Marquis de Sade
Die Geschichte der Justine
oder
Die Nachteile der Tugend
(Justine ou les malheurs de la vertu)



Erster Band

[1] [Erster Band]

I. Kapitel.
(Einleitung. – Justines erstes Abenteuer.)

Es wäre die Hauptaufgabe der Philosophie, die Mittel aufzudecken, deren sich das Schicksal zur Erreichung seiner Zwecke bedient. Dann müßte sie diesem unglückseligen zweifüßigen Wesen Verhaltungsmaßregeln für seinen dornenvollen Lebensweg aufzeichnen, damit es nicht von den bizarren Launen dieses Schicksals – das man bald Bestimmung, bald Gott oder Vorsehung, dann wieder Zufall oder Vorausbestimmung genannt hat – abhängig sei.

So sehr wir auch durchtränkt sind von einer unnützen, lächerlichen und abergläubischen Ehrfurcht für unsere unsinnigen gesellschaftlichen Gebräuche, wird es doch vorkommen, daß Leute, die entweder grundsätzlich oder aus Neigung oder aus Temperament lasterhaft sind, glauben, daß es besser ist, sich dem Laster hinzugeben, als sich ihm zu widersetzen: Denn wie oft sehen sie nicht, daß Bösewichte für ihre Missetaten nur süßen Lohn ernten?

Werden sie nicht mit einiger Berechtigung sagen, daß die Tugend, so schön sie sein mag, der schlechteste Teil ist, denn man ergreifen kann, wenn sie zu schwach ist, um gegen das Laster anzukämpfen und daß in einem so verderbtem Zeitalter, wie das unsere ist, das Beste darin besteht, so wie die Anderen zu handeln? Bei mehr philosophischer Betrachtung könnten sie auch mit dem Engel Zesrad de Zadig sagen, daß es nichts Böses gibt, aus dem nicht Gutes entstünde und daß sie sich demnach dem Bösen so viel hingeben könnten, wie sie wollten, da das in Wirklichkeit nur eine Form ist, Gutes zu tun? Werden sie nicht hinzufügen, daß, wenn die Tugend vom Unglück verfolgt wird, das Laster gedeiht und beides in den Absichten der Natur liegt, es unendlich besser ist, mit den Bösewichtern zu gehen, die begünstigt sind, als mit den Tugendhaften, die zugrunde gehen.

Um diese Anschauung zu unterstützen – ein längeres Verschleiern ist unnütz – wollen wir der Oeffentlichkeit die Geschichte der tugendhaften Justine berichten. Es handelt sich darum, daß die Dummköpfe endlich aufhören, jenes lächerliche Götzenbild der Tugend anzubeten, das sie nur mit Undankbarkeit belohnt und daß Leute mit Verstand sich umso sicherer fühlen, [1] wenn sie die verblüffenden Beispiele von Glück und Wohlfahrt sehen, die das Laster und die Ausschweifung fast mit unumstößlicher Gewißheit begleiten. Es ist zweifellos peinlich, einerseits die schrecklichen Unglücksfälle schildern zu müssen, von denen die sanfte und empfindsame Frau überhäuft wird, die aufs Beste der Tugend gehorcht und anderer seits zeigen zu müssen, wie die Leute glücklich sind, die diese selbe Frau quälen und zu Tode hetzen. Aber der Schriftsteller, der genug Philosoph ist, um die Wahrheit sagen zu können, steht über diesen Unannehmlichkeiten und durch die Notwendigkeit zur Grausamkeit gezwungen, reißt er mit unbarmherziger Hand die abergläubischen Hüllen herab, mit denen die Dummheit die Tugend verschönern will, und zeigt dem unwissenden Mann, den man betrog, das Laster inmitten der Reize und Genüsse, die ihm ununterbrochen folgen.

Solche Empfindungen werden diese Schrift leiten. Und aus diesen Gründen werden wir mit der zynischesten Sprache, den unsittlichsten und gottlosesten Ideen das Verbrechen beschreiben, wie es ist, das heißt, stets triumphierend, immer zufrieden und beglückt und die Tugend wird man gleicherweise immer unglücklich, bekümmert und gepeinigt sehen.


*


Juliette und Justine, beide Töchter eines sehr reichen Pariser Banquiers, wurden bis zu ihrem vierzehnten, beziehungsweise fünfzehnten Lebensjahr in einem der berühmtesten Stifte von Paris erzogen. Dort wurde ihnen kein Ratschlag, kein Buch, keine Unterweisung vorbehalten, und sowohl die Sittlichkeit, wie die Religion und die freien Begabungen schienen jedes der jungen Mädchen für sich ausgebildet zu haben.

Zu dieser für die Tugend der beiden jungen Mädchen sehr bedrohlichen Zeit kam es, daß ihnen eines Tages plötzlich Alles fehlte. Ein vollständiger Bankerott brachte ihren Vater in eine so peinvolle Lage, daß er an dem Kummer starb. Seine Frau folgte ihm einige Monate nachher nach.

Zwei gleichgültige entfernte Verwandte berieten, was mit den jungen Waisen geschehen sollte. Ihre Erbschaft betrug, da Alles von den Gläubigern verschlungen worden war, 100 Taler für jede. Da sich niemand um sie weiter kümmern wollte, öffnete man ihnen die Pforten des Klosters und ließ ihnen die Wahl, zu werden, was sie wollten.

Die lebhafte, sehr hübsche, eitle und verdorbene ältere Juliette schien nur erfreut zu sein, nicht mehr in einem Kloster vegetieren zu müssen, ohne an die Ursachen zu denken, während die harmlosere, interessantere, vierzehnjährige Justine, die von der Natur einen düsteren und romantischen Charakter erhalten hatte, mehr das Furchtbare ihres Geschickes empfand.

Dieses junge, so vielseitig begabte Mädchen besaß die Schönheit jener wundervollen Jungfrauen Raphaels. Große [2] braune, seelenvolle Augen, eine weiche, schmelzartige Hand, eine zarte und biegsame Taille, runde und von der Liebesgöttin selbst gezeichnete Formen, eine bezaubernde Stimme und neben einem entzückenden Munde waren die schönsten Haare der Welt ihr eigen, deren Reize weit über dem standen, was die Feder leblos beschreiben kann.

Der Leser möge sich Alles vorstellen, was seine Phantasie an Verführerischem sich andeuten kann, und es wird hinter der Wirklichkeit zurückbleiben.

Man hatte beiden vierundzwanzig Stunden Frist zum Verlassen des Stiftes gegeben. Juliette war bemüht, die Tränen Justinens zu stillen. Als sie ah, daß ihr das nicht gelang, begann sie, sie auszuzanken, statt sie zu trösten. Sie warf ihr ihre Empfindlichkeit vor. Sie sagte mit weit über ihren Jahren stehenden Gedanken, daß man über nichts in dieser Welt bestürzt sein solle und daß man in sich genug starke physische Erregungen finden könnte, um solche Angriffe abzuschlagen. Daß die wahre Klugheit darin bestände, die Zahl seiner Freuden und nicht die seiner Leiden zu vermehren. Mit einem Wort, daß man nichts unterlassen dürfe, um in sich jene niederträchtige Empfindsamkeit zu ertöten, aus der bloß die Anderen Nutzen zögen, während sie uns nur Sorgen eintrüge.

»Ich,« sagte sie, indem sie sich vor den Augen ihrer Schwester auf ein Bett warf und die Röcke bis über den Nabel emporhob, »so mache ich es, wenn ich Kummer habe. Ich kitzle mich ... ich entlade und das tröstet mich.«

Der anständigen und tugendhaften Justine war diese Handlung ein Greuel. Sie wandte die Augen ab, und Juliette fuhr fort, indem sie ihr hübsches, kleines Löchelchen weiter rieb:

»Justine, du bist dumm. Du bist schöner als ich, trotzdem werde ich immer die glücklichere sein.« Nun fing die Hure an zu stöhnen und ihre junge Samenflüssigkeit, die vor den gesenkten Augen der Tugend ausgespritzt wurde, ließ die Tränen versiegen, die sie anders vielleicht ebenso wie ihre Schwester vergossen hätte.

»Du bist toll, daß du dir Sorgen machst,« fuhr dieses wollüstige Mädchen fort, indem sie sich neben Justine setzte. »Bei der Gestalt und dem Alter, das wir beide haben, ist es unmöglich, daß wir vor Hunger umkommen.« Bei dieser Gelegenheit machte sie sie auf die Tochter einer ihrer Nachbarinnen aufmerksam, die, nachdem sie aus dem Elternhaus entwichen war, heute mit glänzenden Mitteln ausgehalten wurde und zweifellos viel glücklicher war, wie wenn sie in dem Schoß der Familie geblieben wäre. »Man muß sich wohl hüten, zu glauben,« fügte sie hinzu, »daß die Heirat ein Mädchen glücklich macht. Wenn sie einmal am Altar Hymens gefesselt wurde, hat sie neben vielen Unannehmlichkeiten bloß eine sehr kleine Menge Vergnügen zu erwarten; während sie, wenn sie sich dem freien [3] Leben hingibt, sich immer vor den Gewalttätigkeiten ihres Liebhabers beschützen oder sich durch die große Zahl trösten kann.« Bei dieser Rede schauderte Justine. »Eher würde ich den Tod vorziehen,« sagte sie und soviel ihr auch ihre Schwester vorhalten mochte, sie weigerte sich hartnäckig mit ihr zusammen zu wohnen, wenn sie sich einer Lebensführung zuwenden würde, die ihr ein Greuel war.

