[851] [Aus »Sudelbuch« L]

Nicht intolerant, aber intolerabel. Herr S. Lion.

[L 1]


Der Weisheit erster Schritt ist: Alles anzuklagen,
Der letzte: sich mit Allem zu vertragen.

[L 2]


[851] Man wirft oft den Großen vor, daß sie sehr viel Gutes hätten tun können, das sie nicht getan haben. Sie könnten antworten: bedenkt einmal das Böse das wir hätten tun können und nicht getan haben.

[L 9]


[852] Weder leugnen noch glauben.

[L 18]


[853] Man verachtet den Handwerkspurschen-Geist (Gilden-Geist), und doch ist alles was die Großen je ausgerichtet haben dem Handwerkspurschen-Geist des Militairs zuzuschreiben.

[L 24]


Die Französische Revolution hat durch die allgemeine Sprache, zu der es mit ihr gekommen ist, nun ein gewisses Wissen unter die Leute gebracht, das nicht leicht wieder zerstört werden wird. Wer weiß ob nicht die Großen genötigt sein werden, eine Barbarei einzuführen. Jetzt im Herbst 1796. rüstet sich Rußland, das wäre vortrefflich dazu. Von diesem unwirtbaren Schlamm läßt sich vieles für unsere Saaten erwarten.

[L 25]


Das neue Testament ist ein autor classicus, das beste Not- und Hülfsbüchlein das je geschrieben worden ist, daher man jetzt auf jedem Dorfe der Christenheit mit Recht einen Professor angesetzt hat diesen Autor zu erklären. Daß es viele unter diesen Professoren gibt, die ihren Autor nicht verstehn, hat dieser Autor mit andern Autoribus gemein. Aber dadurch unterscheidet sich das Buch gar sehr von andern daß man Schnitzer in der Erklärung desselben sogar geheiligt hat.

[L 27]


[854] Wie geht es, fragte ein Blinder einen Lahmen; Wie Sie sehen, war die Antwort.

[L 29]


Ob der Mond bewohnt ist weiß der Astronom ungefähr mit der Zuverlässigkeit mit der er weiß wer sein Vater war, aber nicht mit der womit er weiß wer seine Mutter gewesen ist.

[L 31]


[855] Die reine Philosophie pflegt (und kann es nicht vermeiden) noch immer unvermerkt der Liebe mit der – unreinen. Und so wird es gehn bis an das Ende der Zeit.

[L 35]


Große Eroberer werden immer angestaunt werden, und die Universalhistorie wird ihre Perioden nach ihnen zuschneiden. Das ist traurig, es liegt aber in der menschlichen Natur. Gegen den großen und starken Körper selbst eines Dummkopfs, wird immer der kleine des größesten Geistes, und sonach der große Geist selbst verächtlich erscheinen, wenigstens für den größesten Teil der Welt, und das so lange Menschen Menschen sind. Den großen Geist im kleinen Körper vorzuziehn ist Überlegung, und zu der erheben sich die wenigsten Menschen. Bei einem Viehmarkt sind immer die Augen auf den größesten und fettesten Ochsen gerichtet.

[L 37]


[856] Man hat heutzutage mehr Magister der Rechtschaffenheit als rechtschaffene Menschen.

[L 46]


[857] [859]In einem Lande N.N. müssen bei einem Kriege der Regent so wohl als seine Räte solange der Krieg währt über einer Pulvertonne schlafen und zwar in besondern Zimmern des Schlosses, wo jedermann frei hinsehn kann um zu beurteilen, ob das Nachtlicht auch jedesmal brennt. Die Tonne ist nicht allein mit dem Siegel der Volks-Deputierten versiegelt sondern auch mit Riemen an den Fußboden befestigt die wieder gehörig versiegelt sind. Alle Abend und alle Morgen werden die Siegel untersucht. Man sagt daß seit der Zeit die Kriege in jenen Gegenden ganz aufgehört hätten.

[L 58]


Die absondernde Philosophie pp (S.M.C.S. 13 Lion) trennt Trägheit vom Widerstand in der Lehre, vom Körper, so wie sie in der Anthropologie den bloß tierischen Menschen vom bloß vernünftigen trennt, aber beide vereinigt sind nur allein wirklich da.

[L 59]


[859] Daß in den Kirchen gepredigt wird macht deswegen die Blitzableiter auf ihnen nicht unnötig.

[L 67]


Der Mann, der nicht aus dem Stegreif zu räsonieren weiß über Materien seines Fachs, der erst in seine Excerpta steigen muß oder in [860] seine Bibliothek, ist gewiß ein Artefakt. Man hat heut zu Tage eine Kunst berühmt zu werden, die war den Alten unbekannt, die wurdens durch Genie. Pasten sind unsere meisten berühmten Gelehrten, keine Edelsteine. Allein sehr weit wird es auch mit ihrem Ruhm nicht gehen. Ihre Werke werden vergessen, wie die Poesie des Cicero, die sogar [seine] der Ewigkeit entgegen gehende Prose nicht einmal zu erhalten im Stand war.

[L 69]


Der liebe Gott mit seinen Vasallen. Statt einer Monarchie Gottes haben wir nun Feudal-System.

[L 72]


Er stieg langsam und stolz wie ein Hexameter voran und seine Frau trippelte wie ein Pentameterchen hinten drein.

[L 73]


So wie es unter Schriftstellern von Profession Statistiker, Politiker, Ökonomen pp gibt, so gibt es auch Philosophen. Allein ein philosophischer Schriftsteller von Profession ist deswegen noch kein Philosoph [861] von Profession, so wenig, als der ökonomische Schriftsteller, der alles gelesen und verglichen hat, deswegen gleich im Stand sein wird einem Haushalt vorzustehen. Hume wurde einmal zur Rede gestellt darüber, daß er in seiner Geschichte von England gesagt habe, England würde ruiniert werden sobald die National-Schuld einhundert Million Pfund Sterling betragen würde, da er ja nun sähe daß England noch stünde vor wie nach, obgleich die Schuld sich jetzt schon sehr viel höher beliefe. It is owing to a mistake, sagte der große Mann, common to writers by profession who are often obliged to adopt statements on the authority of other people. Das heißt doch fürwahr mit andern Worten, dergleichen Schriftsteller sehen sich oft genötigt über Dinge zu urteilen, die sie nicht verstehen.

[L 75]


Die Griechen verdarben möchte ich fast sagen nicht die schönste Zeit ihrer Jugend mit Erlernung vontoden Sprachen und so lernten [sie] die Sprachen, die sie nötig hatten, durch die Sachen und nicht wie wir umgekehrt in unzähligen Dingen die Sachen durch die Wörter. Plutarch war schon ziemlich bei Jahren, als er Latein lernte.

[L 76]


[862] Die glücklichen Zeiten des Lebens, da man noch nicht denkt, wie alt man ist, noch kein Buch hält über die Haushaltung des Lebens.

[L 79]


[863] [865]Man hat in den finstern Zeiten oft sehr große Männer gesehen. Dort konnte nur groß werden, wen die Natur besonders zum großen Manne gestempelt hatte. Jetzt, da der Unterricht so leicht ist, richtet man die Menschen ab zum Groß-Werden so wie man den Hunden das Apportieren beibringt, dadurch hat man eine neue Art von Genies entdeckt, nämlich die große Abrichtungsfähigkeit, und dieses sind die Menschen, die uns den Handel hauptsächlich verderben. Es wird ein gewisses Wissen allgemeiner gemacht, aber, und solche Leute können oft das eigentliche Genie verdunkeln, oder wenigstens hindern gehörig hervorzukommen.

