An Se. Excellentz/ den Herrn geheimden Rath Stryck/ über die vermählung seines Herrn Sohns/ mit Tit. Jungf. Alexanderin

B.N.


Ich habe/ grosser mann/ zehn jahre dich gekannt/
Und drey jahr dich gehört; gleichwohl ist meine hand/
Die manchem stümper offt ein ehren-lied geschrieben/
Dir dein verdientes lob mit fleisse schuldig blieben.
Mit fleisse denckestu? Ja/ grosser Stryck/ mit fleiß;
Denn du hast alles zwar/ was man zu rühmen weiß.
Die mutter hat dich nicht mit grober milch erzogen;
Die Musen sind dir mehr/ als du begehrst/ gewogen/
Und gehn/ wohin du ziehst/ mit vollem hauffen nach.
Dein thun ist wohlbedacht/ und wie ein stiller bach/
Der kein geräusche macht/ und doch mehr nutzen bringet/
Als mancher wilder strohm/ der wall und tamm durchdringet.
Nechst diesem bist du schön und herrlich anzusehn/
Und darffst die worte nicht erst in dem munde drehn/
Nicht auff die nägel schaun/ nicht mit dem halse dehnen/
Und gantze tacte lang an einer sylbe stehnen.
Denn deine wissenschafft ist lauter werck und that/
Und weiß nicht/ wie dem ist/ der viel gelesen hat/
Der einen bücher-kram in seinem kopffe träget/
Und dennoch alle krafft mit ihnen niederleget.
Mit kurtzem: die natur hat/ da sie dich gemacht/
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Mehr auff ein wunderwerck als einen mensch gedacht;
Und hat/ was sieben sonst besonders haben sollen/
Der welt in dir allein beysammen zeigen wollen.
So würdig als du bist/ so sehr wirst du geliebt;
Kein hoff ist/ so dir nicht geneigte blicke giebt;
Die Kön'ge suchen dich auff mehr als hundert meilen.
Und liesse sich dein leib/ wie dein verstand/ zertheilen/
So würdest du bereits in halb Europa seyn.
Diß alles/ sag ich/ schreibt dich zwar den sternen ein/
Und ist wohl rühmens werth; Allein wie/ nach der lehre
Des weisen Solons/ auch bey vollem gut und ehre
Kein mensch/ bevor er stirbt/ sich glücklich achten kan/
So war hingegen ich/ und stecke noch im wahn/
Daß sich ein vater erst kan einen vater nennen/
Wenn er sich selbst nicht mehr kan vor den kindern kennen.
Drum schien dein wohlseyn mir voll kummer und gefahr/
So lange nicht dein sohn in gleichem stande war.
Denn ob ich schon gesehn/ wie du ihn aufferzogen/
Wie er der weißheit milch zu Dantzig eingesogen/
Zu Wittenberg vor fleiß und eyffer offt gebrannt/
Auff reisen keinen blick unfruchtbar angewandt/
Und die gesundheit eh'/ als seine zeit/ verschwendet;
Ja/ ob ich gleich gesehn/ wie er den lauff vollendet/
Sich auff die renne-bahn der lehrer schon gestellt/
Und diß in Halle thut/ was dich in aller welt
Zu einem wunder macht; So fehlte seinem leben
Doch etwas/ so ihm leicht den garaus konte geben:
Ich meyne eine frau. Nichts ist so allgemein/
Als eine nacht vermählt/ und schon gequälet seyn.
Der aussatz findet sich auch an dem schönsten leibe/
Und Socrates hat recht/ daß mancher nur beym weibe
Zwey gute tage hat: den einen/ da er freyt/
Den andern/ da er sie mit erden überstreut.
Heut aber hat dich Gott hierinnen auch erhöret;
Dein sohn ist wohl beweibt/ dein hauß ist wohl vermehret/
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Und nimmt ein solches kind zu seiner tochter an/
Das himmel und vernunfft nicht besser bilden kan/
Und man hier künfftig auch wird ohne namen kennen;
Denn wer sie nennen will/ darff nur die schönste nennen.
Und nun begreiff ich erst/ was mancher nicht bedenckt/
Warum dir die natur nur einen sohn geschenckt.
Sie wuste dich so wohl in stücke nicht zu fassen/
Drum wolte sie dich gantz und nicht gestümpelt lassen.
O hocherhobner mann! dein lob-lied ist zu schwer;
Wo nähm ich doch papier/ wo dint' und federn her?
Die worte würden eh'/ als deine thaten/ fehlen;
So kan ich mich auch nicht in diesen orden zehlen/
Der mit der schnellen post zum Musen-berge reist/
Der verße/ wie ein brunn das wasser/ von sich geußt/
Und zehen bogen kunst aus einem ermel schüttelt.
Die sorgen haben mir die kräffte schon verrüttelt;
Und ich empfinde zwar zum reimen einen sinn/
Doch auch bey weitem nicht/ daß ich ein tichter bin.
Wiewohl du fragest nichts nach tichtern und poeten;
Denn dein erleuchter ruhm hat keinen glantz von nöthen.
Wer schreibt/ was du gethan/ und saget/ wer du bist/
Hat so viel wahres schon/ daß er der kunst vergist.
Drum laß ich andere bey diesem feste singen/
Und weil dein wohlseyn doch nicht höher ist zu bringen/
Wünsch ich/ wie ehemahls Philippus hat gedacht/
Als man ihm einen tag vier gute posten bracht:
Der himmel möge doch/ dafern er ja will plagen/
Auff dieses glücke nur mit kleinen ruthen schlagen.

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TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. An Se. Excellentz- den Herrn geheimden Rath Stryck. An Se. Excellentz- den Herrn geheimden Rath Stryck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-604B-7