Johannes Praetorius
Des Rübezahls Anderer /
Und zwar gantz frischer Historischer Theil

Drinnen mehr als hundert warhafftige / und über alle massen possierliche / oder anmuthige Fratzen / von dem berüchtigten Gespenste /kurtzweilig vorgebracht / Und (nach dem sie aus sehr vieler / weitleufftiger / kostbarer / auch mühsamer Erkundigunge / neulichst von den erfahrnen Schlesiern / Böhmen etc. Reisenden etc. eingesamlet seyn) allhier denen Begierigen zum erstenmal theilhafftig gemachet werden /durch

M. Johannem Prætorium, Zeltlingâ-Palæo Marchitam; Poëtam Laureatum Cæsareum

Rübezahl verwandelt sich in einen Fleischers Hund

[1] Rübezahl verwandelt sich in einen Fleischers Hund.

Man will viel geschwätzes machen / daß dieser Geist unlängsten gäntzlich von seinem gewöhnlichen Orte weggebannet / und von der Schnee-kippe exterminiret sey; aber dieses ist falsch / und verhält sich mit nichten in der Wahrheit also: Sintemal man gewisse Nachricht hat / daß er noch biß auff diese gegenwertige Stunde verhanden / und seine übliche Schnaken verrichtet hat. Als hab ich mir berichten lassen / daß im vergangnen 1661. Jahre ihrer zween über das Gebirge gegangen / da ihnen unversehens / wie sie des Rübezahls nur in Gedancken erwehnet / ein grosser Fleischershund nachgesprungen ist / hin und her gelauffen / bald vor sie [1] eine Ecke weggerannt / bald wieder umbgekehret / und sich in vollen Lauffe etliche mahl vorbey hüpffend hinter sie gewandt: Also /daß anfänglich die Reisenden nicht anders vermeinet /es werde ein Fleischer darauff erfolgen / und sich auff dem Wege zu ihnen gesellen: Aber vergebens ist diese Einbildung gewesen: Sintemal kein Mensch darauff erfolget / der reformirte Hund aber dennoch etliche mahl in vollem curir vor sie bey weg gesprungen ist /und endlich drauff verschwunden: Wobey denn alsobald den Reisenden ein grausen angekommen ist /aber doch weiter gleichwol nichts begegnet / noch erfahren haben; Welches freylich nicht würde ausgeblieben seyn / so ferne sie des hochtragenden Geistes nur gespottet hätten / oder seinen Nahmen exprimiret. Und also hat sich alhier der Ruhbendsagl / per anagram, als Berg Hund erzeiget in einer frembden und nicht offt erfahrner Gestalt.

[2] Diese gedachte Historie habe ich allhier in Leipzig / flugs nach dem meine erste edition dieses Rübezahls heraus gekommen / von einem glaubwürdigen Bürger gehöret / der mit dem gedachten Reisenden selber daraus geredet. Eben dieser erwehnter Bürger sagte auch / daß ihme etliche Soldaten vor diesem erzehlet hätten / daß sie gleichfals über das Gebirge geritten / anfänglich auserlesen schön Wetter gehabt / und alsbald aus Fürwitz darauff des Rübezahls zu spotten angehoben hätten; schreyende: Kom hervor Rübezahl / und laß deine Künste sehen / so du was vermagst / thue uns was / hast du ein Hertz! Und was des verlachens und heraußlockens mehr mag gewesen seyn: Darauff soll sich in geschwinder eil eine grosse Ungestümmigkeit von Platzregen ereignet haben / daß die Reuter kaum mit dem Leben davon gekommen / in dem es so unerhört mit Wassergössen auff sie loß gebrauset / und so häuffig geschlacket hat / daß auch die Pferde biß unter [3] die Bäuche im Moraste und Wasser zu gehen gekommen / und sie schwerlich fortgehen / oder von dem Gebirge herunter zu kommen vermocht haben. Da sie unter andern nicht minder gelernet haben / daß kein Rübezahls Spötter ungestrafft entronnen: Wie man den solche Bestraffung unzehlbar von den Leuten höret / daß sie und andere für dergleichen Verhöhnung / fast allemal vom Ungewitter seyn geplaget worden / und des Winters so wol als des Sommers /nicht alleine mit Regen / sondern auch bißweilen mit unmässigen Schnee seyn überfallen und heimgesuchet worden. Doch gnug.

Rübezahl verstellet sich in eine Adeliche Dame - und Bauernkerl

Rübezahl verstellet sich in eine Adeliche Dame /und Bauernkerl.

Es soll / nicht vor langer Zeit / geschehen seyn / daß ein vornehmer Juncker über das Riesengebürge geritten / und nunmehr seinen Weg fast verrichtet [4] gehabt /und biß auff einen wenigen Rest schier über das Gebürge hinüber gewesen / da er endlich / weil es sich zum Abend angelassen / in eine Schencke oder Wirtshauß / so von dannen eine Viertelmeile entfernet gewesen / einzukehren gesonnen gewesen. Aber was geschicht? Wie er auff die bevorstehende Herberge gedencket / und seines Weges immer fort reitet / da siehet er nicht gar weit vor sich hingehen eine Adeliche schön bekleidete Dame / welche an der lincken Seiten einen Bauersmann bey sich gehabt. Auff solches Paar verstellete Leute (denn Rübezahl ist drunter verdecket gewesen) siehet der gedachte Juncker ohn unterlaß /wendet die Augen / theils wegen der vermeinten Schönheit / theils wegen das bedünckende ungleiches spatzierende Paar / nicht davon / und reitet ihnen immer nach / immittelst hoffende / sie und er seyn auff einem und zwar dem rechten Wege / und werden bald in eine Herberge zusammen kommen. Wie [5] solche Einbildung ein ziemliches gewäret hatte / und der Abend ie mehr und mehr heran getreten war / und die ser Edelmann dennoch das paar Bockes nicht hatte abreiten können / wie geschwinde er sich gezauet: Siehe / da geschiehet es / dz die Adel-Jungfer mit dem Bauerskerl gleichsam hinter ein Gebüsche kommet /und alda verschwindet: In dem aber schauet der forttrabende Edelmann für sich nieder / und wird gewahr / daß er nunmehr auff eine hohe Klippe verführet gewesen; Davon er gleich für sich hinunter fast biß auff den Abgrund gesehen / auch so tieff / als solcher gewesen ist / hinunter gestürtzet wäre / so fern er nur noch ein wenig fortgeritten solte seyn. Nach dieser Begebnüsse / ist er erstlich fast inne geworden / daß er betrogen gewesen / und aus bethöreter Unvorsichtigkeit von dem Rübezahl in Abwege verleitet worden. Da er dann mit grosser Noth und andere besorgte. Gefahr zu thun gehabt / daß er endlich wiederumb[6] auff den rechten Weg gerathen / und nach langer Zeit erstlich in die gewüntschte Herberge kommen ist. Hieraus erlernet man fürsichtiger zuhandeln / indem man nicht sowol darnach sehen sol / was da fleucht /sondern vielmehr das da kreucht. Item der Juncker hätte vielmehr auff seinen Damm / als auff die Dame lauern sollen. Es heist zwar An nescis, oculi sunt in amore duces. Aber hier hätt es heissen sollen in errore, wiewol es nicht absqve errore und scandalö prosodaicô scandiren läst. Kürtzlich / wie dieser Juncker mit seinen erstarrenden Augen das erschienene Weibesstück zu sehr verfolget hat / da ist er wiederumb von den bösen Geiste verfolget worden: Weil er nemlich nicht auf seinen Wege allerdings gewesen ist / da ihn die Engel auff GOttes Befehl hätten behüten sollen. Hätte er durch sein fleissiges Morgen-Gebet den Schirm des Höchsten begehret: So würde es mit ihm geheissen haben nachdem [7] 91. Psalm / v. 7. Ob tausen fallen zu deiner Seiten / und zehen tausend zu deiner Rechten / so wird es dich doch nicht treffen; Ja du wirst mit deinen Augen deine Lust sehen / und schauen / wie es den Gottlosen vergolten wird. Denn der HErr ist deine Zuversicht / der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein übels begegnen / und keine Plage wird zu deiner Hütten sich nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir / daß sie dich behüten aüff allen deinen Wegen: Daß sie dich auff den Händen tragen- und du deinen Fuß nicht an einen Stein stössest.

Höret / dieses ist ein richtiger Wegzeiger / und ein gewisser Reise-Compaß / nicht allein auff allen Strassen / sondern fürnehmlich / wegen des stätigen Ungethümes / auch auff dem Riesengebürge / wieder die Hinterlistigkeit des Rübezahls. Doch gnug.

Rübezahl gehet auff Parthey

[8] Rübezahl gehet auff Parthey.

Im verwichenen druissig Jährigen teutschen Kriege sol es sich begeben haben / daß eine weinliche Anzahl der Käyserlichen sich zusammen rottiret / und über das Riesengebürge zu streiffen gesonnen gewesen seyn: Wie es denn auch geschehen / daß sie hinauff gerathen / verhoffende: sie werden ungefehr Schwedische Soldaten ertappen. Aber was geschicht? Bald werden sie einen kleinen Troppvermeineter Schwedischen Völcker ansichtig; Auff solche gehen jene tapffer loß / diese aber säümen sich nicht minder / ihrem Feinde mit Gewehr zu begegnen / und ihr Heil gleichsamb (denn es war verblendet Werck / in dem der Rübezahl sich Soldatikωs erzeigete / und mit etlichen andern verstelleten Geistern sich Schwedisch hielte /) zu versuchen. Darauf gehen die Käyserlichen Barbarisch drauff loß / hauen und stechen alle reformirte Reuter darnieder / plündern sie / nehmen ihnen / den zu Boden gehauenen / alle Kleider und Gewehr /[9] sampt ihren Pferden; Und reiten damit in stoltzem Muthe / nach solcher ihrer angestelleten und eingebildeten Mausung / zu voriger Behausung: Da sie sich in die Pferde theilen / und solche frembde Beute nebenst den ihrigen im Stalle anbinden / und zur Krippen führen. Aber siehe / was geschiehet weiter? Wie diese Soldaten ihre Pferde zum andernmal besichtigen / da befinden sie angebundene Heubüschel; Wie sie denn auch für die geraubten Kleider und Gewehr / alte Haderlumpen und Knüttel hatten. Ey / treffliche Außbeute und Niderlage! Egregiam verò laudem & spolia ampla tulistis! Traun / haben die Historienschreiber alle niedergemetzschte Soldaten / auch bey den Scharmützeln gezehlet / und in ein Register gebracht: So müssen sie fürwar diese obgedachte wieder ausleschen: Denn es ist nichts dran / es seynd Lufftstreiche gewesen / deren Rübezahl hönisch gelachet / und drüben nichts mehr von seiner [10] Residentz / als nur ein Bißgen Heu / Holtz und unnütze Lappen / verlohren hat: Welche unerhörte Raritäten die geitzigen Strassenräuber und Schnaphäne mit vergeblichen Triumph davon gebracht haben. Doch gnug.

Rübezahl ist ein Schiffergräber

Rübezahl ist ein Schiffergräber.

Wie einsmals der Frey Herr von Schaffgotsch auff der Schneekippe mit den seinigen gewesen / und des Orts vorhero gejaget hatte; Da sol ein Page vom Berge herunter gesehen / und drunten im Grunde einen Bergmann verspüret haben / welcher einen schönen grossen Schieffer vor sich gehabt / den er gleichsam aus dem Berge glücklich herausgebrochen / und vollenkommen herausgearbeitet hatte. Solches hat der Diener seinem Herren angekündiget / welcher begehret /er solle fragen / wie theuer der Schieffer gehalten werde / er selber wolle einen Tisch davon bereiten lassen. Hierauff schreyet der Diener [11] vom Berge herunter: Hört Bergmann / wie theuer haltet ihr den Schiefer? Mein Herr wil ihn behalten. Da hat sich der Rübezahl gestellet als höre er es nicht: Worauff denn jener Diener seine Frage etlichemahl wiederholet hat /und es so lange getrieben biß der Bergmann einmal hinauff gesehen / und unmuths gesaget hat: Laß mir deinen Herrn etwas anders thun. Da solches für des Freyherrn Ohren gekommen / sol er gesagt haben: Es ist der rechte verstehende / daß es niemand anders seyn muste / als das gewöhnliche Gespenste / der Rübezahl. Doch gnug.

Rübezahl fährt auff dem Schlitten

Rübezahl fährt auff dem Schlitten.

Fůr gleichsam 15. Jahren ist es geschehen / daß ihrer sechs Personen auff dem Riesengebirge gegangen /und auff einem Teiche (welcher zwischen hohen Felsen vom gesamleten Regen und Schnee Wasser erfüllet geworden) den [12] Rübezahl lustig mit einer Schleiffen herumb fahrend gesehen haben / vom hohen Felsen herunter / da doch der Teich gantz nicht zugefroren / und kein Eiß darauff verhanden gewesen ist: Welches traun possierlich gnug mag zu sehen gewesen seyn; Wiewohl den Leuten darbey nicht gar zu wol zu Muthe gewesen ist; sintemal sie sich eines Unheils besorget haben / welches aber aussen geblieben ist / in dem sie nichts von der Sache droben geredet /noch des Rübezahls gedacht haben: Als nur unterwerts / als sie vom Berge herab gewesen / da es sich befunden / daß sie solches Gespenste nicht sämbtlich wahrgenommen hatten. Und also siehet man hierauß unter andern Folgerungen / wie der Rübezahl so trefflich glückseelig seyn müsse / daß er auch ohne Schnee und Eiß übers Wasser auffm Schlitten fahren könne / und sich nach gefallen drauff erlustieren möge / zu welcher Zeit es ihm gelüste. Ach wie [13] wäre das ein gewüntschtes Treffen für die lüsterne Schlittenfahrer /denen in manchem Winter der gefallne Schnee und das gefrorne Eiß / kannt tüchtig gnug zu der beliebten Lust ist. Da solte der wundersame Rübezahl gar offte stattlichen Danck verdienen / wenn er entweder rechtmässigen Schnee darzu machte / oder auffs wenigste den Weg zum Schlitten fahren beqvemete. Doch gnug hiervon: Und wil nur noch dieses fragen: Wo Rübezahl den reissigen Schlitten hergenommen habe? Doch kann ich hierauff nicht selber antworten / sondern wil den lieber vor mir reden lassen / der neulich etwan seinen Schlitten verlohren hat. Mercke das / andere sagen / es sey eine Schleiffe gewesen. Doch gnug.

Rübezahl schüttelt Aepffel ab

Rübezahl schüttelt Aepffel ab.

Anno 1620. seyn zwey Drechsler-Gesellen über das Riesengebürge gegangen / [14] und haben alda nicht weit vom Wege einen vermeinten Bauersmann angetroffen / der gleichsam zwischen viel Apffelbäumen gestanden / und davon häuffig Obst abgeschüttelt hat: Zu solchen seyn sie nahe hinan getreten / und haben ihm ein paar Schock Aepgel abgekaufft / und zu sich gesteckt. Wie sie nur aber ihres Weges fortgegangen /und bald vor Hunger etliche Aepffel haben anbeissen wollenn: Sihe / da sind es Kieselsteine gewesen. Wie sie numehr diesen Possen sind inne worden / da haben sie sich flugs wieder zurücke gewandt / und sind in den vorigen Bäumen gegangen; Da sie aber keine Aepffelbäume mehr / sondern nur andere gemeine unfruchtbare Waldstauden an vorigen Orte betroffen haben / in welcher eine der Rübezahl gesessen / und die anwesende Narren greulich ausgelachet hat: Drüber die betrogene Aepffel-Käuffer von neuen weggegangen seyn / ihr Geld verlohren geschätzet / und die[15] übrigen Steine an die Erde geschüttet haben; Worunter aber ein iedweder ein fein Stücke gediegenes Goldes gefunden hat: Welches ihnen der wohlmeinende Geist verehret hat / weil sie ihn aus Unmuth nicht verspottet hatten / sondern den gedachten Schaden mit Gedult ertragen.

Rübezahl hütet Schaafe

Rübezahl hütet Schaafe.

An 45. dieses Seculi sind drey Metzger aus Böhmen in Schlesien über das Gebürge gegangen / da haben sie in der nähe einen Hirten mit wackern grossen und fetten Schaaffen weyden gesehen: Weil sie nun im wandern drauff bedacht gewesen / daß sie ein Stück oder etliches kleines Viehes verschaffen und nach hausse bringen möchten; siehe / so gehen sie in solchen Gedancken nach den erblickten Schäfer hin / und handeln umb ein dutzend Hämmel: Drüber sie auch endlich eins worden / und das Geld eilends baar zahlen / weil sie gar wolfeil denen Vorkäuffern angekommen und [16] gedeuchtet hatten. Nach geschehener Handlung verlassen sie den Corydonischen Rübezahl / und treiben ihre Hammel immer für sich hin / welche vervecum in patria, crassoqve ex aere nati waren. Aber wie sie eine Ecke fortgerathen waren / da trägt es sich zu / daß ein frembder Hund hinter sie hergesprungen kömpt / nach solchem sehen sich die alberne Schöpfe ümb / und wollen sich für den anfallenden Strassenröckel ihrer Haut wehren; aber wie sie sich erstlich rücklings umbsehen / da fehlet erstlich der befürchtende Hund: als sie sich aber wieder vorwarts wenden / da mangeln die Hammel / und sind aller Sachen beraubet / in dem sie auch hierüber ihre vorige Baarschafft dem Rübezahl zugewendet hatten. Nach erfahrnem Betrug fangen die Metzger greulich an zu schmelen / und auff den Verfortheiler zu schelten / da der Rübezahl sich alsobald nicht faul hat finden lassen / sondern die Diebischen Lästerer [17] unerhört ausgepantzerseget / und höhnisch durchgezogen hat. Unter andern sprechende; Ihr schlimme Vocativus, ihr Hudler / euch ist gar recht geschehen / daß ihr antzo ein wenig von eurer Schinderey eingebüsset habt / wer hat euch geheissen / daß ihr im verkauffen die Leute übersetzen sollet / daß ihr die Beine vor Fleisch mit verkauffet / und in eure Würste lauter Blut und Schweiß einfüllet / welches ihr Schelme und Lästerbuben kaum selber fresset / wenn euch auch schon die gröste Hungersnoth übertreffe. Warumb leuet ihr vortheilhafftigen Lümmel / allerhänd Lümmelwerck /Leber und Lunge und allen Qvarck zu guten Fleische / daß ihr es nur miteinander loß werdet / und den Leuten gut und böses beyschmieret? Traun / von diesenHammeln solt ihr wohl keinen ungebührlichen Pfennig samlen: Von meinen Schaaffen / solt ihr euch nichts verschaffen; Geht ihr Bauerflegel / und gebet was das [18] Fleisch wieget: Verkauffet dem Lunge / der Lunge haben wil / und demselben Fleisch / der lauter Fleisch begehret. Die Beine und das Blut / das fresset ihr Galgendiebe selber in den Halß hinein / und betrüget keinen redlichen Menschen damit. Bißhero die Ausfensterung des Rübezahls / welche ich von einem Metzger Jungen / der domahls bey den Lästerern gewesen / eigentlich vernommen habe: Und von sie umb all die Wunder (nemlich von den verhöneten Meistern selber) sonsten wol nicht würde erfahren haben / so ferne es mir ihr Schaäffmatz nicht verständiget hätte. Wo sind aber die Lästerer geblieben? wo sie nicht fortgegangen seyn / so stehen sie noch da / und werde vielleicht von dem Rübezahl noch ein wenig drüber geprügelt / wie ich mich denn bedüncken lasse / daß ich gleich eines Ochsens Stimme höre / der sich über die Schläge beklaget.

Rübezahl läst ein Kleidmachen

[19] Rübezahl läst ein Kleidmachen.

Etwan vor sieben Jahren / ist nach Liebenthal zu einem Schneider der Rübezahl in Gestalt eines frembden Junckers hingekommen / und hat ihme von schönem Tuche ein Kleid zuschneiden lassen / welches er umb eine gewisse Zeit hat wollen abholen lassen. Aber was geschicht? Wie erstlich der Schneider das Kleid zuschneidet / da leget er das Tuch doppelt / gedenckende: es werde solches der Edelman nicht mercken: Zum andern tauschet der listige Vogel das Tuch aus / und thut zum Kleide eine andere Gattung hin /und verfertiget davon das bedungene Kleid / welches er auch dem Edelmanne / wie darnach geschickt wird / folgen lässet / wiewol der Schneider das Macherlohn nicht zugleich mit bekommen hat / sondern nur die Versprechung auff die und die Zeit / da es der Edelmann selber [20] hat überreichen wohen. Was geschicht? Der Schneider meinte zu erst / er habe trefflich gefischet / und wolle nunmehr das gestohlene Gewand sehr wohl zum eigenen Nutz anwenden: Aber wie ers recht beschauet / da war es eine grosse Decke von Schilff / darein die Kauffleute ihre Wahre zu packen pflegen. Vors andere nahete auch die bestimmte Zeit heran / da der Edelmann hat abzahlen wollen: Siehe /da trägt es sich unverhofft zu / daß der Schneider eine nöthige Reise über das Riesengebürge vornehmen muß: Wie er aber nunmehr unter Weges gewesen / da kömpt in aller Herrligkeit der Rübezahl auff einer grossen Ziegen hergetrabet / und hat ihm eine Nase selber gemacht über einer halben Ellen lang / (wie ich dieses und das folgende alles / von eben des Schneiders gewesenen Gesellen einen / ausführlich habe gestecket und heimlich erzehlet bekommen; Denn ihn selber würde der [21] Kuckuck wol nicht geritten haben /daß er diesen Possen zu eigener Beschimpffung mir würde narriret haben: Aber / Qvicqvid sub sole est, in apricum proferet ætas. Das ist: Es ist nichts so klein gesponnen / es kömpt doch noch endlich an die Sonnen. Hat es schon der Schneider selber nicht groß offenbaren wollen / so ist es doch nunmehr durch seinen Bedienten geschehen / welcher mich richtig verständiget hat: Wie flagellum Dei, oder der Rübezahl auff diesesmahl die Unartigkeit der Schneider geputzet hat. sed extra Parenthesin,) und in solcher positur schnur gleich auff Meister-Hausen loß gezuckelt /welcher die verwandtē Ziege etliche mahl mit bebender Stimme angemöckert hat / und gleichsam den Meister willkommen / auff ihre Art genennet hat: Der Rübezahl hat nicht minder seiner Wörter geschonet /sondern vielmahl geschrien: Glück zu Meister / glück zu Meister? Wollet ihr euer Macherlohn [22] für mein Kleid holen / das ihr mir vergangen zugeschnitten /und ich itzt gleich am Leibe habe? Immittelst möckert die Ziege ihr Meister / Meister / immerfort: der Schneider aber erschrack / wie sehr er auch vorher über den seltzamen Foltesierer gelächelt hate: Und gedachte nunmehr gar wohl / daß er für seine Diebes Stückgen würde den verdienten Lohn überkommen. Darauff hönete ihn der Rübezahl meisterlich aus / und zog ihn mit dem vermeinten Diebstals des Tuches wacker durch / sagende: Wie stehets Bruder / haben wir nicht was zu schachern? Hastu nicht neulich was gefuschert / und von einer und der andern Sache etliche Stückgen abgezwackt / oder hinter den Ofen geworffen und gesprochen / das soll der Teuffel haben! Oder hastu nicht etwas nach den Mäusen geworffen /und etliche feine Bißgē erübriget? Der Schneider aber verstummete und sprach nichts? Darauff fuhr der Ziegenbereiter noch [23] weiter fort und sagete: Es müssen ja alle Schneider stehlen; Darzu ihnen flugs die allerersten Schneider und Menschen auff der Welt / Anlaß gegeben haben. Nemlich / (wie Basilius Seleuciensis spricht:) sie haben ihnen Schürtzen von Feigenblättern gemacht; Dadurch sie die Bäume beraubet haben. Nemlich / es muste der Anfang der Schneider nicht ohne Dieberey seyn / solte auch gleich der Feigenbaum einbüssen müssen / und sich wegen des ersten Kleides bestehlen lassen. Item / da es unmüglich war /daß Adam / als der erste Mensch / eine Beraubung begehen kunte / in deme ihme alles / ohne das zu eigen war: So muste dennoch das erste Meisterstück der Schneider nicht ohne Abkneipung und Diebstahl abgehen. Wie gar schön hievon redet Aloysius Novarinus in Mose expenso ad Gen. cap. 3. vid. Johan. Henri. Ursinum in Mantissâ ad Acerram Philol. §. 8. p.m. 401. Endlich sprach der Rübezahl [24] zum überzeigten Schneider: Gehe du Hudler / und gebrauche dich fortan mehr deiner Nadel zum enge nehen / und nicht weite Stiche zuthun / als deiner Fäuste zur Abzwackung. Laß den Leuten das ihrige / und nimm ihnen weder von den übrigen Knöpffen oder Seide /und andern übergebenen Sachen hinfüro nichts mehr; bleibe / und halte dich an dein prædentirtes Macherlohn / daß du Lumpenhund hoch gnug steigern kanst; Und suche deinen Vortheil nicht mehr an ungebürlicher Unterschlagung / oder ich will dich nach diesem übel zu schlagen / und ärger wilkommen heissen / als diesesmahl geschehen ist. Darauff zuckelte er mit seiner grossen Ziegen und langē Nasen immer davon /und ließ den Schneider stehen: Doch thate er ihm dieses noch fürder zum Schabernack an / daß / so offt hernach der Schneider eine Ziege hat möckern gehört / Er stets gemeinet habe / es ruffe ihm ein Mensch /[25] und sagte Meister / Meister: Wie es denn auch soll geschehen seyn / daß dieser Schneider aus unrecht hören / einmahl zum Ziegenbocke hingegangen sey /fragende: Herr wolt ihr ein Kleid zuschneiden lassen? Da ihm der Bock zur Antwort gegeben hat / puff? Nemlich / er stieß ihn mit den Hörnern in die Rampanien / daß es puffte: Und allda auff solche Art den Schneider zu erst lehrete / was Virgilius errinnert:Noli occursare Capro: Cornu feret ille, caveto? Aber gnung hiervon / damit nicht auch der Bock das seinige davon bekomme / sondern mit ihme nach demVirgilio wahr bleibe: Caper tibi salvus & hœdus.

Rübezahl carniffelt einen Becker was ab

Rübezahl carniffelt einen Becker was ab.

Anno 1658. soll der Schlesische Wundergeist nach Hirschberg gegangen seyn / und allda bey einem berüchtigten Becker allerhand Gattungen Brodt eingekauffet haben; Welches der [26] leichtfertige Geselle mit einander über die massen sehr hatte auff schwellen oder blehen lassen / und mit den hineingethanen Hefen unbillicher massen in die höhe getrieben und locker gemacht hatte. Von dieser Materie nimmt der verstellte Rübezahl die betrüglichsten Stücke zu sich /und verschaffet gleich zur Stunde ein Gewerbe / daß der Becker über das Gebürge dieselbe Zeit reisen muste: Wie nun dieser Becke gleich auff des Rübezahls seinen erkohrnen Platz gerathen / siehe / da kömpt der Rübezahl in voriger Gestalt mit seinen Semmeln und andern eingekaufften Brodte herfür /præsentiret darneben einen gedeckten Tisch / und heist den gegenwärtigen Becken nieder sitzen: Fänget allerhand Discurs mit dem Oelgötzen an / und fraget auch endlich von ihm: Obs müglich sey / weil man das Gewissen an einen Nagel hengen könne / daß man auch die Seele ins Brodt zu backen vermöchte? Darauff erstarrte der / ihm übel bewuste / [27] / und nunmehr bestürtzte Becker-Kuntze: Und konnte kein Wort hervorbringen / weil er sich mit gegenwärtigem Brote in seinem sündhafftigen Hertzen überzeiget befand. Rübezahl aber hingegen fieng weiter an / und / in dem er die Semmeln auffbrach / und die holen Löcher zeigete / sprach er: Siehe / in diesen Klüfften steckt deine Seele: In dieses Brodt hastu sie hinein gebacken: Und weil du mir nunmehr dein Brodt verkauffet hast / so hastu auch zugleich deine Seele drinnen verkauffschlaget / verhandelt und verhudelt? Darauff stellte er sich ungebärdiger / und rastete den Becker bey der Cartause an / sich erzeigende / als wolte er ihn hinweg reissen / oder gar in Stücken zureissen / wiewol er ihn nur was druckte / Maultaschen außtheilete / und so viel harte Schläge zubrachte / als der Ubelthäter grosse Löcher im Brodte hatte auffqvellen lassen. Drüber denn der Becke greulich zu schreyen begunte /und [28] mit einem Schwur betheurete / daß er sein Lebenlang nicht mehr das Brodt so vortheilhafftig und betrüglich backen wollen; sondern es derber kneten /dichter und an sich selber grösser machen / gesonnen wäre. Hierauff ließ er den Brodtdieb lauffen / sagende: Wo du dich nicht besserst / so will ich dich auff eine andere Art zaufen.