[L 100]


Da jetzt in den Zeitungen so viel von den Spitzen der Armeen, und der Ehre der Kronen gesprochen wird, so wünscht ein wahrer Patriot und Menschen-Freund zu erfahren 1) Wo eigentlich die Spitzen der Armeen liegen, vornen oder hinten oder auf den Seiten oder in der Mitte, oder ob die Armeen ihre Spitzen, wenn sie gegen den Feind marschieren, gar nicht einmal bei sich führen, sondern als ein Heiligtum unter einer guten Eskorte zurücklassen. 2) Worin eigentlich die wahre Ehre der Kronen besteht? Darin, daß ihre Untertanen bei einem mäßigen Auskommen und bei geraden Gliedern glücklich sind, oder darin daß man Hunderttausende schlachten oder zu Krüppeln schießen läßt, um ein paar Krämer zu bereichern und von dem Abfall dieses Überflusses Edelsteine für die Krone zu kaufen? (Ist im Hogarth genützt)

[L 101]


[865] Benvenuto Cellini macht die vortreffliche Bemerkung: Schaden mache nicht klug, weil der neue sich immer unter einer verschiedenen Form ankündige. Dieses kenne ich recht aus eigner Erfahrung. NB.

[L 103]


Ich bin längst von dem Satz überzeugt gewesen, daß es in den Familien, die zum Exempel aus Mann und Frau, 4 bis 8 Kindern, einer Kammerjungfer, ein Paar Mägden, ein Paar Bedienten, Kutscher pp bestehen, und auch kleineren, zumal wenn noch ein paar Frau Basen wenigstens toleriert werden, gerade so zugeht, wie mutatis mutandis in den größten Staaten. Es gibt da Verträge, Friedensschlüsse, Kriege, Ministerwechsel, Lettres de Cachet, Reformation, Revolution usw. Dieses nun à la spectateur mit Familien-Geschichten zu erläutern.

[L 106]


[866] Glaubt ihr denn, daß der liebe Gott katholisch ist?

[L 113]


Eine der sonderbarsten Anwendungen, die der Mensch von der Vernunft gemacht hat, ist wohl die es für ein Meisterstück zu halten [867] sie nicht zu gebrauchen, und so mit Flügeln geboren sie abzuschneiden und so von dem ersten dem besten Kirchturm sich herabzulassen. – Die Verteidigung des Mönchswesen gründet sich gewöhnlich auf einen ganz irrigen Begriff von Tugend. Besser: Diese Menschen haben ungefähr einen solchen Begriff von Tugend, als derjenige von Wissenschaft haben müßte, der die Tollhäuser für Akademien der Wissenschaften erklären wollte. Herr Joseph Anton Weißenbach, Chorherr zu Zurzach, hat geschrieben: neue durchaus verbesserte Monachologie, mit Erlaubnis des Hochwürdigen Ordinariats geschrieben (ganz ernstlich gegen Herrn von Born), Augsburg bei Benedikt. 1796. 14 Bogen in 8vo.

[L 114]


Im Jahr 1796 zählte Deutschland gegen 9000 Schriftsteller (Neue allgemeine deutsche Bibliothek 29ter. Band S. 162).

[L 115]


Man adjungiert alten Leuten junge, ich glaube es wäre in vielen Fällen besser, wenn man manchen jungen Leuten alte adjungierte.

[L 117]


[868] [870]Der Todenkopf eine Weltkugel.

[L 126]


Die Hochedle Wahrheit. Ew. Hochedelgeboren.

[L 130]


Die Geehrten und die Gelehrten.

[L 132]


Es geht hier wie mit dem heiligen Christ und den Oster-Eiern, so bald man erfährt, wo sie herkommen, kriegt man keine mehr.

[L 136]


[870] Er hatte so viel über die Sache gedacht, wenigstens geschrieben, daß man damit wo nicht ein Pferdchen doch ein mäßiges Eselchen füglich damit hätte belasten können.

[L 140]


So ist zum Beispiel das Wort unvergleichlich im Deutschen ganz unvergleichlich erbärmlich.

[L 141]


[871] Der Deutsche liebt die scharfen Distinktionen. Warum nicht Hoch-, Höher-, Höchst-Edelgeborner, Wohl-, Besser-, Bestgeborner Herr?

[L 145]


[872] Ob das Elend in Deutschland zugenommen hat, weiß ich nicht, die Interjektions-Zeichen haben gewiß zugenommen. Wo man sonst bloß! setzte, da steht jetzt!!!

[L 147]


Ich werde tagtäglich mehr überzeugt daß mein Nerven-Übel von meiner Einsamkeit sehr unterhalten wird, wo nicht gar hervorgebracht worden ist. Ich finde fast gar keine Unterhaltung mehr, als durch meinen eignen Kopf, der immer beschäftigt ist, da nun meine Nerven nie die stärksten gewesen sind, so muß notwendig dadurch eine Ermüdung entstehn. Ich merke dieses sehr wohl, daß mich Gesellschaft aufheitert. Ich vergesse mich, oder vielmehr mein Kopf empfängt anstatt zu schaffen und ruht daher. Daher ist auch das Lesen schon eine Erholung für mich, allein es ist doch nicht das, was die Gesellschaft ist, weil ich das Buch immer weglege und wieder für mich handle.

[L 152]


Der jetzige Krieg hat gewisse Begriffe allgemein in Gang gebracht. Man kann nicht sagen, daß dieses schon oft geschehen sei. Nein! Niemals so: nach Erfindung der Buchdruckerei, nach der Reformation, nach dem Etablissement so vieler Zeitungen und Journale, nach so vielen Leih-Bibliotheken, und nach der entstandenen [873] Lesesucht, die gewiß nie so allgemein war. Es kömmt so vieles zusammen, was nie vorher beisammen war, und nicht beisammen sein konnte, was unsere Zeiten zu den merkwürdigsten macht, die je gewesen sind.

[L 154]


Ein etwas vorschnippischer Philosoph, ich glaube Hamlet Prinz von Dänemark hat gesagt: es gebe eine Menge Dinge im Himmel und auf der Erde, wovon nichts in unsern Compendiis steht. Hat der einfältige Mensch, der bekanntlich nicht recht bei Trost war, damit auf unsere Compendia der Physik gestichelt, so kann man ihm getrost antworten: gut, aber dafür stehn aber auch wieder eine Menge von Dingen in unsern Compendiis wovon weder im Himmel noch auf der Erde etwas vorkömmt.

[L 155]


Das Niesen ist eine Operation wodurch große Übel entstehen können, Taubheit, Blindheit, Aderkröpfe, ja selbst der Tod. Dieses ist die Ursache warum man Prosit sagt, Gott gebe, daß dir dieses nicht schaden möge. Man könnte das Prosit bei manchen andern Dingen sagen, beim ersten Versmachen, Heiraten pp.

[L 156]


[874] Diesesmal habe ich Ihnen durch meinen Bedienten sagen lassen, daß ich nicht zu Hause wäre, nach dem Billet aber, das Sie mir deswegen geschrieben haben, werde ich bei dem nächsten Besuch, womit Sie mich beehren werden, die Ehre haben es Ihnen auf der Treppe selbst zu sagen. Ich bin pp.

[L 164]


Es macht allemal einen sonderbaren Eindruck auf mich, wenn ich einen großen Gelehrten oder sonst einen wichtigen und gesetzten Mann sehe, dabei zu denken, daß doch einmal eine Zeit war, da er den Maikäfern ein Liedchen sang um sie zum Auffliegen zu ermuntern.

[L 165]


Meine Fragen über die Physik könnten vielleicht den Titul bekommen: Vermächtnisse. Man vermacht ja auch Kleinigkeiten.