So trennten sich also die beiden jungen Mädchen, ohne ein Wiedersehen zu besprechen. Hätte Juliette, die eine große Dame werden sollte, ein kleines Mädchen empfangen sollen, deren tugendhafte Neigungen ihr Schande gemacht hätten; und andererseits hätte Justine sich in die Gefahr begeben sollen, ihre Sitten durch die Gesellschaft eines perversen Gechöpfes verderben zu lasen, das sich der öffentlichen Lust in die Arme warf?

Wenn der Leser gestattet, verlassen wir jetzt auf einige Zeit dieses kleine wollüstige Mädchen, damit wir ausführlich die Lebensgeschichte unserer keuschen Heroine erzählen können.

Man kann leicht sagen: Es muß ein wenig Tugend in der Welt geben; und es ist für einen Biographen 1 viel angenehmer, an dem Helden, den er beschreibt, Züge von Reinheit und Wohltätigkeit zu zeigen, als den Geist ununterbrochen auf Ausschweifungen und Grausamkeiten richten zu müssen, wie der es tun muß, der in der Folge dieses Werkes die sehr skandalöse und ausschweifende Geschichte der schamlosen Juliette ausbreitet.

Justine hatte seit ihrer Kindheit eine mütterliche Freundin an der Schneiderin ihrer Mutter und so glaubte sie, daß sie auch jetzt für ihr Mißgeschick empfänglich sein würde. Sie suchte sie auf, teilte ihr ihr Unglück mit und verlangte von ihr Arbeit. Aber man wollte sie kaum erkennen und schickte sie mit rauhen Worten fort.

»Himmel,« sagte dieses arme Geschöpf, »müssen schon die ersten Schritte, die ich in der Welt mache, von Kummer begleitet sein! Diese Frau liebte mich früher, warum stößt sie mich heute zurück? Ach! Ich bin ja jetzt eine Waise und arm, ich habe keine Unterstützung mehr auf Erden und man liebt nur Leute, von denen man hofft, Annehmlichkeiten zu empfangen.«

In Tränen gebadet, wendet sich Justine an ihren Beichtvater und schildert ihm ihre Lage mit der Leidenschaft ihres Alters. Sie war weiß gekleidet, ihre Haare waren nachlässig in ein großes Tuch eingeschlagen. Ihre zart entwickelte Brust blieb dem Auge des Lüstlings durch einen doppelten Gazeschleier [4] verborgen. Ihr hübsches Gesicht war bleich durch die Aufregung und Tränen standen ihr in den Augen, was ihr Gesicht noch interessanter machte. Man konnte unmöglich schöner sein.

»Sie sehen mich, mein Herr,« sagte sie zu dem heiligen Kirchenmann, »in einer Lage, die für ein junges Mädchen fürchterlich ist. Ich habe Vater und Mutter verloren. Der Himmel hat sie mir in einem Alter entführt, indem ich ihre Hilfe am meisten benötigt hätte. Sie sind als zugrunde gegangene Leute gestorben. Ich besitze nichts mehr. Das ist Alles, was sie mir hinterlassen haben,« fuhr sie fort, indem sie ihm 12 Louis zeigte, »ich besitze kein Plätzchen auf dem ich mein armes Haupt ausruhen könnte. Sie werden mit mir Mitleid haben, nicht wahr? Sie sind ein Diener der Religion und die Religion ist der Schoß aller Tugenden. Im Namen Gottes, den ich mit allen Kräften meiner Seele liebe, im Namen des höchsten Wesens, dessen Werkzeug Sie sind, sagen Sie mir als mein zweiter Vater, was ich tun soll, was ich werden soll?« Der barmherzige Priester erwiderte darauf, indem er Justine durch sein Glas betrachtete, daß die Pfarre sehr überlastet wäre, so daß es schwierig sei, neue Almosen von ihr zu erhalten; aber wenn Justine ihn bedienen wolle, wenn sie die grobe Arbeit verrichten wolle, gäbe es immer ein Stück Brot für sie in seiner Küche. Und da der Gottesmann bei diesen Worten ihr sachte die Röcke über ihren Popo zusammengezogen hatte, um sie besser betrachten zu können, stieß ihn Justine, die seine Absichten erriet, zurück, indem sie sagte:

»Mein Herr, ich verlange weder ein Almosen noch eine Stelle als Dienerin. Ich wünschte Ratschläge, weil ich ihrer bei meiner Jugend und meinem Unglücke bedarf, aber Sie wollen Sie mir zu teuer erkaufen lassen.« Der Diener Christi, der sich schämte, durchschaut zu sein, erhob sich wütend. Er rief seine Nichte und seine Magd: »Jagen Sie mir diese kleine Schurkin hinaus,« rief er ihnen zu, »Sie werden nicht erraten, was sie mir soeben vorschlug. So verdorben schon und noch so jung! Und das einem Manne, wie ich es bin! ... Hinaus mit ihr, hinaus oder ich lasse sie verhaften!« Und die Unglückliche, Verstoßene und Beschimpfte sah sich gezwungen, ein kleines möbliertes Zimmer im fünften Stock zu mieten, um ihren Tränen freien Lauf lassen zu können. Sie bezahlte es im voraus und gab sich nun ganz ihrem Kummer hin, der umso bitterer war, als sie von Natur aus sehr empfindlich und ihr Stolz grausam beleidigt worden war.

Aber damit waren für sie die Schicksalsschläge noch nicht zu Ende. Es gibt eine Unmenge von Verbrechern in der Welt, die, statt über das Unglück eines anständigen Mädchens, weich zu werden, nur danach trachten, sie weiter zu peinigen, um sie so besser in der Gewalt zu haben. Aber von allen Unglücksfällen [5] fällen, die ihr am Anfang ihrer Laufbahn zustießen, wollen wir nur den mit Dubourg berichten, einem der herzlosesten und reichsten Leute der Hauptstadt.

Die Frau, bei der Justine wohnte, hatte sie zu ihm geschickt, als zu jemandem, deren Einfluß und dessen Reichtum am ehesten die Grausamkeit ihres Geschickes mildern könnten. Nachdem sie lange im Vorzimmer gewartet hatte, führte man sie endlich hinein. Herr Dubourg, ein dicker, untersetzter und gleich allen Geldleuten unverschämter Mann, stieg eben, mit einem Morgenrocke dürftig bekleidet, aus dem Bett. Man wollte ihn gerade frisieren. Er schickte seine Umgebung hinaus und wandte sich zu dem jungen Mädchen: »Womit kann ich Ihnen dienen, mein Kind?« fragte er sie. »Mein Herr,« erwiderte ihm unsere Kleine, ganz verwirrt, »ich bin eine arme Waise, kaum vierzehn Jahre alt und kenne schon alle Abarten des Mißgeschickes. Ich flehe Ihr Mitleid an. Helfen Sie mir, ich beschwöre Sie.« Und sie zählte mit Tränen in den Augen dem alten Verbrecher alle Leiden auf, von denen sie heimgesucht war, welche Schwierigkeiten es habe, eine Stellung zu finden und welchen Abscheu sie von diesen Stand habe, für den sie nicht geboren sei. Sie schilderte die Furcht, die sie vor der Zukunft habe und stammelte schließlich, daß sie hoffe, ein so reicher und verehrungswürdiger Mann wie Herr Dubourg werde ihr zweifellos die Existenzmittel verschaffen.

Dubourg hätte man während dieser Rede malen müssen. Da er sich für das junge Mädchen zu erhitzen begann, kitzelte er sich mit der einen Hand unter seinem Schlafrock, mit der anderen richtete er eine Lorgnette auf die sich ihm darbietenden Reize. Wenn man ihn genau beobachtete, konnte man die Grade seiner Geilheit an den Zuckungen der Gesichtsmuskeln wahrnehmen, die immer stattfanden, wenn die pathetischen Klagen Justinens lauter oder schwächer wurden.