Rübezahl fängt Fische

Rübezahl fängt Fische.

Vor etwan 4. Jahren seynd ihrer fünffe Leinweber Gesellen über das Schlesische Gebürge gewandert / da haben sie ungefehr in der ferne vermercket / wie ein schwartzer Münch / nebenst noch andern 4. Nonnen bey einem Teiche gestanden seyn / und theils mit dem Hamen / theils mit den Fischreisen sehr grosse Fische / fast wie Kälber groß aus dem Wasser gezogen haben / welche das Gespenste allemahl in die Höhe gehalten / und die vorüber reisende zugleich mit angeschrieen hat; Kommet! Kauffet / sie seynd wolfeil? etc. [29] Aber jene Handwercks-Bursche hatten die Hinterlist bald gemercket / waren ihres Weges fortgegangen / und hatten sich nicht irren / noch zur höhnischen Gegen-Antwort verführen lassen. Da ihnen denn auch also nichtes wiederfahren ist / und der Rübezahl vergeblich sein Menschen-Netz ausgeworffen hat.

Rübezahl gesellet sich zu einem Müller

Rübezahl gesellet sich zu einem Müller.

Man höret gar sehr offt / daß sich der Rübezahl gebehren und verstellen solle / in solche Gestalt / in welcher die Reisenden / nach Unterschiedligkeit der Sorten / angetroffen werten. Also soll er sich auch einmal wie ein Müller zu einem andern Müller gesellet haben / ist gleichsam ungefehr auff dem Gebürge zu ihm gerathen: Hat gefraget / wohin er wolle / und denn auch / ob er ihn zum Geferten wolle bey sich behalten? Drauff der rechte Müller ein Ja gesprochen /[30] und ihme den Geferten hat belleben lassen. Was geschicht? In deme sie fort marchiren / da läst der Rübezahl seine Nase allgemählich einer Ellen lang wachsen / krieget zwey grosse Hörner auf dem Kopffe / und springet wie ein abscheulicher Satyrus davon: Also daß der rechte Müller erschrickt / und Gott umb Hülffe anrufft / der ihm auch nichts wiederfahren lässet.

Rübezahl ist ein Vogelfänger

Rübezahl ist ein Vogelfänger.

Auff eine andere Zeit seyn etliche vornehme Herren über das Riesengebürge gezogen / und wie sie fast weit hinauff gerathen / habē sie in der nähe einen Vogelsteller sambt unterschiedlichen auffgestelten Netzen angetroffen / welcher allbereit schon gar viele und mannigfaltige Gesang und sonsten lieblich anzuschauene Vögel in seinen Vogelbauren an einem besondern Orthe stehen gehabt / wie er denn auch noch vielmehr [31] getödtete und zum essen beqvemliche Vögel darneben in Bündlein liegen gehabt hat: Da sind alsbald gedachte reisende Herren angereitzet worden /von den geschaueten Vögeln eine Anzahl zu erkauffen: Und sind ohne Säumung zu dem Steller flugs selber auff den Heerd hingefahren / haben lebendiger und todt gemachter Vögel ein ziemlich hauffen genommen / und dem Fänger bezahlet / sind auch mit davon gefahren / und hatten im nechstfolgenden Qvartiere eine köstliche Mahlzeit daraus machen zu lassen bey sich beschlossen: Wie sie denn eine schöne Lust von den lebendigen zu geniessen / ihnen gleichfalls eingebildet hatten. Aber siehe / wie sie eine Ecke vom vorigen Vogel Orte weggefahren waren / da sehen sie erstlich / was sie vor ihr Geld bekommen hatten: Nemlich / die Vögel waren nichts anders / als Pferde-und Schweine-Dreck. Die Vogelbauren waren ein geflochtenes schlechtes Werck von Gesträuchen und kleinen [32] Reisern. Wie sie mit einander diesen Betrug verspüret / haben vorige Herren sich selber aus dermassen müssen außlachen / und haben den gantzen Weg durch also eine unverhoffte Materie zu schertzen und die Zeit zu verkürtzen erlanget. Der Rübezahl aber hat hingegen etwan ein Ducaten prosperiret /welchē er zu seinem Schatz zweiffels ohne wird geleget haben / und künfftig von jenen wird bekommen und gefunden werden / der seine Residenß einnehmen / und ihn davon vertreiben wird.

Rübezahl agiret einen Capellmeister

Rübezahl agiret einen Capellmeister.

Es ist unlängsten eine grosse Albertät von den Jesuiten vorgenommen / damit sie auch noch itzund unverrichteter Sachen / im Schwange gehen. Nemlich / sie haben ihnen fürgesatzt eine Capelle fast an dem Orthe / da sich der Rübezahl am meisten herfürgethan hat /auffrichten zulassen / damit allda [33] hin eine heillige Wallfahrt verrichtet und künfftig vorgenommen werde. Aber / Lieber höre / was für ein Bedencken der hinterlistich Rübezahl darüber trage! Nemlich ich habe unlängsten mit einem Wurtzelmanne gesprachet / welcher von seinem Brüderlichen Freunde dem Rübezahl diese Meinung hat gesteckt bekommen: Daß er wolle die erste Messe drinnen singen / und den vorüber reisenden Leuten einen Ablaßkram anrichten /und sich wie ein neuer Tetzel erzeigen / nach seinemanagramma: Rubentzagel / Tetzeln-Grube. Weiter soll er auch verständiget haben / er wolle die Papisten immer fort arbeiten lassen / biß das Werck absolviret were / da wolte er sich erstlich seiner Macht und Befugsamkeit gebrauchen / und wolte den Strassenräubern schon ihren verdienten Lohn anthun / daß sie ihm ungebeten ins Land fielen / sein Reich verunehrten / und ihn gar für ein Hundsfutt hielten. Er wolle ihnen die Vesper also [34] singen / daß sie ihr Lebenlang an Rübezahlen gedencken solten; Er wolle von ihnen fragen / wo sie dieses verkehrtes Sprichwort gelesen hätten: Nemlich / wo der Teuffel eine Capelle hat / da will der liebe GOtt eine Kirche hinbauen: Sie soltens bey den alten Löchern lassen verbleiben / durch welche man pfeiffet: Wo Gott eine Kirche hat / da bauet der Teuffel eine Capelle dran. Unterdessen (hatte er fortgeredet /) wolte er allerhand Stimmencomponiren / nemlich: Bicinia, Tricinia, Qvadricinia, biß zu Centicinia, die er hernach mit seinen Geschwister intoniren und solmisiren künne. Ferner wolle er auch darneben nicht vergessen / unterschiedliche Ablaßbrieffe zu schreiben und Päbstliche Bullen zu verfertigen / damit einiedweder in der gantzen Welt einen bekommen / und gar mit einander keine Sünde mehr ins tausende Glied zu vernehmen übrig sey.

Rübezahl wird ein Feuermäurkehrer

[35] Rübezahl wird ein Feuermäurkehrer.

Uber dem Gebürge in einem benachbarten Böhmischen Städtgen ist es vor Jahren geschehen / daß der Rübezahl in Gestalt eines Feuermäurkehrers sich hervor gethan hat / und zu einem vornehmen Manne ins Haus gekommen / seine schwartze Kunst zu practiciren. Nun / der Wirth des Hauses läßt sich den Vorschlag / gefallen / und thut Anstellung / daß der Gegenwärtige Rauchstöhrer eine gewisse Feurmäuer im Hause besteigen solte. Darauff macht sich der Rübezahl zur Esse hinein / raspelt und kratzet / als wenn er das gantz Losament über einen Hauffen reissen wollte / also / daß auch nicht wenig Steine herunter purtzelten: Und solches treibet er so lange / biß er sich endlich auffs höchste hinauff geschoben und gestöret hatte. Da setzt er sich geschwinde mit seiner langen Stangen / schmutzigten [36] Kappen / und teuffelsmässigen schwartzen Gesichte / oben auff die Feuermäur /schreyet wie er toll und unsinnig wäre / zwar nicht auff anderer Feuermäurkehrer Manier / sondern führet ungewöhnliche Wörter: Nemlich / der Wirth im Hause were ein Hahnrey / und wer es sonsten nicht wüste / der hörte es itzund von ihm / wie auch von den andern Weterhähnen / welche nach diesen täglich / vermöge der Winde kirren sollen / und dem Hauswirthe zum Reygen ihren Schall anstimmen. Nach solchen und andern Reden / ist er davon geflogen /und hat die gantze Feuermaur / so weit sie über das Dach herausgestanden ist / abgebrochen / auf seinen Rübezahlischen Buckel gesacket / und an jenen Ort mit sich dahin getragen / wo er / vor etlichen Historien / die angepackte Scheune hin versetzet hat. Von welcher mir allhier einer berichtet hat / daß er den Ort wüste / welcher mir domis unbekandt gewesen.

Rübezahl wird ein Rattenfänger

[37] Rübezahl wird ein Rattenfänger.

Man lieset / daß vor weilen zu Hameln ein Mäusefänger sich angegeben / den Leuten Pulffer verkaufft /und das Ungezieffer aus der Stadt gebannet habe. Auff diesen Schlag soll auch der Rübezahl in Mähren es versucht haben; Nemlich / er hat den Leuten auch eingebildet / wie er ein besonders Pulver habe für die Ratten / damit wolte er alles Ungeziefer ausrotten. Was geschicht? Die Leute messen ihm Glauben zu /geben ihm viel Geld zulösen / legen das Pulver in ihre Behausungen hin / und befinden / in dem der unerkante Rübezahl noch bey ihm gewesen / daß unmässige Mäuse und Ratten darbey todt liegend ereignet haben; Darauff sie denn solches Ungeziefer /) wie es Rübezahl ausdrücklich gebothen: In dem hierdurch die gäntzliche Ausrottung aller Ratten / und Bemausung aller Mäuse gewißlich [38] handen wäre:) alles gesamlet /und auff einen Hauffen mitten auff dem Marckt zusammen getragen haben / und nach etlichen Tagen /wie der Rübezahl sich aus dem Staube gemacht hatte / mit Feuer zu verbrennen gesonnen gewesen seyn. Da seynd den verblendeten Leuten erstlich die Augen geöffnet worden / daß solche Mäuse nichts anders als kleine Erdklösser / runde Stücklein Holtz / Steine /und ander betrügliches Werck gewesen; Welches sie sämtlich auff dem Marckte / bey den vermeinten Mäusehauffen versamlet gesehen / und sich darüber entlich geschämet haben. Ja es geben auch noch wohl andere gar dieses für / daß der Mauseköpffigte Rübezahl sich im selbe Zeit über den Hauffen / in Gestalt eines Bischoffs von Maintz Hattonis, præsentiret habe / und theils im schweben / theils im überwegfliegen grausamlich gelachet / und die anwesende Rotte über die falschen Ratten / verspottet und schabernacket habe. Noch [39] andern wollen den Außgang dieser Historie so vorbringen: Daß der Rübezahl umb ein gewisses Geld alle Ratten und Mäuse aus der Stadt weg zu partieren versprochen habe / Darauff es auch soll geschehen seyn / daß aus allen Winckeln und Ecken das Ungezieffer so häuffig zu ihm gelauffen sey / an ihm hinan gekrochen / und mitten auff dem Marckte / da es soll geschehen seyn / und dichte besetzet / oder mit sich gleichsam umb und umb verposamentiret haben; Darbey soll allgemählig der Rübezahl immer mehr und mehr gewachsen seyn / damit die Mäuse gleichsam alle an ihm Raum finden / oder sich eintzeln an ihn setzen könten / biß er endlich zu einem sehr grossen und hohen Thurm geworden / da er auch von den Fußsohlen an biß zum Halse hinauff allenthalben dichte voll Mäuse und Ratten gehenget /und nur den blossen Kopff frey gehabt. Wie er nunmehr also alles Ungezieffer angepackt gehabt / da soll er damit [40] fortgewandert seyn / und sich ausserhalb der Stadt (wie ist er aber zum Thore hinaus gekommen?Resp. Da siehe du zu / O Door! Vielleicht ist es daher ergangen / wie mit dem Trojanischē Pferde: Wiewol es auch kan geschehen seyn / daß er mit seinen nunmehr langen Stampen über die Thor hingeschritten hat; Aber fein sachte (damit ja keine Maus verzettelt worden /) begeben haben / und allda verschwunden seyn. Zum Wahrzeichen soll noch heutiges Tages im selbigen Städtgen der jenige Marckt der Mäusemarckt heissen / wie er bey uns der Naschmarckt genennet wird. Im übrigen / was diesen Außgang der Geschichte betrifft / so vermeine ich / daß es gantz eine besondere und andere / als die vorige / Begebnüsse sey.

Rübezahl verkaufft Bienen-Stöcke

Rübezahl verkaufft Bienen-Stöcke.

Unlängsten ist es geschehen / daß dieser schalckische Geist zu einem Schencken [41] oder Kretzschwar eines Dorffes nicht weit unter dem Gebürge hingekommen ist / und mit sich etliche Bienenstöcke auff dem Wagen daher geführet / und dem Wirthe verkaufft. Aber wie Rübezahl weg gewesen / und der frohe Gastwirth seine Waare zum andernmahl eigendlicher im Garten / da er sie hingesetzet / beschauen wollen; siehe / da ist lauter Menschendreck in den Körben geschmieret gewesen / und vor die Bienen hat er Kefer /Fliegen / und ander Ungeziefer angetroffen: Darüber der betrogene Schencke zwar erbosset worden ist /dennoch aber nichts draus hat machen können (wenn er auch schon seinen Fetzer in tausend Stücken zerstossen hätte. Und auff solche Art hat der gute Gastwirth schlechte Leckerbißlein bekommen / welche er den Säuen hat müssen fürwerffen.

Rübezahl wird ein Holtzhacker

Rübezahl wird ein Holtzhacker.

Einsmahls soll eben dieses Betrügnüß [42] zu einem Bürger in Hirschberg / der einen Taglöhner bedürfftig gewesen / angekommen seyn / hat seine Dienste zum Holtzhacken præsentiret / und vor die Bemühung nicht mehr als nur eine Hucke Holtz gefordert. Dieses alles heisset der Hauswirth gut / gehet den Vorschlag ein / und zeiget ihm etliche viel Fuder / darbey gedenckende: er wolle ihm noch etliche Mitgehülffen zugesellen. Aber hierzu spricht der Rübezahl / nein: Es ist unnöthig / ich will es alles selber wohl alleine bezwingen. Darauff redet ihn der herr noch ferner an /fragende: Wo er denn die Axt habe? Sintemahl er keine bey dem gedungenen Knechte vermerckte. Darauff antwortete der Rübezahl: Ich will bald eine kriegen? Und erwischte hiemit sein linckes Bein / zog solches mit dem Fusse aus den Lenden heraus / und hieb wie er toll und rasend were / wieder drauff erfolgende Behinderung alles Holtz in einer Viertelstunde gar kurtz und in kleine [43] Scheite; Dazu sich sein außgerissener Fuß viel tausendmal hurtiger / als die schärffste Axt erzeigete. Immittelst aber rieff der Hauswirth immer was er ruffen konte / (weil er flugs Unraths vermerckte) daß der abentheuerliche Hacker einhalten solte / und sich aus dem Hoffe packen. Der Rübezahl aber sagte immer nein: Ich will nicht aus der Stelle weichen / ehe ich mein Holtz klein gemacht habe /und mein Lohn davon trage: Und unter solchem Gezancke ward der Rübezahl gleich fertig / steckte sein Bein wieder hinein / (indem er vorher nur auff dem einen nach Storchs Manier gestanden /) und sackete alles geschlagene Holtz auff einen Hauffen auff seinen Buckel / (es waren aber bey vier Klaffter /) und spatzirete für allen Henger / zur selb beliebten Belohnung hiemit davon / ließ den Wirth schreyen und wehklagen so viel er immer wolte. Worumb aber? ist denn dieser Geist so unbillich und schandhafftig? Nein /sondern [44] Gott verhengte ihm die Ungerechtigkeit bißweilen an den boßhafftigen Menschen zu straffen. Nemlich / der gedachte Wirth hatte das vorige Holtz aus der ferne etliche arme Bauren zu sich fahren lassen / umb ein gewisses Lohn / welches aber der meineidische Mensch / leider! den bedienten und den darauff wartenden Bauren nicht gehalten hat / in dem er sie nur mit der Nase herumb geführet / und das Maul geschmieret hat. Ferner soll man auch drauff gehöret haben / daß dieser Rübezahl sein entführetes Holtz den abgewiesenen Bauren eintzeln vors Haus geworffen habe / es ihnen verehret / und etlichen die Sache dabey nebenst der Rache erzehlet haben.

Rübezahl ist ein Seeman

Rübezahl ist ein Seeman.

Ein unbillicher Schöffer hatte vor vielen Jahren von einem nothdürfftigen und armen Manne etliche Scheffel seines Geträydes zur Außpfendung [45] wegnehmen lassen / in willens solches auff seinen Acker zu streuen / dazu er aber einen neuen Knecht bedurfft gehabt hat / weil der vorige gleich entlauffen gewesen. Was geschicht? Der Rübezahl als ein heimlicher Rächere giebt sich für einen verständigen Knecht aus / stellet sich in vielen untergebenen Geschäfften getreu und fleissig / und überkommet auch also das Korn vom Schösser auff dessen Acker zu säen. Immittelst bringt er aber das anvertrauete Getrayde dem nothleidenden Manne wieder hin / welchem es vorher geraubet war: Hingegen aber gebrauchet er sich allerhand Unkrauts Saamen / und bestreuet damit die begehrten Gründe oder Aecker: Kehret zu seinem Herrn dem Schösser /wie recht / verrichtete mehr Arbeit / und hielt sein versprochenes halb Jahr im Dienste aus / nach welchem er gleichsam / als ein getreuer Diener / seinen rechtmässigen Abschied begehrte und erlangte. Hierauff nahete es sich auch endlich [46] zu solcher Zeit hin /da das Korn hervor kömpt / wächset und reiffet /siehe: Da hat der Schösser lauter Disteln zu erndten /und keinen guten Kornhalm zu erwarten. Ey / wie bestand allhier der geitzige Matz? Wie Butter an der Sonnen: In seinem Kopffe war es nicht anders beschaffen / als dz er trefflich schön Geträyde vom Acker wolte nehmen lassen: Aber GOtt hatte durch den Rübezahl die vergelblichen Gedancken in folgende Antwort verzehret: Dorn und Disteln soll er dir tragen / es mag dir Hudler behagen / oder nicht / so muß ich es dir doch sagē / dich mit dieser Straffe plagen /dein Gewissen nagen / und dir ein verdientes Haus-Creutz schlagen.

Rübezahl fährt auff der Kutschen

Rübezahl fährt auff der Kutschen.

Es hat mir ein vornehmer Mann des Raths von Greiffenberg durch einen andern glaubwürdigen Leipzischen Bürger erzehlen lassen / wie einmahl [47] zweene Wander-gesellen über das Gebürge gereiset seyn /welche in ziemlicher Armuth und Bedürfftigkeit begriffen gewesen / also / daß sie bald nicht gewust haben / bey weme sie sich erholen solten / oder einen Zehrpfennig erlangen. In deme sie also fortgehen /und mit dergleichen Gedancken schwanger und traurig seyn / siehe / da sehen sie für sich hin eine prächtige Kutsche fahren / wobey etliche Trabanten gewesen / und Lackeyen hinter her gelauffen. Aus diesem Gesichte nehmen sie ab / daß es ein reicher Herr seyn müste / der vor ihre Bedürfftigkeit vielleicht etliche Pfennige in seinem Beutel übrig habe: Lauffen auch in solchem Sinne alsbald hinzu / heben an zu betteln /und ihre Armuth vorzubringen. Wie sie solches begehren sehr demütig und beweglich angebrachte hatten / da springet ein vornehmer Herr aus der Kutschen / und schneidet einem iedweden mit dem Messer aus den nahe darbey stehenden Gesträuchen einen [48] Stab oder Stock ab / überreichet solchen entzeln / sprechende: Damit sollen sie vor dißmal vorlieb nehmen /sie würden schon sich hieran erholen / und auff die Beine kommen. Die beyden Kerl nehmen die übergebene Stäbe an / bedancken sich vor die lange weile /dürffen das schlecht vermeinte Geschencke nicht ausschlagen / theils vermöge der Ansehnligkeit des vornehmen Gebers / theils wegen die Obsicht der Trabanten. Immittelst steiget der Herrische Rübezahl wieder auff seine Kutsche / und läst geschwinde drauff fahren: Die beyden Wanderer aber zotteln auch / wie wohl langsam / hinter her: Fangen allgemählich an von ihren empfangenen Stäben zu schwatzen; Ja einer wird auch endlich unmuths darüber / und spricht zum andern: Ey was soll mir der Stock? Solchen hätte ich mir selber allhier können abschneiden / weil kein Mangel dran ist; Derselbige Herr [49] hätte uns leicht was bessers können verehren / als nur dieses bißgen Holtz.


Ligneus es princeps, qvia lignea munera donas:
Aurea si dederis, aureus esse potes.

kan ich gar schöne mit dem Ovveno allhier sagen. Und in dem warff er seinen geringschätzigen Stab aus Ungedult so weit weg / als er immer konte. Der ander Mitgesell aber sagte: Ey Bruder / warumb so arg? Ich will meinen Stab behalten / wer weis wozu er gut ist? auffs wenigste will ich ihn zum Gedächtnüß verwahren / damit ich sagen kan: daß ich einen Wanderstock von einem vornehmen Herrn in die Hand gegeben bekommen habe. Weiter will ich hiemit auch practiciren / was jrner Grieche haben will / wenn er gebeut:σοὐκ ἔξεςι ἄνα ξύλού βαδἰζειν: Und immittelst / solcher gepflogenen Reden gerathen sie vom Gebürge in die nechste Herberge. Da besahe der ander Geselle noch einmahl zur Verwunderung seinen [50] verehrtē Stock / und befand / daß er lauter gediegen Gold war. Wie solches der erste vernahm / wolte er daran participiren / und ein Theil dran haben / und sagt: Bruder halb! Der ander sprach: Nein Narre / warumb hastu deinen Stab nicht behalten? So hättestu eben so viel gehabt / als ich itzund. Hierüber lieff der abgewiesene Kautz und Ephimetheus wieder zu rücke / rennte daß ihm der Kopff gleichsam brannte / und gedachte seinen verworffenen Stab auch wieder zu finden: Aber umbsonst; Da ware Hoffnung und Mühe bey demUcaledoti verlohren. Doch gnung.

Rübezahl ist ein Bratenwender

Rübezahl ist ein Bratenwender.

Zu Reichenbach soll einsmals eine vornehme Gasterey angestellet worden / da der Koch etliche Speisse voll Rebhüner / Enten / Gänse / und ander Feder-Viehe in die Küche auff dem Heerd gehabt / umbgewand und gebraten hat: [51] Davon er aber endlich /wegen einer wichtigen Sache vom Hauswirthe istavocirt und weggeruffen worden. Unterdessen macht sich unversehens der Rübezahl in selbige Küche mit etlichen andern Spiessen voll Rattē und Mäuse / leget solche über die vorige Spiesse / und wendet sie lustig bey dem heissen Feuer herumb / daß des Ungezieffers Fett hauffen weise auff die Rebhüner und andere gebraten Gevögel herunter treuffelt: Biß endlich der rechte Koch sich wiederumb eingestellet hat / da der Rübezahl verschwunden ist / ließ die gebraten Mäuseetc. hinter sich auff die angestellte Gasterey. Friß nun Gebratens wer da wil: Ich begehre kein Bißlein davon. Doch gnug.

Rübezahl verkauffet Betten

Rübezahl verkauffet Betten.

Es hat mir unter andern Sachen ein guter Freund von Liebenthal geschrieben / daß vor diesem der Rübezahl [52] in einem Böhmischen Städtlein einer reichen Frauen etliche Betten verkauffet habe / in Gestalt eines ausländischen Händlers: Welche die gedachte Matron mit ziemlichen Gelde an sich gebracht / und in ihr Haus hat tragen lassen. Nach etlichen Tagen hat sie ihrer Magd befohlen gehabt / die geschacherten Betten in die Lufft zu tragen / und zur Sonnen: Siehe /da wird befunden / daß es alte Kohlsäcke gewesen /mit Kuhfladen angefüllet. Drüber ist die Magd mit sambt der Frauen erschrocken / und hat den Qvarck ins vorbeyfliessende Wasser geworffen.

Rübezahl verwandelt sich in einen Apfelbaum

Rübezahl verwandelt sich in einen Apfelbaum.

Es sollen auff eine andere Zeit etliche Schueknechte über das Riesengebürge gezogen seyn / da ihnen unterwegens theils ein Hunger / theils auch ein Durst betroffen hat. Aber was geschicht? Gleich sucht sich /gleich findet [53] sich: In deme sie an ihre Noth gedencken / da ersehen sie in der Nähe einen schönen grossen Apffelbaum mit köstlichen reiffen Früchten. Zu solchen machen sich die Reissigen geschwinde hin /schütteln und werffen in grosser Menge die verlangten Aepffel herunter / und besacken ihre Bündel und Schiebesäcke da voll / und gehen darauff ihres Weges immer fort. Nicht lange hernach / greiffen sie nach etlichen Früchten hin / und wollen solches Obst kosten; Siehe / da warens theils Kröten / theils Feldsteine und ander possirliches Dings. Worüber sie sich verwunderten und erschracken: Ja die meisten schütteten solches verwandelte Obst geschwinde auff dem Wege aus / doch einer sagte: er wollen Bettel nicht rühren /sondern erstlich in der Herberge zusehē / was drauß würd werden; und mit diesem hiesse es: Tandem bona causa triumphat: endlich wird di Milch zu Butter: Denn / wie er seine Schiebe-säcke außleerete / [54] da fand er etliche Klumpen Gold / welche besser waren als des Herculis geraubete mala aurea Hesperdium. Hierüber ward der Glückselige gutes Muths / die andern aber betrübten sich über den Verlust ihrer Wolfahrt. Sed serò sapient Phryges.

Rübezahl nimbt eine Gestalt etlicher Flegel an

Rübezahl nimbt eine Gestalt etlicher Flegel an.

Es hatte vor etlichen Jahren ein unbescheidener Bauer auff den Rübezahl vielmal geschmälet / solchen bezahlte der beleidigte Geist auff folgende Art: Nemlich / wenn der Bauer mit seiner Drescherbursche in die Scheuren gegangen war / das Korn außzuschlagen /da konte keiner die Flegelklöppel oder Boltzen niederschlagen / sondern sie blieben allzeit in der höhe unn schryen Hundsfutt. Drüber einer den andern ansahe / und vermeineten / es thäte ihnen einer unter ihnen diesen Schabernack / lieffen bald zusammen /[55] schmissen und prügelten sich erbärmlich ab / daß sie mehr Blutstropffen aus dem Leibe / als Körnlein aus dem Strohe brachten. Immittelst schrye der Rübezahl noch immerfort sein Hundsfutt / und fieng in Gestalt der Dreschflegel auff die Bauern loß zu prügeln / daß sie wie die närrischen Ochsen aus der Scheuren lieffen / und froh waren / daß sie nur von den Flegeln erlöset worden: Da sonsten im Wiederspiele die Flegel lustig seyn und triumphiren / daß sie aus ihrer Tribulirer Fäuste entrinnen.

Rübezahl verwandelt sich in Lichter

Rübezahl verwandelt sich in Lichter.

Ein vornehmer von Adel hatte einsmahls ein treffliches Panqver angestellet / und sehr viel Kerzen oder Liechter darzu eingekaufft / welche er zu seiner Zeit hatte wollen anzünden / und auff die Leuchter lassen stecken. Aber wie die Diener solche nunmehr hervor kriegen wollen / da waren es lauter Gedärme [56] mit Mist gefüllet: Nemlich / es war der gedachte Edelmann billich hiemit gestraffet / weil er kurtz vorher einen armen Bauren seine eintzige Kuhe hat pfänden und wegnehmen lassen / davon sich doch nur allein der elende Mensch kümmerlich hat behelffen müssen und können.

Rübezahl bauet einen Thurm

Rübezahl bauet einen Thurm.