[L 166]


Subjektivität. Wie viel anders sieht nicht schon der Alte die Welt an, als der Jüngling? Wahrlich eine Harmonika ist kaum mehr von einer Maultrommel unterschieden, als ein schönes Mädchen in den Augen eines gefühlvollen Jünglings, und denen eines dünnhaarigen zahnlosen Greises.

[L 167]


[875] [877]Ehemals taufte man die Glocken, jetzt sollte man die Drucker-Pressen taufen.

[L 179]


Eine verfängliche Frage fast wie die: ob Zwillinge Stiefgeschwister sein können.

[L 183]


Wenn unsere Theologie so fortfährt sich nach und nach in Theonomie zu verwandeln, so wie sich Astrologie in Astronomie verwandelt hat, so wäre doch die Frage ob es nicht besser wäre das neue Testament das mittlere zu nennen.

[L 184]


[877] Es könnte vielleicht ein Aufsatz für Herrn Reinhard werden: zu bitten, daß doch große Männer ihre Art zu studieren bekannt machten; eigentlich die Art wie sie ihre Meisterwerke verfertigt haben. Der Anfang dieser Werke war sicherlich nicht der Anfang des Schreibens. Es wäre möglich, daß von einem großen Werke des Genies der Anfang das wäre was zuletzt geschrieben worden ist. Der Anfang wird sicherer gemacht, wo man sich vorher schon der Güte der Mitte und des Endes bewußt ist. Man fand in Sternen's (Lorenz) Nachlaß eine Menge flüchtiger Bemerkungen, sie wurden sogar trivial genannt, aber das waren Einfälle, die ihren Wert erst durch die Stelle erhielten. Hier werden Farben gerieben, hätte Sterne auf den Titel seiner Kollektaneen setzen müssen. – Man verliert ja durch diese Vorbereitung nicht die Kraft nun bei der wirklichen Komposition noch immer hinzu zu erfinden, oder das anzubringen, was auch alsdann noch der Zufall gibt. Bei Butlern fand man eben das. Johnson, selbst ein Mann dieser Art, aber freilich, wie man aus seinen aufgezeichneten Unterredungen merkt, ein großer Erfinder aus dem Stegreif, sagt dabei: such is the labour of those who write for immortality. Wie mag z.B. der Telemach entstanden sein? S. oben Hume p. 10 [L 75].

[L 186]


[878] Als er am Kirchhofe vorbei ging, sagte er: Die da können nun sicher sein, daß sie nicht mehr gehenkt werden, das können wir nicht.

[L 193]


Vor einigen Tagen las ich wieder, daß ein Prediger im Lüttichischen, wo ich nicht irre, der 125 Jahre alt gestorben ist, von dem Bischofe sei gefragt worden, wie er es angefangen habe so alt zu werden. Ich habe mich, sagte er, des Weins, der Weiber und des Zorns enthalten. Hier ist, wie mich dünkt, nur die große Frage: wurde der Mann so alt, weil er sich jener Gifte enthielt, oder weil [er] ein Temperament besaß, das es ihm möglich machte sich jener Gifte zu enthalten? Ich glaube es ist unmöglich nicht für das letzte zu stimmen. Daß sich mit jenen Giften jemand das Leben verkürzen kann, und zwar sehr stark, ist kein Beweis, daß man sich das Leben dadurch verlängert, daß man sich ihrem Gebrauch entzieht. Wer das Temperament nicht hat, würde, wenn er sich des andern Geschlechts enthielte, gewiß sein Leben damit nicht verlängern. Eben so ist es mit der Sage, daß die wahren Christen immer rechtschaffene Leute sind. Es hat lange rechtschaffene Menschen gegeben, ehe Christen waren, und gibt gottlob! auch da noch welche, wo keine Christen sind. Es [879] wäre also gar wohl möglich, daß die Leute gute Christen sind, weil das wahre Christentum das heischt, was sie auch ohne dasselbe würden geworden sein. Sokrates wäre gewiß ein sehr guter Christ geworden.

[L 194]


Wir haben nunmehr 4 Prinzipien der Moral:

1) ein philosophisches: Tue das Gute um sein selbst willen, aus Achtung fürs Gesetz;

2) ein religioses: Tue es darum, weil es Gottes Wille ist, aus Liebe zu Gott;

3) ein menschliches: Tue es weil es deine Glückseligkeit befördert, aus Selbstliebe;

4) ein politisches: Tue es, weil es die Wohlfahrt der großen Gesellschaft befördert, von der du ein Teil bist, aus Liebe zur Gesellschaft, mit Rücksicht auf dich. (Dieses alles nicht πμ Reichs-Anzeiger. No 133. 1797. (Düvel)). Sollte dieses nicht alles dasselbe Prinzip sein, nur von andern Seiten angesehn? Ein Ausdruck desselben kann dasselbe besser für gewisse Klassen von Menschen repräsentieren. Ich sehe nicht ein, warum man nicht gewissen Menschen-Klassen dieselbe Sache unter einem andern Bilde verständlich machen sollte, wenn er nur bei wachsender Erkenntnis ein besseres findet, oder eines, das seinem Steigen angemessen ist. Ja es ist mir sogar ein Fall gedenkbar, da der menschliche Geist sich noch ruhig findet, und ruhig ansehen kann, daß alles nichts ist, wenn er nur durch diese Stufen der höchsten Anstrengung zu dieser Kenntnis gelangt ist. Schwache zum Nachdenken nicht aufgelegte Menschen, die solche Kenntnisse auf Treu und Glauben antizipierten, wären verloren, und daher rührt vieles Unheil in der Welt.

[L 195]


[880] Jedermann kennt die Schnirkel womit die Engländer die Buchstaben der in Kupfer gestochenen Titul verzieren. Ein simpler Titul mit einfachen Didotischen Lettern gedruckt, und ein solcher. Sehet da das wahre Sinnbild von Stil der besten Alten und der beliebtesten Neuern.

[L 197]


Wer willens ist seine Kinder zu Huren und Spitzbuben zu erziehen, und so etwas kann zuweilen nützlich sein (besser), der muß hauptsächlich Sorge tragen sie mit den Anfangsgründen bekannt zu machen ehe die Kinder erfahren, daß es Laster sind.

[L 199]


[881] [884]Es wäre wohl der Mühe wert ein Leben doppelt oder dreifach zu beschreiben, einmal wie ein allzu warmer Freund, dann wie es [ein] Feind, und dann wie es die Wahrheit selbst schreiben würde.

[L 219]


Es wäre möglich, daß manche Lehren der Kantischen Philosophie von niemand ganz verstanden würden, und jeder glaubte, der andere [884] verstünde sie besser als er, und sich daher mit einer undeutlichen Einsicht begnügte oder gar mitunter glaubte es sei seine eigene Unfähigkeit, die ihn verhinderte so deutlich zu sehn, als andere.

[L 225]


Natürlich! wer sich in der Welt über gar nichts wegzusetzen weiß, der kömmt eo ipso ganz unten hin zu liegen. Man muß sich notwendig über manches wegzusetzen wissen; man kommt natürlich immer höher. (moderandum)

[L 226]


Man fängt seine Testamente gewöhnlich damit an, daß man seine Seele Gott empfiehlt. Ich unterlasse dieses mit Fleiß, weil ich glaube, daß solche Rekommendationen wenig fruchten, wenn sie nicht durch das ganze Leben vorausgegangen sind, solche Rekommendationen sind Galgenbekehrungen; eben so leicht als unwirksam.

[L 227]


[885] Er wollte nicht verführen, aber er verführte. Es ist sehr traurig, daß das Bestreben der Menschen Übel zu vermindern so viel neues erzeugt. Man scheint gewöhnlich die Kraft besser zu kennen, als den Stoff, auf welchen sie angewandt wird.

