Karl Meisl
Orpheus und Euridice
oder
So geht es im Olymp zu!
Eine mythologische Karrikatur in zwey Acten in Knittelreimen

Personen

[2] Personen.

    • Jupiter.

    • Juno.

    • Venus.

    • Amor.

    • Ganymed.

    • Pluto.

    • Proserpina.

    • Apollo.

    • Merkur.

    • Minerva.

    • Cerberus.

    • Orpheus.

    • Euridice.

    • Vulkan.

    • Mars.

    • Die Grazien.

    • Die Furien.

    • Eine redende Danaide,
    • Tantalus,
    • Sisiphus,
    • Prometheus,
    • Danaiden, Verdammte im Tartarus.

    • Genien.
    • [2]

1. Akt

1. Szene
Erste Scene.
Wolkenzimmer mit den Attributen Jupiters ausgeschmückt.
Jupiter sitzt an einem Fenster im Schlafrocke sein Pfeifchen schmauchend, gähnt oft mitunter.

Arie.


Einmahl war ich wohl früher wach,

Lief bey der Nacht den Mädel nach,

War der Wauwau aller Weiber.

Doch jetzt bin ich schon alt und schwach,

Sieht mich ein Weib, so sagt sie: ach!

Drey Schritt vom Leibe mir bleib er!

Jetzt ist das noch mein ganz Gaudée,

Wenn ich die Menschen da unten seh,

Schnäbeln und hüpfen und walzen;

Es ist ein altes Sprichwort dann,

Wer nicht mehr selber fahren kann,

Der hört doch gern noch schnalzen.


Da rauch ich alle Morgen mein Pfeiferl bey einem Glas Kümmel,

Und betrachte das tolle Menschengetümmel.

Ich war ein lockerer Zeisig, ich wills hoffen,

Aber die heutige Welt hat mich schon übertroffen.

Buben, die noch die Bücher im Riemen tragen,

Haben schon Liebschaften, und wollen was sagen.

[3] Und die Erwachsenen die muß man erst sehn,

Die Götter dürften in d'Schul zu ihnen gehn.

Sonst war eine Liebschaft genug; aber die Kreaturen,

Wolln 'ne ganze Fabrik, wie von Dutzenduhren.

Und mein Weib, die Juno, die Beschützerinn der Ehen,

Die ist degradirt, die kann ihre Wunder sehen.

Sie könnt' auf eine gute Eh' aus ihren Schätzen

Ein Prämium von 1000 Dukaten aussetzen,

Und ich müßt nicht Zevs seyn, wenn ich mich sollt irren,

Daß mehr als drey Paar drum konkurriren.

Und über die drey Paar selbst wär noch manches zu sagen,

Doch still es hat schon sieben Uhr geschlagen.

Jetzt muß ich wieder in das Götterkleid kriechen,

All meine Referenten kommen bald hergeschlichen,

Und werden mir wieder die Ohren voll winseln.

He Ganymed, Jokus! – Wo stecken die Pinseln?

Wanns nur schon wieder Mittag wär! Beym Trunk und beym Schmaus,

Ranzt sich Gott Jupiter doch wieder aus.

2. Szene
Zweyte Scene.
Ganymed. Jupiter.

GANYMED.
Da bin ich! Was schaffen Ihro göttlichen Gnaden?
JUPITER.
Meine Schminktiegeln, meine falschen Waden;
Meine Amtsperücke und mein Göttergewand!
Was nützt ohne Prunkkleid der größte Verstand!
[4] Auch ein Dummkopf macht Glück in dieser Zeit,
Steckt er in einem modernen schönen Kleid.
Den weisesten, aber schlecht gekleideten Mann,
Sieht nicht einmahl ein Hund, geschweig ein Mensch mehr an.
GANYMED.
Wahr! Man sollte jedes Wort in Gold eingraben!
JUPITER.
Wir wissen etwas Bessers damit zu thun, wenn wirs haben
Also nur hurtig, du weißt, daß die Götter kommen!
GANYMED.
Ich möchte gern – aber – ich bin so beklommen!
Als hätt ich heut lauter Moschus und Kampfer eingenommen.
Die Kleider –
JUPITER.
Hast du's etwa gar versetzt?
Oder zum Ball ausg'liehen?
GANYMED.
Fassen Sie Sich jetzt.
Wissen müssen Sie's doch; es ist unerhört!
Die Göttinn hat Ihr ganzes Gewand im Kasten eingesperrt.
Heut ists wieder aus. Sie hats Oberst zu Unterst gekehrt!
Nicht einmahl den Tagsrebell von der Hauptwach hat man gehört.
So hat sie's noch nie getrieben – ihre Kammerkatzeln,
Hats maulschellirt mit den göttlichen Prazeln.
Und hätt' ichs nicht durch meine Flucht vereitelt,
Sie hätte heute mir gewiß den Schopf gebeutelt.
JUPITER.
Was ist ihr denn wieder in die Glieder g'fahren?
Das Weib nimmt an Galle zu mit den Jahren.
[5] So kommt Doktor und Apotheker nie ausm Haus,
Wenn s' nicht unsterblich wär, 's wär längst mit ihr aus.
Die wird mich heut wieder kuranzen und plagen,
Heut muß ich schon hungern, heut krieg ich nichts z'nagen.
GANYMED.
Sie wissen, daß ich mit der Köchinn aufm guten Fuß steh?
Ich bring Ihnen's heimlich – doch still! sacre bleu!
Wenn's die Juno erfuhr, da hätt die Köchinn guten Rath,
Wo kriegt's Mensch einen Dienst ohne Attestat!
JUPITER.
Ich verlaß mich auf dich. Aber was ist anzufangen,
Soll ich die Götter im Schlafrock empfangen?
GANYMED.
Das ist auf der Welt schon lang hergebracht,
Es werden im Schlafrock allerley Dinge ausg'macht.
Wenn d'Bedienten im Schlafrock d'Leut empfangen,
So wird man vo Jupiter doch nichts anders verlangen?
JUPITER.
Jetzt tritt ab, und laß einen vor nach dem andern –
GANYMED.
Sie werden so klug, wie s' kommen, wieder wandern.
Verlassen Sich Euer Göttlichkeit nur auf mich,
Ich bin Ihr Valet d'chambre auf Hieb und Stich.

Öffnet die Thür.
Ruft.

Apollo herein!

Ab.
3. Szene
[6] Dritte Scene.
Apollo Jupiter.

APOLLO.
Bien bon jour mon maître!
Comment avez vous dormi?
JUPITER.
Mein Freund besser thät er,
Wenn er deutsch redet, verständlich und klug,
Es gibt auf der Welt solche Narren genug,
Die sich der Muttersprach schämen, und französisch so schlecht parliren,
Daß sich vor Ärger ein Eckstein könnt rühren.
Ad rem! Was will man von mir, meine Zeit ist gemessen,
Ich komm heut vor 12 Uhr so wieder nicht zum Fressen.
APOLLO.
Sie wissen, daß ich seit sechstausend Jahren
Die Sonn als Fiaker muß täglich herumfahren.
Bis jetzt hats es g'than, der Haber war nicht so theuer,
Man konnt' die Pferd erhalten; aber heuer
Müßt ich am End noch meine Leyer verkaufen,
Oder mir vor Desperation das Goldhaar ausraufen.
Wenn die Ross' 24 Stunden um die Welt laufen,
Wollens auch fressen, und wollen auch saufen.
Das wissen S' ja selber; die Zeiten sind schlimm,
Der Haber ist theuer; und von der Maxim:
Daß der oft Haber frißt, der ihn nicht verdient –
Kann ich d' Roß nicht erhalten, das sieht ein Kind.
JUPITER.
Am End' soll ich wohl auch noch Haber erschaffen,
Was fordern denn von mir noch diese Affen!
[7]
APOLLO.
Ich führe die Sonne. Sie macht Tag mit ihren Strahlen,
Der Tag thut jedem wohl, so soll auch jeder zahlen.
Drum ordnen S' etwas an, oder geben S' die Fuhr in Pacht,
Sonst, sag ichs sonica, gibt's eine ewige Nacht.
JUPITER.
Thut auch nichts. Ich hab mir lassen sagen,
Daß viele ohnehin das Tagslicht nicht ertragen.
Und mein lieber Apollo, das allzuviel Licht
Hat nimmer viel genützt. Glaub mir, ein Alter spricht.
Indessen will ich mich mit meiner Frau darüber berathen,
Sie ist eine große Kennerinn von allerley Surrogaten;
Vielleicht weiß sie auch eines für den Haber,
APOLLO.
Aber –
JUPITER.
Ich leide kein Wenn und kein Aber
Man erwarte, was ich beschließe, mit Geduld-
APOLLO.
Laufen darüber die Rosse davon, so hab ich keine Schuld.

Ab.
4. Szene
Vierte Scene.
Ganymed, Jupiter.

GANYMED
ruft herein.
Minerva, die Göttinn der Weisheit.
JUPITER.
Servus!

Für sich.

Was Weisheit, was Kunst! Gold, Gold ist der Nervus!

Laut.

Sie sehn ja aus, blaß zum konsterniren?
[8]
MINERVA.
Das kommt vom nächtlichen Studieren.
JUPITER.
Dem Himmel seys gedankt, an der Krankheit leid ich nit'
Womit kann ich dienen? So reden S', ich bitt!
MINERVA.
Sie wissen, daß ich aus Ihrem Kopf bin entsprossen,
Darüber macht die böse Welt allerley Glossen.
Und sagt aus einem ausgetrockneten Hirn,
Könnt' nichts herauskommen als eine alberne Dirn.
Ich bitte Sie, Papa, so spricht die verleumderische Brut,
Von mir, von Ihrem eignen Fleisch und Blut!
JUPITER.
Mach dir nichts draus, laß sie nur kauschen,
Wir bleiben doch Götter, was schad't uns das Plauschen.
Sie mögen noch so gscheid seyn auf der Erden,
Sie können halt doch keine Götter werden.
Das ist der Neid. Seit tausend und mehr Jahren,
Schimpfen, die z'Fuß gehn, über die, die da fahren.
Und wer über jedes Geschwätz empfindlich wollt' seyn,
Der grab sich ein Loch und leg sich lebendig hinein.
Studier du nur fort – und kommst auch auf d' Eselbank,
So hast du vielleicht von der Nachwelt den Dank.
MINERVA.
Noch Eins hab ich aufm Herzen, es drückt mich das Gwissen:
Die Künstler hungern noch immer sind zerfetzt und zerrissen.
Alle Augenblicke schreyt so ein armer Teufel zu mir herauf:
Minerva, hilf mir, oder ich schnapp vor Elend auf!
JUPITER.
Jetzt schweig – sonst bringst mich gleich in die Rage!
[9] Ich hab dir gesagt ich will nichts hören von der Bagage.
Wenn die Leut gut fressen und gut leben wollen,
So hätten sie 's Negoziren lernen sollen.
Künstler sind, seit ich da bin, genug verdorben,
Aber kein Negoziant ist noch vor Hunger gestorben.
Mach, daß du fortkommst, ich kan den Schulstaub nicht leiden,
Wenn du nichts brauchst, so befiehl, ich dien dir mit Freuden.
MINERVA.
Ich zieh mich zurück, halt mich der Papa recommandirt.

Ab.
JUPITER.
Man muß pr Putz so thun, als ob mans protegirt
Die Wissenschaft und Kunst; und doch ist mir nichts fader,
Es schmeckt grad wie Latwerg von einem Winkelbader.
5. Szene
Fünfte Scene.
Ganymed, Jupiter.

GANYMED.
Es sind zwar viele Götter im Vorzimmer draus;
Aber ich hab ihnen gsagt, der Herr ist nicht z' Haus.
Denn die Venus mit ihrem Buben bittet um Audienz,
Na, und da weiß ichs schon –
JUPITER.
Jetzt schweig, du dummer Lenz!
Laß sie herein beym hintern Thürl, daß s' Niemand sieht,
Denn das Weibsbild hat verloren ihren ganzen Kredit.
[10]
GANYMED.
Da wär ich ein saubrer Kammerdiener, wenn ich das nicht wüßt!

Ab.
JUPITER.
Man siehts gleich, daß der Bursche mein Leibhatschier ist.
6. Szene
Sechste Scene.
Venus, Amor, Jupiter.

Arie.


AMOR.
Oben hoch im Himmel
Wie im Weltgetümmel,
Fühlt ein jeder Lümmel
Meine Macht –

Jeder holde Engel,
Jeder rohe Bengel,
Jeder Galgenschwengel
Hats erfragt –

Alles muß charmiren,
Und muß caressiren,
Was nützt's raisonniren,
Wenn ich will –

S' leid kein Widerreden,
Meine lieben Spröden,
Macht nur keine Blöden,
Und seyd 's still!

Ohne mir auf Erden,
Würd's bald leerer werden
Weder Mensch noch Heerden,
Gäb es mehr –

[11] Doch mein Hauch belebet,
Alles, was da webet
Und im Leben schwebet,
Ring umher –

Von dem Elephanten,
Bis zum Komedianten,
Fürsten und Trabanten
Kennen mich –

Mädchen bey den Spulen,
Buben in den Schulen
Wollen heut schon buhlen,
Sicherlich.

Mancher graue Himmel,
O, du lieber Himmel,
Ist noch so ein Lümmel
Und verliebt –

Manche alte Mutter,
Sucht noch jungen Butter –
Die dem Tod ein Futter,
Baldigst gibt.