An einem gewissen Orte hatte es sich begeben / daß die Bürger gerne einen hohen Thurm in ihre Stadt haben sehen wollen; darzu sie denn auch einen vornehmen Bawmeister zu dingen bedacht waren. Hierüber findet sich der Rübezahl an / gibt sich für einen trefflichen Künstler aus / als der einen herrlichen Thurm in der Länge auff der blatten Erde bauen wolte / und solchen hernach ohne Mühe oder Schaden in die Höhe richten könne. Diesen Vorschlag [57] gehen die begierigen Bürger ein; der Rübezahl machet sich mit seinen mitgebrachten Gesellen über das Werck / und verfertiget einen aus der massen prächtigen Thurm /und richtet ihn auch nach diesem auff / nimbt dafür ein grosses Geld / und hebet sich davon. Wie die Bürger nun nach der Verblendung ihrer Augen mächtig besser wurden / siehe / da war ihr vermeinter Thurm ein langer Hewhockel oder Schuber / welchē sie alsobald anzündeten / und aus dem Wege zu räumen vornahmen. Aber hierüber befand sich abermal der Rübezahl / lachete und hönete die neugebohrne von Schilde aus / und befahl: daß sie ihr Stall-Vieh bringen solten / daß sie den Thurm auff fressen / aus verhandenen Mangel des wenigen Futters. Biß so weit ist mir diese Geschichte erzehlet worden; hat nun ein ander was mehrers davon gehört / dem wil ich es Danck wissen / so ferne er mirs völliger avisiret undcommuniciret.

Rübezahl hat Schuhe und Stieffel feil

[58] Rübezahl hat Schuhe und Stieffel feil.

Auff was für eine Art der böse Feind Anno 1661. bey Zerbst im Sommer seine Kleider-Bude auffgeschlagen hat / und allerhand Gattungen von ietzigen üppigen Prachten / als weiten Hosen / schlotterten Stieffeln /weiten Zobelmüffen etc. feil gehabt hat; Auff solche Art soll auch der Rübezahl auff einen Jahrmarckt Stieffeln und Schuh zuverkäuffen gebracht haben /darzu iederman flugs Beliebung getragen und bekommen / weil sie auff neue Manier und allmodisch gemacht gewesen? Ja es haben die hoffärtigen Leute die feilgehabte Sachen schier in einem Huy weggekauffet / theils haben ihre Schue und Stieffel flugs angezogen / theils haben sie versparet zu künfftigen Hochzeiten. Aber wie sie die Sache recht besehen / da hat ein iedweder für die Schuhe einen weichen Kühfläden an: An statt der [59] Stieffel ist eine Rinde oder Borcke von eichenen und andern Bäumen in einen dergleichen Kuhmiste gestackt antroffen worden; Das heisset: Ad corpus capræ venduntur multa stamulta: Das ist / zu Leipzig werden viel Stieffel verkaufft. Hieher gehöret auch / daß ich von einem andern gehöret habe / wie der Rübezahl an statt der ledern Mützgen den Leuten einen weissen Ochsen-Dreck auff den Kopff geschlagen / und die Haar vorher mit Kalck gepudert hat.

Rübezahl hat Barücken feil

Rübezahl hat Barücken feil.

An einem andern Orte soll dieser Possenreisser in der Messe eine Bude præsentiret haben von lauter Barücken: dazu gleichsfalls die stoltzen Laßdünckel in Menge gegangen seyn / und die exhibirte Wahre eingekauffet haben. Aber wie sie den Schaden besehen /da hat einer ein Geniste von Stroh / der ander Gerüste von Pferdehaaren [60] oder Esels Schwantzen / und so fortan. Ey! das heist einen berücken / und sich mit frembden Haaren schmücken / wie des Horatii Kraä. /

Rübezahl speiset einen hungrigen

Rübezahl speiset einen hungrigen.

Unter andern Sachen / die theils hier erzehlet seyn /und auch noch zum theil folgen werden / hat mir ein wohlmeinender unn gutthätiger Mensch aus Hirschberg geschriebē / daß auff eine Zeit ein Bettler zum unbewusten Rübezahl gekommen / und ihn umb ein stücke Brodt für seinen hungrigen Magen angesprochen: Demselben hat der Rübezahl gesaget: er hätte zwar so eben kein Brot bey sich / dennoch gedächte er ihn noch mit etwas anders zu sättigen: Greifft derowegen in seinen Schubesack / und langt etliche grosse Wurtzeln herfür / die er den Bettler überreichet / mit diesen Worten: Iß hievō etwas / du wirst schon satt werden / und sie werden dir auch wol schmecken:[61] Was du nicht bezwingen kanst / das stecke zu dir /und halte es in guter Verwahrung. Der Mensch gehorsamete dieser Vermahnung / als (nach dem er sich bey dem Rübezahl bedancket hatte / welcher auch alsobald von ihm schied / und gleichsam anderswohin gieng) ward satt / und behielt eine und die andere Wurtzel übrig; aus welchen hernachmahls in seiner Taschen lauter gediegen Gold war / welches der arme für seine Gehorsamkeit erlangete. Im übrigen aber /hat sich allhier der Geist seines Nahmens betlerkehr gemäß erzeiget: Nemlich / Rübenzagelitis per anapr. iß Wurzel-Gaben.

Rübezahl giebt Schlangen für Wurtzeln

Rübezahl giebt Schlangen für Wurtzeln.

Es hat einmahl ein unbescheidener Wurtzelmann den Rübezahl angefahren / er solle ihm / so fern er ein vielwissender Geist wäre / ausbündig gute Wurtzeln verschaffen für das Podagra. [62] Hierzu findet sich der Rübezahl nicht faul / saget: Ja / ich wil dir gute Mittel darwieder schaffen. Und in dem übergiebt er ihm einen gantzen Arm voll langer schwartzer Wurtzeln: Diese nimbt der Mann zu sich / und leget sie in einen grossen Kober / und gehet damit vom Berge herunter /verhoffende: er werde nunmehr ein gewisses remedium wider den Podagrischen Kützel bey sich haben /die Leute curiren / und hüpsch Geld verdienen. Aber siehe: wie er seinen Kober auffmachet / und einen Bettlägerigen wider das Podagram eine Wurtzel lieffern wolte / da waren es lauter lebendige Schlangen /welche in grosser furie herauß sprungen / und meistentheils dem Wurtzelmanne nach seinem Kopff trachteten / und tödtlich verwundeten / über solches Spectackel erschrack der Podagricus von Hertzen sehr / und kriegte / vermittelst dieser Bestürtzung /hurtige Füsse zum Lauffen / sprang in hurtiger Eil aus dem Bette / [63] und lieff und rieff / wie ihn der Teuffel schlüge: Ja er kriegte auch hernach sein Lebelang dasPodagram nicht wieder. Ey! eine fürtreffliche Cur /drüber der Patiente geneset / und der Artzt das Leben einbüssete!

Rübezahl kaufft einem einen Ochsen ab

Rübezahl kaufft einem einen Ochsen ab.

Ein Verkäuffer hatte vor diesem etliche stücke Rindvieh über das Gebürge gejaget: Darüber war der Rübezahl zu masse gekommen / und hatte etliche Ochsen gefeilschet / und sich auch umb ein gewisses mit dem Manne verglichen: Zur Zahlung aber hatte der abendtheurliche Geist dem Verkäuffer lauter Reichsthaler gegeben; welche nach rechter Besichtigung / welche etliche Stunden hernach geschehen / meistentheils geschnittene Scheiben von trocknen Rüben waren. Hierüber erschrack der Besitzer aus der massen sehr / und gedachte; daß er gar gewiß in allem betrogen [64] wäre: Aber wie er eigendlicher seinen Schiebesack ausschüttet / da findet er nicht wenig Körner gedigen Goldes darunter: Womit er überflüssiger bezahlet war / als wenn es bey den rechten Thalern verblieben wäre. Das lasset mir einen Rübezahl seyn / welcher sich mit Rüben bezahlet / und auch seinem Creditori wieder Hoffnung dadurch Vergnugsamkeit leistet.

Rübezahl verwandelt sich in einen Stecken

Rübezahl verwandelt sich in einen Stecken.

Ich habe es von einem Handwercksgesellen / daß er vor diesem nebenst noch andern über das Gebürge gegangen sey: da er unterweges einen schönen geraden Stock unter den Gebüscher ersehen; zu solchen sey er hingegangen / und habe ihn abgeschnitten / auch vor die lange weile in die Hand genommmen / und darbey gegangen. In dem sie aber also etwas fürder kommen; siehe da geschihet es / daß dieser Handwercksburch den [65] Stab fast umb die mitte abschelet / und weis machet / die übrige Schale aber zu unterste sitzen lässet /und auff diese Art den Stock bis zur künfftigen Herberge bey sich behält. Da befindet er / daß die hinterbliebene Borcke lauter überzogen Gold gewesen /welches er umb den Stock hat sitzen lassen / und hernach gar theuer verkaufft.

Rübezahl kaufft einem Sachen ab für wunderliche Schaffskäse

Rübezahl kaufft einem Sachen ab für wunderliche Schaffskäse.

Es wird erzehlet / wie daß man von den Schlesischen warmen Bade bey eine Meile gehen müsse / ehe man recht auff das Gebürge gerathe: Hernach soll sich auch das Gebürge selbsten bey eine Meile erstrecken /ehe man nach der hohen Elbe komme: Von welchem Orte noch eine Meile restiren soll / ehe und bevor man ins Böhmerland gerathe. Es soll aber die hohe Elbe ein bewohnter Orth und sehr altes Dorff seyn /drinnen [66] es lauter kleine Leute gebe / welche sich nur von Viehzucht ernehren / kein Geld haben / sondern Waare für Waare geben. Solcher Gelegenheit und dieses alten Kauffhandels sollen sich etliche Kauff- und Handelsleute bedienen / welche von hier hinnaus fürtzene Leutgen unterschiedliche Wahren mit sich nehmen / und solche theils mit Käse / theils mit Leder /Vieh und andern Sachen verstechen. Es sollen sich aber weniger sechse kaum getrauen daselbsten hin und her zugehen. Unter diese gedachte Kauffmannschafft soll es sich einmal begeben haben / daß der Rübezahl sich in solchen kleinen Bergmann verwandelt / und einen heran nahenden Kauffmann angepacket habe / oder in selbigen Dorffe / auff gewöhnliche Manier Waare für Waare geboten. Nemlich / der Handelsmann hatte Strümpfe und Hüte gehabt / dafür hat der Rübezahl ihm eine ansehnliche Anzahl Schaaffs-Käse præsentiret; wie sie [67] denn auch ihres Kauffes darbey einig geworden seyn: und nimbt also der Rübezahl die Wahre zu sich / gehet hiemit davon. Der Kauffmann aber stecket seine Käse ein / und wandert auch hiemit davon; Aber wie dieser zu seiner Wohnungs-Stadt kömpt / und die Käse besichtiget / da siehet er / daß es lauter Käse förmichte / runde und dünne Schachteln gewesen seyn / in welchen ersten er nur Feldsteinigen und kleinen Sandgrieß angetroffen hat; Drüber er im Zorn ergrimmet / und alle Schachteln zum Haus hinaus geschüttet hat. Aber was geschiehet? Es schleppen sich die vorübergehende Kinder mit den gefundenen und auff den Mist geworffenen Schachteln; davon auch endlich eine des Handelmannes sein Töchterlein bekömpt / und ins Haus bringet: auch dem Vater und der Mutter solches Dingelein zur Verwunderung zeiget: Drüber soll der Vater gesprochen haben: Ey wirff das Ding weg es ist Augen-Verblendung / [68] und bin damit vom Gespenst betrogen worden. Die Mutter aber soll hingegen gesprochen haben: Ey lasset es doch von mir auffmachen / damit ich auch sehe was drinne steckt. Nach diesem Worten soll sie flugs / wider des Vaters willen das Schächtlein eröffnet haben / und fast eine Hand voll gediegen Goldes drinnen gefunden haben. Uber welches Gesichte und Geschichte sie sich sämbtlich verwundert / daß nemlich die eine Schachtel sich so ungefehr wieder angefunden / und seine Waare bezahlet gemacht habe. Haben hierbey weiter suchen lassen / ob auch in den übrigen Schachteln / so noch draussen im Miste gelegen seyn / etwas von Golde stehe /das sich der Mühe verlohnete: Aber da ist niemand mehr zu Hause gewesen / weil es der ungedultige Kauffmann vielleicht verschertzet hat; in deme er aus Ungebühr alle Schachteln mit fluchen und schelten wegeschüttet gehabt.

Rübezahl verkehret seine Handschrifft

[69] Rübezahl verkehret seine Handschrifft.

Ein unbillicher Wucherer brachte in ein bekanntes Städtgen ein Fuder Korn gefahren / welches er mitten auff dem Marckte zu kauffen stellete; Hiezu kam der Rübezahl gegangen / gab sich für einen Raths-Herrn aus / und handelte das Korn an sich / ließ es auch in sein Haus fahren / unn zahlete dem Verkäuffer etwas Geld drauff; vor das übrige wurden sie eins / daß der Raths Herr auff eine gewisse und benahmte Zeit zahlen wolte / mit einer verfertigten Handschrifft / die er überreichete / und in gegenwart noch anderer Personen vom Verkäuffer verlesen ließ / und mit nach Hause gab. Was geschicht? Wie die Zeit verlauffen war / da kömpt der Kornhändler mit seiner Handschrifft auffgezogen / und that Ansuchung wegen des gestundeten Geldes; Hierzu sprach der Raths Herr: Ja / was die [70] Handschrifft vermag / so ihr bey euch habet / leset sie wieder ab: Siehe da war die Sache gantz verkehrt / und kam dieses heraus / daß sich der Verkäuffer anmeldete / als were er dem Raths Herrn 40. Thaler schuldig / die er itzt zahlen müste / und gerne wolte. Hierüber erschrack der Geldgeitzige Wucherer / doch muste er / weil er sich mit seinen eigenen Wörtern geschlagen und gefangen hatte / die Zahlung leisten / sich gewonnen geben / und eine würckliche Busse thun / wegen seines Schindens und Schabens /so er an andere unnützigere außgeübet gehabt.

Rübezahl verkauffet Pater noster

Rübezahl verkauffet Pater noster.

Es ist weltkündig / wie die Catholischen sich mit ihren Schnüren allenthalben schleppen / darauff sie Corallen und auch wohl Edelgesteine gezogen haben /darauff mancher nach Vermögen gar viel spendiret. Dieses Ding hat [71] einmal der Rübezahl in acht genommen / und in einer Papistischen Stadt eine schöne Bude von allerhand Pater nostrischen Wahren auffgeschlagen: Davon er eine grosse Menge verkauffet und an den Mann gebracht hat. Aber wie die Messe aus gewesen / und der Jahrmarckt abgebrochen worden /da befindet es sich / da die verschacherten Pater noster, welche die reichsten Leute gehabt / und für kōstliche Corallen oder Edelgesteine an sich gebracht haben / nur eitel Schnüre von außgebrochenen Zähnen / Schnippkeulgen / Scherben / Würbel / geschnitzten Ruben / Zahlpfennige / alte Fingerhüte / durchgebohrete Bleykugel / durch gestochene Schaaffsaugen /stückgen Knochen / runden Knopffhälsgen / alten eisernen Ringen / verrostete Stücke von Schlüsseln /rundgebogenen Fensterbley / und andere Narrentheidungen mehr gewesen seyn / damit die Catholischē in ihrer Andacht gestoltziret haben; Aber nach befundenem [72] Betruge nicht so wohl ein Pater noster, als einDiabolus vester gefluchet haben.

Rübezahl siehet etliche betrüglich in die Hand

Rübezahl siehet etliche betrüglich in die Hand.

Nach dem es mit der Chiromantie so weit gekommen / daß sie nunmehr von allen Buben exerciret wird; so hat sich der Rübezahl auch endlich der Sache angemasset / hat ein Planeten-buch genommen / ist zu den Leuten in die Häuser gegangen / und hat ihn in die Hände gegucket / darbey er denn allerhand Schelmstücke mit vorgenommen / und unter andern etliche also geäffer hat. Nemlich / einem hat er aus der Hand wahrgesaget / er solle sich vorsehen / damit er nicht dermahleins vom Rübezahl verführet würde. Hierzu hat jener gesprochē: der Teuffel wird ihn ja nicht reiten / daß er auch über mich kommen wird. Nein /sagte der Rübezahl / er soll unter dich kommen / und dich also verführen. Und hiemit sackte er ihn auff [73] seinen Puckel / und führet ihn zum Hause hinaus / vor die Stadt auff eine Wiese. Einem andern hat er diesen Possen gethan: Nemlich / er soll ihm aus der Hand geweissaget haben / daß es bald geschehen würde /daß er dürffte betrogen werden. Hierzu hat jener gesagt: das wird der Hencker nicht wollen / sintemal ich mich fürsehen kan. Drauff antwortet der Rübezahl: das hilfft noch nichts zur Sache / du must auch hinter dich sehen; Und indeme schwanck er sich hinter ihm hin / hatte einen grossen Trog / legte ihn da hinein /und betrog ihn also redlich und eigendlich. Einem andern hat er solchen Schabernack gethan: Nemlich er hat ihm aus der Faust vorgeschwatzt / daß er bald würde vervortheilet werden. Darzu soll jener gesprochen haben: Ich will mich wohl in acht nehmen: Rübezahl aber hat repliciret: für deine böse Sieben (das ist / Fraue) wirstu dich kaum in acht nehmen / daß sie dich nicht vervortheilen [74] solte; Das ist / den Fördertheilwegnehmen. Einem andern hat er dieses aus den Händen fürgeschwatzet / daß es bald geschehen dürfft / wie man ihn bey der Nase herumb führe / oder ein Ding weis machte. Darzu hat jener gelachet / der Rübezahl aber kriegt den Narren bey der Nase / und führet ihn etliche mal im Haus herumb. Einem andern hat er solches verkündiget daß er bald werde geplündett werden: Da jener es aber verlachet hat / fasset der Rübezahl den Spötter an / und zerreiset seine Kleider in tausend Stückē / Lumpen / oder Plundern / und henget ihm den Beutel über den Kopff / sprechende: Nun bist du geplündert. Einem Niedersachsen soll er prophezeyet haben: Es wird dich einer bestehlen; wie es jener aber nicht hat gläuben wollen / da hat er etliche Stiele hervor gezogen / (welche man auff Niedersächsisch Stäle heist) und hat ihn wacker damit abgestielet oder gestälet. Einem andern hat er aus der Hand beygebracht / [75] das er bald werde beschissen werden: Wie jener es belachet / da hat er die Hosen vom Arse heruntergezogen / den Kerl niedergerissen / und einen grossen Hauffen auff den Buckel hingesetzt.

Rübezahl giebt sich für eine Hure aus

Rübezahl giebt sich für eine Hure aus.

An irgend einem Orte ist ein sehr geiler Hengst gewesen / welcher einer züchtigen Jungfer sehr nach gegangen ist / und nicht von sie hat ablassen wollen. Diese Rencke hat der Rübezahl ausgekundschaffet /und sich in die Gestalt der Jungfer hervor gethan / an den Ort gefüget / da jener Hurenschelm seine Liebste gesuchet hat / und mit dem Kerl die Sache abgeredet /und sich verglichen die folgende Nacht zusammen zukommen. Was geschicht? Wie der geile Schöps sich zu seiner Klunten ins Bette machet / da trifft er ein verfaultes Pferd an / das der Rübezahl vom Schind-Anger hingeführet hatte; in [76] solches fällt der Hurer hinein / und trifft noch weiter einen hauffen Schweine Igel drinnen an / welche ihn den Liebes-Kützel wacker gesaltzen und zuzauset haben / und die Venerische Lust gebüsset. Ey recht so! Also solte man allen Ganymeden und Sardanapalis thun.

Rübezahl zerschlägt einen Hauffen Töpffe

Rübezahl zerschlägt einen Hauffen Töpffe.

Im Anfange des Frühlings war ein Jahrmarckt in einer Schlesischen Stadt / darauff zog auch unter andern eine Töpffers Fraue mit einem gantzen Wagen voll Töpffe hin: Solche hörete unterwegens zum ersten mahl den Storch klappern: Da fieng sie an nach dem alten Aberglauben zu sagen: Ho / ho / ich wirde diß Jahr ein hauffon Töpffe machen. Solche hörete bald der Rübezahl / und sprang auff den Wagē loß / sagende: Nein / gutes Weib / du hast die Topffe schon gemacht / ich will sie itzund alle zubrechen: Damit [77] du ja / so du welche machen wilst / Anlaß habest umzukehren / und neue zu machen. Und in dem sprang er unter die Töpffe herumb wie ein unsinniges Pferd / schlug und zerschmettert sie alle mit einander / und ließ das Weib mit dem leeren Wägen davon fahren: welches denn nicht ohne heulen und schreyen geschahe / daß sie ihren Marck so elendiglich verschertzet hatte. Und also meinete das Weib / es were nunmehr mit ihre Kerms alles aus / und wünschte nur allein / daß sie den Kopff nicht verliere / weil sie so erbärmlich umb das Topffzeug gekommen were. In deme sie also jammer schlaget / da siehet sie vor sich vom Wagen herunter / und erblicket einen ziemlichen Beutel voll Geld / darüber sie wieder froh wird / und ihres vorigen Leides vergisset / weil sie ietzt mehr gewonnen /als vorher verlohren hat. Das heist Marckt gehalten auff dem Wege / und die zerbrochene Töpffe theurer loß geworden als die gantzen.

Rübezahl versteckt sich in einen Geldbeutel

[78] Rübezahl versteckt sich in einen Geldbeutel.

In vorigen Kriegsläufften / hatte ein Commissarius sehr viel Geld von den armen Leuten in einem Flecken extorqviret / und war nunmehr mit davon gegangen. Siehe da kömpt unterwegens dem Commissario in seinem Seckel ein Knaspeln und Raspeln an / welches ihm so angst und bange macht / daß er nicht weiß wo aus noch ein. Er kriegte seinen Seckel hervor / besichtigte ihn / und fand dennoch nichts mehr drinnen / als sein geraubtes Geld: Drauff strecket er den Beutel wieder zu sich. Wie dieses kaum geschehen: siehe da fängt es auff die vorige Manier wiederumb an zu rasen / und den Geldgurgel zu ängsten / daß er den Sack wieder hervor kriegt / und solches nach einander etzliche mahl: Wie er ihn denn auch so vielmahl wiederumb zu sich steckete: Biß das er endlich gezwungē ward ihn [79] von sich zu werffen. Wie dieses geschehen /da brachte der Rübezahl den ergriffenen Beutel wiederumb zu den armen Leuten / und erfreuet sich hiermit auffs allerbeste.

Rübezahl verwandelt sich in einen grossen Hecht

Rübezahl verwandelt sich in einen grossen Hecht.

Der Herr des Gebürges hatte einsmahls einen Teich droben fischen lassen / und unter andern herausgezogenen Fischen einen sehr grossen Hecht ins Netz bekommen / ja in solcher Länge und Dicke / daß er sein Lebelang keinen dergleichen gesehen hatte. Und weil er also gar war / darumb wolte er ihn nicht alleine behalten / sondern ließ solchen Hecht einem Freyherrn des Landes zum sonderlichen præsent verehren / in ein groß Gefässe legen / und also durch eine geringe Gesandschafft übergeben. Was geschicht? Wie dasPræsent ankömpt / und jener Herr ihme den Hecht will vortragen lassen / siehe / da lieget der [80] leibhaffte Rübezahl darinnen / richtet sich empor / und kucket heraus / sprechende: Bonus dies ihr Herren / wie gefällt euch dieser Hecht? Und hiemit verschwand er vor ihren Augen; Und war auch zugleich der Hecht hiemit verzehrt.

Rübezahl verwandelt sich in einen Wolff

Rübezahl verwandelt sich in einen Wolff.

Wie vorweilen in einer Gegend am Gebürge eine Wolffs Jagt angestellet ward / da werden die Leute unter andern einen sehr grossen Wolff gewahr / dem stellten sie auch fürnehmlich nach / und wandten allen Fleiß darauff / damit sie das grausame Unthier vor andern fällen möchten; und in deme läst sich der Lycaon treffen / und gleichsam darnieder schiessen. Nach diesem kriegten sie solchen Wolff nebenst andern auff den Wagen / fahren ihn davon / und vermeinen eine grosse Beute dran zuhaben; Aber wie sie das Aaß kaum auff einen Hof gebracht / da sehen sie / wie es[81] kein Wolff mehr gewesen / sondern eine Gestalt desSatyri, oder ein halber Mensch / und halber Ziegenbock. Hierüber wird der Fuhrmann bestürtzet / und berichtet es seinen Oberherren / der ebenmässig Beliebung bekömpt / das Wild zuschauen; Aber da war es miteinander verschwunden / und nicht mehr da.

Rübezahl steckt in einer Feder

Rübezahl steckt in einer Feder.

Es wolte auff ein andermal ein vornehmer Mann seinen Beleidiger in Schreiben greulich außmachen / und setzte derowegen die Feder an / und hatte grausame Worte vor auffs Papier zu verzeichnen; Aber solches gelung ihm nicht / in deme die Feder weit andere Buchstaben mahletee als er sie anführete; Nemlich /er schrieb immer fort: Hör du guter Mensch: Ich bin ein Hahnrey / du bist ein ehrlicher Mann: Ich bin ein Schelm / mein Frau ist [82] eine Hure: Du bist ein auffrichtiger Kerl; Und mit solchen Wörtern brachte er unwissend den gantzen Brieff zu / da er doch vermeinte / er hätte ihn weit anders gestellet / und seinem Feinde dichte gegeben. Ey / ey / eine hüpsche Sache: Würde es noch heutiges Tages also zugehen / und der Rübezahl in wehrer Leute Federn sitzen / vielleicht würden die meisten Brieffe auff einerley Weise stillisiret / und schlechte Verenderung in der Phrasiologia gebrauchet. Ich meine / es würde mehrentheils auff Hahnereystäten hinaus lauffen: Doch würde noch eins dabey zu betrachten seyn / daß man die Siegel nothwendig ins Horn müste graben lassen / und kein ander Metall nach diesem mehr gebrauchen: Es sey denn /daß das Hahnereyische Seculum bald aus werde. Und auff diesen Schlag könnten die Hörner stattlich genutzet werden / man könte nemlich auch die alte Manier zugleich hervor suchen / aus den Hörnern zu [83] trincken / da ein Hahnrey dem andern würde bescheiden thun; Man könte den Gänsen die Federn lassen / damit sie desto höher fliegen lerneten / und endlich mit desGonsali Schwänen in den Mond zufliegen gewohnten / hingegen könte man sich der Hörner gebrauchen /Schreibfedern davon zu schneiden. Solte einer aber zweiffeln / wo man die Hörner hernehmen wolte /weil nicht Ochsen gnug darzu in der Welt seyn möchten / und ein iedweder Hahnrey seine eigene derenthalben herunter müste sägen lassen: So riethe ich /daß man den Depositorem abschaffte / welcher den Knaben in der Jugend die besten Hörner vermutzet /und sie schwerlich zum Wachsthum gerathen lässet. Würde nun ein ieglicher auch die Hörner so man aus Mutterleibe bringet / behalten / so könte ein ieder zweyerley Hörner haben / und könte gar wohl ein paar zur Nothdurfft im reiffen Alter entbehren / und hingegen das beste paar der Hahnreyschafft [84] behalten. Weiter könten die Cantores auch den Clavem damit angeben. Und endlich dürffte das Ding auch so gar unehrlich nicht seyn / denn es kömmt mir nicht anders vor /als wie Horn von Honor komme. Hahnrey lautet fast wie Honori: Also / daß einer nur wünschen möchte /in die kützlichte Ehre hinein zukommen: Und solches zwar viel rathsamer / als der Isaacus Peyrerius wünschet in die Freundschafft der Jüden zu seyn / umb ihre künfftige Erlösung mit zu erwarten: Die wir Gott lob ohne das richtig haben / die Schelmischen Jüden aber schwerlich erwarten dürffen.

Rübezahl läst sich enthaupten für einen andern

Rübezahl läst sich enthaupten für einen andern.