Dieser Dubourg war ein ausgemachter Lüstling, ein Liebhaber von kleinen Mädchen, und hatte in allen Himmelsrichtungen Frauen, die ihm solches Wild zuführten. Da er nicht imstande war, sich an ihnen zu befriedigen, so richtete er sein Augenmerk gewöhnlich auf eine ebenso grausame wie seltsame Liebhaberei. Seine einzige Leidenschaft bestand nämlich darin, die Kinder, die man ihm zuführte, weinen zu sehen. Und man muß sagen, niemand auf der Welt besaß ein solches Talent, sie in diesen Zustand zu bringen, wie er. Dieser unglückselige Schuft hatte so viel Bösartigkeit in sich, daß es unmöglich für ein junges Mädchen war, sich vor seinen Ausfällen zu schützen. Die Tränen flossen dann reichlich und der überselige Dubourg fügte noch rasch einige materielle Schmerzen zu den moralischen, die er eben hervorgerufen hatte. Die Tränen rannen dann noch heftiger, wobei er entlud, indem er das Gesicht mit Küssen bedeckte, das seine Reden unter Tränen gesetzt hatte:

[6] »Sind Sie immer anständig geblieben?« fragte Dubourg und ging damit auf sein Ziel los. – »Ach, mein Herr,« erwiderte Justine, »ich wäre nicht so arm und in so bedrängter Lage, wenn ich es nicht immer gewesen wäre.« – »Also unter welchem Vorwand verlangen Sie, daß reiche Leute Sie unterstützen, wenn Sie ihnen keinerlei Dienst erweisen?« – »O, mein Herr, ich verlange ja nach nichts Besserem, als ihnen alle Dienste erweisen zu können, die die Schicklichkeit und meine Jugend mir gestatten.« – »Ich spreche nicht davon, daß Sie mir dienen sollen: dazu fehlt Ihnen das Alter und die Gestalt. Ich spreche davon, daß Sie dem Vergnügen der Männer entgegenkommen sollen. Jene Tugend, von der Sie so viel Aufhebens machen, taugt in der Welt zu nichts. Man schätzt heutzutage nur das, mein Kind, was etwas einbringt oder was ergötzt. Und welchem Nutzen oder welchen Genuß kann uns die Tugend einer Frau einbringen? Ihre Geilheit gefällt und erfreut uns, aber ihre Keuschheit langweilt uns. Wenn Leute meiner Art etwas hingeben, so geschieht es nur, um wieder zu erhalten. Und wie kann ein kleines, ziemlich häßliches und auch ziemlich dummes Mädchen, wie Sie es sind, anders lohnen, als daß sie sich ganz hergibt? Also vorwärts, hinauf mit den Röcken, wenn Sie wollen, daß ich Ihnen Geld gebe.« Und Dubourg streckte seinen Arm aus, um Justine zwischen seine Beine zu ziehen. Aber sie flüchtete nach rückwärts, indem sie unter Tränen ausrief: »O, mein Herr, es gibt also keine Redlichkeit und keine Wohltätigkeit unter den Menschen?«

»Bei Gott, sehr wenig,« erwiderte Dubourg, dessen geile Zuckungen angesichts der Tränen zunahmen. »Man ist von diesem Wahn, sich andere ohne Gegenleistung zu verpflichten, abgekommen. Man hat erkannt, daß die Freude der Wohltätigkeit nur die Wollust des Stolzes ist und man will jetzt tatsächlichere Genüsse haben. Der Ruf eines liberalen, freigebigen Mannes wiegt nicht, so glänzend er immer sein mag, die kleinste Sinneslust auf.« – »Ah, mein Herr, bei solchen Grundsätzen muß also der Unglückliche umkommen?« – »Was liegt daran! Es gibt mehr Wesen auf der Welt, als nötig sind.« – »So wäre es also besser, wenn man uns in der Wiege erwürgt hätte?« – »Sicherlich, das ist in vielen Ländern Brauch. Das war Sitte bei den Griechen und ist es bei den Chinesen. Dort werden die unglücklichen Kinder ausgesetzt oder getötet. Wozu Geschöpfe, wie Sie es sind, leben lassen, die, da sie nicht mehr auf Unterstützung seitens ihrer Eltern rechnen können oder weil sie keine mehr haben, bloß dem Staat zur Last fallen? Bastarde, Waisenkinder, schlecht versorgte Kinder müßten schon bei ihrer Geburt zum Tode verurteilt werden. Die ersten und zweiten weil sie die Gesellschaft beschmutzen und ihr eines Tages sogar verhängnisvoll werden können, und die lezteren, weil sie ihr niemals nützlich werden können. Alle sind sie für die Gesellschaft [7] Auswüchse, die sich von den gesunden Gliedern nähren, sie entkräften und erniedrigen. Sie sind wie jene Parasiten, die sich an die gesunden Pflanzen anheften und ihnen die Lebenssäfte heraussaugen. Das Almosen, das einem solchen Abschaum Nahrung zuführt, und jene reich unterstützten Häuser, die man für sie gebaut hat, sind ein schreiender Mißbrauch. Wie wenn die Menschenart so selten wäre! So wertvoll, daß mann sie selbst in ihren scheußlichsten Vertretern pflegen müßte. Mit einem Wort, wie wenn es nicht mehr Menschen auf der Welt gäbe, als nötig ist und wie wenn es nicht für das Staatsleben und die Natur viel nötiger wäre, zu zerstören als zu erhalten.«

Hier zeigte ihr Dubourg, indem er den Rock, der seine Bewegungen verdeckte, auseinanderschlug, daß sich sein kleines, schwarzes, vertrocknetes Glied, das seine Hand seit langem bearbeitete, zu regen begann. »Vorwärts,« rief er jetzt in rohem Ton, »vorwärts, hören wir auf, weiter zu schwätzen und beklage dich nicht länger über dein Schicksal, wenn es in deiner Hand liegt, es zu verbesern.« – »Aber um welchen Preis, gerechter Gott!« – »Um einen äußerst mäßigen, da es sich nur darum handelt, daß du die Röcke aufhebst und mir zeigst, was unter ihnen ist. Ein zweifellos magerer Köder, den du nicht so hoch schätzen solltest. Vorwärts, entscheide dich. Mir steht er. Ich will Fleisch sehen. Man zeige mir sofort welches oder ich werde böse.« – »Aber, mein Herr ...« – »Dummes Geschöpf, stumpfsinnige Hure, glaubst du, daß ich mit dir mehr Umstände machen werde, wie mit den anderen!« Dabei erhob er sich wütend, verriegelte die Türe und sprang auf Justine, deren Tränen reichlich flossen. Der Lüstling küsst sie ihr weg, er verschluckt diese wertvollen Tränen. Dann schürzt er ihr selbst mit einer Hand die Röcke auf, legt sie um ihre Arme, während die andere das zum erstenmale beschmutzt, was die Natur selten noch so vollendet geschaffen hat.

»Abscheulicher Mann!« schrie Justine, indem sie eine verzweifelte Bewegung zu entschlüpfen machte. »Grausamer Mann,« fuhr sie fort, indem sie die Türe aufriegelte und flüchtete, »möge der Himmel dich eines Tages strafen, wie du es verdienst! Du bist weder des Reichtums würdig, von dem du einen so niederträchtigen Gebrauch machst, noch der Luft, die du atmest, um sie durch deine Grausamkeit und deine Verbrechen zu verpesten.« Dann ging sie hinaus.

Sobald die Unglückliche nach Hause zurückgekehrt war, wußte sie nichts Wichtigeres zu tun, als sich bei ihrer Wirtin über die Aufnahme zu beklagen, die man ihr bei dem anempfohlenen Manne hatte zuteil werden lassen. Aber wir war sie erstaunt, als sie sich von die ser Elenden mit Vorwürfen überhäuft sah. »Armseliges dumme Ding,« sagte sie ihr zornig, »glaubst du, daß die Männer so verrückt sind, kleinen Bettlerinnen, [8] wie du es bist, Almosen zu geben, ohne Vorteil aus ihrem Gelde zu ziehen? Herr Dubourg hat noch zu gut an dir gehandelt. Der Teufel soll mich holen, wenn ich dich an seiner Stelle hinausgelassen hätte, ohne mich befriedigt zu haben. Aber da du von der Hilfe, die dir mein Wohltätigkeitssinn anbot, keinen Gebrauch machen willst, richte dich ein, wie es dir paßt. Du bist mir Geld schuldig: zahle sogleich oder du wanderst morgen ins Gefängnis.« – »Madame, haben Sie Mitleid!« – »Ja, ja, Mitleid. Mit Mitleid kommt man vor Hunger um. Von 500 kleinen Mädchen, die ich diesem anständigen Manne verschafft habe, bist du die erste, die mir einen solchen Streich gespielt hat. Welche Schande für mich. Dieser so anständige Mann wird sagen, daß ich meinen Beruf nicht verstehe und er hat Recht. Vorwärts, mein Fräulein, Sie müssen zu Herrn Dubourg zurückgehen. Sie müssen ihn zufriedenstellen, müssen mir Geld mitbringen. Ich werde mit ihm sprechen, ihn vorbereiten und versöhnen, soviel ich kann. Ich werde ihm Ihre Entschuldigung übermitteln, aber trachten Sie danach, sich das nächstemal besser zu betragen.«

