegte / legte sie in den Sarg / mit Vorgeben / sie wäre eiligst an der Pest gestorben. Nachdem sie nun zu der Erden bestattet / hat er ihm die Magd trauen lassen / und ist solcher Mord niemand als dem Thäter bewust gewesen. Es befande sich aber ein erschreckliches Gespenst in dem Hause / welches diesen Mann verunruhigte / und endlich aus dem Hause getrieben /weil er vor diesen Schrecken-Bild nicht schlaffen können. In einer andern Behausung / welche er gemiethet und diese öde stehen lassen / hat er zwar geruhet / je doch nicht ohne heimliche Gewissens-Plage / welche bey so vorsetzlichen Sünden selten lange aussen bleibet. Es fügte sich nachgehends / daß ein Reichs-Tag zu Stockholm ausgeschrieben wird / und eine Adeliche Wittibe in Beschäfftigung einer Rechts-Sache dahin verreiset / und wegen der Menge Volcks keine Herberge bekommen kan / als eben diese / wegen des Gespensts unbewohnte Behausung. Man sagte ihr die Ursache / warum das Hauß nicht bewohnet würde /sie scheuete sich aber nicht / so wohl Tages als Nachts darinnen zu verbleiben / mit festem Vertrauen / GOTT / welcher sich der Wäysen [935] Vatter und der Wittiben Trost nennet / werde sie beschützen und beschirmen. Zu Mitternacht kommet das Gespenst mit grossem Gepolter in die Stuben / die Wittibe betet zu GOTT / und wendet das Angesicht gegen die Wand /biß das Gespenst verschwunden / welches sie kaumlich rückwärts erblicket / und in eines Weibes Gestalt mit zerspaltenen Haupt gesehen. Weil ihr nun kein Leid wiederfahren / ermahnet sie sich folgende Nacht / als das Gespenst wiederum erschienen / und redet nach gethanem Gebet zu GOtt / das Gespenst mit diesen Worten an: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn. Das Gespenst in vorbesagter Gestalt / antwortet: Ich bin ein guter Geist / und lobe auch GOTT den HErrn. Hierdurch wird die Wittibe behertzt / und erkühnet sich zu fragen / warum denn dieser Geist sich in der wüsten Behausung aufhalte? Nach kurtzer Erzehlung vorermeldter Mord-That / hat dieser Geist zu verstehen gegeben / es könnte der Leib nicht ruhen /biß ihr Mann von der Obrigkeit zu verdienter Straffe gezogen würde. Dieses alles ist noch wol glaublich /was aber folget / lautet hart / und wenn es nicht von hohen Personen wäre bekräfftiget worden / möchte jemand Ursach haben / an solchem Verlauff zu zweiffeln. Hierauf soll diese Wittibe ihren Wappenring von dem Finger gezogen / selbigen zwischen die zwey Theile des Haupts eingeworffen / und solche als der zerspaltene Schedel mit ihrem Haartuch wieder zusammen gebunden haben. Darauf denn das Gespenst verschwunden: So bald der Tag angebrochen / hat vielbesagte Wittibe diese Begebenheit der Obrigkeit angesaget / und weil man ihr nicht Glauben zustellen wollen / ist das Grab eröffnet / [936] das Haartuch darinnen der Name genähet / sammt dem Ringe wieder gefunden / und der Mörder / welcher ihm nicht einbilden können / wer ihn doch verrathen habe / zu gebührlicher Straffe gezogen worden.


Es ist nichts so klein gesponnen / es kommet endlich an die Sonnen.

47. Wie Philippus sein unrecht gesprochenes Urtheil rechtmäßig exequiret
47. Wie Philippus sein unrecht gesprochenes Urtheil rechtmäßig exequiret.

Da König Philippus in Macedonien für Gericht eine Sache etwas schläfferig angehöret hatte / und dieselbe nicht recht eingenommen / und das Urtheil einem derMachetes hieß / zuwider sprach / welcher doch eine gerechte Sache hatte / da hebet Machetes großmüthig an / und sprach: Ich appellire, das Urtheil gefället mir nicht / und stimmet mit dem Gesetzen nicht zu / da sprach der König / wohin appelirest du dann? da sprach der Machetes, zu dir / O König Philippe, weil du die Sache besser in acht hast genommen. Dessen entfärbet und schämet sich der König Philippus, jedoch wolte er das versprochene Urtheil nicht wiederruffen / oder unrichtig erkennen / welches dem König wolte schimpfflich gewesen seyn / auch wolte er wieder Gerechtigkeit nicht handeln. Damit er aber der Sache eine Farbe machte / erlegte er selber das Geld /das er Macheti aufzulegen abgesprochen hatte / und kam der König ohne Schimpff und Machetes ohne Schaden davon.


Die Obrigkeit soll nicht ehe ein Urtheil fällen / ehe sie die Sache recht erkannt. Es ist besser schimpfflich leiden / denn unrecht leiden.

48. Der Gelehrten Ehren-Seulen
48. Der Gelehrten Ehren-Seulen.

Favorinus ein Philosophus zu Athen / hat mit seiner Tugend eine Ehren-Seule erlanget / die ihm die Athenienser haben gesetzt / und da ihm Käyser Adrianus [937] abgünstig geworden / hat man dieselbige umgeworffen / der grosse Orator und Redner Isocrates hat durch seine Eloquenz und zierliche Rede erlanget bey den Atheniensern / daß sie ihm haben eine Statuam und Ehren-Seule gesetzet / Georgius Leontius hat ihm zum ersten im Delphinischen Tempel eine güldene Ehren-Seule selber setzen und aufrichten lassen; König-Mithridates hat dem Platoni wegen seiner Geschicklichkeit und vielfältigen Tugenden zu Ehren eine Statuam, die kunstreich vom Solone ward zugerichtet / und ausgearbeitet / setzen lassen / mit solcher Uberschrifft: Mithridates Rhodoatæ Sohn hat das Bild Platonis des Musis zu Ehren setzen und aufrichten lassen. Ptolomæus Philopator, ein König in Egypten / hat dem Poeten Homero, der aller Poeten Oberster in allen gehalten wird / einen Tempel aufbauen / und in demselben eine stattliche Ehren-Seule setzen und dediciren lassen. Den AtheniensischenPhilosophum Epicurum haben seine Lands-Leute so hoch geehret / und seiner Ehre halben in solcher Verwunderung gehabt / daß sie ihm eine grosse gegossene Ehren-Seule von Ertz haben setzen und aufrichten lassen. Berosus, dieweil er etliche zukünfftige Dinge den Atheniensern geweissaget hatte / die seiner Aussage nach eingetroffen und erfolget / haben sie ihm eine Ehren-Seule aufrichten lassen / daran sie die Zunge am Bilde haben vergülden lassen. Die beyden Käyser Arcadius und Honorius haben dem Alexandrinischen Poeten Claudiano auf dem Marckte eine Ehren-Seule setzen lassen / wiewol ich erachte / wenn Homerus und Virgilius aller Poeten Fürsten / der eine in Griechischer / der ander in Lateinischer Sprache jetzo lebeten / und viel [938] Gutes schrieben und thäten /sie würden nun keine Ehrenbilder / Statuas oder auch sonst grosse Ehre und Beförderung erlangen. Man ist den Musis zu diesen Zeiten leiter! nicht mehr also gewogen und zugethan. Da der Orator Demosthenes war gestorben / haben ihm die Athenienser eine Ehren-Seule setzen lassen / mit dieser Uberschrifft: Möchte Demosthenes so grosse Macht als Gaben seines Verstandes gehabt haben / es würde der Macedonier nimmer über diese Stadt geherrschet haben. Oppianus ein Poet / der ein Buch von den Fischen hat geschrieben / ist in Cicilia im Städtlein Anazarbo gebohren / seine Bürger haben ihm eine Ehren-Seule aufrichten und setzen lassen / mit dieser Uberschrifft: Ich bin der liebliche Redner Oppianus, den der neidische und abgünstige Tod jung weggeraffet hat /möchte ich des Lichtes dieser Welt länger genossen haben / mir solte an Ehren keiner gleich geworden seyn / unter allen Menschen. Käyser Antonius hat einem Philosopho, Junio Rustico genannt / eine Ehren-Seule aufrichten lassen. Die Mantuaner haben dem Poeten Virgilio, lange Zeit nach seinem Tode /als er zu Mantua gebohren / eine Ehren-Seule consecriren wollen / damit die Nachkommen solches hohen gelahrten Mannes Gedächtniß stets für Augen haben möchten / und haben dieselbige am vornehmsten Ort der Stadt setzen lassen / wie Pontanus solches bezeuget; Verrio Flacco einen Germanico, der ein Præceptor und Zuchtmeister der Kindes-Kinder Augistini gewesen / ist im Städtlein Præneste eine Statua aufgerichtet worden.


Die Alten haben viel auf gelehrte Leute gehalten / die Ehre folgen der Tugend / als der Schatten dem Cörper /wenn sie nicht durch den Neid verhindert wird. Wilt du gelehrt seyn / so befleissige dich der Tugend.

49. Die gelehrten Blinden
[939] 49. Die gelehrten Blinden.

Homerus, der allerälteste und edelste unter den Griechischen Poeten ist seines Gesichts beraubet worden /und hat seine meisten Poëmata geschrieben / nachdem er blind geworden. Cl. Appius, der edle Römer /konnte nichts mit seinen Augen sehen / und dennoch rühmet ihn Cicero, als einen grossen und mächtigen Mann im Römischen Regiment / der mit seiner Beredsamkeit und politischen Klugheit / dem gemeinen Wesen grossen Nutzen geschaffet. Ein ander mit Nahmen Drusius, hat nicht allein das Bürgerliche Recht /in seiner Blindheit erkläret / sondern auch öffentliche Schrifften ausgefertiget / wie denn sein Hauß nie ledig gewesen von denen / die ihn um Rath gefraget. Ausidius ein Römischer Rathsherr / ob er gleich blind gewesen / so hat er dennoch der Griechen Geschichte beschrieben. Valerius Paulus ein Raths-Herr undPontius Lupus ein Ritter zu Rom / sind beyde blind /und dabey gute Advocaten gewesen / welchen das Römische Volck in grosser Menge zugehöret / wenn sie eine Sache bedienet / und sich über ihren Verstand belustiget. Didymus ein Christ im vierdten Seculo, verlohr gar jung sein Gesichte / da er die Buchstaben in der Schule noch nicht fertig gelernet hatte / aber dessen ungeacht / blieb er fest bey dem Studieren /und was die andern mit dem Gesicht erlangten / das erreichte er mit den Ohren / und lernet Poëticam, Rhetoricam, Arithmeticam, Geometriam, Astronomiam und Aristotelis Dialecticam, kam endlich so weit / daß er ein vornehmer Kirchen-Lehrer ward / und schrieb unterschiedliche Bücher / als einen Commentarium über den gantzen Psalter / über den Evangelisten [940] Matthæum und Johannem, zwey Bücher wider die Arrianer / ein Buch vom H. Geiste. Diesen Didymum tröstete Philippus Antonius also: Laß dich o Didyme nichts anfechten / daß du deiner leiblichen Augen beraubet bist / sondern freue dich / daß du Englische Augen hast / damit man GOtt sehen kan /durch welchen das Licht der Erkäntniß angezündet wird. Pygmenius Presbyrer zu Rom soll sich gefreuet haben / daß er weil er blind / die Feinde der Christlichen Kirchen nicht anschauen könte. Als ihm einsmals der abgöttische Käyser Julius begegnet / und ihn also angeredet: Ich sage GOtt Danck / daß ich dich sehe mein Pygmeni: Darauf hat Pygmenus geantwortet: Und ich sage GOtt auch Danck / daß ich dich ô Juliane nicht sehen kan. Anderer Exempel anjetzo zu geschweigen.


Was GOtt in einem nimmt / das ersetzt er wieder in dem andern. Ein scharffer Verstand ist besser denn das natürliche Gesicht.

50. Die Entheilung des Sonntags
50. Die Entheilung des Sonntags.

Im Jahr nach unsers Erlösers Geburt 1382, den 13. Jan. ist zu Londen in Engelland an einem Sonntag /als das Volck in grosser Andacht der Bären Hetze zugesehen / das Gerüst eingebrochen / daß acht Personen um das Leben kommen / und unzehlich verletzer und gequetschet worden. Dergleichen hat sich 1438. auf der Fechtschul an einem Sonntag zu Nürnberg begeben / daß ihrer viel erdrückt und beschädigt worden. 1599. zu Kindstatt in Francken / hat eine Spinnerin den Sonntag über gesponnen / und auch ihre Magd darzu gezwungen. Einsten dauchte sie mit einander /es gienge Feuer aus ihrem Spinnrocken / thät ihn aber kein Leid. Den folgenden Sonntag kam das Feur warhafftig in den Rocken / wurde aber bald wieder gelescht / weil [941] sie nun dessen nicht geachtet / gienge den 3. Sonntag das gantze Hauß vom Flachs an / und verbrannte sie mit ihren kleinen Kindern / aber durch sonderbahre Gnade GOttes / wurde ein kleines Kind in der Wiege erhalten/ daß ihme kein Leid geschahe. Starfort in Engelland ist zweymal in einem Jahre / und allezeit auf einen Sonntag abgebrannt / weil man daselbst den Sonntag pflegt zu entheiligen / und das Wort GOttes zu verachten. Zu Revorten in einer andern Stadt / in der Graffschafft Devons gelegen /haben sie jährlich ihren Jahrmarckt an den Sonntag angefangen / mit grosser Eintheilung desselben / welches ihnen ein getreuer Kirchen-Diener verwiesen /und GOttes Straffe angedräuet. Nicht lange nach desselben Tode 1598. den 3. April schickte GOtt ein Feuer dahin / welches 400. Wohnungen fast in einer halben Stunde hinweg genommen / daß nichts stehen blieben / als das Rath-Hauß / Kirchen / das Spital und etliche kleine Häußlein. In dieser Brunst sind etliche 40. Personen jämmerlich geblieben / und viel so löschen wollen / beschädiget worden. Vierzehen Jahr hernach 1612. den 9. Aug. ist eben diese Stadt nochmals abgebrannt / weil die Inwohner mit ihren Schaden nicht klug werden wollen / und die Heiligung des Sonntags ferner verleistet.


Einen Bauersmann der in die Mühl zu gehen und den Sonntag zu mahlen pflegte / ist sein Geträide zu Aschen worden. Einem andern / der Korn am Sonntag in die Mühle trug / ist seine Scheun mit Korn dieselbe Nacht abgebrannt. Einem Bauern / der am Sonntag pflügen wollen / und ein Eisen / das Pflugschaar rein zu machen ergriffen / ist solches Eisen an seiner Hand angewachsen / daß er es mit grossen Schmertzen 2. Jahr also tragen müssen / da er nach vieler brünstigen Gebet / von dieser Plage wieder erlediget worden. Gedenck des Sabbaths / daß du ihn heiligest / entheiligest du ihn aber / so wirst du nicht ungestrafft bleiben.

51. Vom Adam dem ersten Menschen
[942] 51. Vom Adam dem ersten Menschen.

Unerachtet was etliche Neulinge / mehr nachfolgende den Lügen der Egyptier und anderer Heyden / als dem klaren Wort GOttes / von Præadamiten fabuliret haben: Findet sich klärlich genug in H. Schrifft / daß Adam der erste / und vor ihm kein Mensch wesen sey: Diesem hat GOtt der HErr zum Weibe zugesellet die Evam / und dieselbe mit ihm ins Paradieß gesetzet /aus welchem sie aber bald wegen ihres Ungehorsams gegen GOtt verstossen seyn. Nach diesem hat Adam den Ackerbau angefangen / und sich auf dem Damascenischen Felde / wie Epiphanius will / aufenthalten. Drey seiner Kinder benennet die H. Schrifft / nemlich: Cain / Abel und Seth. Philo der Jude aber nennet über diese noch 12. Söhne / und 9. Töchter Adams. Es wird dafür gehalten / daß Adam entweder zu Hebron /oder am Berge Calvariæ (oder an der Schädelstätte /da der HErr Christus gecreutziget ist) begraben: Oder aber an der Schädelstätte / und nach Hebron versetzet sey / wie Micrælius lib. I. Act. I. quæst. 13. meldet.


Das ist nichts ungewissers / als was von den Geschichten vor der Sündfluth ausser der Heil. Schrifft vorgegeben wird: Und hat GOtt der HErr seine heilige Ursachen gehabt / warum er nicht alles / was nicht eben zu unserer Seligkeit nöthig / hat aufzeichnen lassen.

52. Wahre Gelegenheit des Paradieses
52. Wahre Gelegenheit des Paradieses.

Die wahre Gelegenheit des Paradieses kan nicht besser erkannt werden / als aus der von Mose fürgestelten Beschreibung des Landes Eden / und der vier[943] Flüsse / welche den Garten bewässert haben. Und weil Gen. 2. v. 8. gemeldet wird / daß dieser Garten in Eden gegen der Sonnen Aufgang sey gepflantzet gewesen / so kan kaum ein ander Land verstanden werden / als Babylonia / welches Mosi gegen Orient gewesen und die beygefügte Beschaffenheit an sich hat. Dieses Land setzen die Geographi und Historici drey Theil: Auranitis, Chaldæa und Merodacia. Deren das erste Auranitis so fruchtbar ist / daß es alle Jahr zweymahl muß geschnitten / und letzlich durch das Vieh abgeweidet werden / auch das folgende Jahr eine von den auf dem Lande überbliebenen Körnlein übrige Erndte herfürbringt / wie Plinius im 7. Cap. des 8. Buch im 50. Cap. bezeuget. Es werden auch in diesem Lande gefunden die vier von Mose beschriebenen Flüsse: Dann der Phrat oder Euphrates entspringende aus dem Berge Niphante in Armenia / und fliessende durch die Stadt Babylon / wird in diesem Lande mit dem Flusse Hidekel oder Tigris vermischet; Pison aber und Gihon sind zwey Bäche und Armen des Euphratis / welche vom Ptolomæo Basilius und Maazares genennet werden. Und diese Gelegenheit des Landes Eden ist auch abzunehmen aus dem Propheten Ezechiel am 27. Cap. v. 23.

53. Von Cain - und dessen Tod
53. Von Cain / und dessen Tod.

Was massen Cain / der erstgebohrne Sohn Adams /seinen Bruder Abel erwürget / und also der Kirche des Satans den Grund geleget habe / lesen wir Gen. 4. Comestor nennet dieses Cains Weib Calmanam, eine Tochter Adams. Wiewohl ihn nun GOtt selbst gezeichnet hatte / so ist er doch allezeit [944] furchtsam gewesen / und hatte zu seiner Sicherheit eine Stadt gebauet / und selbe nach seinem Sohne Hanochiam genennet.Berolus sagt / daß sie am Berge Libano; andere / daß sie in Babylonia oder in dem äussersten Lande Indiæ Campaja sey gelegen gewesen. Philo sagt / daß er sieben Städte erbauet habe: Und Augustinus gedencket einer Cainon, von Cain selbst also genannt. Zonaras und Cedrenus melden / daß er durch die Straffe nichts desto besser worden sey / sondern sich den Wollüsten ergeben / sein Hauß mit Raub und Mord erfüllet / und die Seinigen zu allerley Boßheit verführet habe / biß daß er endlich durch Einfallen seines Hauses erdrucket sey. Im Fasciculo temporum aber wird erzehlet / daß Lamech / einer von den Nachkömmlingen Cains / als seine Augen dunckel / und er von einem Knaben zu jagen geführet worden / seinen Groß-Vatter Cain unversehens erschossen habe: Dann der Knabe habe ihn im Busche ersehen / vor ein Wild gehalten / und dem Lamech gezeiget: Als aber Lamech den Fehler erkannt / habe er den Knaben mit allzuvielen Schlägen gleichfalls getödtet / und daher die Rede zu seinen Weibern geführet / welche beschrieben wird Gen. 4. v. 23. und 24.