Es hatte vor etlichen Jahren der Rath in einer Stadt einen unschuldigen setzen lassen / martern / und gar zu Enthauptung verdammen. Uber diesen hat sich Rübezahl erbarmet / ist [85] zu ihm ins Gefängnüß hinein gekommen / und die Sache so weit gebracht / daß er die verhaffteten erlöset / oder heimlich heraus partiret / Er aber selber sich für ihm substituiret hat: Da denn der Geist in jenes Gestalt so lange gesessen / bis der Gerichts-Tag heran gebrochen / da er den Kopff hat sollen herhalten: Wie es denn auch geschehen / daß er auff die Wahlstätte hingeführet worden / daselbsten nieder gekniet / und den Kopff vor die Füsse hat hinschlagen lassen: Doch nicht rechtmässig / sondern durch eine Augen Verblendung hat der Rübezahl einen Kletsch verlassen / davon ein Krauthäupt ist herunter gefallen / oder durch das Henckers Schwerd herunter zerissen worden.

Rübezahl verrehret einem ein Zauber-Buch

Rübezahl verrehret einem ein Zauber-Buch.

Es soll an einem gewissen Orte ein curioser und abergläubiger Mensch [86] gewesen seyn / der nicht mehr gewünschet / als daß er nur ein solches Buch haben möchte / daraus er sich unsichtbar machen / zaubern und allerhand unnatürliche Wercke verrichten könte. Zu diesem schleicht der Rübezahl hin / und bietet als ein Necromanticus dem unartigen Kerl ein sonderliches Büchlein feil / daraus er alle Wunder erlernen /und ins Werck setzen könte: Was geschicht? Jener preist sich glückselig / daß er dermal eines seines Wunsches theilhafftig wird / und behält das Buch für eine ziemliche Summa Geldes; damit der Rübezahl davon gehet / und den Narren in seinem Wahn verlässet. Kaum wie der Geist etwa ein wenig entrunnen gewesen / da will der Teuffelsbanner ein Versuch thun /wil das Buch auffschlagen / und ein beliebtes Stückgen hervor suchen: Da befindet er / daß solches Büchlein nur ein Bündgen Blätter von den Bäumen gewesen / welche fast darnach geschnitten / außgesehen /[87] daß sie einem Buche ähnlich gescheinet haben / und nichts in sich gehalten / als was sie von Natur für Striemen haben.

Rübezahl streuet Geld aus

Rübezahl streuet Geld aus.

Vor drey Jahren sind drey Schmiedesknechte aus Böhmen in Schlesien gezogen: Denen ist auff dem Gebürge dieses wiederfahren: Nemlich / wie sie also fort gegangen / und ungefehr für sich nieder schauen /da sahen sie bald Groschen / bald Ducaten / bald andere Müntze liegen: Wie offt sie aber darnach greiffen / so offt bekommen sie einen Scherben / oder sonsten ein rundes dünnes Steinigen in die Finger: Biß daß es zweüen unter ihnen endlich verdreust / und sich nicht ferner bücken mehr wollen / sondern das verblendete Thun mit Fleiß vorbey gehen. Dieses aber will der dritte nicht nachamen / sondern so offte es seinen Augen wie ein Stücke Geld vorgekommen / so offte[88] hat er ohne Unterlaß darnach gegriffen / und vor die lange weile zu sich gestackt / biß er endlich den Schübesack davon erfüllet / und sich über den gesamleten Grieß oder Steinewerck wacker von seinen Campanen hat außhönen lassen. Doch hat es endlich mit ihm geheissen: In fine videbitur cujus doni: Denn wie er nunmehr zur Herberge gekommen / und von seinen Reisegefehrden ist angeredet worden / daß er doch seinen Schatz auffweisen möchte / den er unterwegens erworben; siehe / da zeucht er unverdrossen abermal und fast allemal ein dünnes Steinigen heraus / wie er solchen vorher zu sich gestecket hat; Aber zu letzte finden sich nicht wenige grosse Stücke gediegen Goldes: Damit er seine gehabte Mühe wacker bezahlet bekommen / und welches des erlittenen außlachens sich stattelich verlohnet hat: Wiewohl die Mitgesellen / aus Abgunst / geschleinde [89] ihr lachen eingestellet /daß der glückhaffte itzund erstlich bey sich hervor /suchete / und einen gewünschten Wechsel traff; das heisset: perfer & obdura scrupus tibi proderit olim.

Rübezahl gräbet Rüben

Rübezahl gräbet Rüben.

Es hat mir ein alter Fuhrmann aus Schlesien für warhafftig beygebracht / daß er vor 10. Jahren über das Gebürge haben gehen müssen; da ihm unterwegens ein grosser Durst angekommen / aber nicht gewust /wie er denselbigen stillen solte. In dem er also ziemlich matt gewesen / da siehet er nicht weit von der Strassen einen Mann Feldrüben graben: Zu solchem war er hingangen / und hatte umb ein paar dergleichen Rüben fleissig gebeten / die ihm auch nicht waren versaget worden / sondern bald gegeben. Wie nunmehr der Fuhrmann sie habhafft gewesen / und sie auch fein safftig befunden; da hat er sein Messer außgezogen / eine davon geschelet / und [90] gantz auffgegessen / wie groß sie auch gewesen: Die andern hat er bey sich verwahret gehalten / biß auff weiter Bescheid. Und in dem geschihet es / daß er in ein Wirtshaus unter dem Gebürge einkehret / da er die ander Rübe beym Kopff zu kriegen willens war. Siehe da zeucht er keine rechte Rübe mehr hervor / sondern in Gestalt einer Rüben ein grosses Stück Bergwerck /welches mehrentheils klar Gold gewesen. Das lasse mir einen reichen Rübezahl seyn / der lauter Geld zur Verehrung giebet / denen die nicht arglistig / sondern freundlich mit ihm umbgehen!

Rübezahl pfluget

Rübezahl pfluget.

Es gedachte ebenmässig der vorige Fuhrmann / daß er gehöret hätte / wie andere Leute über das Riesengebürge gefahren weren / und droben einen Bauersmann hätten pflugen gesehen mit drey Ochsen / also / daß die Pflugschar sehr tieff ins Erdreich gegangen / darüber [91] sich die Leute sehr verwundert hätten / weil es Felsen gewesen. In dem sie nun also bestürtzt / die neue Art zu pflügen zugesehen; da soll der Ackersmann / oder der verstellete Rübezahl etliche Steinigen nach einander mit seinem Stocher auff die Leute zugeworffen haben / biß sie endlich das gucken nachgelassen / und ihres Weges fort gefahren waren. Als diese Leute nun endlich nach Hause gekommen / und ihre Sachen herunter reimen / da finden sie unter dem Stroh im Wagen-Korbe viel güldene Schlacken / darüber sie sich höchlich verwundern / und nunmehr aus Geitz / aber vergeblich wünschen / daß sie dem pflügenden Rübezahl länger hätten mögen zusehen / und also reicher geworden weren. Siehe was der Geitz nicht thut? In deme sie also ohne Nachsinnen wünschen / da verschwindet das meiste unter ihren Händen / und behalten kaum ein wenig zur Nachricht und Auffweisung.

Rübezahl hacket

[92] Rübezahl hacket.

Noch eben dieser Fuhrmann erzehldt mir / daß er weiter von andern erlernet hätte / wie sie auch auff dem Gebürge gewesen weren / und am Wege einen Bergmann gesehen hätten / der continuirlich gehacket hätte: Doch hätte sich noch dieses zur Verwunderung mit zugetragen / daß er immer gleichsam bey sie geblieben were / ie geschwinder sie auch darauff gefahren hätten / biß sie fast zu Ende gelanget / da er aus ihren Augen sich verlohren hat. Warumb / und zu was Ende hat denn der Geist wol dieses gethan: Vielleicht hat er den Virgilium wollen correctioniren / wenn er saget:


Provehimur portu, terraqve urbesqve recedunt.

Rübezahl schläget den Ball

Rübezahl schläget den Ball.

Noch eben der vorige Kutschmann [93] berichtet mir / wie vor zehen Jahren sein Sohn nebenst andern Knaben aus Fürwitz auff dieses Gebürge gegangen weren / in Willens habende / droben ein wenig mit dem Ball zu spielen. Wie sie in den Gedancken fort gehen / und nunmehr hinauff gewesen; da treffen sie eine andere Parthey eben mit dem Balle spilender Knaben an: Diese allbereits im Werck begriffende ruffrn den vorigen zu / daß sie mit anstehen solten / und sich unter sie theilen / damit die Versamlung dlsto grösser würde. Hierauff lassen sich die Ankömlinge belieben / und spielen mit / und treiben diese Kurtzweil bey drey Stundenlang / da sie Begierde kriegen wiederumb nach Hause zu eilen. Immittelst sprechen die andern / sie sollen doch noch ein wenig verziehen / sie wollen itzt umb ein paar Bälle spielen / vielleicht könten sie solche gewinnen. Was geschicht! das Spiel gehet wieder an / jene verlieren / und diese bringen die beyden Bälle davon / welche [94] sie zu sich stecken /von den übrigen und verbleibenden Abschied nehmen / und mit davon nach Hause wandern. Wie solches geschehen / da berühmen sie sich gegen ander Mitschüler / wie sie auff dem Gebürge gewesen weren /und ein paar hüpsche Balle gewonnen hätten. Drauff ziehen sie solche herauß / und befinden / daß es klar Gold gewesen.

Rübezahl spielet mit Knippkäulgen

Rübezahl spielet mit Knippkäulgen.

Noch eben der vorige Kutzscher schwatzte hierauff /daß von dem gedachten Knaben andere weren angereitzet worden / ebenfalls ihr Heyl zuversuchen / und zu zusehen / ob sie auch was gewinnen könten. Hierauff waren sie nicht minder auff selbiges Gebürge gegangen / und hätten Schnippkäulgen zu sich gestecket. Wie sie nunmehr hinauff gerathen / da war ihnen desselbigen gleichen eine andere Rotte erschienen / so auch mit den Schnippkäulgen zu thun [95] gehabt. Zu solchen / wie sie begehret werden / machen sich die Ankommende ohne Hindernüsse hin / setzen ihre Kügelein zu / und gewinnen anfänglich eine grosse Anzahl damit: Hiemit aber waren sie noch nicht vergnüget gewesen / sondern hatten gedacht / es würde sich wol noch was bessers finden / daß sie bespickter davon gehen könten. Unterdessen were es aber geschehen /daß sie wieder verlohren hätten / und nur bey der Anzahl geblieben wären / so sie hinauff gebracht hätten /womit sie auch waren gezwungen worden / herunter zugehen / weil die Zeit verlauffen / und es schier zum Abend sich angelassen. Wie sie nun zu den ihrigen wiederumb gerathen waren / fanzen sie ihr Unglück unwissend an zu beklagen / und jene vorzuziehen /daß sie vor diesen lustig prosperiret hätten / sie aber ietzund nicht ein Dreck gewonnen hätten. Auff diese Wörter begehren jene zu sehen / was sie denn hinauff und herunter gebracht; Da zeucht ein ieder [96] seine vermeinete Zahl der Schnippkäulgen herfür / und zeiget sie auff Begehren; Aber kaum hatten sie die Faust aus dem Schiebesack bekommen / da befinden sie / daß es eitel Goldknöpffe gewesen / und auff diesen Schlag weit mehr gewonnen hatten als die vorigen.

Rübezahl bettelt

Rübezahl bettelt.

Ein bekandter Schlesischer Bote verständigte mir /daß vor eilff Jahren ein Freyherr über das Gebürge gereiset were; da es sich denn unterwegens begeben hette / daß ein lumpichter Bettler an dieses Herrens Wagen gelauffen / und umb einen geringen Zehrpfenning angehalten hette. Es soll aber zu diesem der Herr gesaget haben: packe dich / bistu doch starck genug /gehe und thue guts / und arbeite den Leuten umbs Lohn! da hat der bettelhafftige Rübezahl angehoben: Begehre ich es doch nicht umbsonst / lieber Herr / das er mir armen Kerl etwas mittheilet: Allhier habe ich bey mir einen Sack [97] voll schönes weisses Streusandes /so ich irgendswo geholet habe: Nehmet solchen von meiner Hand an / und gebet mir doch nur so viel / als ihr selber freywillig wollet. Durch dieses præsent soll sich der Freyherr haben bewegen lassen / und dem Geldsichtigen Kerl einen Reichsthaler für den Sandsack darausgeworffen haben. Was geschicht? Wie der Herr nach seiner Heymaht kömpt: offeriret er aus kurtzweil seiner Liebsten das überkommene Säckelein / sprechende: Hie bring ich einen Sack voll Ducaten mit. Darüber sie gelachet und den Sack eröffnet hat /auch befunden / daß wie ihr Herre aus Possen gesaget / lauter Gold drinnen gewesen. Lasset mir deß einen Tausch seyn / ein tausend Ducaten umb einen Thaler zu kauffen.

Rübezahl fällt in eine Grube

Rübezahl fällt in eine Grube.

Eben dieser Bote referirete mir / wie etliche Handwercks-Gesellen des [98] Ortes gereiset wären; Da sollen sie ungefehr einen andern Mann abweges nicht weit von sich gehen gesehen haben / welcher schleunig für ihren Augen in eine tieffe Grube gefallen / drinnen er unerhört sehr geschryen / gewinselt und umb Hülffe geruffen hätte. Hierzu waren die gedachten Handwercksgesellen hingelauffen / und hätten das Elende was genauer betrachtet / da sie in Anwesenheit von dem gefallenen gebeten worden / ihn herauß zu ziehen / und eine Belohnung davon zu tragen. Was geschicht? Die Bursche lassen sich nicht faul finden /helffen und machen es so gut als sie immer können /daß sie den versunckenen Mann heraus bekommen: Wie es geschehen / da verehret er einem iedweden für die geleistete Treue / eine Sandbüchse / und gehet einen andern Weg: Wie denn auch die Handwercker ihre Strasse nachgefolget seyn. In dem sie nun aber das Geschencke in den Fäusten gehabt / und es für unnützlich [99] erkandt / da haben etliche es für allen Kuckuck weggeworffen; Ihrer zweene sind nur so gescheut gewesen / daß sie die empfangene Büchse auffgehoben haben / welche sie auch ihr lebenlang zu geniessen gehabt: Sintemahl sie befunden haben / daß lauter Goldkörner herausgefallen seyn / wenn sie dran geschüttelt / und damit gestreuet haben. Lasset mir diß pixidem pandoræ seyn?

Rübezahl schläfft

Rübezahl schläfft.

Noch dieser Bote brachte mir bey / daß er selber auff dem Gebürge seine Reise gehabt / und am Wege einen schwartzen Mann mit einer unerhörte lange Nasen hette schlaffend liegen gefunden; bey welchem sehr viel Gold auffallen Seiten gelegen gewesen. Und wiewol er der Sache war begierig gewesen / so hette er dennoch sich nicht umb alle die Wunder unterstehen wollen / dem schlaffenden etwas zu entfernen; Sintemal er das gebratens gemercket / [100] und sich des gegenwertigen Rübezahls flugs besorget hat. Derowegen (sagete er) were er fort gegangen / und hette sich nicht weiter darnach umbgesehen; Biß daß es endlich drüber geschehen / daß er in eine Herberge eingekehret; da er die Schue ausgezogen / indem er sich hat wollen schlaffen legen / und unter solchen zwey Ducaten kleben gefunden hat / die er dem Rübezahl zu Dancke auffgehoben / wie er sie ihme vorher auffgehoben / und an die Schusohlen behalten und befestiget gehabt.

Rübezahl gastiret Leute

Rübezahl gastiret Leute.

Es hat mir der Breßlauer Bote erzehlet / daß einsmahls unterschiedliche vornehme frembde Herren über das Gebürge gereiset wären / und endlich Verlangen zur Herberge getragen hätten / indeme es übel Wetter gewesen / und sie auch einen Labsal von Nöthen gehabt hätten. Hierüber soll es sich begeben[101] haben / daß sie in der nähe ein herrliches palatium erblicket hätten / darnach sie hingefahren / und eingekehret wären. Es hat aber der verstellete Rübezahl als ein. Gastgeber sich gegen die hieran nahenden Herren sehr dienstfertig und geschäfftig erzeiget / hat durch eine Köchin und etliche Knechte schöne Essen lassen aufftragen / und köstliches Geträncke hervorgebracht. Weiter hat er es auch nicht ermangeln lassen an kostbaremm Nachtisch oder Confect / Aepffeln / Birn /Mandelkern / Rosinen / etc. von diesem allen haben die hungerigen Gäste sehr viel zu sich genommen /theils das sie in ihren Panschen verschlucket / theils das sie auch in ihren Rantzen bey sich gestecket hatten / biß auff weitern Bescheid; Da sie denn endlich nach verrichteter Mahlzeit und Abfütterung danckbarlich Abschied genommen / und ihres bevorstehenden Weges fortgezogen seyn / biß sie abermahl gegen den Abend in ein neu [102] Wirthshaus eingekehret / und das Nachtlager gehalten haben. Alhier gedencken sie an ihre mitgenommene kalte Küche / und andern köstlichen erkaufften Victualien, lassen ihre Freßsäcke oder Speisekästlein herfür bringen / und auffmachen / da befinden sie / daß es lauter gülden Metall gewesen /wofür ihrer etliche lieber ein Stücke vom gebratenen Westphalischen Osterlamb / das ist / vom Polnischen Ochsen gewünscht hätten / für ihren hungrigen Magen. Und ginge also ihnen / doch wieder begehren / wie dem Midæ, welchem alle angerührte Speisen zu Golde worden seyn / biß er sein præposterum votum, wie etliche sagen / in dem Tago oder Eridano; oder wie ich vermeine / auf dem Schlesischen Gebürge / in ihren Wasserqvellen abgespület hat / daraus der Rübezahl heutiges Tages das seine vielleicht nimbt / und andern zuschantzet.

Rübezahl lecket einen in dem Hindern

[103] Rübezahl lecket einen in dem Hindern.

Eben der vorige Bote / welcher Anxurus war / und nunmehr erschlagen ist / erwehnte bey mir vor diesem / daß ein grober Geselle über das Riesengebürge gegangen were; Zu welchen sich der Rübezahl in gleicher Gestalt gefunden / und eine Ecke mit ihm gereiset hat / da sie denn unterwegens allerhand grobe discurs geführet / biß daß der unerkannte Rübezahl endlich dem andern etwas unangenehmliches gesaget /drüber jener erbosset / und den Beleidiger ihn hat schmücken / oder den Arsch heissen lecken. Wie er diese Wörter kaum gesaget / siehe / da soll der Rübezahl angfangen haben: Halt her Ochse (denn also hatten sich unter sich complementiret, und aus dem Grobiano sich respectiret,) hastu was gutes drinne! Und hiemit soll er ihm die Hosen in [104] tausend Stücken zurissen haben / damit er zu den Postprædicamenten gekommen / und das schandlose Augiæ stabulumpurgiren könte. Alleine / wie er die Mistgabel angesetzet /und das Pilatus-Hauß hat räumen wollen / da sol jener Esel weit ärger geschrien haben / als wenn die Katze vom Kater gehoffmeistert und auff Venerische Art gepantzerfeget wird. Biß der nothleidende endlich zugesaget / er wolle sein lebenlang von ihme (dem Rübezahle) seiner unterste Feuermäur nicht mehr fegen /oder guttur inferius auskratzen lassen: Siehe / das heist:


Mi Rübzahl vates tu mihi lambe nates.

Rübezahl verkauffet Bürsten

Rübezahl verkauffet Bürsten.

Noch dieser vorige Bote sagte mir / daß auff einem Jahrmarckte in Böhmen ein sonderlicher Bürstenmacher [105] gekommen were / der aus der Massen schöne Waare gehabt / und auch guten Abgang bekommen: Aber alle / so ihme abgekaufft hätten / weren hernach inne geworden / daß ihre Bürsten entweder lauter Schwein-Igelsstachel / oder spitzige Hechelszähne und Zaucken gewesen weren / damit sie den Kopff gekratzet hätten / daß das Blut darnach gegangen were /und die Haut mit samt den Läusen hinweg gekommen. Das heist gekämmet / und seinen Kopff wacker geputzt; Aber der Teuffel lohne dem Balbier.

Rübezahl stellet sich wie er kranck were

Rübezahl stellet sich wie er kranck were.

Eben der vorgedachte Bote / (denn an solchen Kerln muß ich mich allhier als ein heutiger Historicus halten /) referirete mir / wie ein Wund-artzt des bewusten Ortes gereiset / und einen krancken Menschen unterwegens angetroffen hette / welcher ihn erbärmlicher [106] weise nach Hülffe hatte angeschryen / und seine unpäßlichkeit weinend geklaget gehabt. Hierüber hat sich der Medicus erbarmet / ist zum Patienten hingelauffen / und hat ihm etliche mit sich genommene Remedia überreichet / die der kranckgestellete Rübezahl auff- und angenommen / und zu allen Danck erkandt hat. Damit er aber dem Artzte auch seine Wolgewogenheit würcklich entdeckete / so hat er sich gestellt /als wolte er wol von Hertzen gern für die erzeigete Gutthat sich danckbarlich erzeigen / aber es fehle ihm leider das Vermögen: Doch dennoch aber / damit er so viel verehrete / als er hette / so wolte er ihme hiemit ein gefunden Messer und Gabel geben / so er vor diesem irgendswo auff dem Wege angetroffen. Dieses hat der Medicus zu sich genommen / und / damit er ihn nicht verschmehete / freundlich acceptirte / und davon gewandert; biß er endlich zum Wirthshauß gerathen / da er eingekehret / offen [107] begehret / und in lachendem Muthe hierzu sein verehrtes Messer heraus gezogen: welches ietzund nicht mehr Stahl und am Handgriffe beinern gewesen / sondern gantz Gülden und mit Edelgesteinen besetzt ist angetroffen worden. Sehet solches culter muß ein cultor Medicinæ haben /wenn er es mit seinen Patienten machet / daß es zu leiden ist / oder solcher vielmehr nichts leiden darff.

Rübezahl verwechselt den Confect

Rübezahl verwechselt den Confect.

Es soll in einer vornehmen Collation geschehen seyn / daß der Herr des Schmausses sehr viele und köstliche Bellaria oder Confect verschafft hat / seinen Gästen hiemit gütig und prächtig zu begegnen; Hierüber aber hat der Henger den Rübezahl geführet / der alerhand artige Steine gesamlet / die dem Confecte ähnlich gesehen: Solche hat er dafür hingeleget / und jene Schleckerbißlein [108] zu sich genommen; drüber denn die Gäste / wie ihnen dis Scrupulosische Werk fürgesetzet worden / fast die Zähne ausgebissen haben; Nebenst höfflicher Verwunderung / woher doch diese Verwandelung kommen möchte / daß aus Mandeln /Rosinen etc. Steinigen geworden / und Niobeische Art gewonnen. Etliche haben vermeinet / es were des Wirthes Hartnäckigkeit und Kargheit schuld daran: Ut ubi, secundum Plautum, prius ex pumice elicias aqvam; qvam extali luctione Triparco delicias. Etliche meineten / es wäre die Langwierigkeit der Zeit Ursache / drinnen der Confect steinichte Art bekommen hätte: Und dannenhero man warnungsweise saget: Friß es / ehe es hart wird: Wiewol es mancher verkehrt / und aus Eyfer spricht: friß / daß du hart und schwartz wirst; umb welche letzte Ursache dennoch etzliche andere anwesenden vermeineten / daß solches Confect / zum defect geworden were. Noch andere gedachten / [109] es müsse der Confect sich trefflich sehr gehermet haben / daß er sich solte zum Gestanck lassen machen / und in Secret verstecken; dannenhero es denn geschehen were / daß es auch Kummer und Jammer in einen Stein gegrausset hätte / wie vor diesenNiobe gethan. Etliche andere haben gemuthmasset /es müste der Confect aus Italien gekommen seyn /dabey einer Stadt gleichförmichte Steinlein angetroffen werden; welche dannenhero benahmet werdenconfetto di voli.

Rübezahl kauffet Hopffen

Rübezahl kauffet Hopffen.

Es soll vor Jahren ein Hopffenkäuffer / oder Verkäuffer über das Gebürge mit seinem Karn gezogen seyn /da ihme der Rübezahl begegnet / den Höpffen gefeilschet / und den Mann hat mit sich fahren heissen. In dem nun der Handel geschlossen / stellt dem Verkäuffer allsobald ein / daß es der Geist und Beherscher des Gebürges seyn würde; darumb [110] stellete er sich desto williger / fuhr gern mit / und setzte es gäntzlich in des Rübezahls Beliebung / was er ihm für den gelieferten Hopffen geben würde. Wie nun also die Wahre abgetragen / da sagte der Rübezahl: weil du so willig gewesen / so solstu zur Danckbarkeit diese Belohnung empfangen. Hieauff gab er ihme einen Zaum / daran /wie es damals schiene / ein eisernes Maulgebiß; Solchen nahm der Hopffenmann auff / und bedanckte sich gar sehr für dasselbige Geschencke / gedenckende: es wird wol besser werden; Und in deme scheiden sie beyde von einander / und fuhr der Mann seine Wege. Wie er eine Ecke fürüber gerathen / da beschauete er seinen Zaum mit Verwunderung und guter Hoffnung / ob er vielleichte möchte zu Golde geworden seyn: Aber er war noch wie vor / ledern und eysern / welches den geitzigen Manne wunder nam /sein Glück betauerte / seinen Hopffen verlustig schätzte / und sich betrogen [111] hielte: Da er meinete / es wäre nümehr Hopffen / Maltz und alles verlohren; welches er so offte gedachte / als er den Zaum aus seinen Schiebesacke mit besserer Hoffnung vergeblich hervor zoge: Biß er endlich aus Verdruß bewogen ward / und den Zaum für allen kuckuck über den Wagen warff / und also betrübt nach Hause fuhr /ohne Hopffen und ferner hoffen. Aber siehe / was geschiehet? Wie er sein Pferd ausgespannet / und den Karn unter das Dach schieben wolte / da siehet er den vorigen Zaum an das Hintergestelle des Wagens gar nehrlich hangen / und schauet daß das vorige Eisen numehr lauter Silber gewesen / welches leichte drey ja viermal so viel gegolten / als sein verlustig geschätzter Hopffen wehrt gewesen. Da ward er wieder Muths / und sprach: Tandem bona causa triumphat.

Rübezahl vertauschet Kugeln und Schrot

[112] Rübezahl vertauschet Kugeln und Schrot.

Ich habe es selber von einem Schützen gehöret / daß er einsmals auff dem Gebürge das Wild verfolget /und sonderlich habe Hasen schiessen wollen: Da were zu ihm ein ander Jäger (welches der Rübezahl gewesen /) sein vermeineter Tuts-Bruder gekommen / und hätte ihn gebeten / er wolle ihm doch ein wenig Schrot und etliche Kugeln leihen / weil an einem Orte etliche Hirsche vermercket / die er damit nieder schiessen könte: Es solte nicht lange wären / so wolte er ihm das abgeborgete wieder zustellen. Was geschicht? jener hat das begehrete diesem heischenden zu kommen lassen; damit solcher auch davon gegangen / und umb eine kleine Zeit wiederumb gekommen / und nach Versprechung die gemachete Schult bezahlet hat. Wie diese Pflicht der ander empfangen / und wieder zu sich gestecket / das [113] befindet er den andern Tag / daß es lauter gediegen Gold gewesen / welches er für seine bleyerne Kugeln gekrieget. Lasset mir diß eine permutatio Glauci & Cambysis seyn.

Rübezahl schläget etliche Soldaten zu Boden

Rübezahl schläget etliche Soldaten zu Boden.

Es erzehlet mir ein ander Schlesischer Both / daß es sich gleichfals im 30. Jährigen gewesenen teutschen letzten Kriege begeben hette / daß ihrer 7. Reuter von den Käyserlichen Völckern aus Friedeberg geritten /und auff das benachbarte Gebürge zu mausen ausgemarschieret wären; Da sie denn einen Mann in einer Kaleschen ersehen / dafür drey Pferde weren gespannet gewesen; Zu solchem sollen sie in vollem Sporenstreiche hingetrabet seyn / und den Mann angefallen haben / in Willens ihn zu plündern; Was geschicht? Sie zerren den Mann zum Wagen heraus / welcher denn trefflich bittet / sie sollen [114] ihn doch passiren lassen / er were ein guter armer Kerles / und hätte sonsten nicht so gar sehr viel übrig; Aber es hatten alle diese bewegliche Wörter keine statt gefunden / sondern waren schlechter Dinges fortgefahren / ihn zu berauben: Drüber ergreiffet der Mann (nemlich der Rübezahl) einen von den Reutern / und schläget die übrigen greuliches Dings damit ab / daß sie verwundet hatten müssen davon reiten; Da es denn geschehen /daß sie wiederumb in Friedeberg in ihr Qvartier gerathen / und zweene ihrer Cammeraden vermisset haben / da sie nicht gewust / wo sie geblieben seyn / und nach diesem auch gar keinen Nachricht davon erhalten haben. Das heisset gemauset / und zweene verhauset / denen Rübezahl die Kolbe gelauset / und auff seiner Clausen gewisse mit den andern Hengern verschmauset hat. So muß man auff Parthey gehen und gescharmiesieret / da eine Parthey oder Theil sich verlieret / die andere wacker [115] wird abgeschmieret / welche der Rübezahl erbärmlich zieret / und hüpsch scharff schieret. Doch gnug.

