Christian Reuter
Graf Ehrenfried
in einem Lustspiele vorgestellet und mit Ihr: königl. Majestät in Polen etc. etc. und kurfürstl. Durchl. zu Sachsen etc. etc. allergnädigsten Spezial-Bewilligung und Freiheit zum Druck befördert

Personen

[236] Personen sind

    • Ehrenfried, ein Graf.

    • Feuerfax, des Grafens Hauptmann.

    • Fortunatus, des Grafens Kapitänleutenant.

    • Friedenschild, des Grafen Fähndrich.

    • Hasenius, des Grafens Sekretär.

    • Mirax, des Grafens Stallmeister.

    • Narruffsky,
    • Pamphylius, des Grafens zwei Kammerdiener.

    • Cursino,
    • Culin, des Grafens zwei Läufer.

    • Marode,
    • Sylvester, des Grafens zwei Jäger.

    • Damastor,
    • Kilian, des Grafens zwei Heiducken.

    • Mummelmärten, des Grafens ungetreuer Kammerjunge.

    • Grete, des Grafens Köchin.

    • Klare, des Grafens Hauswirtin.

    • Leonore, eine Närrin, in Graf Ehrenfrieden verliebt.

    • Servillo, ein königlicher Page.

    • Leander,
    • Jukundus, zwei lustige Studenten.

    • Injurius, ein versoffener Advokate.

    • Herr Johannes, ein lustiger Weinschenke.

    • Walpe, dessen Frau.

    • Klunte, eine alte Trödelfrau.

    • Thomas, der Nachtwächter.

    • Courage, ein lustiger Diener, in Greten verliebt.

    • Hierzu kommen noch etliche maskierte Personen, welche Graf Ehrenfrieden in die Badstube tragen.

[236] Tänze sind:

    • Ballett von alten Trödelweibern
    • Ballett von Nachtwächtern
    • Ballett von des Grafens Hochzeitbittern

Vorstellungen des Schauplatzes sind:

    • eine Stadt
    • Graf Ehrenfrieds Audienzgemach
    • eine Gasse mit einem Weinkeller
    • Graf Ehrenfrieds Badstube
    • Graf Ehrenfrieds Nachtlager
    • Graf Ehrenfrieds Lotterie oder Glücksbude

    • [237][239]

1. Akt

1. Auftritt
I. Auftritt
Fortunatus, Marode, Sylvester.

FORTUNATUS.

Ich wollte wünschen, daß Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden zu Hause wären; vielleicht stündet ihr ihm alle beide an.

SYLVESTER.
Wird denn der Herr Graf lange außen sein?
FORTUNATUS.

Mein Freund, das kann ich nicht wissen. Sobald er aber von Hofe kömmt, will ich eurer bei Ihrer Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden schon bestens gedenken.

MARODE.

Ei ja, mein Herr Kapitänleutenant, Er sei immer so gütig und rede bei dem Herrn Grafen unser bestes, wir wollen uns schon gegen denselben mit der Zeit dankbar erweisen.

FORTUNATUS.

Es hat davon ganz nichts zu sagen, denn mein gnädiger Herr muß ohndem zu seinem Staate noch ein paar tüchtige Jäger halten.

MARODE.
Hält denn der Herr Graf jetzt gar keinen Jäger?
FORTUNATUS.

Er hält wohl einen, allein es ist ein alter Kerl, der sich nicht mehr mit dem Gesichte behelfen kann.

SYLVESTER.
Wo ist denn derselbe?
FORTUNATUS.

Mein gnädiger Herr hat ihn gestern in seine Grafschaft geschickt, da soll er ein wenig die Wildbahne rekognoszieren, denn es wurde neulich herbericht', die Untertanen schössen daselbst die Hasen so weg.

MARODE.

Es hat uns gestern ein alter Jäger zwei Meilen von hier begegnet, vielleicht ist es derselbe gewesen.

FORTUNATUS.
Wie sah er denn aus?
[239]
MARODE.
Er hatte einen alten Dachsranzen auf dem Buckel und einen erschrecklichen großen Bart.
FORTUNATUS.

Ja, denselben hat er, denn mein gnädiger Herr hat ihn immer damit geschraubt und gesagt, wenn er sich nicht würde den großen Bart abscheren lassen, so wollte er selbst einmal her sein und ihn solchen mit einen Strohwische abbrennen.

SYLVESTER.
Sieh, sieh, ist dieser bei dem Herrn Grafen in Diensten?
FORTUNATUS.

Mein gnädiger Herr hat ihn bishero nur das Gnadenbrot gegeben, und weil er ein alter Kerl ist, so braucht er ihn manchmal zu verschicken, dafür hat er jährlich zehn Rthlr.

MARODE.
Ei, das ist mehr als zuviel vor so einen Jäger, der nicht mehr schießen kann.
FORTUNATUS.

Allein, wie seid ihr denn in eurer Jägerei beschlagen? Versteht ihr denn euer Weidewerk auch recht aus dem Fundamente?

SYLVESTER.

Ei, dafür hat es keine Sorge, mein Herr Kapitänleutenant, ich wollte, daß mir meine Büchse hier reden könnte, da sollte Er mit großer Verwunderung hören, wieviel Rebhühner ich einmal damit auf einer Weide geschossen, und wenn mir die Büchse dasselbe Mal nicht dreimal nacheinander versaget hätte, so wollte ich einen Schuß getan haben, der dobbersche sein sollen, so aber flogen von dem Abgeschnappe die meisten fort, und traf also ihrer nicht mehr als siebenzehn.

FORTUNATUS.
Rebhühner?
SYLVESTER.
Ja, mein Herr Kapitänleutenant, Rebhühner.
FORTUNATUS.
Auf einer Weide?
SYLVESTER.
Ja, auf einer Weide.
MARODE.

Was will sich der Herr Kapitänleutenant darüber verwundern! Habe ich doch mit meiner Büchse hier drei Hasen auf einen Schoß auf einer großen Eiche geschossen; und wenn ich dazumal nur gut Zündkraut hätte auf der Pfanne gehabt, daß es geschwinde wäre losgegangen, [240] so hätte ich auch wohl noch ein paar Füchse mit ergattern wollen. So aber brannte es langsam ab, und als die schlauen Füchse das Feuer rochen, marschierten sie fort. Die drei Häschen aber mußten Haare lassen.

FORTUNATUS.
Füchse und Hasen auf einer Eiche?
MARODE.
Ja, mein Herr Kapitänleutenant, auf einer Eiche saßen sie und spielten miteinander.
FORTUNATUS.

Je, habe ich doch mein Lebetage dergleichen nicht gehöret und bin doch mit meinem Herren Grafen auf so mancher Hasenhetze und Fuchsjagd gewesen.

MARODE.
Es ist in Wahrheit keine Lügen.
FORTUNATUS.
Das Ding muß ich meinem gnädigen Herrn, sobald er von Hofe kömmt, erzählen.
MARODE.

Das kann der Herr Kapitänleutenant tun, und wenn uns der Herr Graf deswegen selbst zur Rede setzt, können wir ihn bei unsern Gewissen nicht anders berichten, als daß dieses alles wahr sei.

FORTUNATUS.

Wenn ihr dartun könnet, daß diese Dinge mein gnädiger Herr sich einbilden kann und hält's für keine Schraube, so wird er euch schwerlich von sich lassen, und absonderlich, wenn ihr die Historie mit den Hasenschießen auf der großen Eiche beweisen könnet.

MARODE.
Das muß mein Kammer-Rat hier mit guten Gewissen, wenn es verlanget wird, eidlich aussagen.
SYLVESTER.

Und wenn's der Herr Graf mit dem Rebhühnerschießen auf der Weide mir auch nicht glauben will, so kannst du mir's eben auch beschweren.

MARODE.
Ja, herzlich gerne, wenn's verlangt wird.
FORTUNATUS.
Das wäre doch viel, wenn dieses wahr wäre.
MARODE.

Ei, wenn ich doch nur damals gut Zündkraut hätte auf der Pfanne gehabt, es hätte mir wohl kein Fuchs weit springen sollen. Sobald ich aber in des Herrn Grafens Dienste kommen werde, so will ich mir schon gut Pulver zulegen, das fix losbrennet.

FORTUNATUS.

Nicht allein gut Pulver, sondern ihr müßt [241] euch auch auf tüchtigen Hasenschrot befleißigen, denn es gibt in meines Herrn seiner Grafschaft erschrecklich viel Hasen.

SYLVESTER.

Ei, wir wollen sie schon wegputzen, denn auf meine Büchse kann ich mich so gut verlassen, als wie der Bock auf seine Hörner.

MARODE.

Und mit meiner hier will ich mit Willen auch wohl keinen Schuß verfehlen, denn es ist Damaszener-Gemächte.

FORTUNATUS.

Je nu nu, ich will's meinem gnädigen Herrn, wenn er nach Hause kömmt, so erzählen und euer Bestes gedenken. Wollt ihr nun so gut sein und etwan nach Mittage um zwei oder um drei Uhr vor meines gnädigen Herrns sein Zimmer kom men, so sollt ihr vor andern Audienz haben und verhoffentlich mit einer erfreulichen Resolution begnadiget werden.

MARODE.

Ganz gut, mein Herr Kapitänleutenant, wir wollen uns hier nicht länger aufhalten, sondern die bestimmte Zeit schon in acht zu nehmen wissen. Nur darum bitte ich nochmals, Er rede unser Bestes, wir wollen dafür dankbar sein.

SYLVESTER.
Ei ja, Er tue es immer, wer weiß, wo wir sonst einander wieder brauchen.
FORTUNATUS.
Ihr dürft deswegen keine Sorge tragen, ich will's schone machen.
MARODE.
Nun, wir wollen uns ohnfehlbar einstellen.
FORTUNATUS.
Das tut, und nehmt die gesetzte Zeit in acht.
SYLVESTER.
Es soll geschehen.

Marode und Sylvester gehen ab.
2. Auftritt
Anderer Auftritt
Fortunatus alleine.

FORTUNATUS.

Nun, es kömmt auch alles zu mir gelaufen und will durch mich bei meinem gnädigen Herrn Beförderung [242] haben. Ja, es ist auch fast kein einziger Diener bei meinem Grafen, der nicht sagen muß, daß er durch mich sei befördert worden. Auch zum wenigsten meines Herrn sein sogenannter Mummelmärten, der Kammerjunge, hat mir sein Glücke zu danken. Mit diesen beiden Jägern nun kostet es mir nicht mehr als ein einziges Wort, so sind sie alle beide gräfliche Diener, zumal, wenn ich meinem gnädigen Herrn die Historia von dem Siebenzehen-Rebhühner-Schüßen auf der Weide und das Drei-Hasen-Schüßen auf der Eiche erzählen werde. O morpleu, wie wird er die Augen verkehren und das Kinn kratzen! An Leuten fehlt es zwar meinem Grafen nicht, allein das Kostgeld und die Besoldung bleibt immer bei ihm gar zu lange in der Wäsche. Warum? Der liebe Graf vertut selbst so viel, und wenn es denn nicht zulangen will, so heißt es: »Herr Kapitänleutenant, schafft Rat, geht, nehmt mein Kleid, meine Halskrause, meinen Degen, meine seidenen Strümpfe, versetzt es, verschachert es, denn ich muß Geld haben.« Ach, wie manche schöne Nacht habe ich die alte Klunte, meines Herrn seine Trödelfrau, aus dem Bette pochen müssen, daß sie mir bald auf meines Herrn seine verschamerierten Hosen, bald auf seine Weste oder ein paar Hemden Geld lehnen müssen. Und wenn es denn zu gesetzter Zeit hat wieder sollen eingelöset werden, so ist hernach bei meinem Herrn Grafen kein Mensch zu Hause gewesen. Itzund stehen nun wieder ein Haufen Sachen versetzt; ich will gerne sehen, wenn er sie wieder wird einlösen lassen. Zwar fragte ich darnach auch nichts, wenn nur die Leute nicht immer zu mir gelaufen kämen und quälten mich so. Doch kann ich die guten Leute auch nicht drum verdenken, weil sie wissen, daß ich meines Herrn seine Handgelder alle unter mir habe. Ja, es wäre gut zahlen, wenn wir nur allemal was hätten.

3. Auftritt
[243] Dritter Auftritt
Klunte und Fortunatus.

KLUNTE.
Glück zu, Herr Kapitänleutenant, Glück zu!
FORTUNATUS.
Großen Dank, Mutter Klunte, großen Dank. Was bringet denn Ihr Guts?
KLUNTE.

Was soll ich bringen? Ich wollte nur bei dem Herrn Kapitänleutenant vernehmen, ob des Herrn Grafens seine Sachen nicht etwan heute oder morgen wieder könnten eingelöset werden.

FORTUNATUS.

Ja, Mutter Klunte, ich zweifele, ob es sobald wird sein können, denn mein gnädiger Herr ist itzt ganz nicht bei Gelde.

KLUNTE.
Ei ei, das ist ein schlechter Trost.
FORTUNATUS.
Ja, ich wollte Euch gerne helfen, wenn nur einige Möglichkeit da wäre.
KLUNTE.

Mein Herr Kapitänleutenant, Er kann mir's nicht glauben, wie mich die Leute ängstigen, wo des Herrn Grafens Sachen stehen, sie kommen alle Augenblick zu mir in mein Haus gelaufen und geben mir die allerleichtfertigsten Wort.

FORTUNATUS.

Die närrischen Leute haben ja Pfand genug für ihr geliehen Geld, und warum dringen sie denn so auf die Einlösung?

KLUNTE.

Sie sprechen dieses: Die gesetzte Zeit wäre um, keinen Zins bekämen sie weiter, und also müßte auch das Wort gehalten sein.

FORTUNATUS.

Das Wort gehalten sein? Als wenn sich ein großer Herr, wie mein Grat ist, solcher Lappereien halber eben an das Wort binden müßte. Ich dächte, sie könnten ja wohl noch ein acht oder vierzehn Tage warten.

KLUNTE.
Das habe ich ihnen alles schon gesagt, sie wollen sich aber durchaus nicht weisen lassen,
FORTUNATUS.
Und wenn sie nicht wollen, so müssen sie doch warten, bis mein gnädiger Herr Geld kriegt.
[244]
KLUNTE.

Davon habe ich ihnen auch gesagt, allein sie gaben mir zur Antwort: Das ließen sie wohl bleiben. Und wenn heute oder morgen der Herr Graf seine Sachen nicht wieder bei sie würde einlösen lassen, so wollten sie sie übermorgen entweder verkaufen oder auf den Trödel hängen.

FORTUNATUS.

Ei, das wäre eine schöne Schraube, wenn meines Herrn seine versetzten Sachen sollten vertrödelt werden.

KLUNTE.
Alleine, mein Herr Kapitänleutenant, was ist aber hierinnen zu tun?
FORTUNATUS.

Hört, ich will mit Ihro Exzellenz, meinem gnädigen Herrn, aus der Sache reden. Kommt nur nach Mittage um zwei oder um drei Uhr vor sein Zimmer, da ist er zu Hause, und als dann sollt Ihr bei ihm Audienz haben.

KLUNTE.

Es ist ganz gut, mein Herr Kapitänleutenant, ich will gleich hingehen und die Leute so lange vertrösten, bis ich mit dem Herrn Grafen selbst geredet hätte.

FORTUNATUS.

Das tut, und saget denen Leuten, daß sie ohne Vorbewußt meines Herrn kein Getrödele mit seinen Sachen vornehmen sollten, oder mein gnädiger Herr würde sie auf öffentlicher Gasse in den Bock spannen lassen.

KLUNTE.

Ganz wohl, mein Herr Kapitänleutenant, ich will gleich hingehen und nach Mittage um zwei oder drei Uhr dem Herrn Grafen aufwarten. Gehet ab.

FORTUNATUS.

Das könnt Ihr tun. Ich weiß auch nicht, wie mein gnädiger Herr ist, daß er vor gar nichts sorget. Er bekömmt doch so manchen schönen Dukaten und so manch schönes Kleid von Ihrer Königlichen Majestät geschenket, allein es ist ihm so viel nütze als den Kindern ein spitziges Hölzchen, denn es weiß kein Henker nicht, wo er das Geld alle hintut. Er hat zwar auf meine Rekommendation einen Kammerjungen angenommen, welchen er nur seinen Hausdieb nennet. Derselbe Vogel hat ihn auch schon so viel verschleppt, daß er den Galgen wohl zehenmal verdienet hätte, und mein Herr Graf ist so gnädig und sagt der Kröte deswegen[245] nichts; ja er heißt's ihn vielmehr, als daß er's ihn verbieten sollte. Ich will noch gerne sehen, wie er künftig den Staat fortführen will. Das Kostgeld fällt auch nicht allemal richtig, einen Diener nach dem ändern nimmt er an, und wundert mich nur, daß die bravsten Leute von der Welt bei ihm so gerne in Diensten sein wollen. Ich will mich meiner Qualitäten halber zwar nicht rühmen und es meinem Herrn Grafen auch nicht vorgeworfen haben, dennoch aber muß er selbst gestehen, daß ich ihn vor etlichen Jahren unter den Lüneburgischen kommandieret habe. Er war anfänglich mein Musketier, hernach mein gefreiter Korporal, und ich war sein Fähndrich. Itzund aber ist er mein gnädiger Herr, und ich bin sein getreuer Kapitänleutenant. Was er itzund mir befiehlt, das muß ich tun. Ich kann aber sagen, daß ich alle Libertät bei Ihrer Exzellenz und Hochgräflichen Gnaden habe, und was er seinen geheimbden Räten nicht wissen lassen will, dasselbe vertrauet er mir. Warum? Er weiß wohl, daß sein Herr Kapitänleutenant verschwiegen ist.

4. Auftritt
Vierter Auftritt
Mummelmärten, Fortunatus.

MUMMELMÄRTEN.
Mein Herr Kapitänleutenant, Er soll geschwinde, geschwinde nach Hofe zu dem Herrn Grafen kommen.
FORTUNATUS.
Wo ist denn der Herr Hauptmann und der Herr Fähndrich?
MUMMELMÄRTEN.
Sie sind auch bei Ihrer Exzellenz, dem Herrn Grafen.
FORTUNATUS.
Soll etwan bei Hofe eine Bärenhetze angestellet werden?
MUMMELMÄRTEN.

Das weiß ich nun nicht, alleine das weiß ich wohl, daß der ganze Schloßhof mit lauter Hasennetzen umstellt ist, und wie ich oben neben dem Herrn [246] Grafen zum Fenster herausguckte, so sähe ich auch schon ein Haufen Hasen in der Bestallung herumlaufen.

FORTUNATUS.

So so, es wird eine Hasenjagd angestellet werden, und da wird der Herr Graf haben wollen, ich soll dieselbe mit ansehen.

MUMMELMÄRTEN.

Ich denke wohl, daß ich den Herrn Kapitänleutenant deswegen habe rufen müssen. Drum halte Er sich nur nicht lange auf, daß Er noch zurechte kömmt, sonst möchte der Herr Graf schmälen und mir wohl gar die Schuld geben, daß ich so langsam in Ausrichten wäre.

FORTUNATUS.
Die Hasenjagd wird doch jetzo nicht gleich angehen?
MUMMELMÄRTEN.

Man kann nicht wissen, denn mein Herr, der hieß mich geschwinde, geschwinde nach Euch laufen und rief mir hinten nach: Wenn ich nicht alsofort würde wiederkommen und Euch mitbringen, so wollte er mich drei Tage nacheinander lassen in den Bock spannen.

FORTUNATUS.
So werden sie gewiß mit dem Hasenhetzen warten, bis ich komme?
MUMMELMÄRTEN.
Ja freilich warten sie auf Euch.
FORTUNATUS.
Weil das ist, so komm nur.
MUMMELMÄRTEN.
Ich werde dem Herrn Kapitänleutenant folgen. Gehen ab.
5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Courage und Grete.

GRETE.
So hast du mich gleichwohl rechtschaffen lieb?
COURAGE.

Ja, liebes Gretchen, von Grund der Seelen, und ich wollte, daß ich nicht Courage hieße, wenn ich dich nicht tausendmal lieber habe als mich selbsten.

GRETE.

Die Worte sind wohl gut, allein es ist dem hunderten Kerl nicht zu trauen, und der tausende meinet es mit einem ehrlichen Mädchen nicht allemal aufrichtig.

[247]
COURAGE.

Das ist alle wahr, Gretchen. Allein ich wollte nicht mehr wünschen, als daß du nur in mein Herze gucken könntest; da solltest du sehen, wie lieb ich dich hätte.

GRETE.
Ist das wohl möglich, hast du mich recht von Herzen lieb?
COURAGE.
Ja, Gretchen.
GRETE.
Wie lieb aber denn?
COURAGE.
Ach so lieb, so lieb, ich möchte dich flugs für lauter Liebe auffressen.
GRETE.
Gar auffressen? Das wär auch eine abscheuliche Liebe.
COURAGE.
Du Herzeskind, man redet nur so, wenn eines das andere recht lieb hat.
GRETE.

Ja so, das ist ein anders. Nun, wenn ich's wüßte, daß es dein rechter Ernst wäre, mich zu heiraten, und daß du mir hernachmals auch getreue verbleiben wolltest und nicht irgend extra gehen, so wollte ich ganz kein Bedenken nehmen, dir diesen Augenblick noch mein Jawort zu geben.

COURAGE.

Ja Gretchen, da hast du meine Hand, und ich bin nicht ehrlich, wenn ich dich nicht von Herzen lieben will; aber ...

GRETE.
Und was aber?
COURAGE.
Das Extragehen wirst du ja so genau nicht nehmen.
GRETE.
Was? Extragehen? Nein, Courage, das stünde mir zum wenigsten nicht an, zu leiden.
COURAGE.
Weswegen aber nicht? Es ist ja heutiges Tages grande mode.
GRETE.

Ei grande mode hin, grande mode her, wenn ich soll einen Mann nehmen, so muß er entweder mein Leibeigen sein, oder ich habe die Briefe von so einem Schatze.

COURAGE.

Je nu, nu, ich frage endlich nichts darnach. Willst du es nicht haben, daß ich manchmal mit ändern Frauenzimmer reden soll, so mußt du mir's hingegen auch versprechen, niemand anders als mich alleine zu lieben.

[248]
GRETE.
Das will ich auch tun.
COURAGE.
Ja, ihr Frauenvolk tut's manchmal mehr als zu viel.
GRETE.
Das erfordert auch ihre Schuldigkeit, daß sie ihre Männer rechtschaffen lieb haben sollen.
COURAGE.
Ja, sie sollten wohl; aber ...
GRETE.

Mit deinem Aber. Es wäre nicht gut, wenn das Weibsen ihr Gewissen nicht besser bedenken sollte als das Mannsen.