Alle wird vergessen,
Habens nichts zu fressen,
Sinds doch, wie besessen,
Von der Lieb –

Ja es ist zum scherzen,
Denn so manche Herzen,
Sind vor Liebesschmerzen,
Wie ein Sieb.
JUPITER.
Ein Busserl Frau Tochter!
VENUS.
Recht gern, Papa, ohne Fachsen!
[12]
JUPITER.
Schau, schau, dem Buben sind die Flügeln hübsch gewachsen.
Was macht die Frau Tochter? Wie führt der Bursch sich auf?
VENUS.
Mir gehts gut; und der arme Schelm ist halt beständig im Lauf.
Es wär kein Wunder, wenn er die Hektik bekäm,
Denn es geht zu um ihn, daß ich mich völlig schäm.
Einmahl, ja da hat man höchstens mit 20 Jahren ihn gekennt;
Aber jetzt ist kein 12 jähriges Ding, das ihn nicht schon nennt.
Und was hat das seine Arbeiten vermehrt,
Daß man die Liebe jetzt wie Modewaaren verkehrt.
Denn es gibt Weiber, die sich zu todt schämen thäten,
Wenn s' nicht alle Wochen einen andern Amanten hätten.
AMOR.
Lang werd' ichs so nicht aushalten können,
Ich werd' mich müssen vom heutigen Menschengeschlecht trennen.
Denn es ist kein Spaß; keine Minute Rast und Ruh,
Die Mama braucht ihr ganzes Vermögen auf meine Schuh.
JUPITER.
Der Hacken wollen wir bald einen Stiel finden,
Was brauchen die Menschen die Lieb? Das Geld soll sie verbinden!
Sie haben so kein anders Gefühl mehr als Thaler und Dukaten,
Der Pluto ist die ganze Gottbeit dieser Renegaten.
Was gibts sonst Neues? Sie haben gewiß eine Bitt?
Denn die Frau Venus macht umsonst keine Visitt.
VENUS.
Errathen, Papa, dieß Mahl muß es sich bewähren,
[13] Daß Sie nicht zur Simandlbruderschaft von Krems gehören.
Die Frau Juno, die Gemahlinn, das zärtliche Weiberl –
JUPITER
seufzend.
Ja, sie ist sanft, ich kenne schon das Täuberl!
Was hat's denn wieder angestellt?
VENUS.
Eine Kleinigkeit.
Mir macht sie Spuck, so oft es ihr gfreut.
Sie kennen doch den Orpherl, den Erzharfenisten?
JUPITER.
Er spielt aufm Spittelberg bey der goldenen Kisten.
Und hat ein hübsch Weiberl, die er accompagnirt –
VENUS.
La même, der Papa hat sie gewiß schon visirt.
Das Paar steht unter meiner Protection,
Denn es lebt und webt für wahren Liebeston.
Um mir nun einen Streich zu spielen,
Um ihr Müthlein, das böse, abzukühlen,
Trennt sie den Lebensfaden des Weibs, und der Mann
Ruft mich verzweifelt wie ein Komedieheld an:
Ich soll ihm nur wieder, ein liebes Weiberl verschaffen,
Er schreyt, es gäb auf der ganzen Welt keinen ähnlichen Affen.
JUPITER.
Das Ding ist neu. Sonst danken die Männer von Herzen
Den Göttern, wenn's Weib stirbt.
VENUS.
Ohne zu scherzen.
Ich hab mich kaprizirt; der Juno zum Trutz,
Nimm ich das Paar in meinen Schutz.
Ich habs auch schon erfratschelt, ich weiß, wo sie ist,
[14] Betrachten S' Papa, nur die schändliche List –
Zum Pluto in d'Höll hat sie 's auf die Kost gegeben,
Bey der Schlangentafel soll jetzt die Ärmste leben.
Nein Papa, dieß Mahl müssen's einen Herrn zeigen,
Der Orpherl muß sein Weib haben, oder –
JUPITER.
Willst schweigen?
Wenn 's meine Frau hört, da wärs gleich Tuto,
Sie schickte mich selbst auf die Kost zum Pluto.
Das wird schwer halten.
VENUS.
Sind Sie ein Gott, oder sind S' keiner?
So viel Courage hat ein jeder Zigeuner.
Bedenken S', daß ich Ihre Tochter bin, und kein Kuchelfetzen,
Von Ihrer saubern Frau laß ich mich einmahl nit hetzen.
AMOR.
Ich hab Ihnen schon viele Dienste gethan,
Gedenkens an d' Mamsell Lederl, da waren S' ein Schwan.
Bey der Alkmene habens die Gestalt ihres Manns angenommen –
Die List wird den Männern heut zu Tag schwerlich bekommen.
Bey der Danae haben S' ihr Glück gmacht als goldner Regen –
JUPITER.
Wer Gold regnen läßt, kann leicht viele Weiber bewegen.
VENUS.
Pfuy Papa, fi donc, das hätt ich nicht geglaubt,
Das Weib hat Ihnen ja den Donnerkeil geraubt.
JUPITER.
Vous avez raison! Ich will mich ermannen.
Ich bin der Herr!

Lärm. Zitternd.

Doch hurtig von dannen!
[15] Ich höre meine Frau, sonst ist der Teufel los,
Geht's meine Kinder, ihr Zorn ist gar groß.
Es könnt ein Unglück gschehn.
VENUS.
Da sehts den Simandl.
Jetzt geh ich nit vom Fleck; ich furcht nit die boshafte Sandel.
JUPITER.
Du sollst das Weib haben, parole d'honneur,
Gehts derweil ins Kabinet, wenn s' fort ist, kommt's wieder her.
Ich will ihr schon meine Autorität fühlen lassen,
Sie soll mit dem Jupiter nicht länger mehr spassen.
VENUS.
Wir gehn ins Kabinet; doch halten Sie Ihr Wort.

Mit Amor ab.
JUPITER.
Ich bin ein gwisser Gott, so machts nur, so gehts fort!
Die lärmt wieder drauß, das Corps der Janitschaaren
Könnt durch das liebe Weib die große Trommel ersparen.
7. Szene
Siebente Scene.
Juno, Jupiter.

JUNO.
Da steht er!

Ihn äffend.

Der Talpatsch! Der Passauer Lümmel,
Das ist der Herr auf der Welt und im Himmel.
Kann man so ein dummes Gesicht noch wo sehn?
Ich zahlte gern's Entrée, und wollte drey Meilen weit gehn.
Nun alter Schippel, willst reden oder bist stumm?
Am besten ists, du schweigst; denn was du sagst, ist dumm.
[16]
JUPITER.
Hör auf, ich bin der Gott der Götter!
Ich commandire das Jahr und mache das Donnerwetter.
JUNO.
Du? So mach eins, geh alter Dalk, laß's lieber rasten,
Die Donnerkeil und 's Colofonie hab ich im Kasten.
Du hast gar kein Votum mehr in der Assemblee,
Du figurirst nur noch als Jupiter vom Schnee.
Nich d' Goschen sollst auf thun, sollst kuschen vor mir,
Langst hätten s' dich anglehnt, wär ich nicht bey dir.
Ich muß für dich denken, sonst lassen s' dich sitzen
Und ziehn vor dir ab weder Hüte noch Mützen.
Drum darfst auch nichts thun, als nur das, was ich will
Papirt, sonst gibts Risse! Hör an, und sey still!
JUPITER
für sich.
Die Schand! die hören zu drin im Kabinet,
Wär nur kein Zeug bey dem lieben tête à tête,
Ich muß mich dreyfach schämen; denn ich bin obendrein ein Gott,
Und habe doch so gut, wie d' Menschen meine Noth.
Ich schlüg ja gern drein, ich probirte gleich mein Glück!
Was nützt 's, einen jeden Schlag krieg ich zehnfach zurück.
JUNO
Athem hohlend.
Ich hab ein Weib auf der Welt sterben lassen, daß du's weißt,
Es darf dich nicht kümmern, wer's ist, und wie s' heißt.
Sie hat mich so zu sagen scandalisirt.
JUPITER.
Was hat sie gethan?
JUNO.
Sie hat mit Andern scharmirt.
Und ihr Mann ist doch noch jung und ein rechter Bengel,
[17]
JUPITER.
Und deswegen hast 's Weib sterben lassen, mein Engel?
Jetzt hör auf, das ist dein Ernst nicht, du thust spassen,
Sonst müßt ich heut zwey Drittel Weiber sterben lassen.
Das ist kleinstädtisch, und gar kein himmlischerbon ton,
Wenn's den Männern recht ist, so laß s' charmiren, und geh davon.
JUNO.
Du mußt freylich so reden, du grauer Bärenhäuter!
Du hast dich aufgeführt zum Erbaun, du alter Krippenreiter!
Die ganze Welt ist voll von sauberen Geschichten,
In Kupfer sticht man sie, beschreibt sie in Gedichten.
Damit nur jedermann, der Augen hat, und liest,
Gleich weiß, wer der größte Sündenbock ist.
Deine Amouren kennt jedes Kind, jedes Land –
Meine unglückliche Eh ist allen Zeiten bekannt,
Und wär ich keine Göttinn, sondern so eine von Fleisch und Bein,
Ich könnt mit meinem Kopfschmuck bey keinem Stadtthor hinein.
JUPITER.
Mach dir nichts draus, du wirst's ja so wissen
D'Stadtthör sind größten Theils niedergerissen –
Auch baut man in Häusern die Thüren hübsch hoch,
Sonst blieb mancher hängen, und riß sich ein Loch.
JUNO.
Nun höre mich weiter, und schweige, du Stock!
Der Mann von dem Weibe hat sich hinterm Rock
Der saubern Frau Venus, des Ziferls, verkrochen,
Die ist schon gewohnt, solche Speisen zu kochen.
[18] Die protegirt immer die Liederlichkeiten,
Und ist Patroninn von schundigen Leuten –
Die wird nun vermutlich, ich kenn schon die Wecken,
Sich hinter den Dalken vom Vater verstecken.
Ich sag dirs, du Grauschimmel, nimm dich in Acht,
Daß mir nicht das Weib auf die Welt wird gebracht.
Sonst kannst du gleich zusamm packen und gehn.
Die Leutverbandlerinn, die Venus, soll's sehn,
Daß ich die Frau bin, sie ist ein gemeins Weib,
Ein Bierhäuselmensch und du bist ein Kneipp

Duett.

JUNO.
Könnt ich in Ohnmacht doch fallen –
Wär ich ein sterbliches Weib –
Aber zum Unglück vor allen –
Bin ich die Frau von dem Kneip –
Und bin unsterblich – o wehe –
Bin unzertrennlich von ihm –
Kommt er mir nur in die Nähe;
Kenn ich mich nicht mehr vor Grimm!
JUPITER.
Weiberl – Schazerl – Engel –
JUNO.
Larvengesicht – roher Bengel –
JUPITER.
Schau, es wird dir wieder schaden,
JUNO.
Lägst du nur schon auf dem Laden –
JUPITER.
Aber die Nachbarn da unten –
JUNO.
Was scher ich mich nach den Hunden –
[19]
JUPITER.
Da nutzt kein Bitten – kein Schmeicheln –
Jetzt wird's schon nimmermehr gut –
JUNO.
Schweige, du Tölpel, dein Heucheln
Bringt mich nur noch mehr in Wuth –
Mit Füßen möcht ich dich jetzt treten
Und tanzen dir auf deinem Leib –
JUPITER.
Ein wüthender Hund an den Ketten
Ist sanfter – als so ein – ein Weib –
Beyde zugleich.
JUPITER.
Jetzt heißt es kuschen und ducken
Rutscht ihr auch d' Götterhand aus –
Muß ichs geduldig verschlucken –
Sie ist halt d' Frau hier im Haus.
JUNO.
Kuschen sollst du – nicht mehr mucken –
Sonst rutscht mir d' Götterhand aus;
Alles mußt du nur verschlucken
Denn ich bin d' Frau hier im Haus.

Nach geendigtem Duett zwischen Juno und Jupiter stürzen Venus und Amor aus dem Kabinett.
VENUS.
Jetzt kann ichs nimmer aushalten – pfuy Teufel, Papa –
JUNO.
Hischhorngeist – Essig – die saubre Figur ist da –
Und noch obendrein versteckt im Kabinett –
AMOR.
Wär jetzt ein Hetzknecht da – der d'Hund loslassen thät –
JUPITER.
Fang einer nur mit Weibern an, der bleibt gwiß sitzen –
[20] Jetzt werden sie vereint ihre Gall an mir verspritzen –
Und ich bin doch unschuldig – das habens doch g'sehn –
JUNO.
Morgenvisiten bey Männern – ey, das ist recht schön –
Ist das eine Conduite für eine Göttinn aus der Oberwelt?
Ich bin halt unrecht hergekommen, gelt –
Ewig Schade, daß hier nicht die Bauart besteht – wie in mancher Stadt,
Wo jedes Quartier einen sechsfachen Ausgang hat –
Was hat sie hier wollen – ich will es wissen –
Oder ich werd türkisch drein schlagen müssen –
VENUS.
Na – so einer wird man auch noch Rechenschaft geben –
Seyns nicht so hoppedaschig – lassens uns leben!
AMOR.
Über so einen Weiberkampf – da geht nichts vor –
Mein Hauptplaisir sind d' Fratschlerinnen vorm Burgthor –
JUPITER.
Ich bin jetzt recht zwischen Ambos und Hammer –
Ich bin ein geplagter Gott – das ist ein Jammer –
JUNO
zum Jupiter.
Bist du ein Mann –
VENUS.
Sind sie ein Vater –
JUNO.
Und du trittst nicht gleich zusammen die Natter –
VENUS.
So wenig nehmen sie sich ihrer Tochter an –
JUNO.
Wie er dasteht und zittert, der spottschlechte Mann –
[21]
AMOR.
Husch husch – das muß die Mama nicht leiden –
JUPITER.
Jetzt krieg ich Schläg am End von allen beyden –
VENUS.
Wanns nicht gleich geht, so will ich zwicken und beissen –
JUNO.
Ich will dir deine gefärbten Locken ausreißen –

Sie packen sich.

Leutverbandlerinn –
VENUS.
Du boshaftes Trum –
JUPITER.
Kommts doch zu Hülf – sie bringen sich um.
8. Szene
Achte Scene.
Apollo, Merkur, Götter, Göttinnen, Vorige.