Justine saß nun allein da und hing den traurigsten Gedanken nach. »Nein,« sagte sie zu sich, »nein, ich werde gewiß nicht zu diesem Lüstling zurückgehen. Ich bin noch nicht aller Hilfsquellen beraubt, ich besitze fast noch mein ganzes Geld und das genügt für lange Zeit zum Leben. Ich werde vielleicht bis dahin weniger harte, mitleidigere Herzen finden.« Indem sie diese Worte vor sich hinsprach, war ihr erster Gedanke, ihren kleinen Schatz zu zählen. Sie öffnete die Schublade .... »O! Himmel! Er ist gestohlen ...« Es blieb ihr nur das, was sie in der Tasche hatte, was kaum 6 Pfund waren. »Ich bin verloren,« rief sie aus. »Ah, ich sehe nur zu gut, woher der Streich kommt. Dieses niederträchtige Geschöpf will mich dazu zwingen, mich in den Schoß des Lasters zu werfen. Aber ach,« fuhr sie unter Tränen fort, »bleibt mir noch ein anderes Mittel, damit ich mein Leben fristen kann? Und sind nicht in der peinvollen Lage, in der ich mich befinde, jener Unselige oder jemand noch Bösartigerer die einzigen Wesen, von denen ich überhaupt Hilfe erwarten kann?«

In ihrer Verzweiflung ging Justine zu ihrer Wirtin hinab. »Madame,« sagte sie, »ich bin bestohlen. Bei Ihnen ist mir dieser böse Streich geschehen, aus einem Möbelstück, das Ihnen gehört, ist dieses Geld geraubt worden. Ach! Es war alles, was ich besaß. Es war der unglückselige Rest meiner väterlichen Erbschaft. Da ich dieser schwachen Hilfe beraubt bin, bleibt mir nichts als der Tod. O, Madame, töten Sie mich, ich beschwöre Sie.« – »Unverschämte Kleine!« erwiderte heftig Madame Desroches. »Ehe Sie mir solche Klagen vortragen, sollten Sie mein Haus besser kennen; Sie müssen wissen, daß es bei der Polizei in sehr guten Ruf steht und daß ich Sie auf den bloßen [9] Argwohn hin, den Sie geäußert haben, sogleich bestrafen lassen könnte, wenn ich wollte.« – »Argwohn, Madame? Ich habe keinen. Aus dem, was ich sage, spricht kein Verdacht, sondern Kummer. O, Madame, was soll aus mir werden, nachdem ich diese einzige Hilfsquelle verloren habe?« – »Werdet, was Ihr wollt, das geht mich nichts an. Es gäbe wohl Mittel, alles wieder gut zu machen, aber Sie wollen sie ja nicht benützen.« – »Aber, Madame, ich kann dienen,« erwiderte die Unglückselige mit tränenden Augen, »es ist doch nicht gesagt, daß dem Unglück nur durch das Laster aufgeholfen werden kann.« – »O ja! Das ist heutzutage das beste. Was wollen Sie im Dienst erhalten? 10 Taler im Jahr? Wollen Sie davon leben? O! glauben Sie mir, meine Freundin, auch diejenigen, die dienen, sind genötigt, zur Wollust Zuflucht zu nehmen, um sich erhalten zu können. Ich liefere jeden Tag welche von der Art. Ich bin, wie ich wohl behaupten kann, eine der besten Kupplerinnen in Paris. Es gibt keinen Tag, an welchem mir nicht 25 bis 30 Mädchen durch die Hände gehen. Das bringt mir auch etwas ein. Weiß Gott! Ich bin überzeugt, daß keine Frau meines Standes so gute Geschäfte macht, wie ich. Sehen Sie,« fuhr sie fort, indem sie der Unglücklichen 500 oder 600 Louis, für ebensoviel Juwelen und den schönsten Wäsche- und Kleiderschrank zeigte, nur der Wollust, vor der Sie so erschrecken, verdanke ich das. Teufel, es gibt heutzutage nur mehr diesen Beruf. Glauben Sie mir, schlagen Sie diesen Weg ein. Und dann ist dieser Dubourg ein braver Mann: »Er wird sie wenigstens nicht entjungfern. Er bringt sein Glied nicht mehr zum Stehen, wie wollen Sie, daß er fickt? Einige schwache Schläge auf den Popo und ein paar auf die Wangen. Und wenn Sie sich, gut bei ihm betragen, werde ich Sie mit anderen Männern bekannt machen, die Sie, bei Ihrem Alter und Ihrem Wuchs, in den Stand setzen werden, in Paris in der Karosse herumzufahren.« – »Ich habe keine so hohen Absichten, Madame,« erwiderte Justine, »ich will kein Vermögen besitzen, namentlich, wenn ich es um den Preis meiner Ehre erkaufen muß. Ich verlange nur leben zu können; und ich biete dem, der mir das gibt, alle Dienste an, die ich mit meinem Alter leisten kann, abgesehen davon, daß ich ihm aufrichtig dankbar sein werde. Ach, Madame, da Sie so reich sind, fühlen Sie doch Mitleid mit mir. Ich erbitte ja nicht, daß Sie mir ebensoviel leihen, wie ich bei Ihnen verloren habe. Geben Sie mir nur einen Louis, bis ich einen Platz gefunden habe. Seien Sie versichert, ich werde ihn zurückgeben, gleich von dem ersten Gelde, das ich verdienen werde.« – »Ich gebe dir keine zwei Sous,« sagte Madame Desroches, sehr erfreut, ihr Opfer da zu sehen, wohin ihre Niedertracht es bringen wollte, »nein, keine zwei Sous. Ich biete dir das Mittel an zu verdienen, benütze es oder du kommst ins Hospital. Herr Dubourg ist einer der Verwalter dieses Hauses [10] und es wird ihm leicht fallen, dich hineinstecken zu lassen. Guten Tag, meine Freundin,« fuhr die grausame Desroches zu einem großen und hübschen Mädchen gewandt fort, die zweifellos wegen eines Ratschlages gekommen war, »und dir, meine Tochter, auf Wiedersehen! Morgen Geld oder Gefängnis.« – »Nun, Madame,« sagte weinend Justine, »suchen Sie Herrn Dubourg auf; ich will nochmals zu ihm hingehen, ja, ich will hingehen, mein Unglück gebietet es mir. Aber indem ich mich vor dem Schicksal beuge, müssen Sie, Madame, daran denken, daß mir wenigstens das Recht bleibt, Sie zu verachten.« – »Unverschämtes Geschöpf!« rief die Desroches aus, indem sie die Tür hinter ihr zuwarf, »du würdest verdienen, daß ich mich in deine Angelegenheiten nicht länger einmischte. Aber ich tue es ja nicht für dich, so sind mir auch deine Gefühle gleichgültig.«

Es wäre vergeblich, die qualvolle Nacht beschreiben zu wollen, die Justine verbrachte. Sie hatte die Grundsätze der Religion, der Scham und der Tugend sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen und konnte sich von ihnen nicht ohne heftige Kämpfe trennen. Die traurigsten Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf, als es heftig an der Türe klopfte.