54. Was sich mehr denckwürdiges vor der Sünd-Fluth begeben habe
54. Was sich mehr denckwürdiges vor der Sünd-Fluth begeben habe?

Neben dem / was die Schrifft von Versetzung des Enochs in den Himmel / und vom Geschlecht der ersten Menschen / biß auf Noah meldet / erzehlet der Jüdische Geschicht-Schreiber Josephus im 1. Buch seiner Antiquitäten von den Nachkömmlingen des Seths / daß / nach dem sie den zweyfachen Untergang[945] aller Dinge von Adam erlernet / deren einer durch Wasser / der andere aber durch Feuer geschehen solte / sie zwo grosse Seulen / eine aus Stein / die andere aus Ziegeln zugerichtet / und ihre Erfindung in dieselbe geschrieben oder eingegraben haben / damit / wann etwan die Ziegel-Seule durch die Sündfluth vergienge / die steinerne dennoch möchte überbleiben / den Nachkömmlingen Anlaß zu lernen geben / und ihnen /was darinn geschrieben war / zu schauen und zu lesen fürstellen. Massen denn auch Josephus im angezogenen Ort meldet / daß die steinerne Seule noch zu seiner Zeit in Syria sey vorhanden gewesen.


Hieraus sehen wir / daß die Buchstaben und Kunst zu schreiben / (wann anders dem Josepho zu glauben stehet /) schon vor der Sündfluth den Alten bekannt gewesen.

55. Wer der erste Monarche auf Erden gewesen sey
55. Wer der erste Monarche auf Erden gewesen sey?

Von dieser Frage sind verschiedene Meynungen bey den Historicis. Ludovicus Vives über das 6. Capitel des 4. Buchs Augustini von der Stadt GOttes schreibt: Daß Anfangs eine jede Familie oder Geschlecht ihre eigene Könige gehabt habe / entweder solche / welche die ältesten oder sonst mit Rath /Weißheit und Billichkeit die Fürtreflichste gewesen: Ein wenig hernach habe ein König angefangen über viel Familien zugleich zu regieren: Daher nicht unbillich Diod. Siculus, im 9. Cap. seines 1. Buchs / es für schwer hält / einen gewissen Bericht zu geben von den allerersten Königen; etliche halten in solcher Betrachtung den Adam selbst für den ersten Monarchen: Andere aber den Cain / wie dann August. im 20. Cap. seines 15. Buchs von der Stadt GOttes schreibt / daß[946] Cain in der von ihm erbaueten Stadt der erste König habe seyn können. Nachdem sich aber das menschliche Geschlecht je mehr und mehr vermehret / die Ehrsucht zugenommen / und sonderlich nach der Sündfluth die Chaldäer und Assyrer andere benachbarte Völcker mit Gewalt unterdruckt / und also die gröste und weitläufftigste Herrschafft zu sich gerissen haben / so ist allhier eigentlich die Frage: Wer dann solches vornehmsten Reichs erster Stiffter gewesen sey. Justinus und andere halten den Ninum für den ersten Monarchen: Andere aber Belum; Andere den Nebucadnezar / welcher Dan. 2. v. 28. das güldene Haupt genennet wird / wegen der höchsten Staffel der Fürtrefflichkeit und Macht / zu welcher das Assyrische Reich zu seiner Zeit gestiegen ist. Wir aber halten es billicher mit denjenigen / welche nach klarem Zeugniß H. Schrifft den Nimrod für den ersten Monarchen halten.

56. Vom Königreich der Sycionier
56. Vom Königreich der Sycionier.

Dieses ist eines der allerältesten Reiche / sintemal es mit dem Assyrischen angefangen / und bey nahe tausend Jahr gewähret hat. Die Landschafft Sycionien ist zwar klein / ihre Könige aber haben weit und breit über gantz Achajam geherrschet. Sycion ist die Hauptstadt dieses Reichs / gelegen in der Halb-InselPeloponneso in Griechenland nicht weit von Corinthen: Hat den Nahmen von ihrem 19. Könige Sycione, und ein Vatterland gewesen des berühmten Helden Arati, dessen Leben Plutarchus beschreibt. Wegen des langen Alters wird von diesem Reich wenig verzeichnet bey den Autoren gefunden: Dessen[947] Ursach auch seyn mag / weil die Sicyonier / wie Pausanias in Corinthiacis schreibt / nicht einmahl ihrer Vätter Nahmen bey derer Begräbnisse / bey der Könige Gräber aber kaum den blossen Nahmen ohne einige andere Grabschrifft verzeichnet haben. Ihr erster König ist gewesen / Ægialius, von welchem das Land Achaja oder (wie Eusebius in Chronico will) das gantze Land Peloponnesus vor Zeiten ist Ægialea genennet worden: Gleichwie es von dem dritten Telchino, und dessen Sohne Api (welcher sehr reich und mächtig gewesen) ist Telchinia und Apia genannt worden. Zu Zeiten Europs des 2. Königs ist Abraham gebohren.

57. Vom Götzen Harpocrate
57. Vom Götzen Harpocrate.

Augustinus in seinem 18. Buch von der Stadt GOttes am 5. C. meldet aus Varrone, daß Osiris (welchen erApis nennet) von den Egyptiern als der höchste GOtt sey verehret worden / dergestalt / daß niemand bey Lebensstraffe habe sagen dürffen / daß er ein Mensch gewesen wäre. Zu solchem End ist auch in allen Tempeln / da die Isis und Osiris verehret wurden / ein Bild aufgerichtet gewesen / welches den Finger auf die Lippen legte / damit anzuzeigen / daß man verschweigen solte / daß sie wären Menschen gewesen /und dieser Götze ward Harpocrates genannt. Plutarchus aber in seinem Büchlein von der Iside und Osiride dichtet / daß dieser Harpocrates von ihnen gebohren sey / als Osiris nach seinem Tode bey derIside gelegen habe: Weil aber das Kind todt auf die Welt kommen sey / daher zeige sein Bild mit dem auf den Mund gedrucktem Finger an / daß es noch nicht geredet habe. [948] Plinius und Catulus gedencken dieses Götzens auch offt / und gebrauchen dessen Nahmen von einen stillschweigenden oder stummen Menschen / welches daher zum Sprichwort worden ist.

58. Ursprung der Amazonum
58. Ursprung der Amazonum.

Justinus im 2. Buch schreibet / daß unter den Scythern von Alters zwey Königliche Jünglinge gewesen / Nahmens Ilinos und Scolopitus, welche / nachdem sie aus ihrem Vatterlande vertrieben waren / sich in Cappadociam begeben / und die benachbarte Völcker offt beraubet haben / endlich aber von denselben durch Hinterlist erschlagen seyn. Derselben Weiber /als sie sahen / daß zu ihrem Elende auch die Beraubung ihrer Männer hinzu kam / ergriffen die Waffen /und verthädigten ihre Gräntzen nicht allein / sondern bekriegten auch andere: Sie nahmen sich auch für /nimmermehr zu freyen / und damit keine unter ihnen von den andern glücklicher scheinete / tödteten sie auch die zu Hauß überbliebene Männer / und verfolgten zugleich die Völcker / welche ihre vorige Männer erschlagen hatten. Welcher Gestalt sie aber ihr Geschlecht und Reich erhalten / und ausgebreitet haben /ist hier oben in der Historia der 2. Centuriæ gesagt.

59. Ungleiche Natur Menæ und Gnepachti, beyder Könige in Egypten
59. Ungleiche Natur Menæ und Gnepachti, beyder Könige in Egypten.

Es schreibt Diod. Sicul. l. 1. cap. 45. daß nach Horo, welchen die Egypter für den letzten GOtt gehalten haben / welcher bey ihnen regieret / der erste König in Egypten gewesen sey Menas, welcher dem Volck die Weise des Gottesdiensts gezeiget / [949] auch gelehret hat /die Tische und Bette herrlich zuzurichten / und ein Meister gewesen ist alles Prachts und aller Wollüste. Es hat aber lange Zeit nach diesem ein König regieret / Nahmens Gnepachtus: welcher als er ein Herr in Arabiam führte / wegen der Beschwerlichkeit und Wüstigkeit der Oerter / Noth und Mangel an Proviant litte / und derwegen bey etlichen schlechten Bauren /zu welchen er ungefehr war kommen / mit sehr geringer Speise einen Tag lang vorlieb nehmen muste. Als ihm nun solche Speise / weil er Hunger hatte / über alle massen wol schmeckte / hat er die Unmäßigkeit verdammt / und demjenigen Könige übel geflucht /welche die prächtige und üppige Mahlzeiten am ersten eingeführet hatte. Und ist ihm diese Veränderung der Speise und des Trancks / wie auch des Bettes so sehr zu Hertzen gangen / daß er die Verfluchung mit güldenen Buchstaben im Tempel Jovis zu Thebæ hat anschreiben lassen / welches dann sonderlich eine Ursache gewesen ist / daß der Ruhm des Menæ bey den Nachkömmlingen verloschen ist.


O das Fürsten und Herren diesen Königlichen Exempel nachfolgeten! so würden viel Laster aus ihren Höfen vertrieben werden.

60. Geburt und Auferziehung Sesostris
60. Geburt und Auferziehung Sesostris.

Sesostris ist gewesen ein König in Egypten / welchen etliche halten für den Sisak, welcher die Schätze des Tempels zu Jerusalem hinweg geführet hat / 1. Reg. 14. andere aber für den Vexorem, von welchem in der 45. Historie gesagt ist. Diodorus sagt / daß er alle seine Vorfahren mit seinen Thaten übertroffen habe. An demselben Tage / da er ist gebohren worden / hat[950] sein Vatter alle Knäblein im gantzen Reiche / welche eben an demselben Tage gebohren waren / versammlen / und auf gleiche Weise auferziehen lassen / damit sie nachmals des Sesostris getreue Gesellen würden. Diesen verschaffte er alle Dinge überflüßig und übte sie mit stetiger Arbeit / dergestalt / daß keiner essen durffte / biß er 180. Stadia gelauffen hatte: Auf diese Weise wurden geschickte und tapffere Männer aus ihnen. Vors erste aber ward Sesostris von seinem Vatter samt diesen seinen Gesellen mit einem Heer inArabiam geschickt / allwo er sich mit Jagen geübet /den Mangel des Wassers und Speise männlich überwunden / und die gantze Landschafft der Barbaren bezwungen hat. Nach diesem hat er ein groß TheilLybiæ noch gar jung unter das Reich gebracht. Als nun der Vatter starb / folgte er ihm nach / und / aus Zuversicht der vorigen Thaten behertzt gemacht /nahm er sich für / der gantzen Ertzboden sich zu unterwerffen: Welches / wie etliche meynen / ihm seine Tochter Athyrte, welche sehr klug und des Weissagens erfahren war / gerathen / und ihn darzu angereitzet hat.


Sich mit treuen Gesellen zu versehen / ist weißlich gethan / denn ein aufrechter Freund und Gehülff ist Goldes werth.

61. Von Trebeta, welcher die Stadt Trier erbauet hat
61. Von Trebeta, welcher die Stadt Trier erbauet hat.

Trebeta ist gewesen ein Sohn Nini, aus desselben erster Haußfrauen: Denselben hat seine Stieff-Mutter Semiramis nach des Vatters Tode aus seinem vätterlichen Reiche vertrieben / und melden die Historien /daß er endlich nach vielem Umschweiffen an den Rhein / und durch denselben an die Mosel kommen[951] sey / bey derselben auch einen lustigen Wald gefunden / und demnach an dem Orte eine Stadt zu bauen angefangen habe / welche er nach seinem NahmenTreberim oder Treverim genennet. Wie dann Münsterus im 2. Buch seiner Welt-Beschreibung meldet /daß die Trierer vorgeben / solches sey im Jahr 1200. in einem alten Steine eingegraben gefunden worden /dessen Schrifft und Verse auch daselbst von ihme angezogen worden. Er thut hinzu / daß solche Erbauung zu Abrahams Zeiten / und also fast 2000. Jahr vor des HErrn Christi Geburt geschehen sey / darzu er anziehet Æneam Sylvium, welcher nach andern Historicis schreibt / daß diese Stadt 300. Jahr älter sey als Rom. Und wiewol Münsterus fürgiebt / es sey zu Trier noch heutiges Tages ein Pallast oder Gebäu vorhanden von wunderlicher Arbeit / welches aus gebackenen Ziegelsteinen / wie vor Zeiten die Babylonische Mauer / zu gerichtet / und so fest sey / daß es auf keinerley Weise könne zerbrochen werden; so ist doch Aventinus einer andern Meynung / und hält diesen Trebetam nicht für einen Babylonier / sondern für einen Sohn Manni, des zweyten Königs der Teutschen / und Enckel Thuisconis, welcher der erste in Teutschland regieret hat. Berosus im 5. Buch schreibet / daß Trebeta im 6. Jahr regieret: Semiramis bey den Sarmatern am Rhein geherrschet habe. Woraus dann zugleich erscheinet /daß die Teutschen ein sehr altes Volck sind.


Kinder kommen selten unbetrogen von ihren Stieff-Müttern.

62. Triptolemus
62. Triptolemus.

[952] Von diesem wird gedichtet / daß ihm die Ceres Früchte gegeben habe / mit welchen er auf einem Wagen mit einem einigem Rade / welcher von geflügelten Schlangen durch die Lufft geführet ward /durch die Welt gezogen / und allerwegen Saamen ausgestreuet habe. Als aber Lyncus der Scyther König ihn hinterlistiger Weise hätte tödten wollen / sey derselbe von der Circe in einen Luchs verwandelt worden. Welche die wahre Geschichte dieser Fabel vermeynen auszusprechen / geben für / daß Triptolemus sey gewesen ein Sohn Eleusii, des Königs in Eleusinia, welcher zu einer Zeit der Theurung das Volck mit seinen Früchten ernähret hat. Als aber Triptolemus eben dasselbe zu gleicher Zeit nicht leisten konte /habe er sich aus Furcht eines Aufruhrs aus dem Lande begeben / sey mit seinem langen Schiffe / welches eine Schlange zum Zeichen hatte / eine Zeitlang herum gereiset / und endlich mit einer grossen Menge Getreydes wieder kommen / habe Celeum, (andere sagen Lyncum) welcher in seinem Abwesen das Reich eingenommen hatte / vertrieben / das Korn ausgetheilet / und das Volck Ackern und Säen gelehret / daher er sey ein Nachfolger Cereris genannt worden.


An diesem Exempel solten sich Fürsten und Herren billich spiegeln / welche / ehe sie ihrer armen Unterthanen Noth im geringsten sich solten lassen zu Hertzen gehen / dieselbe vielmehr biß auf Marck und Bein aussaugen.

63. Der keusche und tapffere Bellerophon
63. Der keusche und tapffere Bellerophon.

Bellerophon, ein Sohn Glauci, und Enckel Sisiphi, hat anfänglich regiert zu Ephyra, welcher hernachCorinthus genannt: Ist aber seines Reichs [953] durch Prætum der Argiver König beraubet worden welchem er auch gedienet hat. Als er aber der unzüchtigen Zumuthung Sthenobœæ oder Anthiæ des Weibes Præti nicht wolte gehorchen / hat ihn dieselbe bey Præto der gesuchten Unkeuschheit fälschlich beschuldiget /welcher ihn deßwegen zu Ariobato dem Könige inLycia seinem Schwäher sandte / und denselben durch ein Schreiben vermahnete / Bellerophontem zu tödten: Darauf hat ihn derselbe zu der Chimæra geschickt / welche doch erleget hat / wie droben ist erzehlet worden. Nach diesem ist er zu den Solymis, darnach auch zu den Amazonen abgefertiget / letztlich auch von einem Hauffen der streitbarsten Lycischen Jünglinge / von Ariobato darzu bestellet / hinterlistiger Weise angefallen worden / hat aber allenthalben seine Feinde erlegt und ihnen obgesieget: Da verwunderte sich Ariobatus über die Fürtrefflichkeit des Jünglings / gab ihm seine Tochter Philonomen zum Weibe / und verließ ihm nach seinem Tode zum Nachfolger im Reich. Apollodorus dichtet: Als Bellerophon nach erlegter Chimæra mit dem Pferde Pegaso habe in den Himmel fliegen wollen / habe ihm Jupiter einen Schwindel zugeschickt / dadurch er vom Pferde gestürtzet / das Pferd aber unter die Gestirne gesetzet sey. Palæphatus erkläret diese Fabel / sagende: Bellerophon sey ein Phrygier gewesen aus einem Corinthischen Geschlechte / welcher als ein See-Räuber mit einem langen Schiffe / Pelagus genannt / an dem engen Meer zwischen Asia und Europa Beute gemacht habe. Und sey ein Berg in Phrygia / NahmensThelmissus, bey welchem ein anderer liege / Chimæra genannt / nahe bey einem Walde / aus welchem Feuer[954] herfürkommen seye: Auf dem Berge Chimæra seyn viel schädliche Thiere gewesen / Löwen / Drachen /und dergleichen / diesen Berge Bellerophon gantz angezündet / da seyn die Thiere umkommen.


Von Bellerophon ist gekommen das Sprichwort:Bellerophontis literæ, wird verstanden von solchen Brieffen / welche erdichtet und ihren Trägern zuwider sind /welche man auch pflegt zu nennen Urias Brieffe.

64. Gottlosigkeit Tantali
64. Gottlosigkeit Tantali.

Tantalus ist gewesen ein König in Phrygia / welcher nicht allein dem Trojanischen Könige / Tros seinen Sohn Ganymedem geraubet / und dadurch einen hefftigen Krieg wider sich erreget hat / in welchem er sammt seinem Sohn Pelope aus dem Reich verjagt ist / sondern auch so gottloß gewesen ist / daß die Poeten dichten / daß er einmahls die Götter beherberget / da habe er / ihre Gottheit zu erforschen / seinen eigenen Sohn Pelopen in Stücke zerschnitten / gekocht und ihnen fürgesetzt / dessen sich doch die Götter enthalten haben / die eigene Cererem ausgenommen / welche die Schulter verzehret / an deren statt ihme dennoch Jupiter, nachdem er ihn wieder lebendig gemacht / eine helffenbeinerne wieder gegeben habe. Weil er auch die Heimlichkeit der Götter offenbahret hatte / sey er zur Höllen gestossen und mit solcher Straffe beleget worden / daß er biß an den Mund im Wasser stehende und über seinen Kopff die schönste Aepffel hangend sehend / dannoch allezeit Durst und Hunger habe leiden müssen / dann so offt er sich nach dem Wasser bücken / oder nach den Aepffeln habe greiffen wollen / seyn dieselbe dermassen von ihm weggewichen / daß er sie nicht habe anrühren oder erreichen können.

65. Woher der Wein und die Trauben ihren Nahmen bekommen haben
[955] 65. Woher der Wein und die Trauben ihren Nahmen bekommen haben?