[L 236]


Wenn dieses Philosophie ist, so ist es wenigstens eine, die nicht recht bei Trost ist.

[L 239]


[886] Lachstoff, ad modum Sauerstoff.

[L 246]


Wenn zwei Personen, die sich jung gekannt haben, alt zusammen kommen, so müssen tausend Gefühl entstehn. Eines der unangenehmsten mag sein, daß sie nun sich in so manchem betrogen finden, was sie bei ihren Hoffnungsspielen ehmals als gewiß berechnet hatten. (Ich verstehe mich.)

[247]


Alles, was wir als Menschen für reell erkennen müssen, ist es auch würklich für Menschen. Denn sobald es nicht mehr verstattet ist, aus jenem Naturzwang auf Würklichkeit zu schließen, so ist an ein festes Principium gar nicht mehr zu gedenken. Eines ist so ungewiß als das andere. Wem der Beweis für das Dasein eines höchsten Wesens [887] aus der Natur (kosmologischer) zwingend ist, der bleibe dabei; eben so der, den der theoretische, oder der moralische überzeugt. Selbst die, die an neuen Beweisen gegrübelt haben, sind vielleicht durch einen Zwang dazu verleitet wor den, den sie sich nicht ganz entwickeln konnten. Statt uns ihre neuen Beweise zu geben, hätten sie uns die Triebfedern entwickeln sollen, die sie nötigten sie zu suchen, wenn es anders nicht bloß Furcht vor den Konsistorien oder den Regierungen war.

[L 253]


Ach was wollten wir anfangen, sagte das Mädchen, wenn der liebe Gott nicht wäre.

[L 254]


Ist es nicht sonderbar, daß man zu den höchsten Ehrenstellen in der Welt (König) ohne Examen gelangt, das man von jedem Stadt-Physikus fordert?

[L 261]


[888] Ein doppelter Louisd'or ist zuverlässig mehr als 2 einzelne.

[L 264]


Kaum spricht er aus: Es werde – – so brennen die Laternen auf der Erde.

[L 265]


[889] Es geht im einzelnen wie bei der Menge, an welche Anreden gehalten werden. Es hören es nur die Nahe-Stehenden, allein die Entfernten schreien mit, wenn es zum Beifall geht. So darf nur bei mancher Überlegung eine Leidenschaft Beifall geben, so rufen alle übrige, und selbst Vernunft mit in den Haufen.

[L 267]


[890] Voltaire sagt an einem Orte sehr schön:
Si Dieu n'existait pas, il falloit l'inventer.

[L 269]


Kant sagt irgendwo einmal: Die Vernunft ist mehr polemisch als dogmatisch.

[L 270]


Im gemeinen Leben heißt oft die Epilepsie das böse Wesen. Was wäre das gute Wesen? Jemand glaubt man könne den epileptischen Zuckungen im Paroxysmus der gekrönten Liebe diesen Namen geben.

[L 274]


Jetzt fängt sich das Studium der Alten wieder zu heben an. Man glaubt nun da Erlösung zu finden und Beobachtungs-Geist und wahre Sprache der Natur wieder in Umlauf zu bringen. Einigen [891] wenigen mag das freilich helfen, aber gewiß [ist] in diesem Getreibe sehr viel Mode, und des eigentlichen Wahren und mit menschlicher Natur und Vernunft Zusammenhängendes nur wenig. Im Rittergeist ist sehr vieles was sich an menschliche Natur anschließt, aber das eigentliche Treiben war Mode, Esprit du Corps; während als man sich mitten darin befand hielt man alles für notwendig. Mit der christlichen Religion ist es eben so. Was für ein Kriegen und Streiten und Rennen für Gottes-Verehrung, man sollte zu manchen Zeiten fast geglaubt haben, der Mensch lebe bloß um zu beten und Gott zu verehren. Ich bin überzeugt, daß hierin das meiste bloßer Auswuchs ist. Es gibt schlechterdings keine andere Art Gott zu verehren, als die Erfüllung seiner Pflichten, und Handeln nach Gesetzen die die Vernunft gegeben hat. Es ist ein Gott kann meiner Meinung nach nichts anderes sagen, als ich fühle mich bei aller meiner Freiheit des Willens genötigtRecht zu tun. Was haben wir weiter einen Gott nötig? das ist er. Wenn man dieses mehr entwickelt, so kömmt man meiner Meinung nach auf Herrn Kants Satz. Einen Gott der objektive dreinschlüge, wenn ich Unrecht tue, gibt es nicht, das muß der Richter tun der der Verwalter der Gesetze ist oder wir selbst. Ich glaube daher auch nicht, daß es Religions-Spötter gibt, aber Spötter der Theologie wohl. – Das sind Auswüchse, die freilich gar mancherlei Art sind, und darunter sehr gefällige die durch Aberglaube und frühe Einschätzung ganz das Ansehen und das Gewicht von Wahrheit erhalten. Dieses muß mehr entwickelt werden. Überhaupt erkennt unser Herz einen Gott, und dieses nun der Vernunft faßlich zu machen ist freilich schwer, wo nicht gar unmöglich. Hiervon steht etwas in meinen andern Büchern, das ich aufsuchen muß. S. Pascal. K p. 174.

[L 275]


Es wäre eine Frage ob die bloße Vernunft ohne das Herz je auf einen Gott verfallen wäre. Nachdem ihn das Herz (die Furcht) erkannt hatte suchte ihn die Vernunft auch, so wie Bürger die Gespenster.

[L 276]


[892] [894]Wie man sagt so sollen die Götter gewünscht haben, daß sie so schön wären, wie sie von den Griechen abgebildet worden sind. Höher läßt sich wohl das Lob der griechischen Künstler schwerlich treiben, und ein illüstreres Beispiel, daß die Porträte schöner sind als ihre Originale, auch nicht geben.

[L 280]


[894] Da man beim Frieden das Te Deum laudamus anstimmt, so wäre doch nichts natürlicher als [wenn man] beim Anfang des Krieges das Te Diabolum (damnamus) anstimmte (besser). Wäre es nicht eines Dichters würdig ein Te diabolum zu dichten, und eines Musikers zu komponieren:

[L 282]


Der Patriotismus, Vaterlands-Liebe ist das Kriegs-Genie der Nationen. Nationen, die ohne Patriotismus streiten, sind Mechaniker, zugestutzte, abgerichtete Krieger ohne das eigentliche Genie. Daß auch hier brave Menschen durch Ehrgeiz, lebhaftes Gefühl der Pflicht getrieben etwas tun können, das nicht nach der Gilde riecht, versteht sich von selbst. Das ist aber subordiniertes nicht primäres Genie (besser). Das Genie der Nation ist gar sehr von dem der Individuen verschieden. Dieses einmal zu betrachten.

[L 283]


Ich möchte wohl die Verhält[nis] der Zahlen sehen, die ausdrückte wie oft das Wort: Revolution in den 8 Jahren von 1781–89 und in den 8 Jahren von 1789–97 in Europa ausgesprochen und gedruckt worden ist, schwerlich würde die Verhältnis geringer sein als 1:1000000.

[L 286]


Das Wort: unvergleichlich zeigt was in der Welt aus Worten werden kann.

[L 288]


Unsere Gedichte werden gemacht, bald nach dem Herzen, bald nach dem Ohr, bald nach der Konvenienz (jedes allein NB). Es sollte aber in jedem Gedicht nur ein einziger Quell sein.

[L 289]


[895] Der Mensch als Natur-Produkt; als Produkt seines Geschlechtes (der Gesellschaft); das Produkt seiner selbst, der gebildete, gesittete, wissende Mensch.