Rübezahl haselieret

Rübezahl haselieret.

Unter andern nachfolgenden Sachen habe ich dieses auch von einer gelahrten Person zugeschickt und zugeschrieben bekommen / den 27. Febr. Anno 1662. Nemlich / daß sich der Rübezahl in unterschiedlicher Gestalt sehen lasse / und sich auch zuweilen als ein Hase mit dreyen Beinen schauen lasse: Wie denn er auff diese Weise unlängst für etlichen reisenden in die qver und die länge über den Weg gesprungen; Hetten solche Wandersleute nun dieses Geistes in bösen gedencken sollen. Ey was würden sie für ein Unglücke gehabt haben / nach dem Sprichworte: es ist nicht gut / wenn einem ein Hase über den Weg läufft! ich geschweige ein dreybeiniger Hase / wie sich allhier der Rübezahl gestellet / und kunterbunde [116] Sprünge gnug mag verrichtet haben; Also / daß sie leichtlich / so ferne sie nicht besser gescheid gewesen weren / sich hetten dürffen hönisch zureden veranleiten lassen. Doch gnug.

Rübezahl ist ein verfluchter Schusters Sohn

Rübezahl ist ein verfluchter Schusters Sohn.

Eben der vorige unbenante Priester schrieb mir auch diese Tradition zu: Nemlich / daß man auch in gemein fürgebe: Als wenn der Rübezahl von Liegnitz bürtig / und allda eines Schuemachers Sohn gewesen; Aber endlich von seiner eigenen ungearten Mutter in der Wiegen liegend verwünschet geworden sey: Darnach sich dieses Gespenste auff dem bewusten Gebürge ereignet und hervor gethan habe: Wie auch solches die Schlacht-Chronicke bezeugen soll / welche der vorige Mann also angezogen. Doch gnug.

Rübezahl leidet keinen über eilff Uhr bey sich

[117] Rübezahl leidet keinen über eilff Uhr bey sich.

Eben die vorige Relation bekräfftigte mir auch aus glaubwürdigen Mäulern / daß es gar gewisse sey / daß der Waldmann / oder derselbig / so Wurtzeln und Gekräuter graben pfleget / offte mit dem Rübezahl sprachen und conversiren sol. Doch nur biß auff halbweg zwölffen / oder nach eilffen / da er einen ieden heisset vom Gebirge weichen / damit er nicht Schaden nehme. Warumb aber? Vielleicht gehöret er ad Dœmones meridianas, oder Seuche die im Mittag verderbet / nach dem 9. Psalm / vers. 6. davon der begierige Leser die Commentatores nachschlagen kan /und sich vieler Sachen erkundigen wird / wie der böse Feind im Mittage sonderlich sein Netz auswerffe / die Leute zu fällen; Wie man dieses auch lieset von einer grossen Wüsten in Tartariâ etc. doch gnug.

Rübezahl ist in einen grossen Karpffen verwandelt gewesen

[118] Rübezahl ist in einen grossen Karpffen verwandelt gewesen.

Es schrieb mir auch zu der vorige Pfarrherr / daß auff dem Riesengebürge gewesen grosse Teiche seyn sollen / drinnen sehr viel Fische wären. Von diesen hätte der verstorbene Regente einsmals einen befischen lassen / und aussprechliche grosse Karpffen daraus bekommen / deren einer einen güldenen Ring umb den Hals oder Kopff gehabt / und derentwegen sonderlich von dem Herren war beygesetzt worden: Aber in kurtzen soll er verschwunden seyn / und in der Oder / so bey Breßlau fleust / und 34. Meylen von dannen ist /sich haben finden lassen. Doch gnug.

Rübezahls wunderliche Gestalt

Rübezahls wunderliche Gestalt.

Der vorige Freund veravisirete auch folgendes. Nemlich / daß / wenn jemand [119] über das Gebürge gehet /und des Rübezahls nicht zum besten gedencket / der erbossete Geist mitten im Sommer ein Wetter mache; also / daß der Schmäler für Schnee und Kälte schier umbkommen müste. Wolte man aber ihn gnädig und gewogen erhalten / so müste man ihn einen Herrn und Juncker über das Riesengebürge nennen. Solte ein Fürwitziger ihn gerne sehen wollen / so soll er in den Wolcken / wie eine gefärbete Kuh erscheinen / mit krachen und donnern / Hagel und grossen Schnee. Hiebey ward auch berichtet / daß er denoch zu mehrmahlen in Gestalt eines Jägers erschienen / mit grünen Kleidern als ein Wildschütze / mit seinem Rohr oder Büchsen. Doch gnug.

Rübezahl erzeiget sich wie ein Drache

Rübezahl erzeiget sich wie ein Drache.

Vor 10. Jahren / hat es sich zugetragen / daß ein Goldschmiedes Geselle eben über das Riesengebürge seine Verreisung [120] gehabt / da er drüber verführet worden / daß er sich nicht wieder hat herunter finden mögen: Derentwegen er denn aus Noth / und in grossen Aengsten / da es Nacht drüber geworden / sich unter einen grossen Stein geleget / und in eine Höle gekrochen / in meinung / allda die Nacht über zu ruhen / welches dennoch schlecht verrichtet worden /sintemahl er kein Auge zugethan / sondern stets in grossen Furchten begriffen gewesen / und sich derenthalben allerseits herumb geschauet / ob nicht iemand zu ihm käme? Wie er in solcher Phantasie geschwebet / da er siehet er in einem Loche oder Höle einen Drachen / wie er anfänglich vermeinte / dessen Augen hefftig gläntzeten / und ihm gleichsam vorkame / als wolte er aus seiner Höle hervor zu ihm kriechen. Hierbey ward ihm immer ie übler und übler zu Muthe / ängstet sich in seinem Hertzen über alle massen /und solches zwar durch die gantze lange Nacht / biß es drüber getaget / [121] und der vermeinete Drache dennoch immer anzukommen verzogen; Da geräth er endlich auff die Gedancken / daß es kein rechter Drache seyn müste / und schliesset ferner / weil sich das Gesichte auch nicht einmahl rührete / so müste es etwa ein Stein oder Metall seyn. Stehet hiemit auff / gehet hinzu / und befindet / daß es ein klares Gold gewesen / welches er mit einem Stein loß geschlagen / und zu sich gesteckt hat. Hierzu solte sich fast schicken / was Ursinus in seiner Acerra Philologica setzet / lib. 5. §. 18. p. 384. Portentum. Valens Imp. cum Exercitu in Scytas movens, non procul Constantinopoli tale vidit ostentum. Jacebat in via homo immobilis, toto corpore plagis contuso, ut nihil sani esset a ca Pite ad calcem: oculos tantum movebat, qvibus accedentes intueri videbatur. Interrogatus a multis, & deniqve ipso Imperatore, ad prodigii spectaculum accito; qvis aut unde esset? [122] nihil omnino respondit. Tademe è conspectu evanuit. Igeniosi statum Reip. significari iuterpretabantur; in qvâ, & si toto corpore livido & langvido, animam agenti similis esser, spei tamen superesset aliqvid, qvantisper Vigilantes haberet præsides. Magistratuum autem improbitate tandem omninò inter ituram divinabant, Zosimus lib. 4. histor. vide Esaiæ cap. 1. v. 6. Doch gnug.

Rübezahl ziehet auff wie ein grosser Printz

Rübezahl ziehet auff wie ein grosser Printz.

Es sollen einsmahls etliche geistliche Persohnen mit Fleiß und denselben Fürsatz auff das Gebürge gegangen seyn / damit sie den Rübezahl sehen möchten; Gedachten derenthalben seiner in allen Ehren auff dem Berge; drauff erhebet sich ein sonderlicher Tumult / weil die Strassen nicht weit oder ferne von seiner Wohnung ist /) von vielen Reutern / wie Karreten und [123] vielen reisigen Gezeuge / als wie eine ziemliche wolbestalte Hoffstadt hinter sie herkäme / dabey ein Graffe oder Fürst were. Wie dieser Auffzug immer näher und näher zu diesen Geistlichen kam / und ihnen endlich zur Seiten gerieth; da haben sie sich gedemütiget / und tieff nieder gebogen / in Meinung es sey ein grosser Potentat. Aber nach dem dieses Gesichte vorbey gewesen / da sol sich ein grosses Gelächter angehoben han: Draus die Pfarherren geschlossen und vermercket / daß sie betrogen gewesen / und dennoch numehr recht sagen könten / daß sie den Rübezahl gesehen. Doch gnug.

Rübezahl bosselt mit etlichen Studenten

Rübezahl bosselt mit etlichen Studenten.

Ferner hat es sich auch zugetragen auff diesem Berge / daß ungefehr etliche arme Studenten darüber gegangen / derer drey gewesen / und des Rübezahls unter sich gedacht haben: Da [124] soll sich dieser Geist flugs zu sie gefunden haben / doch in Gestalt eines Weidemanns / der sie mit Gewalt gezwungen / daß sie mit ihm die Kegel schieben müssen: Drüber sich die Studenten / weil sie den Handel vermercket / sehr geweigert und gewiedert haben: Aber nichts desto weniger haben sie endlich ihren Willen müssen drein geben /und mit spielen: Da er (der Rübezahl) aus Freywilligkeit das Geld für sie auff dem Kegelplatze ausgesetzet / und sie mit einander lustig darumb gekugelt haben. Wie sie nun solches eine ziemliche Zeit getrieben /und es schier hat mittagen wollen / da sol er sie vermahnet haben / eilends von dem Berge zu gehen /damit sie nicht etwan ein Unglück nehmen; Hat darneben zur Dancksagung / daß sie mit ihm gespielet /einem iedweden einen Kegel mitgegeben: Darauff sich die Bursche fortgemachet / aber weil der Weg von dem Berge sehr weit war / und die Kegelin [125] ihren Rantzen oder Sarcinis begunten über alle masse sehr schwer zu werden / und sie unter solcher Last sich nicht getrauten mit der vorhabenden Reise fertig zu werden; Da haben sie zweene Kegel wegwerffen müssen / und nur den dritten behalten; welcher hernach /wie sie ihn in der folgenden Nacht Herberge besichtiget / ein klares Gold gewesen; Drüber die andern flugs zurücke gelauffen / und die andern beyden auch gedacht wieder zufinden: Welches aber nicht geschehen. Doch gnug.

Rübezahl reitet auff einem Wolffe

Rübezahl reitet auff einem Wolffe.

Vor drey Jahren sind etliche Sauschneider über das Riesengebürge marschieret / und haben von ferne einen grossen Wolff gesehen / welcher wie er etwas näher zu sie gekommen / einen jungen Menschen auff sich in die qver hat sitzen gehabt mit einem langen Spiesse / und Hahnsfedern auff dem Hute.

Rübezahl verwandelt sich in einen Berghahn

[126] Rübezahl verwandelt sich in einen Berghahn.

Zur andern Zeit sollen etliche Kauffmannsgesellen über das Riesengebürge gezogen seyn / da sie denn unterwegens einen wackern Hahn auff dem Gesträuche ersehen. Drüber machet der erste sein Rohr fertig / und schiesset den Hahn daß ihm der Dampff zum Schnabel herausfähret / und nimmet ihn auch mit sich / wickelt ihn in ein bey sich gehabtes Tuch / und hengt ihn über die Schultern: Aber siehe / wie sie drauff in das erste Wirthshauß kommen / da befindet dieser Schütze / daß es eine Last Fledermäuse gewesen / derer wohl über 50. an einander gehenget / lebendig geworden / und in dem Losament alle herumb geflögen seyn; den einen Kauffmann trefflich geängstet / und hernach alle verschwunden seyn.

Rübezahl hat mit güldenen Kugeln geschossen

[127] Rübezahl hat mit güldenen Kugeln geschossen.

Unlängsten hat es sich zugetragen / daß etliche Tischergesellen über die Riphæos gereiset / und in der ferne einen Jäger vernommen haben. Hierneben es alsobald drauff ein Rehebock zu sie gelauffen / und verwundet in dem Wege bey sie niedergefallen seyn. Solches Wild haben die Wanderer zu sich genommen /angepacket / und sämptlich davon geschleppet. Aber siehe / was geschicht? Wie sie in die nechste Herberge kommen / und das stücke Wild abziehen und zerschneiden / da finden sie 3. grosse güldene Kugeln im Leibe. Doch gnug.

Rübezahl wird ein Balbiers Geselle

Rübezahl wird ein Balbiers Geselle.

Es sol vor kurtzer Zeit ein hochtrabender Latzdünckel gewesen seyn / deme kein Bader oder Feldscherer den Barte hat können nach wuntsch recht aufsetzen; [128] in deme er bald dieses / bald jenes daran getadelt hat. Solche Gelegenheit sol darauff der Rübezahl in acht genommen / und sich einsmals für einen Barbiergesellen ausgegeben haben. Zu welchen der Bart Reformirer gelanget / und sich auffs neue von ihm / als von jenem frembden Gesellen hat wollen auff eine frische Mode putzen lassen / welches auch geschehen / aber auff diese Art; daß der stoltze Kerl bald darauff unwissend seinen Bart nicht mehr umb den Kin / sondern auff den rechten Backen gehabt; die beyden Zwickelbärte aber / an alle beyde Seiten der Nasen; da er sie hernach sein lebelang behalten / und nicht hat können wegbringen / wie viel er auch dran hat scheren lassen. Ey / ey! wie muß der Kerl ausgesehen haben? Wie muß der Bart kauderwelsch gestanden seyn?

Rübezahl verkaufft eine Hose voll Butter

[129] Rübezahl verkaufft eine Hose voll Butter.

Wie die Kauffleute / so nach Gelegenheit auffs Gebürge hinauff ziehen / und bey den Berg-Bauern ihre Waare verstechen; einsmals ihre Kaufftagunge verrichtet gehabt; da soll einer unter andern Esel Waaren eine Hose Butter eingetäuschet bekommen haben /welche hernach lauter Pferde-Qvarck und Kühemist gewesen / biß in den Boden / da man etliche Stück Gold angetroffen; welches Metall die verschwundene Butter wohl bezahlet gemachet hat; ungeachtet / daß sich der Anfang darzu gar schlecht angelassen.

Rübezahl ist ein Krämer

Rübezahl ist ein Krämer.

Vor wenig Jahren soll ein stoltzer Bauer über seinen Stand eine köstliche Hochzeit haben wollen ausrichten: Und habe darzu auff einen Jahrmarckt viel Specereyen und Gewürtze eingekaufft; [130] Welches hernach /wie er es / theils zum Confect auffgesetzet / theils über die andere gebratene Gerichte hat streuen lassen / lauter Bocks-Lorbeern / oder Katzendreck gewesen /und den Bauerhachen trefflich beschimpffet hat.

Rübezahl verkauffet güldene Pillen

Rübezahl verkauffet güldene Pillen.

Unlängsten ist es geschehen / daß ein ungewöhnlicher und hochtrabender Artzt / welcher der Rübezahl gewesen / in eine vornehme Schlesische Stadt gekommen / und den Leuten unter andern Sachen / viel köstliche Pillen verkauffet / welche für alles solte gut seyn. Nach dem hernach dieser Qvacksalber weggezogen / da haben in gemein die armen Leut befunden /daß ihre eingekauffte Pillen lauter Gold gewesen; Die Reichen aber sind inne geworden / daß ihre Pillen nur kleine Steinigen gewesen / die zu nichts nütze geworden. Doch gnug.

Rübezahl verehret einem ein Hut

[131] Rübezahl verehret einem ein Hut.

Es mögen etliche Jahre seyn / da sol ein Zimmermans Geselle auff dem Gebürge seinen Hut durch den Wind verlohren haben / davon er die Klippen hinunter gewehet worden / also / daß er ihn nicht hat können wieder habhafft werden / sondern blosses Hauptes hat müssen davon gehen. Drauff sol es unterwegens geschehen seyn / daß der Rübezahl in Gestalt eines Kauffdieners sich zu ihm gesellet / und zweene Hüte auff dem Koffe gehabt / davon er einen aus mitleiden dem bedürfftigen Reisegeferten verehret / und durch einen andern Weg hernach von ihm gegangen ist. Drauff sol jener / wie er in die Herberge gekommen /wahr geworden seyn / daß sein verehrter Hut ein alter Pferde-Kopff gewesen / daraus etliche Ducaten gesprungen / wie er ihn aus Verdruß auff den Erdboden geworffen / und [132] von sich geschmissen gehabt. Hierüber ist er wieder Muths geworden / und hat vom empfangenem Golde ein Stücke gewechselt / von dem Wirthe einen rechten Hut gekauffet und das übrige auff weiter Bescheid zu sich gestecket.

Rübezahl verehret einem ein Hut [1]

Rübezahl machet ein blind Feuer.

Es sol vor wenig Jahren etlichen Wandersleuten wiederfahren seyn / daß / wie sie unterwegens auff dem Gebürge gewesen / einen grossen Busch brennend gesehen haben / zu welchem sie in geschwinder Eyl hingelauffen / und ihn haben aus der benachbarten Pfützen leschen wollen: Aber ie mehr sie Wasser mit ihren Hüten über hergiessen / ie mehr sol der Busch angefangen zu brennen haben / und weil sich dabey ein ziemlicher Wind erhoben / viel Asche auff die Löscher und vergebliche Feuerdämpfer gesprühet und geworffen [133] haben; Also / daß sie unverrichteter Sache davon zugehen / sind veranlasset worden: Da es hierauff sich begeben / daß / wie sie in ein Wirthshauß gerathen / daß sie lauter güldnen Staub / vor die vermeinte Asche / auff ihren Kleidern angetroffen / und also ihre angewandte Mühe wohl besoldet / und zugleich den Rübezahl auch hieraus erkennen lernen. Das heist Gold für Wasser geben / und arri pigmeutum für Asche verkauffen.

Rübezahl ist ein Jägermeister

Rübezahl ist ein Jägermeister.

Es sollen die nahe anliegende Oerter gar offt bey nächtlichen Zeiten hören / daß gleichsam ein Jäger auff dem Berge jage / da mann denn eine eigendliche Stimme / Gethöne / oder Hornblasen / und Geräusche von wilden Thieren / wie recht / vernehmen soll. Hievon aber halten die Anwohner / daß es ein besonderer nächtlicher Geist sey / davon [134] sie sagen / daß der Nachtjäger jage: Ja es ist dieses Geschrey auch unter den Kindern erschrecklich: Aber welche sich gar bald schweigen lassen / wenn man ihnen zurüfft: Sey stille hörestu nicht / daß der Nachtjäger jage? Welches der Kinder Bedräuung bey den Römern ähnlich; da sie sprachen. Hannibal ad portas! wie man bey den Teutschen soll gesaget haben: Schweig / oder der Truyd kömt / Item / dat di de dröse hole: Item / in der alten Marck bey meinen Landsleuten: Halt die Schnautze / oder die Rockenmutter (Roggenmöhne) kömpt mit ihren schwartzen langen Hitzen / und schleppet dich mit hinweg. Item anderswo / schweig /oder der Popantz kompt. Item der Knecht Ruprecht wil dich in den Sack stecken. etc. Auff diese Art bedräuen die Schlesier ihre muthwillige Pantzschen mit dem Nachtjäger: Da ich denn vermeine / daß es vielleichte des Rübezahls sein Gespenste seyn möge. Mercke ferner / daß [135] die Leute des gedachten Ortes weiter vorgeben / wie daß solcher Jäger die Rüttelweiber jage. Sie sagen aber noch ferner / daß die Rüttelweiber gleichsam Satyræ, oder kleine Weiblein mit Mooß bekleidet seyn sollen / welche ohn unterlaß verfolget / und von dem Jäger sollen geängstiget werden: Ohne unterlaß sage ich / es sey denn / daß sie an einen Stamm eines abgehauenen Baumes gerathen /da sie drauff ruhen sollen. Doch vermag er nicht ein iedweder Stamm zu seyn / sondern nur solcher / darzu iener Höltzer oder Abhauer / GOTT waels (nach der Schlesischen Mundart / das ist / GOtt walte es:) gesprochen: Solte er aber gesaget haben / wie er die Art an den Baum zum ersten mal geleget / walts GOtt /also / daß er das Wort GOtt hinden gesetzt hette / so sol der Stamm nicht kräfftig seyn / daß einer gleichen verfolgetes Wäldweibigen ruhen / und Friede finden könne / sondern müste ohn unterlaß fliehen / [136] und ihren stetigen Jägermeister herhalten. Dieses sey nun wie ihm wolle / so erlernet man doch gleichwol draus / wie nemlich die alten so religios und Gottfürchtig gewesen seyn / daß sie auch Gottes Namen (absqve respectu perrurbati ordinis phrasiologici) vor alle andere Wörter gesetzet haben / und mit den Heyden es haben heissen halte: A Jove principium Musæ, jovis omnia plena. Item à Diis imortalibus sunt nobis agendi capienda primordia. Was haben die Calvinisten für einen locum communem, oder Nutzen hieraus zu nehmen? Respondeo; daß wir Lutheraner nicht unrecht beten Vater unser. Und auff solchen Schlag gedencken wir auch dermaleins eine ewige Ruhe zu erlangen / da hingegen die Kalbsköpffe /welche lieb unser Vater beten wollen / eine unendliche Unruhe zu erwarten haben / da sie der höllische Jägermeister immer treiben / und der Gewissens Wurm ohne auffhören nagen [137] wird. Doch gnug hievon: Ich komme wieder auff die Stimme eines Ruffers in der Wüsten (Wie denn der Teuffel solchen Titul gleichsam von dem ersten Täuffer ihme zumasset /) Nemlich auff den Nachtjäger / und spreche noch einmal / daß solcher der Rübezahl sey: Welches auch sein Name auff folgende Art mit sich bringet.


Ripezagel. Riepezagel.
ἀναγρ.ἀναγρ.
Jägerpeltz. Jägerpletze.
Doch gnug.

Rübezahl kan seinen Namen nicht leiden

Rübezahl kan seinen Namen nicht leiden.