COURAGE.

Es sollte wohl; ja, wenn sie es auch täten, allein sie tun's manchmal mehr als zu viel, daß hernach der arme Mann wider sein Wissen und Willen muß Gevatterbriefe schreiben lassen.

GRETE.

Du redest wohl närrisch Zeug, Courage. Wenn du mir dieses nun mit eidlichen Zeugen beweisen solltest, wie schöne würdest du mit der Lügen in Drecke sitzen bleiben?

COURAGE.

Je, Närrchen, wer wird denn solch Ding beschweren können? Man redet nur so, wie es manchmal pflegt im Stande der geflickten Hosen herzugehen.

GRETE.
Laß uns davon nur stille schweigen und von unserer Heirat reden.
COURAGE.
Was wollen wir lange reden? Du darfst nur ja sagen, ob du mich haben willst oder nicht.
GRETE.

Es läßt sich ja flugs nicht so tun, und wenn ich gleich lange ja spreche, so muß ich doch erstlich meines gnädigen Grafens seinen Konsens haben.

COURAGE.

Alles recht, Gretchen, allein du kannst ja nicht eher dem Grafen davon gedenken, bis wie miteinander richtig sind.

GRETE.

Je nu, nu, wenn du mich rechtschaffen lieben willst und auch für gut halten, so hast du hiermit meine Hand. Ich sage ja; du sollst mein lieber Schatz sein.

COURAGE.

Du darfst dir deswegen keine Sorgen machen, ich will dich schon lieb und wert halten; allein halt du mir auch nur feine gute Farbe.

GRETE.

Das verspreche ich dir hiermit, so wahr ich noch ein [249] ehrliches Mädchen bin, daß ich dir bis in den Tod treu verbleiben will.

COURAGE.
Das ist viel geredt.
GRETE.
Das will ich auch halten.
COURAGE.

Nun, weil du das tun willt, so hast du hiermit meine Hand auch, und verspreche, dich so lange zu lieben, zu ehren, zu karessieren, zu honorieren, zu charmieren und zu contentieren, bis ich nolens volens werde sprechen müssen:


Hier liegt Courage nun
bei seinem lieben Weibe
mit seinem Zeitvertreibe;
er kann nicht mehr das Seine tun.
Hier liegt Courage nun.
GRETE.
Ei, das ist ein schön Stückchen, das möchte ich wohl gerne von dir singen hören.
COURAGE.
Je, das kann ich dir ja wohl leicht zu Gefallen tun.
GRETE.
Hast du denn auch eine gute Stimme zu singen?
COURAGE.
Ei, ich kann vortrefflich schlingen, denn ich bin vor diesen in vierzehen Kapellen gewesen.
GRETE.
Nun, so laß doch hören, was du kannst.
COURAGE.
So gib mir Audienz und bringe mich nicht aus dem Tone.
GRETE.
Ei, sing du nur, ich will ganz fleißig zuhören.
COURAGE.

Gleich soll's angehen. Hustet und macht närrische Präparatoria, singet. Hier Hegt Courage nun etc. Nun, wie hat dir denn das Stückchen gefallen?

GRETE.
Ach, überaus wohl! Und wenn ich dich bitten darf, so singe mir's noch einmal.
COURAGE.
Warte, ich will den andern Vers auch singen, der geht eben auch auf die Melodei.
GRETE.
Ei ja, mein Schatz, du wirst mich hoch obligieren.
COURAGE.
Alsobald. Singet.

[250] Hier liegt Courage nun,
der arme Finkenritter,
und spielet auf der Zitter.
Er lasset Ring und Lanze ruhn.
Hier liegt Courage nun.
GRETE.
Ei, das Stückchen mußt du mir zukommen lassen.
COURAGE.
Was willst du denn damit tun?
GRETE.
Ich will's den Herrn Grafen weisen, denn er hält überaus viel auf kuriose Sachen.
COURAGE.

Das kann ich wohl tun, alleine wenn er die Melodei nicht weiß, wie er's singen soll, so ist es ihn ebensoviel nütze als nichts.

GRETE.

Ei, wenn gleich. Ob er's schon nicht singet, so liest er doch gerne solche Dinge, und zumal, weil's von dem Finkenritter mit drinne stehet.

COURAGE.
Je nu, nu, komm nur hernach wieder zu mir, so sollst du es haben.
GRETE.
Wenn sprechen wir denn einander wieder?
COURAGE.
Weiß ich's doch selber nicht; auf den Abend etwan.
GRETE.
Es wird, halt ich, wohl auf den Abend das beste sein, daß wir ein wenig wieder zusammenkommen.
COURAGE.

Je nu, wie du willst; ich habe am Tage eben auch nicht gar zu wohl Zeit, allein, welche Zeit treffe ich dich wohl wieder an?

GRETE.

Die Zeit kann ich dir nun eben nicht versprechen. Wenn? Sobald sich aber der Herr Graf mit seinen Leuten hat zur Ruhe geleget, so will ich wieder hie sein und deiner warten.

COURAGE.
Wo schläft denn dein Herr?
GRETE.
Er schläft in der Stube auf einer Straputzke.
COURAGE.
Hat er denn kein Bette?
GRETE.
Er hat wohl eins, allein er darf sich jetzo nicht hineinlegen.
COURAGE.
Warum aber nicht?
[251]
GRETE.
Er hat's durch seinen Kapitänleutenant versetzen lassen, und ist noch nicht wieder eingelöset.
COURAGE.
Er wird ja nicht ein Narre sein und die Betten versetzen.
GRETE.

Ei, es ist davon nicht viel zu sagen; er läßt wohl das Kleid vom Leibe versetzen, wenn er kein Geld hat.

COURAGE.
Wo schlafen aber seine Leute?
GRETE.

Du herzes Kind, die liegen nun alle um den Grafen auf der Straputzke herum und decken sich mit ihren Röcken zu.

COURAGE.
Ich dächte aber, der Herr Graf könnte unmöglich so ruhen.
GRETE.

Ach ja, er schläft sehr wohl. Denn er hat einen Kammerjungen, den heißt er nur Mummelmärten, der muß ihn, wenn er sich niederleget, so lange die Füße krauen, bis er einschläft.

COURAGE.
Wenn stehet er aber wieder auf?
GRETE.

Sobald als der Wächter hat eins oder zwei gerufen, ist er allard und weckt seine Leute auf. Wenn sie denn nun nicht geschwinde aufstehen, so nimmt er eine Hose mit Wasser und begießet sie alle miteinander.

COURAGE.

Ei, das stünde mir zum wenigsten nicht an, und wenn mich mein Herr mit Wasser begießen wollte, wenn ich nicht flugs aufstünde, so er mich weckte, da müßte er viel zu tun haben. Allein, was ein kluger Herre ist, der wird auch dergleichen Narrenpossen mit seinen Dienern nicht so fürnehmen.

GRETE.
Das ist wahr, der Herr Graf nimmt manchmal närrisch Zeug mit seinen Leuten vor.
COURAGE.
Ja, wenn er klug wäre, so täte er's nicht.
GRETE.
Neulich, so bin ich recht drüber erschrocken, ich dachte, es wäre gar Feuer da.
COURAGE.
Wieso denn?
GRETE.

Er hatte seinen Stallmeister in den Bock gespannet und hing ihn an eine Wand und karbatschte ihn braun und blau. Der Kerl schrie wie ein Zahnbrecher.

[252]
COURAGE.
Was ist denn das für ein Ding, das Bockspannen?
GRETE.

Er nimmt einen großen Prügel, den steckt er ihnen in die Kniekehlen und bindet die Hände vorne auf die Kniescheibe mit einem Stricke an den Prügel an. So können sie hernach weder sitzen noch stehen, und damit hängt er sie nun an die Wand und karbatschet sie ab. Darüber hat er nun größte Freude.

COURAGE.
Die Freude stünde mir zum wenigsten nicht an.
GRETE.

Ei, bisweilen ist der Herr Graf sehr gut, nur wenn es ander Wetter werden will, so ist er keinmal nicht recht zu Hause. Drum sehe ich gerne, daß ich einmal mit Ehren von ihm käme.

COURAGE.

So gehe nur hin und hole deines Grafen seinen Konsens, ich will gleich auch zu meinen Herrn gehen, ob er's zufrieden ist, daß ich dich nehmen soll, damit nur einmal ein Ende draus wird.

GRETE.

Sobald mein Herr Graf nach Hause kömmt, will ich's ihn gleich sagen, und auf den Abend, so sollst du es wieder erfahren. Adieu.

COURAGE.
Adieu, Gretchen.
GRETE.
Adieu.
COURAGE.
Adieu.

Machen Komplimente gegeneinander und gehen an unterschiedenen Orten ab.
[253] Der Prospekt eröffnet sich.
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Graf Ehrenfried, Feuerfax, Fortunatus, Friedenschild, Mirax, Narruffsky, Pamphilius. Mummelmärten, Damastor, Kilian, Cursino, Culin.

EHRENFRIED
hat die Hände in beiden Schubesäcken, siehet sich im Herausgehen um und spricht.
Da kömmt der Herzog von Tölle. Puff!
ALLE.
Puff! Puff! Puff!
EHRENFRIED.
Das war eine Schraube, ei, Herr Kapitänleutenant, das war eine erschreckliche Schraube!
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, die Schraube war gut.
EHRENFRIED.
Aber saget mir, wie Euch bei Hofe die Hasenhetze gefallen hat.
FORTUNATUS.
Sehr wohl, Ihro Exzellenz.
EHRENFRIED.
Wie denn das Fuchsprellen?
FORTUNATUS.
Auch sehr wohl, Ihro Gnaden. Wenn nur mehr Jäger wären bei der Hand gewesen.
EHRENFRIED.
A propos, mein Herr Kapitänleutenant, wie steht's denn um die beiden Jäger?
FORTUNATUS.
Ihr Exzellenz, ich denke, sie werden wohl vor dero Zimmer stehen.
EHRENFRIED.
Du, Hausdieb, sich zu, ob ein paar Jäger draußen stehen.
MUMMELMÄRTEN.
Ja, Ihro Gnaden, ich will gleich darnach sehen. Gehet ab.
FORTUNATUS.

Ihro Exzellenz werden sich erschrecklich über die Dinge verwundern, so die beiden Jägerbursche mit Schüßen vorgenommen haben.

EHRENFRIED.
Das ist ja brav, denn gute Leute muß ich zu meiner Jägerei haben.
FORTUNATUS.
Es ist wahr, Ihr Exzellenz, Jäger brauchen Sie höchst nötig.
7. Auftritt
[254] Siebenter Auftritt
Mummelmärten zu den Vorigen.

MUMMELMÄRTEN.
Ihr Gnaden, es stehen ein paar Jäger draußen und fragen nach dem Herrn Kapitänleutenant.
FORTUNATUS.
Ihr Exzellenz, das werden dieselben sein.
EHRENFRIED.
Laß sie doch hereinkommen, sie sollen Audienz haben.
MUMMELMÄRTEN.
Sie wollen nicht, Ihr Gnaden.
EHRENFRIED.
Was ist denn die Ursache?
MUMMELMÄRTEN.

Ich sollte ihnen erstlich wieder sagen, wie sie Ihre Gnaden titulieren sollen, so wollten sie sich hernach gleich präsentieren.

EHRENFRIED.
Als wenn du Vogel nicht wüßtest, wie mein Titel wäre.
MUMMELMÄRTEN.
Ich weiß ihn wohl, allein ich weiß ihn aber doch nicht recht.
EHRENFRIED.
Herr Kapitänleutenant, sagt doch den Jungen meinen rechten Titel.
FORTUNATUS.

Ganz wohl, gnädiger Herr. Zum Mummelmärten. Sprich zu den beiden Jägerburschen, wenn der Herr Graf mit sie reden würde, so müßten sie ihn Ihro Exzellenz und Hochgräfliche Gnaden titulieren.

MUMMELMÄRTEN.
Je nu, nu, ich will's ihnen schon so vorsagen. Gehet ab.
EHRENFRIED.
Herr Kapitänleutenant!
FORTUNATUS.
Ihr Exzellenz?
EHRENFRIED.

Das müssen gescheute Kerl sein, weil sie erstlich meinen Titel zu wissen verlangen, damit sie bei der Audienz keinen Pfui-dich-an einlegen wollen.

FORTUNATUS.
Ja, Ihr Exzellenz, es sind ein paar vortreffliche Jägerbursche.
8. Auftritt
[255] Achter Auftritt
Mummelmärten, Marode, Sylvester und die Vorigen.

MUMMELMÄRTEN.
Ihro Gnaden, da bring ich die Kerl.
EHRENFRIED.
Seid ihr Jäger?
MARODE U.
SYLVESTER. Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden.
EHRENFRIED.
Wo seid ihr beide her?
MARODE.

Ich bin von Wespenhausen, und mein Kamerad da ist von Hasendorf gebürtig. Es liegen beide Dörfer eine halbe Meile voneinander.

EHRENFRIED.
Seid ihr sonst schon in Diensten gewesen?
MARODE.

Wir sind alle beide sechs ganzer Jahr bei Graf Narrburgen (wenn Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden denselben gekannt haben) in Diensten gewesen. Wie er aber vor wenig Wochen starb, so wurden alle seine Bediente abgedankt.

EHRENFRIED.
Ist der Graf von Narrburg tot?
SYLVESTER.
Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, begraben ist er.
MARODE.
Haben Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden den Herrn Grafen von Narrburg gekennet?
EHRENFRIED.

Per renomée ist er mir bekannt gewesen, und wo mir recht ist, so sind gar viel Ge schlechter, die sich von Narrburg schreiben.

MARODE.
Ach ja, er hat eine große Freundschaft hinter sich gelassen.
EHRENFRIED.

Nun, weil ihr bei einen so braven Herrn in Diensten gewesen seid, der auch auf wackere Leute viel gehalten hat, und ihr beide von meinen Herrn Kapitänleutenant da sehr wohl seid rekommendieret worden, so will ich euch in meine Dienste nehmen.

MARODE UND SYLVESTER.
Wir bedanken uns für die Hochgräfl. Gnade.
EHRENFRIED.
Ich verhoffe auch, ihr werdet die Jägerei so gut verstehen als andere brave Jägerbursche.
[256]
MARODE.
Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, so gut als ein Jäger, er mag auch sein, wer er will.
SYLVESTER.

Und was das Schießen anbelangt, so soll mich wohl keiner darinnen leichtlich verraten, zumal wenn fein viel Rebhühner beieinander sitzen und die Büchse versagt mir nicht.

MARODE.

Und was das Hasenschießen anbelanget, so soll auch wohl leichtlich keiner über mir sein, wenn ich nur allemal gut Zündkraut auf der Pfanne habe.

EHRENFRIED.

An guten Pulver und tüchtigen Schrote soll es euch leichtlich nicht fehlen, zumal was die Hasenschrot anbelanget. Nur befleißiget euch auf gute Büchsen.

SYLVESTER.

Ei, meine Büchse soll mir leichtlich nichts verfehlen, wenn ich nur recht darauf ziele, wo ich hinschießen will.

MARODE.

Und mit meiner Büchse hier, da will ich wohl mit keinen Jäger seiner tauschen, denn es ist Damaszener-Gemächte und ist vortrefflich auf die Hasen eingeschossen.

FORTUNATUS.

Ei, Ihro Exzellenz, Sie lassen sich doch das Ding erzählen. Dieser hier spricht: Er hatte mit seiner Büchse einmal siebzehn Rebhühner auf einer Weide weggeschossen, und der da drei Hasen auf einer Eiche. Das Ding will mir gar nicht in meinen Kopf.

EHRENFRIED.

Ja warum nicht, mein Herr Kapitänleutenant? Was ein guter Jäger ist, der muß alles schießen können. Es mag auch sein, wo es will.

FORTUNATUS.

Das ist alle wahr, Ihro Exzellenz, alleine siebenzehn Rebhühner von einer Weide zu schießen und drei Hasen auf einen Schuß von einer Eiche, das ist ein bißchen zu viel.

EHRENFRIED.
Ei, Herr Kapitänleutenant, das ist eine Schraube.
SYLVESTER.

Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden verzeihen mir, daß ich Sie in das Wort falle und sage: Ja, ich habe siebzehn Rebhühner auf einen Schuß von einer Weide geschossen. Allein der Herr Kapitänleutenant hat mich [257] nicht recht verstanden, denn sie saßen auf einer Weide, wo man das Vieh weidet, aber auf keinem Baume nicht, die man Weide nennet.

FORTUNATUS.

Ei ja, das ist ein anders. Aber wie kann denn dieses möglich sein, daß ihr drei Hasen von einer Eiche geschossen habt, da man doch sein Lebetage nicht gehöret, daß ein Hase auf einem Baume gesessen? Ich denke immer, Jäger, es werden drei Eichhörner gewesen sein.

MARODE.

Ei, Herr Kapitänleutenant, lernet Ihr mich doch Hasen kennen! Wollte ich doch wohl Euch oder den Herrn Grafen gekennet haben, wenn Ihr dazumal droben gesessen und wenn die Eiche auch gleich noch einmal so lang gewesen wäre.

EHRENFRIED.

Ich habe in meiner Grafschaft zwar viel tausend Millionen Eichen und andere Bäume, doch wüßte ich mich selbst nicht zu erinnern, daß ich jemals einen Hasen auf einem Baume sitzen gesehen.

MARODE.

Ja, Ihro Exzellenz, mein Kamerad da hat hinter mir gestanden, wie ich schoß, der kann's nicht anders sagen. Und wenn mir damals die Büchse nicht so langsam wäre losgegangen, so bin ich kein ehrlicher Kerl, wenn ich nicht auch noch ein paar Füchse mit treffen wollen, denn die spielten mit den Hasen auf der Eiche. Sobald sie aber das Feuer sahen, marschierten sie fort, die drei Häschen aber mußten Haare lassen.

EHRENFRIED.
Ei, das ist eine erschröckliche Schraube!
MARODE.
Nein, Ihro Exzellenz und Hochgräfliche Gnaden, es ist keine Vexiererei.
EHRENFRIED.
Wie kann aber das möglich sein?
MARODE.
Sie müssen mich recht verstehen, Ihro Exzellenz und Hochgräfliche Gnaden.
EHRENFRIED.
Wie aber?
MARODE.
Die Eiche war umgehackt und lag im Busche.
EHRENFRIED.
Ei ja, das ist ein anders.
FORTUNATUS.

Ja so, wenn sie gelegen hat, so kann das [258] wohl möglich sein, allein es ist doch viel, drei Hasen auf einmal zu schießen.

MARODE.
Je, warum hießen wir denn Schützen oder Jäger, wenn wir so viel nicht gelernet hätten?
EHRENFRIED.
Ich habe einen alten Jäger, der hat wohl zeitlebens nicht drei Hasen überall geschossen.
MARODE.

Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, vielleicht weiß er den Vortel nicht recht oder ist etwan von sehr blöden Gesichte.

EHRENFRIED.

Er gibt's immer dem Gesichte schuld, und ich glaube auch, daß es wahr ist, denn daran kann ich's merken: Er brachte mir neulich einen jungen Esel aus meiner Grafschaft geschleppt, welchen er vor ein Reh geschossen hatte. Gestern habe ich ihn nun wieder hingeschickt, wer weiß, was er jetzund vor rar Wildbret mitbringt.

MARODE.

Ja, Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, wenn ein Jäger kein gut Gesichte hat, so gibt er keinen gewissen Schützen ab, zumal was das Hasenschießen anbelangt.

SYLVESTER.

Ei, das Rebhühnerschießen ist noch künstlicher, denn sobald sie nur das Pulver riechen, marschieren sie fort.

MARODE.
Ei, ein Hase wartet auch nicht lange, zumal wenn er öfters aus dem Lager gejaget wird.
9. Auftritt
Neunter Auftritt
Hasenius und die Vorigen.

HASENIUS
hat einen Befehl in der Hand.

Ihro Exzellenz und Hochgräfliche Gnaden, hier ist der Befehl wegen des Hasenschießens. Geruhen Sie denselben zu unterschreiben?

EHRENFRIED.
Leset mir doch denselben her, damit ich höre, ob er recht ist.
HASENIUS
machet den Befehl auf, lieset ihn folgendermaßen.

[259] Ehrenfeste, liebe Getreue. Wenn ihr alle noch frisch und gesund seid, höre ich's teils gerne und auch teils nicht gerne. Gerne höre ich's, daß ihr eure Frondienste noch alle tut und verrichten könnet. Denn wenn ihr krank wäret, so müßte es wohl unterwegens bleiben. Teils höre ich's auch nicht gerne, daß ihr alle noch wohlauf seid und mir aus meinem Gehege so viel Hasen wegschießet; denn wenn ihr an einem hitzigen Fieber läget, so ließet ihr solches wohl bleiben. Derowegen habe ich nicht unterlassen können, dieses Mandat an euch ergehen zu lassen, und gebiete euch bei meiner höchsten Ungnade, daß sich hinfort keiner mehr von euch unterstehe, mein Gehege zu turbieren, oder woferne ich nur das Allergeringste erfahre, daß einer nur nach einen Hasen geschossen hat, und wenn er ihn auch gleich nicht einmal getroffen, so hat mein alter Klaus, der großbärtige Jäger, schon Ordre bei sich, daß er alle diejenigen, so wider diesen Befehl handeln, soll ohne einziges Einwenden in den Bock spannen und so lange karbatschen, bis sie sprechen, sie wollen's nicht mehr tun. Wornach ihr euch zu achten. Gott befohlen.

HASENIUS.
Haben Ihro Exzellenz hierbei noch etwas zu erinnern?
EHRENFRIED.
Der Befehl ist sehr gut, gebt her, ich will ihn unterschreiben. Ist keine Feder da?
HASENIUS.
Ihro Gnaden, hier ist eine. Gibt dem Grafen eine Feder.
EHRENFRIED
setzt sich an den Tisch in sein Audienzgemach, unterschreibet den Befehl, und als er fertig, steht er wieder auf und spricht.
Da gehet, Sekretär, und siegelt ihn nun.
HASENIUS.
Geruhen Ihro Exzellenz mir Ihr Petschaft zu geben?
EHRENFRIED.
Herr Kapitänleutenant, wo ist denn mein Petschaft?
FORTUNATUS
heimlich.
Ihro Exzellenz, es stehet mit versetzt.
[260]
EHRENFRIED.
Habt Ihr derweile keins nicht?
FORTUNATUS.
Nein, Ihro Exzellenz, ich habe keins.
EHRENFRIED.

Hört, Sekretär, ich habe jetzt mein Petschaft nicht bei der Hand, nehmt nur unterdessen Euers und siegelt damit.