[L 296]


Keine Erfindung ist wohl dem Menschen leichter geworden, als die eines Himmels.

[L 298]


[896] Ihre körperliche Reize befanden sich gerade in dem sonderbaren Zeit-Punkt, wo sie anfangen ihre anziehende Kraft mit der abstoßenden zu vertauschen.

[L 302]


Sind wir nicht auch ein Weltgebäude und eines, das wir besser kennen, wenigstens besser kennen sollten, als das Firmament? NB.

[L 305]


[897] Was die wahre Freundschaft und noch mehr das glückliche Band der Ehe so entzückend macht, ist die Erweiterung seines Ichs und zwar über ein Feld hinaus, das sich im einzelnen Menschen durch keine Kunst in der Welt schaffen läßt. Zwei Seelen, die sich vereinigen, vereinigen sich dennoch nie ganz so, daß nicht immer noch der beiden so vorteilhafte Unterschied bliebe der die Mitteilung so angenehm macht. Wer sich sein eigenes Leiden klagt, klagt es sicherlich vergeblich, wer es der Frau klagt [klagt] es einem Selbst das helfen kann und schon durch die Teilnahme hilft. Eben so wer gern sein Verdienst gerühmt hört findet ebenfalls in ihr ein Publikum, gegen welches er sich rühmen kann, ohne Gefahr sich lächerlich zu machen.

[L 310]


[898] Nichts verloren gehen zu lassen, ist eine Hauptregel, Papierschnitzel so wenig als Zeit. Petschafte.

[L 316]


Wenn er philosophiert, so wirft er gewöhnlich ein angenehmes Mondlicht über die Gegenstände, das im ganzen gefällt, aber nicht einen einzigen Gegenstand deutlich zeigt.

[L 320]


Ich hatte mich auf K's Anraten damals entsetzlich darüber geärgert.

[L 321]


Experimental-Politik, die französische Revolution.

[L 322]


[899] Selbst die sanftesten, bescheidensten und besten Mädchen sind immer sanfter bescheidener und besser, wenn sie sich vor dem Spiegel schöner gefunden haben.

[L 326]


Es ist ein Glück, daß die Gedanken-Leerheit keine solche Folge hat, wie die Luftleerheit, sonst würden manche Köpfe, die sich an die Lesung von Werken wagen, die sie nicht verstehen, zusammengedrückt werden.

[L 327]


Es ist wohl gewiß, daß man über eine Sache sehr richtig urteilen kann und weise, und dennoch, so bald man genötigt wird seine Gründe anzugeben, nur welche angeben kann, die jeder Anfänger in der Art Fechtkunst widerlegen kann. Letzteres können oft die weisesten und besten Menschen so wenig, als sie die Muskeln kennen, womit sie greifen, oder Klavier spielen. Dieses ist sehr wahr, und verdient weiter ausgeführt zu werden.

[L 328]


Das Populär-Machen sollte immer so getrieben werden, daß man die Menschen damit heraufzöge. Wenn man sich herabläßt, so sollte man immer daran denken auch die Menschen zu denen man sich herabgelassen hat ein wenig zu heben.

[L 329]


[900] Den eigentlichen Adel kann kein Gesetz abschaffen, es kann nur die Art vorschreiben wie und wem er mitgeteilt werden soll.

[L 334]


Citoyen de Gomorrha.

[L 342]


[901] Das war der Henkel (Stiel) bei dem man ihn anfassen mußte, wenn man ihn ausgießen wollte, an allen andern Stellen verbrannte man sich die Finger.

[L 346]


[902] [904]Ein zahm Geborner.

[L 364]


Die kleinen Versuche die wir anstellen, und unsere Privat-Bemühungen, so unbedeutend sie öfters sind, helfen doch den großen Strom formieren, der in das Meer der Unendlichkeit (?) fließt, ob der gleich mit seinem Namen alle die kleinen Bäche verschlingt. Was würde dem Rhein bleiben, wenn ihm die kleinen Bäche das ihrige entziehn wollten?

[L 365]


[904] Die Religion eine Sonntags-Affaire.

[L 368]


Das Hallische Waisenhaus oder eine Hospital-Anstalt könnte so mächtig werden, daß sie endlich Kriege führte.

[L 369]


[905] Das größte Geheimnis, das so viele Menschen gewußt haben, und noch so viele beiderlei Geschlechts einst wissen werden, das man gewöhnlich an öffentlichen Plätzen erfährt, das aber noch nie jemand ausgeplaudert [hat], noch je ausplaudern wird. – Die Empfindung wenn einem der Kopf abgehauen wird.

[L 378]


[906] Er trieb einen kleinen Finsternis-Handel.

[L 386]


[907] Sein Gewissen wurde in den Grafenstand erhoben.

[L 391]


Jeder stürzt sich mit seiner elastischen Atmosphäre in das Meer der Ewigkeit, je elastischer sie ist, desto länger sprudelt es, aber am Ende, wo es nicht mehr sprudelt, sind wir Alle, Alle vergessen.!!

[L 392]


Die Zahl der legislativen Glieder am physischen Staate werden täglich mehr, der exekutiven immer weniger.

[L 396]


[908] Dieses ist einer von den sogenannten geflügelten Sprüchen die sich aber leider, anstatt umher zu fliegen, über die Wolken erhoben haben. So geht es mit fliegenden Dingen. Man sollte sie anzubinden wissen oder lernen.

[L 400]


Was die wahre Freiheit und den wahren Gebrauch derselben am deutlichsten charakterisiert, ist der Mißbrauch derselben.

[L 402]


Ist es nicht sonderbar, daß man, um dem Gouvernement und namentlich dem Direktorium Respekt zu verschaffen, ein Costume, [909] Kleidertracht, erschaffen hat? Das schönste Costume wäre unstreitig die Erblichkeit der Regierung. Keine Tracht, kein Anzug wird je erfunden werden, der dem gleicht. Es liegt im Menschen ein Prinzip, das diesen Anzug schneidert, den man jetzt geradeweg der Schneider-Gilde überläßt. Sollte sich nicht ein Mittel finden lassenhier einen Mittelweg zu finden? Es ist Demokratie in dem aus Kopf und Herz bestehenden Menschen, was die Monarchie der reinen Vernunft verwirft, und die politischen Demokraten stützen sich auf Monarchie der Vernunft. Sie erkennen eine Monarchie zur Verteidigung einer Demokratie. – Suchet einmal fertig zu werden in der Welt mit einem Gott, den die Vernunft allein auf den Thron gesetzt hat. Ihr werdets finden. Es ist unmöglich. Ich sage dieses, so sehr ich auch einsehe (einsehe) daß es billig wäre, aber diese größere Billigkeit ist gerade die Stimme der Vernunft, die jenes will, also parteiisch. Befraget das Herz und ihr werdet finden, daß, so wie die Kleider Leute, so die Geburt Regenten macht. Das Gleichnis führt, ich gestehe es, auf etwas Lächerliches aber bloß für den Lacher, den erbärmlichsten Menschen, den ich kenne. Ich werde gewiß von denen verstanden, von denen ich verstanden sein will, und dieses überhebt mich der Mühe hier präziser in den Ausdrücken zu sein. Ich bin davon so sicher überzeugt, daß, wenn mir die Wahl gelassen würde, welches Oktav-Blatt von mir auf die Nachwelt kommen sollte? ich getrost sagen würde: dieses. Weiter sind denn die Kleidertrachten auch Vernunft? Warum ist ein Rewbell durch den Schneider mehr wert, als ein Rewbell durch die Natur, nackend oder mit rund abgeschnittnen Haaren, und einem Hosenlatz aus Bärenfell, ohne Hosen? Ihr imponiert der Einbildungs-Kraft und dem Herzen von einer Seite, wo die Bekehrung von seinem Irrtum viel leichter ist, als der die durch Vorrechte und Geburt unterstützt wird. Geht mir weg mit euern neuen Schneidereien, die weit hinter den unsrigen liegen. Selbst in eurer Livree liegt etwas von dem ignoto Deo. Das Herz und das Auge wollen was haben.

