104. Der Geist im Brunnen.

Von dem Schlosse Schöneberg bei Geismar ist nur noch wenig mehr, als der tiefe in den Fels gehauene Brunnen zu sehen. Vergeblich hat man schon seit Jahrhunderten viele Reiser, ja ganze Baumstämme hinabgeworfen, um ihn dadurch allmählich zu füllen. Die Leute sagen, er habe keinen Grund und warnen den, der danach forschen wollte. Diese Neugier wäre einmal einigen kecken Gesellen, die ihn mit einem Senkblei auszumessen versuchten, beinahe übel bekommen. Als sie nämlich gerade damit beschäftigt waren und trotz manches mißlungenen Versuches nicht davon abstehen wollten, erhob sich unwillig aus der Tiefe der in seiner Ruhe gestörte Geist des Brunnens und rief ihnen mit drohender Stimme zu:


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Laßt sinken, laßt sinken!

Sonst müßt ihr ertrinken!

Seit der Zeit hat es Niemand wieder gewagt, die Tiefe des Brunnens zu messen.

Falkenheiner Städte etc., II. 265 – Mündlich.


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TextGrid Repository (2012). Lyncker, Karl. 104. Der Geist im Brunnen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-285C-1