HASENIUS.
Ja, Ihro Exzellenz, ich habe auch keins.
EHRENFRIED.
Wie denn Ihr, Herr Hauptmann?
FEUERFAX.
Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden, ich kann gar nicht schreiben.
EHRENFRIED.
Ihr, Fähndrich, habt Ihr kein Petschaft?
FRIEDENSCHILD.

Nein, Ihro Exzellenz, kein Petschaft habe ich nicht, aber einen galanten Stoßdegen habe ich, der steht Ihro Exzellenz zu Diensten, wenn Sie ihn verlangen, und auf denselben können Sie sich, der Tebel hol mer, verlassen.

EHRENFRIED.
Hat denn keiner unter euch kein Petschaft nicht? Du, Hausdieb, hast du keines?
MUMMELMÄRTEN.

Ihro Exzellenz, was wollt ich denn damit scheren, bin ich doch mein Lebtage in keine Schule gegangen.

EHRENFRIED.

Hört, Sekretär, weil mein Kanzeleisiegel oder Hochgräfl. Petschaft nicht bei mir habe, so nehmt nur einen ganzen Groschen und siegelt damit. Es ist vor meine Untertanen gut genug.

HASENIUS.
Wollen Ihro Exzellenz mir einen Groschen geben lassen?
EHRENFRIED.
Habt Ihr denn kein Geld nicht?
HASENIUS.
Ihro Exzellenz, ich führe selten Geld bei mir.
EHRENFRIED.
Herr Kapitänleutenant, gebt doch den Sekretär einen ganzen Groschen.
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, ich werde wohl von Gelde gar nichts bei mir haben.
EHRENFRIED.
Und ich habe auch nichts einzeln bei mir. Herr Hauptmann, habt Ihr kein einzeln Geld?
FEUERFAX.
Ihro Exzellenz, ich werde wohl gar nichts haben.
[261]
EHRENFRIED.
Hat denn keiner kein Geld bei sich?Suchen alle in den Schübesäcken.
MUMMELMÄRTEN.
Da hab ich noch einen Groschen, Ihr Exzellenz. Gibt dem Grafen einen Groschen.
EHRENFRIED.
Du bist doch noch ein braver Kerl, wenn keiner kein Geld hat, so hast du welches.
MUMMELMÄRTEN.
Je, was hülfe mich denn mein Stehlen, wenn ich keinen Groschen Geld haben wollte?
EHRENFRIED.
Ei, das ist eine erschreckliche Schraube.
MIRAX.
Ei, rühme du Vogel dich was Bessers!
MUMMELMÄRTEN.

Was schiert's denn Euch? Wenn's mein Herr leiden kann, so hat sich so ein naseweiser Kerl, als wie Ihr seid, nichts drum zu bekümmern.

MIRAX.

Wären Ihro Exzellenz nicht zugegen, ich wollte dir deinen diebischen Kopf zurechte setzen, du solltest dein Lebetage an mich gedenken.

MUMMELMÄRTEN.
Ja, sie müssen noch alle dicke draußen liegen, welchen Ihr die Köpfe zurechte gesetzt habt.
HASENIUS.
Wo ist denn der Groschen?
EHRENFRIED.

Hier ist er. Da geht und siegelt den Befehl, damit er heute noch mit der Extrapost fortgeschickt wird.

HASENIUS.
Ja, Ihro Exzellenz, es soll geschehen.Will abgehen.
EHRENFRIED.
Hört, ruft. Sekretär!
HASENIUS
kömmt wieder.
Ihro Exzellenz?
EHRENFRIED.

Da, nehmt die beiden Jäger mit in Euer Kabinett und nehmet sie in Pflicht, denn sie sollen bei mir Dienste haben.

HASENIUS.
Es soll geschehen, Ihro Exzellenz.
EHRENFRIED.

Diesem hier, der die drei Hasen auf der Eiche geschossen hat, gebt das Prädikat als Kammerjäger und dem da mit den siebzehn Rebhühnern als Hof- und Feldjäger.

HASENIUS.
Wie Ihro Exzellenz befehlen.
EHRENFRIED
zum Jägern.

Gehet alle beide mit meinem Sekretär auf seine Stube, er soll euch in Pflicht nehmen, [262] und was die Besoldung und das Kostgeld anbetrifft, das soll euch mein Kapitänleutenant von meinen Handgeldern zahlen. Ich will euch schon eine gute Besoldung machen lassen, daß ihr damit vergnügt sein sollet.

MARODE.
Es ist ganz gut, Ihro Exzellenz. Wir wollen auch schon dafür getreue Dienste leisten.
HASENIUS.
So kommt mit mir in mein Kabinett.
SYLVESTER.
Wir werden dem Herrn Sekretarichs folgen. Hasenius, Marode, Sylvester gehen ab.
10. Auftritt
Zehenter Auftritt
Klunte und die Vorigen.

KLUNTE.
Ihr Gnaden, Sie verzeihen mir, daß ich so gleich eingehe.
EHRENFRIED.

Ihr hättet Euch wohl können anmelden lassen, ob es mir als einem großen Herrn auch wäre gelegen gewesen.

KLUNTE.

Ihr Gnaden, Sie verzeihen mir, ich bin eine einfältige Frau, und weil ich sonst allemal, wenn Sie zu mir geschickt haben, immer unangemeldet in Ihr Zimmer gehen dürfen, so verhöffe ich, Sie werden's jetzund auch nicht so genau nehmen.

EHRENFRIED.
Was ist denn Euer Anbringen?
KLUNTE.

Ihr Gnaden, Sie werden sich großgünstig zu entsinnen wissen, wie daß ich Sie vor etlichen Wochen auf etwas Pfand Geld schaffen mußte.

EHRENFRIED.
Ist es wahr, Herr Kapitänleutenant?
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Exzellenz, die Frau hat recht.
KLUNTE.

Und weil nun die gesetzte Zeit um ist, so wollten die Leute gerne, daß die Sachen wieder möchten eingelöset werden.

EHRENFRIED.
Was sagt Ihr darzu, Herr Kapitänleutenant?
FORTUNATUS.

Ja, Ihro Exzellenz, was soll ich sagen? Ich [263] kann die Leute freilich nicht darum verdenken, daß sie das Ihrige fordern.

EHRENFRIED.
Ist denn viel drauf geborget?
KLUNTE.
Ihr Gnaden, es werden mit dem vergoldeten Degen auf vierzig Rthlr. sein.
EHRENFRIED.

Ja, meine liebe Frau, es kann itzo wohl noch nicht sein, daß ich die Sachen wieder einlösen kann. Sie werden ja noch ein vierzehn Tage oder was mit der Zahlung in Ruhe stehen.

KLUNTE.
Ja, Ihr Gnaden, ich zweifele, ob's die Leute tun werden.
EHRENFRIED.

Und wenn sie nicht wollen, so mögen sie es bleiben lassen; sie müssen doch warten, bis ich Geld bekomme.

KLUNTE.

Das ist alle wahr, Ihr Gnaden, ich habe es den Leuten auch gesagt. Sie gaben mir aber zur Antwort: Und wenn der Herr Graf heute oder morgen seine Sachen nicht wieder würde einlösen lassen, so wollten sie dieselben übermorgen entweder verkaufen oder auf den Trödel hängen, denn das Wort müßte gehalten sein.

EHRENFRIED.
Die Leute sein doch gar Narren. Ich tue ihnen was anders auf ihr Wort.
11. Auftritt
Elfter Auftritt
Servillo und die Vorigen.

SERVILLO.
Der Herr Graf soll alsobald nach Hofe kommen und mit den Damens in die Lotterie gehen.
EHRENFRIED.
Wird kein Assemblée gehalten?
SERVILLO.
Ich kann's nicht wissen, was auf den Abend geschehen möchte.
EHRENFRIED.
Geht nur und sagt, daß ich bald kommen wollte.
SERVILLO.
Ich werde es auszurichten wissen. Geht ab.
EHRENFRIED.
Herr Kapitänleutenant?
[264]
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, was befehlen Sie?
EHRENFRIED.
Was habt Ihr vor Geld noch im Vorrat?
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, es ist nicht ein Dreier mehr da.
EHRENFRIED.
Ja, Ihr müßt Rat schaffen.
FORTUNATUS.
Ganz gerne, Ihro Gnaden, alleine wo denn hernehmen?
KLUNTE.
Ihro Gnaden, Sie lassen mir nur Pfand geben, ich will bald Rat schaffen.
EHRENFRIED.
Hört, Trödelfrau!
KLUNTE.
Ihro Gnaden, hier bin ich.
EHRENFRIED.
Könnt Ihr mir wohl auf mein verschammeriertes Kleid hier alsobald dreißig Rthlr. Geld schaffen?
KLUNTE.

Warum das nicht, Ihro Gnaden? Wenn Sie mir genug Pfand geben, ich will Sie wohl tausend Thlr. schaffen.

EHRENFRIED.
Ja, es hilft nichts. Ziehet sein Kleid aus. Herr Kapitänleutenant!
FORTUNATUS.
Gnädiger Herr?
EHRENFRIED.
Ihr müßt mir unterdessen Euern Rock so lange lehnen, bis ich einen ändern kriege.
FORTUNATUS.

Wie Ihro Exzellenz befehlen. Ziehet sein Kleid auch aus und gibt's dem Grafen. Aber was soll denn ich indessen anziehen?

EHRENFRIED.

Lasset Euch derweile dieses Kammerdieners seinen Rock geben und ziehet ihn so lange an, bis Rat geschaffet wird.

NARRUFFSKY.
Ei, das laß ich wohl bleiben, daß ich meinen Rock wieder weglehne.
EHRENFRIED.

Was verschlägt dir's denn, du kannst ja leichtlich einen Tag oder was hintern Ofen sitzen, bis ich ein wenig zu Gelde komme. Hernach sollst du gar einen neuen haben.

NARRUFFSKY.

Vor einem Jahre hieße es auch so, alleine es verzogen sich wohl zwanzig Wochen, ehe ich ein Kleid wieder auf den Leib bekam.

FORTUNATUS.

Ihr Gnaden, es ist eben nicht groß vonnöten, [265] daß er mir sein Kleid lehnen muß. Habe ich doch selbst noch eins, das ich so lange anziehen kann.

EHRENFRIED.
Je nu, wenn dieses ist, so braucht es keiner andern Sorge.
KLUNTE.
Nun, wie wollen Sie es denn halten, Ihro Gnaden?
EHRENFRIED.

Da nehmt mein Kleid hier und lasset Euch dreißig Rthlr. darauf geben, und die bringet mir hernach nach Hofe.

KLUNTE.

Ja, Ihro Gnaden, es soll keine halbe Stunde ins Land gehen, so sollen Sie l'argent content haben. Alleine, wie soll es denn mit den andern Sachen gehalten werden?

EHRENFRIED.

Sprecht nur, wenn sie nicht warten wollten, bis ich sie wieder einlösen könnte, so möchten sie nur dieselben verkaufen und mir das Übrige rausgeben.

KLUNTE.
Ganz gut, Ihro Gnaden, ich werde alles schon auszurichten wissen.
EHRENFRIED.
Das Geld müßt Ihr mir aber bald nach Hofe bringen.
KLUNTE.
Ich will mich schon zu rechter Zeit bei Ihro Gnaden einstellen. Gehet ab.
EHRENFRIED.
Allons! He, fort in die Lotterie! Im Weggehen. Puff!
ALLE.
Puff! Puff! Puff! Gehen ab.

Ballett von alten Trödelweibern.

2. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Herr Johannes und Jukundus.

JOHANNES.
Wieviel?
JUKUNDUS.
Eine ganze Kompagnie wird zu dir kommen. Schaffe du nur brav zu fressen und zu saufen an.
JOHANNES.
Und wenn ihrer tausend kommen, es ist genug da, gottlob!
[266]
JUKUNDUS.
Was hast du denn vor Lampreten alle?
JOHANNES.

Was du haben willst: Kramsvögel, Rebhühner, Schneppen, wilde Schweinskeulen, Lerchen, Hasen und auch was von Fasanen, gottlob!

JUKUNDUS.
Wo zum Henker kriegst du denn die Fasanen her?
JOHANNES.
Oho, ich will dir wohl ander Wildbret weisen!
JUKUNDUS.
Was denn?
JOHANNES.
Trappen, gottlob, wenn du sie kennest.
JUKUNDUS.
Ich glaube, du hast gar einen Kobold, der dir alles zuschleppt.
JOHANNES.
Je, ja, es hat sich was zu kobelden.
JUKUNDUS.

Von rechten Dingen könnte es, dächte ich, doch nicht zugehen, daß du allezeit so ein Haufen rar Wildbret immer im Vorrate hast.

JOHANNES.
Je, Momflere, wenn man Geld hat! Nu, da hast's!
JUKUNDUS.

Das ist wohl wahr, Bruder, allein man kann aber nicht allezeit vor Geld etwas bekommen, was man haben will, zumal wenn es außer der Zeit ist.

JOHANNES.
Momflere, komm du zu mir, wenn du willst; du sollst allemal bei mir haben, was du verlangest.
JUKUNDUS.
Das wäre doch viel!
JOHANNES.
Was ich sage; ich bin kein ehrlicher Mann, wenn's nicht wahr ist.
JUKUNDUS.

Höre, Bruder, ich will jetzo gleich hingehen und es etlichen noch sagen, daß sie sich bald bei dir einfinden sollen.

JOHANNES.
Momflere, ein Wort. Saget ihm heimlich ins Ohr. Zahlen sie auch wacker, die herkommen wollen?
JUKUNDUS.
Ei vortrefflich, sie haben ganze Schubsäcke voll Dukaten bei sich.
JOHANNES.
Was du sagest!
JUKUNDUS.
In Wahrheit! Du magst mir's gläuben oder nicht.
[267]
JOHANNES.
Mein Tage nicht gehöret! Aber, Momflere, kommen auch Grafen mit?
JUKUNDUS.
Ja, Bruder, nicht alleine Grafen, sondern auch Fürsten.
JOHANNES.
Ei nee!
JUKUNDUS.
Auf mein Wort, es kommen Grafen und Fürsten mit zu dir.
JOHANNES.
Top!
JUKUNDUS.
Top! Ein Schelm, wenn's nicht wahr ist.
JOHANNES.
In deinem Namen aber?
JUKUNDUS.
Es sei in meinem oder in deinem Namen, genug daß sie kommen.
JOHANNES.
Nun laß sie kommen, bin ich doch schon da.
JUKUNDUS.
Aber du mußt dich auch brav lustig mit machen.
JOHANNES.

Momflere, ich will Dinge machen, die du mein Lebetage wirst nicht gesehen haben. Aber, Momflere, vexieren müssen sie mich nicht.

JUKUNDUS.
Ei du bist ein Narre; wer wird dich denn vexieren, du bist ein brav Mann.
JOHANNES.
Das bin ich auch, gottlob!
JUKUNDUS.
Nun adieu, Herr Bruder, in einer halben Stunde wollen wir bei dir schmausen.
JOHANNES.
Top!
JUKUNDUS.
Top, Herr Bruder, addio! Gehet ab.
JOHANNES.
De gratias, Momflere. Ruft seine Frau. Dicke! Dicke!
2. Auftritt
Anderer Auftritt
Johannes, Walpe.

WALPE.
Was willst du denn, mein lieber Mann?
JOHANNES.
Frag lange.
WALPE.
Ich werde ja fragen dürfen, was es gibt.
JOHANNES.
Gäste wollen kommen. Weißt's nu?
WALPE.
Laß sie kommen in Gottes Namen; ich will sie schon satt machen.
[268]
JOHANNES.
Weißt's denn auch, wer alles kömmt?
WALPE.

Das kann ich nicht wissen. Weißt du es aber, so sage mir's, damit ich mich ein wenig drauf schicken kann.

JOHANNES.
Achtzig, gottlob!
WALPE.
Wieviel?
JOHANNES.
Was ich sage, auf mein Wort. Auch wohl neunzig.
WALPE.
Je, wer denn alle?
JOHANNES.
Fürsten, Grafen, Freiherrn, Barone.
WALPE.
Keine Studenten?
JOHANNES.
Eben auch welche.
WALPE.
Wenn sie nur brav Geld haben.
JOHANNES.
Dicke! Lauter Dukaten.
WALPE.
Hast du sie denn schon gesehn?
JOHANNES.
Auf mein Wort, ganze Picken voll haben sie. Nu?
WALPE.
So komm denn, daß wir ein wenig Anstalt in der Küche machen.
JOHANNES.

Dicke, geh du nur und mache die wilde Schweinskeule mit zurechte. Ich will her sein und die großen Gläser immer ausspülen.

WALPE.
Ei, mein Essen soll schon bereit sein. Gehet ab.
JOHANNES.
Und an Einschenken und Anschreiben soll es gottlob auch nicht fehlen. Gehet ab.
3. Auftritt
Dritter Auftritt
Leonore, Courage begegnen einander.

LEONORE.
Höre doch, Courage, hast du den Herrn Grafen nicht gesehen?
COURAGE.
Höre doch, Lorchen, hast du des Grafens seine Jungfer Köchin nicht gesehen?
LEONORE.
Ei, was habe ich mit der Köchin zu tun?
COURAGE.
Je, was schiert mich denn der Graf?
[269]
LEONORE.
Nein, in rechten Ernst hast du ihn nicht gesehen?
COURAGE.
Ja, ich habe ihn gesehn.
LEONORE.
Wo denn?
COURAGE.
Er ließ sich nur vor kurzen auf einer Zoberstange von seinen Bedienten nach Hofe tragen.
LEONORE.
Du damischer Dieb, es wird eine Karosse gewesen sein, worauf er ist nach Hofe gefahren.
COURAGE.

Ei, lerne du mich doch einen Hasen für eine Kuh ansehen. Ich werde ja wissen, was eine Zoberstange ist oder was eine Karosse ist.

LEONORE.
Er wird ja solch närrisch Ding nicht vornehmen.
COURAGE.

Ei, er nimmt wohl närrischer Zeug für, ist er doch einmal mit dem Könige im Schlafpelze und einer Federmütze auf dem Kopfe gar auf die Jagd geritten und hat, wo mir recht ist, weder Schuh noch Strümpfe angehabt.

LEONORE.
Er hat aber eine schöne Karosse, warum fährt er denn nicht in derselben?
COURAGE.

Er kann auch nicht immer fahren. Ein großer Herr, als wie der Herr Graf ist, muß ja eine Abwechselung haben.

LEONORE.
Weißt du nicht, ob er bald wird wieder nach Hause kommen?
COURAGE.

Ja, das kann ich dir nicht sagen, vor abends kömmt er wohl schwerlich wieder, denn es ist ein Glückstöpfer bei Hofe ankommen, da ist er mit den Damens in die Glücksbude gegangen.

LEONORE.
Ja, so wird er wohl schwerlich für nachts wiederkommen.
COURAGE.
Ich zweifele selbst, daß er vor Mitternacht wiederkommt.
LEONORE.
Ich muß ihn sprechen. Ich treffe ihn auch an, wo ich will.
COURAGE.
Nur früh zu ihm gegangen, da trifft man ihn am allerersten an.
LEONORE.
Das werde ich auch wohl tun.
[270]
COURAGE.
Wie steht ihr denn beide miteinander, ist denn eure Sache bald richtig?
LEONORE.

Ei, was soll sie richtig sein. Drum wollte ich gerne mit ihm daraus reden, und wenn er nicht will, wie ich will, so will ich's an den König gelangen lassen, denn er hat mir meine Ehre recht abgestohlen.

COURAGE.

Wenn ich als wie du wäre, Lorchen, und er wollte mir nicht geben, was ich verlangte, so wollte ich ihn Knall und Fall auf die Ehe anklagen.

LEONORE.

Ei, das will ich ohndem schon tun. Ich bin itzo bei einem Advokaten gewesen, der hat mir ein Supplik gemacht, das soll ich, wenn er in Güte nicht will, dem Könige selbst übergeben.

COURAGE.
Ei, wo wohnt denn der Affokate?
LEONORE.

Ich habe nicht gefragt, wo er wohnt. Soviel ich aber von der Wirtin im Weinkeller vernehmen kunnte, so soll er gar viel Frauenzimmer bedient sein, die ihre Ehrenkränze verloren haben.

COURAGE.
Das wird mir gar der Rechte sein, allein, wie muß er heißen?
LEONORE.
Die Leute titulierten ihn nur Herr Fleckschreiber.
COURAGE.
Wo trifft man ihn aber an?
LEONORE.
Er sitzt dort bei Herr Johannsen im Weinkeller und hat ein Gläschen Wein für sich stehen.
COURAGE.
Ich will doch hernach auch hingehen und den Herrn Fleckschreiber in einer Sache um Rat fragen.
LEONORE.
Du hast gewiß auch mit einer zu tun!
COURAGE.
Ach nein, es ist sonst was.
LEONORE.
Darf man's aber nicht wissen?
COURAGE.
Warum nicht? Das kann ich dir wohl sagen, ist es doch kein Schelmstück.
LEONORE.
So sage mir's doch.
COURAGE.

Die ganze Affäre ist diese: Ich habe mich mit des Grafens seiner Köchin verlobt, und mein Herr, der will's nicht zugeben, daß ich das Mensche nehmen soll. [271] Drüm möchte ich gerne mit einem rechten Ungerechtsmacher reden, was er mir hierinnen für einen Rat gibt; denn ich habe gar willens, ich will ihn bei dem Könige verklagen, wenn er's nicht zugeben will.

LEONORE.

Je, du herzer Courage du, dieser Fleckschreiber wird dir bald eine Intrüsche sagen, wie du es machen sollst, denn das soll ein Mann sein, der auf lauter Cäuschen und Praktiken abgerichtet ist.

COURAGE.
Ei, das muß mir gar der Rechte sein.
LEONORE.

Die Wirtin hat mir Dinge von demselben Fleckschreiber erzählet, daß man sich hatte putzig drüber lachen mögen.

COURAGE.
Wieso denn?
LEONORE.
Sie erzählte mir, wie daß derselbe Mann so ein vortrefflicher Liebhaber von Frauenzimmer wäre.
COURAGE.
Ist er denn noch jung?
LEONORE.
Ei, es ist ein steinalter Mann, der schon auf der Grube gehet.
COURAGE.
Was hat er denn nun mit dem Frauenzimmer gemacht?
LEONORE.

Er soll sich mög' in ein artiges Mädchen verschammerieret gehabt haben, und dasselbe hätte er auch, weil er so heftig in sie verliebt gewesen, in gelben Damast kleiden lassen und hernachmals nur das Rübsenstücke geheißen.

COURAGE.

Ei, warum nicht gar das Schotenstücke? Hat aber dasselbe Frauenzimmer den alten Kurtisan auch Gegenliebe bewiesen?