[L 403]


Er vernünftelte mich ganz aus meiner Vernunft heraus. (pity pity)

[L 404]


Man hat auch bei Schließung der Ehen, wo allein die Leiber diktieren sollen, das Interesse zugelassen.

[L 405]


[910] Die Vernunft sieht jetzt über das Reich der dunkeln aber warmen Gefühle so hervor wie die Alpen-Spitzen über die Wolken. Sie sehen die Sonne reiner und deutlicher, aber sie sind kalt und unfruchtbar. Brüstet sich mit ihrer Höhe.

[L 406]


Ein Gedanken-Vakuum, was für ein Glück, daß die Köpfe nicht zerdrückt werden. Wenn eine Gedanken-Leere auch um sie herum ist, so ist es nicht möglich.

[L 407]


Universal-Medizin, Universal-Philosophie.

[L 410]


[911] Es ist eine ganz bekannte Sache, daß die Viertel-Stündchen größer sind, als die Viertelstunden.

[L 417]


Wir wollen nun sehen, was aus der französischen Republik wird, wenn die Gesetze ausgeschlafen haben.

[L 419]


Motto: die Wahrheit finden wollen ist Verdienst, wenn man auch [auf] dem Wege irrt.

[L 421]


[912] Das Einmal-Eins zum Schutz-Heiligen wählen.

[L 427]


Wo alle Leute so früh als möglich kommen wollen, da muß notwendig bei weitem der größere Teil zu spät kommen.

[L 432]


[913] Kein Wort im Evangelio ist mehr in unsern Tagen befolgt worden, als das: Werdet wie die Kindlein.

[L 435]


Jemand stirbt stoisch, an einem Geschwür am Rücken, man begreift nicht, warum der Mann so steifsinnig ist, findet aber nach seinem Tode, daß ihm der Galgen auf den Rücken gebrannt war.

[L 436]


Mit dem Glücks-Rad des Lotto lebendig gerädert kam er endlich hieher, kurz vor dem Gnadenstoß.

[L 439]


Deutschland hat sich gegen das unchristliche Frankreich recht christlich bewiesen. Nachdem es von demselben einen Streich auf den einen Backen bekommen hatte, so hielt es ihm den andern auch dar.

[L 440]


[914] Sich in seinen Zustand hineinleben, darin eingelebt sein, ist eine Sache, die einer nähern Betrachtung wert ist. Die armen Eichsfelder. Der alte Mann heute an der Tür von Böttchers Garten war wohl glücklicher als ich.

[L 443]


Das heißt hindenken, wo es keine Gedanken mehr gibt, so wie jener Junge, der Kegel in der Dämmerung aufsetzte, als er von jemanden, der vorbei geworfen hatte, aus Scherz befragt wurde, wie viel er geworfen habe, sehr naiv antwortete: Sie haben hingeworfen, wo keine Kegel waren.

[L 444]


[915] Wer nicht so schreiben kann, daß die Philosophen Regeln davon abstrahieren müssen, der lasse es. Ist wohl je ein Dichter durch Regeln geworden? Was helfen der Nessel die Regeln für die Zeder? Die Philosophen, die Ästhetiker kann man als Physiologen ansehen. So wenig die höchste Kenntnis dessen, was zu einem vollkommnen Menschen gehört, den Besitzer dieser Kenntnisse in den Stand setzt einen vollkommnen Menschen zu machen, so wenig werden auch die Regeln einen Dichter machen. Für den Philosophen, und für Kenntnis der menschlichen Natur sind diese Untersuchungen in sehr hohem Grade wichtig, dieses wird niemand leugnen.

[L 457]


[916] Schon lange vor der Französischen Revolution hatte er die dreifarbige Nase aufgesteckt.

[L 458]


Die Linien der Humanität und Urbanität fallen nicht zusammen.

[L 461]


Lord Monboddo in Ancient Methaphysics schreibt den größten Teil alles Unheils in der Welt dem Gelde zu. Bettler, Diebe, Krankheit. Er übertreibt zwar hier und da, hat aber gewiß im ganzen recht.

[L 465]


[917] Die Vorreden zu manchen Büchern sind deswegen öfters so seltsam geschrieben, weil sie gewöhnlich noch im gelehrten Kindbett-Fieber geschrieben sind.

[L 468]


Bekanntlich ist Voltaire 2mal getauft worden, es hat aber nicht viel gefruchtet, vielleicht wäre es besser für ihn und die Welt gewesen, wenn man, statt das Pflänzchen 2mal zu begießen, es 2mal beschnitten hätte.

[L 469]


Er trug den Kopf auf einer Seite wie Alexander, wie dem Cervantes stund immer der Hosenlatz offen, und wie Montaigne konnte er nicht rechnen, weder mit Ziffern noch mit Zahlpfennigen.

[L 471]


Man spricht viel von Aufklärung, und wünscht mehr Licht. Mein Gott was hilft aber alles Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben, oder die, die sie haben, vorsätzlich verschließen?

[L 472]


[918] Theorie der Falten in einem Kopfkissen.

[L 476]


Er hatte seinen beiden Pantoffeln Namen gegeben.

[L 477]


[919] Wenn man jung ist, so weiß man kaum daß man lebt. Das Gefühl von Gesundheit erwirbt man sich nur durch Krankheit. Daß uns die Erde anzieht merken wir wenn wir in die Höhe springen, durch Stoß beim fallen. Wenn sich das Alter einstellt, so wird der Zustand der Krankheit eine Art von Gesundheit und man merkt nicht mehr, daß man krank ist. Bliebe die Erinnerung des Vergangenen nicht, so würde man die Änderung wenig merken. Ich glaube daher auch daß die Tiere auch nur in unsern Augen alt werden. Ein Eichhörnchen, das an seinem Sterbe-Tage ein Auster- Leben führt, ist nicht unglücklicher als die Auster. Aber der Mensch der an drei Stellen lebt, im Vergangnen, im Gegenwärtigen und [in] der Zukunft, kann unglücklich sein, wenn eine von diesen dreien nichts taugt. Die Religion hat sogar noch eine vierte hinzugefügt, die – Ewigkeit.

[L 483]


Man sieht jetzt häufig Verordnungen, daß kein Kandidat zum Predigtamt gelassen werden soll, der nicht die (orientalischen) Grundsprachen studiert habe. Du gerechter Gott, und doch läßt man täglich Leute auf Thronen steigen und in das Ministerium, die nicht einmal die Muttersprache ihres Fachs kennen!!

[L 485]


Ein solider Lügner; Betrüger.

[L 488]


[920] Das heißt einen doch fürwahr an einen Freiheitsbaum aufhängen.

[L 494]


Der Galgen Freiheitsbaum.

[L 495]


[921] Es ist möglich jemanden die Backen so zu streicheln, daß es einem Dritten läßt, als hätte man ihm eine Ohrfeige gegeben.

[L 503]


Wie viel in der Welt auf Vortrag ankömmt, kann man schon daraus sehen, daß Kaffee, aus Weingläsern getrunken, ein sehr elendes Getränke ist, oder Fleisch bei Tische mit der Schere geschnitten, oder gar, wie ich einmal gesehen habe, Butterbrod mit einem alten wiewohl sehr reinen Schermesser geschmiert.

