Die vollkommenheit einer Fürstlichen seelen/Dem Durchlauchtigsten Printzen/ Herrn Ernst Leopold/ in der person seiner Durchl. seligst-verblichenen Herrn Vaters/ Hn. Rudolph Friedrichs/ Erbens zu Norwegen/ Hertzogens zu Schleßwig-Hollstein etc. fürgestellet

B.N.


Daß himmel und gestirn der seelen ursprung sey/
Daß durch vier sterne sie zur erden abwärts fliessen/
Und so viel staffeln auch muß wieder auffwärts schiessen/
Schrieb ihr/ doch ohne grund/ schon längst Egypten bey.
Heut aber hat der bruch der kurtzen lebens-stunden/
Der deines vaters leib in grauß und asche legt/
Zwar dir/ durchlauchster Printz/ mit thränen-saltz und wunden/
Mit purpur aber uns warhafftig eingeprägt:
Daß sein entwichner geist vom himmel sey entsprungen/
Und durch vier sterne sich hat ab- und auffgeschwungen.
Denn wo wir anders nicht mit heyden-augen sehn/
Wo wir den wasser-geist am Hippon noch verdammen/
[175]
Nicht wie Parmenides die seel aus erd und flammen/
Und wie Leucippus nicht aus sonnen-staube drehn/
Wo man das grosse licht des himmels und der erden/
Den unumschränckten Gott vor ihren brunn erkennt;
Wo endlich die vernunfft nicht soll zur eule werden/
Und uns durch ihren strahl von wilden thieren trennt/
Muß auch die blindheit selbst aus ihrem zunder lesen/
Daß Gott sein erster stern/ der andre witz gewesen.
Nechst perlen wird durch blut der muschel werth bezeugt;
Dem sterne der vernunfft folgt die geburt in fürsten:
Denn ob gleich sclaven auch nach kronen-golde dürsten;
Justinus auff den thron aus hirten-lenden steigt;
So bleibt doch ahn und blut der fürsten probe-spiegel/
Aus dem die welt allein den purpur lesen kan.
Drum brach auch Rudolphs geist des pöbels schloß und riegel/
Und zeigte durch den glantz des fünfften Christian/
Weil Nordens könige mit seinem blute prangen/
Daß ihm der dritte stern im vater auffgegangen.
Doch weil ein schwacher leib auch fürsten-blut erstickt/
Nur eisen wie magnet/ und spreu wie agtstein liebet;
Der seelen fetten kern in enge schalen schiebet/
Ihr abgemeßnes ziel aus seinem circkel rückt/
Und also stand und blut nur schau-crystallen gleichen/
An denen ieder fleck sich doppelt grösser macht/
Wo leib und glieder nicht der seelen dienste reichen.
So war der himmel auch auff alle kunst bedacht/
Biß daß er ihn zuletzt in vierden stern gezogen/
Und ihm ein gleiches pfand am leibe zugewogen.
Und dieses waren nun die sterne der natur/
Durch die sein hoher geist zur erden abgestiegen;
Wie fieng diß adler-kind nicht aber an zu fliegen/
Als er/ wie Hercules/ auch wieder auffwärts fuhr?
Ein löw betrachtet schon bey der geburt die klauen;
Ein bär streicht seiner haut gleich schmuck und farben an:
So ließ dein vater auch schon in der wiege schauen/
[176]
Und hat/ durchlauchster Printz/ in windeln dargethan/
Er würde mit der zeit ein Cyrus in geberden/
Im degen Hannibal/ in reden Cäsar werden.
Was aug' und hertz versprach/ erfüllte mund und hand/
Der hoffnung süsse frucht wuchs wie der schnee der glieder/
Indem sein früher trieb der jugend kinder-lieder/
So/ wie Amphion schon mit zucker-krafft verbandt.