LEONORE.

Soviel ich von der Wirtin vernahm, so hätte sie ihm nicht einmal eine charmante Miene gemacht, viel weniger, daß sie ihm für das geschenkte damastene Kleid sonsten seinen Willen erfüllen sollen.

COURAGE.

Ja, es geht bisweilen so, wenn alte Männer mit jungen Mädchen löffeln wollen. Allein es geschieht ihnen gar recht, wenn sie hernachmals für ihre Spendagen ins Fäustchen nein ausgelacht werden.

[272]
LEONORE.

Ein artiges Histörchen erzählte mir die Wirtin von diesem sogenannten Fleckschreiber: Er hätte einsmals auf einer Hochzeit nach einer Bärenmusik mit Frauenzimmer nackend um einen Tannenbaum herum getanzet, welches ihm diese Stunde noch übel ausgeleget würde.

COURAGE.

Ei, das kann ich mir leicht einbilden. Nackend zu tanzen! Es kömmt gar zu ärgerlich her aus. Wenn's doch noch im Hemde gewesen wäre.

LEONORE.

Hernach, so sagte mir die Wirtin auch, wie daß dieser Fleckschreiber allen Leuten dienete, sie möchten recht oder unrecht haben, wer ihm nur Geld brächte, der wäre ihm angenehm.

COURAGE.
Das muß mir gar einer von den Rechten sein.
LEONORE.
Über eines mußte ich recht herzlich lachen.
COURAGE.
Über was denn?
LEONORE.

Die Wirtin sagte mir, wie daß er einmal ein paar Parteien ineinander gehetzt, über welches Unrecht dieser Fleckschreiber von einem Frauenzimmer in öffentlicher Gerichtsstube wäre ein alter Rockseicher geheißen worden.

COURAGE.
Was hätte er denn darzu gesaget?
LEONORE.

Was sollte er gesaget haben? Er hatte solches zu registrieren gebeten, alleine wegen anderer Affären hatten's die Gerichte nicht gehöret, und war also dieses Frauenzimmer noch so mit einem blauen Auge davongekommen; sonst hätte er ihr unstreitig einen Injurienprozeß an den Hals geworfen.

COURAGE.
Je, könnte man doch von diesem Fleckschreiber eine perfekte Komödie machen.
LEONORE.

Ach, wenn ich's nur nicht vergessen hätte, was mir die Wirtin alles von den süßen Nächten und noch ändern Streichen, so dieser Fleckschreiber soll vorgenommen haben, erzählet hat.

COURAGE.
Es scheint, als wenn an denselben Affokaten wohl nicht viel Gebackens wäre.
LEONORE.
Er soll aber sehr viel zu tun haben.
COURAGE.

Ich will doch für die Langeweile hingehen für [273] den Weinkeller und ihn lassen herauskommen. Da will ich bald hören, was er am Schilde führet. Gehet ab.

LEONORE.

Und ich will morgen früh Graf Ehrenfriedchen eine Visite geben und bei ihn hören, ob er mich nehmen will. Gehet ab.

4. Auftritt
Vierter Auftritt
Der Prospekt eröffnet sich und zeiget Herr Johannsen seine Weinstube, worinnen sitzt Injurius, Leander, Jukundus und andere Weingäste; haben ein Musikchen und sind sehr lustig miteinander.

INJURIUS
singet sein Leibstückchen wie folget und klimpert mit den Händen dazu.
Ach Tannenbaum, ach Tannenbaum, du bist ein edler Zweig etc.
5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Herr Johannes mit einem Glase Wein.

JOHANNES.

Momflere, das ist ein Weinchen, und wenn du ihn in der Stadt besser kriegst, als mein Wein ist, so bin ich kein ehrlicher Mann.

LEANDER.
Wievielerlei Wein schenkst du denn aus einem Fasse?
JOHANNES.

Je ja, gottlob! Komm nur mit hinunter in meinen Keller, da will ich dir meine Weine weisen, was ich für Weine alle habe.

LEANDER.
Nun allons, Bruder, trink mir eins zu!
JOHANNES.
Dein Diener, Momflere. Will trinken.
LEANDER.
Ei, du mußt mir auch einen Vers darzu machen.
JOHANNES
reimet.
Momflere, das bring ich dir
in Gesundheit meiner Herrn Gäste hier.
Es lebe die ganze Kompagnie bei mir
für und für.
Das bring ich dir
[274] allhier bei mir.
Da hast's!

Trinket und gibt hernach das Glas Leandern.
JUKUNDUS.
Du kannst brave Verse machen, Bruder.
JOHANNES.
Was fehlt ihnen denn? Wer weiß, ob du es so gelernet hast.
JUKUNDUS.
Ei, du bist ein braver Mann.
JOHANNES.
Was bin ich, he?
LEANDER.
Ein Schelm bist du.
JOHANNES.
In deinen Namen.
LEANDER.
Nein, nein, Bruder, du bist ein wackerer Mann.
JOHANNES.
Das war ein Wort.
INJURIUS.
Herr Johannes, da lasse mir noch eins einschenken.
JOHANNES
ruft seine Frau.
Dicke! Dicke!
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Walpe kömmt gelaufen.

WALPE.
Was willst du denn, lieber Mann?
JOHANNES.
Da, hole Wein!
WALPE.
Alsobald. Nimmt das Glas, geht ab.
LEANDER.
Höre, Bruder, wer war gestern bei dir?
JOHANNES.
Gestern war alles voll bei mir.
LEANDER.
Wer denn?
JOHANNES.
Ein Haufen Kavalier, Studenten, auch Grafen, gottlob!
LEANDER.
Was denn für Grafen?
JOHANNES.
Ehrenfriedchen, gottlob, der Graf, wenn du ihn kennest. Kennest du ihn?
LEANDER.
Warum sollte ich ihn nicht kennen?
JOHANNES.
Ein wackerer Herr.
JUKUNDUS.
Ist es denn dieser, welcher so viel Leute hält?
JOHANNES.
Ja, Momflere, der ist's.
[275]
JUKUNDUS.
Was bedienen sie denn alle für Chargen bei den Grafen?
JOHANNES.

Einer ist Hauptmann, Feuerfaxchen, wenn du ihn kennest; hernach ist einer Kapitänleutenant bei ihn und auch einer Fähndrich, Friedenschildchen, wenn du von ihn gehöret hast. Es sind alles brave Leute.

JUKUNDUS.
Führet er so einen großen Staat? Ei, so muß er auch viel Einkommens haben.
JOHANNES.
Je ja, wenn ich's und du nur hätten, Momflere, wir wollten schon damit auskommen.
7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Walpe zu den Vorigen, bringet Wein.

WALPE
zu Injurio.
Hier, mein Herr Fleckschreiber, da ist sein Gläschen.
JUKUNDUS.
Da, bringe Sie mir auch noch eins.
WALPE.
Gleich, mein Herr. Nimmt das Gläschen.
JOHANNES.
Dicke!
WALPE.
Was denn, lieber Mann?
JOHANNES.
Bringe ihn doch eins aus dem großen Fasse an der Mauer, No. 75.
WALPE.
Ei, die Weine sind alle gut.
JOHANNES.
Tu du's, ich will's haben.
WALPE.
Ja doch. Gehet ab.
INJURIUS.
Ich will dir's bringen, Herr Bruder.
JOHANNES.
De gratias, Momflere.
INJURIUS.
Es lebe!
JOHANNES.
Was denn? Es lebe! Nun mache fort, es lebe!
INJURIUS.

Warte, ich will dir's erstlich zutrinken.Trinket, und als er getrunken. Da, Bruder, tu mir nun Bescheid und mache mir einen Vers darzu.

JOHANNES.
Nu, Momflere, itzt will ich einen Vers machen, den du dein Lebetage nicht gehöret hast.
[276]
INJURIUS.
Nu, mache fort. Es lebe!
JOHANNES
reimet.
Es lebe die Sonne von Polens Gemüte!
Sachsens Treue bleibe allezeit bei Elbstroms Güte.
Die Hand des Herrn schütze unsern König lebenslang Gemüte,
die hohen Säulen bleiben allezeit in dessen Segensgüte.
Es lebe der Untertanenschutz noch tausend Jahr in fröhlichen Gemüte.
Sowohl bei mir
und dir
und auch in Polen, weit von hier.

Da hast's!

Trinket.

Dergleichen hast du mein Tage nicht gehört.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Walpe zu den Vorigen.

WALPE.
Nun, da bringe ich den Herrn einen Wein. Er ist recht aus dem Mutterfäßchen.
JUKUNDUS.
Sollte der recht gut sein?
JOHANNES.
Und wenn du ihn so gut in der Stadt kriegst, als wie der Wein ist, so bin ich ein Schelm.
LEANDER.
Das bist du auch.
JOHANNES.
In deinen Namen.
LEANDER.
Nein, Bruder, in deinen Namen.
JOHANNES.
Ja, du schierst mich wohl.
JUKUNDUS.
Wenn ich als wie du wäre, Herr Bruder, ich ließe mich nicht so schimpfen.
JOHANNES
zu Leandern.
Was bin ich, he! Faßt ihn bei dem Arme. Was bin ich?
LEANDER.
Ei, du bist ein brav Mann.
JOHANNES.
Das war ein Wort.

Hier agieret Herr Johannes noch allerhand possierliche Schwänke. Walpe geht ab und zu.
9. Auftritt
[277] Neunter Auftritt
Fortunatus zu den Vorigen.

FORTUNATUS.
Gehorsamer Diener, meine Herrns, Ihr Diener, meine Patrons.
JOHANNES.

Willkommen, Momflere, willkommen! Wo hast du denn Ehrenfriedchen, deinen Grafen? Bringst du ihn nicht mit?

FORTUNATUS.
Nein, er ist noch bei Hofe in der Glücksbude und wird wohl heute schwerlich zu dir kommen.
JOHANNES.
Gewinnt der Graf auch wacker?
FORTUNATUS.

Was sollt er gewinnen? Er ist gar selten glücklich. Alleine ich habe abermal was gewonnen. Zieht ein Schnupptuch aus dem Schubsacke. Bruder, ist das nicht ein schön Schnupptuch? Es ist dem Grafen gewesen, er hat's verspielt.

LEANDER.
Hat's der Herr Kapitänleutenant Lust zu verkaufen, so will ich einen Handelsmann darzu abgeben.
FORTUNATUS.

Es ist mir zwar endlich nicht viel nütze. Doch weil ich jetzo Geld brauche, wer mir einen Rthlr. dafür gibt, der soll es haben.

LEANDER.
Ei, behüte Gott, wer wollte vor ein altes Schnupptuch einen Rthlr. geben.
FORTUNATUS.
Meine Patrons, es hat beim Sapperment viel Geld gekostet. Der Graf hat's getragen.
LEANDER.
Ei, das glaube ich gar wohl, allein, dafür gebe ich keinen Rthlr.
FORTUNATUS.

Wenn ich jetzo nicht so gar notwendig Geld brauchte, ich wollte es selber behalten; so aber muß ich heute mit dem Grafen noch ein Bachadie machen. Gebe mir der Herr vier Groschen bar Geld, so soll Er's doch haben.

LEANDER.
Zwei Groschen will ich dem Herrn geben, wenn Er will. Hier ist Geld.
FORTUNATUS.

So nehme Er's nur dafür hin. Vielleicht [278] gewinne ich den Grafen mit des Herrn zwei Groschen 50 Rthlr. abe. Leander gibt Fortunato zwei Groschen.

JOHANNES.
Momflere, Herr Kapitänleutenant, was willst du denn trinken?
FORTUNATUS.
Herr Bruder, ich werde hier nicht verziehen können, ich muß gleich wieder zum Grafen gehen.
JOHANNES.
Wie du willst.
FORTUNATUS.
Ihr Diener, meine Patrons, Sie leben wohl.
LEANDER.

Serviteur, Herr Kapitänleutenant, und wenn Er wieder was gewinnt, so komme Er her, ich will's Ihn wieder abhandeln.

FORTUNATUS.
Es kann geschehen, meine Patrons.Geht ab.
JUKUNDUS.
Der arme Kapitänleutenant hat gewiß nicht viel Besoldung bei seinen Grafen.
LEANDER.
Wie es scheint, so mag es wohl nicht viel sein.
JOHANNES.
Nun, wie ist es denn? Einmal herumgetrunken?
LEANDER.
Allons, Bruder, deine Gesundheit! Laß mir ein Runda darzu machen.
JOHANNES.
Fort, hallo, he! Ein Runda!

Die Musikanten machen ein Runda und andere lustige Stückchen, worbei es nach und nach finster wird.
10. Auftritt
Zehenter Auftritt
Feuerfax, Friedenschild und die Vorigen.

FEUERFAX.
Schuldiger Diener, meine Herren!
FRIEDENSCHILD.
Serviteur, Messieurs.
JOHANNES.
Willkommen, Herr Hauptmann, Momflere. Friedenschildchen, auch willkommen.
FRIEDENSCHILD.
Serviteur, Herr Bruder, wie steht's? Was machst du Gut's?
JOHANNES.
So, es muß sich noch leiden, gottlob. Setzt euch doch nieder.
FRIEDENSCHILD.
Wir werden nicht lange verziehen.
[279]
JOHANNES.
Was wollt ihr denn trinken?
FRIEDENSCHILD.
Was hast du denn Guts?
JOHANNES.
Sekt, Alakantenwein, Neckerwein, Moseler, Spanischen, Rheinwein, auch Landwein, gottlob.
FEUERFAX.
Ich mag keinen Wein trinken, ich habe bei Hofe viel gesoffen.
JOHANNES.
Was willst du denn?
FEUERFAX.
Herr Bruder, laß uns nur ein gut Glas Bier geben.
JOHANNES.
Ich habe kein Bier.
FRIEDENSCHILD.
Hier steht ja welches auf dem Tische.
JOHANNES.
Warum wollt ihr aber keinen Wein trinken?
FRIEDENSCHILD.
Es ekelt uns für den Weine so. Wir haben bei Hofe so viel gesoffen.
JOHANNES.
Dicke!
WALPE.
Mein Schatz?
JOHANNES.
Hole ihn' doch nur ein Glas Bier.
WALPE.
Ja, lieber Mann. Gehet ab.
LEANDER.
Die Herren setzen sich doch zu uns an dem Tisch her.
FEUERFAX.
Wir werden nicht lange verziehen.
FRIEDENSCHILD.
Wir müssen wieder zu dem Herrn Grafen nach Hofe gehen.
LEANDER.
Mögen Sie doch so lange warten, als Sie wollen. Deswegen können Sie sich ja wohl niedersetzen.
JOHANNES.
Setzt euch doch nieder, es ist ja Platz genug da. Sie setzen sich.
FRIEDENSCHILD.
Wird das Bier bald kommen?
JOHANNES.
Es ist gleich da.
11. Auftritt
Elfter Auftritt
Walpe mit einem Glas Bier zu den Vorigen.

WALPE.
Da bringe ich den Herrn ein Glas Bier. Sie werden's in der Stadt nicht besser finden.
[280]
FEUERFAX.
Ei, das glaube ich Ihr gar wohl.
JOHANNES.
Von der Neige hättest du ihnen bringen sollen.
WALPE.
Weswegen denn?
JOHANNES.
Warum saufen sie keinen Wein?
WALPE.
Je, lieber Mann, wer kann denn die Herren zwingen, wenn sie nicht wollen.
JOHANNES.
Nu allons, einmal herumgetrunken!
JUKUNDUS.
Prosit, Herr Bruder, deiner Dicke Gesundheit,
JOHANNES.
Sie lebe, meine Dicke, in meinem Namen aber.
JUKUNDUS.
Allons, ein Runda. Jukundus trinkt.

Singen.
ALLE.
Runda, runda, der Wein ist gut,
runda dinellula.
Er macht uns einen frischen Mut,
runda dinellula.
JOHANNES.
Das ist viel!
JUKUNDUS.
Da, tu mir Bescheid, wir wollen dir auch ein Runda singen.
JOHANNES.
Nun, hallo, he! Singt!

Sie fangen alle wieder an zu singen.

Runda, runda, der Wein ist gut,
runda dinellula.
Herr Johannes ist ein Fünfzehnhut,
runda dinellula.
JOHANNES.
Ein Schelm heißt mich so.
LEANDER.
Ei Bruder, wir meinen ja dich nicht.
JOHANNES.
Das war ein Wort.
LEANDER.
Um Vergebung, mein Herr Fähndrich, daß ich frage. Hält denn Ihr Herr Graf auch viel Volk?
FRIEDENSCHILD.

Nein, Monsieur, er hat von gemeinen Soldaten noch nichts geworben. Aber auf das Frühjahr will er etliche Regimenter werben lassen.

JOHANNES.
Das ist viel.
FRIEDENSCHILD.

Ja, er muß doch in seiner Grafschaft [281] Soldaten haben, damit er in Fall der Not seine Festungen defendieren kann.

JUKUNDUS.
Der Herr Graf aber hat sonst sehr viel Leute.
FEUERFAX.
Ja, die hält er nur zu seinem Staate.
FRIEDENSCHILD.

Ich wollte, daß es morgen wieder zu Felde ginge. Es sollte mir so lieb sein, als wenn mir einer hundert Speziesdukaten verehrete.

LEANDER.
Es scheinet, als wenn der Herr Fähndrich schon mehr wäre darbei gewesen.
FRIEDENSCHILD.

Monsieur mag mir's gläuben oder nicht, ich bin vor diesem mit gewesen in Ungarn, vor Ofen, vor Wien, vor Stuhlweißenburg und bald gar mit vor Konstantinopel. Item draußen am Rhein vor Mainz, vor Bonn, Monsieur, und Namur, ja ich habe mich, der Tebel hol mer, so versucht im Kriege, daß, wenn ich alles erzählen sollte, einem die Haare zu Berge stehen würden.

LEANDER.
Allein, ist auch der Herr Fähndrich ohne Blessuren immer davon gekommen?
FRIEDENSCHILD.

Ja, Monsieur, das kann ich wohl sagen, daß mir kein Finger ist verletzet worden, und bin doch in sehr gefährlichen Scharmützeln mitgewesen. Messieurs, Sie mögen mir's glauben oder nicht, ich bin bei der Eroberung Namur mit einer Falkenetkugel auf die Herzkammer geschossen worden, daß es, der Tebel hol mer, gepufft hat.

JUKUNDUS.
Und wäre nicht durchgegangen?
FRIEDENSCHILD.
Nein, Monsieur.
JOHANNES.
Auch kein blauer Fleck?
FRIEDENSCHILD.

Nicht das geringste war zu sehen; sondern ich langte die Kugel ohne einziges Verletzen aus dem Busen heraus, daß sich auch alle meine Kameraden darüber verwunderten.

JOHANNES.
Das ist viel.
FRIEDENSCHILD.
Herr Bruder, du magst mir's glauben oder nicht, ich kann diese Stunde noch dieselbe Kugel weisen.
[282]
JUKUNDUS.
Ich dächte, es könnte fast unmöglich sein.
FRIEDENSCHILD.
Monsieur lasse mich nicht schweren, allein es ist, der Tebel hol mer, wahr.
LEANDER.
Dächte man doch nicht, daß dieses von rechten Dingen zugehen könnte.
FEUERFAX.

Warum nicht, Monsieur? Es gibt viele Dinge vor Hauen, Stechen und Schießen, die doch natürlich sein, und mancher, der es nicht weiß, dächte, es wäre Hexerei.

LEANDER.
Sollte das wohl möglich sein?
FEUERFAX.

Monsieur, schau Er: Hier habe ich eine Salpeterkugel, die ist ihrer Güte halber 200 Rthlr. wert. Wenn ich davon nur einer Linse groß abbreche und schmiere mich damit, so mag einer auf mich hauen, auf mich stechen und auf mich schüßen, es wird nicht durchgehen.

JOHANNES.
Mein Lebetage nicht gehört!
LEANDER.
So eine Kugel möcht ich haben.
FEUERFAX.
Wenn Monsieur selbige verlangt, so kann ich sie Ihm schon lassen.
LEANDER.
Wie teuer denn?
FEUERFAX.
Monsieur mag mir nur einen Speziesdukaten dafür geben.
LEANDER.
Nein, mein Herr Hauptmann, so viel Geld wende ich auf eine Salpeterkugel wohl nicht
FEUERFAX.

Höre Er, Monsieur, weil ich jetzo notwendig Geld brauche, so soll Er mir vier gute Groschen dafür geben.

LEANDER.
Hier sind zwei Groschen. Kann sie der Herr Hauptmann dafür vergessen, mehr gebe ich nicht dafür.
FEUERFAX.

Weil es der Herr ist, so will ich sie Ihn doch dafür lassen, damit Er nun sieht, was für einen Effekt dieselbe hat.

LEANDER.
Hier ist Geld, mein Herr Hauptmann.Gibt ihn zwei Groschen vor die Kugel.
FEUERFAX.

Monsieur, der Henker zerreiße mich, wenn ich Ihn nicht zehen Taler an derselben Kugel schenke, denn es ist eine echte Rarität.

[283]
FRIEDENSCHILD.

Diesen Degen hier, Messieurs, a vôtre permission Ziehet den langen Stoßdegen auf dreimal heraus. den wollte ich keinen vor 30 Tlr. geben; auf denselben kann ich mich verlassen.

JUKUNDUS.
Wieso? Weil er so lang ist?
FEUERFAX.
Nein, Monsieur, und wenn tausend andere Klingen ihn nur anrühren, so müssen sie alle springen.
JOHANNES.
Wie geht's aber zu?
FRIEDENSCHILD.
Das will ich dir gleich sagen.Steckt ihn wieder in die Scheide.
JOHANNES.
Wie denn?
FRIEDENSCHILD.

Ich habe nicht mehr als eine Erbse groß von des Herrn Hauptmanns seiner Salpeterkugel mir in Knopf machen lassen, und davon müssen alle anderen Klingen springen, sie mögen sein aus Spanien oder aus Teutschland.

JOHANNES.
Das ist viel.
FEUERFAX.

Ja, Herr Fähndrich, es wird finster, wir werden müssen marschieren. Der Graf dürfte wohl heute zeitlich nach Hause gehen und sich schlafen legen.

FRIEDENSCHILD.
Es ist wahr, er sahe ohndem alle schläfrig aus. Herr Bruder, wieviel haben wir Bier?
JOHANNES.
Eine treffliche Zeche, ein Glas.
FRIEDENSCHILD.
Was kostet es?
JOHANNES.
Als wenn du's irgend nicht wüßtest.
FEUERFAX.
Wieviel denn?
JOHANNES.
Zwei Groschen, gottlob!
FRIEDENSCHILD.
Hier wird Geld sein. Gibt ihn Geld.
JOHANNES.
Wollt ihr denn nicht noch eins?
FEUERFAX.
Nein, wir haben nicht Zeit; ein andermal.
JOHANNES.