[L 504]


Die Polizei-Anstalten in einer gewissen Stadt lassen sich füglich mit den Klappermühlen auf den Kirschen-Bäumen vergleichen. Sie stehen stille wenn das Klappern am nötigsten wäre, und machen einen fürchterlichen Lärm, wenn wegen des heftigen Windes gar kein Sperling kömmt.

[L 505]


Was ein bedächtliches gesetztes Verfahren in allen Vorfällen des Lesens nützlich ist, kann ich mir auch dadurch erläutern. Ich kann mir keinen schrecklichern Zufall denken, als wenn mir jemand eines meiner Kinder aus Unvorsichtigkeit erschösse, und doch kenne ich mehrere Menschen, denen ich ohne Mühe vergeben würde, andere die ich nie wieder würde vor Augen sehen können und noch andere, die ich auf der Stelle erschießen könnte, und würde, wenn ich ein Gewehr zur Hand hätte.

[L 506]


Zu Parma werden keine Parmesan-Käse gemacht.

[L 507]


[922] [924]Wenn die Not die Mutter der Erfindung ist so wäre wohl der Krieg der die Not erzeugt der Großvater der Erfindung. Ein Beweis durch Sprüchwörter könnte man presque geometrique nennen.

[L 524]


[924] Man hat schon einigemal mein Duodez-Bändchen in den Oktav-Stand erheben wollen.

[L 534]


Wenn die Erinnrung an die Jugend nicht wäre, so würde man das Alter nicht verspüren, nur, daß man das nicht mehr zu tun vermag, was man ehmals vermochte, macht die Krankheit aus. Denn der Alte ist gewiß ein eben so vollkommnes Geschöpf in seiner Art als der Jüngling.

[L 535]


Man hat schon lange bemerkt, daß, wenn der Geist sich erhebt, er den Leib fallen läßt auf die Knie. (besser; not quite πμ)

[L 536]


Daß so mancher die Wahrheit sucht und nicht findet rührt wohl daher, daß die Wege zur Wahrheit, wie die in den Nogaischen Steppen [925] von einem Ort zum andern, eben so breit als lang sind. Auch auf der See.

[L 539]


Es ist ein närrischer Gedanke des Hofrat Herz zu Berlin, daß er Moritzen, der beklagte daß er so jung sterben müßte, antwortete, er solle sich vorstellen er wäre anno 1712 geboren. Närrischer Einfall ist hier bekanntlich ein Lob. Die Sache läßt sich verteidigen.

[L 540]


Es ist gut wenn junge Leute in gewissen Jahren vom poetischen Übel befallen werden, nur inokulieren muß man es ihnen ums Himmelswillen nicht lassen.

[L 542]


Das Wort Entbindung ist zweideutig; es kann auch den Tod bedeuten.

[L 543]


[926] [928]Er schliff immer an sich, und wurde am Ende stumpf, ehe er scharf war.

[L 559]


Das Schafs-Kleid des goldnen Vlieses.

[L 566]


[928] Es ist in vielen Dingen eine schlimme Sache um die Gewohnheit. Sie macht, daß man Unrecht für Recht, und Irrtum für Wahrheit hält.

[L 572]


[929] Ein Urteil über Jean Pauls Romanen in der Gothaischen gelehrten Zeitung 1798. No. 74. S. 659 ist vortrefflich. Man kann nichts Besseres [930] und Gründlicheres über diesen sonderbaren Schriftsteller sagen. »Das Interesse, das er erregt, ist nicht so wohl ein Interesse an seinen Personen und deren Geschichte, als vielmehr an ihm und seinem Geiste und seiner Empfindung, wie sie sich in der Erzählung offenbaren. Statt, daß wir sonst den Verfasser über seinen Personen vergessen, ist es hier umgekehrt; wir vergessen die Personen und die ganze Geschichte über dem Verfasser.«

[L 581]


Es gibt Leute, die so wenig Herz haben etwas zu behaupten, daß sie sich nicht getrauen zu sagen, es wehe ein kalter Wind, so sehr sie ihn auch fühlen möchten, wenn sie nicht vorher gehört haben, daß es andre Leute gesagt haben.

[L 582]


[931] Es war zu Ende Septembers 1798, als ich jemanden im Traum die Geschichte der jungen und schönen Gräfin Hardenberg erzählte, die mich und überhaupt jedermann sehr gerührt hat. Sie starb im September 1797 in den Wochen, eigentlich während der Geburt die nicht zu Stande kam. Sie wurde geöffnet, und das Kind neben sie in den Sarg gelegt, und so wurden sie zusammen des Nachts mit Fackeln unter einem entsetzlichen Zulauf von Volk nach einem benachbarten Orte, wo das Familien-Begräbnis ist, gebracht. Dieses geschah auf dem Göttingischen Leichenwagen, einer sehr unbeholfenen Maschine. Dadurch wurden also die Leichname sehr durcheinander geworfen. Am Ende wollten sie, ehe sie in die Gruft gebracht wurden, noch einige Leute sehen. Man öffnete den Sarg und fand sie auf dem Gesichte liegend und mit ihrem Kinde in einen Haufen geschüttelt. Das schöne Weib, schwerlich noch 20 Jahre alt, die Krone unsrer Damen, die auf manchem Ball den Neid der schönsten auf sich gezogen, in diesem Zustande! Dieses Bild hatte mich zu der Zeit oft beschäftigt, zumal, da ich ihren Gemahl, einen meiner fleißigsten Zuhörer, sehr wohl gekannt hatte. Diese traurige Geschichte erzählte ich nun jemanden im Traume im Beisein eines Dritten, dem die Geschichte auch bekannt war; vergaß aber (sehr sonderbar) den Umstand mit dem Kinde, der doch gerade ein Hauptumstand war. Nachdem ich die Erzählung, wie ich glaubte, mit vieler Energie und Rührung dessen, dem ich sie erzählte, vollendet hatte, sagte der Dritte: Ja und das Kind lag bei ihr, alles in einem Klumpen. Ja, fuhr ich gleichsam auffahrend fort, und ihr Kind lag mit in dem Sarge. Dieses ist der Traum. – Was mir ihn merkwürdig macht, ist dieses: Wer erinnerte mich im Traume an das Kind? Ich war es ja selbst, dem der Umstand einfiel? Warum brachte ich ihn nicht selbst im Traume als eine Erinnerung bei? Warum schuf sich meine Phantasie einen Dritten, der mich damit überraschen und gleichsam beschämen mußte? Hätte ich die Geschichte wachend erzählt, so wäre mir der rührende Umstand gewiß nicht entgangen. Hier mußte ich ihn übergehn um mich überraschen zu lassen. Hieraus läßt sich allerlei schließen. Ich erwähne nur Eines, und mit Fleiß grade das, was am stärksten wider mich selbst zeugt, zugleich aber auch für die Aufrichtigkeit, womit ich diesen sonderbaren Traum erzähle. – Es ist mir öfters begegnet, daß [ich], wenn ich etwas habe drucken lassen, erst ganz am Ende, wenn [932] sich nichts mehr ändern ließ, bemerkt habe, daß ich alles hätte besser sagen können, ja, daß ich Haupt-Umstände vergessen hatte. Dieses ärgerte mich oft sehr. – Ich glaube, daß hierin die Erklärung liegt. Es wurde hier ein mir nicht ungewöhnlicher Vorfall dramatisiert. – Überhaupt aber ist es mir nichts Ungewöhnliches, daß ich im Traum von einem Dritten belehrt werde, das ist aber weiter nichts als dramatisiertes Besinnen. Sapienti sat.