Valerius Probus erzehlet / daß Staphylus einÆtolischer Hirt / als er des Königs Oenei Ziegen auf die Weide führete / in acht genommen habe / daß eine unter denselben vornemlich von der Heerde abgieng /und nicht allein später / sondern auch frölicher dann die übrigen wieder zu ihrer Krippen kam. Damit er nun die Ursach dieses Dinges erfahren möchte / habe er derselben heimlich nachgefolget / und gesehen /daß sie an einem abgelegenen Stamme eine Traube gegessen / und weil ihm solche Frucht unbekannt war / hat er eine derselben abgebrochen / und dem Könige Oeneo gebracht / welchen der ausgedruckte Safft sehr erlustiget hat / und wie er befand / daß solcher durch Alter gelinder war / hat er ihn dem Vatter Libero oder Baccho, den er beherbergte / fürgesetzt. Dieser aber hat Oeneum den Bau und Verpflegung des Weinstocks gelehret und / damit das Lob der Erfinder stetswährend wäre / verordnet / daß der Wein von Oeneo οἶνος; die Trauben aber vom Hirten Staphylo σταφυλὴ genannt würden.

66. Listiger Strassen-Räuber Cacus wird vom Hercule erschlagen
66. Listiger Strassen-Räuber Cacus wird vomHercule erschlagen.

Cacus ist gewesen ein grausamer Strassenräuber und Mörder in Italia, den etliche auch für einen boßhafftigen Knecht des Italiänischen Königs Evandri halten /und ihme deshalben drey Köpffe andichten / wie auch daß er ein Sohn Vulcani gewesen sey / und Feuer aus seinem Munde gespeyet habe / weil er die Aecker und Meyerhöfe weit und breit in Brand steckte. [956] Virgilius nennet ihn einen halben Menschen / und meldet neben dem Ovidio, daß er die Menschen geraubet / und ihre Köpffe an die Thür seiner Hölen angehefftet habe. Er pflegte am Armentinischen Berge die Ochsen und das andere Vieh zu rauben / und hinterrücks bey den Schwäntzen in seine Höhle zu ziehen / damit wegen der umgekehrten Fußstapffen der Diebstahl verborgen bliebe. Als nun Hercules auch ungefehr mit seinen aus Hispania gebrachten Ochsen an denselben Ort kam / hat ihm dieser Cacus (den Diodorus Lacinium nennet) derselben etliche auf gleiche Weise heimlich entwendet. Und wiewol Hercules die Ochsen hefftig suchte / auch zu des Caci Höle kam / so ist er doch durch die umgekehrte Fußstapffen betrogen worden /und hätte den Diebstahl nicht erfahren / wann nicht einer unter den gestohlenen Ochsen in des Caci Höle ungefehr gebrüllet / und also seinen Räuber verrathen hätte. Worauf Hercules so bald in die Höle gelaufen /den Cacum erwürget / und also seine Ochsen wieder bekommen hat.


Niemand hat sich auf seine Listigkeit zu verlassen / er kan bald unversehens verrathen werden.

67. Wunderlicher Sieg der Scythen gegen ihre Knechte
67. Wunderlicher Sieg der Scythen gegen ihre Knechte.

Es schreibt Justinus l. 2. von den Scythen / daß sie bey ihrer dritten Asiatischen Expedition, nachdem sie acht Jahr lang von Hause gewesen waren / mit einem knechtischen Krieg zu Hause empfangen seyn. Sintemal ihre Weiber / die des langen Verzugs der Männer überdrüßig waren / nicht meyneten / daß sie noch mit Kriegen zu thun hätten / sondern gedachten / [957] sie wären erschlagen / und verheyratheten sich mit denen zur Verwahrung des Viehes hinterlassenen Knechten /welche die mit Sieg wiederkommende Herren / als Fremdlinge / gewaffnet von den Gräntzen abhielten. Als sie nun mancherley Sieg erhalten / wurden die Scyther ermahnet / die Art des Fechtens zu ändern /und zu bedencken / daß nicht mit Feinden sondern mit Knechten zu kämpffen sey / welche nicht durch Recht der Waffen / sondern der Herrschafft müsten überwunden werden / derwegen solten sie Schläge und keine Waffen zur Schlacht bringen / und an statt des Eisens / Ruthen / Peitschen und dergleichen Werckzeuge der knechtlichen Furcht zu bereiten. Diesen Rath billichten sie alle / und versahen sich / wie geboten war. Wie sie nun zum Feinde kamen / gaben sie ihnen unversehens Schläge / und erschreckten sie der gestalt / daß / welche sie mit dem Schwerdt nicht konten überwinden / durch Furcht und Schläge überwältiget wurden / und nicht wie überwundene Feinde / sondern als flüchtige Knechte die Flucht nahmen. Welche haben können gefangen werden / die sind mit Creutzen gestrafft worden. Die Weiber aber / welche sich übel bewust waren / haben theils mit dem Schwerdt /theils mit den Stricken ihr Leben geendiget.

68. Durch Ziegen wird eine Stadt erobert
68. Durch Ziegen wird eine Stadt erobert.

Die Nachkömmlinge des tapffern Herculis haben vor Alters ihren Sitz gehabt und geherrschet im Lande Peloponneso. Wie sich aber ihre Zahl vermehrete / hat sich Caranus, einer unter ihnen / und der eilffte von Hercule / mit einem grossen Hauffen der Seinigen inÆmathiam begeben / um daselbst ihre [958] Wohnung zu machen. Als er nun nach der Stadt Edessa zog / um selbe zu bestreiten / kam er ungefehr an eine Heerde Ziegen / welche unfern von der Stadt geweidet wurden: Diese erschracken für dem Heer der Griechen /und lieffen so bald der Stadt zu. Caranus mit seinen Soldaten folgte tapffer nach / und weil es eben hefftig regnete / wurden die Einwohner / wegen der dunckeln Lufft ihrer Ankunfft nicht eher gewahr / biß daß sie mitten in der Stadt waren: Also ward dieselbe vonCarano eingenommen / und nachmals von den Ziegen Ægea genannt. Von diesem Carano ist entsprungenAlexander M. der 17. in der Zahl seiner Nachkömmlinge / und von dem das Macedonische Reich angefangen worden.

69. Undanckbarkeit zweyer bösen Buben gegen Scedaso an den Spartanern gestrafft
69. Undanckbarkeit zweyer bösen Buben gegenScedaso an den Spartanern gestrafft.

In dem Flecken Leuctra nicht weit von Thebæ gelegen / wohnete ein Bauersmann Scedasus, war geringes Vermögens / aber dabey doch gutthätig und freygebig. Dieser hatte zwo Töchter / seine eingezogene Mägdlein / welche seine Haußhaltung versorgeten. Auf eine Zeit reiseten zween Spartanische Jünglinge durch denselben Flecken / welche Scedasus beherbergte / und ihnen allen guten Willen erzeigete: Des folgenden Tages giengen sie von dannen und vollbrachten ihre Reise. Als sie nun nach etlichen Tagen wieder dahin kamen / war Scedasus eben nicht zu Hause / die Töchter aber empfiengen dieselbe freundlich / und tractirten sie nach des Hauses Vermögen. Diese undanckbare Gäste aber bezahleten ihnen die Herberge sehr übel / schändeten sie mit Gewalt / ermordten sie noch darzu / und wurffen ihre todte Leiber in einen Brunnen. Da [959] der Alte wieder nach Hause kam / und die Töchter nicht fand / wuste er nicht / wie es in seinem Abwesen zugangen wäre / biß daß er durch stetiges Bellen des Hauß-Hündleins zum Brunnen geführet ward / in welchem er die todten Cörper seiner Töchter fand / und dieselben begrub. Er forschete nach / und erfuhr / daß niemand als die zween Spartanischen Jünglinge in seinem Hause gewesen waren: Gieng derowegen nach Sparta / und verklagte die undanckbare Buben: Als er aber nicht gehöret ward / kehrete er wieder um / rieff GOtt um Rache an / und erstach sich selbst über dem Grab seiner Töchter. Kurtz darnach fielen die Thebaner von den Spartanern ab / welche ihr Lager schlugen bey obgemeldtem Flecken Leuctra: Denen zogen jene entgegen: Als sie aber zweiffelten / ob sie mit den Spartanern fechten solten / erschienen einem der Obristen Pelopida nicht allein die Töchter Scedasi, sondern auch der Alte selbst / und vermahneten ihn / daß er gutes Muths wäre / und getrost die Spartaner angreiffen solte. Darauf geschahe ein Treffen / und wurden die Spartaner eben an dem Ort / da die 2. Töchter Scedasi begraben lagen / anfänglich getrennet / darnach in die Flucht geschlagen / 4000. aus ihnen / samt ihrem Könige Cleombroto erwürget / und die mächtige StadtSparta durch die geringe Macht der Thebaner unter dem tapffern Obristen Epaminonda und Pelopida dergestalt gedemüthiget / daß sie nach diesem niemals wieder zu ihren vorigen Kräfften kam.

70. Närrische Liebe Candaulis
70. Närrische Liebe Candaulis.

In der ersten Centurie dieser Historien ist eine Fabel erzehlet von des Gygis Ringe / wie dieselbe [960] vom Platone und Cicerone weitläufftiger erzehlet wird: Damit man nun den Ursprung derselben wisse / so wirds nicht unlieblich seyn / die warhafftige Historie selbst aus dem Justino zu erzehlen. Candaules ein König in Lydia hatte ein Gemahl / welche er wegen ihrer Schönheit so sehr liebte / daß er nicht vergnüget war mit heimlicher Empfindung seiner Wollust / sondern auch andre / insonderheit Gygi, einem seiner geheimtesten Räthe / seines Weibes Schönheit öffentlich rühmete. Weil aber Gyges solches wenig achtete / verhieß Candaules, er wolte sie ihm nacket zeigen /damit er seinen Worten desto mehr Glauben zustellete. Gyges erschrack / und weigerte sich sehr: Es mochte aber nichts helffen / Candaules verbarg ihn in seiner Schlaf-Kammer / damit er sähe / wie sich die Königin gantz nackend auszog / und zu Bette legte. Als sie nun Gyges gnug besehen hatte / gieng er heimlich wieder zur Kammer hinaus; ward aber ungefehr von der Königin ersehen / welche diese Schmach dermassen verdroß / daß sie des folgenden TagesGygem zu sich ruffen ließ / und ihm die Wahl gab /ob er lieber so bald sterben / oder den König erwürgen wolte. Gyges erwehlte das letztere / ward von der Königin in der Kammer gleicher Weise verborgen /tödtete Candaulem des Nachts / und bekam also sein Weib samt dem Königreich.


Das mag wohl heissen: Omnis amans amens, & habet sua castra cupido.

71. Welches die erste Stadt auf Erden gewesen sey
71. Welches die erste Stadt auf Erden gewesen sey?

Von dieser Frage werden bey den Heydnischen Autoren vielerley Meynungen oder vielmehr Irrthümer gefunden. Aristoteles zwar / welcher [961] die Welt für ewig gehalten / hat keinen Anfang der Städte setzen können. Beym Platone im Timæo überredet ein Egyptischer Priester den Solonem, daß die Stadt Athen 9000. Jahr vor Solons Zeiten sey erbauet gewesen /da doch die Welt zu seiner Zeit noch keine 4000. Jahr gestanden hatte. Etliche der Griechen haben fürgeben / daß die von Cecrope, dem ersten Atheniensischen Könige erbauete Stadt Cecropia, welche nachmals ist Acrepolis genannt worden / die allererste gewesen sey. Andre haben für die erste Stadt gehalten Argos, welche vom Phoroneo, dem zweyten Könige der Argiver, zu Jacobs Zeiten erbauet / und nach seinem Nahmen erstlich Phoronicon, von Homero aber Pelasgicon genennet ist. Die Egyptier haben ihre StadtThebas oder Diospolim für die allerälteste ausgeben. Aber alle diese und dergleichen irrige Meynungen müssen billich weichen der Erzehlung der H. Schrifft von Erbauung der Stadt Enochiæ oder Hanochiæ durch Cain: Welcher wir desto unverschämter nicht glauben / so viel gewisser wir dieselben Weissagungen erfüllet zu werden sehen: wie Augustinus im 9. Cap. des 15. Buchs von der Stadt GOttes sehr recht schreibet.

72. Der hungerige Erisichton
72. Der hungerige Erisichton.

Erisichton ist gewesen ein Sohn des ersten Atheniensischen Königes Cecropis, sonst Æthen genant / und aus Thessalien bürtig. Von diesem dichtet Ovidius, daß er / die Cererem verachtende / einen ihr geheiligten Baum abgehauen habe / daher sey die Ceres dermassen zornig worden / daß sie dem Erisichton so einen grossen Hunger zugeschickt habe / dadurch er nicht allein all sein Gut verzehret / und vor Armuth seine Tochter [962] verkauffen müssen / sondern auch endlich seine eigene Glieder abgefressen habe. Es hat aber Gelegenheit dieser Fabel gegeben des Erisichtons Verschwendung / welcher / nachdem er seine Aecker verkaufft / und alles hindurch bracht hatte / endlich von seiner Tochter / welche Huren-Lohn verdiente / ist ernähret worden / damit er nicht vor Hunger und Armuth verschmachtete.


Also bringt einen die unnütze Verschwendung endlich an den Bettel-Stab / wie auch dem ungehorsamen Sohne geschah / welcher Träber mit den Säuen vor Hunger essen muste / Luc. 15.

73. Raubung der Europæ
73. Raubung der Europæ.

Es hatten die Phœnicier die Io, des ersten Argivischen Königs Inachi Tochter / heimlich geraubet /und aus Griechenland entführet. Diese Schmach zu rächen / ist Jupiter der König in Creta / welcher sonst auch Taurus und Lapithas heist / mit einem Schiff /das einen weissen Stier zum Zeichen hatte / nachTyrus geschiffet / und hat die Europam des Phœnicischen Königs Agenoris Tochter / Cadmi Schwester / mit sich in Cretam entführet. Daher die Poetische Fabel entstanden ist / daß sich Jupiter in einen schönen Stier verwandelt habe / und mit Europa durchs Meer geschwummen sey. Es hat aber Jupiter mit derEuropa den Carinum gezeuget / welchen Apollo sehr geliebet hat / daher bey den Spartanern des Apollinis Carinii Fest gefeyert ward. Die Europam hat nachmals Xantus, des Jovis Nachfolger / welcher von Diodoro Asterius genannt / und unter des Deucalionis Nachkömmlinge gezehlet / von andern aber vor desJovis Bruder gehalten wird / angenommen / und mit ihr 3. [963] Söhne gezeuget / Minoem, Sarpedonem undRhadamantum: Wiewohl andre wollen / daß er diese drey von Jove gezeugte Söhne an Kindes statt angenommen habe. Ingemein wird dafür gehalten / daß dieser dritte Theil der alten Welt von Europa den Nahmen trage. Es ist aber dieser Weiber-Raub ein rechter Apffel Eridis, und Ursprung vieles Ubels gewesen. Sintemal nachmals Paris des Trojanischen Königs Priami Sohn / die Asianer und den Raub Europä zu rächen / die Helenam, des Spartanischen Königs Menelai Weib / aus Griechenland entführet hat /daher der schädliche zehenjährige Trojanische Krieg entstanden ist.


Durch Weiber entstehet offt groß Ubel: Dulce venenum mulier & lene tormentum.

74. Vom Sprichwort: Cerberum ab inferis extrahere
74. Vom Sprichwort: Cerberum ab inferis extrahere.

Cerberus, wie die Poeten dichten / ist gewesen ein grausamer / dreyköpffiger / feuerspeyender Höllen-Hund / welchen der tapffere Hercules mit Gewalt aus der Höllen gezogen hat / weil er aber das Licht nicht vertragen konte / hat er für Grimmigkeit dergestalt mit dem Munde geschäumet / daß der Schaum auf die Erde geflossen / und gifftig Kraut aus demselben gewachsen ist. Strabo, Seneca und andere / welche die Warheit dieser Fabel meynen herfür zu bringen /geben vor / daß eine schädliche Schlange gewesen sey in der tieffen Höle des Spartanischen VorgebürgesTenari, welche Hercules habe getödtet. Palæphatus aber sagt / als Hercules den Geryonem überwunden in der Stadt / welche Tricarenia, das ist dreyköpffig hieß / und [964] seine Ochsen weggeführet habe / da sey der Heerde gefolget ein sehr grimmiger Hund / Cerberus genannt. Als er aber in Peloponnesum kommen sey /da ein reicher Mycœnischer Mann / Molossus geheissen / Lust zum Hunde bekommen / und weil er ihn durch Bitte von Eurystheo nicht erlangen konte / habe er mit den Hirten gehandelt / daß sie ihn in der Höle des Berges Tænari enthielten / allwo er auch etliche Hündinnen zu ihm gelassen. Eurystheus aber habe Herculi befohlen / den Hund wieder zu schaffen /welcher denselben endlich in dieser Höle gefunden /von dannen mit Gewalt wieder heraus gerissen / und zum Könige gebracht hat. Andere legen die Fabel aus von dem Cerbero des Molosser Königs Aidonei. Es ist aber aus der Fabel das Sprichwort entsprungen /Cerberum ab inferis extrahere, welches gebrauchet wird / wann eine schwere Sache verrichtet oder erkläret wird.

75. Denckwürdige Geschichte Thulis
75. Denckwürdige Geschichte Thulis.

Guiberletus in seiner Chronologie erzehlet eine denckwürdige Geschicht aus Suida. Es lebte zu Zeiten Sesostris des Königs der Egyptier ein ander Egyptischer König / der vielleicht in einem andern Theil desselben Landes geherrschet hat / mit Nahmen Thules, mit welchem Sesostris den gantzen Erdkreiß durchzogen und umschiffet hat. Dieser / wie er in grosser Herrlichkeit schwebete / fragte einsmahls aus Hochmuth das Oraculum in Tempel Serapidis: Wer vor ihm regiert hätte / oder nach ihm regieren würde /der ihme gleich oder mächtiger als er gewesen wäre /oder hinführo seyn würde? Das Oraculum hat geantwortet: [965] Πρῶτα Θεὸς, μετεπειτα λὸγος καὶ πνεῦμα σὺν ἀυτοῖς. Das ist vor dir haben regiert / die mächtiger seyn als du / erstlich GOtt / darnach das Wort / und der Heil. Geist mit ihnen. Nach dieser Stimme / alsThules kaum aus dem Tempel gegangen war / ist er von seinen Dienern erschlagen worden / und hat den verdienten Lohn seiner Hoffarth bekommen.


Hoffarth kommt gemeiniglich vor dem Fall.

76. Iphigenia
76. Iphigenia.

Diese ist gewesen eine Tochter Agamemnonis desMycenischen Königs / welcher im Trojanischen Kriege der Griechen General gewesen ist. Es begab sich /als der Griechen Schiff-Armade bey der Insul Aulide stund / daß Agamemnon ungefehr einen der Dianæ geheiligten Hirsch im Jagen erschoß. Und welcher That willen nicht allein groß Ungewitter entstund /sondern auch eine schädliche Pest unter das Volck kam. Als sie nun die Götter um Rath fragten / hatCalchas ein Wahrsager geantwortet / daß die Diana mit des Agamemnonis Blut müste versöhnet werden. Darauf ist Ulysses nach Mycena geschicket / welcher die Iphigeniam unter dem Schein einer Hochzeit von ihrer Mutter Clitemnestra entführete. Wie sie nun beym Altar stund / und jetzo der Dianæ solte geschlachtet werden / ist sie aus Erbarmung der Göttin entzücket / und eine Hinde an ihrer statt dargestellet worden / die Jungfrau selbst aber ist in Chersonesum zum Könige Theante gebracht / und gesetzet worden über das Priesterthum Dianæ Tauriæ, welcher Menschen aufgeopffert wurden. [966] Als an diesen Ort kamOrestes, der Iphigeniæ Bruder / haben sie beyde zusammen gerathschlaget / den König getödtet / und sind nach Ariciam in Italien entflohen.