Wie du willst, Momflere; aber höre ein Wort. Saget Feuerfaxen etwas heimlich ins Ohr. Das Restchen, Momflere?

FEUERFAX.
Was vor ein Restchen?
JOHANNES.
Bei Ehrenfriedchen, deinen Herrn, die 16 Kannen Wein, nu! Da hast's!
[284]
FEUERFAX.
Ja so, ich dachte, du wolltest von mir was haben.
JOHANNES.
Nicht doch.
FEUERFAX.

Höre Bruder, ich kann dir keinen bessern Rat geben, als daß du es aufsetzest, was es macht, und bringest es hernach meinen gnädigen Herrn hin, wenn er zu Hause ist.

JOHANNES.
Welche Zeit wohl?
FEUERFAX.

Komm nur morgen früh um neun Uhr oder des Nachmittags um zwei oder drei Uhr, so ist er zu Hause, und alsdenn kannst du dich nur bei ihm anmelden lassen.

JOHANNES.
Ganz gut, Momflere, ich will hinkommen.
FEUERFAX.

Das tu du nur, es wird ihn recht lieb sein. Steht mit Friedenschilden auf. Nun Ihr Diener, meine Herren.

LEANDER.
Serviteur, Herr Hauptmann. Er lasse sich seine Salpeterkugel nicht dauren.
FEUERFAX.
Es hat nichts zu sagen, kann ich mir doch schon eine andere wieder machen.
FRIEDENSCHILD.
Serviteur, Messieurs, Sie leben wohl.
JUKUNDUS.
Oh, Ihr Diener, Herr Fähndrich.
JOHANNES.
Lebe wohl, Momflere, kommt auch bald wieder zu mir, bringt Ehrenfriedchen auch einmal wieder mit.
FRIEDENSCHILD.
Wir wollen sehen, wie es die Gelegenheit geben wird. Adieu!
LEANDER UND JUKUNDUS.
Serviteur.

Feuerfax und Friedenschild gehen ab, Herr Johannes gibt ihm das Geleite.
LEANDER.
Was meinst du, Bruder, sollten die Dinge wohl wahr sein mit der Falkenetkugel?
JOHANNES.

Je, wer wird denn solch Ding glauben. Ich glaube nicht, daß der Kerl einmal einen toten Hund gesehen hat, geschweige daß er wäre mit der Falkenetkugel auf die Brust geschossen worden.

LEANDER.

Ei, was fehlte denn dem Herrn Hauptmann mit seiner Salpeterkugel, die er mir vor zwei Groschen verkauft hat?

[285]
JUKUNDUS.

Wenn du die zwei Groschen versoffen hättest oder einem armen Menschen dafür gegeben, vielleicht hättest du sie besser angewendet als so.

LEANDER.
Ich habe nur solches aus Spaß getan. Ich weiß indem wohl, daß sie zu nichts hilft.
JUKUNDUS.
Die armen Offizierer, sie dachten wunder was sie vor Taten getan hätten.
LEANDER.

Ei, das sind die rechten Offizierer. Man sollte wohl was Kluges mit sie ausrichten können, zumal der Fähndrich mit seinen Stoßdegen.

JUKUNDUS.
Habe ich doch Zeit meiner Tage keinen solchen Degen gesehen.
12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Herr Johannes zu den Vorigen.

JOHANNES.
Allo! Einmal herumgetrunken! Nimmt ein Glas. Prost, Momflere! Trinket.

Es leben alle gute Freunde hier,
die treue, allerbravsten Gäste bei mir.
Das bring ich dir
itzund bei mir
aus diesem Glase hier.
Ein Runda!

Die Musikanten machen ein Runda und andere lustige Sachen. Herr Johannes mit seiner Dicke tanzt einmal und macht's so gut als er kann. Als der Tanz ans ist, geht Walpe ab. Die Musikanten spielen weiter fort. Und nach geendigter Musik ...
13. Auftritt
Dreizehenter Auftritt
Walpe und die Vorigen.

WALPE.
Es ist ein Kerl draußen, er will gerne ein paar Wort mit dem Herrn Fleckschreiber reden.
INJURIUS.
Warum kommt er denn nicht herein?
[286]
WALPE.
Er will nicht, er sagte, er hätte sich nicht lange aufzuhalten.
INJURIUS.
Wollet Ihr ihn wohl sagen, daß er ein wenig verziehen sollte; ich will gleich zu ihm kommen.
WALPE.
Ja, ich will's ihn sagen, mein Herr. Gehet ab.

Die Musik lässet sich wieder hören, Injurius trinkt sein Gläschen aus und taumelt unter währender Musik zur Weinstube hinaus, weil er ganz trunken ist, worauf hernach der Weinkeller bedeckt wird.
14. Auftritt
Vierzehenter Auftritt
Injurius, Courage.

COURAGE
führet Injurio bei dem Arme.
Er sehe sich vor, mein Herr Fleckschreiber, daß Er hier nicht fallt.
INJURIUS.
Mein Freund, lasset Ihr mich nur gehen, ich will mich schon nach Hause finden.
COURAGE.

Ei, lasse Er sich doch immer führen, es ist finster auf der Gasse, damit Er nicht etwa ein Unglück nimmt.

INJURIUS.
Es hat nichts zu bedeuten, ich werde mich schon in acht zu nehmen wissen.
COURAGE.
Man sieht manchmal, wie es geht, denn die Nacht ist niemands Freund.
INJURIUS.
Ach, es tut mir kein Mensche nichts.
COURAGE.

Das ist wohl alle gut, mein Herr Fleckschreiber, allein manchmal ist doch nicht zu trauen, denn bisweilen trägt sich's zu, daß einer auf den andern einen Groll hat und gedenket ihn bei der Nacht das sogenannte Johannisbrot zuzustellen. Wenn er nun im Finstern seinen Feind nicht recht erkennen kann, so muß hernach wohl gar ein unschuldiger, ehrlicher Mann, auf welchen man die Intention niemals gehabt, den Buckel voll Schläge mit nach Hause nehmen.

INJURIUS.
Dergleichen ist nun wohl nicht zu besorgen.
COURAGE.

Man kann nicht wissen. Trug sich's doch neulich [287] auch zu, daß einer den andern gerne in die Haare wollte, und in der großen Bosheit und Trunkenheit sähe er nicht einmal, mit wem er zu tun hatte, und kriegte also eben auch einen Unrechten beim Kopfe.

INJURIUS.

Das ist viel ein anders, denn wenn man trunken ist, so kann man sich wohl leichte irren. Ist mir's doch unlängst ebenfalls so gegangen, daß ich einem Unrechten in die Haare fiel. Allein das geschähe im Weinkeller und nicht auf öffentlicher Gasse.

COURAGE.

Es kann aber einen auf der Gasse eben auch begegnen, und zumal wenn man des Abends immer späte nach Hause gehet, wie der Herr Fleckschreiber.

INJURIUS.

Wenn es darnach hätte gehen sollen, so müßte ich schon zum öftern das sogenannte Johannisbrot bekommen haben, und zumal, weil mir die ganze Stadt fast zuwider ist.

COURAGE.
Was ist aber die Ursache, daß Ihn die Leute zuwider sein?
INJURIUS.
Ich mache ihnen immer so viel Intrüschen, und darüber beschweren sich die Leute so grausam.
COURAGE.
Was sind denn das vor Dinger, Intrüschen?
INJURIUS.
Wißt ihr nicht, was Intrüschen sein?
COURAGE.
Je nein, Herr Fleckschreiber, ich weiß es nicht.
INJURIUS.
Mein Freund, Intrüschen sind solche subtile Käuschen, womit man die Leute brav schieret.
COURAGE.
Ist das aber recht, daß man die Leute schiert?
INJURIUS.
Es mag recht oder nicht sein, gnug, daß ich so meine Freude drüber habe.
COURAGE.

Und wenn einer einmal den Herrn Fleckschreiber vor seine Intrüschen den Buckel brav ausblauen wird, so werden die Leute hernachmals auch ihre Freude drüber haben.

INJURIUS.
Dafür hat es gute Wege, denn mir wird leichtlich niemand nichts tun.
COURAGE.
Ist es doch alle gut, aber Er sage mir doch, wenn ich zu Ihm kommen soll.
[288]
INJURIUS.

Kommt nur morgen früh zu mir in mein Haus, da will ich Euch schon mit einem guten Rate an die Hand gehen.

COURAGE.
Aber, mein Herr Fleckschreiber, wenn nur Sein guter Rat auch helfen wird.
INJURIUS.

Hilft er nicht, so will ich Euch hernach schon ein paar Intrüschen mit sagen, die gewiß gut sein sollen.

COURAGE.
Ei ja, Herr Fleckschreiber, Er tu es immer, ich will schon dankbar dafür sein.
INJURIUS.
Kommt nur morgen zu mir. Gute Nacht.
COURAGE.
Ei, was ich noch fragen wollte, wo wohnt denn der Herr Fleckschreiber?
INJURIUS.
Ich wohne nicht weit von der Schule.
COURAGE.
Wie frage ich aber nach Ihn?
INJURIUS.

Wenn Ihr an die Schule kommt, so fragt nur nach dem Hause mit dem leeren Schilde oder nach der Nonnenherberge. Daselbsten wohne ich.

COURAGE.

Je nu, nu, mein Herr Fleckschreiber, weil Er's nicht haben will, daß ich Ihn nach Hause begleiten soll, so schlafe er wohl, und morgen früh, so will ich schon zu Ihm kommen.

INJURIUS.
Das könnt Ihr tun, schlaft wohl.
COURAGE.
Er schlafe auch wohl, Herr Fleckschreiber, und sehe zu, daß Er nicht fällt. Gehet ab.
INJURIUS.
Ei, dafür hat's gute Wege. Taumelt fort und singet: Ach Tannenbaum etc.
15. Auftritt
Fünfzehenter Auftritt
Vier maskierte Personen bringen Graf Ehrenfrieden getragen, welcher sich sehr ungebärdig stellet. Mummelmärten von ferne mit einer brennenden Fackel.

EHRENFRIED.

Ihr Bestien, lasset mich zufrieden, oder ich will euch alle vier in den Bock spannen lassen. Holla! He! Herr Kapitänleutenant! Herr Hauptmann! Herr Fähndrich! Stallmeister! Kammerdiener! Mummelmärten!

[289]
MUMMELMÄRTEN.
Ihr Gnaden, hier bin ich!
EHRENFRIED.
Ihr Hundsfötter, kommt mir zu Hülfe.
MUMMELMÄRTEN.
Wer auch helfen könnte, Ihro Gnaden!
EHRENFRIED.
Geschwind, lauf und sieh, wo meine Leute alle stecken.
MUMMELMÄRTEN.
Je, das Gott erbarm, was will draus werden, ich muß doch gar Feuer rufen. Gehet ab.
EHRENFRIED.

Ihr verdammten Bösewichter, lasset mich gehen, oder die Schraube soll euch übel bekommen. Holla! He! Bin ich denn ganz und gar verlassen? Die Masken tragen Graf Ehrenfrieden fort.

16. Auftritt
Sechzehenter Auftritt
Feuerfax, Fortunatus, Friedenschild, Mirax, Naruffsky, Pamphilius mit bloßen verrosteten Degen, Sylvester, Marode mit aufgeschlagenem Hahne, Cursino, Culin, Kilian, Damastor mit Säbeln, Mummelmärten leuchtet mit der Fackel.

FORTUNATUS.
Wo sind die Bestien?
MUMMELMÄRTEN.
Hier, hier, Herr Kapitänleutenant, hier.
FORTUNATUS.
Allons! Stechet, hauet, schlaget, schüßet zu!
ALLE.

Steht, ihr Hunde! Sie stechen und hauen alle auf einen leeren Fleck, Sylvester, Marode wollen Feuer geben, alleine ihre Büchsen versagen ihnen alle beide.

MUMMELMÄRTEN.
Liegen sie nun?
FEUERFAX.
Man siehet ja hier niemand.
MUMMELMÄRTEN.
Kommt nur hieher, hier wird's sein. Führet sie an eine andere Ecke.
FORTUNATUS.
Da ist ja auch kein Mensche.
MUMMELMÄRTEN.

So müssen sie sich unsichtbar gemacht haben, denn den Augenblick hatten sie den Herren Grafen hier in der Klause.

[290]
FRIEDENSCHILD.
Vielleicht sind sie mit ihn durch diese Gasse hier marschieret.
MUMMELMÄRTEN.
Es kann auch wohl sein.
FORTUNATUS.
Das Ding kömmt mir vor, als wenn's ein abgelegter Karrn wäre.
FRIEDENSCHILD.
Du wirst ja gesehen haben, wie die Kerl aussahen?
MUMMELMÄRTEN.

Was sollte ich nicht gesehen haben. Sie hatten erschreckliche große Nasen und sahen aus wie die leibhaftigen Henkersknechte.

FEUERFAX.
Sie werden Masken vor den Gesichtern gehabt haben, damit man sie nicht hat erkennen sollen.
MUMMELMÄRTEN.

Das kann nun auch wohl sein, denn ich stund nur von ferne, und wie der Herr Graf schrie, daß man ihn zu Hülfe kommen sollte, so lief ich stracks nach Euch, und nun weiß ich nicht, wo sie mit hin sein.

FORTUNATUS.
Ihr Herren, lasset uns ein wenig rekognoszieren; vielleicht treffen wir sie an.
FEUERFAX.
Der Meinung bin ich auch.
FRIEDENSCHILD.
Ich rate es den Kerlen, der Tebel hol mer, nicht, daß sie sich antreffen lassen.
MUMMELMÄRTEN.
Ei, macht auch fort, wenn wir noch gehen wollen.
FORTUNATUS.

Allons! Leuchte du, und Ihr Herren folget mir alle nach, und wenn es was setzen möchte, so werdet Ihr schon wissen, was bei der Sache zu tun ist. Gehen ab.


Es wird musiziert, und unter währender Musik eröffnet sich eine Badstube, worinnen Graf Ehrenfried halb ausgezogen auf einer Schwitzbank sitzet. Eine Maske hält ihn hinten bei dem Kopfe, und ein maskierter Bader schröpfet ihn. Die andern sehen zu und haben ihre Vexationes mit dem Herrn Grafen. Nach verrichteter Arbeit tragen sie ihn wieder auf die Gasse und laufen davon.
17. Auftritt
[291] Siebzehenter Auftritt
Ehrenfried allein.

EHRENFRIED.

O ihr vermaledeiten Furien, wie habt ihr mich gepeiniget! Und wenn mich die Bestien gleich in den Bock gespannet, ich glaube nicht, daß sie mich ärger hätten martern können als durch ihr verzweifeltes Schröpfen. Allem ich will mir das Ding schon hinter ein Ohr schreiben und es ad notam nehmen, denn der eine Vogel war mir mehr als zu wohl bekannt, und der andere, welcher mir das stinkende Wasser ins Gesichte goß, den wollte ich auch wohl erraten. Aber es hat nichts zu sagen. Wer weiß, wie es die Gelegenheit einmal wieder gibet, daß ich mich revanchieren kann. Doch wundert mich bei dieser Rencontre nichts mehr, als daß mich meine Leute so verlassen hatten. Ja, wenn ich irgend niemand hätte! Und der verdammte Junge, mein Mummelmärten, kam auch nicht wieder. Ich will die Hundsfötter alle miteinander in den Bock spannen lassen, damit sie ein andermal an ihre Aufwartung gedenken.

18. Auftritt
Achtzehenter Auftritt
Mummelmärten mit der Fackel, Fortunatus, Feuerfax, Friedenschild, Mirax, Naruffsky, Pamphilius, Marode, Sylvester, Cursino, Culin, Damastor, Kilian.

MUMMELMÄRTEN
gehet etwas zu voran.
Hierher, Ihr Herren, hier sind sie.
ALLE
kommen geschwinde gelaufen mit entblößten Gewehr.
Steht, ihr Hunde!
EHRENFRIED.
Halt!
MUMMELMÄRTEN.
Je, halt doch, es ist der Herr Graf nur allein!
FORTUNATUS.

Ihro Exzellenz, Sie verzeihen uns, es ist finster. Wir dachten, es wären die Bösewichter, welche Ihro Exzellenz hätten umbringen wollen.

[292]
EHRENFRIED.
Ei, ihr seid feine Leute. Nun ist es Zeit, daß ihr kommt.
FEUERFAX.
Ihro Gnaden, wir haben Sie ja gesucht.
EHRENFRIED.
Ei Sapperment! Müßt ihr denn alle von mir gehn, wenn ich nach Hause fahre?
FORTUNATUS.

Ihro Exzellenz, Sie werden mich entschuldiget halten, daß ich nicht bin wieder nach Hofe kommen, denn die alte Trödelfrau hat mich so lange mit den Gelde aufgehalten.

EHRENFRIED.
Wieviel hat sie Euch denn auf den Mantelsack und auf die Stiefeln gegeben?
FORTUNATUS.
Nicht mehr als fünf Rthlr.
EHRENFRIED.
Wo ist denn das Geld?
FORTUNATUS.
Morgen früh so soll ich wieder hinkommen und es holen.
EHRENFRIED.
Nun, so vergeßt es auch nicht.
FORTUNATUS.
Nein, Ihro Exzellenz, ich will's nicht vergessen.
EHRENFRIED.

Aber Herr Hauptmann, was habt denn Ihr für eine Excuse, daß Ihr nicht seid bei der Aufwartung geblieben?

FEUERFAX.
Ihro Hochgräfl. Gnaden, die Zähne taten mir so lasterlich weh.
EHRENFRIED.

Ei, warum nicht gar was anders? Ich denke aber immer, Herr Hauptmann, das Ding wird eine Schraube sein.

FEUERFAX.
Ei behüte Gott! Wer wird denn Ihro Exzellenz mit Lügen berichten.
EHRENFRIED.
Wo stakt aber Ihr, Herr Fähndrich?
FRIEDENSCHILD.
Ihro Exzellenz, ich ließ meine Schuh flicken.
EHRENFRIED.
Die Entschuldigung mag auch noch hingehen; aber wo wäret denn Ihr, Stallmeister?
MIRAX.
Ihro Exzellenz, ich war zu Hause und machte das Bette zurechte.
[293]
EHRENFRIED.
Die Entschuldigung gehet auch noch hin. Weiter?
NARUFFSKY.

Ich und mein Kamerad hier ließen uns die Hosen flicken. So mußten wir beide so lange in der Hölle sitzen, bis der Schneider mit fertig war.

EHRENFRIED.
Ist denn die Liverei schon wieder zurissen?
PAMPHILIUS.
Ihro Exzellenz, haben wir doch noch keine Hosen bei Sie bekommen.
EHRENFRIED.
Warum tut ihr aber die Mäuler nicht auf?
NARUFFSKY.
Haben wir's doch wohl zehnmal wegen der Hosen dem Herrn Kapitän hier gesagt.
EHRENFRIED.
Ei, Herr Kapitänleutenant, warum lasset Ihr den Kammerdienern keine Hosen machen?
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, haben doch meine selbst keinen ganzen Boden mehr.
EHRENFRIED.
Warum zieht Ihr aber keine neue an?
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Exzellenz, am Anziehen sollte es gar nicht fehlen, wenn ich nur welche hätte.
EHRENFRIED.
Warum lasset Ihr Euch denn keine machen?
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Gnaden, es wäre gut machen, wer nur Geld hätte.
EHRENFRIED.

Nun, geduldet euch nur, ich will euch ehester Tage, wenn ich werde von meiner Grafschaft die Steuergelder bekommen, alle miteinander auf das properste herausmundieren lassen. Aber daß ich weiter frage: Wo seid denn ihr übrigen gewesen, wie ich von Hofe führe? Nu, wenn wird's? Habt ihr gar keine Mäuler?

MUMMELMÄRTEN.
Ihro Exzellenz, was sollen sie sagen; sie wissen wohl, daß sie unrecht haben.
EHRENFRIED.

Damit ihr aber ein andermal fein an euere Aufwartung gedenken könnet, so sollt ihr morgen alle sechse in den Bock gespannet werden.

CURSINO, CULIN, MARODE, SYLVESTER, DAMA-STOR UND KILIAN knien nieder und sprechen. Ei, Ihro Gnaden, Sie werden ja das nicht tun.

EHRENFRIED.
Nu, es hilft nichts, Strafe muß sein.
[294]
FORTUNATUS.
Was ist denn Ihro Exzellenz begegnet, da Sie sind nach Hause gefahren?
EHRENFRIED.

Ich will's Euch morgen schon erzählen. Kommt nur und begleitet mich zur Ruhe, damit sich meine ermüdeten Kräfte in etwas erholen können.

ALLE.

Wie Ihro Exzellenz befehlen werden.

CURSINO, CULIN, MARODE, SYLVESTER, DAMA-STOR UND KILIAN knien wieder nieder und sprechen. Ihro Hochgräfl. Gnaden, Sie schenken uns immer die Strafe wegen des Bockspannens.

EHRENFRIED.
Schert euch nur fort mit zu Bette; es wird sich morgen schon geben. Gehen ab.
19. Auftritt
Neunzehenter Auftritt
Thomas.

THOMAS
bläset mit seinem Hörnichen und singet.

Hört, ihr Herren, laßt euch sagen:
Der Seiger, der hat zehne geschlagen.
Bewahrt das Feuer und auch das Licht,
daß kein Schade geschieht.

Blaset, gehet ab. Inwendig wird eine Nachtmusik gehöret und vor Graf Ehrenfrieden Schlafzimmer folgende Aria gesungen.

Aria


Ruhe wohl auf deine Schmerzen
und vergiß der großen Not.
Dachtest du gleich in dem Herzen,
armer Graf, itzt kömmt dein Tod.
Weil du so viel große Wunden
durch das Schröpfen hast empfunden.
20. Auftritt
Zwanzigster Auftritt
Grete ziehet sich um.

GRETE.

Ich sehe wohl, Courage ist noch nicht hier. Ich will ja nicht hoffen, daß er mir gar untreu werden wird. Meines [295] Grafens seinen Konsens habe ich nun weg, daß ich heiraten soll. Und das wäre auch eine schöne Sache, wenn er mich so rümrücken wollte und nur so eine Nase machen. Ja, ich wollte es wohl diesen Augenblick verreden, nimmermehr keinem Kerl mehr zu glauben, und wenn er auch gleich schwüre, daß ihm die Augen zum Kopfe herausfielen.

21. Auftritt
Einundzwanzigster Auftritt
Courage, Grete.

COURAGE.
Bist du da, Gretchen?
GRETE.
Je, sieh da, Courage, kömmst du?
COURAGE.
Wie du wohl siehest.
GRETE.