»Komm, Justine!« sagte Madame Desroches kurz, »komm zum Frühstück und danke mir für meine Botschaft. Ich habe Erfolg gehabt. Herr Dubourg ist infolge des Versprechens, das ich ihm bezüglich deiner Unterwürfigkeit gemacht habe, bereit, dich wiederzusehen.« – »Aber, Madame ...« – »Vorwärts, sei nicht kindisch. Die Chokolade wartet, folge mir nach.« Justine stieg hinunter und fand beim Frühstück als dritte Person eine sehr schöne, ungefähr 28jährige Frau. Diese geistvolle, aber verderbte und ebenso reiche wie liebenswürdige Frau wird, wie wir bald sehen werden, diejenige sein, deren sich Dubourg bedienen wird, um unser liebenswürdiges Kind vollends umzustimmen. Man frühstückte. »Sie ist ein reizendes Mädchen,« sagte Madame Delmouse, »ich beglückwünsche denjenigen aufrichtig, der so glücklich sein wird, sie zu besitzen.« – »Sie sind sehr gut, Madame,« erwiderte traurig Justine. – »Nun, nun, mein Herzchen, erröten Sie nicht so. Die Scham ist eine Kinderei, die man sorgfältig entfernen muß, sobald man das vernünftige Alter erreicht hat.« – »O! Ich bitte Sie, Madame,« sagte die Desroches, »bilden Sie dieses kleine Mädchen ein wenig aus. Sie glaubt sich verkauft und verraten, weil ich sie einem Manne versprochen habe.« – »Ah, guter Gott! welche Verirrung,« fuhr Madame Delmouse fort, »statt sich gegen diesen Gang zu sträuben, müssen Sie im Gegenteil eine unendliche Dankbarkeit für die fassen, die Sie dazu einladet. Welch falscher Gedankengang, teures Mädchen. Nehmen Sie doch Vernunft an. Wie können Sie glauben, daß sich ein junges Mädchen etwas vergibt, wenn sie sich dem hingibt, der sie begehrt. Sobald [11] sich die Leidenschaften in Ihrer Seele entzünden werden, werden Sie einsehen, daß es für uns unmöglich ist, so zu leben. Wie will man, daß eine Frau, die immer der Verführung ausgesetzt ist, dem Zauber des Genusses, der sich immer ihren Sinnen darbietet, widerstehen soll? Und wie kann man ein Verbrechen daraus machen, wenn sie unterliegt, wenn alles, was sie umgibt, Blumen über den Abgrund streut, und sie einladet, sich hineinzustürzen? Täuschen Sie sich nicht, Justine, nicht die Tugend verlangt man von uns, sondern ihre Maske, und wenn wir nur heucheln können, mehr verlangt man nicht von uns. Nicht das Opfer, das man mit seinen Sinnen der Tugend bringt, macht glücklich, was zum wahren Glück führt, ist nur der Anschein jener Tugend, zu der die lächerlichen Vorurteile des Mannes unser Geschlecht verdammt haben. Ich könnte mich dir als Beispiel vorführen, Justine. Ich bin seit 14 Jahren verheiratet. Niemals noch habe ich das Vertrauen meines Gatten verloren. Er würde meine Anständigkeit und meine Tugend bei seinem Leben beeiden. Und doch gibt es in ganz Paris keine verderbtere Frau, wie ich es bin. Es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht 7–8 Männern und gewöhnlich dreien gleichzeitig, hingebe. Es gibt keine Kupplerin, die mich nicht bedienen würde, keinen hübschen Mann, der mich nicht gehabt hätte: Und mein Gatte würde dir auf Wunsch schwören, daß Vesta weniger rein war, wie ich. Die vollkommenste Geistesgegenwart, die vollendetste Heuchelei, viel Kunstfertigkeit und Falschheit, das sind die Mittel, die mir helfen, das ist die Maske, die mir die Klugheit auf die Stirne drückt. Und ich tue das jedermann gegenüber. Ich bin eine Hure wie Messaline, man glaubt mich keusch wie Lucretia; ein Freigeist wie Vanini; man hält mich für fromm wie die heilige Therese; ich bin falsch wie Tiberius; man hält mich für aufrichtig wie Sokrates; leidenschaftslos wie Diogenes: und Apicius war temperamentvoller wie ich. Ich bete mit einem Wort alle Laster an und hasse jede Tugend. Aber wenn Du meinen Gatten oder meine Familie befragen würdest, würde man Dir sagen: Die Delmouse ist ein Engel. Aber ich sehe, es ist die Prostitution, die Dir Angst einjagt; nun so wollen wir ihre Gefährlichkeit nach jeder Richtung hin prüfen.

Fügt sich ein junges Mädchen selbst Schaden zu, wenn sie der Wollust lebt? Zweifellos nein; denn sie folgt nur den süßesten Regungen der Natur, die nicht da sein würden, wenn sie ihr schaden könnten. Hat sie denn nicht in jede Frau den Wunsch hineingelegt, sich jedem Manne hinzugeben, und gibt es eine einzige Frau, die behaupten kann, sie habe nicht das Bedürfnis, zu ficken, wie sie das Bedürfnis zu essen oder zu trinken hat? Nun so frage ich Dich, Justine, wie hat die Natur ein Verbrechen daraus machen können, wenn eine Frau den Wünschen nachgibt, die den erhebendsten Teil ihrer Existenz [12] bilden. Betrachten wir aber das ausschweifende Leben eines Wesens in Bezug auf die Gesellschaft, so glaube ich, daß es schwerlich für das andere Geschlecht eine Handlung gibt, die ihm angenehmer ist, als wenn eine Frau sich hingibt. Und wo käme dieses Geschlecht hin, wenn sich Alle weigern würden, seinen Begierden nachzukommen. Da die Männer gezwungen wären, sich zu kitzeln oder einander von hinten zu, bearbeiten, würden sie ganz auf den Verkehr mit uns verzichten. Die Ehe kann da nichts nützen; denn Du wirst mir zugestehen: Es ist für einen Mann ebenso unmöglich, sich auf eine Frau zu beschränken, wie umgekehrt. Glaube mir, Justine, glaube jemandem, der Erfahrung hat und sei überzeugt, daß ein junges Mädchen nichts Besseres tun kann, als sich Allen hinzugeben, die sie begehren, wobei sie aber, wie gesagt, die äusserliche Sittsamkeit bewahren muß. Du hast gestern der braven und ehrlichen Desroches gezürnt, weil sie an Dir Interesse hatte. Nun, meine arme Justine, was würden wir ohne diese dienstbaren Geister tun? Müssen wir ihnen nicht zu Dank verpflichtet sein für die Mühe, die sie sich mit unserer Wohlfahrt geben? Gibt es einen Beruf, den man mehr achten muß? Ist nicht dieses Talent das kostbarste, für die Gesellschaft wertvollste? Und die barmherzigen Menschen, die diese Beschäftigung haben, müßten geehrt und belohnt werden.«

»Sie sind sehr liebenswürdig, Madame,« sagte die Desroches, die vor Freude strahlte, daß man ihre Partei ergriff.

»Nein, nein, ich spreche so, wie ich denke,« erwiderte die Delmouse, »und nachdem ich den Beruf im allgemeinen gepriesen habe, muß ich Justine im besonderen beglückwünschen, daß sie Ihnen begegnet ist. Möge sie sich blindlings Ihren Ratschlägen, Madame, anvertrauen; möge sie blos Ihnen folgen und ich bürge dafür, daß sie binnen kurzem die höchsten Lebensfreuden und die Vorteile eines großen Vermögens genießen wird.«

Dieses Gespräch war kaum beendet, als es an der Tür klopfte. »Ah,« sagte Madame Desroches, die öffnete, »das ist der junge Mann, den Du von mir ver langt hast, Delmouse.« Und alsbald trat ein prachtvoller, fünf Fuß zehn Zoll hoher Mann herein, der stark wie Herkules und schön wie Amor aussah. »Er ist entzückend,« sagte unsere Lebedame, indem sie ihn betrachtete, »es handelt sich jetzt blos darum, ob er auch so viel kann, wie seine Figur verspricht. Schon seit langem habe ich nicht solche Lust zum Ficken gehabt wie heute. Sieh meine Augen an, Desroches, wie feurig sie sind. Ah, Himmel;« fuhr die Hure fort, indem sie den jungen Mann heftig küßte, »ich kann mich nicht mehr halten.« – »Das hättest Du mir früher sagen müssen,« sagte die Desroches, »dann hätte ich Dir drei oder vier solche Leute verschafft.« – »Versuchen wir erst den da,« und die Schamlose legte einen Arm um den jungen Mann, [13] den sie in ihrem Leben noch nicht gesehen hatte, mit dem andern knöpft sie ihm seine Hose auf ohne sich irgendwie zu schämen. »Madame,« sagte Justine purpurrot, »gestatten Sie, daß ich hinausgehe.« – »Nein, bei Gott nein,« sagte die Delmouse, »nein; Desroches sagen Sie ihr, daß sie bleiben soll. Ich möchte ihr gleich praktischen Unterricht erteilen, nachdem ich ihr theoretischen schon gegeben habe. Ich möchte, daß sie Zeuge meiner Vergnügen sei, und auch Du, Desroches, bist mir sogar notwendig; denn du weißt, meine Gute, daß die Einführung des männlichen Gliedes mir nur dann angenehm ist, wenn sie durch Deine Hände geschieht. Du kitzelts mich außerdem so gut, wenn ich ficke, und trägst so viel Sorge für meinen Popo und meine Scheide! Vorwärts, vorwärts, Du Hure, beginnen wir. Justine, setzen Sie sich hier vor mich hin und wenden Sie keinen Augenblick den Blick ab.« – »O, welche Folter, Madame,« rief die Arme weinend aus, »lassen Sie mich hinausgehen, ich beschwöre Sie, und glauben Sie, daß der Anblick der Greuel, die Sie begehen werden, in mir immer nur Abscheu hervorrufen wird.« Aber die schon ganz aufgelöste Delmouse widersetzte sich heftig, daß Justine hinausgehe und bald begann das Schauspiel.

Alle Einzelheiten der weitestgehenden Ausschweifung wurden vor den Augen unseres verschämten Kindes ausgebreitet. An Stelle der Desroches wurde es gezwungen, das ungeheure Glied des jungen Mannes zu ergreifen und es in die Scheide der Delmouse einzuführen. So bringt sie der kräftige Athlet fünfmal hintereinander zum Entladen, während die Delmouse ungeheures Vergnügen an dem Abscheu Justines findet.