CHOR.
Ist der Olymp denn ein Bierhaus geworden,
Das ist doch wahrlich eine Schand und ein Noth.
Das ist ein Lärmen, als wollt' man sich morden,
So hausen Trager; doch uns bringt es Spott.

Bringen sie auseinander.
APOLLO.
Auf der Welt glauben s' es ist ein Donnerwetter,
Und es ist doch nur ein Kampfel der Götter.
Alles lauft schon unten mit Paraplüs herum,
Es fürchtet den Regen das menschliche Publicum,
Wenn sie's wüßten, daß die Götter sich zausen,
[22] Das wär' dem Volk lieber, als im Prater eine Jausen!
Aber, du Jupiter, sollst so was nicht leiden!
JUPITER.
Ich will mich angreifen und will entscheiden.
Der ganze Streit kommt her wegen einem Harfenisten,
Dem sein Weib gestorben ist.

Nießt.

Wir nießten!
Nun?
ALLE.
Zur Gesundheit, Eure Göttlichkeit!
JUPITER.
Gratias. – Ich will also heut
Selber zum Pluto hinuntersteigen, die Sach untersuchen,
Will der Kerl sein Weib haben, uns darf er nicht fluchen –
So kann ers mitnehmen, es wird nicht lang währen,
Wird er ihren Tod selber wieder begehren.
Meine Herrn, wer ist heute von der Suite?
Der kein Pferd hat, geht zu Fuß mit.

Alle ab, außer Juno.

Arie.

JUNO.
Weiber, lernt von mirs regieren,
Spant die Männer recht in Bock –
Alle müssen sie pariren,
Zittern üvor n' Weiberrock –
S' wär 'ne Schand für alle Weiber,
Hätten wir das Recht nicht ganz –
Macht's nur wie die Bärentreiber,
Und sie lernen jeden Tanz!
Was wär das für eine Freude,
Alle Männer so zu sehn –
Wie sie alle – weiß wie Kreide.
Unter dem Pantoffel stehn –
Siege bringen kleine Kämpfe,
Eure Herrschaft wird zum Spruch –
[23] Fallt in Ohnmacht – krieget Krämpfe,
Bey dem kleinsten Widerspruch.

Ab.
9. Szene
Neunte Scene.
Unterwelt. Analoges Zimmer des Pluto.
Pluto, Euridice.

EURIDICE.
So lassen S' mich doch aus! Sie sind mir ein rechts Schmieramperl,
PLUTO.
Mach nur keinen Lärm, sey ein gutes Lamperl,
Du sollst die besten Täg bey uns haben,
Wir sind nicht so schwarz, wie man uns macht! wir sind keine Raben.
EURIDICE.
Die Quinten kenn ich schon. Es geht in der Höll, wie auf der Welt,
Daß den Herr'n alles, was neu ist, gefällt.
Kommt ein fremdes Gsichtl in Vorschein, da ists aus,
Sie rennen sich d' Füß ab, und lassen d' Weiber zu Haus.
Und wenn d' Frau Gemahlinn dahinter käm,
Gleich beym Eintritt mich beym Zwiefachel nähm'?
Na Sie, das kann nit aufgführt werden, da müßt i bitten,
Ich halt auf ganze Augen und auf gute Sitten.
PLUTO.
Schau, wie du herdalkst, das ist recht schwach,
Wir Götter sind wie die Deutschen, wir affen Alles nach.
Seit die Menschen sichs im Ehstand kommod machen,
Haben wir auch unsre eigenen, geheimen Sachen.
Die Menschen sind sterblich, und bleiben nicht einmahl bis zum Tod sich treu,
[24] Das wär für uns Unsterbliche weiter keine Marterey.
Meine Frau ist eine Frau von Welt, die Tochter von einem Herrschaftsbeamten,
Sie kann sich auch einen Chapeau wählen unter den Verdammten.
EURIDICE.
Aber mein Schmerz ist noch zu neu, lassen S' mich in Ruh,
Ich bin erst seit einer Stund Witwe, das wär doch z' fruh!
Das war ein Mandel, o Herr Höllengott!
Er war so gut ausgebacken, wie 's heutige Brot.
Er war so sanft, wie die Herrschaftsheiducken,
Knödel war sein' Leibspeis, die konnt' er schlucken.
Gut war er, meiner Treu, wie ein heuriger Wein,
Und in der Wäsch wie d' Wallachen, so rein.
Lieb hat er mich ghab – drüber geht nix,
Alle acht Täg hatt ich meine richtigen Wix.
Mäßig war er im Trinken – ich hab ihn oft belauert,
Wenn er Sonntags einen Rausch hat ghabt, hat er bis Samstag dauert.
Und in der Musik – da war er ein Meister,
Es ist ein Compositeur in Wien – wartens: wie heißt er?
Er fällt mir nicht ein.
PLUTO.
So nenn' einen andern, der so heißt.
EURIDICE.
Es ist alls eins, er ist halt ein großer Geist,
Der für die Bierhäuser die schönsten Sachen komponirt.
Wenn mein Mann über einer Note drey Jahr hat studiert,
So hat ers Ihnen vom Blatt weggspielt; das nenn ich Genie!
Das ist ein Virtuos, Sie glaubens gar nie.
[25]
PLUTO.
Dein Schmerz ist gerecht, doch was nutzt dir das Rotzen,
Ewig hätts doch nit können beysammen knotzen.
Der Mensch wird geboren, damit er stirbt, das ist klar.
EURIDICE.
Das hätte mir sagen können ein jeder Narr!
Wie wirds dem armen Waisen ohne mich gehn? Schlecht, sicherlich!
Wer singt ihm so falsch seine Lieder, wie ich?
O, er wird mich nie vergessen in seinem Innern,
Die Schulden, die ich zurück gelassen, werden ihn schon erinnern.
10. Szene
Zehnte Scene.
Proserpina, Vorige.

PROSERPINA.
Bien,venue, ma chère fille!
EURIDICE.
Ich küss' Ihnen 's Kleid.
PROSERPINA
für sich.
Hübsch ist sie nicht, das ist meine einzige Freud.

Laut.

Euridice? nicht wahr?
EURIDICE.
Zu dienen, man nennt mich schlecht weg Ditzel,
PLUTO.
So wie man sagt statt mürben Struzen – Strizel.
EURIDICE.
Euer Gnaden sind gsund, das freut mich zum zerplatzen,
Was macht denn die Familie? die lieben Fratzen?
[26]
PROSERPINA
in die Scene.
He Nanerl, bring s' d' Kinder her, laß sie das Kochen!
PLUTO.
Aber Schatz, was fällt dir ein, sie sind ja aufm Land seit zwey Wochen.
PROSERPINA.
Richtig? da kann man ein schlechts Gedächtniß recht sehn.
EURIDICE.
Machen Sie sich nichts draus, das ist auf der Welt schon öfter gschehn.
PROSERPINA.
Was bringen S' für Moden mit? was tragt man für Hüt?
Was für Chemiseteln, wie ist der Kleiderschnitt?
Trägt man Schuh, Stiefletten oder Sandalen?
Ich muß Alle haben, was neu ist mein Mann muß bezahlen.
EURIDICE.
Geschieht auch auf der Welt, der Mann muß es kaufen,
Und sollt er am End sich auch müssen ersaufen.
So manchen Todfall, wie wirs auf der Welt wissen,
Haben die Marchandes des modes auf ihrem Gwissen.
PLUTO.
Jetzt kann ich gehn und meine Geschäfte schlichten,
Denn wenn d' Weiber von Moden reden und d' Leut ausrichten,
So kommt kein Mann und kein Gott mehr zum Wort.
Gehts ins Salletl, und plauderts dort fort,
Ich will indeß auf die Parade gehn,
Und die höllischen Truppen manövriren sehn.

Ab.
PROSERPINA.
Spazieren S' voraus.
[27]
EURIDICE.
Ich bitt, ich bin ja nur ein Geist,
Was man im Latein einen Spiritus heißt.
PROSERPINA.
Das macht Ihnen Ehr. Es ist sonst ein Defect von großen Geistern,
Daß sie so selten sich selber bemustern.

Beyde ab.
11. Szene
Eilfte Scene.
Tartarus. Man sieht die Strafen des Tantalus, Sisiphus, des Ixion, und der Danaiden.

CHOR DER VERDAMMTEN
einer den andern äffend.
Schleka bartl, schleka bartl
S' gschieht euch recht.
s' Weinverderben, s' Leutausziehn,
Das ist schlecht!
Und die Hascherln, unsre Götter
Sind gerecht.

Gehn an ihre Arbeiten.
Orpheus mit einer Harfe schüchtern hervor.
ORPHEUS.
Nur langsam Orpherl, du könnst leicht versinken,
Da geht ein Rauch auf, der wird doch stinken.
Man müßt keine Nasen haben, wenn mans nicht wüßt,
Daß man im Palais des Spadifankerl ist.
Herein wär' ich. Wie ich hinaus komm, steht zu erwarten,
Doch das wuchs schon viel größern Männern im Garten.
Wer heut zu Tag grad der Nase nach rennt,
Macht meistens sein Glück; doch sapperment –
[28] Die klugen Leute denken auf die Retirade voraus –
Justament nit, wer davon laufen will, der bleib z' Haus.
Bisher ist's glücklich gangen, durch gute Art und mit Geld,
Wer gut schmiert, der fährt gut, in der Hölle wie auf der Welt.
Hat auch ein Höllenhund hie und da den Rachen aufgerissen,
So hab ich ihm flugs ein Paar Zwanzger hinein gschmissen,
Und er zog den Schweif ein, und sagt nicht mehr mucks.
Was das verdammte Geld nicht thut? ey das ist ein Jucks.
Ich trau mich nit umzschaun. Es ist ein passabler Ritt,
Und manchem graust immer, wenn er rückwärts sieht.
Ich hör und seh keinen Teufel, es muß noch Alles schlafen.
Oder sie sitzen beym Fraß, die Schlaraffen.
Ich fang an auf der Harfen zu spielen und zu singen,
Sie werden sich schon rühren, wenn ihnen die Ohren zerspringen.

Singt unter Begleitung der Harfe.

Es hat ein verrufener Wiener Harfenist,
Sein'n Ehstandspartikel verloren.
Er hat sie aus Liebe, weil s' auch nichts nutz ist,
Zur Herensgesponsinn erkoren.
Damit mans leicht kennt, so beschreibt er sie jetzt:
Sie ist voller Runzeln und Falten,
Schnopft drey Loth Tabak alle Stund, ist zersetzt,
Kann s' Maul kein Augenblick halten.

Sie plaudert trotz Einer – richt't d' Nachbarsleut aus,
Macht überall, wo s' ist, Partiten,
Und bandelt zusammen die Leute im Haus,
Kriegt deßwegen oft ihre Schnitten,
Drum ist auch ihr Buckel beständig hübsch blau,
Voll blutiger Striemen und Ringen,
[29] Wer s' gfunden hat, kann die vortreffliche Frau,
Nur gleich in ein Branntweinhaus bringen!
CERBERUS
als Portier.

Ist zu Anfang hervorgekommen, hat gehorcht, trocknet sich die Augen, sagt gerührt.

So was hab ich nie gehört – dem kann nicht einmahl ein Portier resistiren,
So ein Gesang kann auch einen Eckstein rühren.
Bist du ein Mensch – oder bist du Apollo selber?
ORPHEUS
für sich.
Der erste, den ich seh, der gehört unter die Kälber.

Stolz laut.