Es gehen fast alle Possen und Begebnüsse dahin / daß sie wegen Benennung des unleidlichen Wortes Rübezahls verübet und ins Werk gesetzet werden. Ja alles was man höret / daß dieser Geist schädlich stifftet /solches soll herrühren aus diesem Grunde / daß die theils albere oder unwissende / theils [138] auch fürwitzige Leute den Nahmen Rübezahl aus dem Munde würklich ergehen / und auff dem Berge von sich hören lassen. Es ist mir nicht einmahl / sondern vielmahl erzehlet / daß das versuchende Gespenste unterweilen mit Fleiß sich zu den Wanderern verfüge / solche nur auszuholen / oder seinen unangenehmlichen Namen von sie heraus zu locken: Damit wenn es geschehen eine richtige Ursache sey / ein Ungewitter zu erregen /oder sonsten ein Schelmstücke zu stifften. Und in diesem Falle kömt der Rübezahl gäntzlich mit Pilato überein / als welcher ebenmässig nicht Φερώνυμος ist / oder seinen Namen dulten kan. Doch damit auch hievon der begierige Leser ein mehres zu erkennen habe; So kan alhier füglich / wiewol verdolmetschet /hergebracht werden / was Hermannus Lignaridus in oblectamentis Academicis hat / c. 2. p.m. 23. etc. Es ist das allgemeine Gerüchte durch gantz Europam, vom Pilatus [139] See / welcher in dem Lucernischen Gebürge / Fragmont genant / seyn sol. Weil aber gar vielen gelüstet zu wissen / was es denn für eine Beschaffenheit mit solcher See habe! So hat es mir rathsam gedaucht / die Beschreibung dessen aus des Vadiani Commentario in Pompejum Melam hieher zu setzen. Nemlich / es spricht Vadianus daß im Schweitzerlande / bey Lucern / eine alte und sehr berühmbte Stadt / ein fast hoher Berg sey / welchen man Fractum, oder Fragmont heisset / wegen seiner Steilheit oder Unbeqvemligkeit auff dessen höhe hinauff zu klettern / weil er sehr jähigt (præceps) und rauch(fragosam asperitatem habens) ist. Unter solchen Gipffel ist eine See / welche man von dem Pilato benennet; im übrigen gar eng und klein / also daß man solches Wasser vielmehr einen Sumpff oder Pfütze /als einen See nennen dürffte. Hierinnen / so ferne ein Mensch mit Fleiß etwas hinein wirfft / so sol gar[140] schleunig ein greuliches Ungewitter sich hervor thun /und alles mit Wasser überschwemmen: Wo ferne aber ungefehr was hinein fält / so sol die so benante Pilatus-See nichts dadurch geträncket oder zum Zorn beweget werden: Gleichsam wie der Ort eine menschliche Vernunfft hätte / und einen Unterschied zu machen wüste / zwischen Freywilligkeit und Ungefährligkeit: Als davon die letzte nicht straffwürdig sey /weil es nicht aus Vorsatz geschehen. Und diese Sage wird dannenhero von den Stadt-Leuten noch weiter bekräfftiget / weil sie betheuren / daß vorweilen unterschiedliche deswegen wären enthauptet worden / weil sie ein grosses Unglücke durch ihr freventliches hinein werffen den Angräntzenden zugerichtet hätten. Wie ich vorm Jahre im Augusto nach Lucern gekommen bin / solchen See zu beschauen / da bin ich von dem hochgelahrten und freundlichen Johanne Xylotecto Canonico Lucernate, auffs beste empfangen /[141] und den folgenden Tag drauff auff den Berg gebracht worden / da wir noch bey uns hatten von andern Mitgeferten / den Osvvaldum Myconium, einen gelehrten und auffrichtigen Menschen / und den Conradum Grebelium Tigurinum. Und also giengen wir aus der Stadt flugs früh morgens / wurden auch mit Pferden fast mitten auff den Berg gebracht / wiewol durch einen ungebähnten und schweren Weg: Wie wir nun aber nicht ferner zu reiten vermochten / da haben wir unser Vieh alda in die Weide gelassen / und sind mit einem Hirten / welchen wir gedungen hatten / und der auch vorne an gieng / sambt unsern Stäben vollends auff den Berg geklimmert / und sind zu Fusse durch einen engen Steig / dadurch nicht ein iedweder zu kommen vermag / über grosse und ungeheure Felsen auff das höheste gekommen / und auch endlich / wiewol mit sauren Schweisse zu das Ufer des gedachten Sees gerathen. [142] Es ist daselbsten dieser Berg / ungeachtet daß er anderstwo jähigt ist / voll Weide / hat einen grossen Umbfang / und gleichsam einen runden Kreiß / welcher in der mitten sich um Thal neiget /und zum Mittel Punct dieser See bezircket / welcher nur dünne Binsen in sich hält / und sonsten rund herumb mit viel Buschwerck umbschlossen ist: Welches für sich alleine schon einen abschrecken kan / weiter hinzu zu nahen. Es fleust kein Strom oder Wasser dazu / es gehet auch kein Fluß heraus: Das Wasser aber scheinet schwärtzlich / höllisch / und morastisch / stehet unbeweglich / kan auch schwerlich vom Winde rege gemachet werden. Nemlich es wird wieder die Sud- und Westwinde ein ziemlich Theil des Berges gleichsam entgegen gesetzet: Wider den Ost und Nordwing dienet die Tieffheit des Ortes / sampt dem dicken Walde. Weiter ist allhier auch zu verwundern / daß gedachter Sumpff weder von winterlichem[143] Schnee zunehme / noch von der Sommerlichen Hitze abnehme: Sondern stets gleicher Grösse verbleibe. Weiter kan ich auch nicht unterlassen dieses zu vermelden / daß uns der hinauffführende Hirte anfänglich zum Eyde vermochte / daß wir nemlich schweren musten / daß wir nichts ungebührliches droben wolten fürhehmen; oder / nach dem wir die See gesehen /etwas hinein werffen solten; Ja er sprach / es stünde sein Kopff drauff; und vermahnet uns auch noch zum Uberflusse unterwegens etliche mal; daß wir davon stille schweigen / und uns darbey nicht wider Gebühr verhalten möchten. Und dannenhero bin ich bewogen worden / der alten Sache keinen geringen Glauben beyzumessen. Biß hieher der Vadin anus. So fern ich etwan nunmehr auch meine Meinung und Urtheil hierüber solte vorbringen; So spreche ich: daß mir nicht unbewust sey / wie gar sehr viel wunderliche Sachen in der Welt zu finden seyn / deren Ursachen [144] wir keine Kundschafft haben: Und ist dergleichen Ungründlichkeit oder Unerforschligkeit sonderlich anzutreffen unter die jenigen Wercke / welche mit des Himmels und der Lufft Veränderung zu schaffen haben. Es erzehlet der Plinius lib. 2. cap. 45. daß in Dalmatien eine Klufft sey / in welcher / so man ein leichtes Steinigen / auch bey dem stillesten Wetter hinein wirfft /so soll sich ein grosser Sturm ereigen. Welches auchVadinianus bekräfftiget / daß es nicht minder geschehen solle / wenn auff den Alpgebürgen bey Affenzahl im Schweitzerlande / allda in einen grossen und greulichen Abgrund etwas hinunter geworffen wird. Fast eben solches erzehlet noch anderswo Plinius d.l. daß nemlich in Cyrenen ein grosser Fels sey / welcher dem Sudwinde gewidmet ist; welchen keines Menschen Hand berühren darff / wo er von dem Anherrn / dem Sudwinde nicht wolle mit Sande bedecket werden. Solte man nun etwa [145] von der vorige Pilatus-See eben dieses dafür halten / daß nach dem man einen Stein oder etwas anders schweres hinein geworffen habe /solcher den Himmel oder die Lufft turbire / und den Beywohnern ein erschreckliches Ungewitter über den Haltz bringe: Hiervon schweige ich noch zur Zeit stille / und kan nicht flugs allerdings Beyfall geben. Es sind aber folgende meine erhebliche und bewegliche Ursachen: Erstlich / weil dieses gantze Geschwätze sich nirgendswo / als nur bloß auff die Erfahrungfundiret; Solche aber / weil sie nicht beständig ist: kan sie mir kein Gewißheit beybringen: Nemlich / es vermeiden zwar die Landes-Leute / daß ein unerhörtes Gewitter entstehen solte / wenn man in die See etwas hinein geworffen: Derentwegen auch die Obrigkeit unterschiedliche zur Straffe solle gezogen haben. Aber andere bezeugen / daß sie heimlich / und unwissend ihrer Führer oder Begleiter / schwere Sachen hinein geworffen haben; [146] und keine Veränderung drüber vernommen / sondern schön helle Wetter behalten haben. Zum andern / ob gleich mag Donner und Hagel bißweilen nach dem Hineinwurff erfolget seyn so läst es sich doch nicht also bald draus erfolgen /daß die Ungestümmigkeit aus dem geregten Sumpffe entstanden. Denn es kan Zufalls Weise geschehen seyn / absonderlich in den sehr heissen Sommerstagen / zu welcher Zeit es sich alleine zum Teiche füglich gehen lässet: Item da die Schweitzer grausam Ungewitter bekommen / mehr als sie wünschen / wegen die sehr hohen Berge / so oben / auch mitten im Sommer /mit Eyß und Schnee übergossen seyn. Zum dritten trit hierzu / daß die Lugdunenses in Franckreich ein dergleichens von auch einer See nach dem Pilatus benamet vorgeben: in welcher des Pilati sein Cörper soll geworffen seyn: Nemlich sie erwehnen / wenn man einen Stein hinein schmeist / daß alsdenn ein [147] Blitzen und Donnern entstehe: Welches aber bißhero vergebens / und abergläubisch dafür gehalten worden; wie dieses begläubet und mit mehrem beweiset Johannes du Choul Lugdunensis, in Beschreibung des Pilati Berges. Was nun also anderwo fälschlich gegläubet und ausgesprenget hat; wie solte dieses auch nicht allhier statt finden / und ebenmässig erlogen sey? Aus diesen Gründen bin ich bewogen worden / ein Stopticum in dieser Sache zu agiren / oder das Fürgeben in den Zweiffel zu ziehen; Doch wil ich hierneben gar gerne hören / was einander bessers davon fürbringen möchte. Mercke letzlich / daß Bucatius eben ein solches voriges von der See des Berges Berges Canari in ulteriori Hispaniâ referiret. Biß hieher Lignaridus. Wobey zu mercken / daß noch andere sagen / wie nemlich die erwehnte Pilatus See ein grosses Ungewitter zu wege bringen solle / so ferne nur des Pilati mit Worten gedacht [148] würde: Auff welche Art nemlich der oben angeführte Rübezahl procediret nach geschehene proclamation seines Nahmens / welchen er durchaus (ich möchte wol wissen / aus was für einer eigendlichen Ursache) auff seiner Residentz nicht hören noch dulden will / in dem er alle seine Nomenclatores oder Proprii tituli Præcones, mit Ungewitter besoldet / oder die Onomatologiam besaltzet. Solte etwan die Prophanatio in causâ seyn? Da der hoffärtige Geist besorget / es möchte seine Ehre verunglipffet / sein Name verkleinert / und sein Gerüchte verringert werden / so ferne sein Name von allen mißgebrauchet / und häuffig vorgebracht würde. Da er denn in diesem Stücke den Rabinen nachkömmet / welcheTetragrammaton nomen DEI, άνεκφώνη oder ineffabile venditiren. Doch kan es auch wohl seyn / daß es mit ihm heisse: Verba valent sicut nummi: das ist: die Titul werden manchmahl [149] abgesetzt wie das Geld. Oder solte der Geist sich referiren auff die heidnischeevocationem Deorum; dannenhero sie vieler Oerter Namen vor Zeiten verdecket gehalten / so weis ich es nicht. Sonst bleibt es noch einmal wahr / daß der Rübezahl seinen Namen durchaus nicht haben noch leiden will; und zwar nicht so wohl von denen / die ausserhalb seiner Reviere unten am Bergen und Städten wohnen; denn da wird er häuffig ohne verspührete Verletzung stets also genannt; sondern vielmehr von den jenigen / welche ihr Passagium über seine Klippe haben. Item, die sich droben wohnend auffhalten / als da seyn unterschiedliche viel Häuser / welche entzeln neben der Herrstrassen weitläufftig nach der länge von einander gebauet / und hin und wieder gleichsam zerstreuet angetroffen werden. In solchen gedachtē Häusern / welche dem Feryherrn Schaffgotsch genannt / zustehen; sollen sich ebenmässig die Leute sehr scheuen / [150] den Rübezahl zu nennen / oder das geringste zu wider zu reden. Wie ich dennoch neulich von einem Liebenthalischen Boten bin berichtet worden / daß / wie er einsmals die Leutgen angeredet /und zwar zur Herberge im Hause / was sie von dem Rübezahl hielten? Item / ob er ihn nichts thäte? Da sollen sie gleichsam mit Hand und Mund abgewehret haben / daß er ja nichts ungebührlichs von ihm schwatze: Da sie gleichsam mit dieser Warnung auff einen Biblischen Spruch gezielet haben: Der Teuffel gehet herumb wie ein brüllender Löbe / und suchet /welchen er verschlinge / etc. Ferner soll der Hauswirth gesaget haben: Er (der Rübezahl) thäte ihnen nichtes: So thäten sie ihm wieder nichts. Ja noch weiter gedachte auch jener Bote / daß die Bergleutgen es ziemlicher massen mit ihm halten müsten / wenn sie wolten fortkommen und Gedeyen erlangen und behalten: Woran es ihnen denn nicht fehlen soll: [151] Sintemahl sie sehr schön Vieh und Kühe hätten / welche sie auff dem Berge mit schönen wohlriechenden Kräutern ersättigen / und köstliche Weide hätten. Nemlich / es thate noch ferner der Brieffträger hinzu / daß es droben außerlesene / herrliche Blumen-Plätze gebe / wel che von ferne einen schönen Geruch aus sich ergehen liessen: Welche von dem Viehe abgegraset / oder zum Heu von den Leuten abgemeihet werden. Mercke auch / daß solches ihr Vieh / wenn es von dem Gebürge ins Land gebracht wird / drunten nicht gedeyen noch fortkommen soll. Warumb? Weil es die Berg art ein mal gewonnen / und tieff eingewurtzelt bekommen hat; Welche in niedrigenn Oertern nicht mag exterminiret werden. Merckt weiter noch andere besondere Arten des Bergwesens / nemlich / daß die Bäume und Sträuchwerck droben / welches hin und wieder nur entzeln und am Büschen sich nur soll finden lassen /nicht sonderlich hoch noch dicke werdte: Ebenfalls[152] wegen die besondere Natur Erhöhung. Welches ferner nicht / daß auch alle Leutgen droben ziemlich klein seyn sollen; also / daß manches Kind von 6. oder 7. Jahren wie ein klein Putz-Nicklichen seyn soll / und auch hernachmalen nit sonderlich starck wachsen oder lang werden soll. Noch ferner wird auch vermeldet /daß diese monticulæ pumiliones sehr content mit ihren Gütgen und Sachen seyn sollen; also / daß sie kein bessers begehren: Sintemahl sie / (wie der vorige Bote sie zur Rede gesetzt und gefraget hatte: Wie sie in ihren kleinen Hüttgen und schlechten Losamentern könten auskommen und vergnüget leben?) geantwortet: Wie solten wir was bessers begehren? Wir haben hier guten Friede (verstehe Weltlichen und Geistlichen; denn sie sind im gewesenen dreissig Jährigen teutschen Kriege niemalen von den Soldaten angefochten / noch wegen des Lutheranismi / von den reformirenden Jesuiten geängstiget [153] worden:) wie ihr denn selber wisset / da ihr für die Kriegsleute / theils zu uns geflohen / und Schutz bey uns bekommet habet. Haben wir schon mit allerley Sachen / als Geld / Korn / etc. So können wir doch solches alles von euch und euren Leuten bekommen / für unsere Käse und ander Vieh Wahren. Meercke hier / daß sich dieser Gelegenheit zu bedienen unterschiedliche Handelsleute befleissigen / welche von andern Oertern ihnen beliebete Waare mitnehmen / sich vor dem Gebürge / bey 20 / 30 / und viel eher mehren als wenigern samlen / und zusammen zu den Leuten hinreisen / und Waare mit Waare stechen. Mercke noch weiter bey des vorher angebrachten Botens Rede / daß er also zur geschehenen Frage war veranlasset worden /nemlich / er war gleich in ein Haus eingekehret / da ein Weibigen die sechs Wochen gehalten / und in das Kindelbette gekommen war; da sich denn der Mann beschäfftig wie Martha erzeiget / [154] hatte einen Krug genommen / und über eine Meile weges seiner Frauen etwa bey zwey Kannen Bier geholet / und sie damit gelabet. Weiter ward auch referiret / daß sie bey fünff Meilen müsten nach der Lutherischen Kirchen gehen /wenn sie Pfarren wollen / oder Gottes Wort anhören; Dannenhero es denn öffters geschiehet / daß sie kaum des Jahrs einmal den Gottesdienst in der Kirchen verrichten. Noch weiter sollen ihre Häuser niedrig und klein seyn / also / daß sie der Schnee über und über des Winters bedecken soll / und stets zu thun haben /daß sie den Eingang mit wegkehren / und schauffeln frey behalten. In solchen ihren Häusern sollen sie sich sehr reichlich mit Heu versehen haben / und davon alle Winckel bestopffet / damit sie durch den Winter reichen / und Vorrath für ihr Vieh haben können. Letzlich ward auch gedacht / daß es schwere Reisen über das Gebürge gebe; in deme man müst [155] an vielen Orten über lange und schmale Stege gehen; darüber dennoch aber die erfahrnen wie ein Katze zulauffen vermögen. Und zwar in diesem Stücke ist abermahl das Gebürge zu verwundern; daß es / da es doch eitel Felsen ist / dennoch so sehr tieffe und sumpffigte Oerter hält / daß man nicht glauben soll. Des Winters soll es noch gefährlicher seyn / wegen des unerhörten tieffen Schnees; dannenhero sie nebenst dem gewöhnlichen Wege hohe Stangen von einem Ort zum andern stecken sollen / damit sich ein reisender darnach richten möge. Allein es soll vielmalen geschehen / daß solche Stangen / welche den vorigen Tag gestecket worden / den folgenden sind durchaus mit Schnee bedecket gewesen; also / daß es zu thun soll haben / daß auch einer der des Ortes Schliche ziemlich weis /könne zurechte kommen / und sich heraus finden. Und es hat etlicher massen eine Verwandnüsse hierinnen mit Irrland / zwar in [156] verkehreten Sachen; wenn man saget / daß alldar des Sommers das häuffige und wohlriechende Graß auff dem Felde so schleunig auffwachse; also / wenn man den vorigen Tag eine Stange oder Picke / aber nach der länge hinein geworffen / da noch kurtzes Graß vorhanden gewesen / solches Zeichen den folgenden Tag nicht mehr könne vermercket werden / wegen erfolgete Bedeckung des bald drauff gewachsenen Grasses. Solte einer da seyn / so möchte man leichte zu solcher Klugheit gerathen / daß man das Graß nach dem Sprichwort wachsen höre. Aber gnung von dieser Kurtzweile / und den vorigen kurtzen Leuten; Jetzund kommen wir wieder über den Rübezahl her / und befragen uns noch ferner / wannenhero er seinem Namen so gram sey / also daß er flugs ein Ungewitter drauff ergehen lasse? Ist etwan der Ort also beschaffen / daß wenn der Laut oder Schall dieses Nahmens sich hervor thut / er flugs ein Ungestümmigkeit [157] drauff ergehen lasse; da das Wort gleichsam ein Schlüssel solches Meteori ist: Wie man denn sonsten lieset / daß sich allerhand theils regende /theils auch leblose Sachen durch besondere Wörteraccommodiren / oder incomodiren. Lieset man doch von einem besondern Fische in Sicilia beym Kirchero in Musurgia, daß solcher von den Fischern vermittels etlicher Wörter gefangen werde. So weis man auch /daß die Meerschweine von Natur keinen Nahmen lieber hören als Simon. Davon mit mehren unter andern nach zuschlagen wäre Franzius in Historia animalium. Weiter weis man auch / daß an unterschiedlichen Orten ein Echo oder Wiederschall wird / welcher hier schwach / dar starck ist; Als bey Paries / da sich ein ausgeschryenes Wortley dreyzehnmal reciprociret. Vielleichte hat nach diesem Schlag das Schlesische Gebürge eine ähnligkeit mit den erzehleten Dingen; daß es nemlich [158] nach Erschallung des Wortes Rübezahl so bald ein Ungewitter errege / als wenn in Pilatus See ein Stein geworffen wird. Doch gnug von dieser curiosität / ein ander mag was bessers pratgen. Doch gnug.

Rübezahl läst sein Pferd halten

Rübezahl läst sein Pferd halten.

Ein Bote von Liebenthal erzehlete mir unter andern Schnadrigaken / daß seinem Vater warhafftig wiederfahren sey / wie er über das Gebürge gereiset / daß allda zu ihm in vollen Sporenstreiche der Rübezahl in eines Monsieurs Gestalt geritten kömmen / abgestiegen / und dem Reisenden befohlen habe das Pferd zuhalten; da er mit ernsthafftiger Stimme gesaget: halte mir das Pferd / auff die Prætoriam vocem hat jener flugs fuß gehalten / und dem Befehl gemäß gelebet /und das Pferd beym Ziegel gefasset; Drüber ist der unerkandte Rübezahl davon marchieret / [159] und / ich weis nicht wohin kommen. Mitlerweile hält auff einer Stelle der ertappte Reuterknecht das anvertraute Roß ohn Unterlaß / und bemühet sich trefflich es zubehalten; sintemal es durch zwo gantze Seiger-stunden immer gekratzet und mit den Füssen gestampet / also / daß dem Hüter schier bange dabey geworden / und seinem Leib keinem Rath gewust / wie es enden / oder weiter angreiffen solte; Sintemahl ihm seines eigenenparts von nöthen gewesen / auff dem Wege fortzugehen / und den Lauff zu vollbringen; Auff der andern Seite ist ihm der ernste Befehl auch immer im Kopffe gelegen gewesen / da der Cavallier ihm feste eingebunden gehabt / das Pferd zu verwahren; Darbey er denn auch endlich auff die Gedancken gerathen ist /daß es ihm vielleicht übel ergehen möchte / wenn er das Gaul verwarlosete / und nicht wieder überantwortete; leichtlich gedenckende: es möchte ein Rencke darhinter stecken. [160] Wie der Hüter mit diesen und dergleichen Gedancken sich also ängstet / siehe da kömpt der Rübezahlische Caballier / oder Cabballierische Rübezahl gleich her gegangen / sagende: Siehe / heist du noch da: Drauff jener geantwortet Ja / Herr /ich durffte ja nicht eher weggehen / als ihr wieder kamet. Hierauff hat der Rübezahl den geworffnen Pferdemist auffgeraffet / und in des gehorsamenden Schiebesack geschüttet / und solches zwar an etlichen Händen voll / sprechende: Halt auff / halt auff / nimm hin / und gehe flugs deiner Wege! Wer war hier froher gewesen / als der nunmehr erlösete / und mit Dreck abgelohnete Pferde-Knecht? Er hat seinen Kopff zwischen die Ohren / und die Füsse auff den Nacken genommen / und war rectà davon gestrichen / nicht feyrende / biß er etwa anderthalbe Meile fürder gerathen; da ihm erstlich sein Qvarck im Schiebesack verdrießlich vorgekommen; dannenhero [161] er ein wenig stille gestanden / und sich gesaubert / oder den eingesackten Dreck weggeschüttet / und hernach seines Weges förder gewandert ist; biß er zur begehrten Herberge eingekehret / da ihm abermal der besudelte Schubesack im Kopffe gelegen; dannenhero er ihn / wie vor geschehen / heraus gezogen und besehen; Und in dem schüttet er einen Ducaten hervor / drüber er von Hertzen froh wird / die angewandte Pferdes-Mühe wohl belohnet schätzet / und des vermeineten Dreckes drüber vergisset / doch darneben auch den erst ausgeschütteten vermisset; bereuende / daß er den Koth nicht mit einander behalten / damit die Ausbeute desto reiffer geworden wäre. Das heisset wiederumbaurum ex stercore. Vermeinestu aber / daß / wenn allhier der Qvarck bey einander geblieben / er zu lauterm Golde verwandelt worden wäre? Ich sage nein darzu / und vermeine / daß jener erstlich den Unflath habe müssen wegschütten / [162] aus Mitwürckung und heimliche Einlassung des tausendkünstlichen Geistes; und denn / daß zum andern der übergebliebene Ducate nothwendig habe müssen verharren / biß er vom Manne ist ansichtig geworden; Weil ihn nemlich der geschwinde und listige Geist gleichsam in der Taschen angebannet und feste mag gehalten haben. Aber woher hat denn der Rübezahl den Ducaten bekommen? Resp. gemüntzēt hat er ihn wohl selber nicht /sondern vielmehr einem andern gestohlen. Ein anders aber wäre es / wenn es ungeschlagenes Gold gewesen wäre / so möchte er es aus seiner Clausen hervor gebracht haben / als da es an verborgenen Schätzen nicht fehlet / wie aus vielen andern Geschichten erhellet; da viel Italiäner und andere Landes-Leute sich befleissigen / sich darauff zu bereichern / und gute Fünde zu thun. Wie es denn noch unlängst soll geschehen seyn / daß unterschiedliche Welschen sich der Gelegenheit gebraucht / [163] und gediegen Gold auch Edelgesteine droben ergrübelt haben / darüber sie auch endlich von den Teutschen ertappet / und nieder sind geschossen worden; Wiewohl sie die Dieberey dennoch nicht dadurch nachgelassen / sondern einen Schelm über den andern / (nach dem Sprichworte /) haben kommen lassen: Das ist / sie haben ihnen teutsche Bärte lassen wachsen / und sind hernachmals /vermöge derselben frey ausgegangen und unangefochten blieben. Hieher gehöret auch folgendes Privilegium, welches ich allhier von einem sonderlichen Gönner zu borgen bekommen / und allhier / zum weiteren nachsinnen / mit Fleiß habe setzten wollen. Es verhält sich aber solches folgender massen:

Wir Hans Ulrich Schaffgotsch von Kinast und Greiffenberg / Freyherr zu Trachenberg / fügen hiermit männiglichen denen dis Schreiben möchte zuhanden kommen zuvernehmen / was massen wir Herrn Hans Zimmermann / [164] Bürgern und vornehmen Chymisten Medico in Leipzig / auff sein demüthiges und bittliches ersuchen / ein Privilegium gegeben / und in Gnaden concediret haben / in unsern Herrschafften und Landen / bevorab aber auff dem Riesenberge und der Isterwiese allerhand köstliche Sachen / als Edelgestein und Perlen auff seine Unkosten zu suchen /haben auch hierüber ihm gnädiglich verheissen / daß wir ihm zu Vollführung dieser Sachen nicht allein mit unsern Unterthanen iederzeit für bösen Buben zu schützen / unn das Haupt zuhalten / sondern auch /wo sich einer an ihm oder den seinigen freventlicher weise vergreiffen würde / denselben ernstlich und nach Befindung der Ubelthat an Leib und Leben zu straffen. Es haben wir uns auch vorbehalten / daß gedachter Herr Zimmermann uns als dem Grunds-Herrn den Zehenden alles was er überkommen möchte zuentrichten schuldig seyn soll.

[165] Dieweil aber wir uns haben errinnert / daß andere boßhafftige Leute gedachten Herrn Zimmermann ungeachtet dieses stattlichen Privilegii in diesen Sachen möchten schädlichen oder verhinderlich seyn; Als wollen wir / daß die jenigen / so wider diß unsere Erlaubnüß und Privilegium handeln und committiren werden / ohne andere Straffe den halben Theil uns als dem Grundsherrn / das übrige aber gedachtem Herrn Zimmermann einzulieffern. Solches zu mehrer Urkund und Vorgewisserung / haben wir dis mit eigener Hand unterschrieben. Welches also geschehen in Leipzig den 26. Decembris Anno 1613.

Hans Ulrich Schaffgotsch Freyherr zu Trachenberg

Hans Ulrich Schaffgotsch Freyherr zu Trachenberg.

Biß hieher das Glorwürdigsten Herrn von Schaffgotsch Privilegium. Von welchen noch dieses obiter dem [166] günstigen Leser zu mercken ist: daß es mit ihm leider wahr geworren / was nemlich die Historienschreiber von Theramene; daß / als er auff eine Zeit bey etlichen Freunden sehr lustig gewesen / unversehens das Haus eingefallen sey / und habe 29. Personen / todt geschlagen / ihn aber nicht im wenigsten beschädiget; wie ihme nun deswegen vielfältig gratuliret worden / hat ers nicht mögen annehmen; sondern hat mit heller Stimme geschryen: O fortuna, cui infortunio me reservasti? O du wandelbares Glück / zu was vor grössern Unglücke hastu mich übrig behalten Nemlich / es soll geschehen seyn / wie eben dieser Freyherr seine Hof-Kirche verweitern / und außbessern lassen / daß zu erste vom Gewölbe herunter ein Baumeister mit etlichen Qvatersteinen gefallen; welchen zuerretten (wie es ein Knabe gesehen / und drüber laut umb Hülffe geschryen /) so wohl andere als der Freyherr / eilends besuchet und [167] halb todt hervor gezogen haben. Hierbey soll es sich mittlerweile zugetragen haben / daß vollends das gantze Gewölbe gesuncken / und zum herunterstürtzen sich geneiget hat; und fast alle hätten überfallen mögen / so ferne es nicht vorerwehnter Junge / aus Gottes sonderlicher Schickung gesehen / und überlaut geruffen hätte laufft / laufft / der Boden fällt ein! Hierüber sollen sie mit dem hervorgezerrten Baumeister trabends gelauffen /und der Gefahr entkommen seyn; Denn wie sie kaum zur Thür hinaus gewesen / da soll alles Oberwerck mit grossem Knalle herunter geburtzelt seyn: Drauff der Freyherr dem damahligen Knaben aus Liebe am Kopff gefasset / und gesaget soll haben: Nun / du wirst ein praver Mann werden!

Und also war domaln der benannee Freyherr zwar dem Ungemach entronnen; doch ist etliche Jahr hernach ex hâc Charypti in Seyllam gekommen; da er zu Regenspurg enthäuptet, worden / [168] wegen des Wallensteinischen Wesens; Welche Geschichte ich allhier wolmeinend hab beybringen wollen / wie ich es denn ebenfalls hiemit nicht böse meine / wenn ich noch einanders coincidenter von den gerühmeten Herrn Schaffgotsch Vater mit anziehe. Nemlich / ich habe mir von vielen berichten lassen / daß solchē Herrn der Rübezahl trefflich gewogen gewesen; also / daß er auff sonsten unmügliche Art auff den einen Teiche mit einer besondern Fehre zur Lust fahren können / als auff welchen Teiche (welcher schwartz Wasser halten soll / welches weder ab noch zunimbt / auch keinen Ab- und Zufluß hat / und im übrigen unergründlich ist; wie er selber soll erfahren hahen mit dem hinein gelassenen Bleysenckel /) sich sonsten kein Mensche trauen noch wagen darff. Und solches Gerüste oder Fehre haben die gegenwertigen Herrn von Schaffgotsch noch neulichst zum Gedächtnüß außbessern und verneuern [169] lassen; wie ich bin zur Gnüge von vielen verständiget worden. Doch gnug.

Rübezahl lässet Aepffel schwimmen auffm Teiche

Rübezahl lässet Aepffel schwimmen auffm Teiche.

Es erwehnete ans vielfächtiger Erfahrung der vorige Liebenthalische Bote / daß er selber etliche mal / andere Leute aber hoch mehrmal befunden hatten / daß auff den einen verdächtigen und scheulichē Teiche Aepffel und Birn / wie auch ander Obst / item mehrerley beliebte Sachen gestossen / und einher geschwommen weren / da sie denn alsobald sicherlich muthmasset haben / daß es Verblendung und Teuffels Spiel seyn müste / sintemal es sonsten auff keine andere Weise leichtlich hätte mögen dahin gerathen: Derentwegen sie auch allen Tandt flugs fahren lassen / nicht weiter dran gedacht / oder sich darnach [170] bemühet: Welches ihnen den traun übel hätte bekommen mögen / und zweiffels ohn das Leben drüber einbüssen dürffen. Wie es denn sonsten anderswo gar offt sich soll ereiget haben / daß die Wasser Nymphen oder See-Nichse dergleichen Oculiseria oder Augen-Verblendung auff den Bächen oder Sumpffen haben zum Schein schwimmen lassen / und die bethörten Leute drüber nach sich gezogen / und im Grunde umgebracht. Wie ich mich denn erinnern kan / daß solches etliche mal der Magdeburg / bey Halle / und anderswo geschehen. Ja es erzehlte mir eins meine leibliche Mutter / daß auff einem Teiche zwischen Zettling und Badel vorweilen von meines Vaters sel Bruder / ein mächtiger und ungewöhnlicher Karpe were nahe beym Ufer erblicket worden / darnach er denn geschwommen / und fast hätte müssen herhalten / so ferne er nicht von anderne Gegenwertigen [171] flugs auff der Stelle were errettet worden / und aus dem Sumpffe / da er alle weile wacker geknippen gewesen / und blaue Flecke mit herauff gebracht / were hervor gerissen worden. Von diesen und andern Fällen mehr erwarte künfftig mit sonderbahren Verlangen / meinen kriechenden Wandersmann unter der Erden: Da man trefflich viel schöne Sachen und wunderbare Begebnüsse von Wasserleuten / Berg-Menschen / und allerley unter irrdischen antreffen und mit Anmuthigkeit lesen solle. Doch gnug.

Rübezahl ruhet auff einem Stein

Rübezahl ruhet auff einem Stein.

Es gedachte gleichmässig obiger Tabellarius, daß es unzehlichmal geschehen / daß der verstellte Rübezahl auff dem Gebürge unterwegens auff einem Steine geruhet / und wenn andere zu ihm im gehen gerathen seyn / sich nicht minder gestellet habe / als wolte er auch [172] an den Ort hingehen / da die herangenaheten Wandersleute hinzu gedächten. Und hierauff soll er eine ziemliche Ecke mit sie gespatzieret seyn / allerhand Reden geführet / sie ausgeholet / und gefraget: ob sie nicht vom Rübezahl was gehöret hätten? so ferne nun die geäffeten Leute sich verschnapt / und etwas widerliches gedacht / so soll er flugs einen Possen gerissen haben / theils mit Ungewitter / theils mit Verführung. Doch sollen endlich die Wanderer so gescheit hierüber geworden seyn / daß sie keinerley weges mehr auff dem Riesengebürge im Reden verhauen / oder einen Ungemach wider sie erwecken sollen. Offte soll auch eben dieser Geist sich wie ein rechter Bote ausgegeben haben / sich zu andern fürüber reisenden gesellet / und sie gleicher massen betrogen. Doch gnug.