77. Orestes und Pylades
77. Orestes und Pylades.

Orestes ist gewesen ein Sohn Agamemnonis, und der 5te König der Mycener. Es begab sich / daß des Agamemnonis Hauß-Frau Clytemnestra, weilen ihr Mann in dem zehenjährigen Trojanischen Kriege lang ausblieb / immittelst mit Ægystheo, dem Sohne Thyestis, welcher Atrei des Agamemnonis Groß-Vatters Bruder gewesen war / nicht allein Unzucht begieng / sondern auch dem Ehebrecher behülfflich war / daß erAgamemnonem, nach desselben Wiederkunfft aus dem Trojanischen Kriege / umbrachte. Und zwar hatÆgystheus hierinn die Sitten seines Vatters nachgemacht / welcher seines Bruders Atrei Weib auch geschändet / und deßwegen seine eigene von Atreo geschlachtete Söhne gegessen hat / um welcher Ubelthat willen gesagt wird / daß die Sonne zurück gewichen sey / damit sie nicht verunreiniget würde. Es hat aber der Ehebrecher Ægystheus seinen Lohn bekommen /sintemahl er samt Clytemnestra wiederum vom Oreste, durch Hülffe dessen Schwester Electræ und Freundes Pyladis, ist getödtet worden. Weil aberOrestes seine eigene Mutter erschlagen hatte / ist er lange Zeit mit Unsinnigkeit gestrafft worden / daß er nirgends hat ruhen können / biß er in Chersonesum gereiset / und beym Altar Dianæ die Missethat ausgesöhnet hat. Orestem hat allezeit begleitet Pylades, welcher nicht weniger Orestis, [967] als sein Vatter Strophius des Agamemnonis treuer Freund stets gewesen ist; Denn als der König in Chersoneso Thoas, unwissend / welcher unter ihnen beyden Orestes wäre / solches von ihnen fragte / sagte Pylades, er wäre Orestes, auf daß er von ihn getödtet würde. Als aber Orestes beständig dabey blieb / daß er Orestes wäre / wie er in der That auch war: Haben die Umstehenden weinend gefrolocket in einer erdichteten Sache / wie Cicero de amicitia sagt. Was massen Orestes nachmals seine Schwester aus Chersoneso entführet / und den König getödtet hat / ist in der Historie der Iphigeniæ gesagt worden. Er hat nach Ægystho 28. Jahr lang zuMycena regiert / und schreibet Plinius l. 7. daß sein Leib auf Befehl des Oraculi wieder ausgegraben / und sieben Ellen groß gewesen sey. Von der treuen Freundschafft Orestis und Pyladis ist genommen das Sprichwort: Amicitia Pyladis & Orestis, das ist / eine gar aufrichtige Freundschafft: Deßgleichen: Esto mihi Pylades, & ero tibi fidus Orestes: Das ist: Sey mir treu als Pylades, so will ich dir auch so ein treuer Freund seyn / als Orestes gewesen ist.

78. Kampff Melanthi und Xanthii
78. Kampff Melanthi und Xanthii.

Melanthus ist gewesen ein Bruder Codri, des letzten Atheniensischen Königes. Zu seiner Zeit hatten die Athenienser einen Krieg mit den Bœotiern über den Gräntzen. Xanthius, der Bœotier König / forderte zum Streit heraus den damahligen König zu AthenThymetum, derselbe aber als ein furchtsamer Haase schlug den Streit ab. Da erbot sich Melanthus, von Geburt ein Messenier / zum Streit an / und ward [968] anThymeti statt zum Könige gemacht. Als nun der Kampff angieng / und Melanthus den Xanthium mit öffentlicher Macht nicht konte überwältigen / gebrauchte er sich einer List / stellete sich / als wann er hinter Xanthio einen mit einem schwartzen Ziegen-Fell angethan stehen sehe / rieff derhalben überlaut:Xanthius thue unrecht / daß er mit einem Gehülffen zum Kampff käme. Als sich derselbe nun umsahe /ward er mit Geschwindigkeit vom Melantho erschlagen. Aus dieser Ursach hat Melanthus das Fest Apaturiam angestellet / welches drey Tage lang währete /und dem Dionysio Melanaigidi, daß ist / des schwartzen Ziegen-Felles einen Tempel gebauet / wie Suidas erzehlet.


Wer zu leicht glaubt / wird leicht betrogen / dann das Spiel heist siehe zu.

79. Treue der Minyschen Weiber
79. Treue der Minyschen Weiber.

Die Minyæ sind ein Volck Græciæ gewesen / deren Vorfahren mit Jasone in Colchidem geschiffet sind /und nachmals die Insul Lemnum bewohnet haben. Als sie aber aus derselben von den Pelasgern oder Archivern vertrieben wurden / haben sie sich flüchtig in der Spartaner Landschafft begeben / und an den BergThaygetum gesetzt / allwo sich die Spartaner aus Erbarmung ihrer angenommen / und ihnen das Bürgerrecht zu Sparta geschencket haben. Anfangs hielten sich diese Minyæ so wohl / daß die Fürnehmsten in der Stadt ihnen ihre Töchter zu Weibern gaben. Aber darnach seynd sie undanckbar worden / und haben mit bösen Stücken das Reich an sich zu bringen gesucht /um welcher Ursach willen sie zum Tode verurtheilt /und in das Gefängniß geworffen [969] wurden. Da haben ihre Weiber ihnen grosse Treu erwiesen / sintemahl sie ihre Kleidung mit den Männern verwechselt / und an ihre statt im Gefängniß blieben sind / dadurch die Männer in den Weibeskleidern aus dem Gefängniß entkommen / und von der augenscheinlichen Todes-Gefahr errettet sind.


Frömmigkeit und treue Liebe sind die beste Zierde eines Eheweibes: Hingegen ist Undanckbarkeit ein schändlicher Unflath an tapffern Männern.

80. Gottlosigkeit Königs Alladii gestrafft
80. Gottlosigkeit Königs Alladii gestrafft.

Alladius ist gewesen der zwölffte König der Lateiner nach Ænea, welchen Livius Romulum Sylvium, Eusebius aber Aremulum Sylvium nennet. Dieser ist so stoltz und gottloß gewesen / nicht nur gegen die Menschen / sondern auch gegen GOtt / daß er sich unterstanden hat den Donner und Gewitter am Himmel nachzuthun / und so offt es donnerte / seinen Kriegs-Leuten befohlen / daß sie mit ihren Schilden und Waffen ein Gethön machen solten / dem Himmel zu Trotz. Aber die Straff ist nicht lange ausblieben / sintemahl er im 19. Jahre seines Reichs vom Donner erschlagen / oder wie andre wollen / von der Erden lebendig verschlungen / oder samt seinem Schloß durch ein Erdbeben in den Albanischen See gestürtzet ist. Und zwar Dionysius Halicarnassæus schreibet / daß noch zu seiner Zeit an einem Ort des Sees / wann das Wasser abgenommen hatte / etwas überbliebenes Gebäu und Mauerwerck sey gesehen worden.


Womit einer sündiget / damit wird er offt gestrafft. GOtt läst sich nicht spotten.

81. Vom Sprichwort Messene servilior
81. Vom Sprichwort Messene servilior.

[970] Messene und Lacedæmon sind gewesen zwey fürnehme Städte der halb-Insul Peloponnesi in Griechenland / welche Anfangs mit so grosser Freundschafft zusammen verknüpffet waren / daß eine der andern ihre Jungfrauen zum Opffer zu verrichten / als zu öffentlichen Gastmahlen / zuschicketen. Aber die Messenier mißbrauchten sich dieser Freundschafft schändlich / und schändeten die auf solche Weise zu ihnen geschickte Spartanische Jungfrauen. Das verdroß die Spartaner hefftig / bekriegten die Messenier / und schwuren zusammen / daß sie nicht ehe wieder nach Hauß ziehen wolten / biß sie Messenen erobert hätten / schlugen die Messener auch in einer grossen Schlacht / daß sie auf den Berg Ithomem zurück weichen musten / und nachdem sie sich ein wenig wieder verstärcket hatten / eine langwierige Belägerung ausstunden. Als nun das Oraculum eine Jungfrau zum Opffer forderte / hat der Spartaner König Aristodemus seine eigene Tochter darzu angeboten: Weil aber ihr Freyer / um sie beym Leben zu erhalten / fälschlich vorgab / daß sie geschändet wäre / hat sie Aristodemus mit eigener Hand erstochen. Weil sich aber die Belägerung lang verzog / schickten die Lacedæmonier etliche Jünglinge nach Sparta / welche ohne Unterscheid mit allen Weibsleuten Gemeinschafft hatten / damit der Spartaner Geschlecht nicht untergienge. Hieraus sind entstanden die Parthenii oder Jungfrauen-Kinder. Endlich nach 20. Jahren haben die Spartaner theils mit Gewalt / theils mit Betrug (dessen Apollo dieselbe sich zu gebrauchen geheissen hatte) dieMessenier, welche bißhero zuweilen gesieget hatten /überwunden / und in [971] so harte Dienstbarkeit gebracht /daß daher das Sprichwort entstanden ist / Messene fervilior, wodurch ein sehr verachteter und unterdrückter Sclave angedeutet wird.


Durch Unzucht entstehet gemeiniglich groß Unglück.

82. Vortrefflichkeit des Medischen Königs Dejocis
82. Vortrefflichkeit des Medischen KönigsDejocis.

Dejoces, welchen Orosius Diocles, Diod. Sicul. aberArtæus nennet / ist gewesen der 6. König in Medien nach Arbace / und seiner fürtrefflichen Gerechtigkeit halben zum Reich erhoben. Ehe er das angebotene Reich antrat / hat er gewolt / daß ihm Königliche Wohnungen aufgerichtet / und Trabanten zu Beschirmung seines Leibes zugefüget würden / welche er selbst nach seinem Gutdüncken aus allen Medern erwehlte. Er hat auch am ersten verordnet / daß niemand zum Könige hinein gehen / noch ihn sehen durffte / sondern daß alle Sachen durch Mittel-Boten solten verhandelt werden / darzu auch / daß niemand in Gegenwart des Königs lachen oder sprützen dürffte. Welche Gewohnheit nicht allein die nachfolgende Medische / sondern auch die Persische Könige gehalten haben / um ihr Ansehen desto mehr zu erhalten und zu vermehren. Viele sind in der Meynung / daß dieser Arphaxad sey / dessen gedacht wird im Buch Judith c. 1. v. 1. daß er Echatanam, die Haupt-Stadt in Medien / aus viereckten und gehauenen Steinen gebauet / die Mauren 70. Ellen hoch / und 30. Ellen breit gemacht / die Thürne derselben aber 100. Ellen hoch gesetzet habe. Welche Erbauung Echatanæ auch Herodotus 1. Buch diesem Dejoci zuschreibet. Und zwar lesen wir [972] in keinen Historien / daß ein einig Königlich Hof das Babylonische an Herrlichkeit übertroffen habe / ohne allein welches von diesem Dejoce, wie Herodotus meldet / in Media gebauet ist / Echatana genannt. Sieben Mauren umgaben das Schloß /in welchem die Königliche Schätze waren: Und ob dieselbe schon von gleicher Höhe waren / so geschahe doch durch Gelegenheit des Orts / welcher sich wie ein Hügel allgemählich in die Höhe richtete / daß jede Spitzen der innern Mauren für den äussern herfür scheineten / und wegen der verschiedenen Farben sehr lustig anzuschauen waren / dann die Spitzen der ersten Mauren war weiß / der andern schwartz / der dritten Purpur-roth / der vierdten Himmel-blau / der fünfften Mennig-roth / der sechsten Mauren Spitzen scheineten von Silber / und der siebenden von Gold.


Tugend bringet nicht allein Lob / sondern auch Ehre. Zu seiner Zeit seinen Respect halten / ist eines grossen Gemüths / doch daß der Demuth und Freundlichkeit nicht vergessen werde.

83. Treue Palanti
83. Treue Palanti.

Palantus ist gewesen ein fürnehmer Spartaner / welcher seinen Landes-Leuten in dem Messinischen Kriege den Rath gab / daß sie etliche Jünglinge / um Kinder zu zeugen / nach Sparta schicken solten / von welchen hernach die Parthenii entsprossen sind. Und solcher Ursach willen haben die Parthenii nachmahls den Palantum oder Palantem, zu ihren Obristen erwehlet / welcher sie in Italien geführet / und die Stadt und Schloß Tarentum, mit Vertreibung der Einwohner zu ihrer Wohnung eingenommen. Aber nach vielen Jahren ward dieser Obrister durch einen [973] Aufruhr von den Partheniis ins Elend vertrieben / und begab sich nach Brundusium, dahin die alten Tarentiner entwichen waren. Diese überredete er sterbende / daß sie seine Gebeine zu Pulver zerstossen / und heimlich auf den Tarentinischen Marckt streuen solten: Dann auf solche Weise könten sie ihr Vatterland wieder erobern / wie Apollo zu Delphis geweissaget hatte. Diese /meynende / daß Palantus zur Rache seiner Bürger solches verrathen hätte / haben seinem Befehl gehorchet. Aber des Oraculi Meynung war viel eine andere gewesen / und hatte die Erhaltung / nicht aber die Verliehrung der Stadt durch solche That verheissen. Um dieser Treue willen haben die Parthenii dem Palanto Göttliche Ehre angethan / wie Justinus lib. 3. c. 4. erzehlet.

84. Löbliche Regierung Sabaci
84. Löbliche Regierung Sabaci.

Sabacus, König in Egypten / von Geburt ein Mohr /hat alle seine Vorfahren an Gütigkeit und Frömmigkeit übertroffen / wie Diod. Sicul. schreibet. Er hat verordnet / daß die Ubelthäter / welche nach den Gesetzen den Tod verdienet hatten / nicht mehr solten getödtet werden / sondern mit Stricken gebunden arbeiten: Dann er hielt dafür / daß hierdurch nicht allein die Schärffe der Straffe gelindert / sondern auch an statt der unnützlichen Straffe den Städten grosser Nutz entstünde: Wie er denn durch ihre Hülffe nicht wenig Dämme aufgeführet / und viel Gruben um den Fluß Nilum gemacht hat. Seine grosse Frömmigkeit erscheinet aus seinem Gesichte / und Ablegung der Regierung. Dann der Schutz-Gott zu Teba hat ihn im Traum angeredet: Daß er das Reich nicht glücklich[974] besitzen könne / es sey dann / daß er alle Egyptische Priester von einander schnitte / und mit seinen Dienern mitten zwischen ihnen hindurch gienge. Als nun dieses öffters wiederholet ward / berieff Sabacus die Priester / sagte / GOtt würde beleidiget / wenn er selbst da länger verharrete / welcher sonst im Traum solches nicht würde befohlen haben: Sey derhalben besser / daß er ohne Sünde weggienge / und ruhiglich stürbe / als daß er entweder GOtt verdrießlich wäre /oder mit Besudelung seines Lebens durch einen so schändlichen Mord über Egypten herrschete. Also hat er endlich den Einwohnern das Reich wieder zugestellet / und sich in Æthiopiam begeben. Etliche halten diesen Sabacum vor den Sisac, dessen gedacht wird 1. Reg. 14. und meynen / daß er vor Sethone regieret habe.


Keine bessere Tugenden können an einem Regenten seyn / als Frömmigkeit und Sanfftmuth.

85. Sprichwort: Crocodili lacrymæ
85. Sprichwort: Crocodili lacrymæ.

Der Crocodil ist ein grausames Thier / welches gefunden wird vornemlich in Egypten / wie auch in Ost-und West-Indien / und aus einem geringen Anfang zu einer ungeheuren grossen Bestien wird / sintemahl seine Eyer den Gänse-Eyern gleich sind / das daraus gebohrne Junge aber 16. oder 18. Ellen lang wächset. Dieses Thier lebt so lange als die Menschen / und hat keine Zunge / wiewol etliche wollen / daß es unten eine kleine Zunge habe. Sein gantzer Rücke ist mit dicken und harten Schuppen gegen alle Verwundung trefflich gewaffnet / hat einen sehr langen Schwantz /und grosse scharffe Zähne / welche unheilbare Wunden machen. Des Tages lebet es gemeiniglich auf der Erden / [975] des Nachts im Wasser / in welchem es ein blödes / ausserhalb desselben aber ein scharff Gesicht hat: Verschlingt so wol Menschen / als andere zum Fluß nahende Thiere / welche es mit seinen scharffen Klauen grausamlich zerreißt: Ist furchtsam / als welches vor den Verfolgenden fleucht / die Fliehende aber verfolget. Man sagt / es soll mit gleicher Anzahl Jahre erleben / als Zähne haben: Insonderheit soll ihm die 60ste Zahl eigen seyn / weil es alle Jahr in 60. Tagen 60. Eyer legt / und in eben so viel Tagen ausbrütet / auch des Winters 60. Tage lang in einem ab gelegenen Ort ohne Speise ruhet. Diß eintzige Thier /sagt Plinius, bewegt den obersten Kinbacken / wann es isset. Man sagt auch / wann es einen Menschen verschlingen wolle / so lasse es erstlich Thränen fallen / daher ist das Sprichwort genommen: Crocodills-Thränen / wann einer nemlich aus falschem Hertzen ohne Mitleiden weinet.


GOtt der HErr hat seine Macht wunderlich auch an den wilden Thieren abgebildet.

86. Warum die Egypter den Crocodil in Ehren gehalten haben
86. Warum die Egypter den Crocodil in Ehren gehalten haben?

Die Stadt Arsinoe in Egypten ist nach Strabonis Meynung zuvor Crocodilen-Stadt genennet worden /weil die Egypter in derselben Gegend solche Thiere sehr verehrten / deren sie eins zahm machten / und als heilig in einem See absonderlich erhielten / auch mit Brodt / Fleisch und Wein speisen / welche von denen zu solchem Schau-Spiel kommenden Frembdlingen gebracht wurden. Strabo, welcher zu seiner Zeit diese Bestie gesehen hat / thut hinzu: Ein frembder unter andern sehr geehrter Mann / welcher uns den Gottesdienst zeigete / kam zum See / und brachte ein Küchlein gebraten Fleisch / und ein Gefäß mit [976] Meet mit sich auf der Mahlzeit. Das Thier funden wir am Ufer /und thäten ihm etliche unter den Priestern das Maul auf / ein ander warff den Kuchen / und das gebratene Fleisch hinein / und goß zuletzt den Meet hernach. Darauf sprang die Bestie in den See / und schwumm auf die andere Seite desselben. Diod. Siculus meldet /daß die Egypter darum den Crocodilen göttliche Ehre angethan / weil die Räuber aus Africa und Arabia durch Vielheit solcher Thiere abgeschreckt werden /daß sie nicht über den Nilum schwimmen / welches nicht geschehen würde / wenn die Thiere durch die Jäger ausgerottet würden. Es wird auch eine andere Historie von ihnen erzehlet / nemlich / daß einer von den alten Königen Menas genannt / als er von seinen Hunden in den See Myris getrieben ward / von einem Crocodil sey auf den Rücken genommen / und mit grossem Wunder auf die andere Seite getragen sey /daher habe der König eine Stadt an demselben Ort nach des Crocodils Nahmen gebauet / solchem Thier göttliche Ehre anzuthun befohlen / und denselben See zu ihrem Unterhalt verordnet / auch daselbst sich ein Grab mit einer vierecketen Pyramide, desgleichen den wunderlichen Labyrinth erbauet habe.