Hats dem Herrn gfalln? Das ist sein Glück, jedenfalls –
Wer einen Künstler auch mit Grund tadelt hat den Teufel aufm Hals.
Sie sind gewiß, ich seh Ihnens an, ein Schweitzer oder Portier?
CERBERUS.
Ich bitt mir Respekt aus, ich bin Hausoffizier.
ORPHEUS.
Also auf jeden Fall ein Kenner?
CERBERUS.
Es hat mir gfallen.
Und wenns bey großen Herren Mod wär', ich könnt' dich bezahlen.
Kann ich dir sonst dienen, wenns nichts kostet, recht gern,
ORPHEUS.
O freylich, ich suche hier meine Herzenslatern.
Mein Weib ist mir gstorben – nach kurzen 50 Jahren,
Sie ist gewiß in d' Höll heruntergfahren,
Denn ihre Qualitäten müssen ihr da einen Platz verschaffen:
[30] Ich kann nicht leben ohne dem lieben Affen.
Laß mich der Herr nur ein einzigs Mahl sie noch sehn,
Wenn wir z' reden anfangen, so bleiben wir gleich ewig da stehn.
CERBERUS.
Ich erinnere mich, sie ist beym Pluto im Haus.
ORPHEUS.
Das liebe Weib kennt sogar in der Höll sich aus.
CERBERUS.
Für mich kann ichs nicht thun – aber ich wills probiren,
Ich will beym Höllengott mich interponiren.
Man hat seinen Einfluß.
ORPHEUS.
O schweigen S' nur still!
Durch Portier und Kammerjungfern kommt mancher an's Ziel.
Thun S' das! ich will gewiß erkenntlich seyn,
Sinds ledig oder verheirathet?
CERBERUS.
Nein.
ORPHEUS.
Wenn ich wieder auf d'Welt komm, so geb ich mein Wort,
Schick ich einen ganzen Transport Weibsbilder fort.
Alle zu ihnen, da können Sie Sich Eine nach Gusto wählen.
Was Eine nicht hat, wird der andern schon fehlen.
Um einen Mann zu bekommen lassen sie sich nicht bitten,
Sie fahren sogar in d' Hölt herunter im Schlitten.
CERBERUS.
Indessen kannst du hier die Merkwürdigkeiten ansehn,
Du wirst viel Sachen finden, kurios und schön.
Du siehst, wir sind gastfrey, doch laß es hübsch bleiben
[31] Aus Dankbarkeit etwa dann spöttisch über uns zu schreiben.
Es ist den Wienern öfters so gangen, wir wissens recht gut,
Erst frißt sie sich aus, dann schimpft sie, die Ausländerbrut.
ORPHEUS.
Was sind denn das für närrische Geschichten?
CERBERUS.
Das ist das höllische Zuchthaus, muß ich dir berichten.
ORPHEUS.
Die schöpfen in ein bodenloses Faß, das wird freylich nicht voll,
Das ist just so, wie der Kasten eines Wucherers hohl.
Der dreht sich beständig am Rad – der wälzt einen Stein munter
Bergauf, und wenn er oben ist, fällt er wieder herunter.
Dem frißt ein Geyer die Leber, und sie wächst wieder nach,
Da hat der Geyer beständig sein Futter – und jener am Bach
Der dumme Teufel – d' bratenen Vögel fliegen ihm ins Maul dort,
Und wenn er darnach schnappen will, husch sind sie fort.
CERBERUS.
Sie sollen dir selbst ihre Geschichten beleuchten.
He Danaiden, kommt her, und thuts beichten!
DANAIDEN.
Parlez-vouz français – o la parla italiano.
ORPHEUS.
Ich bin ein Musikant.
DANAIDEN.
Auch ich spiel 's Fortepiano.
ORPHEUS.
Das Mädel hat eine gute Erziehung – Wer war denn ihr Vater?
[32]
CERBERUS.
Später war er Hausherr, vorher ein Bratelbrater.
ORPHEUS.
Ja so, jetzt wundre ich mich freylich nimmer,
Er hat mit Freßartikeln gehandelt, da thuts es immer.
Sie können gewiß auch zeichnen und mahlen,
Wer vom Vater die Braten hat' kauft – hat müssen die Meister bezahlen.
DANAIDEN.
Wir waren fünfzig Schwestern, schön wie die Nacht,
Uns beysammen zu sehn, das war schon eine Pracht.
Da haben sich denn viele Liebhaber eingfunden,
Um uns zu vertreiben die müssigen Stunden.
Wir haben in unsrer Unschuld Präsenten angenommen,
Mit guter Art haben wir nach und nach Alles von ihnen bekommen.
Bald hat einer Krida gemacht, bald ist einer eschappirt –
Ein paar sind ins Wasser gesprungen, ein paar sind so crepirt.
Drey sind im Tollhaus, vier auf der Schanz,
Ausgezogen waren aber alle, das kann ich schwören, ganz.
Das haben uns die Götter vor übel ghalten, das Bagatell,
Und haben uns verdammt, wie du siehst, auf dieser Stell
Ewig zu füllen den bodenlosen Schlauch,
Was nützt unser Nachgießen? es ist wie ein Hausherrn Bauch.

Geht zur Arbeit.
ORPHEUS.
Siehst es, siehst es, die armen Mamsellen,
Wegen einem solchen Bagatell so zu quälen?
Aber machen Sie Sich nichts draus, ich versichre Sie,
Sie bekommen bald eine große Schwesternkompagnie.
[33]
CERBERUS.
Erzähle du arme Tantalus, der im reichen Überfluß,
Immer Hunger leiden muß.
TANTALUS.
Schauns mich an, ich schau aus, wie ein Todtenzettel,
Und was hab ich verbrochen? Das ist doch ein Bettel!
Ich hab schmarozt – der Mensch muß ja essen,
Ich hab freylich ein paar Familien aufn Bettelstab gfressen.
Für ein guts Mittagmahl hab ich mich zu Allem brauchen lassen,
Wer gern umsonst frißt, der kann mich fassen.
Ich hab freylich wegen ein' Soupée ein Dutzend Leuten die Ehr abgeschnitten,
Was thut man nit, wenn man Hunger hat? da muß i bitten,
Und für so n' Klenkas, muß ich so erschrecklich büssen,
O ich könnt eine ganze Donau von Thränen vergießen.
Die bratnen Vögel fliegen mir zum Maul, ich hab sie erst gwittert,
Seit 3000 Jahren werd ich mit dem Bratelgeruch gfüttert.
ORPHEUS.
Wenn der Herr auf der Welt wär heut zu Tag, und in dem Fall,
So wär das keine Straf, das wär ein Kapital.
Einmahl ja konnt man nach Speiserln d' Hand ausstrecken,
Aber jetzt, lieber Freund, darf man höchstens dran schmecken.
TANTALUS.
Und der ganze Bach ist voller Wein ausm großen Faß,
Sie schenkten auf der Welt um 20 fl. die Maß.
[34] Wenn ich ein Glas schöpf, und brings zum Mund hin,
Und glaub schon ich trink, flugs ist nix drin.
ORPHEUS.
Geht auf der Welt auch vielen so, setzt man ihnen ganze Eimer her,
Eh man sich umsieht – sinds wieder leer.
Übrigens ist dem guten Menschen zu viel geschehn,
Die Götter sollten unsre heutigen Schmarozer sehn:
Die haben's weit bracht, man muß noch bitten und laufen,
Daß s' einem d' Ehr anthun, und ihm den Wein aussaufen.
Sie stecken ein' Grobheit ein, und theilen dafür zehn aus,
So ein Schmarozer ist unentbehrlich in manchem Haus.
Die reichen Leut wollen oft lachen, und sich einen Hausnarrn ersparen,
Ja angepumpft, sie sind der Schmarozer ihre Narren.
CERBERUS.
Sisiphus, komm her und bekenn deine Schulden,
Der Herr ist so gut, und verspricht dir einen Gulden.
SISIPHUS.
Ich war ein junger Herr beständig auf der Gassen,
Ich habs Pflaster ausgetreten in allen Strassen.
Kein eigentlich Gschäft hatt' ich, aber ich war immer okkupirt,
Hab den Weibern ein' Haspel gmacht, hab über alls kritisirt.
Überall hab ich den Schnabel ghabt, war ein Tänzer und ein Sänger,
Und doch haben mich d' Götter angschaut für ein gschäftgen Müßiggänger.
Sie haben behaupt, ich hätt' ihnen den Tag abgstohlen,
Da muß ich jetzt den Stein den Berg auf und unter rollen.
[35]
ORPHEUS.
Courage mon Ami! Sie werden bald Ghülfen kommen,
Die Leut Ihres Gleichen haben wie d' Königlhasen zugenommen.
Kommen alle gschäftgen Müßiggänger zum Steinrollen hierher,
So triffts jeden alle 100 Jahr einmahl nur mehr.
CERBERUS.
Der Ixion dort am Rad, das ist ein langweiliger Pinsel,
Er zerreiß mir die Ohren mit seinem Gewinsel.
Ich will dir lieber selbst expliziren, warum
Er sich dort dreht, wie ein Haas am Spies herum.
Das war so ein Kerl, ein Pfiffikus, ein vertrakter,
Ein Mensch, wie eine Bratwurst – ohne Charakter.
Heut sagt er das und morgen sagt er jenes,
Heut sprach er Schlechtes, und morgen viel Schönes.
Den Mantel hat er stets nach dem Winde gedreht,
Er war, wie ich ghört hab, so wie mancher Poet.
Darum –
ORPHEUS.
Capisco, mein Freund; doch es bringt mich
zum Lachen,
Laßts Räder in der Höll viel tausende machen.
Von Leuten seines Gleichen ist die Welt noch voll,
Alle auf Rädern zu sehen – na, das wär zu toll.
CERBERUS.
Jetzt ist noch der Prometheus dort, komm her,
Erzähl deine Trübsal, und du nimm dir eine Lehr.
PROMETHEUS.
Ich war ein Wirth, und hab mich drauf verstanden,
Dem Wein eine Kraft zu geben, ihn so gwiß zu gwanden,
[36] Daß er eine Farb kriegt; denn 's Farberl ist d' Hauptsach.
Und eine gwisse Schneid; denn sonst ist er gar schwach.
Damit er eine Süssigkeit kriegt, hab ich Bleyzucker drein gmischt,
Und das liebe Getränk ganz ordentlich aufgfrischt.
Na, und da haben die schlechten Leut ausgsprengt,
Mein Wein hätt' ein ganzes Stadtviertel ausgtränkt.
Es wäre Gift und kein Wein haben s' gsagt, um mich z'pressen,
Er hätt' d' Leber angriffen, und 's Beischel aufgfressen.
Und weil ich aus lauter Besorgniß fürs Beste,
Und für die Gesundheit meiner Herrn Gäste,
Mich, sobald ich das ghört hab, hab entschlossen,
Und hab in einem Eimer Wein drey Eimer Wasser gossen –
So haben die Götter gsagt, sie werden mir was pfeifen,
Ich soll ihnen nicht ins Handwerk eingreifen,
Und selber Wein machen, und haben den Sentenz publizirt,
Daß, weil mein Wein so viele Gebern hat ruinirt,
Soll mir ein Geyer meine ausfressen bis auf d' Flaxen,
Und so oft er s' gfressen hat, solls wieder wachsen.
ORPHEUS.
Er ist besser dran als seine Gäst, das sind Faxen
Denen ist gwiß kein' andre Leber mehr gwachsen.
Das muß ich der Welt kund machen durch Schriften,
Vielleicht hören's einmahl auf, d' Leut mit Wein zu vergiften.

Es schlägt 3/4.
Die Verdammten springen auf und schreyen.

Die Raststund ist da, jetzt schaun wir um Futter für den Magen!

Gehn ab.
CERBERUS.
Es hat ja erst 3/4 auf zwölf geschlagen.
[37]
ORPHEUS.
So machend auch die Zimmerleut auf der Welt, wie bekannt,
Wie 's 3/4 schlägt, so werfens die Hacken aus der Hand.
Statt um ein Uhr, kommen s' um 3/4 auf zwey,
Und statt um sechs Uhr ist's um 1/4 nach fünf Uhr vorbey.
Partout comme chez nouz – wie ichs deutlich jetzt seh.

Man hört Gwehr aus rufen.

Was ist das?
CERBERUS.
Der Höllengott ist in der Näh.
Es werden die acht und vierzig Pfündner präsentirt,
Und die höllische große Trommel gerührt.
ORPHEUS.
Jetzt Courage, verlaß mich nit, sapperdipi,
Es ist kein Spas, wenn man dem Teufel stehn mußvis à vis.
12. Szene
Zwölfte Scene.
Pluto, Vorige.

PLUTO.
Die Parad' ist vorbey; heut hat's wieder gewimmelt von Damen,
Aber ich hab auch jetzt Mordkerls beysammen.
Wer ist denn dieses menschliche Insect,
Das sich in mein Reich einzunisten erkeckt?
CERBERUS.
Es ist kein Mensch, es ist nur ein Wienerharfenist.
PLUTO.
Der Kerl ist ja nicht blind, wie 's jeder andre ist.
CERBERUS.
Er ist mit Blindheit an Leib und Seel gschlagen,
Sonst thät er sich wegen seinem gstorbnen Weib nit her wagen.
[38]
PLUTO.
Aha, ich riech den Lunten, gewiß der Mann von der Dizel?
ORPHEUS.
Richtig! Das Weib war mein ganzes Letizel.
Ihr verdank ich mein Aufkommen, wie 's halt schon geht,
Es hätt' mancher kein Brot, wenn er sein Weiberl nit hätt'.
Hat einer ein Weiberl, die sich in d' Leut kann schicken,
So hilft man ihm weiter aus Freundschaft in allen Stücken.
Man bekommt ganze Bandeln von Freunden, man weiß gar nit, wie?
So ein Weib auf der Welt ist ein Terno aus der Lottrie.
PLUTO.
Was bist du für ein Landsmann? Ein geborner Wiener?
ORPHEUS.
Ein Hirschauer bin ich, und Ihr gehorsamster Diener.
Ich muß Ihnen nur mein Lebensgschicht erzähln,
Sie können Sich nachher das Beste draus wähln.
Die Hirschauer sind weit und breit wohl bekannt,
Wie d' Schwaben überhaupt wegen großen Verstand.
Das wissen S'. Als Kind bin ich aufn Schädel gfallen,
Und konnte nicht lernen, war der dümmste von allen.
Ich war wie vernagelt. Alles schlug auf mich zu,
Und mein Schulmeister sagte: Das ist der dümmste Bue!
Da sagt halt mein Mutter: Du erzdummer Strick,
Im Vaterland macht man höchst selten sein Glück.
Du mußt in die Fremd, du bist dumm genug,
Du machst gwiß dein Glück – meine Mutter war klug.
Ich bin auf der Donau heruntergschwommen,
Kaum bin ich beym Schanzel in Wien angekommen,
Da hat man mich gleich für ein'n Ausländer ghalten,
[39] Ich konnt, unter uns gesagt: d' Harfen kaum halten.
Und's waren recht brave Harfenisten in Wien,
Doch waren s' nur Wiener, drum waren s' auch hin.
Sie waren erschossen, ich trug davon 's Prae,
Denn ich bin ein Ausländer Sacredibleu!
PLUTO.
Im Vaterland hungert der größte Prophet,
Die fettesten Bissen frißt's Ausländer-bête,
Doch auf sein Weib zu kommen, mein Freund,
Ich rath ihm zu schweigen, sonst macht er sich Feind,
Sie hat hier einen großen Protector gefunden.
ORPHEUS.
So gschwind schon? sie ist ja kaum todt seit zwey Stunden –
PLUTO.
Und da sieht er wohl ein, es ist eine kitzliche Sach,
Man schont große Herrn und gibt ihnen nach!
Es fehlt ja an Weibern, wie ich hör nicht auf Erden,
Sie sollen ja ordentlich ausgspielt jetzt werden.
ORPHEUS.
Nu freylich, das kann ich schon wieder nicht läugnen,
Doch wird sich halt keine für mich mehr so eignen.
Die kennt meinen Zustand, mein'n ganzen Humor,
Sie setzt, wenn ich bsoffen war, saures mir vor.
Sie kocht mir mein Leibspeis, und tragt ihre Prügel
Geduldig, und schreyt nicht, wie ein anderer Nigel.
Sie singt, wenn ich spiel, und geht sammeln für mich.
Und weiß, wie sie das Geld lockt, und kennt alle Schlich.