»Donnerwetter,« sagte die Messaline, als sie sich wie eine Bacchantin erhob, »welch Vergnügen habe ich gehabt! Weißt du, Desroches, was ich jetzt gerne sehen würde? Ich möchte jetzt dies kleine Muschelchen von dem ungeheuren Glied, das mich bearbeitete, entjungfern lassen. Was sagst Du dazu?« – »Nein, nein,« erwiderte diese, »wir würden sie töten und ich hätte nichts an ihr verdient.« Während dessen gewannen unsere beiden Kämpen wieder Kräfte. Die Delmouse legte sich wieder hin und Justine wurde wieder zu ihrer Arbeit beauftragt. Man mußte es sehen, mit welchem Abscheu, welcher Mühe sie ihren Auftrag vollzog. Diesmal wollte die Hure, daß sie ihr in der Scheide kitzle. Die Desroches führte ihr die Hand, aber sie erwies sich als zu linkisch für die rasende Delmouse. »Hilf mir, hilf mir, Desroches,« rief sie aus, »ich sehe, daß ein Verführen nur dem Verstande und nicht dem Körper angenehm ist. Namentlich nicht mir, die zehn Hände wie die der Sappho und zehn Glieder wie die des Herkules nicht ermüden würden!« – Auch diese zweite Sitzung schloss mit reichlichen Opfern für Venus. Delmouse richtete sich wieder auf, ihr Reiter ging hinaus und die Desroches entschuldigte sich, indem sie ein [14] Mäntelchen umhängte, daß eine Verabredung mit Dubourg sie länger zu bleiben hinderte. »Desroches,« sagte Madame Delmouse nach einigem Nachdenken, »je mehr ich bearbeitet werde, desto wilder werde ich. Lasse mich zu Dubourg mitgehen. Ich sehne mich außerordentlich danach, zu sehen, was dieser alte Schuft erfinden wird, um sich an diesem kleinen Mädchen wieder zu beleben. Vielleicht kann ich ihm helfen. Oft ziehen ja diese alten Verbrecher mich vor, wie Du weißt.« – »Was Du von mir verlangst, ist ausführbar,« erwiderte die Desroches. »Ich kenne meinen Dubourg zur Genüge, um zu wissen, daß es ihm nicht unangenehm ist, wenn ich ihm ein hübsches Weib mehr mitbringe.« Ein Fiaker fuhr vor. Die immer erschrockene, bescheidene Justine stieg als erste ein und man fuhr fort.

Dubourg war allein.

Die Damen fanden ihn in noch weniger bekleideten Zustnde als er am Tage vorher gewesen war. Geilheit und zügellose Wollust sprachen aus seinen finsteren Blicken.

»Sie rechneten wahrscheinlich blos auf eine Frau,« sagte die Desroches beim Eintreten zu ihm, »nun ich glaube, daß es Ihnen nicht mißfallen wird, wenn ich zwei mitbringe.« »Wer ist dieses Mädchen?« fragte Dubourg, ohne sich zu stören »Eine hübsche Frau aus meiner Bekanntschaft,« erwiderte die Desroches, »deren Liebenswürdigkeit auf der gleichen Höhe mit ihren Reizen steht und die uns in der Folge bei den Zusammenkünften mit der schönen Justine nützlich sein wird.« »Wie,« sagte Dubourg, »du glaubst, daß es nicht bei einemmale bleiben wird?« »Es wäre möglich,« erwiderte die Desroches. »Nun wir wollen sehen,« sagte Dubourg, »gehen Sie hinaus, Desroches, es ist gut, setzen Sie es auf die Rechnung. Wie stehen wir denn?« »Aber, mein Herr,« sagte die Desroches, »seit drei Monaten haben wir nicht verrechnet, es macht nahezu 100.000 Franks aus.« »100.000 Franks, gerechter Gott!« »Aber der Herr möge bedenken, daß ich ihm mehr als 800 Mädchen geliefert habe; ich habe sie alle aufgeschrieben. Der Herr kennt mich wohl, er weiß wohl, daß ich ihn nicht um einen Sous betrügen könnte.« »Schön, schön, wir werden schon sehen. Aber gehen Sie jetzt Desroches, ich fühle, daß ich mit diesen beiden Frauen allein bleiben muß. Und Sie, Justine, bedanken Sie sich bei Ihrer Beschützerin, bevor sie weggeht, denn nur ihr zu Liebe erweise ich Ihnen die Gnade, mich mit Ihnen zu beschäftigen. Sie werden einsehen, daß Sie nach Ihrem gestrigen Betragen dieses Glücks nicht würdig sind. Sollten Sie aber heute meinen Wünschen auch nur den leisesten Widerstand entgegensetzen, so erwarten Sie in meinem Vorzimmer zwei Männer, die Sie an einen Ort bringen, aus dem Sie in Ihrem Leben nie wieder wegkommen werden.« Die Desroches ging. »O, mein Herr,« sagte Justine weinend und stürzte sich vor die Füße des Barbaren, »lassen Sie sich erweichen, [15] ich beschwöre Sie. Seien Sie so barmherzig und helfen Sie mir, ohne von mir das zu verlangen, wofür ich tausendmal lieber sterben würde. Gnädiger Herr, zwingen Sie mich nicht, ich flehe Sie an. Können Sie denn bei meinen Tränen Freude gewinnen? Können Sie Vergnügen finden, wo Sie Widerwillen sehen? Sie werden Ihr Verbrechen noch nicht beendigt haben und schon werden Sie bei meinem Anblick Gewissensbisse empfinden.« Aber durch das, was jetzt geschah, wurde sie am Weitersprechen gehindert. Die Delmouse, die auf Dubourgs eisernen Stirne seine Gedanken gelesen hatte, warf sich vor ihm nieder und kitzelte ihn leidenschaftlich mit der einen Hand, während sie ihm mit der anderen sokratisierte. 2

»Hölle und Teufel,« rief Dubourg furchtbar aufgeregt aus und erhob sich wie ein Rasender. »Ich soll dir Gnade gewähren, ich möchte dich eher erwürgen, du Hure!« Dabei zeigte er ein kleines vertrocknetes, schwarzes Glied, ergriff seine Beute mit rohen Händen und riß ihr alles vom Körper ab was seine wollüstigen Augen störte. Bald Beschimpfte, bald liebkoste, bald mißhandelte, bald streichelte er sie. Großer Gott! Welch' ein Anblick. Es schien als ob die Natur durch dieses Schauspiel in Justine gleich bei ihrem ersten Abenteuer jeden Schrecken von dieser Art Verbrechen erwecken sollte. Jetzt wurde sie nackt auf das Bett geworfen und während die Delmouse sie hielt, entdeckte der Lüstling plötzlich einen neuen Köder. »Warten Sie,« sagte die Schurkin, »ich merke, daß meine Röcke Sie stören. Ich werde sogleich das Ding bloslegen, das, wie es scheint, Gegenstand Ihrer Bewunderung ist. Sie wollen meinen Popo sehen. Ich begreife, ich ehre diese Neigung bei Leuten Ihres Alters.« 3

[16] »Hier ist er, mein Freund; er ist ein wenig voller wie der dieses Kindes. Aber dieser Gegensatz wird Ihnen Vergnügen bereiten. Wollen Sie sie nebeneinander sehen?« – »Teufel, ja,« erwiderte Dubourg, »setzen Sie sich auf Ihre Schultern, damit sie ruhig liegen bleibt und ich werde versuchen, ihr ihn von hinten hineinzustecken und Ihnen dabei die Arschbacken zu küssen. – Ja, so ist es richtig,« fuhr der Lüstling fort, indem er sowohl auf den einen wie den anderen Popo ein paar Schläge versetzte, »und nun wollen wir sehen, ob ich die Sodomie zu Stande bringe.« Der Schuft versucht, aber sein heftiges Feuer erlischt bei den Schwierigkeiten des Unternehmens. Der Himmel rächt Justine für die Vergewaltigungen, die sie erleiden sollte und der Kräfteverlust des alten Lüstlings bewahrt dieses unglückliche Kind davor, hingeopfert zu werden.

Dubourg wurde nunmehr noch ausfallender. Er gab Justine Schuld an seiner Schwäche und versuchte durch neue Beleidigungen und Schmähungen den Verlust wieder zu ersetzen. Die Ungeschicklichkeit Justines ärgerte ihn. Aber selbst der Delmouse mit all ihrer Kunst gelang es nicht in dieses entkräftete Glied Leben hineinzujagen. Sie drückte, kitzelte, leckte, nichts half diesem schlappen Ding auf. Allen dreien gelang es nicht, diesem unglückseligen Glied das majestätische Aussehen zu geben, das zu einem neuen Angriff nötig ist. Endlich gab es Dubourg auf. Er ließ sich von Justine versprechen, am nächsten Tage wiederzukommen, und um sie besser dafür zu stimmen, wollte er ihr keinen Sou geben. Man übergab sie der Desroches, während die Delmouse bei Dubourg blieb, der sich, nachdem er gut gespeist hatte, an dieser hübschen Frau für das Vergangene rächte. Es kostete zwar von beiden Seiten viel Anstrengungen, aber schließlich ging alles von Statten und der wundervolle Popo der Delmouse empfing das, was eigentlich für den jugendlicheren Justinens bestimmt war. Diese erklärte, als sie zu Hause angelangt war, ihrer Wirtin, daß, sollte sie selbst vor Not umkommen, sie sich niemals mehr solchen Szenen aussetzen wolle. Von neuem schmähte sie den Verbrecher, der mit ihrem Elend solchen Mißbrauch trieb. Aber das Verbrechen triumphiert, lacht über die Angriffe des Unglücks und zeigt dem Menschen, der zwischen Jugend und Laster wählen will, daß das letztere der einzig wahre Weg zum Glücke ist.