Rübezahl ist ein Professor Medicinæ

[173] Rübezahl ist ein Professor Medicinæ.

Es sollen / nach dem gemeinen Gerüchte / alle Wurtzelmänner / Chymici und Edelgestein sucher desselbigen Gebürges / es nothwendig mit dem Rübezahl halten / und ihn für einen Præceptorem erkennēn müssen; so ferne sie seiner Gnade leben / des besessenen Schatzes Nutzen haben / und was tüchtiges davon bringen wollen. Man erzehlet auch noch ferner / wie gleich zu dieser Zeit am Gebürge ein alter Mann mit Nahmen Krebs wohnhafftig seyn soll / der allerley Raritäten und Artzeneyen von solchen seinen Oberherren mitgetheilet bekömpt; dadurch er alle Seuchen heilen / die Unbäßligkeiten vertreiben / und bevorstehende eventus prophezeihen kan. Dieser Mann soll nunmehr ein fast alter / doch schlechter Bauerkerl seyn / mehrentheils barfuß herein treten / und nach belieben viel [174] wunderliche Sachen ausüben. Nach belieben sage ich: weil nicht allezeit einem iedweden flugs wil auffhupffen / wenn es ihm nicht eben / und auffgereimet ist: Wie es denn nicht selten seyn soll / daß er vornehme Herren ungeholffen abweiset / so es ihm zu wieder ist / und sie nicht die gelegneste Zeit treffen; darwieder denn nichts will helffen / sie mögen schmeigeln / Geld über Geld diesen / oder zehenmal Doctor Krebs heissen; Denn also will sich der Doctor tituliren lassen / und ein richtiger Artzney Doctor seyn und heissen. Es soll / nemlich vor ein paar Jahren ein Freyherr an ihn Leute geschicket haben / und freundlich bitten lassen / er möchte sich doch stellen / und ihn zur vorigen Gesundheit verhelffen; Dem soll er zur Antwort haben sagen lassen: Euer Herr soll mich im Arsche lecken / was schier ich mich umb ihn. Doch gnug.

Rübezahlen wil ietzund ein Waldweib vertreiben

[175] Rübezahlen wil ietzund ein Waldweib vertreiben.

Es gebens die neulichsten Avisen / daß vor wenig Wochen sich auff der Schnee-Kippe ein wunderbarliches Waldweib habe sehen lassen / welches nicht gar groß / und sonsten umb und umb mit grünen Mooß verposamentiret ist. Hievon giebt man vor / daß es ein neu Gespenste seyn soll / welches von einem Teuffelsmeister daselbsthin / anders wo her soll gebannet seyn. Hiemit soll es ohn unterlaß der Rübezahl annehmen / seinen Orth vertheidigen wollen / und sich greulich mit der Bestie herumb kampeln. Da soll es wunderliche Sprünge geben / daß es die Leute nicht gnugsam beschreiben können; da sollen sie sich zerschmeissen / in deme der Rübezahl als ein alter Gast /seine vorige Residentz mantinirē / und ex præscriptione diuturni retrò temporis sie alleine beherrschen will; Das Hengers [176] Weib aber sich auff die Anweisung verlässet / sich auff die geschehene Zueignung beruffet / und immer saget: Veteres migrate coloni! Herunter du alter Hund / packe dich du verschrumfelter Abgott / trolle dich du Gaißmann oder Satyre. Hierauff soll er anheben und sagen: Schweig du Mutz / oder ich will dir deinen Moosichten und Moseowirischen Beltz zu laufen. Und in dem soll er hinter sie her seyn / und sie nicht minder wider ihn: Da soll es an ein turnieren gehen / daß alles knistert und knastert. Und also wird es hier einmal wahr / daß ein Teuffel sich wider den andern erhebet / sie einander die Kolbe lausen / und uneines werdē. Doch gnug von diesem Duell: Ein mehrers soll künfftig folgen. Doch gnug.

Rübezahl meyet Graß

Rübezahl meyet Graß.

Vor etwan dreissig Jahren / wie mir ein alter Kaßkundiger erzehlet / soll einer von Adel über das Gebürge gereiset [177] seyn / und unterwegens einē Grassemeyer ersehen haben / der auff der Wiesen in vollem Wercke begriffen / und sich es sehr hatte angelegen seyn lassen. Zu solchem hatte der Edelmann einen Diener geschicket / und vor seine Pferde ein paar bund Graß zu kauffen befohlen. Was geschicht? der Knecht bekömt das begehrte Graß / und gibt davon ein Theil seinen Pferden bald zu essen / ein Theil aber hebet er auff /auff weitern Bescheid und fernere bevorstehende Fütterung / aber wie solche verhanden / und er das Graß hat wollen langen / da hat er befunden / daß es nicht mehr Graß / sondern Bergwerg gewesen / drunter viel gediegen Gold gelegen: Welches vielmehr für seinen und seines Herrn Beutel / als für der Pferde Wagen dienlich gewesen. Doch gnug.

Rübezal kochet Krüll-Erbsen

Rübezal kochet Krüll-Erbsen.

Es waren einsmahls etliche Handwercks-Bursche[178] müde und hungerig geworden / und hatten auff dem Gebürge zu essen gewünschet / so ferne sie es nur hätten können habhafft werden: Und in dem sehen sie ein Haus am Wege / darinne kehren sie ein / und begehren von dem Hauswirth umb Geld ein stücke Essen / welches ihnen auch nicht versaget / sondern gar bald dargereichet worden: Da sie denn unter andern / Brot / Käse / und andere geringe essende Waaren bekommen / welches sie verzehret / und den Bauch damit erfüllet haben. Wie sie nunmehr aber sich wieder haben auffmachen wollen / da sehen sie /daß der Gastgeber beym Feuer ein Topff Erbsen stehen gehabt / zu solchen kriegen sie abermahl Beliebung / und bittet ein iedweder umb eine Hand voll Krüll-Erbsen / die er mit sich auff den Weg nehmen /und vernaschen mōchte. Solche werden ihnen auch nicht versaget / sondern nach belieben mitgetheilet: Und besackt also ein ieder seine [179] Schiebsäcke mit dergleichen halbgekocheten Erbsen / und ghen hiemit davon. Wie sie eine weile hernach an die Nascherey gedencken / und unterwegen davon schmausen wollen / siehe / da ziehet einer Kühemist / der ander Pferde-Dreck / der dritte Schweinsqvarck / der vierdte Eselsförtze / und der fünffte Hundesscheisse herfür / und weisen den Quarck alle zugleich mit einem Gelächter auff / wünschend / daß der Wirth müchte für allen Henger am Galgen hangen / der sie so gehudelt hätte: Und gehen darauff unwillens ihres Weges fort / biß sie in eine andere Herberge einkehren / und die Schelmerey dem Hausvater erzehlen. Wie solcher es gehöret / und der Sachen läufftig und wohl erfahren gewesen / hat er ungefehr gesaget: Ey ihr Herren / vielleicht wisset ihr nicht einmahl recht / was ihr gehabt und verworffen habet. Darauff fangen sie alle an / und lachen den Reformirer aus / sprechende: Was / zum[180] Teuffel! meinet ihr denn / daß wir blind gewesen seyn? Es war ja lauter Scheisserey was wir hatten. Und in dem langet einer hin / und wil zum Warzeichen seinen besudelten Schiebesack heraus ziehen /den Wirth zu überzeugen / aber wie er fertig gewesen / da springen zwey unvermuthliche Goldgülden auff den Tisch: Drüber seine Kammeraten lustig werden /und gleicher massen ihre Diebessäcke visitiren / und alle Stücklein Gold / einer mehr / der andere weniger /herfür bringen.

Rübezahl hauet Späne

Rübezahl hauet Späne.

Vor etlichen Jahren sol ein Mägdlein ungefähr einen Holzhacker auff dem Gebürge erblicket haben / zu solchen ist sie (wie mir alhier ein Goldschlägers Gesell beygebracht hat / der des Ortes gereiset / und gar wohl kündig ist:) hingegangen / und hat umb eine Schürtze voll Späne gebeten / welche sie auch leichtlich erhalten / wie wol sie / sie schwerlich [181] behalten hat: Denn als sie eine Ecke weg gekommen / da seynd ihr die gesamleten Splitter so schwer geworden / daß sie etliche hat müssen wegwerffen / nach welcher Verlust sie eine Erleuchterung vermercket / und mit den übrigen fortgetrabet ist. Aber wie sie wiederumb ein bißgen weiter gerathen / da deuchtet ihr abermahl /daß das Holtzwerck unmüglich / wegen vermerckte Beschwerung / könte mit einander fort geschleppet werden / drauff sie von neuen etliche Späne wegschmeisset: und solches etliche mahl verrichtet / biß sie endlich den Rest vollendes auff die Erde und zu Boden aus Unbilligkeit wirfft / und also leer nach Hause schleicht: Weil sie so gesehen / daß sie durchaus mit dem Qvarge nicht möge fortkommen. Wie sie nunmehr so gut nach ihren Herren wiederumb kömpt /als sie weggegangen gewesen / wird sie zu Rede gestellet / da sie sich denn weinend entschuldiget / sprechende / es were ihr etliche mahl so [182] ängstiglich geworden / daß sie endlich froh gewesen / wie sie der Last überhoben geworden / durch freywillige Außschüttung des Holtzwerges: Und in dem siehet der Mann auff ihre Schertze etwas blanckes und gläntzendes Ding / gehet hinzu / und krieget sie dabey / aber bey das blancke Ding meine ich: Da er denn befindet /daß es ein stücke Gold gewesen / und derentwegen das Mädgen zurücke schicket / das verwährlosete zu suchen: Aber da war eine Eule gesessen / und nichts befindlich gewesen. Doch gnug.

Rübezahl verwandelt sich in einen Botenspieß

Rübezahl verwandelt sich in einen Botenspieß.

Es soll einsmahls ein Bote den Rübezahl geschabernacket haben / welcher sich auff solche Art gerächet /und seine Scharte ausgewetzet hat. Nemlich wie dieser Bote auff dem Gebürge in eine Herberge eingekehret gewesen / und sein [183] Spieß hinter die Thüre gesetzt gehabt / Siehe / da soll der schnackische Geist denselbigen Spieß weg partieret / und sich in ein gleiches verwandelt und dargestellet haben. Wie also der Bote nach geschehener Außruhung / abgereiset und sein Spieß hervor gesuchet / auch damit alleweile auff dem Wege gewesen; da gleitet er etliche mal aus / daß der Bote ohn unterlaß für sich mit der Nase in den ärgsten Dreck fält und sich wie eine Sau besudelt: Ja also offtt war es geschehen / daß der Kerl seinem Leibe kein Rath gewust / wie er mit seinem Spiesse dran wäre und warumb es so außgelippert / oder in der Erden nicht hafften wolte. Er besiehet es in die Qver und in die Länge / bald unten / bald oben / und findet keine gesuchte Veränderung. Gehet drüber mitler weile ein wenig weiter fort budutzt liegt er abermahl in Morast; und schreyet ach und weh über seinen Spieß / daß er ihn so verließ / und keine Hülffe verhieß. [184] Doch richtete er sich auffs neue empor und kehret den Spieß umb auff der andern Spitze; wie dieses geschehen / da fällt er allemahl rücklings in den tieffsten Dreck / und hatte er vorher sich forne beschmutzet; so bescheust er sich nunmehr hinterwerts noch ärger; und siehet wie ein leibhafftiger Misthammel aus / der dem Henger aus der Bleiche entlauffen. Drauff nimbt der albere Schöps sein Spieß auff den Nackē wie ein Pieckenier / weil es so auff der Erden kein guts thun wollen; und gehet also / wie ein rechter Finckenritter daher: doch lässet der spießbare Rübezahl dennoch seine Hudeleyn nicht; sondern rücket den Boten / als wenn er etliche doppelte Hacken trüge / und dannenhero von einer Schultern zur andern die verspürete Laß hebet; biß er endlich aus Unleidigkeit den ungearten Spieß in des bösen Feindes Nahmen wegwirfft und bloß davon gehet. Aber wie er etwan eine viertel Meile also unbespiesset [185] reiset / und sich ungefähr einmahl umbsiehet / siehe / da lieget sein Spieß bey ihm: Drüber er sehr erschricket / und nicht weis / wie er dran ist. Er fasset dennoch endlich getrost zu / hebet den Spieß auff / und weis nicht / wie er sich ferner damit geberden soll / daß er ihn an die Erde setzete / hat er keine Lust mehr: Daß er ihn auff den Puckel fassete / trug er einen Abscheu: Drumb nahm er ihn in die Hand / also daß er ihn mit der Erden parallel trug: Aber / siehe abermahl / da wird ihm desselben seiten Fuß so schwer / daß er ihn nicht aus der stelle bewegen vermochte; und wie wohl er umbwechselte aus einer Hand in die ander; so wolte es doch nicht anders werden / sondern blieb bey der alten Geige. Drauff nahm er es noch auff eine andere Weise mit seinem Spiesse vor: nemlich er ritte drauff / wie ein Kind auff den Stecken; und spielete nach den alten Verse das ludere par impar, eqvitare arundine longa. [186] Und auff diesen Schlag ging es von statten /wie es geschmieret were: Nemlich er kam eilends fort / fühlete keine Müdigkeit / und dauchte ihme nicht anders / als wenn er ein schnelles Roß oder Beyfuß unter sich hätte. Er ritte aber ohne Auffhören also immer fort / biß er vom Gebürge in ein Städtlein kam / und den Bürgern ein sonderliches Gelächter erregete. Hatte dieser Bote sich nun also vorhero wacker leiden müssen / so war er dennoch zu letzte wiederumb erqvicket worden: Und getröstet sich nunmehr eben derselben Erqvickung in den andern hervorstehenden Reissen; da er allemal auff seinen Spieß zu reiten gesonnen war: Aber vergeblich; denn der Rübezahl hatte seinen Lauff vollendet / und seine Lust mit dem Narren gebüsset; drumb er sich aus dem Staube machete / und das warhafftige Spieß unvermercket wieder zu Wege brachte: Welches keine Possen mehr machte / sondern auff die alte [187] Manier wie ein ander Spieß sich mit seinen Herrn verhielte.

Rübezahl macht Wurste

Rübezahl macht Wůrste.

Vor weilen soll ein Hausmann etliche Schweine haben schlachten lassen / und einen Schlächter darzu gedünget haben / Würste draus zu machen / und das übrige auff eine andere Art zugebrauchen. Hierzu soll sich aber in verborgener Gestallt der Rübezahl gefunden haben / der für alle seine Mühe / vom Wirthe nichts mehr begehret / als nur so viel Würste so viel er in eine Mahlzeit bezwingen möchte. Der Haußmann lässet ihme die Kurtzweile grösser und schon gefallen / gedenckende / daß es so eben viel nicht seyn könte / was der Schlächter fressen würde: Und übergibet also das Sauwerck dem gedungenen Abentheuer. Dieser machet sich hurtig drüber her / verfertiget seine Arbeit auffs allerbeste / und wie die [188] Würste nunmehr auch alle gekochet gewesen / da spricht er zum Haußherrn / da er fast hungerig were / und seine Würste / dem Verlaß nach / gerne ietzund auffschmausen wolte. Wolan / sagt jener / friß daß du satt wirst. Und hiemit setzte sich der Rübezahl bey alle vier große Kessel / und fraß über die anderthalb hündert Würste ohne einige Abwehrung in seinen unersättlichen Magens Abgrund hinein. Drüber der Haußherr theils erstarret / theils auch aus Zorn ergrimmet wird / und einen grossen Böhmischen Ohrlöffel her vor suchet / den unverschämten Wurstfresser damit abzuschmieren; Wie es denn Rübezahl auch geschehen lässet / und gleichsam etliche harte Püffe außstehet / ja sich so zu dreschen lässet / daß er für gestellete Hertzens Angst / vier grosse Scheißhauffen nach einander im Hause / für die vier außgefressene Kessel hinsetzet / und davon läuffet. Lasset mir das eine Wurst-Comödie (à comedeno) [189] seyn. Wie denn / Comödie / Lieff es doch gar elende ab: Es möchte vielmehr eine Tragödie seyn. Nein / das beste steckt noch darhinter: Es ist der Herr noch nicht so sehr beschiffen worden / wie du wohl meinest; Denn wie der Knecht den Unflath wegreimen müssen / da hat er unter alle Hauffen etliche Ducaten gefunden; Und eine Stunde hernach hat er der Herre selber alle seine Würste nach der Reige rings umbher in den Garten an die Wände gar zierlich auffgehengt gefunden / also / daß es zu ein recht Wurst gaudium hinaus gelauffen. Und warumb solte es denn nicht / nach diesem Verlauff /eine Comödie können genennet werden?

Rübezahl verehret einem Studenten einen Stab

Rübezahl verehret einem Studenten einen Stab.

Vor etwan 18. Jahren sollen ein paar arme Studenten über das Gebürge ihre Reise verrichtet haben; und endlich [190] im gehen zu einem fliessenden Wasserbach gerathen seyn / darüber es ihnen unmüglich gedauchte zu kommen / weil er ziemlich breit / und fast tieff geschienen. In deme sie sich nun also bekümmern / und in die Köpffe kratzen / da gerieth der Rübezahl zu sie in eines Wanderers Gestalt / und verehret ihnen einen hüpschen Stock / sprechende: daß sie mit solchem ohne Mühe über alle Wassser könten kommen. Diesen Stecken und Stab nehmen sie an / und thun gleich einen Versuch: Siehe / da kommen sie ohn alle Gefahr in geschwinder Eyl über das Wasser / nach dem sie nur den Stab hinein gesetzt. Hierüber werden sie froh / und halten das Holtzgeschencke sehr hoch / gerathen aber druber endlich in eine Herrberge; da sie solchen Tröster und Scipionen hinter der Thür zur Verwahrung stellen / und den andern Tag / wie sie abscheiden / aus Unbedachtsamkeit vergessen. Wie sie nun den folgenden [191] Morgen fürüber ziehen / da gerathen sie abermahl an einen Sumpff / welchen Rübezahl ihnen zum Possen gemachet hatte: aber da war noth verhanden / wie sie allhier hinüber kommen möchten. Sie versuchens wie sie wollen / und prarticirens auff aller hand Art / so kömpt es ihnen ie länger ie unmüglich für / also daß sie nothwendig bey eine Meilewegs wiederumb zurücke müssen lauffen / und den vergessenen Stab holen. Wie sie den erlanget / und drauff zum Wasser gekommen; sind sie ohn allen Schaden mit schlechter Bemühung hinüber kommen / und haben drauff den Stab ie länger ie lieber gehabt: Biß sie von neuen in ein ander Wirthshaus einkehren / und den folgenden Tag für solchen Stock ein gülden Spanisch Rohr ertappen. Drüber sie noch mehr lustig werden / das Kleinod theilen / und sich mit dem Werth eine lange Zeit durch ihre vorgenommene Reise behelffen / glücklich fortkommen / und [192] ihre Wahlfahrt verrichten. Doch gnug.

Rübezahl macht einer Magd einen Ziegenbart

Rübezahl macht einer Magd einen Ziegenbart.

Vor wenig Jahren hat eine Magd hart am Berge gegraset / so etwan aus dem nechsten Dorffe gewesen; In deme sie auff der Wiese ihres Thuns abwartet / und das Graß herunter sichelt / so singet sie darzwischen allerhand possierliche Liederlichen vom Rübezahl /(ey / ey / wer dieselben auch hätte / der könte hören wie sie klingen. Nim du aber dieses hieraus / daß die Sache vom Rübezahl in Schlesien so gemein sey / daß man Sprichwörter und Reime davon macht / etc.) In dem nun also diese Magd in dergleichen Andacht begriffen / siehe da kömpt der Rübezahl in eines Bauren Gestalt zu sie / fraget / ob sie vom Rübezahl nichts gehöret hätte? Und ob sie ihn gerne sehen möchte? Er wolte ihr ihn gleich zeigen? drauff soll [193] die Magd gesprochen haben / Nein: Ich begehre ihn nicht zu sehen / wer weiß was er mir zum Schabernacke thun möchte. Und indem greifft der Rübezahl ihr an den Kinn /und gehet davon. Wie nach diesem die Magd mit ihrer Hucken Graß in das Dorff gegangen / da lachen sie alle Leute aus / und fragen wo sie zum Ziegenbart gekommen were? Die verhöhnete Magd greifft ihren Kinn in die Qver und in die Länge an und bespiegelt sich bald unten bald oben / theils in ihrem dreyhellers Spiegel / den ihr der Knecht vergangene Messe gekauffet hatte / und find kein Arschhar vom Barte an ihre Schnautze / wie lange sie auch damit zukehre gehet / denselben / da sie mit verwirret worden / selber zu schauen. Immittelst bliebe es dennoch aber dabey / daß sie alle Bauerhachen Clauß und Hans /etc. auffzogen / daß sie einen stopfflichten Ziegenbart hätte; Nemlich sie hatte eigentlich solchen Bart umb ihre Gosche [194] vermercket / nach dem sie der Rübezahl auff der Wiese gezeichnet / und an das Kinn gegriffen hatte: Da sie denn auch ihr Lebelang sich also hat mir dem gemachten Bart schleppen müssen / ungeachtet /daß sie nichts davon gewust hat. Sehet / also hat mancher was / und weis selber nichts drüm. Viele haben Hahnreyns Hürner / und haben sie ihr Lebenlang nicht begrabbelt. Viele haben Schwäger / und haben sie niemaln also geheissen / noch dafür erkandt. Also hat auch diese Magd ihren flußhafftigen Ziegenbart /ob sie es schon selber nicht glauben nicht mercken kunte. Sie gieng damit zu Bette / sie stand damit auff. Sie melckete damit (mit der Hand meine ich / doch mit einem Ziegenbarte außgestaffiret /) die Böcke /die Kühe wolt ich sagen. Sie gieng damit / (mit ihren Pfoten meine ich / doch war der Ziegenbart nicht über drey und sechs Spann davon /) zu marckte. Sie gieng damit zum Tantze / und sprang bald [195] Viertel bald Ellen hoch damit herumb / und ob sie ihn schon nicht striche / und betappete / so kriegten sie die Knechte dennoch dabey / und trieben ihr Gelächter mit sie /biß sie endlich gar zur Närrin ward. Lasset mir das einen Barbatam venerem seyn / und erbare Jungfer. Das beste isr hierbey / daß sie ihn nicht durffte putzen lassen / und ein übriges geld auff ein Schermesser wenden. Er nam nicht ab und zu / sondern blieb allzeit in einer grösse / wie denn der Ziegenbock auch dieses Vortheil selber hat / daß er dem Balbier nicht viel Pfennige über seine Lorbeeren / zum Haarscheeren wenden darff. Er stutzet Jahr aus Jahr ein / nach wie vor mit seinem stopfflichten Barte / und schantzigen Nesenreisern / und bleibet stetig an seinem Beutel verschonet / daß er denselben zum Geldgeben nicht auffziehen darff / es sey denn / daß dieser Vir gregis, ipse caper, seiner Stallfrauen der Mutter-Ziegen eine Lust wachen [196] wolle / und Spieleute dingen / daß sie hüpffe und frölich sey / und über etliche Monat ein paar junge Zickligen bekomme / da muß der Beutel herhalten / und sich lösen lassen. Doch gnug vonn dieser Bart-Ilse / ich begehre nicht ein Haar weiter von sie / sondern will ihren Ziegebart hinführo ungeschoren lassen. Doch gnug.

Rübezahl verwandelt sich in einen Stein

Rübezahl verwandelt sich in einen Stein.

Vorweilen hatte ein Bauer einen grossen Kober voll Eyer auffgesacket / gieng damit auff das Gebürge / sie andern zu verkauffen; Und in dem er also auff dem Wege war / auch müde drüber ward; da er sahe er ungefehr einen hübschen grossen Stein / zu solchem gieng er hin seine gewünschte Ruhe zu pflegen: Aber / indem er nieder sinckē wolte / da verschwindet der Stein unter ihm / und fället budutz mit allen Eyern rücklings herumb / und macht in Eyl einen [197] greulichen grossen Kuchen / den der Teuffel und seine Mutter nicht möchte fressen / weil er roh und ungebacken blieb. Nach geschehner Niederlage richtete sich der arme Eyer-Käuffer wieder auff / heulete und weinete /wie eine alte Hur / daß er so elendiglich umb und über seine Eyer gekommen were. In dem er aber so grausete / da wird er ungefehr ein Beutel voll Geld vor sich liegend gewahr: drüber wird er wieder lustig / und springt, mit seinem leeren Korbe in aller Herrligkeit umb den Beutel herumb. Doch gnug.

Rübezahl schiesset ein wild Schwein

Rübezahl schiesset ein wild Schwein.

Es soll einmal ein armer Bauer über das Riesen-Gebürge gegangen seyn / welcher noch zu brocken noch zu beissen gehabt / und ziemlich hungrig gewesen / in solchen ist der Rübezahl gekommen / in eines Jägers Gestalt / hat ihn beklaget / und endlich zu Gefallen[198] ein Wild Schwein geschossen / daß der hungrige sich davon ernehren und sättigen möcht / welches auch geschehen; In dem noch zum Uberflusse der Rübezahl das Schwein gekocht / und ein Messer zu verzehren darzu gegeben hat / welches hernach lauter Gold geworden. Doch gnug.

Rübezahl lässet zu Gefattern bitten

Rübezahl lässet zu Gefattern bitten.

Ich habe es mir von einem alten Schlesischen Bürger erzehlen lassen / wie nemlich der Rübezahl vor etwan 38. Jahren zu einem Boten ausserhalb dem Gebürge in einem benachbarten Dorffe gekommen sey / und ihm etliche Brieffe übergeben / solche an gewisse Leute im nähesten Flecken zu bringen / damit sie sich des folgenden Tages ohne beschwert zu ihme (dem Rübezahl der sich wie ein Hausvater gestellet /) verfügē / und zu Gefattern stehen möchten. Was geschicht: der Bote bekömpt [199] zum Trinckgelde erstlich 7. Groschen / solche waren alle umb etliche Stunden /wie er im bestimpten Orte angekommen / und die Schreiben lieffern wollen / zu Goldgülden geworden. Die Brieffe aber so jene Leute empfangen gehabt /waren alle mit einander entzeln zu viereckichten Schaffkäsen geworden / darauff ein Ducate zum Siegel geruckt gewesen; Wie hernach ein ieder für sich befunden soll haben / wie der Bote seines Weges wiederumb weggegangen ist gewesen.

Rübezahl verehret einem Schüler ein Buch

Rübezahl verehret einem Schüler ein Buch.

Vor Jahren soll ein reisender Studente oder fahrender Schüler über das Riesengebürge alleine für sich / aus Böhmen in Schlesien gewandelt haben: da er unterwegens gar schwermütig geworden / wie er seine angefangene Studia möchte fortsetzen / oder mittel Bücher zu kauffen / und collegia zu halten / [200] überkommen; In deme er sich also mit diesen Gedancken schleppet: Siehe so kömpt gleich der Rübezahl in Gestalt eines reichen Kauffmanns nebenst einem auffwartenden Diener zu ihm getreten / lässet sich in Discurs ein /und vernimbt hiermit die Kleinmütigkeit des Burschen / welcher sich völlig mit kläglichen Worten gegen ihm heraus läst / und seine Noth bester massen fürbringet; Was geschicht? Wie jener Studiosus seine Armuth weitläufftig gnug entdecket hatte / und sonderlich eine Begierde zu einem gewissen Buche verstanden gehabt; da spricht der Rübezahl: er soll mir zu frieden seyn / sintemal er solches Buch gleich bey sich hätte / welches er ihme hiemit verehrete. Und indeme hat er gleichsam ein Qvartbuch aus seines Dieners Rentzel herfür gelanget / spendiret / und durch einen andern Weg von ihm geschieden. Der Studente aber hat solch Buch mit grossem Dancksagen auffgenommen / [201] und ist damit heraus nach Rostock gezogen; da er erstlich soll inne geworden seyn / daß erhaltene Buch eine Kräuter oder Gewürtzschachtel gewesen / welche voll lauter Ducaten gelegen / damit er etliche Jahr auff die Academie sich unterhalten / und endlichen Doctorem soll promoviret haben: Ey du lieber Rübezahl / kom doch auch einst zu mir so gnädig / und spendasisch / und gib mir eben dergleichen Stipendium, wie du jenem bedürfftigen gethan: Es soll mir eben so nütze werden / und wil es gleichesfalls nicht uneben anwenden.