Kein Ding ist so böß / es ist vor etwas gut: Kaum sind schändlichere Abgöttische gewesen / als die Egypter.

87. Regierung und Tod Apryes
87. Regierung und Tod Apryes.

Apryes ist gewesen ein Egyptischer König / welcher vom Propheten Jeremia Haphra genennet wird / und ungefehr um die Zeiten Cyri, oder doch nicht gar lang vor demselben gelebt hat. Er hat die Insul Cypern und das Land Phœnicien zu Wasser und Land mit einem gewaltigen Krieges-Heer bekrieget / die [977] Stadt Sidon mit Gewalt erobert und zerstöret / auch andere Städte durch Schrecken eingenommen. Endlich / wie er dieCyprer und Phœnicier in einer grossen See-Schlacht überwunden hatte / ist er mit einem mächtigen Raub wieder in Egypten gezogen. Den Propheten Jeremiam, welcher ihm den Untergang weissagete / hat er steinigen lassen. Als er aber ein auserlesen Heer gegen Cyrenem und Barcem, zwo mächtige Städte inAfrica, ausschickte / und den meisten Theil desselben verlohr / sind die übrigen von Aprye abgefallen / denn sie argwohneten / daß er sie mit Fleiß zu ihrem Verderben dahin geschicket hätte / damit er nach ihrer Niederlage desto sicherer über die andern Egypter herrschen möchte. Gegen diese verordnete der König zum Obersten Amasem einen vornehmen Mann unter den Egyptern / welcher hintan setzte des Königs Befehl von Stifftung der Einigkeit / die Abfällige hingegen zu grösserm Haß gegen den König anreitzete /und von ihnen zum König gemacht ward. Darauf fielen auch die übrigen Lands-Leute ab / daß Apryes nicht wuste / wohin er sich wenden solte / dingete derhalben fremde Hülffe und Soldaten um Lohn / ward aber von Amase geschlagen / lebendig gefangen / und mit einem Strick erwürget.


So gar ist auch der allermächtigste König vor seinem Ende nicht glückselig zu schätzen: Und hat derwegen niemand seiner Macht halben zu stoltzieren / das Blat kan sich bald umwenden.

88. Cyri Königliches Hauß
88. Cyri Königliches Hauß.

Im ersten Hundert dieser Historien ist unter die 7. Wunderwercke der Welt gezehlet worden der ThurnPharus, an dessen statt andere und [978] vielleicht billicher setzen das so köstliche Königliche Hauß / welchesCyrus durch den berühmten Meister Memnonem hat bauen lassen. Dessen Wände sind gewesen aus Marmorsteinen / und die Steine mit Golde zusammen gefügt: Die Gemächer waren oben mit Golde bezogen /und mit Perlen und Edelgesteinen so ordentlich unterschieden / daß sie den gantzen Lauff des Himmels /und Ordnung der Gestirne repræsentirten. Die Seulen mit lauterem Golde umgeben: Die Tische und Stüle waren gantz silbern / der Boden aus Marmorstein und vielerley Farben: Und in Summa alles aus dermassen köstlich und künstlich zugerichtet / wie beym Xenophonte im 8. Buch Cyropædiæ weitläufftig zu lesen ist.


Vortrefliche Leute suchen vortrefliche Wohnungen.

89. Croesi Macht und Vornehmen Cyrum zu bekriegen
89. Crœsi Macht und Vornehmen Cyrum zu bekriegen.

Crœsus ist gewesen ein König in Lydia, ein Sohn Haliartis und Schwager Astyagis, seine erste Verrichtung ist gegen die Epheser gewesen / welche / als sie sich zu schwach befunden / Crœso Widerstand zu leisten / die Stadt-Mauer mit einem langen Seil an ihrem Tempel heffteten: Welcher Aberglaube sie doch nichts helffen mochte / sintemahl bey nahe gantz klein Asia Crœso unterworffen ward. Hierdurch ist dieser König so reich und mächtig worden / daß auch von ihm das Sprichwort genommen ist: Crœso ditior, und Crœsi divitiæ, welches von sehr reichen Leuten / und grossem Reichthum gebraucht wird. Es ist aber diese desCrœsi Glückseligkeit durch den Tod seines SohnesAtys, welcher von dem Hoffmeister Adrasto unversehens auf der Jagt erschossen ward / etlicher [979] massen verstöret worden. Herodouts L. 1. meldet / daß er mit seiner Schwester Mann Astyage gekrieget und ihn überwunden habe. Das ist gewiß / daß er sich verlassende auf seine Macht / mit Cyro gekrieget hat. Doch schickte er vorher zu dem Abgott Apollini um Rath /welcher antwortete: Crœsus, überschreitende den Fluß Halyn, wird ein groß Reich umkehren. Cedrenus meldet / die Gesandten haben ihre Kleider verändert / und verheelet / woher sie kommen waren: Da habe sie der Abgott erstlich bestrafft mit diesen Worten:


Die Maas des Meers / wie auch sein Hand /

Auch menschlich Sinn ist mir bekaunt:

Doch will Crœsus betrügen mich:

Die Loder auch verbergen sich.


Crœsus durch seine Macht verblendet / verstund das Oraculum unrecht / meynende / er würde das Persische / und nicht sein eigen Reich umkehren: Darum verwarff er auch den heylsamen Rath Sandanis, der ihm diesen Krieg aus billichen Ursachen mißrieth. Da er doch hätte vielmehr in acht nehmen sollen ein ander Oraculum, dessen Cicero und Xenophon gedencken / also lautend:


Crœse, du wirst seyn glückselig /

Wann du nur erkennest dich.


Die Ursach / um welcher willen Crœsus Cyrum bekrieget hat / ist gewesen / entweder weil ihm die täglich zunehmende Macht Cyri verdächtig war / oder daß er seinen Schwager Astyagem (dem Cyrus das Reich genommen hatte) rächete / wie Herodotus will /oder aber / daß er den Chaldæern und Assyrern, als seinen Bundsgenossen (welche Cyrus bekriegte) hülffe / wie Xenophon dafür hält.

90. Wie König Amasis sich mit Liste ein Ansehen bey den Unterthanen gemacht hat
[980] 90. Wie König Amasis sich mit Liste ein Ansehen bey den Unterthanen gemacht hat.

Als Amasis nach Erwürgung Apryis an desselben statt zum König in Egypten gemacht war / und aber sahe /daß die Egypter ihn wegen seines geringen Herkommens nicht groß achteten / hat er sich nachfolgender List gebraucht / um dieselbe zu grösserer Ehrerbietung zu bewegen. Er hatte ein güldenes Becken / in welchem so wol er selbst / als alle Gäste die Füsse zu waschen pflegten: Dieses Becken zerschmoltz er / und machte einen Götzen draus / welchen er an den bequemsten Ort der Stadt setzte. Als nun die Egypter solch Bild fleißig anbeteten / berichtete sie Amasis, daß dasselbe aus dem Fußbecken gemacht wäre / und nun von ihnen andächtig verehret würde. Nun aber sagte er / ist es eben so mit mir als mit dem Becken beschaffen / denn ob ich schon zuvor ein schlechter Mann gewesen / so bin ich doch nun euer König: Derowegen vermahne ich euch / daß ihr mich als euren König hinführo besser ehret. Durch welche RedeAmasis die Egypter bewogen hat / daß sie es vor billich achteten / ihm zu gehorchen.


Billich ists / daß Unterthanen ihre Fürsten ehren / und gedencken / daß sie dieselbe zwar eingesetzet haben /aber nicht unter / sondern über sich.

91. Regierung und Todt Amasis
91. Regierung und Todt Amasis.

Der jetzt besagte Amasis hat / nach Zeugniß Diodori, sehr löblich regieret / und ist so mächtig worden / daß er neben der Insul Cypern / welche er mit dem Schwerdt gewonnen / über 20000. Städte besessen hat. Er hat aus einem einigen gantzen Stein ein [981] Königlich Hauß bauen / und aus den Stein-Gruben biß zum Tempel Minervæ durch 12000. Menschen / die 3. Jahr lang daran gearbeitet haben / bringen lassen. Er hat auch verschiedene nützliche Gesetze gemacht. Dann den Obrigkeiten in seinem gantzen Reich befahl er / daß sie alle Jahr von einem jeden Unterthanen solten Rechenschafft des Lebens und der Nahrung fordern / damit diejenige / welche sich mit bösen Künsten ernehrten / gestrafft / welche aber mit guten / beschenckt würden. Welches Gesetz nachmals Solon von ihnen entlehnet und nach Athen gebracht hatte. Er eignete auch den gantzen Tag / von der Morgenröthe biß zum Abend / der Arbeit zu / und erquickte sich darnach unter den Gästen mit Speise und Schertz /wie Münsterus schreibet. Strabo vermeldet / daß er ein guter Zechbruder gewesen sey. Er hatte Freundschafft mit Policrate dem Könige der Insul Samus, von dessen Glückseligkeit anderswo mehr erzehlet ist; als aber Policrates die Egyptische und andere Gäste in seinem Lande übel hielte / und auf VermahnungAmasis von seiner Unbillichkeit nicht abstehen wolte / hat ihm derselbe / weil ihm des Policratis gröstes Glück ohne dem verdächtlich war / die Freundschafft aufgesagt. Nachdem nun Amasis 55. Jahr glücklich regiert hatte / ist er gestorben / eben um die Zeit / alsCambyses der Perser König sich gegen Egypten gerüstet hatte / und Amasin, um daß er seines VorfahrenApryis Tochter für die seine dem Cambysi zum Weibe geschickt hatte / bekriegen wolte. Etliche wollen / daß eine der Pyramidum Amasis Grab gewesen sey / und daß er / des Cambysis Grausamkeit zu entfliehen / in den Mund oder fördersten Eingang des Grabes einen todten Knecht habe legen lassen: [982] Welches ihm doch nicht hat helffen mögen / dann alsCambyses Egyptenland überwunden hatte / hat er desAmasis todten Cörper aus dem Grabe ziehen / denselben / gleich als ob er noch lebete / mit Ruthen streichen / mit spitzigen Eisen zerstechen / und endlich auf öffentlichem Marckt schändlich verbrennen lassen.Herodotus im 3. Buch schreibt / daß die Egypter selbst aus Haß gegen Amasin den Cambysen zum Kriege angereitzet haben. Andere erzehlen / daß es von einem Egyptischen Augen-Artzt geschehen sey /welchen Amasis auf Begehren Cyri allein unter allen Egyptischen Aertzten von seinem Weib und Kindern abgezogen / und in Persien geschickt hatte: Welches denselben sehr verdrossen / und derhalben Cambysi gerathen hat / daß er die Tochter von Amasi begehren solte / damit derselbe entweder in Bekümmerniß geriethe / wann er Cambysi seine Tochter gebe / oder aber / wenn er sie ihm versagte / Cambysi verhaßt gemacht würde.


Tyrannen verschonen auch der Todten nicht / ihre Nachgierigkeit zu erfüllen.

92. Wunderliche Großmüthigkeit Darii in grosser Gefahr
92. Wunderliche Großmüthigkeit Darii in grosser Gefahr.

Ælianus am Ende des 5. Buchs erzehlet / daß etliche fürnehme Persische Herren zusammen geschworen haben / um Darium auf der Jagt hinterlistiger Weise zu tödten. Als nun Darius solches in Erfahrung brachte / hat er sich nicht allein nicht gefürchtet / sondern auch denselben Verräthern befohlen ihre Waffen und Pferde zu nehmen / und auf ihn zu richten: Darauf hat er sie sauer angesehen / sagende: Warum verrichtet ihr dann nicht dasjenige / um dessen willen ihr seyd zusammen kommen? Als aber jene das unerschrockene Angesicht des Königes ansahen / haben sie nicht allein den Anfall nachgelassen / sondern sind auch dermassen erschrocken worden / daß sie ihre Spiesse hinweg wurffen / Darium anbeteten / und sich gäntzlich seinem Willen übergaben.


Ein heroisch Angesicht an einem Potentaten schreckt offt die Nachsteller an dem fürgenommenen Mord ab.

93. Thales beweiset / daß die Welt-Weisen - wann sie nur wollen
93. Thales beweiset / daß die Welt-Weisen /wann sie nur wollen / wohl können Geld machen.

[983] Thales Milesius, einer von den 7. Weisen in Griechenland / als er von seiner Freundschafft bestrafft ward / daß er alle seine Zeit auf die Erforschung der Weißheit wendete / welche zu Erlangung grosses Reichthums / darinn sie meyneten daß alles gelegen wäre / nichts nutzete / antwortete ihnen: Wolt ihr /daß ich euch zeige / daß ein Mensch / welcher sich der Weißheit befleißiget / wol könne reich werden /und daß solches der kürtzeste Weg sey zu grossem Gewinst? Als sie nun antworteten / daß sie solches gerne sähen / kauffte Thales (welcher aus Wissenschafft der Stern-Kunst zuvor gesehen hatte / daß desselben Jahres eine grosse Fruchtbarkeit der Oel-Bäume seyn würde) alle Oel-Bäume auf dem Milosischen Acker / ehe dann sie noch blüheten / für ein gering Geld auf / und dingete alle Pressen und Oel-Mühlen / welche er darnach wiederum andern theurer verheurete / und die Frucht mit grossem Gewinst verkauffte: Hierdurch brachte er eine grosse Summa Geldes zuwege / und beweisete also / daß die Weltweisen nicht so sehr Geld zu machen untüchtig wären / als daß sie / mit höhern Gedancken umgehende / sich um solches zu machen nicht bekümmerten.


Kunst und Tugend ist der beste Reichthum.

94. Vom Philosopho Biante
94. Vom Philosopho Biante.

Als die Stadt Priene, das Vatterland Biantis, von den Feinden eingenommen ward / und alle diejenige / welche die Grausamkeit des Kriegs unversehrt hingehen ließ / mit ihren köstlichen Sachen beladen / davon flohen / und Bias gefraget ward: Warum er nichts von seinen Gütern mitnehme? Antwortete er: Ich aber thue das / dann alle das Meinige trage ich mit mir: Er trug es aber in seinem Hertzen / nicht auf den Schultern /nicht mit leiblichen Augen anzuschauen / sondern mit dem Gemüth zu betrachten / nemlich seine Wissenschafft / welche / in der Wohnung des Gemüths eingeschlossen / durch keines Menschen Hand kan geschwächet werden. Den Spott aber dieses zeitlichen Glücks hat dieser Philosophus nicht einmahl unter das Seinige gerechnet / welches wir auch Güter nennen.

95. Königliche Kron steckt voller Gefahr und Sorgen
95. Königliche Kron steckt voller Gefahr und Sorgen.

[984] Valerius Max, in 2. Cap. des 7. Buchs erzehlet / daß ein kluger König / (dessen Nahme nicht gemeldet wird) als ihm die Krone übergeben ward / dieselbe /ehe dann er sie auf sein Haupt setzte / lange Zeit behalten / betrachtet / und endlich gesagt habe: O das mehr edle als glückselige Tuch (denn es war ein Tüchern Bund / über welchen die Crone bey den Persiern gesetzet ward) welches / so es einer recht kennete /wie vieler Bekümmerniß und Gefahren es unterworffen sey / solte er es nicht einmahl / auf der Erden liegend / aufheben. Zweiffels ohne hat dieses auch betrachtet Artabazanes des Xerxis älterer Bruder /darum er einem andern in der Nachfolge des Reichs desto leichter gewichen ist. Und gewißlich / daß die Königliche Crone viel Gefahr und Beschwerlichkeit mit sich bringe / hat nicht allein Dionysius mit seinem Exempel / sondern auch der Ausgang Xerxis selbst in der That bewiesen.

96. Treue Demarati, und der Gorgonis Klugheit
96. Treue Demarati, und der Gorgonis Klugheit.

Um die Zeiten Darii waren zu Sparta nach langer Gewonheit zween Könige / Cleomenes und Demaratus; Cleomenes hätte gern allein geherrschet / verleumdete derhalben seinen Gesellen Demaratum, gab ihm Schuld / daß er nicht ehrlich gebohren wäre / und machte dadurch / daß Demaratus seiner Würden entsetzet wurde / welcher darauf in Persien flohe. Cleomenes zwar ist nicht lange darnach in Unsinnigkeit gefallen / hat sich selbst mit einem Messer am gantzen Leibe sehr verwundet / auch endlich den Bauch aufgeschnitten / die Gedärme heraus gerissen / und ist also rasend dahin gestorben: Wiewohl andere wollen /daß er im Kriege gegen die Archiver in die Flucht getrieben / und in Egypten / dahin er geflohen war / erschlagen sey. Ihm hat im Reich gefolget sein BruderLeonidas. Demaratus aber / wiewol er so grosse Schmach von seinen Landsleuten empfangen hatte /hat dennoch seiner Treue gegen des Vatterland nicht vergessen / und als Xerxes sich die Griechen zu bekriegen fürgenommen hatte / solches den Spartanern zu wissen gethan. Damit er aber die Botschafft desto sicherer anstellen möchte / hat er die Täfflein (darauf man damahls zu schreiben pflegte) genommen / das Wachs abgekratzet / auf das Holtz die Buchstaben eingegraben / darnach das alte [985] Wachs (damit der Betrug verborgen bliebe) wieder über die Schrifft gekleibet / und also das Täflein einem getreuen Knecht nach Sparta zu tragen übergeben. Die Spartaner verwunderten sich / daß sie keine Schrifft auf dem Wachs /wie damahls der Brauch war / funden / argwohnende /daß die Sache desto grösser seyn müste / je verborgener dieselbe war. Endlich hat Gorgo eine TochterCleomenis, des Königs Leonidæ Weib / die Sache durch ihre Klugheit offenbahrt / darauf das Wachs abgekratzt / die Schrifft erfunden / und Xerxis kriegischer Rathschlag entdeckt ist.


Böses mit Gutem vergelten / ist eine rechte Christliche Tugend / welche / je löblicher sie diesen Heyden gewesen / desto schädlicher ist vielen Christen die leyder allzu gemeine Rachgierigkeit.

97. Simonides wunderlich in Gefahr erhalten
97. Simonides wunderlich in Gefahr erhalten.

Als der Griechische Poet Simonides bey einem reichen Mann Scopa zu Cranene, einer Stadt in Thessalia, zu Abend aß / und das Carmen daher sagte / welches er auf denselben gemacht hatte / darinn nach der Poeten Manier Zierde halben viel Dinges zu Lob desCastoris und Pollucis geschrieben war: Da hat solches Scopam so sehr verdrossen / daß er zu Simonide sagte / er wolte ihm nur die Helffte des Werthes /darum er mit ihm eins worden wäre / für solch Carmen bezahlen / das übrige solte er von den Tyndarischen Gesellen (Castore und Polluce) welche er gleiche viel gelobt hätte / fordern. Aber was geschicht? Kurtz darnach wird Simonidi verkündiget /daß er geschwind zu ihnen hinaus käme. Simonides stund auf / und gieng hinaus / fand aber niemand. Unterdessen fiel das Gemach ein / in welchem Scopas aß / und erdruckte ihn sammt seinen Gästen: Welche als sie die Ihrige begraben wolten / und der allzusehr verwundeten Leiber nicht unterscheiden / und von einander erkennen konnten / hat Simonides, welcher noch eingedenck war / an welchem Ort ein jeder unter ihnen gelegen hatte / angezeigt / wie ein jeder unter ihnen solte begraben werden.