Du herzer Courage du, du kannst mir's nicht gläuben, wie mir so bange nach dir gewesen ist. Ich dachte, du würdest gar nicht wiederkommen.

COURAGE.

Je, wenn's meinem Herrn seinen Kopfe hätte nachgehen sollen, so würdest du mich wohl schwerlich wieder bei dir gesehen haben.

GRETE.
Warum aber?
COURAGE.
Mein Herr, der will's durchaus nicht haben, daß ich dich heiraten soll.
GRETE.
Was ist aber die Ursache?
COURAGE.
Ja, du herzes Kind, das kann ich dir selbst nicht sagen.
GRETE.
Was wird aber nun draus?
COURAGE.
Je, was wird draus werden?
GRETE.

Das wäre eine schöne Sache, und ich habe meines Grafens seinen Konsens schon weg. Er hat mir auch schon Glücke darzu gewünscht und ein Hochzeitsgeschenke versprochen.

COURAGE.
Ja, wenn ich dieses auch von meinem Herrn hätte bringen können. So aber will er durch aus nicht.
GRETE.
Je, wenn er nicht wollte, so wüßte ich schon, was ich im Sinne hätte.
COURAGE.
Je, was denn?
[296]
GRETE.

Wenn ich an deiner Stelle wäre und mein Herr, der wollte nicht zugeben, daß ich sollte eine Frau nehmen, so wollte ich ihm gleich den Stuhl für die Türe setzen, denn es gibet Herrendienste genug bei Hofe.

COURAGE.

Das ist alle wahr, Gretchen, alleine wenn ich dieses auch täte und liefe hernachmals die ganze Welt durch und durch, so bekäme ich doch keinen solchen guten Herrn wieder, als ich jetzo habe.

GRETE.
Das wäre viel.
COURAGE.

Ja, Gretchen, das ist wahr. Ich habe solche Tage bei ihm, die ich mir nicht besser wünschen könnte, und ich mag ihn ansprechen um was ich will, so gibt er mir's; nur eine Frau will er mich nicht nehmen lassen.

GRETE.
Was wäre mir aber das!
COURAGE.

Weißt du was, Gretchen, ich bin diesen Abend bei einem Advokaten gewesen und erzählte ihm meine Sache. Der Mann aber hatte sich so bestialisch vollgesoffen, daß er nicht einmal wußte, was er mir antworten sollte. Ich soll aber morgen früh wieder zu ihm kommen.

GRETE.

Ach, du herzer Courage! Wenn du die Sache unter die Advokaten spielen willst, so werden sie einen Prozeß aus dem Konsense machen, der in zwanzig Jahren nicht aus wird.

COURAGE.

Ich kann ja leichte mit ihm reden, damit ich nur höre, ob er's vor ratsam hält, daß ich meinen Herrn wegen des Konsenses bei dem Könige verklagen soll.

GRETE.
Das wollte ich dir nun auch nicht raten.
COURAGE.
Warum aber nicht?
GRETE.

Man sieht, wie es geht, wenn man seinen eigenen Herrn bei der hohen Obrigkeit verklagt. Man habe auch recht, wie man will, so wird einem armen Diener doch nicht geholfen. Mein Rat wäre, du gäbest ihm gute Wort. Vielleicht läßt er's noch geschehen, dann zu einem Advokaten zu gehen, rate ich dir durchaus nicht.

COURAGE.

Ich will her sein und morgen früh nüchtern noch einmal mit meinem Herrn aus der Sache reden. Will [297] er, wohl gut, will er aber nicht, so will ich mir ein Klageschreiben machen lassen und ihn ordentlicherweise bei dem Könige dieserwegen verklagen.

GRETE.

Je nu, nu, meinen Willen hast du. Wenn du aber dadurch dir deinen Herrn zum Feinde machest, so gib mir die Schuld hernach nur nicht.

COURAGE.

Ich will das Ding schon machen. Bekümmere dich nur um nichts. Aber höre, Gretchen, um welche Zeit mag es jetzo wohl sein?

GRETE.
Der Wächter hat, deucht mich, elfe gerufen.
COURAGE.
Ist es denn schon so spät?
GRETE.

Es war ja bald zehn Uhr, wie der Herr Graf mit seinen Leuten nach Hause kam, und das verzog sich auch wohl eine halbe Stunde. Nun, wie lange sind wir denn wohl hier?

COURAGE.
Schläft denn dein Herr schon?
GRETE.
Ach ja, es ist alles zu Bette.
COURAGE.
Liegen sie denn nun alle auf einer Streu?
GRETE.
Alle miteinander.
COURAGE.
Ich möchte das Nachtlager doch gerne sehen.
GRETE.
Verzieh, ich will dir's öffnen. Gehet ab.
COURAGE.
Ei ja, Gretchen, ich will dir ein andermal wieder was zu Gefallen tun.

Graf Ehrenfrieds Schlafzimmer wird eröffnet und zeiget eine Straputzke, worauf der Graf mitten unter seinen Leuten auf der Erde liegt, und haben sich alle mit ihren Röcken zugedeckt.
22. Auftritt
Zweiundzwanzigster Auftritt
GRETE.
Nun, wie gefallen dir denn diese Gastbetten?
COURAGE.

Ei, vortrefflich! Liegen sie doch da untereinander wie Kraut und Rüben. Wer ist denn dieses da, der sich mit dem Kopfe so nahe an des Herrn Grafens seine Windbüchse geleget hat?

GRETE.

Es ist Mummelmärten. Wie ich dir gestern erzählet [298] habe, der muß dem Grafen allemal die Füße krauen, bis er einschläft, und über dem Krauen schläft das Aas nun allemal selber ein.

COURAGE.
Ich dachte, er hätte auch einen Jungen, welchen er nur seinen Hausdieb hieße.
GRETE.

Das wird ja die Kröte sein. Man darf auch fast nicht das geringste in den Weg legen, so katzt er's weg, und mich wundert, daß das Rabenfell jetzo so feste schläft. Denn wenn die andern Diener im besten Schlafe sein, so stehet der auf und visitieret allen die Schubsäcke und stiehlet weg, was er kriegt.

COURAGE.
Was spricht aber der Graf darzu?
GRETE.

Was soll er sprechen? Er lacht drüber und spricht noch wohl gar, es ist eine Schraube, wenn er ihn gleich selbst bestiehlt.

COURAGE.

Ei, du wärest recht für meinen Herrn. Hader potz Velten, wie würde er dich auf die Finger klopfen, wenn du ihm was nähmest.

GRETE.

Ja, es darf den Diebsvogel kein Diener nicht einmal sauer ansehen, solche Stücken hält der Graf auf ihn.

COURAGE.
Aber wer sind denn diese hier?
GRETE.

Sieh nur, ich will dir sie alle zeigen, wie sie daliegen: Das in der Mitten ist der Herr Graf, neben ihm zur Rechten da liegt ein Läufer und zur Linken der andere Läufer.

COURAGE.
Wer ist denn das über des Herrn Grafens Kopfe?
GRETE.
Das ist der Herr Sekretarichs.
COURAGE.
Der so schöne Befehle machen kann?
GRETE.

Ja, der ist's. Und hier unten liegen die beiden Jäger, da liegen die Kammerdiener und Heiducken, und hier liegt der Herr Hauptmann und der Herr Fähndrich.

COURAGE.
Wer ist denn das da auf dem Stuhle?
GRETE.
Das ist der Herr Kapitänleutenant.
COURAGE.
Warum liegt er aber nicht auch mit auf der Straputzke?
[299]
GRETE.

Es muß einer alle Nacht um die andere wachen. Heute ist nun die Reihe an dem Herrn Kapitänleutenant. Allein sie wachen, daß es besser täte.

COURAGE.
Wenn steht denn der Graf nun wieder auf?
GRETE.

Ach, er hat keine gewisse Zeit. Manchmal steht er flugs um eins, um zwei Uhr auf, und wenn denn seine Leute nicht gleich mit allard sein, so begeußt er sie über und über mit Wasser.

COURAGE.

Je nun, ich danke, Gretchen, daß du mir deines Grafens sein Schlafzimmer gezeiget hast. Ich will nun auch gehen und mich ein wenig in die Boie legen, damit ich morgen frühe fein beizeite aufstehen kann und mit meinem Herrn recht nüchternerweise noch einmal von dem Konsense reden.

GRETE.
Ei, gib du ihm nur gute Worte und bitte ihn. Ich weiß, er wird's zufrieden sein.
COURAGE.

Je nu, nu, ich will meinen besten Stecher dransetzen. Kann ich's in Güte so weit bei ihm bringen, wohl gut; wo nicht, so muß ich ihn doch beim Könige verklagen. Schlaf wohl, Gretchen.

GRETE.
Schlaf wohl, Courage, und sage mir morgen fein beizeiten Antwort wieder.
COURAGE.
Es soll geschehen, gute Nacht.
GRETE.
Gute Nacht. Gehen ab.

Es wird eine schläferige Musik gehöret und nach Endigung derselben.
23. Auftritt
Dreiundzwanzigster Auftritt
Thomas.

THOMAS.

Siehe da! Steht doch des Herrn Grafen seine Schlafstube gar offen. Ich will ja nicht hoffen, daß irgendein Dieb bei ihm eingebrochen hat und ihn bestehlen wollen. Es könnte doch wohl sein, weil alles so feste schläft. Oder hat er deswegen die Stubentür mit Fleiß offen gelassen, [300] daß er mich etwan hören will, wieviel ich rufe. Und wenn ich wissen sollte, daß er's deswegen getan hätte, so rufte ich vor seinem Hause gleich nicht. Denn der Herr Graf ist manchmal gar zu wunderlich. Neulich, so kam er mir auch auf der Gasse des Nachts nachgelaufen und nahm mir das Horn und blies damit durch alle Gassen durch. Wie er aber an das Schloß kam und da so ein abscheulich Geblase anfing, so kam einer mit einer Karbatsche zum Schlosse heraus und zukarbatschte da meinen Herrn Grafen braun und blau. Ei, wie kam er hernach so stillschweigend wieder zu mir und gab mir mein Hörnchen wieder. Ach, wie suchte er's hinter den Ohren und ging fein säuberlich nach Hause. Ich muß aber hier doch wohl rufen, damit die Leute hören, welche Zeit es ist. Kömmt jemand und will mir was tun oder das Horn wieder nehmen, so habe ich schon Ordre, wie ich mich verhalten soll. Bläset und rufet.

Hört, ihr Herren, laßt euch sagen:

Der Seiger und der hat zwei geschlagen.

Steht auf, es will Tag werden.


Bläset und gehet ab.
24. Auftritt
Vierundzwanzigster Auftritt
EHRENFRIED
erwacht und ruft seine Leute, welche aber nicht hören wollen.
Holla! He! Auf!
MUMMELMÄRTEN
regt sich.
Ihro Gnaden, was gibt's denn?
EHRENFRIED.
Wasser her, ich muß die Bursche munter machen, wenn sie nicht aufstehen wollen.
MUMMELMÄRTEN.
Ihro Gnaden, ich will gleich welches holen. Hänget seinen Rock über die Achseln und gehet ab.
EHRENFRIED.

Holla! Herr Kapitänleutenant! Herr Fähndrich! Wie ist's? Wollt ihr nicht auf? He! Hausdieb! Wo bleibst du denn mit dem Wasser?

[301]
MUMMELMÄRTEN
inwendig von weiten.
Ich bringe gleich welches, Ihro Gnaden.
EHRENFRIED.
Wie könnt ihr Leute doch so feste schlafen? He! Wasser her!
25. Auftritt
Fünfundzwanzigster Auftritt
Mummelmärten mit einer Hose Wasser.

MUMMELMÄRTEN.
Da bringe ich Wasser, Ihr Gnaden.
EHRENFRIED.
Gib her.

Mummelmärten gibt den Grafen die Hose Wasser. Der Graf begießet sie über und über, worauf sie plötzlich auffahren und sich alle sitzend possierlich umsehen.
EHRENFRIED
spricht.
Ei, das war eine Schraube. Gelt, Herr Kapitänleutenant, das war eine erschreckliche Schraube?
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Exzellenz, das war gar eine nasse Schraube.
EHRENFRIED.
Warum steht Ihr nicht auf, wenn ich Euch rufe?
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, es ist aber noch nicht Tag.
EHRENFRIED.
Ei, was frage ich nach dem Tage. Ich stehe auf, wenn ich will, es mag Tag oder Nacht sein.
MUMMELMÄRTEN.
Soll ich denn den Kasten noch dort holen, wie mir Ihr Gnaden gestern bei Hofe befohlen haben?
EHRENFRIED.
Sobald es vollends Tag wird, so gehe hin. Wir wollen indessen her sein und die Nummern machen.
MUMMELMÄRTEN.
Ganz gut, Ihr Gnaden.
EHRENFRIED.
Nun allons! Fort, ziehet euch an. Wie sitzt ihr da? Soll ich noch mehr Wasser holen lassen?
ALLE.
Ach nein, Ihr Exzellenz, wir wollen uns geschwinde anziehen.

Stehen alle eiligst auf, ziehen ihre Röcke an und unter währendem Anziehen wird das Nachtzimmer bedecket.

Ballet von Nachtwächtern.

3. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Der Schauplatz bleibet eine Stadt und wird wieder Tag.

LEONORE
mit einem Supplik in der Hand.
LEONORE.

Ich muß doch sehen, ob der Herr Graf aufgestanden ist, damit ich mit ihm reden kann. Und wenn er mich nicht zu seiner Gemahlin nimmt, so will ich schon einen ändern Weg mit ihm gehen; denn das wären keine Künste. Ein Frauenzimmer kann man leichte zu was bereden, und hätte sich Graf Ehrenfried nicht so hoch vermessen, daß er mich heiraten wollte, so sollte er mich zu solchen wollüstigen Händeln wohl nicht leichtlich beredet haben. Aber dem sei nun, wie ihm sei. Will er in Güte seinen grausamen Schwüren und Promessen nicht nachkommen, so will ich hier dieses Supplik, welches ich mir gestern einen Advokaten habe machen lassen, gleich jetzo Ihro Königl. Majestät persönlich übergeben, damit es doch nur kund wird, wie er mir so erbärmlicherweise mein Ehrenschlößchen aufgebrochen hat. Will er mir aber zu meiner Ehre wieder helfen, so soll es auch die Katze hinter dem Herde nicht einmal erfahren. Ach, ihr liebes Frauenzimmer, ich bitte euch um des Himmels Willen, trauet doch nimmermehr keinem Kerl zu viel, er mag auch sein, wer er will. Sie haben alle den Schelm im Nacken, und wenn sie auch gleich schwüren, daß ihnen die Schienebeine knackten, so ist ihnen doch nichts zu glauben, denn ich weiß es am besten, wie es einen hernach gereuet; denn ich hab's aus der Erfahrung mit meinem Grafen. Allein er muß mich heiraten, oder ich will meinen Kopf nicht sanfte legen. Gehet ab.

2. Auftritt
[303] Anderer Auftritt
Mummelmärten mit einem viereckigten Kasten.

MUMMELMÄRTEN.

Je, hader der Henker, was wird mein Herr Graf noch vor ein reicher Herr werden! Da habe ich ihm müssen einen viereckigten Kasten holen. Denselben will er zu einem Glückstopfe machen und alle seine Sachen hineinsetzen. Er spricht, weil andere Glückstöpfer von solcher Profession reich würden, warum sollte er es als ein Graf nicht auch soweit bringen können. Es soll die Person sechs Pfennige geben. Wer nun Lust und Belieben hat, sein Glücke in meines Herrn seiner Schlotterie, oder wie er auf lateinisch den Glückstopf nennet, probieren will, der kann nur, wenn die Bude eröffnet wird, herbeikommen. Vielleicht hat er das Glücke, daß er so viel gewinnet, damit er sich sein Lebetage damit behelfen kann. Geht ab.

3. Auftritt
Dritter Auftritt
Leander, Jukundus.

LEANDER.
Ich will's ja nimmermehr hoffen, daß der Graf eine Lotterie aufrichten will.
JUKUNDUS.
So viel mir sein Kammer junge auf der Gassen erzählete, wäre es ganz gewiß.
LEANDER.
Was werden aber für Raritäten hineingesetzet werden?
JUKUNDUS.

Darum habe ich nun eben nicht gefraget. Dieses sagte mir der Junge, daß die Person sechs Pf. geben sollte.

LEANDER.
Ei, so werden wohl vortreffliche pretieuse Sachen aufgesetzet werden?
JUKUNDUS.

Wer weiß denn? Vielleicht steht des Herrn Fähndrichs Falconetkugel und sein großer langer Stoßdegen auch mit auf dem Spiele.

[304]
LEANDER.
Ja, das war eine grausame Lügen von dem Kerl.
JUKUNDUS.
Ich vermeinte, sie würden gestern wiederkommen, allein sie blieben außen wie das Röhrwasser.
LEANDER.

Vielleicht hat der Herr Hauptmann frische Salpeterkugeln gemacht, die er mit in seines Grafens Glückstopf setzen will.

JUKUNDUS.

Nun, wir wollen doch auch hineingehen, wenn die Glücksbude eröffnet wird. Vielleicht gewinnen wir auch was.

LEANDER.
Ich wage schon ein paar Dreier mit dran, allein wir werden nicht viel gewinnen.
JUKUNDUS.

Wenn gleich; ich weiß, daß ein Haufen Volk nur zum Possen hineingehet und siehet die kuriosen Gewinste mit an.

LEANDER.
Da bin ich gut dafür, daß Lappereien genug werden mit auf dem Spiele stehen.
JUKUNDUS.
Wir wollen's doch mit ansehen.
LEANDER.
Aber wenn soll denn die schöne Lotterie eröffnet werden?
JUKUNDUS.
Der Junge sagte, sobald die Zettel fertig wären, sollte es gleich angehen.
LEANDER.
Ei, so haben wir noch Zeit.
JUKUNDUS.

Wir wollen unterdessen auf ein Gläschen Späniol zu Herr Johannsen in Weinkeller gehen und einen Jungen hinschicken, der ein wenig rekognoszieren soll, wenn es angehet.

LEANDER.

Ich trinke schon ein Gläschen mit, allein zu dem närrischen Polterwirte komm ich nicht wieder, denn er schreibet gar zu viel an.

JUKUNDUS.
So wollen wir an einen ändern Ort gehen. Es gilt mir alles gleich.
LEANDER.

Wir wollen stracks hier gegenüber gehen, und da können wir auch gleich erfahren, wenn des Herrn Grafens Lotterie wird eröffnet wer den.

JUKUNDUS.
Ich lasse mir alles gefallen. Gehen ab.
4. Auftritt
[305] Vierter Auftritt
Cursino, Culin.

CULIN.
So ist's dein rechter Ernst, daß du willst durchgehen?
CURSINO.

Ich habe die Briefe von so einen Herrn, der einen kein Kostgeld gibt. Man kann ja nicht von der Luft leben.

CULIN.

Das ist wahr, und wenn ich bei dem Küchenjungen bei Hofe nicht manchmal von dem verbrannten Schöpsenbraten und verdorbenen Wildbrete etwas erbettelt hätte, ich glaube, ich wäre längst verhungert.

CURSINO.

Ei, es ist ja außer der Weise. Ist gleich manchmal ein Heller Geld da, so nehmen's die großen Diener weg und unsereiner muß krepieren.

CULIN.

Du herzer Bruder, sie kriegen eben auch nicht viel. Gestern hat er nun die dreißig Rthlr., welche er hat auf den Rock borgen lassen, in der Glücksbude verspielet; heute ist nun wieder nichts da. Wo zum Henker will es denn immer herkommen?

CURSINO.
Drum wird es das beste sein, daß man die Laufschuhe anziehet und seinen Marsch aus der Stadt nimmt.
CULIN.

Je, Bruder, wenn du fort marschierest, so gehe ich mit. Allein wir wollen uns erst vom Grafen unsern Abschied geben lassen.

CURSINO.
Ei, was frag ich nach seinem Abschiede.
CULIN.
Wo denkst du aber zu?
CURSINO.

Ich will wieder nach Italien zu meiner Mutter reisen. Wenn du nun mit willst, so mache fort, denn hier warte ich nicht länger.

CULIN.
Wie kommen wir aber fort, wenn wir kein Geld haben?
CURSINO.
Je, fragst du nicht Dinge? Wo kommen denn die Bettler fort?
CULIN.
Ei, so werden wir schöne Güter mit in unser Vaterland bringen.
[306]
CURSINO.
Das mag's tun, Hunger leiden kann ich hier länger nicht.
CULIN.
Wie aber, wenn wir uns in Teutschland nach einem ändern Herrn umtäten?
CURSINO.

Du bist wunderlich! Wer wird denn so ein paar nackigte Kerl annehmen, als wie wir sind. Ja, wenn wir noch was auf dem Leibe hätten, so möchte es noch sein; so aber gehen wir ja, als wenn wir von dem Galgen gefallen wären.

CULIN.

So mache nur fort, ich will mitmarschieren, damit wir mit Ehren aus der Stadt kommen, sonst, wo es der Graf erfähret, daß wir durchgehen wollen, so schickt er uns nach, und wenn er uns kriegt, so läßt er uns alle beide in den Bock spannen und ziehet uns die Mundierung darzu noch aus.

CURSINO.
Je, das geschieht, darum laß uns nur sehen, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat.
CULIN.
So komm nur, an mir fehlt's ja nicht. Gehen ab.

Es wird musiziert, und unter währender Musik eröffnet sich der Prospekt und zeiget Graf Ehrenfrieds Glücksbude, worinnen allerhand Lappereien und Sachen zu sehen sein. Der Graf stehet mit Mummelmärten in der Glücksbude, vor derselben aber stehen alle seine Bedienten wie auch andere Leute, und greift einer nach den andern hinein, worzu auch endlich Leander, Jukundus und andere Leute kommen und hineingreifen. Mummelmärten muß die Gewinste austeilen. Die Sachen, so da zu sehen, werden alle herausgegriffen, und wird zu jedem Gewinste getrummelt. Einer geht ab, der andere zu, und nachdem die geltenden Gewinste alle herausgegriffen sein, wird unter währender Musik die Glücksbude wieder bedeckt.
5. Auftritt
[307] Fünfter Auftritt
Injurius mit verbundenen Kopfe, Herr Johannes.

JOHANNES.
Da hast's nu!
INJURIUS.
Es hat nichts zu bedeuten, die Hosen sollen ihn schon dafür aufgebunden werden.
JOHANNES.
Ich war dein Glücke noch, Momflere.
INJURIUS.
Wieso?
JOHANNES.
Halb tot hätte er dich geschmissen, auf mein Wort.
INJURIUS.
Er soll mir die Schmerzen teuer gnug bezahlen.
JOHANNES.
Je ja, es ist was zu bezahlen da.
INJURIUS.
Es wird sich schon weisen.
JOHANNES.
Du fingest aber an.
INJURIUS.