Rübezahl verkauffet Federspulen

Rübezahl verkauffet Federspulen.

Es hat mir folgendes ein vornehmen Mann communiciret / daß er nemlich in seinen jungen Jahren / da er noch ein Schüler gewesen / und schlechte Mittel zu studiren gehabt / ebenmässig über das Gebürge gereiset sey / nebenst [202] noch andern Mitschülern mehr: da sie denn / die lange Zeit vertreiben / allerhand Reden begonnen / und von einer Materi zu discuriren auff die ander gefallen weren: Unterdessen soll es sich zugetragen haben / daß hinter sie ein Bauersmann gegangen kommen / welcher einen gantzen Arm voll Federspulen gehabt / die er feil geboten / und für das Schock einen Groschen begehret hat. Von dieser Waare hat domahln ein ieder etwas genommen; einer für sechs Pfennige / und fort; und waren darauff nach verrichteter Kauffschlagung fort marchiret / und die hatten die Federn zu sich gesteckt; biß sie endlich zu den Ort gekommen / dahin sie getrachtet gehabt. Daselbsten sollen sie bald befunden haben / daß alle Spulen zu lauter gediegen Gold verwandelt gewesen /und also viel Sachen gnug vor ihr wenig Geld gehabt. Ja es thate jener Mann noch dieses hinzu daß sie viel Jahr von den Federn studiret; und er [203] noch heutiges Tages ein paar zum Beweißthumb hätte.

Rübezahl setzet einem eine lange Nase an

Rübezahl setzet einem eine lange Nase an.

Im nechsten Dorffe am Gebürge soll vor diesem ein Bauerhache / oder Pferdelümmel vielmahl auff den Rübezahl geschmelet haben; daß er ihn einmahl verführet / und auff den Irrweg gebracht gehabt. Uber dieses Gefluche soll auff eine Zeit der ungedultige Geist zumasse gekommen seyn / und von unbescheidenen Rülpsen gefraget haben / ob er denn sein Lebelang nicht mehr zu Rübezahlen zu kommen gedächte: Als er sich vielleicht noch weiter rechnen würde; dieweil er auff ihn so stänkerte unn lasterte? Drauff sol der Ochse gesaget haben: was schier ich mich umb den Rübezahl? Er soll warten / ehe er mich wieder habhafft werde / oder [204] ich zu ihm nahe. Drauff hat der Rübezahl zur Antwort gegeben: Wie / wenn er denn einmahl zu dir käme / und deinen Lohn mit brächte? Und hiemit hat er ihn / (den Knecht /) an sein Dampff-Horn oder des Kopffs Feuermäuer gegriffen und wacker gezerret; biß er einen hübschen grossen Näsenpöpel / einer halben Ellen lang / heraus gebrocket; und den Flegel damit / umb seine Brot-Futze geschmieret gehabt; und endlich hiemit verschwunden. Dem Knechte aber soll hernach allezeit gedauchtet haben / daß er wahrhafftig so eine lange Nase hätte /daß er drüber fallen möchte / wenn er sie nicht auffhübe: Und soll derentwegen allerhand lächerliche Lufftgriffe begonnen haben / die Nase von der Erden hinnauff zu zerren / daß er fein auffgericht dafür gehen möchte. Ja er soll aus dieser Ursachen einen langen Strick umb den Hals getragen haben / damit der Nasenkönig seinen Rüssel drinnen befestigte /oder hinein gienge; wie [205] einer der zu Ader gelassen hat / hat seinen Arm manchmal in eine Binde zu tragen pfleget / damit er ihn nicht verletze. Und auff diesen Schlag soll der Nasica oder Nasulus auch sein Dampffhorn in acht genommen haben. Er soll aus dieser Einbildung keinen Menschen zu nahe gekommen seyn / sondern auffs wenigste ein Schritt oder viere sich von einen iedweden entfernet gehalten haben /damit er ja keinen offendirete oder mit der Nase durchborete. Weiter soll er auch wunderliche gesticulationes gehabt haben / wenn er eine Thür hat wollen auffmachen / da soll er alleine erstlich rücklings hinangeschlichen seyn / und also auffgeklincket haben /hernach soll er wiederumb vor sich zurücke gegangen seyn / auff ein Schritt oder zehen / hernach drauff herumb geedrehet / und also in einer sonderlichen Grandetze zur Thür hinein gewandert fryn. Noch ferner soll es viel schnackischer gestanden seyn / wenn er für [206] sich von der Erden hae wollen was auffheben / da soll er mit seinen Halßstricke die vermeinete lange Nase etwas auff eine Seite bügen wollen / und also mit verwandten Gesichte hinunter langen. Und was für abentheuerliche Stellungen / und kauderwelsche Geberdungen mehr mögen vorgefallen seyn. Da dieses auch noch hinzubringen ist / daß / wenn er eine Lutze hat hertzen wollen / er seine eingebildete Nase erstlich /ich weis nicht wie hoch in der Lufft / mit dem Stricke erhoben / und hernach auff einer Seiten hingeschlichen / und Witz einen Schmetterling von der Klunte genommen. Er soll auch immer wie ein geborgeter Spieß / und Flegel ohne Gelencke gerade gegangen seyn / oder sich mehr hinterwerts wie die Störche wenn sie klappern wollen / als vorwerts gebücket haben / damit er ja die Nase nicht versehrete / oder einen beschrüffelt. Wenn er in der Ernde das Korn vom Felde / oder das Graß von der Wiesen [207] hat meynen sollen / so hat ihn seyn Herr gar schwerlich darzu bringen können. Ist aber die Schererey endlich angegangen / und er über das Korn / wie die Katze über die Maus / gerathen / so hat er seinen bedünckten Nasenbalcken mit dem Halsbande trefflich hoch gleichsam hinauff gezogen: Damit er so nicht ein Stücke herunter sebelte. Endlich soll ihm ein anders eingefallen seyn seine Nase besser zu Handhaben / und soll sie / weil sie ihm weich vorgekommen / gantz krumm wie ein Ziegenhorn / oder Spira gedrehet und also mit einer Schnur zusammen umb den Ropff gebunden haben / damit sie ja nicht aus dem Geschicke fiele. Hat er aber sich schneutzen wollen / so hat er sie wiederum auffgelöset und nach der Länge / wie ein Wesebaum wegspringen lassen: Hernach hat er die eine Faust ein paar Spannen vom Maule / die ander aber ein Spannen oder sechse in die Lufft von sich gehalten / und die Nase / nach [208] seinen Wahn / gefasset / und dichte drauf geschnodert. Aber gnug von diesen naseweisen Knollen / welche ich allhie zum ersten Aprill will verschicket haben: Es hüte sich aber ein ieder /daß er sich nicht an ihn stosse / das Nasenbein verletzet / und den armen Kerl gar zum Tellerlecker mache.

Rübezahl setzet einem eine lange Nase an [1]

Rübezahl verkaufft ein schön Gemählde.

Es ist noch unlängst geschehen / daß ein sonderlicher Liebhaber der Bilder oder Kunst Händler über das Gebürge gereiset; in Willens von den Mahlern hin und wieder köstliche verfertigte Sachen einzuhandeln / und seine Schinderey damit zu treiben. Da soll unterweges zu diesen Menschen der Rübezahl in Gestalt eines Juden gemachet seyn / und etliche zumsammen[209] gerolte künstliche Bilder præsentiret und feil geboten haben; welche dem Vorkäuffer trefflich behaget / und sie flugs mit einander vor ein billiges bares Geld gehalten hat. Aber was geschicht? Wie dieser Kunsthändler in einer bevorstehende Messe die ausgebotenen Bilder einen vornehmen Manne weisen und anschmieren wil; da beschmieret er sich zu erst damit; sintemahl sie nur eine geflochtene Decke von Schilffe gewesen / welche mit Menschenkoth beschmieret befunden worden: Drüber nicht allein ein grosser Gestanck / sondern auch unmässiges Gelächter von den Beystehenden geworden; wie ihnen die Sache außführlich der betrogene Kerl erzehlet gehabt / und sie eigendlich verstanden haben / daß der Posse zum Rübezahl gestifftet gewesen.

Rübezahl bildet einem Hörner ein

[210] Rübezahl bildet einem Hörner ein.

Vorweilen soll ein Schäfferknecht sehr auff dem Rübezahl gestichelt haben / welchen der Rachgierige Geist einmahl im Felde angetroffen / und gefraget soll haben / was er vom Rübezahl hielte; da er denn auff seiner gewohnter Grobheit flugs heraus gefahren; Ich halte nicht ein Haar auff den Teuffelskopff; Und auff diese Wörter soll ihn der Rübezahl flugs an den Kopff gefasset / und in seinem Gehirne ein paar lange Ochsen Hörner imprimiret haben: Sprechende: ho ho; Brummer / stoß mich nur nicht: und hiemit soll er von ihme in eine ungeheure Gestalt geflogen seyn: Nach welchen dem Schäffer darauff immer vorgekommen /wie er zwey lange ungeschieckte Körner trüge; dabey er keinen Rath gewust / wie er sie solte loß werden oder füglich bemänteln möchte / da er [211] denn bald dieses / bald einander Mittel zur Hand genommen / die öchsliche Hirschweihen abzuschaffen / welches aber niemahln hat wircken wollen: biß ihm endlich soll referiret geworden seyn; daß dergleichen sonsten mehr vorgienge / da die Leute Hörner kriegten; welche sie füglich auff der Universität von Dipositor abraspeln oder weg höbeln liessen. Dieser Vorschlag hat hierauff dem Schäffer gefallen / ist mit etlichen Bachanten auff die Messe nach einer Universität hingezogen / hat so viel Geldes drauff gewand / als einander und sich wacker zu schurügeln lassen / biß daß das Blut vom Kopffe gelauffen / und endlich die Einbildung hiemit verlohren worden.

Rübezahl bildet einem Esels-Ohren ein

Rübezahl bildet einem Esels-Ohren ein.

Vor 11. Jahren soll ein Häscher aus Schmiedeberg dem Rübezahl verunglimpfet / unn ihn übel nachgeredet habē: [212] drauff soll es sich erzeiget han / daß der Galgenschwengel einmahl auffs Gebürge gekommen; da ihn der Rübezahl ertappet / und seine unnütze Schnautze also eingetrieben hat. Nemlich er soll ihn gefraget haben; ob er von Rübezahl nicht was gehöret hätte; drauff soll der Rübezahl den eilfertigen gribhominem bey der Cartause gebriegt haben / sagende; halt Bruder: Hastu keine Ohren / ich will dir ein paar Horchlöcher machen; daß du es dein Lebtage nicht vergessen sollst. Und hie mit soll er mit ihm verfahren seyn / wie der Apollo mit den Poeten / (vellit aurem cynthius: secundum Virgilium,) nemlich er hat ihn dermassen zuzwacket: daß der ärger / als neulich der allhier zu Leipzig außgestrichener Juda geschryen / und ach und Weh geruffen; biß sich endlich der Rübezahl des Viehes erbarmet / und den Henckersknecht hat lauffen lassen. Und wiewohl dieser gedemütigter keine [213] Veränderungen eigentlich an seinen Ohren verspüret; so ist er doch andern Leuten sein Lebelang nicht anders fürgekommen; als wie er ein paar ungeheure Horchtauben hätte / als aller Hasen Großmutter / und ist auch auff diese Weise unauffhörlich damit gedrillet worden biß daß er sich auff allerhand Mittler bēsonnen / damit er das Midas Werck verdecken und unkentlich machen möchte: Aber es hat nichts darwieder wollen helffen; ob er gleich noch so eine grosse Parüche gebrauchet / einen breiten Hahnreys Hut zugeleget / oder sich sonsten umbhüllet gehabt: So sind doch die beyden Ohren über allemasse auff beyden Seiten / über halb Ellens lang heraus gestanden / oder männiglich vorgekommen; daß es unmüglich gewesen / sich dafür zu verbergen. Doch ist endlich vermercket worden / daß sich das Ding verlohren; wenn er seine eiserne Sturmhaube auffgesetzet / und darneben den Heschers [214] Flegel auff die Schulter genommen / Welches er denn täglich ja stündlich gethan / und sich in erklärter Positur immer wie ein gewapneter Stutzers Monsier hat sehen lassen.

Rübezahl verborget Geld

Rübezahl verborget Geld.

Es soll gar ein gemeines seyn / daß freche Leute zu diesem Geist auffs Gebürge gehen / und ihm so viel Geld abborgen als sie begehren; welches er ihnen denn auch nicht versaget / sondern flugs baar darzahlet / und zwar ohne Forderung der Zinsen und interesse; doch begehret er von sie / daß ein ieder gewisse inne halte / und das Capital richtig in gewisser Zeit und Stunde lieffere. Geschiehet nun solches / und die Leute bringen es zu rechter Zeit wieder / so sollen sie viel Glücke zu erfahren haben; Verseumen sie es aber entweder aus Unbedachtsamkeit oder Muthwillen und Betriegerey / theils daß sie mit [215] dem Gelde verzögern /theils auch / daß sie es gar miteinander zubehalten gesonnen seyn / so sollen sie nach Unterschiedligkeit der verdienten Straffe Unglückselig seyn / oder trefflich geplaget werden. Ja etlichen soll er gar den Hals gebrochen han / etliche auff eine andere Art gestürtzet / sie mögen auch so weit in die Welt gezogen seyn /als sie gewolt / so hat nichts darwieder geholffen. Weil nun diese Praxis mit des Rübezahls Schatzkammer so gar offte soll ins Wercke gesetzet werden / so hat man an unterschiedlichen Orten in Schlesien gar ein Sprichwort davon gemacht / daß man saget: Hast du kein Geld zu bezahlen / so borge von Rübezahln was. Item / wo hastu so geschwinde das Geld her bekommen / du wirst es gewisse von Rübezahln geborget haben. Item / ho ich wil bald Geld bekommen: Ich wil nur nach Rübezahln hingehen / er wird mirs nicht versagen. [216] Lernet also hieraus / die ihr es nicht verstehet / wie der Rübezahl so barmhertzig und gutthätig sey: Und wie er die unrichtigen Schuldner treibe / ihr Gewissen rühre / und nicht eher abelasse / biß die sich einstellen. Das wär ein Mittel / wenn alle Leute so kräfftig weren / wie die Panckerotirer / die immer auff ein gut berath und ins Gelack von ihrenCreditoren auffnehmen / was sie mit Hinterlist außbringen können: In dem sie immer das rips raps in meinen Sack spielen / biß sie endlich gar verspielen /und mit dem Schelm zum Thor hinaus gehen müssen. Ey / ey / würde Rübezahl darhinter her seyn / unn sie zu Chor treiben / oder das diebische Hertze kräncken und zwacken; Was gilts / sie würdē sich eines bessern bedencken / und als rechtmässige debitores zu reiffer Zeit Parol halten. Sie würden nicht so unverschämbt drauff schmausen / und in Ruchlosigkeit so offt [217] mit dem fetten Maule zum Fenster hinaus sehen / sie würden ihr schlampampen und pancketiren einstellen /damit sie hernach nicht panckrotiren dürfften. Aber sie spielens dahin / und greiffen immer aus eines andern Topff / frembden Seckel / so lange sie was draus ertappen können: Es mag hernach gelingen wie es will. Doch gnug.

Rübezahl verkauffet Schmincke

Rübezahl verkauffet Schmincke.

Es soll vor diesem eine hoffärtige Dame sich sehr nach einer hüpschen Farbe umbgethan haben / ihr grehmliches Angesichte damit zu betünchen: Sintemahl sie in ihrer heßlichen Larve so scheußlich und Bocken narbicht außgesehen / als wenn der Henger Erbsen auff sie gedroschen hätte. Zu dieser hochtrabenden Mütze war einsmals der Rübezahl in einer frembden / und zwar außländischen Artzts-Gestalt ins [218] Haus gekommen; und hatte ihr unter andern raritäten ein herrliches cosmeticum præsentiret / oder schmincke Kleister præsentiret; und zwar für wacker viel Geld / weil die dargeboten; Waare das Antlitz trefflich zieren und recommandiren könte; daß sie selben kaum glauben würde / und solches zwar beständig durch etliche Monaten; so ferne man sich nur einmal damit bestriche. Was geschicht? Das albere Weibes Stücke glaubet den Worten / bezahlet den Qvarck /und nach dem der qvacksalberisch Rübezahl weggewesen / beschmieret sich umb und umb im Angesichte; und wird hievon pechschwartz wie ein Mohr; behält auch diese Farbe ihr Lebelang / und vermag sie nicht wieder loß zu werden; sie mag es auch angreiffen wie sie wil. Sie soll aber unter andern unzehlbar Mitteln auch dieses practiciret haben; daß sie lange geschlaffen hoffende / es werde damit besser werden; Weil man spricht: ie länger [219] man schläffe / ie weisser wird man. Doch was von dieser Qvackeley zu halten /das kanstu nachschlagen in einer Weiber Philosophi; welche aus lauter Aberglauben bestehet / die ich possirlich erkläret / und auff das allerlächrigste wahr gemachet habe: Wie der günstigste und begierige Leser mit aller Lust durch alle Blätter desselben Tractats befinden wird. Es ist aber zumercken / daß solche Phy lose Vieh in unterschiedlichen centurien beruhe; durch welche ich alle und iede / ja etliche tausend gewöhnliche und närrische Weiber Fratzen expliciret /und hönisch verlachet habe. Und wird von diesemOpere das erste hundert benahmet: Philosophia colûs, oder phy lose vieh der Weiber. Das ander hundert heisse ich Gynoso-Phiam, oder der tieffsinnigen Frauen Lohica. Das dritte hundert wird tituliret Dulo Magia, oder Mägde Physicke. Das vierte hundert nenne ich mororum moralia, oder morologiam, [220] daß die Narragorisch Ethicke. Das fünffte hundert wird genant Salpatersche Disch-putationes. Das sechste hunder heisset eine Compagnie Jungfer-Grillen. Das siebende hundert nenne ich Knechtes Albertäten. Das achte hundert heisset mir / wunderliche Schnadrigacken der alten Müttergen. Das neunte hundert führet diesen Nahmen: kauderwelsche Köchins Possen. Das zehende hundert heisset die geheime Cantzley der Sechswöchrinnen. Das eilffte hundert nenne ich den Baurischen Qvacksalber Marckt. Das zwölffte hundert heisset mir: Die aberwitzige Kinder-Schule. Das dreyzehende hundert heisse ich: die Schnackische Nonnen-Universität. Das vierzehende hundert heisset: die Bummelwitzige Rumpeltasche. Das sechzehende hundert nenne ich die super kluge Tändel-Griethe. Das siebenzehende hundert titulire ich: den [221] unvernünfftigen Zauber-Maß. Das achtzehende hundert heisset: der Philologische Hexen-König. Das neunzehende hundert: heisset die wahrhafftigen Einbildungen / und eingebildete Warheit. Das zwantzigste hundert wird benahmet / Ambubajarum Astrologia, oder die alt-vetteliche Weiter-Pracktike. Das ein und zwantzigste hundert heisset die Layen-Bibel. Das zwey und zwantzigste hundert nenne ich das Pöblische Heiligthumb Ey / ey! was werden bis vor kützliche und schmackhaffte Sachen seyn? Ja freylich: Die Finger wird mancher darnach lecken. Ich selber gebe ein Pfennig drumb / daß sie gedrucket / und den Curiosen Gemüthern auffs eheste könnten communiciret werden. Eine Wurst ist es / wenn sie nur gebraten were / verschmauset solte sie bald werden. Doch /qvicqvid differtur, non aufertur: Ob ich schon mit der Herausgehung dürffte einen Verzug leiden; [222] so soll das herrlichen Werck dennoch endlich ans Tage Licht kommen / und die lüsterne ersättigen. Es wird zwar etwas langsam zugehen / wo ferne nicht die begierigen Hertzen bey dem Herrn Verleger werden Ansuchung thun / damit es allgemählig ins Werck gestellet / und vor die Hand genommen werde. Daß aber ein ieder zu dieser Anregung richtigen Anlaß haben kan; solches wird künfftige Michaelis Messe / geliebts GOtt / die erste Centuria erweisen: Drinnen sich ein lustiges Gemüthe gnugsam noch weiter delectiren; und / wie ich verhoffen will / starcke Anmuthligkeit ertappen wird / den folgenden centurien / nach einander / oder mit einander zu wünschen / da mit er endlich das gantze teutsche Egyptenland / oder Egyptisches Teutsches Land / das ist: Integrum Thesaurum superstitionum vetularum Teutonicarum / besitze /und seine Bibliothecke [223] damit versehe. Gewisse ist es /wenn diß vorhabende Werck gäntzlich wird absolviret und gedrucket seyn / daß ein begieriger Mensch sich verwundern werde über die greuliche Anzahl der Weiblichen Aberglauben / und abergläubischen Weiber: Wie sie so trefflich gewisse Gründe haben: drauff sie fussen / wenn sie eines und das andere folgen /und ins Gelack hinein urtheilē. Es ist aber zu mercken / daß in einer solchen gedachten Centurie / zwar hundert Capittel werden angetroffen werden; aber in solchen weit mehr als nur so viel Aberglauben. Nemlich ich habe offt in Capite, zwo oder drey Superstitionen exagitiret; nach deme sie Verwandnüß mit einander gehabt; so habe ich sie in einem Gemache eingestallet / und dermassen herdurch gekrabatschet / daß sie immer möchten wie die Schaffhunde geheulet / oder auffs wenigste viel ärger geschryen haben / als ein unbendiges Weib / wenn der Mann mit den [224] Prügel über sie herkömt; oder sie mit ungebrandter Asche einer Ellen lang / in die Qver und Länge den Buckel durchmissēt. Also habe ich das Taudelwerck der Weiber geschoren. Ich habe aber auch zugleich collarionem gemacht der gegenwärtigen eingebildeten Fratzen /mit den alten Aberglauben / daher die unserigen offtermahlen rühren und ihren Ursprung von etlichen hundert ja tausend Jahren / per continuam traditionem besitzen. Nebenst diesen Wercke habe ich auch schon allbereit andere Centurien verfertigt / und zwar von gleicher Materi. Als ist ein hundert verhanden /welches ich nenne Saturnalia oder hundert Weinachtslügen. Ein ander hundert passet auch schon auff; welches ich nenne Callendaria; oder hundert neue Jahrs Possen. Drinne pari passu gute und böse Sachen vorlauffen; welche man in gemein von solchen beyden Zeiten des Jahres schwatzet: Und so wohl für[225] einen Gelahrten als ungelahrten wird dienlich seyn: Sintemal ich mich lange umb diese und vorige Materie beworben habe / oder damit im Schwange gegangen / und schwanger gewesen bin / ehe ich sie mit Mühe zur Welt gebohren. Nebenst diesen Sachen ist auch ferner elaboriret eine andere Centurie von Lucien oder kürtzesten Jahres Tage / Brumalia genannt /da gleichesfalls schöne Sachen vorgehen / ex Neoteritate & Antiqvitate. Weiter hat auch der günstige Leser ein opusculum justum de cornibus Moysis zu erwarten. Item / elaboratissimum & locupletissimum volumen Historico-philologicum de Nomine JOHANNES. Item: Commentarium elegantem super Ænigm. Virgil. dic. qvibus in terris etc. Item ein lustigs Werck vom Blocksberge / das allbereit unter der Presse lieget / und wie ein Schweinsbraten schwitzet. Darzu wird auch mit ehesten her [226] ans gegeben werden ein außführlicher Bericht von des Storchs und Schwalben Winter-Qvartiere. Hieher gehöret mein kriegender Wanderer unter der Erden: Darinnen von den Unter-Irrdischen gnugsamb soll abgeredet werden. Darzu wird sich auch flugs gesellen eine noch kurtzweiligere Schnacke / geheissen der erste Aprill: Schertzweise und ernsthafftig vorgestellet in etlichen Bieren / nach welchen die durstigen Seelen geschickt werden. Hierneben (wie wohl diese folgende bald werden gedrucket und ins Kupffer zu sehen bekommen werden: Sintemahl sie alleweil zu Nürnberg drüber her gewesen und noch itzund seyn) wird der großgünstige Leser mit Lust und Nutzen von mir zu erwarten haben über den herausgegebenen Thesaurum Chiromanticum und Metoposcopum, eine Zigeuner Karte; Eine Chiromantische Glücks-Karte reimweise abgefasset / nebenst beygefügten [227] Büchelein; In welcher ersten der Methodus Synthetica oder Theoria zugegen ist / da ich von einer Linien zur andern gegangen bin / die gantze Chiromantische Kunst zu lehren: In der andern ist Methodus Analytica und Praxis; da ich von einer Sachen zur andern gegangen bin: Und auff einem Blate alle Signaturen zugleich in eine Hand gebracht habe / welche langes Leben andeuten; Wie ich denn also mit allen Verzeuchnüssen durch alle eventus vitæ humanæ gegangen bin / und Anlaß gegeben habe / wie ein iedweder selber ein thema Natalitium Chirosophicum erigieren könne. Darauff wird sich auch dermahleins finden Chirologia Philologica und Podoscopia hactenus ànemine visa cum innumeris figuris. Hierneben wird eine neue Astronomische Karte zu bekommen seyn / welche in lauter Circkeln bestehen / nebenst einen Büchelein; [228] und denAristophilis stattlichen Nutzen schaffen wird: Darbey wird auch zuerfragen seyn eine grosse Tabelle von allen und ieden Asterismis drinnen der Gestirne Bildnüsse und è regione in unterschiedlichen und vielenareolis alle Prædicata, oder Sachen so man von densideribus lieset / kürtzlich und nervosè aus citatis multiplicibus Auroribus, werden nach der Reyge mit einer künstlichen disposition und Eintheilung zu lesen seyn. Noch ferner soll auch hierbey gefunden werdē eine antiqvitätische Karte: Darinnen sehr viel imagines oder eigendliche Bildnüsse sehr vieler und fürnehmerer / rarer und alter Sachen werden zu schauen und in Büchlein zu lesen seyn. Noch weiter ist auch hiebey verfertigt ein schönes Buch: Welches ich nenne / das grosse und künstliche Handbuch: Darinnen etliche hundert ja tausend Kupffer-Händelein zu sehen / [229] und erkläret werden. Nemlich ich weise im gantzen Wercke aus vielen künstlichen Scriptorio wie die Menschliche Hand in allen Scientiis und Wissenschafften könne mnemonice gebrauchet werden; Wie nemlich die gantze Deutkunst damit zu verrichten; wie man damit des Nachtes am Gestirne könne die Uhr wissen / und des Tages an der Sonnen / etc. Und also viel hundert ander Dinges mehr. Noch weiter wird auch hierzu kommen eine grosse Tabelle; welche ich nenne Triumphum Chiromantiæ: Darinnen gleich funfftzig vornehmer Leute Gesichter nebenst ihren untergefügeten fürnembsten Wörtern / die sie von derChiromantie rühmlich fällen. Rund umbher sind etliche viertzig Hände: drinne die besten arcana chiromantica verzeichnet und unten beschrieben seyn neben andren ingeniösischen Sachen ebenwerts mehr: Draus ein ieder / der [230] vorher von der Chiromanti nicht hat wollen halten / sich wird müssen schämen lernen: Daß er aus seiner ignorantia eine solche disciplinam verworffen / davon so viel fürnehme Herren / so wohl die gelehrtesten Professores und Doctores Theologiæ als andere sinnreiche Philosophi viel oder auffs wenigste mittelmässig gehalten haben. Nach diesen Sachen / will ich / mit Gottes Hülffe / auch heraus geben sehr viel Tabellen; Drinnen eines theils die gantzeAstronomia mit eben diesem Worte durch und durchacrologicè soll verfasset seyn / und daraus könne füglich erlernet werden. Ein ander Theil soll die vollständige Geographiam tam Mathematicam qvam Historicam; mit eben diesem Worte (Geographia) verfasset præsentiren. Werden sich nun zu diesen letztern und sonderlich zu den allerersten (denn die mittelsten seynd fast [231] fertig /) Verleger finden / oder der günstige Leser hierzu welche verschaffen / so sollen alle erzehlete Sachen bald zu Nutzen seyn / oder auffs wenigste verwunderliche recreation erwecken können. Und hiemit Ade RÜBEZAHL!


ENDE.

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TextGrid Repository (2012). Praetorius, Johannes. Prosa. Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-7D04-B