[17]

II. Kapitel.
Neue Angriffe auf Justines Tugend. – Wie der Himmel sie für ihr unverletzliches Pflichtgefühl belohnt.

Bevor wir fortfahren, erscheint es uns wesentlich die Leser vorzubereiten. Die meisten werden zweifellos erraten haben, daß der erwähnte Diebstahl ein Werk der Desroches war. Aber wovon sie vielleicht nicht überzeugt werden, ist, daß Dubourg an dieser Geschichte beteiligt war. Auf den Rat dieses Sünders hatte die Desroches gehandelt. »Sie ist uns unfehlbar ausgeliefert, wenn wir sie aller Hilfsmittel berauben,« hatte er ihr gesagt und so grausam diese Berechnung war, so sicher stimmte sie. Als Dubourg mit der Delmouse zusammen speiste, erzählte er ihr von dieser kleinen Missetat, und ihr in diesen Dingen erfinderischer Kopf begeisterte sich lebhaft. Das Endergebnis der Unterredung war, daß die Delmouse versprach, alles aufzubieten, um Justine während der drei Monate zu sich nehmen zu können, während derer ihr Mann auf dem Lande war. Während dieser Zeit sollte Dubourg neue Angriffe auf sie versuchen und würden auch diese nicht gelingen, so wollte man furchtbare Rache nehmen, damit, wie Dubourg sagte, auch in diesem Abenteuer die Tugend so mißhandelt werde, wie sie es immer sein sollte, wenn sie dem Laster entgegenzutreten wagte. Von da an arbeitete die liebenswürdige Frau an der Verwirklichung dieses Vorhabens, und da ihr dei Gedanke, Justine in den Abgrund zu ziehen, großes Vergnügen bereitete, kam sie am nächsten Tag zur Desroches frühstücken. »Sie haben gestern mein Interesse erregt,« sagte die Heuchlerin zu Justine, »ich glaubte nicht, daß man so außerordentlich keusch sein könne. Wahrhaftig Sie sind ein Engel der eigens vom Himmel geschickt ist, um die Menschen zu bekehren. Bisher habe ich mich vor Ihnen blos als ausschweifende Person gezeigt, aber, ich muß gestehen, ich habe mich durch ihr Beispiel plötzlich geändert. Und bei Ihrem Leben beschwöre ich, daß Sie mich von jetzt ab immer als Reuige und Tugendhafte sehen werden. O, Justine, willst du dich mit mir vor der Welt zurückziehen? Ich will immer dein großes Beispiel vor Augen haben, damit das Werk der Bekehrung rascher vollendet ist.«

[18] »Ach Madame,« erwiderte Justine, »ich bin nicht darnach angetan, als Beispiel zu dienen. Und wenn Ihre Aenderung aufrichtig ist, so verdanken Sie das dem höchsten Wesen und nicht mir. Ich danke Ihnen vielmals für die Zuflucht, die Sie mir anbieten und ich hoffe, daß meine Dienste ihre Woltat ausgleichen können.« Die Desroches, die von der Delmouse eingeweiht war, hatte Mühe, bei dieser Komödie nicht in Lachen auszubrechen. Sie beglückwünschte Justine zu ihrem Erfolg und nachdem die Schuld beglichen worden war verließen Justine und die Delmouse das Haus.

Madame Delmouse bewohnte ein prachtvolles Haus. Dienerschaft, Pferde und die sehr kostbare Einrichtung zeigten Justine bald, daß sie bei einer der wohlhabendsten Frauen von Paris war.

»Weil ich älteren Dienstboten zu Dank verpflichtet bin,« sagte die Delmouse, »ist es mir unmöglich, Sie gleich die obersten Stellen in meinem Haushalt einnehmen zu lassen. Aber Sie werden auch dazu gelangen, mein Engel, und glauben Sie, daß ich Ihnen trotz der Untergeordnetheit, in der Sie sein werden, nicht weniger Beachtung zuteil werden lassen werde. Sie werden in meiner Garderobe beschäftigt sein,« fuhr die Delmouse fort, »und wenn Sie sich gut aufführen, erhebe ich Sie auf den Posten meiner dritten Kammerjungfrau.« – »O, Madame,« erwiderte Justine verwirrt, »ich hätte nicht gedacht ...« – »Ach ich sehe Stolz an Ihnen, Justine; sind das die Tugenden, die ich von Ihnen erwartete?« – »Sie haben Recht, Madame, Demütigkeit ist die erste Tugend. Befehlen Sie, daß man mir mitteilt, welcher Art meine Arbeit ist und seien Sie versichert, daß sie von mir genau ausgeführt werden wird.« – »Ich werde Sie selbst einführen, mein teures Kind,« erwiderte die Delmouse, indem sie Justine in zwei hinter den Glasnischen des Boudoirs angebrachte Zimmerchen führte. »Sehen Sie, hier ist der Ort, der auf Ihre Pflege wartet,« sagte sie, indem sie ein mit Bidets und Badestühlen angefülltes Kabinet öffnete, »hier handelt es sich nur um die Instandhaltung. In jenem anderen,« fuhr die Delmouse fort, »kommt noch ein etwas weniger anständiger Umstand dazu. Sie sehen, das ist ein Leibstuhl, es gibt derartige nach englischer Art, aber ich ziehe den hier vor. Sie werden schon erraten haben, welcher Art Ihre Dienste hier sind und daß Sie sich auch mit jenen Porzellangefäßen befassen werden müssen, die kleineren Bedürfnissen dienen. Aber ich muß Ihnen noch von einer Sache Mitteilung machen, die mir zur Gewohnheit geworden ist, und die ich nicht ohne Kummer vermissen würde.« – »Und worum handelt es sich, Madame?« – »Du mußt immer zugegen sein, wenn ich entleere und ... den Rest will ich dir ins Ohr sagen, mein Kind, denn ich erröte angesichts deiner Tugend ... du mußt mit diesem Koton hier die [19] Flecken wegbringen, die diese schmutzigen Notwendigkeiten unbedingt mit sich bringen.« – »Ich selbst, Madame?« – »Ja, mein Kind, du selbst. Deine Vorgängerin tat noch viel Schlimmeres; aber dich, meine teure Justine, achte ich ja, du bist tugendhaft und das flöst mir Scheu ein.« – »Nun, was machte denn meine Vorgängerin?« – »Sie machte dasselbe, aber mit ihrer Zunge.« – »Ah, Madame!« – »Ja, ich fühle wohl, daß das hart ist, aber dahin führen uns die Verweichlichung, Schwelgerei und die Vernachlässigung aller sozialen Pflichten. Aber ich bessere mich, meine Teure, ich bekehre mich und dein erhabenes Beispiel wird das Wunder bewirken. Du wirst gut gehalten werden, Justine, du wirst mit meinen Frauen zusammen speisen und hundert Taler im Jahre erhalten. Genügt das?« – »Ach! Madame,« erwiderte Justine, »eine Verunglückte handelt nicht. Jede Hilfe, die ihr zuteil wird, ist ihr Recht.« – »O, Sie werden mit allem zufrieden sein, Justine, ich verspreche es Ihnen,« erwiderte die Delmouse. »Aber ich vergaß ganz Ihnen Ihr Zimmer zu zeigen. Es schlißt gleich an die beiden Kabinette an. Hier ist es. Es ist eine Art Festung; ganz abgeschlossen. Hier ist Ihr Bett, hier die Klingel, wenn ich Sie benötige. Ich lasse Sie jetzt allein, mein Herz, glücklich, daß ich etwas zu Ihrem Wohlbefinden beitragen konnte.« Kaum war Justine allein, als sie in Tränen ausbrach. »Wie,« sagte sie sich angesichts der eben ausgestandenen Erniedrigung, »diese Frau, die mich in ihr Haus aufnimmt, weil sie angeblich meine Tugend schätzt, gefällt sich darin, mich so tief zu demütigen. Ach warum muß es Leute geben, die gezwungen sind, anderen so erniedrigende Dienste zu leisten. O, süße Brüderlichkeit dei Natur, wirst du niemals unter den Menschen herrschen?«

Man rief Justine zum Mittagessen und dabei machte sie die Bekanntschaft ihrer drei Genossinen, die alle drei schön wie die Engeln waren. Am Abend begann sie ihre ehrenvolle Tätigkeit. Sie führte den Schwamm wusch und reinigte und alles geschah derart lautlos, daß sie sich sehr verwunderte. Es schien, als ob es unter der Würde der Frau Gräfin Delmouse läge, mit ihrer Dienerin zu sprechen.