Das ist: Indem sein geist/ so wie Augustens tugend/
Sich in den hellen stern der edlen sanfftmuth schwang/
Durch strahlen des gesichts/ wie Alexanders jugend
In die verschloßne brust der feinde selber drang/
Und also war gemacht/ daß freundlich seyn und singen
So leicht die menschen kan als elephanten zwingen.
Das kind der tyranney/ die blinde furchtsamkeit/
Rieth dem Domitian den garten auszuspiegeln;
Dein vater durffte sich vor keiner furcht verriegeln/
Weil ihn der knechte schooß mit federn überstreut/
Der unterthanen hertz sein gröster schatz gewesen/
Und wie dem Constantin die sorgen unterstützt;
Soldaten aber auch aus seiner gunst gelesen;
Daß nicht Germanicus/ nicht Titus so geblitzt/
Und printzen offtermahls/ wie königen der bienen/
Auch güt und honigseim für scharffe stacheln dienen.
Auff sanfftmuths-strahlen folgt der stern der tapfferkeit/
In löwen-kindern muß kein hasen-hertze stecken.
Ein fürst setzt land und volck in fässel schwerer schrecken/
Der wie Sardanapal des feindes eisen scheut.
Wer weiß nicht/ hoher Printz/ was deines vaters degen
Bey Grav und Charleroy vor schulen abgelegt?
Wie er sich bey Genef ließ keinen blitz bewegen/
Und durch der wunden blut der nach-welt eingeprägt/
Warum die wapen auch der Fürsten seele rühren/
Und Schleßwigs Hertzoge zwey starcke löwen führen.
[177]
Pompejus warff zugleich den helden-muth in sand/
Als ihm Pharsalien den stoltzen sieg entrissen.
Fürst Rudolph aber trat die ungedult mit füssen/
Wenn ihm das glücke gleich der tugend flügel band.
Hielt unglück und gefahr vor grimme Crocodilen/
Die den verfolgenden offt aus den augen gehn;
Vor stücke/ die umsonst nur schwartze kugeln spielen/
Wenn Carl der fünffte bleibt im lager stille stehn/
Und lehrt/ daß glück und sieg wie rosen unter hecken/
Und wie Castanien in scharffen schalen stecken.
Nechst degen und pistol verlangt Justinian/
Daß fürsten auch der stern der wissenschaft soll zieren/
Denn ohne kunst und witz der erden scepter führen/
Macht Franckreichs achten Carl den Juden unterthan;
Hingegen gleicht ein fürst gefirnsten ceder-taffeln/
Auff denen ieder strich mit klaren farben hafft;
Besteigt mit mehrer krafft der kronen ehren-staffeln/
Und lernt/ wie Sylvius/ daß kunst und wissenschafft
Im pöfel silber nur/ vom adel gold-ertz fangen/
In fürsten aber gar wie diamanten prangen.
Dein vater/ edler Printz/ war höher nicht vergnügt/
Als wenn sein kluger geist der schrifften feld durchstrichen/
Worinn der graue ruhm der grundgelehrten Griechen/
Der Römer redens-art/ der Deutschen würde liegt.
Doch weil der bücher kern gemüther zwar ergetzen/
Ihr stachel aber auch Alphonse stürtzen kan/
So wuste sein verstand auch maaß und ziel zu setzen/
Sah' purpur und papier mit gleichen augen an/
Und glaubte/ daß der kiel zwar beyden licht und leben/
Viel klecken aber nur kan schmutz und eckel geben.
Der auszug aller lust/ die forschende Chymie/
Wieß ihm durch ihre kunst von kupffer gold zu trennen/
Er aber mühte sich/ weit schärffer zu erkennen/
[178]
Wie man der weißheit gold aus rechten büchern zieh.
Drum war sein hoher sinn ein Argus voller augen/
Ein stern/ wo nutz und pracht zusammen sich gepaart/
Der andre klugheit ließ aus seinem glantze saugen/
Und dennoch täglich fast an strahlen grösser ward/
Zu zeigen/ fürsten-witz sey wie die zimmet-rinden/
Da sich auff ieden schnitt gleich frische schalen finden.