Man hört türkische Musik.
PLUTO.
Mordelement, kommen die Schmarozer schon wieder zum Essen,
So kann man allein keinen Bissen mehr fressen.
[40]
ORPHEUS.
Wer kommt denn? Ruckt ein Regiment vielleicht ein?
PLUTO.
Wer wird es denn sonst – als das Göttergschlamp seyn.
13. Szene
Dreyzehnte Scene.
Eine große Wolke senkt sich herab, auf der Jupiter, Ganymed, Venus, Apollo und Merkur sitzen.
Vorige.

ORPHEUS.
Ein schönes Fuhrwerk für unsre Zeit, meiner Treu,
Man spart Sattler, Wagner, Haber und Heu.
Und ist sicher, daß man nicht niedergführt wird,
Was einem durch d' Fleischhackerwägen so leicht jetzt passirt.
PLUTO.
Servus humilissimus – das ist recht schön,
Lassen Sie Sich doch wieder bey mir einmahl sehn.
Sie sind ja so selten, wie die weißen Spatzen?
ORPHEUS.
Die Götter sind auch so falsch wie die Katzen.
Erst schimpft er, daß s' kommen, jetzt schmeichelt er ins Gsicht,
Grad wie auf der Welt, es ist d' nähmliche Gschicht!
JUPITER.
Hast du was Guts in der Kuchel, so wirst du beehrt,
Wir fressen's dir weg, so wie sichs gehört.
PLUTO.
Sonst gar nichts besonders, als ein paar Schwaben,
In der Sauce, die 's Holz vertheuert haben.
Ein Weib – klein zerschnitten zum Salat,
[41] Die sechs Männer durch Bosheit ins Grab bracht hat.
Und ja, sapperment, ein Wucherer, er ist beym Rosten,
JUPITER.
Wenn er ausgebraten ist, laß mir ein Stückl kosten.
ORPHEUS.
Von dem ganzen Speiszettel, auf mein Gwissen,
Wenn 's noch so wohlfeil ist, verlang ich kein 'n Bissen.
JUPITER.
Doch bevor wir noch essen, so mach mit großem Mund
Dir unser Herold den göttlichen Willen kund.

Merkur räuspert sich.
ORPHEUS.
Der Kerl reißt 's Maul auf wie ein Stadtthor,
Er wird uns doch nicht schlucken? ich seh mich vor.
MERKUR.
Sintemahl und alldieweilen wir vernommen,
Es sey des Orpheus sein Weib durch Todfall abhanden gekommen,
Er aber als ein veritabler Hefendalk,
Sich die Haar ausrauft um den garstigen Balg;
Wir auch ferners haben genau überlegt,
Und das pro und contra deutlich erwägt,
Daß so ein Weibsbild, bös wie die Raben,
Maßen wir ohnehin schon drey Furien haben,
Auch in der Höll nur Spektakel machen thät,
Die Welt aber ein böses Weib weniger hätt',
Was nicht seyn darf – so haben wir resolvirt,
Daß sie dem Bittsteller werde restituirt,
Unter der Condition – sie ist streng und scharf –
Daß er beym Fortführen sich nicht umschauen darf,
[42] Bis er vor der Linie draus ist, sieht er sich eher um,
So kriegt er sie nimmer das boshafte Trumm.
Actum im Olymp. Das versteht sich am Rand,
Unterschrieben hats der Jupiter mit eigner Hand.
ORPHEUS.
Das ist ein Gnad, wer kanns den Göttern vergelten?
PLUTO.
Ich könnt jetzt teremtete, wie ein Czikosch gleich schelten.
VENUS
zu Orpheus.
Das hast du mir zu verdanken, vergiß nicht!
ORPHEUS.
Ah Schnecken,
Wer was haben will, muß sich überall hinter d' Weiber stecken.
JUPITER.
Man bring' ihm sein wilds Schatzerl, dann kann er sich trollen,
Wenn's ihm zu viel wird, um er ihren Tod wird wollen,
So schreyt er umsonst herauf, wir sind taub allerseits,
Hat er's so wollen, so trag' er sein Kreuz.
PLUTO.
Ich hör sie schon kommen, o das ist ein Schmerz,
Bey dem Abschied bricht mir mei höllisches Herz.
ORPHEUS.
Sie kommt, ich wackel vor Freuden wie ein Opferpagodl,
Ich möcht' Sprüng machen, wie der Döblinger Jodl.
14. Szene
[43] Vierzehnte Scene.
Die drey Furien führen Euridicen verschleyert heraus. Vorige.

Terzett.


DIE DREY FURIEN.
Du reisest in die Welt zurück
Ade!
Du fahrest wieder über den Stix,
Und kriegst auf Erden wieder Wix,
Ade! Ade! Ade!
Es ist uns leid um dich ja gwiß,
Ade!
Es ist uns leid um dich ja gwiß,
Du bist ein rechtes Furiengfriß,
Ade! Ade! Ade!
ORPHEUS.
Dizel, Dizel – kennst denn meine harmonische Stimm nicht mehr.
EURIDICE.
Das ist mein Mann, er hat einen Baß wie ein Bär.
ORPHEUS.
Die Götter haben mich erhört – du bist mir wieder geschenkt,

Eilt auf sie und umarmt sie.
EURIDICE.
Dich haben s' schon wieder in Branntwein getränkt.
Du hättst erst mich fragen sollen, ob ich nicht hier bleiben will,
Mir gefällt es recht gut in der Höll, es ist recht kühl.
ORPHEUS.
Du könntst mich sitzen lassen Dizel?
PLUTO.
Mit Verlaub,
Ich hab ihr noch was Gheims zu sagen auf den Raub.

Führt sie bey Seite.

[44] Bleib hier, ich nehm dir ein Quartier aufm Graben,
Du sollst fünfzehn parketirte Zimmer in einer Reih haben.
Ich halt dir Equipage, geb dir monathlich tausend Gulden,
Wenn ich auch 's Geld nit hab, so mach ich halt Schulden.
Wie's auf der Welt gschieht, nur bleib bey mir,
Du darfst nur wollen, es liegt ja an dir!
ORPHEUS.
Ich glaub gar, der will mir mein Weib abwendig machen,
Dizel, ich bitt' dich, flieg nit dem Teufel in Rachen.
EURIDICE.
Was soll ich thun? Wohin soll ich meine Lieb nisten.
Ich schwank zwischen Spadifankerl und zwischen 'n Harfenisten.
JUPITER.
Na, wirds werden! Fort mit dem alten Drachen,
Sie wird doch den Göttern keine Manderln machen?
Pack auf, Harfenist, und schlepp den theuern Ranzen fort!
ORPHEUS.
So komm denn du Theure, hörst's göttliche Wort.
PLUTO.
Leb wohl, gedenk an mich, und an den Schwefelgestank,
EURIDICE.
Für Alles, was ich gnossen hab, sag ich halt Dank.
Ich geh, alter Schippel, aber du wirst es bereu'n,
Du wünschest mich gewiß in d' Höll da herein.

Finale.


Der bekannte Anfang des Terzettes aus der Zauberflöte.
ORPHEUS.
Soll ich dich, Theure nicht mehr sehn?
CHOR.
Ihr werdet froh euch wiedersehn!
[45]
ORPHEUS.
Müßt uns nichts für übel aufnehmen,
EURIDICE.
Wenn wir eppa wieder thäten zsamma kämma.
CHOR.
Glück auf die Reise,
Noch gilts nicht euren Balg.
Sey standhaft, sey weise,
Und schau nit um du Dalk!

Orpheus führt Euridice fort, ohne sich umzusehn.
In diesem Augenblicke kömmt aus der Versenkung links Juno als Harfenist verkleidet, und beginnt.

Ihr Männer nehmt euch vor den Weibern in Acht,
Sonst werd't ihr verspottet und werdet belacht.
ORPHEUS
recitativ.
Kommen denn die Broddieb bis in Olymp herein,
Das wird gwiß mein Feind, der blinde Seppel seyn.

Er sieht um. Euridice verschwindet auf der Versenkung in der Mitte.
JUNO
ruft aus.
Victoria! Juche!
ORPHEUS.
Weiberl, o weh!
JUPITER.
Holla tête!
VENUS.
O Jemine.

2. Akt

1. Szene
Erste Scene.
Götterkanzley. Man liest über verschiedenen Tischen die Aufschriften: Apollo besorgt die Beleuchtung – gibt sich neben bey auch mit den Musen ab. Merkur behandelt Dichter und Diebe. Ceres führt ein Protokoll über Getreidböden und Heuscheuern. Die hintre Cortine stellt eine Registratur vor. Auf den ungeheuern Faszikeln ist zu lesen: Menschliche Sündenregister von Anno 1 bis 1820. Apollo schläft an seinem Tisch.

MERKUR.
Es ist schon zehn Uhr, und Alles ist noch leer,
Ich muß was zu plaudern haben. Heda mon cher frère.
Du bist ja der König aller Schlaraffen!
APOLLO.
Ich war aufm Ball, und hab nicht ausgeschlafen.
Du! das war ein Fest! Madeln hat's da geben,
Wie die Göttinnen!
MERKUR
schneidet Federn.
Ey, du bleibst schon wieder kleben?
Gibst denn gar keine Ruh? Hast denn noch nicht genug?
Die Tiroler werden doch mit vierzig Jahren klug.
Aber du hast schon hundert Mahl überhört den Schnalzer.
[47]
APOLLO.
Die sächsischen Deutschen und die Apollosaalwalzer
Machen mich völlig jung: auch haben wir prächtig soupirt,
Drey tausend Austern hab ich ganz allein schnabulirt.
Und einen Eimer Champagner dazu ausgestochen,
MERKUR.
Und heut hast wieder kein Geld, um nur Knödel zu kochen.
Immer wird über die schlechten Zeiten geklagt,
Aber in einer Nacht wird eine Jahrsgage verjagt –
Um nur dabey zu seyn, versetzt man die letzten Fetzen,
Wie soll das klecken ohne Reichthum und Schätzen.
APOLLO.
Wer nicht fidel lebt, der kann das nicht fassen,
Ich will lieber todt seyn, als einen Ball auslassen.
Du bist immer so ein Kopfhänger, und bleibst beym Alten,
Ich liebe das Neue, und laß das Schicksal walten.
Die Genie's sind immer schwarz, und reich sind sie nie,
Und ich bin doch Apollo – ein göttliches Genie.
MERKUR.
Apropos, ich habe ein Referat unter der Feder –
APOLLO.
Referiren will heut zu Tag ohnehin schon ein jeder.
MERKUR.
Die Poeten gehören von Rechts wegen mir.
APOLLO.
Bin ich nicht der Dichtergott? Wie ghörens denn dir?
MERKUR.
Ich bin der Gott der Diebe, wenn S' nichts dawider haben,
Die heutigen Poeten stehlen alle wie die Raben,
[48] Einer plündert den andern, und wie sie sich balgen!
Das Volk verdiente einen eigenen Galgen.
APOLLO.
Da muß ich bitten, ich steh den Poeten
Seit Jahrtausenden schon bey in ihren Nöthen.
Ich bin ihr Patron, und bin so arm wie sie,
Die Zunft Herr Collega bekommen Sie nie.
MERKUR.
Das wollen wir sehn; es soll zwischen beyden
Der Götterrath morgen in pleno entscheiden.
Wer stiehlt, ist ein Dieb: die Diebe sind mein,
Folglich gehörn die Poeten auch in mein Votum hinein.
2. Szene
Zweyte Scene.
Ganymed, Vorige.

GANYMED.
O Spektakel über Spektakel!
APOLLO.
Was ist geschehn?
MERKUR.
Ist ein Ochs auskommen? ah, den muß ich auch sehn.
APOLLO.
Was gibts denn? eine Hetze, eine Execution oder ein Fest?
GANYMED.
Wann heute nit der Himmel einstürzt, so steht er fest.
Die Juno hat der Venus den Krieg erklärt –
MERKUR.
Ich halts mit der Juno, die hat 'n Zunge, wie ein Schwert.
[49]
APOLLO.
Ich mit der Venus, ich bin ein alter Sünder,
Und Lieb und Poesie sind halt Geschwisterkinder.
GANYMED.
Der ganze Olymp ist in zwey Parteyen getheilt,
Einer flucht, einer lacht, einer weint, einer heult.
Die Juno hat den Bratspies in der Hand zu kommandiren
Und laßt sich just ein Panzermieder schnüren.
Die Venus hat in der Rage einen Besen erwischt,
Und ihren Feinden schon einen Schminktransport abgfischt.
Alle Köchinnen sind bewaffnet in einem Corps,
Sie halten statt den Schildern 's Nudelbret vor.
Die Stubenmenscher haben sich unter einem Unterrock versammelt
Und den Eingang zu ihnen fest verrammelt,
Das wird ein Kampf! – Das kann man leicht schließen,
's Blut wird, ich sag's voraus, Eimerweis fließen.
MERKUR.
Da leidet michs nimmer, das seh ich an,
Ich hab heut in der Schreibstube schon genug gethan.

Ab.
APOLLO.
Ein Dutzend Federn hat er geschnitten, jetzt lauft er fort;
Ich thu zwar auch nichts, aber ich sag doch kein Wort.

Ab.
GANYMED.
Juchhe, jetzt bekommt der Olymp erst ein Leben,
Jetzt wird es alle Tag etwas neues geben.
Wo 's so still hergeht, lebt sich's langweilig schlecht,
Im Kriege ist eben, sagt's weise Menschengeschlecht.

Ab.
3. Szene
[50] Dritte Scene.

Arie.