[L 587]


[933] Juden. Daß man einige Familien aus Göttingen verbannt hat, ist ja kein Eingriff in den großen Plan zu ihrer Verbesserung, es ist ja bloß ein untergeordnetes Verfahren gegen sie, während die große Absicht immer fortdauern kann. Ja dieses kann dazu dienen jenen Plan zu befördern. Überhaupt begreift man nicht, was eine so große Empfindlichkeit gegen den Zustand der Juden bei uns bedeuten soll. Ist denn dieses Volk so wichtig und so genievoll, so fruchtbar für uns, daß wir es mit solcher Gewissenhaftigkeit hegen sollen? Dieses sehe ich nicht ein. Warum wollen wir unsern Boden anders bearbeiten um eine sehr unnütze Frucht zu nähren, die unter unserm Klima nicht gedeiht, und sich auch nicht nach ihm bequemen will? – Jetzt erklärt der erbärmlichste Betteljude seinen traurigen Zustand durch Christendruck. Koalisiert man sie mehr, öffnet ihnen alle rechtliche Wege zu Handel und Wandel, wobei jene Entschuldigung wegfällt, so werden sie finden, was für ein erbärmliches Volk sie sind. Mendelssohn ist viel zu viel erhoben worden. Hätte er in einem ganz jüdischen Staat gelebt, so würde er ein sehr gemeiner Verbreiter ihrer abgeschmackten Zeremonien usw. geworden sein. – Berlin ist es und nicht Judäa oder Jerusalem was ihm einigen Vorzug gab. Es müßte ja mit dem Teufel zugehen, wenn ein Geschöpf, das wenigstens Menschen-Gestalt hat, nicht hier und da für Wahrheit empfänglich sein sollte. Er war empfänglich dafür, und das gereicht ihm zur Ehre.- Ich sehe nicht warum wir mit vielem Aufwand eine Pflanze bauen sollen, die sich nicht für unser Klima schickt und die uns wahrlich nichts einträgt, bloß aus dem empfindsamen Prinzip, daß das Pflänzchen nicht verloren gehe.

[L 593]


Unter allen Übersetzungen meiner Werke, die man übernehmen wollte, verbitte ich mir ausdrücklich die ins Hebräische.

[L 594]


[934] Er hustete so hohl, daß man in jedem Laut den doppelten Resonanz-Boden Brust und Sarg mitzuhören glaubte.

[L 599]


Er schien eher Tischler-Arbeit zu sein als ein wirklich menschliches Geschöpf.

[L 600]


[935] [937]Ein wahres Steckbrief-Gesicht.

[L 610]


Wir wollen sein Leichen-Tuch nicht lüften.

[L 612]


Es ist fast nicht möglich etwas Gutes zu schreiben ohne daß man sich dabei jemanden oder auch eine gewisse Auswahl von Menschen denkt die man anredet. Es erleichtert wenigstens den Vortrag sehr in tausend Fällen gegen einen.

[L 617]


[937] Der menschliche Geist wird immer gleichförmiger, je mehr er sich über das Körperliche erhebt. Je näher er aber diesem wieder kömmt, desto häufiger werden die Abweichungen gerade so wie ich bei den Planeten gesagt habe.

[L 618]


Das Beschneiden der Bäume zu nützen, Taxus usw. Buchsbaum, so werden Gelehrte am Hofe und im Staate behandelt.

[L 623]


Er leistete seiner Frau die eheliche Pflicht des Prahlens an jedem Abende. Er suchte ihr begreiflich zu machen, daß er der erste Mann in der Stadt oder wohl gar im Staate sei. Vertraulichkeit ist nirgends [938] größer als zwischen rechtschaffenen Ehe-Leuten, sie gründet sich zwischen rechtschaffenen Menschen auf Aufopferung der Schamhaftigkeit in dem einzigen Falle der ehelichen Verhältnisse. Dieses vermehrt das Verbrechen des Ehebruchs gar sehr (besser). Es gibt der ehelichen Pflichten gewiß mehrere, dahin gehört auch die für die Frau, daß sie schlechterdings den Beweis von dem Wert ihres Mannes dem Manne selbst überläßt; ihm implicite glaubt, allenfalls nur mit gesundem Menschenverstand hier und da moderiert. Des Mannes Pflicht ist zu glauben, daß das Weib das treuste in der Welt sei so bald sie es sagt. Ja er muß sogar an Reservationes nicht einmal glauben. Doch wird auch hier gesunde Vernunft, wo sie statt findet, zu verbessern und nachzuholen wissen. Seine Frau mußte ihm alle Abende die eheliche Pflicht leisten seine Prahlereien anzuhören.

[L 627]


[939] [942](ad pag. 73 Col. 1. Über die Juden [L 593]) Selbst, wenn man den Entschluß gefaßt hatte sie künftig zu bessern, so mußten sie pro nunc weggeschafft werden, so lange bis sie gebessert sind, wozu wenig Hoffnung war. Die Besserung dieses in unserm als ihrem eignen Sinn unverbesserlichen Geschlechts konnte hier nicht unternommen werden. Der Universitäts-Acker ist nicht das Feld Versuche anzustellen ob sich aus Nesseln etwas machen läßt, dazu wähle man andere Felder. Warum sollen wir ihnen entgegen kommen? laßt sie uns entgegen kommen, das werden sie am besten verstehn, da sie so sehr viel Kopf haben sollen. Ein Berlinischer Jude (Bendavid) hatte einmal die Artigkeit mir bei einem Besuche ins Gesicht zu sagen, daß in dubio der Jude mehr Kopf habe als der Christ. Ich glaube sie haben eigentlich gar das nicht was man Kopf nennt. Das Platten-Polieren bei Klindworth. Große Groschen-Stücke aussuchen um sie dem Unwissenden und Unerfahrnen einmal für doppelte Groschen hinzuzahlen. Hat wohl je ein Jude eine Erfindung gemacht? Der einzige Jude von Kopf war Spinoza, und den erkannten sie für keinen Glaubensgenossen und wollten ihn ermorden.

[L 661]


An Deluc. Kant unterscheidet sich dadurch von andern Philosophen, daß er seine hauptsächliche Aufmerksamkeit auf das Instrument richtet; dessen Güte und hauptsächlich dessen Umfang untersucht, wie weit es reicht, und ob es auch dazu taugt Dinge auszumachen, die man damit ausmachen will, das ist er untersucht die Natur unsers Erkenntnis-Vermögens. – What right have we to suppose that our sensations are any thing more than our sensations? [942] What is reality for us (perhaps to us), what is existence? Könnte faculty of cognition gebraucht werden?

[L 662]


Die Buchdruckerkunst ist doch fürwahr eine Art von Messias unter den Erfindungen.

[L 667]


[943] Als ich meine Gedanken- und Phantasie-Kur gebrauchte.

[L 671]


Nichts muntert mich mehr auf, als wenn ich etwas Schweres verstanden habe, und doch suche ich so wenig Schweres verstehen zu lernen. Ich sollte es öfter versuchen.

[L 672]


Bei den meisten Menschen gründet sich der Unglaube in einer Sache auf blinden Glauben in einer andern (nicht πμ).

[L 674]


[944] [946]Gerade wie auf meinem neuen Bibliotheks-Zimmer, sieht es in meinem Kopfe aus. Ordnungsliebe muß dem Menschen früh eingeprägt werden, sonst ist Alles Nichts.

[L 691]


[946] Ist es nicht sonderbar, daß die Menschen so gerne für die Religion fechten, und so ungerne nach ihren Vorschriften leben?

[L 705]

[947]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lichtenberg, Georg Christoph. Aufzeichnungen und Aphorismen. [Aus den »Sudelbüchern«]. [Aus »Sudelbuch« L]. [Aus »Sudelbuch« L]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-EAF0-C