Davon ist nun ganz kein Wort zu gedenken. Wenn die Sache vor den ordentlichen Richter kömmt, so soll sich's schon geben.

JOHANNES.
Ehrlich, gottlob, du wirst die Schläge wohl behalten müssen.
INJURIUS.
Ich will ihn schon solche Intrüschen machen, daß er zeitlebens an mich gedenken soll.
JOHANNES.
Es klagt dich aber kein Mensche, nu!
INJURIUS.

Was schere ich mich um die Leute, ob sie Mitleiden mit mir haben oder nicht, ich frage nicht ein Haare darnach.

JOHANNES.
Oho, wenn's so ist, will ich gerne nichts sagen.
INJURIUS.

Bruder, ich bin kein ehrlicher Mann, wenn ich nicht die ganze Familie mit allen ihren Adhärenten bis in die Grube verfolgen will.

JOHANNES.
Was hilft dich's aber, Momflere?
INJURIUS.
Daß ich so meine Freude drüber habe.
JOHANNES.

Momflere, und wenn ich dir raten soll, so tu du's nicht, auf mein Wort, ich bin kein ehrlicher Mann, du wirst wieder geschoren.

INJURIUS.
Darauf laß ich's ankommen. Ich versichre dich, daß mir leichtlich keiner soll gewachsen sein.
[308]
JOHANNES.

Denke du an mich, wenn's nicht geschieht, denn ich kenne einen, gottlob! Er hat mich auch manchmal geschoren.

INJURIUS.
Wen meinest du denn?
JOHANNES.
Den dorte, wegen der falschen Zeugen. Weißt's nu?
INJURIUS.
Ich kann dich nicht verstehen.
JOHANNES.
Wie du neulich sagtest.
INJURIUS.
Ich weiß mich noch nicht drauf zu besinnen.
JOHANNES.

Momflere, weißt's denn nicht mehr, wie du neulich sagtest, du hättest einen Bauer sechs Gülden gegeben, daß er hätte falsch über ihn schweren müssen? Weißt's nu?

INJURIUS.

Ach dort, ja. Oh, der Kerl ist mir viel zu leichte, denn ich habe ihn schon manche Intrüsche gemacht.

JOHANNES.
Denke du an mich, wenn er dich nicht wieder schiert.
INJURIUS.
Dafür ist mir gar nicht bange.
JOHANNES.

Ich weiß, was ich weiß, und wenn dir's nicht gehen wird als sonst jemanden, so sage, daß ich kein ehrlicher Mann bin.

INJURIUS.
Ich lasse es darauf ankommen.
JOHANNES.
Was willst du aber darnach machen, wenn's so geschieht?
INJURIUS.
Ei, laß mich mit solchen Lappereien ungeschoren.
JOHANNES.

Brüderchen, ein Schelm, der's falsch mit dir meinet. Nu, und ich wollte, daß du für deine Schläge tausend Rthlr. Schmerzegeld bekämest. Vielleicht hülfe mich's auch was.

INJURIUS.
Ich lasse der Sache ihren ordentlichen Lauf, es wird sich mit der Zeit schon geben.
JOHANNES.
Ja, wenn die Zeugen auch gut vor dich ausgesaget hätten.
INJURIUS.

Warum das nicht, und wenn deine Kerl die Wahrheit verschwiegen haben, so muß ich dich ebenfalls abhören lassen.

[309]
JOHANNES.
Ein Schelm tut das, und darzu würde dich's auch fein viel helfen.
INJURIUS.
Wieso denn?
JOHANNES.
Momflere, du schmißt ja aus, nu! Was willst du denn machen?
INJURIUS.
Ei, du mußt sagen, jener hätte ausgeschlagen.
JOHANNES.
Und ich sollte drüber schweren?
INJURIUS.
Wie anders?
JOHANNES.
Und wenn du mir zehn Dukaten gäbest, ich täte das Ding nicht.
INJURIUS.
Du kannst aber leichte schweren; es hat ja nichts zu bedeuten.
JOHANNES.
Je, behüte mich mein Gott dafür!
INJURIUS.
Wäre es nun nicht eine Sache, wenn du mir diesen Gefallen erwiesest?
JOHANNES.

Nicht tausend Dukaten wollte ich nehmen, hol mich Gott, nicht zehntausend! Aber Momflere, weißt du was, laß den Bauer wieder holen, der über jenen dorte, wie du wohl weißt, vorm Jahre falsch geschworen hat, und gib ihn noch einmal sechs Fl.; er tut's schon.

INJURIUS.
Ja, was weiß derselbe Mann von dieser Affäre?
JOHANNES.
Warum hatte er aber über jenen geschworen vor sechs Fl., und falsch? Nu?
INJURIUS.
Ja, jetzo möchte es nicht angehen.
JOHANNES.
Merkst du was? Du wirst die Schmerzen und die Beulen wohl behalten müssen.
INJURIUS.
Ja, wenn die Wunden nicht täten.
JOHANNES.
Auch Wunden, gottlob! Wieviel denn?
INJURIUS.
Greif nur mit der Hand hieher, so wirst du sie alle an dem Griffe haben können.
JOHANNES
fühlet Injurio auf den Kopf.

Oho, sind doch das keine! Zählet. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, keine mehr? Nee, sieben, gottlob, auch wohl acht.

INJURIUS.
Wenn mir nur der Kopf nicht so geschwollen wäre.
JOHANNES.
Schad't dir's aber was am Gedächtnisse?
[310]
INJURIUS.
Es schadet mir wohl nichts, allein die Intrüschen wollen mir doch nicht mehr so beifallen wie sonst.
JOHANNES.
Hast du denn auch einen Wundzettel eingegeben?
INJURIUS.
Ich habe auf eine jedwede Wunde den Barbier einen Zettel machen lassen.
JOHANNES.
Auch schon auf dem Rathause?
INJURIUS.
Wie sonsten?
JOHANNES.
Oho! Strafe, gottlob, dürfte doch wohl gefallen?
INJURIUS.
Daran wird es nicht gnug sein, ich will ihn schon anders scheren.
JOHANNES.

Momflere, wenn ich dir raten sollte, so vertrüge ich mich mit dem Manne wieder und ließe ihn was zum Besten geben.

INJURIUS.
Daraus wird nimmermehr nichts, weil die Welt stehet.
JOHANNES.
Wie du willst.
INJURIUS.
Ich will ihn noch drücken, daß er sein Tage an mich gedenken soll.
JOHANNES.
Meinethalben, wenn die Schlägerei nur bei mir nicht wäre vorgegangen.
INJURIUS.
Was kannst du dafür! Deswegen komm ich doch wohl wieder zu dir.
JOHANNES.
Wenn denn?
INJURIUS.

Ich will nur erstlich zum Balbier gehen und mich verbinden lassen, hernach so will ich gleich auf ein Gläschen zu dir kommen.

JOHANNES.
Top!
INJURIUS.
Ein Wort, ein Mann.
JOHANNES.
Ein Schelm, der nicht kömmt.
INJURIUS.
Was ich sage. Adieu! Gehet ab.
JOHANNES.

Dein Diener, Momflere. Indem Injurius fortgehet, sieht Herr Johannes ihn hinten mit einer höhnischen Miene nach und spricht. Sieben Wunden, gottlob, auch wohl achte oder neun.Gehet ab.

6. Auftritt
[311] Sechster Auftritt
Mummelmärten hat ein Päckchen unterm Arme.

MUMMELMÄRTEN.

Je, da wär ich wohl ein rechter Bärenhäuter, daß ich einen Augenblick länger bei dem Grafen bliebe. Ich dachte wohl, daß es so ablaufen würde, denn man denke nur, was er vor närrische Dinge vornimmt. Da setzt er so ein Haufen Sachen auf das Spiel und hat mehr Treffer als Fehler auf den Nummern. So muß er ja verspielen. Nun, er hat ja auch nicht das geringste mehr in seinen Vermögen, und ich habe die Briefe von so einem Herrn, wenn er nichts hat. Keinen Heller Kostgeld habe ich, weil ich bei ihm bin, von ihm bekommen. Und wenn ich mir durch Stehlen manchmal nicht ein Accidens gemacht hätte, so würde ich wohl schmale Bissen bei ihn haben fressen müssen. Weil aber die Freude nun ein Ende hat und nichts mehr bei dem Herrn Grafen vor mich zu holen ist, so hab ich incognito von ihn meinen Abschied genommen; er mag sich nun den Herrn Kapitänleutenant des Nachts die stinkigten Knochen krauen lassen, bis er einschläft. Ich habe Stank genug bei meiner nächtlichen Aufwartung von ihm verschlucken müssen. Ich will schon sehen, wo ich einen ändern Herrn kriege, der mir satt zu fressen gibt, daß ich mich nicht mehr auf das Promovieren legen darf, denn sonst, wenn ich größer würde, dürfte ich eine Gewohnheit draus machen und mit der Zeit gar an den Galgen kommen. Will abgehen.

7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Mummelmärten, Mirax, Naruffsky, Pamphilius.

MIRAX
kriegt ihn hinten bei den Ärmel.
Halt, Vogel, wo willst du hinaus?
MUMMELMÄRTEN.
Warum denn, was geht's denn Euch an? Laßt Ihr mich immer gehen.
[312]
MIRAX.
Warte nur, wir müssen anders mit dir reden.
MUMMELMÄRTEN.
Was hab ich denn mit Euch zu tun, lasset Ihr mich immer ungeschoren.
MIRAX.
Helft doch dem Vogel halten, daß er uns nicht durchgehet.

Pamphilius, Naruffsky greifen Mummelmärten an.
PAMPHILIUS.
Halt du, wir müssen besser mit dir reden.
MIRAX.
Höre Dieb, was hast du in dem Päckchen?
MUMMELMÄRTEN.
Ei, was geht's denn Euch an? Es ist meine schwarze Wäsche, ich will sie zu meiner Wäscherin tragen.
MIRAX.

Nein, nein, wir müssen sehen, was du eingepackt hast. Mirax macht das Päcktchen auf und schüttet einen Haufen alte Hemden und Lumpen aufs Theatrum und spricht. Vogel, sind das deine Hemden?

MUMMELMÄRTEN.
Wem werden sie sonst sein?
NARUFFSKY.

Je, Herr Stallmeister, da ist mein Oberhemde mit dabei, welches mir vor vier Wochen aus dem Koffer ist gestohlen worden.

MIRAX.
Und dieses sind meine zwei Hemden, welche mir vorgestern nur wegkommen sind.
PAMPHILIUS.

Und dieses ist meine nesteltuchene Krause, welche ich mir vor zwei Tagen bei dem Italiener gekauft habe.

MUMMELMÄRTEN.
Ja, gleich so, als wenn ein bunter Hund nicht dem andern ähnlich sähe.
PAMPHILIUS.
Was ist denn dieses da?
MIRAX.
Je, was zum Henker ist denn das vor eine Binde?
PAMPHILIUS.

Je, das ist des Herrn Kapitänleutenants seine Sonntagsschärpe, die er von dem Herrn Grafen hat verehrt bekommen.

MIRAX.
Je, du Hausdieb, kannst du so wacker einpacken?
NARUFFSKY.
Habe ich's nicht immer gesagt, der Vogel würde einmal nehmen, was er kriegte, und fortmarschieren?
PAMPHILIUS.
Ja, das hab ich längst immer gedacht.
MIRAX.
Ist es doch auch eingetroffen! Je, du Hausdieb du.
[313]
MUMMELMÄRTEN.
Ihr dürft mir nur meine Sachen zufrieden lassen, sonst seid Ihr ärgere Diebe als ich.
MIRAX.
Kannst du denn sagen, daß die zwei Hemden auf deinen Miste gewachsen sein?
NARUFFSKY.
Und meinest du denn, dieses Oberhemde sei deine?
PAMPHILIUS.
Du mußt wohl dein Lebtage viel nesteltuchene Halskrausen getragen haben.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Fortunatus und die Vorigen.

FORTUNATUS.
Habt ihr den Vogel angetroffen?
MIRAX.
Ja, mein Herr Kapitänleutenant, wir haben ihn noch ergattert.
FORTUNATUS.
Was zum Henker sein das für Sachen da?
MIRAX.
Das ist unsere gute Wäsche, die hat der Vogel alle mit eingepackt.
FORTUNATUS.
Was ist denn dieses hier?
MIRAX.
Kennt denn der Herr Kapitänleutenant das Ding nicht?
FORTUNATUS.

Je, das ist ja meine Sonntagsschärpe, welche mir der Herr Graf geschenket hat. Ei, ei, bist du nicht ein Vogel?

MUMMELMÄRTEN.

Laßt Euch's lieb sein, Herr Kapitänleutenant, daß Ihr sie hier antrefft. Ich habe es zu Euern Besten getan, daß ich sie so lange bei mir aufgehoben habe.

FORTUNATUS.
Ei, du bist der rechte Aufheber, du.
MUMMELMÄRTEN.

Warum nicht? Denn wenn Ihr sie bei der Hand gehabt, Ihr hättet sie doch nur versetzt oder um ein liederlich Geld im Wirtshause verkauft. So aber habe ich sie Euch nur aufgehoben.

[314]
FORTUNATUS.
Heißt denn das aufgehoben, wenn man eines andern seine Sachen heimlicherweise wegnimmt?
MUMMELMÄRTEN.
Zum wenigsten wird es auch kein Diebstück sein.
FORTUNATUS.
Was wär es denn sonsten?
MUMMELMÄRTEN.
Je, wenn Ihr's so nehmen wollt, so seid Ihr eben auch ein Dieb.
FORTUNATUS.
Je, du Vogel du, halt's Maul.
MUMMELMÄRTEN.
Als wenn es irgend nicht wahr wäre mit dem Petschafte.
FORTUNATUS.
Was denn vor ein Petschaft?
MUMMELMÄRTEN.

Ei ja doch, habt Ihr nicht neulich des Grafens sein Petschaft in den Wirtshause einen Parückenmacher vor vier Gr. verkauft?

FORTUNATUS.
Was sagst du?
MUMMELMÄRTEN.

Was sagst du? Als wenn es irgend nicht wahr wäre. Der Mann hat mir's selbst gesagt, er wird mir's nicht aus den Fingern saugen. Ihr habt's ihn erstlich vor einen Thl. geboten. Hat denn der Graf davon ein Wort gewußt?

FORTUNATUS.
Das ist mit des Herrn Grafens seinen Konsens geschehen, und darum hast du dich nichts zu bekümmern.
MUMMELMÄRTEN.

Wo will denn der Herr Graf was davon gewußt haben, denn wie er Euch gestern, da der Befehl wegen des Hasenschießens sollte gesiegelt werden, fragte, wo sein Petschaft wäre, so sagtet Ihr heimlich zu ihme, es stünde mit versetzt. Allein ich wußte es besser. Wenn ich Euch da nun auch hätte beschämen wollen, was würden denn die Leute gedacht haben?

FORTUNATUS.

Je, du Bestie du, halt's Maul. Fort, ihr Kammerdieners, zieht dem Vogel die Livrei aus, mein gnädiger Herr will es haben, und laßt den Dieb hernach an Galgen laufen. Geht ab.

PAMPHILIUS.
Fort, raus mit der Jacke, der Grafe will's haben. Ziehen ihn aus.
[315]
MUMMELMÄRTEN.

Da, nehmt die alte Hülle immer hin, wenn ich sie nicht behalten soll. Sie ist ohnedem nicht sechs Pf. wert.

NARUFFSKY.
Genug, daß es der Graf so befohlen hat.
MUMMELMÄRTEN.

Da habt Ihr sie, tragt sie Euern Grafen hin und sprecht, er soll sie in seine Glücksbude hängen. Vielleicht gewinnt er damit seine Sachen wieder.

MIRAX.

Mit solchen Reden kannst du Vogel nur stille schweigen, oder wir werden dir zu guter Letzt noch einen Buckel voll Schläge mit auf den Weg geben.

MUMMELMÄRTEN.
Tut's, wenn Ihr's nicht lassen könnt.
PAMPHILIUS.

Wir hätten keine Ehre davon. Wenn du aber ein rechtschaffener Kerl wärst wie wir, so solltest du schon längst ein paar Ohrfeigen weg haben. So aber bist du nur ein Junge.

MUMMELMÄRTEN.

Wenn ich gleich ein Junge bin, so hab ich doch von dem Grafen nicht so viel Ohrfeigen gekriegt als Ihr.

MIRAX.

Geht nur fort, Ihr Herrn, nehmt Euere Sachen und vermenget Euch nur nicht weiter mit ihm. Es hat keiner keine Ehre davon. Nehmen ein jeder seine Wäsche und gehen davon.

MUMMELMÄRTEN.

Nehmt die lausigten Lumpen immer hin, wenn ihr mir sie nicht lassen wollt. Ich will doch wohl sehen, wo ich andere kriege. Dasmal so einen Grafen gedienet und nimmermehr wieder! Ich will zehnmal lieber bei Hofe einen Pagen aufwarten als so einen Herrn; da habe ich doch satt zu fressen und darf mir den Hunger nicht durch Stehlen vertreiben. Daß des Grafens beide Läufer ihren Abschied auch hinter der Türe genommen haben, hat sie nichts anders als der liebe Hunger darzu gebracht, und wenn er sie anträfe, er ließe ihnen die Livrei eben auch ausziehen. Aber es mag immer sein; was frage ich nach den alten schäbigten Rocke, bin ich doch mit allen Pagenjungen bekannt, und der eine ist auch mein Vetter. Zu dem will ich hingehen und ihm mein Unglück klagen, vielleicht hilft [316] er mir, daß ich auch ein Pagenjunge werde; wenn ich mich gleich von dem Pferde auf den Esel setzen müßte. Gehet ab.

9. Auftritt
Neunter Auftritt
Courage, Gretchen.

GRETE.
Habe ich dir's nicht gesagt, Courage, daß ein gut Wort manchmal mehr hilft als sonsten was!
COURAGE.

Das ist wahr, Gretchen, ich gab meinem Herrn deinetwegen vortrefflich gute Worte, und es hätte mich lästerlich verdrießen sollen, wenn er mir den Konsens abgeschlagen hätte.

GRETE.
Gelt, es ist so besser, als wenn du zu den Advokaten wärest gegangen?
COURAGE.

Ach, du herzes Kind, ich wäre ohndem nicht zu ihm gegangen; denn es hat mir heute frühe eine Frau erzählet, daß derselbe Fleckschreiber ganz nichts studieret hätte; denn die Käuschen, die er bisweilen macht, heißt er nur lauter Intrüschen, und mit solchen Intrüschen führet er so manche ehrliche Leute in die Prozesse hinein, daß sie hernachmals Ach und Weh über ihn schreien.

GRETE.

Ei, ich weiß gar wohl, ich wollte dir's immer gestern sagen, daß du zu demselben Manne nicht gehen solltest, denn es ist ein rechter Ehrenkränker.

COURAGE.
Je, warum tut er aber das?
GRETE.

Je, weiß man's denn? Neulich so hat er ein paar Parteien ineinander gehetzt und in seinen konzipierten Klagschreiben solche Anzüglichkeiten gebraucht, daß ich dir's nicht sagen kann.

COURAGE.
Mich wundert aber, daß so einen Kalumnianten das Handwerk nicht gelegt wird.
GRETE.

Ei, es hat immer drauf gestanden, daß ihm die spitzige Feder hat sollen verschnitten werden, und stehet auch noch drauf.

[317]
COURAGE.

So ein Mensch, der eines andern seine Ehre abschneiden will, und ist selbst hinten und vorne mit Peche besudelt, der ist nicht wert, daß ihn der Erdboden trägt.

GRETE.
Er würde dir ein schönes Supplik gemacht haben.
COURAGE.

Ich danke meinen Gott, daß ich denselben Fleckschreiber nicht habe vonnöten gehabt, denn wenn mir der Kerl meinen Herrn mit unbescheidenen Worten angegriffen hätte und ich hätte hernach das Ding dem Könige übergeben, ich wüßte nicht, was ich ihm getan hätte.

GRETE.

Ach, es sind ihm wegen seiner anzüglichen Injurien halber in diesem Jahre wohl über zwanzig Rthlr. Strafe zuerkannt worden.

COURAGE.
Ei, du magst mir der rechte Advokate sein!
GRETE.

In einer benachbarten Stadt, nicht weit von hier, so hat er sich schon in zwei Jahren nicht sehen lassen dürfen; wenn et sich da blicken läßt, so nimmt ihn der Rat daselbst gleich in Arrest.

COURAGE.
Was hat er denn da getan?
GRETE.

Nach seiner gewöhnlichen Art soll er auch nichts als lauter Schmähworte in einer daselbst eingegebenen Klageschrift gebraucht haben, weswegen ihm zehn Rthlr. Strafe zuerkannt worden, und dieselben hat er noch nicht abgetragen.

COURAGE.

Mich wundert, daß von der hohen Obrigkeit so einen Praktikenmacher seiner unverantwortlichen Anzüglichkeiten halber nicht mit ernstlicher Strafe auf die unnützen Schelmfinger gekloppt wird.

GRETE.

Es wundert mich selbst, daß ihnen so viel nachgesehen wird, und wenn mein Herr Graf so einen Advokaten in seinen Lande hätte und er griffe ehrliche Leute in Schriften so an wie dieser Fleckschreiber, so will ich nicht ehrlich sein, wenn er ihn nicht alle Tage dreimal in den Bock spannete und karbatschte ihn so lange, bis er spräche, er wollte es unterwegens lassen.

COURAGE.
So ein Kerl wär auch nicht Bessers wert.
[318]
GRETE.
Wer hat dir aber diesen Fleckschreiber zugewiesen?
COURAGE.

Höre nur; Fräulein Lorchen, die mit deinen Herrn hat zu tun gehabt, die begegnete mir gestern auf der Gassen und fragte nach den Herrn Grafen. Wie ich ihr nun zur Antwort gab, daß er wohl möchte bei Hofe sein, und sie ihn gerne sprechen wollte, so erzählte sie mir, wie daß sie bei einen Advokaten gewesen wäre und sich lassen ein Supplik machen. Dasselbe möchte sie, wenn der Herr Graf nicht wollte wie sie, dem Könige geben und ihn verklagen.

GRETE.

Ach, potztausend, sie ist heute bei meinen Herrn flugs ganz frühe gewesen. Was sie aber vor Bescheid bei ihn bekommen, das kann ich dir nicht sagen.

COURAGE.