JUPITER
der mit ein paar Töpfen geschlichen kömmt.
Ein böses Weib gleicht einer Mühle,
Immer geht es klipp, klapp, klapp –
Niemahls kommet sie zum Ziele –
Brummt Berg auf, und brummt Thal ab –
Alles muß um sie verstummen,
Ewig dauert fort das Brummen,
Ey so brumm, und brumm, und brumm –
Ja es wird der Kopf ganz dumm.

Schaffe ich einst neue Weiber,
Weil ich Gott der Gottes bin –
Geb ich ihnen schöne Leiber –
Und viel echten Lebessinn –
Was nur gut ist und gelungen
Geb ich ihnen – aber Zungen
Zungen geb ich ihnen nicht –
Wenn man mir, weiß was, verspricht.

Die Gelenkigkeit der Zungen
Macht uns ja oft völlig dumm –
Das ist mir zu gut gelungen –
Ewig geht es brumm – brumm – bumm –
Alle andern schönen Gaben
Sollen sie gewißlich haben;
Aber Zungen geb ich nicht –
Weil ich weiß – wie mir geschicht.

Hab ich mirs nicht gedacht, wenn ich Ruh will haben,
So darf ich mich nur in die Actenstube begraben,
Da ists immer leer, da kann man seinen Körper noch pflegen.
Überall ist ein Lärm, daß sich die Steine bewegen:
[51] Hier verzehr ich mein Mittagmahl in Ruh,
Die Mariandl ist doch ein bravs Mensch, sie steckt mir immer was zu.
Wenn ich noch jünger wär, so könnt man Wunder was meinen,
Aber so hats bloß Mitleid mit mir, und thut manchmahl weinen,
Wenn s' sieht, daß mir meine Frau einen Fasttag dictirt –
Ohne ihr wär ich ordentlich schon ausgedürrt.

Er sitzt im Schlafsessel und speist.

Die Weiber werden sich erschrecklich durchwalken –
Ah das sind prächtige böhmische Dalken.
Wie der Kampf ausgehen wird zwischen den Katzen? –
Lauter Leibspeisen! Griesnockerl und Wasserspatzen.
Seit's Fleisch so theuer ist, machen mich d' Mehlspeisen fett,
Sie machn 'n Bauch, und der Bauch gibt Autorität.
– Wer lärmt denn da draußen, ich muß d' Häferln verstecken,
Es könnt mein Mittagmahl einen andern sonst schmecken.
4. Szene
Vierte Scene.
Orpheus, Jupiter.

ORPHEUS
recitativ.
Wohin reißt mich die Wuth? Wohin führt mich der Jammer?
JUPITER
sprechend.
Ist er denn blind? In eine alte Rumpelkammer.
ORPHEUS
singend.
Bin ich am Hochgericht? umflattern mich die Raben?
JUPITER
sprechend.
Da kann er sich höchstens unter alten Acten begraben.
ORPHEUS.
Spiegelt die Sonne sich in Thränen, die ich weine?
[52]
JUPITER.
Will er, daß der Mond am Tag erscheine?
ORPHEUS.
Leb ich? oder ist dieß schon Todesschlaf?
JUPITER.
Ah, da muß ich bitten, der Mensch ist ein Aff?

Arie. Melodie: Schwerin bist wirklich todt.

ORPHEUS.
O Dizel wirklich todt,
Kommst auch nicht mehr zum Leben?
O zentnerschwere Noth,
Was soll ich jetzt anheben?
Ich hab ja ohne Dizel nit,
In einem Bierhaus mehr Credit.
O Dizel wirklich todt? etc.
JUPITER.
Erhohle dich!
ORPHEUS.
Wer wagt's mich zu belauschen?
JUPITER.
Kennst mich denn nicht? ich wollt' ich könnt mit dir tauschen,
Ich fing gewiß keinen solchen Lärmen an,
Wenn's meine Frau getroffen hätt'! geh sey ein Mann.
Du bist ja noch jung und fett wie ein Wachtel,
Du kriegst leicht Ersatz für die alte Schachtel.
Ich bin doch ein Herr hier oben, und bin viel übler dran,
Denn meine ist unsterblich, die bring ich gar nicht an.
ORPHEUS.
Jetzt erkenn' ich dich erst, du König der Simandeln!
JUPITER.
Wenn du nicht still bist, so geh ich fort; ich will nich handeln.
Laß dich belehren, das Weib kann ich nicht mehr beleben,
[53] Aber ich will dir auf andre Manier Ersatz geben.
Wähl dir eine Kunst aus, die gang ist auf Erden,
Du sollst der größte Meister darin werden.
Ich selbst kann nicht viel, aber die Macht ist mir beschert,
Gelehrte zu machen, wie manchem Professor auf der Erd',
Der auch nicht weit her ist. Geh, wähl dir was aus,
Ich schick dich als Künstler oder Gelehrten nach Haus.
Du machst dein Glück, heirathest ein reiches Weib,
Geh, sey nit grandig, und sey nur kein Kneip.
ORPHEUS.
Gelehrte und Künstler und reiche Parthien! –
Das Glück ist nur den Speculanten verliehen.
JUPITER.
Willst ein Dichter werden? ich darf dich nur reiben,
Und morgen kannst schon ein Trauerspiel schreiben.
Jetzt ists gar leicht ein berühmter Dichter zu seyn –
Schreib so, daß 's niemand versteht, hoch und fein;
In Jamben versteht sich – 's kommt nicht an auf die Füß –
Je mehr, desto besser – so gefallts auch gewiß.
Viel Wort und kein' Handlung – die brauchst du gar nicht –
Die Handlung ersetzt schon das schlechte Gedicht.
Wirf dann mit unterdrein gereimte Stanzen –
Reim dich, oder ich freß' dich – es wird doch glanzen.
ORPHEUS.
Warum nicht gar? Um untern Dach zu logiren,
Dazu brauch ich nichts als mein musiciren.
Man ist auf die Zunft überhaupt schlecht zu sprechen,
's Vers machen hält mancher gar für Verbrechen.
Ein schlechter Dichter ist ein armseliges Gschöpf,
Die guten sind rar, wie in Kärnten d' Leut ohne Kröpf.
[54] Und hat sich auch einer den so genannten Lorbeer erworben,
So ist er gewiß den Creditoren viel zu früh gestorben.
Es mag eine schöne Sach um die Unsterblichkeit seyn. Ich bin nicht dumm,
Aber ein Quintel Gold ist mir lieber als ein Zentner von Ruhm.
JUPITER.
So werd ein Acteur, ein Künstler auf den Brettern,
Tritt auf, als wärst du ein Reitroß von Göttern –
Reiß weit auf die stieren Augen, wie die eines Bocks,
Und thu so unbändig, und brüll wie ein Ochs –
Nimm, so oft du abgehst – ein paar Koulissen mit dir –
Kannst du auch die Roll nicht – so werd nur nicht irr –
Je unnatürlicher, mein Freund, desto besser,
Je mehr du Unsinn treibst, du wirst desto größer –
Das ist eine Kunst, die hat keine Schranken.
ORPHEUS.
Auch für die Gnade muß ich mich schönstens bedanken.
Die Acteurs gehn öfters mit vollem Applaus,
Aber dabey mit hungrigen Mägen nach Haus.
Ein jeder, der nur bezahlt seine zwölf Kreuzer,
Schimpft über sie, wie ein besoffener Schweizer.
Gfallt er dem Kenner, so pfeift der Pöbel;
Klatscht dieser, so wetzt die Kritik ihren Säbel.
Mit einem Wort, das ist ein kitzliches Brod,
Es hat gar kein andrer Stand so viele Noth.
Ist auch einer in Gnaden des Publikums gsessen,
Und tritt er dann ab, so ist er vergessen.
Auch theilt heut zu Tage gar oft auf der Erden,
Der Künstler, den Beyfall, was glauben's? – mit Pferden.
[55]
JUPITER.
Ja ja, es hätt' manches Stück fallen müssen,
Hätten's die lieben Pferd nicht heraus g'rissen.
Wie wär's denn mit der Arzney wär's dir nicht lieber?
Es geht über die Arzneykunst nichts drüber –
Wenn du so ein paar Hundert aus der Welt hast spedirt –
So wird gwiß der nächste recht trefflich kurirt.
Nimm beym Kirchhof Quartier, so kannst du recht schön
Vom Fenster aus deine Werke stets übersehn –
Ja – wenn ich dir rathen kann – so werd ein Arzt mein Lieber –
ORPHEUS.
Kann nit aufgführt werden, ich fürcht 's Nervenfieber.
Und ich bin kein Freund von all den Methoden,
Sie wechseln mit der Kurart wie mit den Moden.
Einer kurirt mit Wein, der andre nennt ihn Gift,
Ich glaub, der ist der Beste, der 's halt just trifft.
JUPITER.
Es ist dir nicht z'helfen. Willst ein Mathematiker werden?
ORPHEUS.
Das ging mir noch ab zu allen meinen Beschwerden.
Das sind erst die abgeschmacktesten Pedanten,
Die sind noch fader als sechszigjährige Tanten,
Sie reden von nichts als Winkeln und Quadranten.
Die ganze Welt ist für sie ein mathematisches Tipfel,
Sie kennen den Mond aber kein Badner Kipfel.
Sie wissen was am Firmamente gschicht,
Aber daß d' Frau 'n Amanten hat, wissen s' nicht.
Sie gucken die Stern an, und fallen in Graben,
[56] Den s' grad vor der Nase unter sich haben.
Nein, vor der Profession bewahr mich der Himmel.
JUPITER.
Du bist wahrlich kein Philosoph, sondern ein Lümmel.
ORPHEUS.
Haben S' was g'sagt? – was ist das für ein Titel,
Ein Philosoph? Ein Mensch ohne Mittel.
Wenn S' gsagt hätten: Du bist kein Hausherr; das hätt mich touchirt,
Daß ich kein Philosoph bin, das hat mich nicht grührt.
Wissen S' was, weil S' just Gnaden vertheilen wollen,
So hätten Sie mir was besseres offeriren sollen.
Machen S' aus mir einen Fleischhacker, Müller oder Bäcken!
JUPITER.
So weit thut sich meine Macht nicht erstrecken.
Ich kann nur Gelehrte und Künstler kreiren,
Es ist mir leid, so kann ich also gar nicht serviren.
ORPHEUS.
Warum nicht? Ich hätt' einen Gedanken, einen kuriosen,
Machen S' aus mir einen großen Virtuosen.
Einen Tänzer, Sänger, oder Meister auf der Guitarr –
JUPITER.
Aber das Volk ist auf der Welt auch nicht rar.
ORPHEUS.
Sie fahren doch alle in Wägen, wie wir sehn,
Während die andern Künstler per pedes hübsch gehn.
Sie werden verschrieben um 's sündtheure Geld,
Und singen und tanzen nur, wann 's ihnen gfällt.
Sie schwelgen an Tafeln auf sammetnen Sitzen,
Wenn d' gwöhnlichen Künstler in Bierhäusern schwitzen.
[57] Ja ja Euer Gnaden Herr Zevs, das ist groß,
Sie dürfen nur winken, so bin ich Virtuos.
JUPITER.
So sey's denn, komm her, und empfange die Weih,

Stellt ihn vor sich hin, schlägt wunderliche Kreise und Kreuze, dann gibt er ihm ein Kopfstück.

Nicht umsonst schlag' ich dir die Nas' entzwey.
So – jetzt kannst du deine Harfe probiren,
Ihr schmelzender Ton wird Steine selbst rühren,
Du kannst mit ihr zaubern, probir es mit ihr.
Und wenn du brav Geld hast, so theil hübsch mit mir.

Duett.

ORPHEUS
spielt die Harfe.
Klinge, Harfe – klinge
Bring mein Weibchen her –
Alter Hetzer springe –
Bist flink – wie ein Bär.
JUPITER.
Es juckt mir in Fersen,
Es juckt mir die Füß –
Ich bin wie im Tanzsaal,
So lustig gewiß.

Er dudelt.
JUPITER UND ORPHEUS.
Ich tanze recht gern,
Doch hab ich kein Schneid –
Ich kenn halt nicht d' Schul
Von der heutigen Zeit.
Man hat wohl auch gtanzt
Schon vor Alter etwas;
Doch jetzt muß man tanzen
Mit Anstand und Grâce.

Er tanzt und dudelt.
[58]
JUPITER.
Hab ich dirs nicht gsagt – du wirst selber Steine rühren,
Sonst hättst du mich nicht zum tanzen können persuadiren.
ORPHEUS.
Auch zaubern? Victoria mein Glück ist gemacht,
So weit hat's gewiß kein Virtuos noch gebracht.
Da kann ich doch gwiß mit allen Ehren,
Für ein Entrée-Billet zehn Gulden begehren.
Denn ein Concert auf der Zauberharfe, ist doch das werth,
Wenn schon ein jeder Fidler drey Gulden Entrée-Geld begehrt.
Komm her liebe Harfe, du mußt die erste Probe bestehn,
Ich will meine Dizel, meine Herzliebste sehn.
O sie wird in der Desperation sich die Haar ausraufen –
JUPITER.
Wer d' Weiber nicht kennt, der muß sie theuer kaufen.
Ich fürcht' du findest ein Haar in der Speis,
Es macht nur viel Kopfweh, wenn man viel weiß.
ORPHEUS
präludirt auf der Harfe.
Erschein o Dizel, dem tief gekränkten erschein,
Ich zahl dir beym Igel ein Maß süßen Wein –
Das bringt sie gewiß zu mir, ich kenn' ihren Gout.

Donner.
JUPITER.
Es wirkt schon, sie kommt! guten Appetit dazu!
5. Szene
[59] Fünfte Scene.
Ein Theil der Vorbühne verwandelt sich in eine Laube, in der Euridice und Pluto sitzen, eine Kanne Bier und Würstel vor sich. Sie beißt ab, und gibt sie ihm in den Mund etc.
Vorige.