Wann die falschen Götter der Heyden ihre Diener dergestalt belohnet / und die Widerwärtige gestrafft haben /wie [986] viel weniger werden die Diener des wahren GOTTES unbelohnt / und dessen Lästerer ungestrafft bleiben?

98. Simonidis Traum
98. Simonidis Traum.

Simonides schiffte einsmahls auf dem Meer / und wie er ans Land kam / fand er daselbst im Sande einen todten Leichnam unbegraben / welchen er aufnahm /und begrub. In der folgenden Nacht träumete ihm /wie ihm derjenige / welchen er begraben hatte / vermahnete / daß er des andern Tages nicht solte zu Schiffe gehen / weil ein groß Ungewitter auf dem Meer entstehen / und Schiffbruch verursachen würde.Simonides gehorchte dem Gesichte / und blieb auf dem Lande. Wie nun die übrigen des folgenden Tages vom Land stiessen / entstund plötzlich ein groß Ungewitter / dergestalt / daß sie noch im Angesicht Simonidis mit dem Schiffe von den Wellen des Meers bedeckt wurden / und zu Grunde giengen. Simonides war frölich / daß er vielmehr seinem Traum / als dem Meere sein Leben vertrauet hatte / beschreibet solche Gutthat zum ewigen Gedächtniß mit einem schönenCarmine, und erbauete jenem viel ein besser Grab in den Gemüthern der Menschen / als er ihm zuvor in dem unbekannten und wüsten Sande gethan hatte.

99. Durch Europum, ein in der Wiegen liegendes Kind
99. Durch Europum, ein in der Wiegen liegendes Kind / gewinnen die Macedonier eine Schlacht.

Philippus der IV. König in Macedonien nach Carano, durch einen frühzeitigen Tod hingerissen / hat zum Erben des Reichs hinterlassen seinen Sohn Europum, noch ein junges Kind / aus dessen Verachtung die Illyrier die Macedonier bekrieget / und auch in einer Schlacht überwunden haben. Diese aber / gleich als ob sie darum zuvor überwunden wären / weil ihr König nicht bey ihnen gewesen war / brachten ihren König in der Wiegen hervor / setzten ihn bey die Schlacht-Ordnung / und erneuerten den Streik schärffer / gewißlich hoffende / daß sie auch darum Uberwinder seyn würden / weil sie aus Aberglauben den Muth zu gewinnen gefasset hatten / zugleich auch bewegte sie die Erbarmung des Kindes / welches sie aus einem Könige durch ihre Niederlage zu einem Gefangenen machen würden: Darauf [987] haben sie die Illyrier angegriffen / und durch eine grosse Niederlage geschlagen / und ihren Feinden also gewiesen / daß nicht die Tugend / sondern der König der Macedonier im vorigen Streit gemangelt habe.


Eines Königs Gegenwart kan in einer Schlacht viel thun die Gemüther der Soldaten zu stärcken.

100. Von den Tentyritis und dem Thierlein Ichnevmone
100. Von den Tentyritis und dem ThierleinIchnevmone.

Gegen die grosse Schädlichkeit der Crocodile hat die Natur den Egyptern zweyerley Mittel verordnet. Denn es wohnet ein Volck im Nilo, die Tentyritæ von ihrer Insul genannt / welche allein den Bestien sich dürffen widersetzen. Diese schwimmen in den Fluß / setzen sich den Crocodilen auf den Rücken wie Reuter / und wann solche mit umgewendeten Kopff den Rachen zum Biß aufsperren / stecken sie ihnen eine Kolbe ins Maul / halten dieselbe fest mit beyden Händen / treiben sie damit / als mit Zäumen / gefangen ans Land /und zwingen sie auch mit blosser Stimme / daß sie die neulichst verschlungene Cörper wieder zur Begräbniß ausspeyen müssen. Darum schwimmen die Crocodilen allein an diese eintzige Insul nicht / und werden auch durch den blossen Geruch dieser Leute verjagt. Uber das wird in Egypten gefunden ein klein Thierlein / Ichnevmon von Diod. Siculo genannt / welches die Oerter in acht nimmt / da die Crocodilen ihre Eyer hinlegen / und dieselbe darnach verdecket; ja es wältzet sich diß Thierlein wunderlicher Weise im Koth und Schlamm / und nimmt wahr / wann der Crocodil am Ufer des Wassers mit offenem Rachen schläfft /alsdenn springt es durch desselben Maul in das innerste Gedärme / beist sich geschwinde zum Bauch heraus / tödtet seinen Feind hierdurch alsbald / und kommt selbst ohne Gefahr davon.


Gemeiniglich / wo sich in einem Lande schädliche Dinge finden / da hat auch die Natur heilsame Mittel gegen dieselbe hervor gebracht / daher wird im Sprichwort gesagt: Daß in Egypten das schädlichste Gifft / und dagegen die beste Artzney gefunden werde.

Register

[988] Register.
Aller 6. und einer halben Centurien dieser Historien /nach Ordnung des A.B.C. gesetzet / da die erste Zahl die Centurie / die andere das Blat weiset.

Cent. Pag.

Abdolominus wird aus einem Gärtner ein König 5. 706

Abedii Pollionis Tyranney 6. 823

Abgott Moloch 4. 592

Abgari Brieff an Christum 6. 862

Abendmahl / Joh. Valent. Andr. Ap. 5. 756

Accius Navius ein Wahrsager 2. 319

Actæon 2. 177

Adam / was er vor einen Apffel gessen 3. 416

Adlers Treu 4. 643

Adlers verjüngtes Alter 2. 215

Adonides 6. 872

Admetus nimmt Themistoclem um seines Söhnleins willen zu Gnaden an 6. 765

Aelteste Sprache 1. 65

Aegyptische Weiber gehen nicht aus 6. 788

Aegyptier und Persianer Hirnschalen 1. 7

Æneas 1. 132

Æoli suchen beym Cyro zu späte Hülffe 6. 766

Æsopi etliche Thaten 1. 113

Æsopus und Xantus 2. 220

Agathoclis güldenes Kind 2. 310

Agelmundus ziehet ein Kind aus dem Wasser / das nach ihm König wird 7. 894

Alamanduri kluge That 4. 523

Alcibiadis denckwürdige Dinge 3. 438

Alcmæon bekommt die Herberg bezahlt 4. 562

Alcoran wird vom Türcken hochgehalten 6. 843

Alexander / des Amyntä Sohn bestraffet des Persianischen Gesandten Leichtfertigkeit 4. 641

Alexander ersticht Clytum 4. 560

Alexander wird von seinem Medico curirt 1. 48

Alexandri Gespräch mit etl. weisen Männern 1. 3

Alexandri Leben und Thaten 3. 328

Alexandri Leib-Pferd Bucephalus 1. 35

Alexandri M. Leichtbestätigung 1. 27

Alexandri und Heraclii Träume 2. 300

Alexandri Soldaten kommen wegen ihrer langen Haare in Gefahr 6. 810

Alexand. weiset Calan wie er regieren soll 6. 871

Alexand. beweiset Diogenes dz er ein Knecht sey 6. 726

Alexandro wird eine muthige Antwort gegeben von einem See-Räuber 4. 520

Alexandro wird ein wunderb. Stein etc. 6. 805

Alexandri Pherei Schlaff und Tod 7. 897

Alte Kirchen-Lehrer 5. 674

Altvatters Gespräch 5. 698

Allrüncken 3. 419

Alte Römer / wie sie es mit der Braut / etc. 3. 365

Alte Römer / wie sie ihre neugebohrne Kindlein weggeworffen 3. 449

Alter Römer Triumph 2. 304

Alten Ringe-Kunst 3. 445

Alten Schläudern 3. 451

Alten Teutschen Kinder-Probe 3. 452

Alte Teutsche / wie sie den Ausgang etc. 4. 580

Alte / wie und worauf sie geschrieben 3. 439

Alte / wie sie die Jugend zur Arbeit gehalten 1. 36

Alter Philosophen unterschiedliche Zünffte 1. 81

Amadys 2. 494

Amazones streitige Weiber 2. 270

Amphilochius bringt es mit seiner Klugheit dahin / daß der Käyser Theodosius die Arrianer abschafft 6. 778

Androclus und ein Löwe 1. 58

Anfechtung eines / Nahmens Mose 5. 696

Annibal 2. 313

Antigoni kluge Antwort 6. 789

Antigoni Königs Begierigkeit zu lernen 7. 896

Antiochi und Popilii Unterredung 4. 326

Antiochi 2. rühmliche Thaten 3. 436

Antiochus von seinem Weibe Laodice umbracht 4. 635

Antonii und Cleopatræ Mahlzeit 1. 52

Antwort etlicher Griechen / so kurtz etc. 3. 373

Apelles ein berühmter Mahler 1. 137

Apelles mahlet ab Columniam 6. 780

Abt füllet 2. Säcke mit Sand 6. 775

Apollinis viereckichter Altar wird verdoppelt 3. 386

Apollonius Thyanæus, ein alter Zauberer 3. 468

Archias kömmt durch Sicherheit ums Leben 5. 681

Archidamus legt bey den Streit zwischen zweyen Freunden 6. 762

Archimedes und Stasicrates 1. 94

Archimedis Kronen-Probe 3. 442

Argus hundertäugig 1. 163

Ariadne und Thesæus 1. 54

Arion ein Harffenschläger 1. 165

Aristippus 2. 265

Aristippi kluge Antwort / die er einem geitzigen Vatter gegeben 6. 818

Aristippi Schiffbruch 4. 628

Aristomenis seltzames Leben und Ende 1. 12

Arsenii wunderbares Gesicht 6. 808

Artaxerxes begehret / Democritus soll ihm seine Gemahlin wieder lebendig machen 6. 821

Artzney ob die Menschen sie von Thieren erlernet 3. 469

Astyagis Tyranney 1. 63

Astyages ladet Cyrum zu Gaste 4. 566

Athanasius, so verleumdet 7. 926

Athenias eines Philos. Tochter wird Käyserin

7. 920

Athenienser Gebrauch bey Hochzeiten 6. 833

Athenienser Hungers-Noth wird durch Menschen- Opffer gestillet 7. 888

Athis sein Fatum 7. 913

Atlas 2. 343

Auf Gesundheit einem zutrincken 3. 508

Aufruhr Catilinæ 7. 897

Aug und Gewissen werden verglichen 5. 683

Augusti Gäste müssen sonderl. Kleider anhaben 6. 793

Augusti Langmuth 7. 899

Augusto saget Virgilius, wes Sohn er etc. 3. 434

Augustum grüssen Raben auf Lateinisch 1. 145

Augustus straffet seine Tochter 4. 520

Aurelius Ant. gehet im Alter in die Schule 6. 775

Austrigildis blutgierige letzte Bitte 5. 681

Babylon vom Dario und Zopyri Treu etc. 1. 76
Badias und Crispinus 4. 517
Bagaris durch das Gemähld Methodii bekehrt 5. 731
Bärin wird von einem Löwen und Löwinnen umgebracht 5. 785
Basilii Kaysers Erhöhung 7. 916
Basilii kräfftiges Gebet 5. 751
Barmhertzigkeit Tempel 5. 755
Basilisck 2. 217
Bauer dem Fürstl. Ehre wiederfähret 7. 901
Bauer setzet Dattelbäume 5. 738
Bäurin verachtet die Kirche / und dero Straffe 5. 710
Begehren Philippi an die Athenienser 5. 694
Begierigkeit zu lernen beym Könige Antiogo 7. 896
Beli und Semiramidis Begräbniß 2. 318
Belisarii unbeständiges Glück 2. 315
Berge in Persia 5. 720
Berge Höhe 3. 369
Beronice ermahnet Ptolomæum 4. 624
Berühmteste Berge der Welt 2. 342
Bessi aufgewachtes Gewissen 7. 891
Bettler lehret einem Theologo den Hi elweg 5. 722
Bibel 70. Verdolmetscher 5. 312
Biblische merckliche Dinge 2. 295
Bild des Christenthums 5. 699
Bild der Calumnien 6. 780
Bild der Ewigkeit 5. 712
Bild der Gerechtigkeit 5. 651
Bild der Stände der Menschen 5. 760
Bild des Todes 5. 758
Bild der Weißheit 6. 847
Bischoff bringet seine gottlose Mutter / etc. 5. 700
Bischoff Friederich straffet Kayser Ludwig 6. 859
Bischoff muß mit einem Küris im Gefängniß sitzen 5. 743
Blinde / so gelehrt 7. 940
Blinden Mannes Listigkeit 6. 782
Blitzens Krafft und Wunder 3. 490
Blutige Hostien 7. 879
Boëthius vom König Dietrich umbracht 4. 637
Barbonii unglückliche Vorstellung des glücklichen Sieges 7. 919
Braut mit einem Distelkrantz gezieret 6. 830
Brautführung der Alten 3. 369
Briefe Nutzbar und Gefährlichkeit 6. 860
Brillen in die Nähe zu sehen 3. 339
Britannicus durch Gifft hingerichtet 4. 563
Brüder ihrer zween geschwind gestorben 5. 757
Brüder zween / ein kluger und ein alber reisen 5. 590
Brüder kommen in Schertz an einander 5. 709
Bruder-Mörder 5. 701
Brunn verräth die Meineydigen 6. 822
Brunnen / welche wunderbahr 4. 583
Brutus lässet seine Söhne tödten 4. 537

Cajus Julius Cæsar 2. 232

Cajus Pompejus vertragt sich mit Marco Crasso 6. 763

Calanus weiset Alexandro wie er regieren 6. 871

Calanus verbrennet sich selber 4. 545

Caliphus, der Tartar König bekehrt 5. 736

Cambysis Trunckenheit 2. 228

Cambysis & Seleuci Justitz 2. 106

Camilli Leben 3. 428

Canuti löbliche That 5. 739

Carolus König in Franckreich 4. 612

Carolus König von Navarra muß jammerlich verbrennen 6. 802

Carolus IV. wie er von einem seiner Amtleute tractirt 5. 683

Carpo wird Christi Liebe gegen die Sünder gezeiget 6. 764

Carthaginenser 2. Brüder lassen sich um des Vaterlands Grentze zu erweitern / lebendig begraben 1. 86