Rühmt nun den scharlach-baum ihr schüler der natur/
Weil farb und artzeney aus seinen beeren fliessen/
Fürst Rudolph ließ die welt nichts weniger geniessen/
Wenn hülff- und anmuths-safft aus seinem hertzen fuhr/
Das ist: wenn seine krafft durch bücher und mit degen/
Durch rath und tapfferkeit/ durch witz und nutz bewährt/
Daß man ihn anders nicht soll als den Cäsar prägen:
Dem eine hand ein buch/ die andre stahl und schwerdt/
Als pflantzen seines glücks/ und seiner lorbeer-reiser/
Mit diesen worten hielt: Aus allen beyden Käyser.
Doch wie ein steuermann in tausend sorgen steht/
So lange der Compaß den nordstern nicht gefunden:
So hält ein kluger fürst auch glück und macht gebunden/
So lange sein magnet nicht nach dem himmel geht.
Denn ohne gottesfurcht gelehrte bücher lieben/
Schleußt der Chinesen witz in schwere ketten ein;
Und Cäsar hat mit blut ins Capitol geschrieben:
Daß schwerdt und wissenschafft nur blinde schützen seyn/
Durch die vernunfft und glück den circul leicht verlieren/
Wo sie nicht diesen stern zum mittel-puncte führen.
Wo aber/ hoher Printz/ nimmt meine feder krafft?
Hier deines vaters hertz nach würden auszudrücken?
Wie seiner augen maß in allen helden-blicken
Hat an des himmels gunst wie fester leim gehafft.
Ein pestgeschwüre weicht vor schimmernden saphiren:
Sein noth- und gifft-saphier war Gott und frömmigkeit/
Durch die er seinen geist wie David lernte führen/
Und zeigte: daß ein fürst erst rechten purpur streut/
[179]
Wenn der gestählte muth der tapfferen Ottonen/
Und Luneburgs August in seiner seele wohnen.
Wiewohl/ wen fässelt nicht der kärcker dieser welt?
Wer weiß nicht/ daß sich hier nur gold und koth verbinden?
Ein drache läst das gifft doch eher nicht verschwinden/
Biß der beschäumte leib vom donner niederfällt.
So läufft der seelen krafft auch nur auff schnecken-füssen/
So lange fleisch und blut den willen hemmen kan:
Drum muste sich sein geist hier länger nicht verschliessen/
Und trat des leibes angst mit steiffen augen an/
Biß endlich ihm der tod der sünden gifft benommen/
Und er im himmel ist zur vollen klarheit kommen.
Und also/ hoher Printz/ ist deines vaters geist
Durch tugend und natur acht sterne durchgestiegen;
Doch sein gedächtniß bleibt auch noch auff erden liegen/
Weil sich sein ebenbild in deinen augen weist.
Epaminondas fieng mit freuden an zu sterben/
Weil ihm die feinde nur nicht seinen schild geraubt;
Dein vater aber wird den grossen ruhm erwerben/
Daß er nechst Gottes schild auch dieses noch behaupt:
Daß/ da er hertzog ist im hohen engel-orden/
Du auff der erden bist zu seinem bilde worden.
Drum auff/ und rüste dich/ zeuch schmertz und thränen ein!
Und fiedre deinen geist/ dem vater nachzufliegen.
Philippus kan auch noch in seinem tode siegen/
Weil er sich kleiner sieht als Alexandern seyn.
Der Schweden neundter Carl verdoppelt ruhm und leben/
Weil muth und tugend auch aus seinem Adolph blitzt:
So wird dein vater auch in aller augen schweben/
Weil seiner strahlen gold auff deiner stirne sitzt;
Die nach-welt aber wird aus deinen thaten lesen:
Daß nur ein unterscheid im namen sey gewesen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. Die vollkommenheit einer Fürstlichen seelen. Die vollkommenheit einer Fürstlichen seelen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60F1-2