EURIDICE.
Das schmeckt? Nicht wahr die Würstel sind gut?
PLUTO.
Wenn so ein lieber Fratz uns damit atzen thut.
EURIDICE.
Wie die Zeit vergeht, wenn wir s' in guter Gesellschaft genießen!
Drey Dutzend Würstel waren uns just ein Bissen.
JUPITER.
Hab ichs nicht gesagt? Lerne du mich die Weiber kennen.
ORPHEUS.
Vielleicht thut sie's aus Politik.
EURIDICE.
Wie soll ich dich nennen,
Sie oder Du?
PLUTO.
Du, wenn du mein Herz willst aufputzen,
Die Gottheit thut man ohnehin schlechtweg nur duzen.
Nich wahr, du wirst den Mann bald vergessen nach der Regel?
EURIDICE.
O erinnere mich nicht an den abscheulichen Flegel.
JUPITER
reicht Orpheus eine Prise Tabak.
Kann ich aufwarten?
[60]
ORPHEUS.
Ich schlag dir die Dose aus der Pratzen jetzt –
JUPITER.
Du Erdwurm, vergiß nicht, daß du mit dem Jupiter redst.
PLUTO.
Deine Sprödigkeit hat mich weder abgeschreckt noch gekränkt. –
EURIDICE
verschämt.
Man kanns nit gleich aufm Teller bringen, was man denkt.
Da gwisse höllenmäßige hat mich gleich hingerissen,
Wir Weiber haben oft Appetit auf grausliche Bissen.
Manche hat den schönsten Mann sich errennt,
Und wählt sich 'n Amanten mit dem man d' Kinder schrecken könnt.
ORPHEUS.
Ich vergeh! den Krambus mir vorzuziehn! Das ist zu viel!
JUPITER.
De gustibus non est disputandum; sey still.
PLUTO.
Wir wollen aber ein herrlichs Leben vollbringen,
Kleckt 's Geld nicht, so laß ich Alles noch springen,
Was ich in der Hand hab, – ich kenne das schon,
Ich bin ein Mann von Welt, so vom rechten bon ton.
EURIDICE.
Wie bin ich so froh, daß ich den Mann nicht mehr seh,
Er war mir so widrig, wie ein Brechmittel, eh.
Und doch hab' ich ihn müssen beym Glauben lassen,
Als thät ich außer ihm alle Mannsbilder hassen.
ORPHEUS.
Wenns s' nicht schon todt wär, jetzt brächt' ich sie um –
[61]
JUPITER.
Sie ist voll Maliz, ein recht boshaftes Trumm.
EURIDICE.
Er war so vernarrt in mich, er war völlig blind,
Ich konnt' ihn führen wie ein dreyjähriges Kind.
Ein Regimentstambour aus der Alsterkasern',
Der hat mich gesehn drey ganze Jahr gern.
Der Esel hats gar nicht observirt,
Und hat den Tambour nicht einmahl tractirt.
ORPHEUS.
Hast denn kein'n Donner, geh schlag mir sie nieder,
Die Gall schüttelt mir, wie ein Erdbeben, die Glieder.
O Augen ohne Kopf, o Kopf ohne Augen,
Die Falschheit könnt an dem Weib die Muttermilch saugen.
Da hat man oft Kopfweh, und weiß nicht woher,
Das Weib hat zu Haus einen Tambour zum cher.
Geh, straf mir die Falsche, ich schrey wie im Tempel,
Gib den Weibern ein mordialisch's Exempel.
Damit's einmahl aufhört, damit die Figürln
Nicht ungestraft mehr ihre Männer papierln.
JUPITER.
Mir fällt ein Gedanke ein! seit tausend Jahren
Ist mir der erste gute Gedanke durch's Hirn gefahren.
Ja das thu ich, du bekommst Satisfaction,
Die Weiber auf der Erde erhalten 'ne Lection.
Im Olymp wird es Fried, und ich kann wieder schlafen,
Aus dem bösen Weib will ich 'n Kometen erschaffen.
ORPHEUS.
Was ist ein Komet?
[62]
JUPITER.
Ein Unglücksstern,
Ersehen die Menschen auf Erden ihn fern,
So zittern s' und beben s', und lernen doch bethen,
Nur d' Furcht kann ihnen noch 'n Seufzer abnöthen.
He Pluto!
PLUTO.
Das ist, wie ich glaube, Jupiters Baß.
JUPITER
vortretend.
Herr Höllengott, ist das eine Aufführung? das?
Sie sollen die Verdammten in Zucht Ordnung halten,
Und Ihr eigener Rock ist so voller Falten.
Das wär' eine Conduite, da muß ich bitten!
Das wird von mir, seit ich alt bin, nimmermehr g'litten.
PLUTO.
Denken S' auf die alten Zeiten, thun S' nit rasen,
Nehmen Sie Sich selber ein Bissel bey der Nasen.
EURIDICE.
O weh, mein Mann!

Für sich.

Der liegt mir im Magen –
Orpherl hab' ich dich wieder!
ORPHEUS.
Ich erwürg dich beym Kragen.
Bleib mir vom Leib, oder es setzt Nasenstüber.
EURIDICE.
Ja warum denn? Ich hab ja doch nicht 's gelbe Fieber!
JUPITER.
Und sie, saubers Ziferl, sie soll dafür büssen,
Sie hat mich meiner sanften Ruhe entrissen.
Der ganze Olymp ist in Aufruhr wie der Vesuv,
Wegen der alten Schachtel da, wart einmal puf!
[63] Silentium! bereit' sie sich, ich will mein Amt handeln,
Und sie in einen geschweiften Kometen verwandeln.
Da kann sie, statt nur ihre zu necken,
Das ganze Geschlecht der Menschen erschrecken.
EURIDICE.
Wohlan so sey's; aber unter den Sternen,
Will ich einen Aufruhr anfangen, ich will euch was lernen.
Häng mich der Herr ich sag's ihm am Firmament hübsch hoch,
Sonst stoß ich aus Grimm in die Sonn' ein Loch.
JUPITER.
Verwandle dich, du boshaftes Weib in einen Kometen,
Und mach so lang d' Welt steht einen Unglückspropheten.

Donner. Euridice verschwindet, ein Komet mit dem Nahmen Euridice erhebt sich in die Luft. Die Bühne verwandelt sich in eine freye Gegend. Pluto, Jupiter und Orpheus verschwinden.
6. Szene
Sechste Scene.
Zimmer der Venus.
Die Grazien üben sich im Fechten.

Terzett der Grazien


In der Melodie: Prinz Eugen der edle Ritter.

Frau Venus – die große Göttinn –

Will zu Kampf und blutgen Streiten

Ihren Liebessinn bereiten –

Weil die Juno sie verschmäht –

Sie will diese Schand abwaschen –

Muß es seyn – mit ein paar Flaschen,

Wie's im Lerchenfeld schon geht. –

[64] Was – was – was

Das wär doch, mehr als ein Spaß

Das, daß, daß

Wegen dem leidigen Haß

Man sich noch prügeln müßt –

Ey, man ist ja ein Christ –

Lieber ein volles Glas –

Das macht doch froh und naß –

Und macht uns Spaß.


Gehn ab.
7. Szene
Siebente Scene.
Juno, Vulkan als Schmid.

JUNO.
Da kann sich der Herr Vetter selbst überzeugen,
Aber er muß still seyn, sich nit rühren und schweigen.
Die Rendez-vous mit dem Mars, mit dem Husaren,
Die treibt sie schon seit ein paar Jahren,
Daß Er nichts gmerkt hat, nimmt mich doch Wunder?
VULKAN.
Was kümmert mich 's Weib, und der ganze Plunder.
Ich brauch in der Schmiede meine Kräften,
Sie ist die Liebsgöttinn, und hat andre Gschäften.
Jeder treibt 's seine, ich kehr mich nicht dran,
Warum nimmt denn d' Frau Godel sich gar so drum an?
JUNO.
Wir sind im Krieg, aber sie wird victorisiren,
Weil die Husaren sich mit ihr alliiren.
Auch kann ich das Weib seit jeher nicht leiden,
Aus dem Himmel muß noch eine von uns beyden.
[65] Sie hat meinem abscheulichen, runzlichen Alten
Nicht einmahl vor Zeiten die Stange gehalten.
Der Herr Vetter hat von uns die große Bestallung,
Auf Donner und Gschütz und kriegt bare Bezahlung.
Drum muß er mich menagiren, wenn er's versteht,
Sonst kriegt d' Arbeit ein Andrer, wanns nit so geht.
VULKAN.
Sey d' Frau Godel nur gut, ich will pariren,
Wenn die Sach so ist, mich auf schmiedisch revangiren.
Ich versteck mich hintern Vorhang und observir,
Die Frau Godel bleibt derweil draußen vor der Thür.
JUNO.
Es kann für ein Weib auf der Welt nichts drüber gehn,
Als ihre Rivalinn recht prostituirt zu sehn.
Für jeden Fall geb ich dem Herrn Vetter diese Ochsensehn,
VULKAN.
Was soll ich damit thun? Ach da bitt ich schön!

Juno ab.
8. Szene
Achte Scene.
VULKAN.
Das ist ein böser Ranzen, aber was will ich machen?
Man zündet oft ein Lichtl an den höllischen Drachen.
Still sie kommen, es ist gewiß der Husar,
Ich kriech hinterm Vorhang, ich steinalter Narr.

Versteckt sich.
9. Szene
Neunte Scene.
Venus und Mars.

VENUS.
Marserl, setz dich her zu mir auf's Kanapee,
Na – so rück näher, ich thu dir nicht weh.
[66]
MARS.
Ich fürcht mich nicht vor siebzigtausend Husaren,
Was hätt' ich denn bey einem Weibsbild für Gfahren.
Ich bin ein Weiberfreund, und lauf nicht vor der Schürze,
Aber jetzt reden S' Madam, ich liebe die Kürze.
VENUS.
Du weißt, ich kann ohne dich gar nicht leben.
Allen übrigen Amanten hab ich den Abschied gegeben.
Aber ein Husarenuniform – pfiffig und knapp,
Die macht auch's sprödeste Weiberherz schlapp.
Überhaupt trägt vielen Weibern die Garnison
Gewöhnlich beym Abmarsch das Leben davon.
Alle meine Liebhaber hab ich wegen deiner plantirt –
MARS.
Das ist alles recht, aber warum wird so viel parlirt?
VENUS.
In den Adonis war ich recht eingesprengt, das ist wahr –
Aber seit er ein Stutzer ist, ists mit uns gar.
Seit er ein Frackel trägt, wie ein Kellner im Haus,
Und ein paar Brillen, ists rein mit uns aus.
Ich kann die Herrchen nicht leiden, süß, wie ein Zucker,
Gewöhnlich sind diese Stutzer die fadesten Schlucker.
Der Paris hat mich einmahl interessirt,
Aber du lieber Himmel, er ist halt ein Hirt.
Und wir Weiber halten doch viel auf den Stand,
Wir vergessen oft's gute Herz übern Gwand.
Der Apoll hat mir auch die Cour gemacht, wie du's weißt,
Aber was ist er im Ganzen? ein schöner Geist.
Der Bacchus wär nicht übel; aber, da hätt' ichs troffen,
Der ist ja alle Tag vier Mahl besoffen.
[67] Ein besoffener Mann ist ein Glück für ein Weib,
S' schnarchen ist ihr einziger Zeitvertreib.
Der Merkur, der wär erst mein Ananas!
Das ist der schundigste unter Allen, das.
Der hat die löbliche Gwohnheit und publizirt,
Wenn ein Frauenzimmer mit ihm charmirt –
Und wenn ihm eine auch eine Ohrfeige gibt,
So sagt er doch, sie wär sterblich in ihn verliebt.
Nach dem Lappen kann mein Herz nicht dürsten,
Er ist gegen dich was der Bauer ist unter den Fürsten.
MARS.
Zeit wärs einmahl, daß sie Sich ordentlich betragen,
Einen Liebhaber kann man einer Frau nicht versagen.
Aber eine ganze Gallerie, das ist zu viel.
Wenn ich 'n Mann wär, da nähm' ich 'n Besenstiel –
VENUS.
O erinnere mich nicht an den Mann, an den Schmieden:
Dem Rußbartel ist so ein Weib, wie ich bin, beschieden!
O das war auch so eine Heirath, wirklich ganz modern,
Am Tag nach der Hochzeit schied man sich gern.
Man entschließt sich dazu, um nur eine Frau zu werden,
Denn der ledige Stand hat halt zu viel Beschwerden.
Zwar schenirt er mich nicht, ich müßt' wirklich lügen,
Einen bessern Esel kann keine mehr kriegen.
VULKAN
hinterm Vorhang.
Na wart, der Esel hat lange Ohren,
Es geht ihm kein Wort von dem allen verloren.
VENUS.
Ich hab mir's gleich eingerichtet, er logirt hinten,
Und ich logir vorn; er machte wohl Quinten
[68] Von Anfang, aber ich gab halt nicht nach,
Und ich bin, wenn ich anfang, ein boshafter Drach.
An der Juno will und muß ich mich rächen,
Du must mir dazu deinen Beystand versprechen.
Dann lass' ich mich scheiden, oder ich geh zum Lohn
Mit dir, – wenn du willst – auf und davon.
MARS.
Topp, es gilt – ich nehm' deine Parthie,
Aber ich sag dirs, probir's bey mir nie
Mich zu papierln, denn ich bin ein Mann,
Und kein so Esel, wie der Musje Vulkan.
Ich schlage gleich drein, wenn ich dich ertapp
Auf unrechtem Weg, denn ich bin kein Lapp.
VENUS.
Ein Ehmann darf so was freylich nicht wagen,
Aber vom Liebhaber kann man schon Prügel ertragen.
Wohlan denn, wir sind jetzt ein Herz und ein Sinn,
Da nimm dieses Busserl zum Drangeld gleich hin.
VULKAN
hervor.
So, bleibts hübsch beysammen, he Götter, herein!
Mein Kopf könnt das Schild aufm Jägerhaus seyn.
10. Szene
Zehnte Scene
Ein großes Netz umspannt das Kanapee, worauf Mars und Venus sitzen. Juno, Apollo, Merkur, Ganymed, Amor, Vorige.