Carthäuser Mönche Ursprung 4. 549

Castor und Pollux 3. 448

Catharina davon eine Legenda 6. 819

Catharina siehet zwo Cronen 6. 819

Catilinæ Aufruhr 7. 897

Charites oder Gratiæ seyn drey 1. 127

Chariton wunderbarlich erhalten 5. 741

Charondas Tyridus todtet sich selbst 5. 732

Chimæra 3. 446

Christen werden dem Demant verglichen 5. 752

Christenthum im Sinnbild vorgestellet 5. 699

Chrysippus 5. 551

Citticon der Verräther bekommt seinen Lohn 4. 659

Cimon von der Tochter gesäuget 4. 613

Cipseli wunderliche Erhaltung 7. 894. 895

Circe die Zäuberin 1. 155

Claudiæ Quintæ einer Nonnen Wunderthat 2. 320

Cleantis Begierde zu lernen 6. 815

Cleopatræ und Antonii köstl. Mahlzeit 1. 52

Clœliæ männliche und behertzte That 3. 378

Clytus vom Alexandro erstochen 4. 560

Codri des Königs Treue 2. 247

Columbus entdeckt die neue Welt 1. 57

Columbus macht ein Ey stehend 6. 769

Constantini Tiberii Schatz 4. 795

Conterfey eines aufrichtigen Christen 5. 665

Cor verblümt erkläret 6. 792

Coriolanus ein ritterlicher Held 2. 190

Cosmi zween Söhne ko en elend um ihr Leben 5. 673

Costus richtet ein Bild auf dem unbekannten Gott 5. 748

Crassi Geitz 7. 885

Crœsi stummer Sohn redet 6. 787

Crœsus belohnt Alcmæon 4. 562

Crœsi Rätzel / den 7. Weisen vorgehalten 2. 218

Crates ein höckerichter Philosophus 2. 182

Cratippi und Pompeji Gespräch 4. 637

Crispinus und Badias 4. 517

Curatiorum und Horatiorum Kampff 2. 185

Curii Redlichkeit und Eingezogenheit 3. 430

Cydiæ Meineyd offenbahret 5. 663

Cynegirus 4. 619

Cyri Geburt und Auferziehung 1. 63

Cyri unglückseliger Untergang 1. 68

Cyrus vom Astyage begästiget 4. 566

Cyrus macht seinen Soldaten ein Hertz 5. 708

Cyrus verfolgt den Æolis die Freundsch. 6. 766

Dædalus und Icarus 2. 178
Damocles und Dionysius 1. 160
Damon und Pythias 2. treue Freunde 1. 84
Dapsolybier Gebrauch im Heyrathen 5. 725
Darii Reichthum 2. 307
Darii köstlicher Thron 6. 875
Dario verehret Syloson einen Purpurmantel 1. 73
Darius erobert durch Zopyri Treu die Stadt Babel
1. 76
Darius nimmt seines Vatters Weib / daraus viel böses entstehet 7. 932
Darius vom Democide curirt 2. 173
Darius wie er zum Königreich gekommen 2. 184
Davids Reichthum 2. 307
Demant / damit Christen verglichen 5. 752
Demetrius und Rhodiser 2. 195
Democritus betrogen von seiner Magd 2. 644
Democritus soll Artaxerxis Gemahlin lebendig machen 6. 821
Democritus und Heraclidus 1. 131
Demosthenes 4. 535
Demosthenes und Lais 2. 183
Demosthenis Klugheit 2. 198
Demuth Tempel 5. 656
Diamant und Magnet 1. 161
Dianæ köstlicher Tempel 2. 331
Diebstahl zu Zeiten Rhampsiniti 1. 71
Dieners Treue gegen seinen Herrn 7. 921
Dieterich König läst Symmachum und Boëthicum umbringen 4. 637
Diogenis Leben und Thaten 1. 43
Diog. beweiset Alexandro / daß er ein Knecht sey
6. 776
Diogenis Begierde zu lernen 6. 815
Dionysii Tyranney 2. 266
Dionysius betreugt einen Spielmann 4. 539
Dionys. durch eines Philosophi Rede gestrafft 4. 565
Dionysius und ein Schmeichler 4. 601
Dionysius hat seine Ohren an den Füssen 6. 770
Dioscuri 3. 449
Dioxippus und Horatas 4. 515
Distel-Krantz / damit die Braut bey den alten Teutschen gezieret gewesen 6. 830
Domitiani Spiel und Tyranney 6. 852
Dracula nagelt den Türckischen Legaten die Hüte an 6. 771
Drey Berge in Persia 5. 720
Drey Freunde 6. 870
Edimerus redet nach dem Tod 4. 549
Eheleute die sich sehr geliebet 6. 837
Ehestand wie man glücklich darinnen leben soll 6. 851
Eheweiber zu Sparta setzen sich für ihre Männer gefangen 6. 827
Ehre / so Fürstlich wiederfähret einem Bauer
7. 901
Eigenschafft etlicher Thiere 2. 323
Eigen Urtheil nicht verschweigen können 3. 374
Einer sagt jedem / was er gedenckt 5. 728
Einhorn 3. 502
Einigkeit haben auch die Heyden geliebet 6. 836
Elephanten und Bären 2. 229
Eltern seyn Richter ihrer Kinder 4. 537
Ende / so schrecklich grossen Herren 7. 891
Endvögel wachsen auf Bäumen 3. 477
Ennii Beyspiel von der Lerchen 2. 101
Entheiligung des Sabbaths 7. 941
Equus Sejanus 1. 140
Erdkreises Theil 2. 301
Erdkugels Grösse 3. 388
Ericus durch die Music toll gemacht 3. 383
Eridis güldener Apffel 1. 166
Ernesti Hertzogs von Lüneb. Embl. 5. 750
Etruscer Grausamkeit 2. 267
Evathlus und Protagoras 1. 11
Euclides und Socrates 4. 642
Eudoxia Käyserin kömmt in Ungnad 6. 834
Ewigkeit Bild 5. 752
Eyd halten 8. Gefangene / 2. nicht 5. 666
Ey / obs ehe gewesen als die Henne 3. 358
Fabel vom Zwerch der grösser seyn will 5. 685
Fabius Ursinus wäschet aus Rachgier seine Hände im Blut 6. 764
Fabricius ein aufrichtiger Römer 4. 527
Falsche Heylande und Propheten 6. 846
Falscher Leute Exempel 2. 272
Falsche Zeugen werden gestrafft 5. 662
Fälschlich angegebener Sohn und leichtgläubiger Vater 7. 917
Fastnachts Spiels trauriger Ausgang 4. 611
Faustinæ ungebührliche Liebe 6. 793
Feinde zu lieben 6. 784
Feuer oder Wasser / welches das mächtigste Fliederbaums Wunderkrafft 1. 93
Frantzosen stellen das Reformation-Wesen im Schauspiel vor 5. 653
Frauen gelehrt unter Christen 4. 609
Frauen gelehrt unter Heyden 4. 606
Frauen Schwätzhafftigkeit 4. 603
Fresser 5. 746
Freyheit der Poeten im Lügen 2. 259
Freude / dafür sterben 1. 34
Friederichs Landgraffen in Thüringen köstliche Mauer 5. 676
Furis Cresini Fleiß und Verantwortung 1. 142
Furius Cumillus tractirt einen untreuen Præceptorem 1. 171
Frömmigkeit der Heyden 7. 883
Fürwitz 2. 294
Gänse verwahren das Capitolium zu Rom 3. 426
Gasterey / so prächtig 5. 754
Gasterey-Gesetz der Römer 1. 90
Galeacius läst einen unrechtfertigen Advocaten hencken 4. 514
Gastgebrauch der Aegypter 4. 630
Gast / so undanckbar 2. 243
Gebrochene Gelübde wird mit dem Leben bezahlet 7. 889
Geburtstages merckliche Begebenheiten 7. 893
Gedächtniß etlicher Leute 3. 354
Gedächtniß so verlohren 7. 915
Gedicht vom Streit der Sonnen und des Windes
5. 724
Gefangene / der 8. den Eyd halten / zween nicht 5. 666
Geitzhalß Pythes 4. 538
Geld / so von etlichen nicht geliebet 5. 689
Gelehrte Frauen unter den Christen 4. 609
Gelehrte Frauen unter den Heyden 4. 606
Gelehrter Ehren-Seulen 7. 938
Gelübde so gebrochen / wird mit dem Leben gestraffet 7. 889
Gerechtigkeit Bild 5. 651
Gericht Gottes / dafür fordert einer seinen Feind 6. 781
Geringer Ankunfft Leute kommen zu Ehren 5. 703
Geschwinde Kriegs-Räncke etlicher Tyr. 1. 74
Gesicht / so scharff / Exempel davon 5. 672
Geschwinder und wunderlicher Tod 6. 803
Gespenst vom Athenodoro vertrieben 2. 224
Gespräch Alexandri M. mit etlichen Weisen 1. 4
Gespräch eines Christen mit einem Juden 6. 857
Gewissen und ein Auge werden verglichen 5. 683
Gewissens Krafft 4. 637
Gewohnheit 3. 364
Gifft-Fresser 3. 425
Gisippus und Titus 2. 245
Glaß / daß man hämmern kan 3. 431
Glaubwürdiger Leute Exempel 2. 272
Glücks-Rad 1. 116
Gott / dafür sich etliche ausgeben 5. 733
Göttinnen der Heyden 1. 150
Götter und Göttinnen unter der Erden 1. 153
Götter der Poeten 1. 146
Gordianische Knopff oder Knote 2. 195
Grab dahin fleucht ein Knecht 6. 806
Grabschrifften 6. 790
Gratiæ sein drey 1. 127
Grausamkeit etlicher Tyrannen 2. 266
Greiff Vogel 1. 169
Griechische Kämpffe und Streite 1. 120
Groß Glück Polycratis 1. 21
Grosse Christoph 7. 905
Gut / welches das höchste 1. 91
Gygis Ring der Unsichtbarkeit 1. 79
Haar bringen Alexandri M. Soldaten in grosse Gefahr 6. 810
Hadrianus, der 4te Hauptverfolger der Christen 6. 856
Hand und Finger 3. 506
Handwercker wird der Frauen zu Gefallen ein Kauffmann 5. 711
Hahnen-Geschrey 3. 362
Hahn / warum er kreht / wenn der Tag anbricht
4. 540
Hans ohne Sorge 2. 221
Harpyjæ 3. 471
Haß der Stieffmütter gegen die Kinder 7. 931
Hatto Bischoff 2. 201
Hatto handelt tückisch 5. 663
Haus / das durchsichtig 5. 670
Haushalten wird einem gewiesen vom guten Freund 5. 717
Heliogabali Todes-Bereitung 1. 50
Helena 3. 415
Henne / ob sie ehe / als das Ey gewesen 3. 358
Heraclitus und Democritus 1. 131
Herberg-Recht der alten Römer 4. 517
Heraclii und Alexandri M. Traum 2. 300
Herculis Gespräch mit der Wollust 1. 15
Herculis Leben und Thaten 1. 69
Herings-Fang 3. 486
Hero und Leanders inbrünstige Liebe 3. 397
Herodes I. 4. 552
Herodes II. III. IV. 4. 556
Heyden haben auch die Einigkeit geliebet 6. 836
Heyden Frömmigkeit 7. 883
Heydnischer Götze Ruminus 6. 809
Hippoclides und Philostrates 4. 585
Hirsches Natur 2. 321
Höchstes Gut 1. 91
Höhe der Berge 3. 369
Hochzeit-Gebrauch der Athenienser 6. 833
Hochzeit-Geschenck auf einer Hochzeit 5. 721
Holunders wunderbare Krafft 1. 93
Homeri Schrifften 2. 197
Horatii Coclitis ritterliche That 1. 33
Horatiorum und Curatiorum Streit 2. 185
Horn des Uberflusses 2. 200
Hojenbändel. Orden 6. 832
Hund verräth die Mörder 5. 679
Hundes Treue 2. 260
Hundes wunderliche Stärcke 4. 548
Hungersnoth der Athenienser wird durch Menschen Opffer gestillet 7. 880
Jahr Platonis 1. 101
Jahr / warum mans vom Januario auf. 3. 380
Jason und Medea 5. 157
Ibicus und Bessus 2. 242
Icarus und Dædalus 2. 178
Igel 6. 788
In den unrechten Hals 3. 485
Intaphernis Hausfr. denckwürd. That 1. 62
Insbrünstige Liebe zwischen Hero und Leander
3. 397
Job ein Wunder-Fluß 5. 719
Irrthum von Pflantzen 2. 248
Judas der Verräther eine Legenda davon 5. 659
Jude / so verstockt 7. 880
Jude / so wunder-alt 7. 908
Jüden boßhafftiges Vornehmen gestrafft 5. 753
Jüdisches Historien-Register 2. 338
Juliæ vernünfftige Antwort 4. 559
Julii Cæs. Leutseligkeit gegen seine Feinde 6. 779
Julius Cæsar 2. 232
Junge Bursch zur Arbeit gehalten 1. 61
Jungfrauen Kinder zu Sparta 3. 504
Jüngstes Gericht abgemahlt / dadurch Caliphus bekehrt 5. 736
Jüngsten Tag wollen etliche wissen 5. 730
Jupiter mit einer Ketten zur Erd gezogen 6. 800
Jupiter / wie offt er sich der Buhlerey halber verstellet 2. 262
Kayser / Könige / Fürsten etc. aus geringem Stande 5. 704. 795. 5. 703
Kayser Cajus Julius 2. 232
Kayser / wie er pflegt erwehlt zu werden 2. 251
Keyser Valens und Bischoff Basilius 7. 929
Kaysers Basilii Erhöhung 7. 916
Kampff Horatiorum und Curatiorum 2. 185
Keretchin Laßla wird wegen Verrätherey etc.
5. 659
Ketzer und Ketzereyen Register 6. 867
Keusche Lucretia 2. 256
Kinder der Jungfrauen zu Sparta 3. 504
Kinder Probe der alten Teutschen 3. 452
Kinder / so ihre Eltern übel halten 6. 828
Kinder viel zeugen 3. 420
Kinder wunderbarlich erhalten 5. 740
Kindliche Treue einer Tochter 4. 613
Kirchen gehen / daß es nicht säume / wird mit einer Historie behauptet 6. 876
Kleider-Tracht der Alten 4. 616
Kleidung so schlecht bey hohen Potentaten 7. 884
König der allezeit 4. Novissima bedenckt 5. 691
Königs Philippi Antwort einem Bettler 4. 516
Kriege / ob sie vor Zeiten so groß / als jetzt 3. 464
Kriegs-Zucht der alten Römer 4. 524
Kröten und Spinnen Feindschafft 3. 483
Kronen und Kräntze 3. 493
Kukkuck 2. 187
Kunst der alten Ringer 3. 445
Künstler / hält sich in 3. Stücken glücklicher als Könige 6. 863
Kunststücklein der alten Werckmeister 3. 355
Kurtze Antwort etlicher Griechen 3. 373
Küssen 3. 456
Labyrinth / was es für ein Gebäu 1. 54
Lachen hat etlichen den Tod gebracht 4. 596
Lais und Demosthenes 2. 183
Lämmer wachsen aus der Erden 3. 476
Langmuth Augusti 7. 899
Laodicea läst Antiochum tödten 4. 635
Laurentius 6. 816
Leanders und Hero insbrünstige Liebe 3. 397
Lebendige Nasen und Lefftzen ansetzen 3. 482
Legenda von der H. Catharina 6. 819
Legenda vom Juda 5. 660
Leichtgläubiger Vatter / und fälschlich angegebener Sohn 7. 917
Leo wird aus dem Gefängniß erlöst 5. 707
Lerche und deren Jungen 2. 191
Leute so geringer Ankunfft / ko en zu ehren 5. 705
Leute treffliches Gedächtnisses 3. 354
Licht ein Emblema einer Obrigkeit 5. 750
Liebe Gemähld 5. 697
Liebesbißlein 7. 933
Liebes-Träncklein 4. 593
Liebe zu leblosen Dingen 4. 647
Lysimachus verkaufft seine Freyheit 6. 786
Listigkeit eines blinden Mannes 6. 782
Livii Drusii durchsichtiges Haus 5. 670
Lob etlicher Städte 1. 24
Lorbeerbaum 1. 123
Löw und Löwin bringen einen Bären um 5. 735
Löwens Treu gegen Androclum 1. 58
Lucretia die keusche 2. 256
Lustgarten / so berühmt 2. 347
Lybussa und Primislaus 4. 620
Lycurgus 3. 499
Lyncem 3. 411
Magnet und Diamant 1. 161
Mahler so berühmt 1. 138
Mahlzeit einem Schulmeister wol bezahlt 5. 687
Mancherley Art die Todten zu bestatten 1. 96
Männer-Bock und Jungfrauen Milch 3. 488
Männliche That Clœliæ 3. 378
Marcus Curtius stürtzt sich in eine Grube 1. 33
Maul-Esel Thaletis / so klug 5. 693
Mauer von Menschen um ein Schloß 5. 676
Maximilianus beschämt seinen Diener 5. 671
Maximiliani Ring 5. 671
Mäyen / warum sie am 1. May in Kirchen 5. 726
Meer will Xantus austrincken 2. 220
Meer-Räuber schreckliches Ende 6. 844
Meeres Tieffe 3. 371
Meineyd kommt an den Tag 5. 663
Meineydige verräth ein Brunn 6. 822
Meisterstücke von drey kunstreichen Brüd. 3. 487
Melancholischer Leute Exempel 4. 590
Menecrates curirt Philonidem 5. 655
Menecrates macht sich selbst zum GOtt 5. 732
Menschen haben sich zu tode gelacht 4. 596
Menschen haben etliche Jahr ohne Essen gelebt 3. 423
Menschen erhoben Gesicht 2. 239
Menschen und Thiere / wie sie erst in die neue Welt kommen 3. 403
Menschen und Thiere sind nicht ungefehr hinein kommen 3. 405
Ob sie aus bedachtem Rath die Reise dahin angestellet 3. 407
Menschen wunderbahre Art 1. 56
Menschen / ob sie die Artzney von Thieren erlernet 3. 496
Merckliche Dinge aus der Bibel 2. 295
Mäßigkeit Exempel 5. 747
Metelli kindliche Liebe 7. 903
Methodii Gemählde bekehrt Begarim 5. 731
Meuchelmörder Fürstl. Personen 7. 882
Midas mit Esels-Ohren 1. 164
Milo und Titormus 1. 51
Minos 2. 178
Minotaurus 1. 55
Mithridates 1. 38
Mohreu Sonnen-Tisch 5. 694
Moloch greulicher Abgott 4. 592
Momus / Allermans Tadeler 1. 23
Monarchien vier der Welt 1. 83
Monima, Mithridatis Ehegemahl 1. 39
Mörder verräth ein Hund 5. 679
Mörder verrathen seine Schuh 5. 680
Morgenröthe 2. 226
Mosis Leib will der Teuffel haben 3. 507
Music Feinde 6. 842
Music wunderliche Wirckung am Erico 3. 382
Mutius Scævola ein behertzter Held 1. 32
Muthige Antwort eines See-Räubers dem Alexandro 4. 519
Mutter gebährt 12. Söhne etc. 3. 422
Nachtigal 1. 157
Nagel wünschet einer das Glücks-Rad fest zu machen 6. 807
Narcissus 1. 115
Naphta 1. 98
Natur des Hirschens 2. 321
Natur des Rabens 2. 309
Neapolitanischer Herr fordert seine Feinde für das Gericht GOttes 6. 781
Neid mit dem Tiegerthier verglichen 6. 799
Neronis Leben und Tod 1. 39
Neue Welt durch Columbum entdeckt 1. 87
Neue Welt / ob sie den Alten bekannt gewesen
3. 400
Niesen 4. 639. 6. 794
Nini Thaten und Kriege 6. 767
Nordischer Länder wunderbare Eigenschafft 1. 4
Ob das Ey eher gewesen als die Henne 3. 358
Ob man den Sand am Meer zehlen könne 3. 357
Oedipus lößt Sphingis Rätzel auf 1. 141
Oracula der Alten 3. 493
Orpheus mit seiner Leyer 3. 384
Osiris ein Egyptischer König 6. 772
Ottonis Antonii Tyranney 6. 904
Ovation und Thriumph der alten Römer 2. 304
Ostertags ob die Sonne tantze 2. 231
Palladium der uhralten Stadt Troja 1. 14
Palmbaum 2. 193
Pandion, Progne, Philomela 1. 158
Pandoræ Büchse 3. 390
Papagey erlöst Leonem aus der Gefängniß 5. 707
Papinianus ein gewissenhaffter Rechtsgelehrter
4. 512
Papyrii Verschwiegenheit 1. 1
Paradeiß wird mit der Schule verglichen 6. 820
Paris 3. 453
Parrhasius ein berühmter Mahler 1. 137
Pausanias rächet sich an Philippo 4. 525
Pausanias Verrätherey kömmet aus 5. 658
Penelope 2. 174
Perser ungebührliche Leichtfertigkeit vom Alexandro bestrafft 4. 641
Phaëtontis thörichte Bitte und Fall 1. 118
Phalaris Tyranney 2. 266
Pheron Sesostris Sohn 1. 66
Philippi Begehren an die Athenienser 5. 694
Philippus, wie er sein unrecht gesprochen Urtheil rechtmäßig exequiret 7. 937
Philoctetes 3. 503
Philonides so kranck / wird gesund 5. 615
Philopomenon 4. 586
Philosophen Zünffte bey den Alten 1. 81
Philosophi wollen erfahren / wer Valenti folgen soll 6. 849
Philosophus beantwortet 4. Fragen 6. 804
Philosophus führet allerhand Marter auf etc.
5. 377
Philostratus und Hippoclides 4. 585
Phœnix Vogel 2. 234
Pilati Begräbniß 7. 910
Was davon zu halten sey 7. 912
Pisonis Tyranney 4. 541
Platonisches grosse Jahr 1. 102
Platonis Eltern 4. 528
Platonis Leben 4. 531
Platonis kluge Reden 4. 533
Plauti Begierde zu lernen 6. 815
Poeten Freyheit im Lügen 2. 259
Poetischer Götter Register und Erklärung 1. 146
Pollux und Castor 3. 448
Polycratis grosses Glück 1. 21
Polypus und Proteus wanckelbahr 1. 167
Pompejus der Grosse 3. 492
Pompeji und Cratippi Gespräch 4. 637
Popilii und Antiochi Unterredung 4. 526
Pori und Prusiæ ungleiche Natur 4. 634
Prediger Spötter wird gestrafft 5. 652
Primislaus und Lybussa 4. 620
Probe wer unter 3. Söhnen der eheliche 6. 865
Prometheus 3. 391
Protagoras wird aus einem Holtz-Träger ein Philosophus 1. 37
Protagoras und Evathlus 1. 11
Protogenes, ein berühmter Mahler 1. 137
Protogenis Gebet macht Krancke gesund 7. 930
Psammeniti Beständigkeit und Unglück 1. 78
Psammetichi wunderliche Liebes-Erregung 4. 552
Psammetichus hat wollen ergründen / welche Sprache die älteste 1. 65
Psyllæ Schlangen-Vertreiber 1. 53
Ptolomæi Bibliotheck 2. 312
Ptolomæi Grausamkeit 2. 267
Ptolomæus wird von seiner Gemahlin zum Guten ermahnet 4. 624
Pyramus und Thysbe 3. 360
Pyrrhus und Fabritius 4. 527
Pythagoræi 1. 81
Pythagoræ Philosophia 2. 325
Pythagoras kan wilden Thieren befehlen 4. 622
Pythes der Geitzhalß 4. 538
Pythias und Damon zwey Freunde 1. 84
Pflantzen / davon etliche Irrthüme 2. 248
Quatuor Novissima bedenckt allezeit ein König
5. 691
Raben grüssen Augustum 1. 145
Rabens Leichbegängniß 4. 600
Rabens Natur 2. 309
Rache Heydnischer Götter 7. 887
Radbotus 4. 602
Rätzel Crœsi, den 7. Weisen vorgehalten 2. 218
Rampsiniti Tochter einem Listigen gegeben 1. 71
Rechtfertiger Leute Exempel 1. 103
Redner können in der Rede nicht fortko en 5. 668
Reformationwerck im Schauspiel vorgestelt 5. 653
Reichthum etlicher Könige 2. 307
Rhodiser und König Demetrius 2. 194
Riesen 3. 377
Ring Käyser Maximiliani 5. 671
Ringe-Kunst der Alten 3. 445
Roberti Ehegemahl säugt ihrem Herrn Gifft aus 5. 714
Römer Gesetze von Gastereyen 1. 90
Römer liessen ihre Weiber nicht ausgehen 6. 788
Römer und Sabiner Schlacht 2. 268
Römer Triumph 2. 304
Römer / wie sie es mit der Braut gehalten 3. 365
Römisch Historien-Register 2. 340
Römischen Reichs vornehmste Stände 3. 253
Romulus und Remus / Brüder 2. 235
Rostock / die Stadt 2. 349
Ruchloser Menschen Straffe 5. 727
Ruminus ein heydnischer Götze 6. 809
Sabbaths Eintheilung 7. 941
Sabiner und Römer Schlacht 2. 268
Saladinus bestellt ihm die Leichbegängniß 4. 597
Salomonis Reichthum 2. 307
Saltz 4. 588
Sand am Meer / ob der zu zehlen 3. 357
Säuffer und säuische Menschen 5. 745
Scham-Tempel 5. 656
Scharffsichtiger Leute Exempel 5. 672
Scharffsichtiger als Lynceus 3. 411
Schatzkammer Tiberii 4. 595
Schiff Thesei 6. 873
Schiffahrt der Alten 2. 333
Schilde der Babylonier werden vom Demetrio verlacht 6. 797
Schlacht der Römer und Sabiner 2. 268
Schlangen-Vertreiber Psillæ 1. 53
Schläuder der Alten 3. 451
Schmincken 3. 417
Schreiben der Alten 3. 439
Schuhe verrathen einen Eltern-Mörder 5. 680
Schul und Paradeiß werden verglichen 6. 829
Schwalben 2. 196
Schwanen gezehlet unter die Unreinen 6. 798
Schwanen-Gesang 2. 202
Schwätzhafftigkeit einer Frauen 4. 603
Schwimmer 4. 574
Scilurus vermahnet seine 80. Söhne zur Einigkeit
1. 144
Sechs Theile der Welt 2. 301
See-Räubers muthige Antwort dem Alexandro gegeben 4. 519
Sein eigen Unheil nicht verschweigen 3. 374
Sejanisches Pferd 1. 140
Seleuci und Cambysis Justitz 1. 106
Semiramidis Geburt / Heyrath und Gebäu 6. 811
Semiramis wie sie zum Regiment kommen 2. 317
Semiramidis Kriege und Absterben 6. 812
Semiramidis Thaten 2. 318
Semiramidis und Beli Grab 2. 318
Sesostris Geburt / Aufferziehung etc. 6. 826
Sesostris und sein Sohn Pheron 1. 66
Sibylla beut Tarquinio Bücher zu verkauffen an
1. 2
Sibyllen 3. 501
Sieben Schläffer 3. 412
Sieben weise Meister in Griechenland 1. 110
Sigismundus und seine Diener 4. 629
Simplicianus 5. 668
Socrates und Xenophon 6. 848
Socratis Gelehrheit und Ungestalt 1. 29
Socratis Unterredung mit Euclide 4. 642
Socratis Unterredung mit Theodora 4. 598
Sohn will lieber nicht erben / als seinem Vater nach dem Hertzen schiessen 6. 866
Solons Liebe gegen seinen Sohn 7. 904
Solons Trost im Unglück 2. 255
Solon und Crösus 1. 59
Soldaten bekehren sich 5. 716
Soldat bittet Antigonum ihme zu helffen um seines Vaters Dienste willen 6. 795
Sonne ob sie am Oster-Tage tantze 2. 231
Sonnen-Tisch der Mohren 5. 694
Sonn und Wind streiten 5. 724
Spanische Tyranney in West-Indien 3. 489
Spartanische Frauen lassen sich gefangen setzen vor ihre Männer 6. 827
Spartaner grosse Liebe zur Freyheit 6. 821
Spartanische Jungfrauen-Kinder 3. 504
Spartanischer Rathsherren Wahl 4. 633
Sphynx, und dessen Rätzel 1. 141
Spielmann artig vom Dionysio betrogen 4. 539
Spinnen 6. 824
Spinnen und Kröten Feindschafft 3. 483
Spötter der Predigt wird gestrafft 5. 652
Sprach / welche die älteste 1. 89