Und derselben erzählte ich auch, wie ich und du ein Paar werden wollten, und daß mein Herr darein nicht konsentieren wollte, so rekommendierte sie mich an diesen sogenannten Fleckschreiber und erzählte mir erschreckliche Schwänke von ihm, die sie von Herr Johannsen seiner Frau im Weinkeller erfahren hätte.

GRETE.
Wo hat die Wirtin aber drum gewußt?
COURAGE.

Derselbe Fleckschreiber liegt alle Abende da und säuft, daß er nicht mehr stehen kann. Hernach klettert er an den Wänden nach Hause, wie ich denn selbst gestern mit Augen gesehen habe.

GRETE.
Wärest du denn auch in dem Weinkeller?
COURAGE.

Nein, ich ließe ihn nur herausrufen, und wie er kam, so kunnte er auf keinen Beine stehen, viel weniger daß er ein klug Wort mit mir hätte reden sollen.

GRETE.
Ei, das sind mir die rechten Advokaten, die aus Tag Nacht und aus Nacht Tag machen.
COURAGE.

Aber höre doch, Gretchen, weil ich nun meines Herrn seinen Konsens habe und du deines Grafen seinen, wie wollen wir denn unsere Sachen nun anstellen?

GRETE.
Ich weiß mein Treu nicht, wie wir es anstellen werden.
COURAGE.
Rede doch mit dem Grafen wegen des Hochzeitgeschenks, wie daß wir beide nun richtig wären.
[319]
GRETE.
Ach, du herzes Kind, davon darf ich ihn itzo kein Wort gedenken.
COURAGE.
Warum aber nicht?
GRETCHEN.

Fragst du warum? Als wenn du es etwa nicht wüßtest, daß er sich eine Glücksbude zugelegt und darinnen alle seine Mobilien verspielet hat.

COURAGE.
Je, warum nimmt er solche närrische Dinge vor und bringt sich mutwillig um das Seinige?
GRETE.

Ich kann es wohl sagen, daß er zeit seiner Tage noch nicht so melancholisch gewesen ist als jetzo, zumal da ihm seine beiden Läufer und der Kammerjunge, sein Hausdieb, mit der Livrei durchgegangen sein.

COURAGE.

Von den Läufern habe ich nichts gehört, aber von dem Jungen, das weiß ich. Ich dachte aber, den hätten sie wieder ertappt und die Livrei ausgezogen?

GRETE.
Ja, von dem hat der Herr Graf die Livrei auch wiederbekommen, aber von den andern nicht.
COURAGE.
Wo ist denn dein Herr?
GRETE.

Er sitzt drinnen in seinem Zimmer und hat sich ganz geistlich angezogen und liest stets in einem großen Buche. Ich horchte vorhin ein bißchen zu, da hörte ich, daß er sagte, er wollte das Hofleben ganz kassieren und ein Abt werden.

COURAGE.
Was machten aber seine Leute?
GRETE.

Dieselben stunden alle in langen Mänteln um ihn herum und hatten ein jedweder ein Buch unter dem Arme.

COURAGE.
Ich denke, weil er alles in seinem Glückstopfe zugesetzt hat, so will er gar ein Pietiste werden.
GRETE.
Je, Zeit wäre es, wenn er einmal sein Leben ändern wollte.
COURAGE.
Ach, laß dir nur nicht leid dafür sein, er wird das Ding nicht lange treiben.
GRETE.
Alleine, wie machen wir es mit unserer Hochzeit?
COURAGE.

Höre, Gretchen, suche du nur deinen Brautschmuck immer zurechte, ich will mein Bräutigamskleid auch auskehren und will mit Fräulein Lorchen reden. Wenn [320] die es so weit bringt, daß der Graf sie heiraten muß, so können wir hernach flugs mit unterlaufen.

GRETE.
Es ist ganz gut, Courage, allein, wenn nun nichts draus wird?
COURAGE.

Je, wird nichts draus, so wird nichts draus, so machen wir vor uns Hochzeit und streichen das Hochzeitgeschenke hernach vor uns alleine ein.

GRETE.

Je nun, wie du willst, es soll an mir nicht fehlen. Ich will gleich gehen und meinen Brautschmuck anlegen, damit ich im Falle der Not flugs fix und fertig bin.

COURAGE.

Das tu du, ich will dergleichen tun; und wenn ich von Fräulein Lorchen erfahren kann, wie es mit ihrem Beilager stehet, so will ich dir gleich Antwort wissen lassen.

GRETCHEN.
Nun, so mache nur fein bald, damit wir einmal zusammenkommen. Gehen ab.

Der Prospekt eröffnet sich.
10. Auftritt
Zehenter Auftritt
Graf Ehrenfried in einem schwarzen Habite, kleinem Überschlag, kurzen Mäntelchen und schwarzen Sammetmützchen, mit einem schmalen Hütchen, ingleichen Feuerfax, Fortunatus, Friedenschild, Mirax, Narruffsky, Pamphilius, Marode, Sylvester, Damastor und Kilian alle in langen schwarzen Mänteln und ein jedweder ein Buch unterm Arme.

EHRENFRIED.
Ade, du Wollustwelt, mit allen deinen Schätzen,
mein Wandel soll hinfort ein frommes Leben sein.
Ade, du Königshof, du vormals mein Ergötzen,
ich werde hinfort nicht mehr bei dir sprechen ein.
Das Schicksal hat mich nun geführt in einen Orden,
wo nichts als Frömmigkeit und heil'ges Wesen ist;
dem Himmel sei gedankt, daß ich bin Abt geworden,
dieweil mein Herze nun das Zeitliche vergißt.
[321]
FORTUNATUS.
Ihre Hochwürden, was werden aber Ihro Majestät von der plötzlichen Veränderung denken?
EHRENFRIED.

Sagt mir doch nur, mein Herr Kapitänleutenant, wie ich's auf der Welt besser haben könnte als so? Ich habe ja mein schönes Auskommen von so vielen Klöster-Intraden, das ich bei Hofe nicht habe.

FORTUNATUS.

Das ist wahr, Ihre Hochehrwürden, Sie haben vortreffliche Intraden, allein Ihre Grafschaft trägt Sie doch auch was Rechtes ein.

EHRENFRIED.

Diesen ungeachtet, so bin ich des Hoflebens so überdrüssig, als wenn ich's mit Löffeln gefressen hätte.

FORTUNATUS.
Wie Ihro Hochwürden belieben, wenn Sie uns nur auch mit der Zeit zu guten Chargen helfen können.
EHRENFRIED.

Darauf habt ihr euch zu verlassen, es soll kein halbes Jahr ins Land gehen, so sollt ihr alle miteinander Patres sein.

ALLE.
Wir bedanken uns, Ihro Hochwürden, vor die allzu große Sorgfalt für Dero getreue Diener.
EHRENFRIED
besinnt sich.

Ein Abt sein und das Hofleben kassieren? Nein, der König mochte auch denken, ich wäre gar ein Bärenhäuter und hätte kein Herz im Leibe. Fort, laßt uns den Habit wieder ablegen. Schreiet. Puff!

ALLE.
Puff! Puff! Gehen ab.
11. Auftritt
Elfter Auftritt
Leonore.

LEONORE.

Je, daß doch solchen Praktikenmachern flugs die Hälse gebrochen wären mit ihren vermaledeiten Intrüschen. Man denke nur, da ließ ich mir gestern bei dem sogennanten Fleckschreiber ein Supplik machen wegen meines Grafens und sagte ihm doch alles vor, wie er's machen sollte. So hat der Mann Zeug hineingesetzt und den Grafen so heruntergemacht, daß es die Schweine nicht einmal gefressen hätten. Und wenn der König nicht so allergnädigst [322] gewesen wäre und Mitleiden mit meinem Zustande gehabt, ich würde fein viel damit ausgerichtet haben. So aber hat er mir versprochen, der Graf sollte und müßte mich heiraten. Er wollte gleich zu ihm schicken und ihm bei seiner höchsten Ungnade ansagen lassen, wofern er's nicht tun wollte, sollte ihm von Stund an der Hof verboten sein. Ich denke, Graf Ehrenfriedchen wird sich auch solches nicht weigern; bin ich ihm zuvor gut genug gewesen, so kann er jetzo auch mit mir zufrieden sein und mich zu seiner Frau Gemahlin machen. Ihro Majestät haben mir auch auf das Beilager 4000 Rthlr. Hochzeitgeschenke zugesagt, und wenn der Graf das hören wird, daß ich soviel Geld bekommen werde, so wird er sich wohl nicht lange sperren. Drum will ich geschwinde, geschwinde gehen, vielleicht kann heute noch gar Hochzeit werden.

12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Klare, Fortunatus.

KLARE.
Ich muß meinen Hauszins haben, oder das Ding muß anders werden.
FORTUNATUS.

Je, seid Ihr nicht eine wunderliche Frau, je, tragt doch deswegen keine Sorge, mein gnädiger Herr bezahlt Euch alles, und wenn's 1000 Rthlr. wären.

KLARE.
Das heißt immer so; er hätte mich längst bezahlen können.
FORTUNATUS.
Das soll auch geschehen.
KLARE.

Wenn er das Geld genommen, das er manchmal liederlich verspielt und in den Glückstopf gesetzt, er hatte mich hundertmal bezahlen können.

FORTUNATUS.
Es ist wohl wahr, allein ein großer Herr muß ja woran seine Lust haben.
KLARE.

Er muß aber auch darbei seinen Respekt in acht nehmen und sich um so eines Bagetells willen nicht so vielmal mahnen lassen.

[323]
FORTUNATUS.
Je, meine Frau, große Herren, wie mein Herr Graf ist, die machen's bisweilen nicht anders.
KLARE.

Es ist aber nicht gut, und wenn ich ja ein großer Herr sein wollte, als wie der Herr Graf auch würklich einer ist, so schaffte ich mir auch ein eigen Haus und ließe mir wegen des Hauszinses keine solche Verdrießlichkeit machen.

FORTUNATUS.

Was braucht's aber mein gnädiger Herr, daß er sich hier in dieser Stadt ein Haus kaufte; ja, wenn er continuè hier wohnte; er hat in seiner Grafschaft wohl zehn Häuser.

KLARE.

Ei, das glaube ich gar wohl. Ich bin eine arme Frau gegen dem Herrn Grafen, und wenn ich mir an einen fremden Orte eine Stube mietete und sollte mich die Hauswirtin um den Hauszins mahnen lassen, ich dächte, es wäre mir eine große Schande.

FORTUNATUS.
Ja, ich kann mir nicht helfen, es ist kein Geld da.
KLARE.

So höre ich mein Wunder, ich soll noch länger warten? Ach nein, der Herr Kapitänleutenant kann's nur dem Herrn Grafen hinterbringen, wofern ich heut oder morgen wegen des Hauszinses nicht kontentieret würde, so wollte ich seine Stube zuschließen und wollte weder ihn noch jemand von seinen Leuten wieder in mein Haus lassen. Gehet ab.

FORTUNATUS.

Das wär auch was Schönes, und mein Herr Graf dürfte wohl wider seinen Willen Hochzeit machen müssen. Wo wollte er denn hernach seine Braut hinführen? Bei Hofe würde sich's auch nicht wohl schicken, weil alle Gemächer schon besetzt sein.

13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Fortunatus, Kilian kömmt geschwind gelaufen.

KILIAN.

Herr Kapitänleutenant, Er soll geschwind zum Herrn Grafen kommen; die Stücke sollen gelöset werden, daß darzu Anstalt gemacht wird.

[324]
FORTUNATUS.

Liegt denn alles an mir? Die Kommission könnte ja wohl der Herr Hauptmann oder Fähndrich über sich nehmen.

KILIAN.

Der Herr Graf trug es ihnen allen beiden auf, allein sie entschuldigten sich und sagten, sie wüßten keinen Bescheid um die Ladung, hätten auch ihr Lebtage keines losbrennen sehen.

14. Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Damastor und die Vorigen.

DAMASTOR.

Wo bleibst du denn so lange, hast du es denn dem Herrn Kapitänleutenant noch nicht gesagt wegen der Stücken?

FORTUNATUS.
Ja, ich weiß es schon.
DAMASTOR.
Ei, Er soll geschwinde, geschwinde kommen, seine neue Braut ist angekommen.
FORTUNATUS.
Wenn dieses ist, so muß ich doch wohl gehen.
15. Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Kilian, Damastor.

KILIAN.
Je, Bruder, werden wir auf der Hochzeit nicht fressen?
DAMASTOR.
Narre, heiß es doch keine Hochzeit, bei vornehmen Leuten nennt man es ein Beilager.
KILIAN.
Ei, es mag heißen, wie es will, wenn ich mich nur einmal recht satt fresse.
DAMASTOR.
Ei, ich will's auch nicht schonen.
KILIAN.
Komm, laß uns gehen, damit wir nichts bei der Aufwartung versäumen.
DAMASTOR.
Es ist wahr, sonst kriegen wir bei der Braut keine Hochzeitkrausen. Gehen ab.
16. Auftritt
[325] Sechzehnter Auftritt
Courage, Grete, beide in ihren Hochzeitkleidern.

GRETE.
Nun, es ist auch eine Liebe unter den beiden Leuten, ich kann dir's nicht sagen.
COURAGE.
Wer hätte das Ding denken sollen, daß so geschwinde was aus dem Beilager werden sollte!
GRETE.

Ja, mein Schatz, das macht der König, und ehe der Graf sich den König hätte zum Feinde gemacht, er hätte eher noch eine darzu genommen, die sechs Mal hätte taufen lassen.

COURAGE.
Wenn soll denn das Beilager angehen?
GRETE.
Morgen gleich, und jetzo wird die Zusage geschehn.
COURAGE.

Ei, so müssen wir das Ding auch nicht versäumen, daß wir uns dabei mit einstellen, sonst dürften wir hernach vergessen werden.

GRETE.
Freilich haben wir hohe Zeit.
COURAGE.

So komm, mein liebster Schatz, du süßer Zuckerstengel, du liebes Gretchen du, komm, laß uns eiligst gehn.

GRETE.
Ich folge dir, mein Kind.
COURAGE.
Du bleibest doch mein Engel.
GRETE.
So küsse mich einmal.
COURAGE.
Es soll geschwind geschehn.

Küsset sie, gehen ab.
17. Auftritt
Siebzehnter Auftritt
Graf Ehrenfried, Leonore, beide in seltsamen Hochzeitschmucke, Fortunatus als ein Hochzeitbitter, Feuerfax, Friedenschild, Mirax, Narruffsky, Pamphilius, Damastor, Kilian, Marode, Sylvester in neuen Halskrausen mit roten Schleifen, etliche Hochzeitbitter und Schalmeienpfeifer gehn voran.

EHRENFRIED.

Weil es der Himmel also beschlossen und der König will es so haben, so mag's drum sein. Sie sollen meine Gemahlin werden, hier ist meine Hand.

[326]
LEONORE.

Und hier ist meine Hand, daß ich den Herrn Grafen allezeit mit gebührender Liebe und Treue bis in das Grab werde verbunden sein.

EHRENFRIED.
Allons, Herr Kapitänleutenant respektive Herr Hochzeitbitter, lasset die Stücken losbrennen.
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, es ist keines geladen.
EHRENFRIED.
Ich hab es ja befohlen, daß Salve soll gegeben werden.
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz, es ist kein Pulver dagewesen.
EHRENFRIED.
Warum habt Ihr keins holen lassen?
FORTUNATUS.
Ja, Ihro Exzellenz, ich hab kein Geld gehabt.
EHRENFRIED.
Allons – Der Herzog von Tolle, puff! Schreiet!
ALLE.
Puff! Puff!
18. Auftritt
Achtzehnter Auftritt
Courage, Grete und die Vorigen.

COURAGE
schießet einen Puffer los.
Das Puff klinget ein bißchen besser.
EHRENFRIED.
Wer hat dir dieses befohlen?
COURAGE.
Herr Graf, das war ein Freudenschuß.
EHRENFRIED.
Wo hast du das Gewehr bekommen?
COURAGE.
Mein Herr hat's neulich in der Glücksbude gewonnen und mir verehrt.
EHRENFRIED.
Du hättest aber erst sollen um Pardon bitten.
COURAGE.

Ja, Herr Graf, das hab ich nicht gewußt. Ich dachte, weil es an ein Puff! Puff! gehet, so mußt du auch mit lospuffen.

GRETE.
Gnädiger Herr, Sie halten es ihn immer zugute, denn es ist mein Schatz.
EHRENFRIED.

Nun, weil es so ist, so mag es sein, und weil [327] du mir so lange Zeit ehrlich und treu gedienet hast, so sollt ihr morgen auf meinem Beilager mit unterlaufen, damit es euch nicht viel Unkosten verursacht.

GRETE.
Ich bedanke mich, gnädiger Herr, vor die große Gnade.
COURAGE.
Auch großen Dank, Herr Graf, vor das gute Anerbieten.
EHRENFRIED.
Herr Hochzeitbitter.
FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz?
EHRENFRIED.

Ihr möget heut noch nach Hofe gehen und den König mit seiner ganzen Hofstatt auf mein Beilager bitten.

FORTUNATUS.
Ihro Exzellenz und Hochgräfliche Gnaden, es soll geschehen.
COURAGE.
Und meinetwegen bittet ihn auch, vielleicht krieg ich auch ein Hochzeitgeschenke.
EHRENFRIED.
Ei, das war eine erschröckliche Schraube.
FORTUNATUS.

Du kannst wohl selber bitten, wen du haben willst, und darzu werden Ihro Majestät wohl fein viel von deiner Person wissen.

COURAGE.

Ei, wer weiß denn, vielleicht bin ich bei Hofe so gut bekannt als Ihr auf dem Trödel und Brannteweinhause, wo Ihr den Herrn Grafen neulich sein Petschaft vor vier Groschen verkauft habt.

EHRENFRIED.
Stille itzund von solchen Diskursen, und laßt uns auf den morgenden Tag bedacht sein.
GRETE.

Ich wollte, daß es schon morgen wäre und auch schon wieder Abend, und ich läge auch schon im Bette und schliefe und hätte meinen Schatz in Arme und wüßte auch schon, wie es ... Umfasset Couragen.

COURAGE.
Nu, nu, du wirst's ja nicht versäumen.
19. Auftritt
[328] Neunzehnter Auftritt
Herr Johannes zu den Vorigen.

JOHANNES.
Topp! Es lebe!
EHRENFRIED.
Sieh da, Bruder Poltermatz, wo kömmst du her?
JOHANNES.
Ein Schelm heißt mich so, Ihro Gnaden.
EHRENFRIED.
Du Narr, du wirst nicht böse werden.
JOHANNES.
In deinen Namen, ja.
EHRENFRIED.
Ei, du bist ein brav Mann.
JOHANNES.
Ehrlich, gottlob, das bin ich auch.
EHRENFRIED.
Du bist mein lieber Bruder, ein Schelm müßte dich tadeln.
JOHANNES.
Das war ein Wort.
EHRENFRIED.
Was bringst du denn Guts, Bruder?
JOHANNES.
Ihro Gnaden, ein klein Restchen. Langet einen Auszug aus den Schubsacke.
EHRENFRIED.
Wieviel ist es denn?
JOHANNES.
Sechzehn, gottlob. Gibt ihn den Zettel.
EHRENFRIED.
Sechzehn Kannen?
JOHANNES.
Ja, Ihro Gnaden, nicht mehr als sechzehn.
EHRENFRIED.

Höre Bruder, ich werde morgen Beilager haben, und darzu muß ich ohndem noch mehr Wein bei dir holen lassen. Nimm den Zettel nur so lange wieder zu dir und bring's hernach in eine Summa.

JOHANNES.
Was du sagst!
EHRENFRIED.
Auf mein Wort, dieses hier soll meine Gemahlin werden.
JOHANNES.
Ei nee!
EHRENFRIED.
Es ist nicht anders; wie gefällt dir denn meine Braut?
JOHANNES.
Ein wacker Mensch, schöne, wohl gewachsen und auch fein quappelich, gottlob.
EHRENFRIED.
Du wirst ja auch zu mir zur Hochzeit kommen?
[329]
JOHANNES.
Topp! Mache nur, daß es bald wird, ich will schon kommen.
EHRENFRIED.
Aber guten Wein mußt du mir zukommen lassen.
JOHANNES.
Momflere, ich will dir einen Wein lassen, desgleichen du dein Lebtag nicht getrunken hast.
EHRENFRIED.
Das wäre ja brav.
JOHANNES.
Und wenn's nicht wahr ist, so bin ich ein Schelm.
FORTUNATUS.
Das bist du auch.
JOHANNES.
In deinen Namen, ja!
FORTUNATUS.
Nein, Bruder, in deinen Namen.
JOHANNES.
Ja, du schierst mich wohl.
FORTUNATUS.
Nein, Bruder, es ist so böse nicht gemeinet, du bist ein brav Mann.
JOHANNES.
Was bin ich, he?
FORTUNATUS.
Ein brav Mann bist du.
JOHANNES.
Das war ein Wort.
EHRENFRIED.
Kommt, lasset uns fein bald zum Hochzeitschmause schicken.
Denn morgen ist der Tag, da neues Glücke lacht.
COURAGE.
Je, Gretchen, wie will ich dich an mein Herze drücken.
GRETE.
Ein Schelm, der es auch nicht fein appetitlich macht.
LEONORE.
Mein allerliebster Graf, wie halten wir's denn morgen?
An welchem Ort soll denn das Hochzeitfest geschehn?
EHRENFRIED.
Dafür laß ich allhier die Hochzeitbitter sorgen,
dieselben werden schon auf das Logis mit sehn.
JOHANNES.
Momflere, komm du zu mir und schlaf bei meiner Dicke,
laß deine Braut mit mir in deinen Namen gehn.
EHRENFRIED.
Nein, Bruder Poltermatz, ich danke für das Glücke.
JOHANNES.
Ein Schelm, der heißt mich so.
[330]
EHRENFRIED.
Du wirst a Scherz verstehn.
JOHANNES.
In deinen Namen, ja.
EHRENFRIED.
Du bist mein lieber Bruder,
ich halte viel auf dich, ich will nicht ehrlich sein.
JOHANNNES.
Momflere, und leb ich gleich bisweilen mit in Luder,
hab ich doch bei der Stadt, gottlob, den besten Wein.
EHRENFRIED.
Auf, Hochzeitbitter auf, schickt euch zum Grand-Ballette
und exerzieret noch einmal den neuen Tanz!
LEONORE.
Hernach, mein werter Graf, so gehen wir zu Bette.
GRETE.
Und morgen setz ich auf den schönsten Blumenkranz.

Ballett von des Grafens Hochzeitbittern.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Reuter, Christian. Dramen. Graf Ehrenfried. Graf Ehrenfried. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8D62-B