JUNO.
Sie sind gefangen, das ist süßer als Zucker!
APOLLO.
Wie sie da drin sitzen, die armen Schlucker.
[69]
AMOR.
Aber Mama, warum sind S' denn unterm Fliegengatter?
VENUS.
Da sieh den Rußbartel dort an, das that er.
Was ist das für eine Verwunderung meine Lieben?
Manchen Stockfisch fing ich – jetzt bin ich hängen blieben.
VULKAN.
Ich laß mich scheiden.
JUNO.
Recht so, der alte Herr
Muß Gericht halten, und wenn er vom Eisen wär.
AMOR.
Der Jupiter? Ah der thut der Mama nix,
Der geht auch oft verstohlen übern Stix.
VULKAN.
Fort, meine Hörner können das nicht ertragen,
VENUS.
Du kennst ihre Stärke nicht, du kannst es schon wagen.
MARS.
Hätt' ich mei'n Säbel, ich haute auf kalmukisch drein,
Sperrt man den Kriegsgott, wie ein'n Gimpel so ein?
JUNO.
Fort!
CHOR.
Fort, vor den Richter,
Saubres Gelichter,
Das ist ein Spaß.
Das ist – o bene
Eine recht schöne
Aufführung das!

Alle ab.
11. Szene
[70] Eilfte Scene.
Freye Gegend.
Orpheus allein, dann Amor.

ORPHEUS.
Ich bin halt doch ein Narr, mein Herz ist gar schwach,
Ich schau noch immer dem geliebten Kometen nach.
Wenn alle bösen Weiber sich in Kometen transmutiren,
So werden die andern Stern vom Firmament bald abmarschiren.
Denn da bleibt für sie kein Platz übrig, das ist wahr,
Und die Kometen sind dann gewiß nicht mehr so rar.
O Dizel – du hast mirs agethan, ich kanns nicht vergessen,
Ich möchte das Weibsbild vor Lieb jetzt noch fressen.
Dort kommt der Amor her, der laßt d' Flügeln hängen,
Sie werden ihms doch etwa nicht gar versengen.
AMOR
weinend.
Ist denn kein Mensch, der sich meiner erbarmt, mehr da,
Du bist der Orpheus, auch so ein Tygerherz, ja?
ORPHEUS.
Was ist denn gschehen? Was ist denn arrivirt?
AMOR.
Die Mama habens mir just arretirt.
ORPHEUS.
Hat s' gstohln oder haben s' d' Schuldner setzen lassen?
AMOR.
Mit dem Mars hats ein wenig wollen spassen.
Und da kommt der Mann dazu, der russige Vulkan,
Und fangt wegen dem Bagatell einen Mordlärm an.
[71]
ORPHEUS.
Ich kann mir nicht helfen, es muß heraus,
Du und deine Mama führen ein ordentliches Haus.
Es ist ein Spektakl, was ihr treibt, seit die Welt steht,
Es ist recht, wenn euch einmahl's Wasser an d' Gurgel geht.
Plagt ihr nicht die armen Menschen ohne Gwissen,
Du Nigel, thust nach allen Herzen Scheiben schießen,
Und d' Mama hat am ungezogenen Buben noch Lust,
So wie auf der Welt viele Ältern, wie wohl bewußt.
Was habt ihr nicht angestellt! um es zu melden
Nehmen wir zum Beyspiel Herkules, den Helden:
Die ganze Welt hat er besiegt in Süden und Norden,
Am End ist er durch euch ein Flachsspinner worden.
Aus Philosophen und Weisen macht ihr dumme Jan's,
Aus einem Frauenzimmer gar oft eine Gans.
Aus Hasenherzen macht ihr martialische Krieger,
Aus rechtschaffnen Leuten oft Dieb und Betrüger.
Manchen Millionär habt ihr aufn Bettlstab bracht,
Aber nie noch den Bettler zum Herrn gmacht.
Ihr treibts ja mordialisch – trotz einem Friseur
Setzt ihr die Köpf auf, da schau einmahl her.
Meinen eignen habt ihr abscheulich toupirt,
Es ist nur ein Wunder, daß kein Hirschkopf daraus wird.
AMOR.
Auch du bist verschworen, und wir meinens doch gut,
Wir thuns aus Mitleid, wir unschuldigs Blut.
Was hätten die Menschen für Freud' auf der Welt,
Wenn ihnen das beste, die Liebe halt, fehlt?
Denk an die Jugend, an d' erste Lieb – mein Schatz,
Auf den ersten Handdruck, auf den ersten köstlichen Schmatz
[72] Den dir 's Mensch hat gebn, gelt ich habs gtroffen?
Du bist so selig, wie ein winiger Hund herum gloffen.
Und jetzt schimpfst du? o du undankbars Gschlecht!

Für sich.

Mein Plan ist gefaßt, du kommst mir just recht.
ORPHEUS.
Unrecht hat er just nicht; es hat auch sein bene;
O warum ist gewöhnlich so falsch jede Schöne!
Wenn s' ein Fenster aufm Herzen hättn die Figürln,
So könnten s' uns doch nicht so abscheulich papirln.
AMOR.
Lieb ist ein Element, das will ich dir beweisen,
Ein Stockfisch bleibt der, der die Lieb nicht will preisen.

Quodlibet.


Alles fühlt der Liebe Freuden
Schnäbelt, tändelt, herzt und küßt. –
Alle liebt und paart sich wieder,
Kosend steigt der Lenz hernieder,
Und umarmt die junge Flur.–
Bey Männern, welche Liebe fühlen,
Fehlt auch ein gutes Herze nicht –
Bey uns in Tyrol und im Landel,
Ist Weibertreu aftn nit rar –
Es ist das höchste der Gefühle,
Wenn viele, viele, viele, viele,
Lauter liebe Kinderlein –
Wann ich öfter früh aufsteh,
Und zu meinem Dirndel fensterln geh',
Da sieht s' mich von weiten,
Und ist voller Freuden.
12. Szene
[73] Zwölfte Scene.
Juno, Orpheus, Amor.

JUNO.
Was machst du noch hier, du blinder Harfenist,
Weißt du, daß du ein großer Pafnuzius bist.
Du hast mir Mandeln machen wollen, du Ledel,
Dazu gehört mehr als ein böhmischer Schedel.
AMOR
für sich.
Hokus pokus, ich kenn schon die rechte Art,
Die stolze Göttinn werd in den Harfenisten vernarrt.
Bey denen, die gar so sittsam thun, wie wir wissen,
Braucht man nicht einmahl einen Pfeil abzuschießen.
Es kommt nur auf d' G'legenheit an; kommt nur der rechte,
So ghören sie auch zum weiblichen Gschlechte!

Schleicht fort.
ORPHEUS.
Verzeih, vergib, pardonnez vouz! pardonnir'!
Es ist ein Mordweib, ich red völlig irr.
Sie steht einer Operistinn in Wien gleich zum sprechen,
Sie hat ein paar Augen, sie könnt ein'n damit erstechen.
Ich will ihr was vorspieln, vielleicht gibt sie nach,
Die Musik macht d' Weiber gewöhnlich recht schwach.

Arie.


Altes Eisen, Messing, Bley,
Lumpen, Fetzen, Hahnengschrey.
Galgenvögel, Rabenas,
Faule Äpfel, Ananas.
Artischoken, Teufelskoth,
Schwere Reiter, Butterbrod.
[74] Alte Weiber, Kohlendampf,
Fliegengift und Magenkrampf,
Gliederreißen, Ohrenweh,
Ranzigs Fett und Märzenschnee,
Postillion und Sesseltrager,
Bäckenjodel, Ochsenschlager.
Alte Katzen, schwarze Pudel,
Leberknödel, Lungenstrudel.
Das ist doch ein Quodlibet,
Das gewiß zum Herzen geht.
JUNO.
Ach ich kann nicht dafür, ich seh schon allmählich,
's ist so ein Künstler, unwiderstehlich.
ORPHEUS.
Das wirkt, sie macht schon kleine Augen auf mich,
Das ist ein guts Zeichen, ich kenne schon die Schlich.
JUNO.
Es sieht's ja kein Mensch, ich kann mich entschließen,
Ich muß wider Willen den Harfenisten küssen.

Terzett.

JUNO.
Geh – geh –
Sonst ist um mich gethan –
Geh – geh –
O du verdammter Mann –
Du hast mirs angethan –
Geh –
ORPHEUS.
Je – Je –
Was soll das ach und weh
Je –
Alles das ach und weh
Das bedeutet halt nur Schnee –
Je!
[75]
AMOR.
He! He!
Sie wird schon matt und schwach,
He! He!
Was nutzt das weh und ach –
Jetzt hat die Juno Schach –
He!
JUNO.
Du brennst mich ganz zusamm –
Ich bin wie dürrer Schwamm
Du bist die Glut –
ORPHEUS.
Wenn du papierln willst –
Und so verdächtig schielst –
Nehm ich den Hut
Weib –
JUNO.
Bleib – siehst nicht daß ich mich schäm –
Daß ich zu todt mich gräm –
Und du könnst weiter gehn –
Ey, du Filou –
AMOR.
Orpherl, greif zu –
ORPHEUS.
Nun so machs kurz, und gib
Mir einen Kuß, und lieb
Mich wie sichs ghört –
JUNO.
Wanns jemand hört
Ach – ich kann nicht widerstehn –
ORPHEUS.
Ich halt den Hut vor – so kanns niemand sehn –
[76]
AMOR.
Triumph, jetzt ist es geschehn. –

Sie umarmt ihn – Trompeten und Pauken.
13. Szene
Letzte Scene.
Ein Wolkensaal.
Alle Götter und Göttinnen.

CHOR.
Die Juno küßt den Harfenisten
Ey das ist ein Schand und ein Spott –
Die Weiber thut's halt oft gelüsten –
Die fressen oft Korn statt Brot –
AMOR.
Was soll das Gaffen?
Neugierige Affen!
Wegen dem Kuß – weil ichs denn sagen muß –
Wart ihr nicht alle –
Schon in dem Falle? –
Wer von euch hat nie
Je unrecht geküßt?
Jeder im Innern
Wird sich erinnern –
Und darum schweigen sie
Alle – gewiß –
AMOR.
Die Mama ist gerächt, Triumph, Triumph.
JUNO.
Weh mir, dießmahl bin ich ohne Zwickel ein Strumpf!
JUPITER.
Gaffts nicht so verblüfft drein meine Kinder,
Wir sind halt alle zusamm arme Sünder.
[77]
VENUS.
Man muß aber nicht großthun und schreyn,
Sind unsre eignen Kleider nicht rein.
Wer jetzt noch Kurasch hat den Schnabel zu schärfen,
Der heb den Stein auf, um mich damit zu werfen.
Leg jeder die Hand aufs Herz und auf den Magen,
Und er wird gewiß nicht mehr pereas sagen,
Denn, wenn mancher auch der Chronique scandaleuse entgeht,
So weiß er doch selbst, was im Sündenbuch steht.
JUNO.
Ich steh da, ich möcht vor Gall zerspringen.
ORPHEUS.
Mir ahndet etwas von den letzten Dingen.
Der Zevs ist kein Ehmann von der heutigen Welt,
Bey denen wird so was unters Galante gezählt.
Aber die alten ehrenfesten Consorten,
Die wollen nichts wissen vom großen Orden.
VENUS.
Partie égale, wir wollen Frieden schließen,
JUNO.
Und uns recht aus Herzensgrund küssen.
JUPITER.
Das ist gescheidt, alles vergeben und vergessen,
Es kommt so nichts heraus mit den Prozessen.
Du Vulkan, mach 'n gscheiden, steh nicht da wie ein Bock!
VULKAN.
Es sey, und ich denk, wir tragen halt alle ein'n Rock.
[78]
JUPITER.
Dich Orpheus ernenn ich zu meinem Kammermusikanten.
ORPHEUS.
Das ist zu viel Gnad für einen Malefikanten.
JUPITER.
Und weil ihr euch verglichen habt, meine Lieben,
Hab ich euch eine Unterhaltung fürs Herz verschrieben –
Jetzt rathet einmahl, was 's ist?
JUNO.
Vielleicht ein Millerischer Roman?
VENUS.
Eine ausländische Oper?
APOLLO.
Oder ein Gaukler aus Indostan?
MINERVA.
Ein Deklamatorium vielleicht? das wär ein Mittel fürs schlafen?
Ich schlaf ohnehin wenig –
ORPHEUS.
Weiße Mohren oder Affen?
MERKUR.
Ich merk's schon – gewiß ein Marionetten-Theater –
JUPITER.
Ja Schnecken! ein Ringelspiel ausm Prater.

Er winkt, man entdeckt ein Ringelspiel.
ALLE
rufen.
O charmant – das ist etwas fürs Herz –
[79]
JUPITER.
Eh! Place!
Aufgsessen – wer 'n Platz find't – gebt euch 'neGrâce.
Alles muß fidel seyn – bringts her volle Humpen –
Heut wollen wir leben nach Manier deutscher Lumpen –
Ich intonire – die türkische Musik fällt ein –
So hört man's nicht, daß d' Choristen heiser sey'n.

Jupiter, Apollo, Vulkan und andere sitzen im Ringelspiel auf.
CHOR.
Ecce quam bonum, bonum et jucundum
Habitare fratres – in unum!
JUPITER.
Wenn 's d' Mäuschen wüßten auf der Welt,
Wie hier die Götter leben.
Sie würden wahrlich viel Respect,
Uns allen nimmer geben.
CHOR.
Ecce quam bonum, etc.

Der Vorhang fällt.

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TextGrid Repository (2012). Meisl, Karl. Dramen. Orpheus und Euridice. Orpheus und Euridice. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-337E-9