Sprichwörter.

Asini de prospectu ligitare 4. 573

Asino das ossa 4. 573

Asinum tondes, ab asino lanam 4. 571

Asinns apud Cumanos 4. 572

AEs Dodonæum 2. 242

Areopagita incorruptior 4. 576

Corycæi 2. 180

Cretiza cum Cretensi 4. 569

Davus sum, non Oedipus 1. 141

De Asini umbra litigare. lt. De Lana caprina 2. 200

Eigen Heerd ist Goldes werth 6. 825

Haud curat Hippoclides 6. 568

Hydra Lernæa 2. 181

Ingratus Hospes 2. 243

Inter sacrum & saxum 2. 179

Lupus in Fabula 5. 669

Mali corvi malum ovum 1. 11

Mandrabuli more res succedit 2. 242

Neque natare, neque literas didicit 4. 574

Non cuivis licet ire Corinthum 2. 183

Omnem lapidem movere 1. 168

Orci Galea 4. 579

Perducere ad Colophonem 2. 181

Polypo mutabilior 1. 167

Pomum Eridis 2. 167

Permutatio Glauci & Diomedis 2. 240

Scylla & Charybdis 3. 472

Ranæ Seriphiæ 2. 179

Satdi venales 2. 180

Scharffsinniger als Lynceus 3. 411

Silentium Pythagoricum 2. 325

Stultior Militide 4. 570

Syncretismus 4. 577

Tanti pœnitere non emo 2. 183

Tute lepus es, & pulpamentum quæris 2. 241

Vindicta Lycurgi 6. 783

Stände der Menschen abgemahlet 5. 760
Stände des Römischen Reichs 2. 253
Stasicrates und Archimedes 1. 94
Stadt Rostock Beschreibung 2. 349
Städte Lob 1. 24
Stein dem Alexandro verehret 6. 805
Sterben für Freude 1. 34
Stieffmütter Haß gegen die Kinder 7. 931
Storchs Pietät 2. 202
Stockholmisches Gespenst 7. 935
Straffe der Vatter-Mörder 7. 902
Straffe der Verleumder 7. 918
Studenten dreymahl drey Führer 1. 128
Stummer Sohn Crœsi redet 6. 787
Syloson verehret Dario einen Purpurmantel 1. 73
Symmachus vom König Dietrich umbracht 4. 636
Syrenen 1. 143
Taback 1. 125
Tag des Jüngsten Tages wollen etliche wissen
5. 729
Täntze der Spartaner 1. 159
Tanaquill 3. 414
Tarquinio werden Bücher angeboten 1. 2
Tarquinii des Andern Tyrannische List 1. 47
Tempel der Barmhertzigkeit 5. 755
Tempel der Dianæ zu Epheso 2. 331
Tempel der Scham und Demuth 5. 656
Teuffels Heyrath 5. 677
Teutsche / wie sie den Ausgang der Kriege haben erkundiget 4. 580
Thales weiset Solon was der Ehstand sey 4. 521
Thaletis kluger Maul-Esel 5. 693
Themistocles nimmt des Admeti Söhnlein auf die Arm / und erhält Gnade 6. 765
Theodosius schaffet / vermittelst des Amphilochii, die Arrianer ab 7. 778
Theodoræ Unterredung mit Socrate 4. 598
Theologus lernet vom Bettler den Himmelweg
5. 722
Thesei Geburt und Thaten 6. 839
Theseus und Ariadne 1. 54
Thiere / so künstlich 6. 866
Thiere / so wunderbarlicher Geschwindigkeit
4. 631
Eigenschafft und Erklärung 3. 323
Thisbe und Pyramus 2. 340
Thränen Ursprung 5. 686
Tiberii Schatzkammer 4. 595
Tiberius versucht Thrasullum 4. 518
Tieffe des Meers 3. 371
Tiegerthier damit der Neid verglichen 6. 799
Timanthes Gemählde 5. 759
Tiresias, blinder Wahrsager 3. 498
Titormus und Milo 1. 51
Titus Manlius Torquatus 4. 524
Titus Sabinus 4. 582
Titus und Gisippus 3. 245
Todten Begräbniß mancherley 1. 96
Todes Bild 5. 758
Tode / ob sie wieder können lebendig werden
4. 618
Tod / so geschwind 6. 803
Todschläger Tod 7. 889
Tortur / so sehr groß etc. 5. 754
Trajanus, der 3te Haupt-Feind der Christen 6. 834
Träume / so nicht zu verachten 1. 20
Träume Alexandri M. und Heraclii 2. 300
Trau-Ring Königs von Navarra 6. 841
Treue einer Tochter gegen ihrem Vatter 4. 613
Treue eines Dieners gegen seinen Herrn 7. 921
Treue zwischen einem Löwen und Androclo 1. 58
Treue eines Adlers 4. 643
Treue der Hunde 2. 260
Treue des Königs Codri 2. 247
Treue zweyer Brüder gegen das Vatterland 1. 86
Trinck-Geschirr / so abscheulich 5. 688
Triumph der alten Römer 2. 304
Trojæ Untergang / und Trojanisches höltzernes Pferd 1. 134
Trunckenheit etlicher Jünglinge 4. 614
Tyrannen Grausamkeit 2. 266. 6. 850
Tyrannen wie glücklich sie seyn 1. 160
Valens lässet alle tödten / deren Namen von Th. anfiengen 6. 849
Vater-Mörder dero Straffe 2. 346. 7. 918
Vaters natürliche Widerwertigkeit für sein Kind
5. 728
Ubelthäter Straffe bey den alten Römern 3. 500
Uberwinder so geschwind 7. 886
Ubung der Gedult 2. 273
Ucalegon 2. 221
Verdolmetscher der Bibel 2. 312
Vergessenheit 4. 626
Verleumder bekömmet seinen Lohn 6. 876. 7. 918
Verleumdungs-Bild 6. 780
Verlohrnes Gedächtniß 7. 915
Verräther so verhast 7. 885
Verräther bekommen ihren Lohn 5. 657
Verräther nimmt ein schreckliches Ende 5. 658
Verräther Judas / wer er gewesen Legenda 5. 659
Verschlinger / so fürwitzig aber unglückselig
7. 923
Verschweigen nicht können sein eigen Unheil
3. 374
Verschwiegenheit Papyrii 1. 1
Victorinus und Simplicianus 5. 668
Vielfrässe 2. 337. 7. 924
Viel Kinder zeugen 3. 420
Vier Monarchien der Welt 1. 83
Virgilius sagt Augusto / wessen Sohn er sey 3. 434
Virgilius, was er von Ænea geschrieben 1. 132
Ulyssis Gespräch mit der Auster 2. 274
Ulyssis Gespräch mit dem Haußhahn 2. 291
Ulyssis Gespräch mit der Hinde 2. 279
Ulyssis Gespräch mit der Mauß 2. 292
Ulyssis Gespräch mit dem Maulwurffe 2. 276
Ulyssis Gespräch mit der Nachtigal 2. 282
Ulyssis Gespräch mit der Sau 2. 288
Ulyssis Gespräch mit der Schlange 2. 284
Ulyssis Reise nach dem Trojanischen Kriege
2. 284
Ulyssis Wiederkunfft nach seinem Vatterland
2. 212
Ulyssis zehenjährige Walfarth 2. 206
Undanckbarer Gast 2. 243
Unehlich geboren werden ist schändlich 4. 625
Unkraut / warum es mehr wachse / als das gepflantzete 2. 237
Vogelgeschreyes Weissagung 1. 110
Vogel Greiff / und Vogel Ruck 1. 169
Vogel Phönix 2. 232
Vogelschiessen 6. 836
Urtheil / so Philippus unrecht gesprochen / wird rechtmäßig exequiret 7. 937
Warum die Weiber mit weissen Schleyern trauren
3. 381
Warum man zu dieser Zeit das Jahr vom Januario anfange 3. 380
Was Adam in Paradieß für einen Apffel gessen
3. 416
Was der Labyrinth für ein Gebäu gewesen 1. 54
Was die Amazones für Weiber gewesen 2. 270
Was für Wein Christus aus Wasser gemacht zu Cana 3. 470
Wasser oder Feuer / welches das mächtigste 1. 25
Weerwölffe 3. 432
Weiber / so gelehrt unter Christen 4. 609
Weiber / so gelehrt unter Heyden 4. 606
Weiber vielgeliebter Märterer 3. 509
Weiber werden verachtet 5. 722
Weiber der Egyptier und Römer gehen nicht viel aus 6. 788
Weiber / so ohne Schmertzen gebohren 6. 831
Weise Sibyllen 3. 501
Weise aus Griechenland 1. 107
Weissagung aus Vogelgeschrey 1. 100
Weisse Raben / schwartze Schwanen / rother Schnee 3. 395
Weißheit Bild 6. 847
Welches das höchste Gut 1. 91
Welches gesünder / mager oder feist 2. 335
Welche Sprache die älteste / hat Psammetichus wollen erkundigen 1. 65
Welt hat 6. Theil 2. 301
Welt / hat vier Monarchien gehabt 1. 83
Wie die alten Römer ihre neugebohrnen Kindlein haben hinweggeworffen 3. 449
Wie der Käyser pfleget erwehlet zu werden 2. 251
Wie die neue Welt erst durch Columbum endecket worden 1. 87
Wie glückselig die Tyrannen seyn 1. 160
Wie die junge Bursche zur Arbeit sind gewehnet worden 1. 6
Wie es die alten Römer mit der Braut gehalten
3. 365
Wie hoch die Wolcken von der Erden 3. 369
Wie offt sich Jupiter der Buhlerey halber verstellet
2. 262
Wie und worauf die Alten geschrieben 3. 439
Wie und auf was Wege die erste Menschen und Thiere in die neue Welt kommen 3. 403
Wie die alten Teutschen den Ausgang der Kriege erkundiget 4. 680
Wind und Sonne streiten 5. 724
Wolffgang Fürsten zu Anhalt Hochzeit-Geschenck auf einer Hochzeit 5. 721
Wunderbahre Brunnen 4. 583
Wunderfluß Job 5. 719
Wunderbahres Gesicht Arsenii 6. 808
Wunderbahre Art von Menschen 1. 56
Wunderbare Krafft des Hollunderbaums 1. 93
Wunderlicher Diebstahl zu Zeiten Königs Rampsiniti 1. 71
Wunderliche Wirckung der Music an dem Dänischen König Erico 3. 382
Wunderwercke der alten Welt 1. 8
Wundersame Bäume 3. 463
Wunderschöne Psyche 3. 457
Wunder-Thier Sphynx 1. 141
Wunderbahrer Stein dem Alexandro M. verehret
6. 805
Xantus und Æsopus 2. 221
Xantus will das Meer austrincken 2. 219
Xenophon und Socrates 6. 848
Xenophontis nachdenckliche Reden 6. 768
Xerxes 2. 326
Zäuberin Circe 1. 155
Zeno Käyser 4. 542
Zeuxis ein berühmter Mahler 1. 137
Zeuxis mahlet die schöne Helenam 6. 801
Zeuxis stirbt mit Lachen 5. 742
Zopyrus verräth Dario die Stadt Babylon 1. 76
Zünffte der alten Philosophen 1. 81
Zu trincken auf Gesundheit 3. 508
Zween Brüder Romulus und Remus 2. 235
Zweyer Brüder Treue gegen das Vatterland 1. 86
Zweyer Brüder geschwinder Tod 5. 757
Zwerg will grösser seyn 5. 685
Zween Fechter 4. 515
Zwey reisende Brüder 5. 690

Register.
über die letzte halbe Centurie,
Die Zahl bedeutet die paginam.
A.

Abgötterey die schädlichste 977
Adam erster Mensch 943
Alladii Gottlosigkeit gestrafft 970
Amasis Königs Ansehen 981
Amazonen Ursprung 949
Apryis Egyptischen Königs Regierung und Tod 977
Arati Vatterland 947
Auranitis Fruchtbarkeit 944

B.

Bellerophontis Keuschheit und Tapfferkeit 953
Bette herrliches verflucht 950
Bettelstab / darzu bringt unnütze Verschwendung
963
Bias Philosophus 984

C.

Cacus listiger Strassenräuber 956
Cain und dessen Tod 944
Candaulis närrische Liebe 960
Cerberus Höllen-Hund 964
Crocodil von den Egyptern verehret 977
Crocodil wider deren Schädlichkeit Mittel 988
Crocodils-Thränen 975
Crœsi Macht 979
Cyri Königliches Hauß 979

D.

Darii Großmüthigkeit 981
Demarati Treue 985
Dienst GOttes belohnt 986
Donner nachgethan gestrafft 970

E.

Ecbatanæ Erbauung 972
Eheweibes Zierde 970
Ehre von Tugend 973
Erisichron hungrige 962
Europæ Raubung 963

F.

Freundschafft auffrichtige 968
Fürsten / denselben gebührt Ehre 981

G.

Geld / wie die Weltweisen machen können 983
Gnepachtus Egyptischer König 949
Gorgonis Klugheit 985
Gygis Ring 960

H.

Hanochia erste Stadt 962
Harpocrates Götze 948
Hoffart kö t vor dem Fall 966

I.

Ichnevmon Thierlein 988
Iphigeniæ Aufopfferung verhindert 966

K.

Kind / durch ein in der Wiegen liegendes eine Schlacht gewonnen 987
König der erste 947
Königliche Cron voller Gefahr und Sorgen 984

L.

Lästerer GOttes gestrafft 987
Leichtgläubigkeit schädlich 969

M.

Macht GOttes 976
Melanthii Kampff mit Xanthio 968
Mena Egyptischer König 949
Mensch erster 943
Messene servilior 971
Mynischen Weiber Treue 969
Monarche erster 946

O.

Opfferung Iphigeniæ verhindert 966
Orestes und Pylades vertraute Freunde 967

P.

Palanti Treue 973
Paradieses Gelegenheit 943
Præadamiten 943
Pylades und Orestes vertraute Freunde 967

R.

Regenten / deren Tugenden den 975
Reichthum der beste 984
Respect halten / ein Zeichen der Großmuth 973

S.

Sabaci Egyptischen Königs löbliche Regierung
974
Sanfftmuth Regenten höchstnöthig 975
Schlacht durch ein in der Wiegen liegendes Kind gewonnen 987
Schreib-Kunst vor der Sündfluth 946
Scythen Sieg wider ihre Knechte 957
Sesostris Geburt und Auferziehung 950
Seths Seulen 945. seq.
Simonides in Gefahr erhalten 986
Simonides dessen Traum 987
Spotten läst sich GOTT nicht 970
Stadt erste auf Erden 96
Stadt durch Ziegen erobert 958
Sündfluth / Merckwürdigkeiten vor derselben 947
Sycionier Königreich 947

T.

Tantali Gottlosigkeit 955
Telchina Landschafft 948
Tentyritæ Völcker 988
Thulis denckwürdige Geschicht 965
Trauben / woher benahmt 956
Trier / deren Erbauer 951
Triptolemus, Cereris Nachfolger 953
Tugenden eines Regenten 975
Tugenden bringen Ehre 973

U.

Undanckbarkeit ein heßliches Laster 970
Undanckbarkeit gestrafft 959
Unterthanen sollen ihre Fürsten ehren 981

W.

Weiber durch dieselben entsteht offt groß Ubel 964
Weiber der Minyschen Treue 969
Wein woher benahmt 956
Weltweisen können Geld machen 983
Wollust verflucht 950

Z.

Ziegen durch dieselben eine Stadt erobert 958

Ende. [989]


Notes
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lauremberg, Peter. Neue und vermehrte ACERRA PHILOLOGICA. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DB42-9