Bald bemerkte die arme Waise, daß die Beispiele von Tugend, die man von ihr zu sehen gewünscht hatte, um sie nachzuahmen, noch keine Heilige aus ihrer verehrungswürdigen Herrin gemacht hatten. Die Schurkin zog aus der Abwesenheit ihres Gatten allen möglichen Nutzen und legte sich keinerlei Mäßigung auf. Wüste Orgien spielten sich ab und einmal schlüpften zwei oder drei junge Männer sogar in die Kabinette, in denen gerade Justine ihrem Dienst nachkam. Es kam zu Tätlichkeiten, aber als sich Justine darüber beklagte, hörte man ihr kaum zu. Eines Tages glaubte sie die Stimme Dubourgs zu hören. Sie lauschte, konnte aber nichts unterscheiden. [20] Er war es, aber die Vorsichtsmaßregeln waren gut gewählt und so war alles, was sich gegen sie abspielte, mit dem dichtesten Schleier des Geheimnisses umhüllt.

Sie führte ungefähr zwei Monate dieses ruhige und gleichmäßige Leben, als Madame Delmouse, die sich nicht mehr halten konnte, eines Abends ganz erhitzt vom Weine, zu ihr herein trat. »Justine,« sagte sie mit milder Miene, »die Stelle meiner dritten Kammerjungfrau wird bald frei werden. Suzanne, die sie inne hatte, hat sich in meinen ersten Bedienten verliebt. Ich verheiratete die Beiden. Aber, mein Kind, wenn Du vorrücken willst, mußt Du mir Gefälligkeiten leisten, die sehr verschieden von denjenigen sind, die bisher die Grundlage deines Dienstes bildeten.« – »Und worum handelt es sich, Madame?« – »Du mußt mit mir schlafen, Justine, Du mußt mich kitzeln.« – »O, Madame, ist das die Tugend?« – »Wie, Du bist von dieser Chimäre noch nicht abgekommen?« – »Eine Chimäre, Madame? ... Die Tugend eine Chimäre?« – »Sicherlich ist sie das, mein Engel. Die einzigen Naturgesetze sind unsere Leidenschaften. Einen Augenblick glaubte ich, die heftige Lieb, die du mir einflößt, besiegen zu können; ich glaubte, daß Deine bloße Anwesenheit die Schmerzen mildern könnte, die Deine Augen in meinem Herzen hervorgerufen haben; aber Deine Unempfindlichkeit regte mich umso mehr auf. Ich kann meine Leidenschaften nicht mehr zügeln, ich muß sie um jeden Preis befriedigen. Komm, folge mir nach, himmlisches Mädchen.« Und die Delmouse zog Justine trotz ihres Sträubens in ihre Zimmer. Es gab nun nichts, was die Verführerin nicht anwendete, um das junge Mädchen von ihrer Tugend anzubringen. Geschenke, Versprechungen, Schmeicheleien, Alles wurde in Bewegung gesetzt. Aber vergeblich. Die Delmouse mußte einsehen, daß nichts fähig war, Justines Tugend umzustossen. Von diesem Augenblick an, wandelte sich aber, wie bei allen Personen ihres Schlages, die Wollust in Wut. 4

»Niederträchtiges Geschöpf,« sagte sie zu ihr, schäumend vor Zorn, »ich werde Dir mit Gewalt entreissen, was Du mir [21] gutwillig nicht geben willst.« Sie klingelte. Zwei Frauen erschienen, die schon vorbereitet waren. Fast nackt wie die Delmouse, mit aufgelösten Haaren, Bacchantinnen gleichend, er griffen sie Justine und entkleideten sie. Delmouse kniete nun nieder und, würde man es glauben? ... Die Niederträchtige! ... sie leckte Justine, indem sie ihr einen Finger ins Arschloch steckte. Eine der Frauen mußte ihr die Clitoris kitzeln, die andere die zwei kaum erblühten Brüste des bezaubernden Mädchens. Aber noch sprach die Natur nicht in dem unschuldigen Herzen der Waise. Kalt, unempfindlich gegenüber allen versuchten Angriffen, antwortete sie auf die Anstrengungen der lüsternen Frauen nur mit Seufzen und Tränen. Bald wurden die Stellungen gewechselt. Die schamlose Delmouise setzte sich rittlings auf die Brust des schönen Kindes und drückte ihr die Schamlippen auf den Mund. Eine der Frauen kitzelte sie gleichzeitig vorne und hinten, die andere half Justine zum Entladen zu bringen, deren hübsches Gesicht zweimal von den unreinen Samenergüssen der Delmouse überschwemmt wurde, die wie ein Mann entlud. Alles das war Justine ein Greuel. Nichts war imstande, sie aufzuregen. Aber dadurch wurde die Delmouse in noch mächtigere Wut versetzte. Sie ergriff Justine bei den Haaren, zerrte sie in ihr Zimmer und sperrte sie dort auf mehrere Tage bei Wasser und Brot ein. Bei alledem hatte Madame Delmouse nur an die Befriedigung ihrer Leidenschaft gedacht. Sie hatte ihr Uebereinkommen mit Dubourg fast aus den Augen verloren, aber die Hoffnung auf Rache brachte der Delmouse ihr Versprechen wieder in Erinnerung. Sie freute sich bei dem Gedanken, dieser Unglücklichen einen Feind mehr bereiten zu können.

Am achten Tag ließ die Delmouse Justine frei. »Nehmen Sie Ihre Tätigkeit wieder auf,« sagte sie in ernstem Tone, »und wenn Sie sich gut aufführen, kann ich vielleicht das Geschehene vergessen.« – »Madame,« erwiderte Justine, »ich würde es gerne sehen, wenn Sie meine Stelle jemandem Anderen übergeben würden. Ich merke nur zu sehr, daß ich Ihr Gefallen nicht werde erringen können.« – »Dazu bedarf ich zwei Wochen Zeit,« sagte Madame Delmouse, »tun Sie Ihren Dienst bis dahin ordentlich, dann will ich Sie ersetzen lassen.« Justine war zufrieden und die Ruhe war wieder hergestellt.

Ungefähr fünf Tage vor Ablauf dieser Frist befahl Madame Delmouse Justine vor dem Schlafengehen zu sich: »Haben Sie keine Angst, Fräulein,« sagte sie zu ihr, da sie ihre Aufregung bemerkte, »ich will mich nicht ein zweitesmal Ihrer Mißachtung aussetzen.« Justine trat ein. Aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie Dubourg halbnackt inmitten der beiden Weiber der Delmouse sah, die beide eifrig bestrebt waren, seine Leidenschaften zu befriedigen. Wie wurde ihr, als sie die Türen hinter sich schließen hörte und aus dem Ton der Reden und den Gesichtsausdrücken[22] nichts wie Unheil entnahm! »Oh, Madame!« rief sie aus, indem sie der verruchten Frau zu Füßen fiel, »welche neue Falle haben Sie mir gestellt? O großer Gott! Welch Verbrechen begehen Sie gegen alle menschlichen und göttlichen Gesetze!« »O, das wird noch ganz anders werden!« rief Dubourg aus, indem er seine unsauberen Lippen auf den zarten Mund Justines preßte, die mit Abscheu flüchtete. Aber man ergriff sie, riß ihr die Kleider herab und bald stand sie nackt vor den lüsternen Absichten Dubourgs da.

Der Finanzmann war sicher, heute zwei Nummern zu machen und wollte damit die beiden Entjungferungen an Justine verbinden. Zuerst wurde ihm die Scheide dargeboten. Er trat an Justine unter Führung der Delmouse heran, die sein Schwert in Händen hielt, um es selbst in das Opfer einzuführen. Aber der Schuft wollte zuerst sein Idol, den Hintern, sehen. Und der Justines war so schön! Man deckte ihn auf und er schlug und kniff, ohrfeigte sein Opfer und griff sogar die drei Schönheiten an, die ihn umgaben. Unglücklicherweise kitzelte man ihn während dieses Vorspiels sehr geschickt und ach! obwohl alles gut vorbereitet war und er noch Zeite hatte, sich auf Justine zu werfen, war Alles umsonst. Die Waffe knickte zusammen, sowie sich die Flüssigkeit entleerte, die ihr den Halt gegeben hatte. Dubourg, der mächtig entlud, verlor dabei den Kopf. Er besaß nicht mehr genug Geistesgegenwart und nicht genügend Kraft, um ihn geradeaus hineinzustecken. »Ah, Teufel noch einmal, verfluchte Schweinerei!« schrie er, indem er die arme Justine mit Faustschlägen bearbeitete und ihre Scheide mit Samen übergoß, »mein Plan ist nicht gelungen.«

»Habe keine Angst, Dubourg,« sagte die Delmouse, »der Gott oder der Teufel, der diese kleine Hure beschützt, wird nicht immer Sieger bleiben. Kräftige Dich, ich weiß dazu Mittel und Wege!« Gleichzeitig rieb sie ihm die Hoden mit einer Flüssigkeit ein und ließ ihm eine Brühe verabreichen, deren Wirkung, wie sie behauptete, unzweifelhaft war. An diese Reizmittel schlossen sich neue Liebkosungen der drei Frauen an. Da diese nichts außeracht ließen, was zum Ziele führen konnte und man den schönen, nackten Körper Justines auch noch mitverwendete, gelang es bald, das Glied Dubourgs wieder zum Stehen zu bringen. Da er vorhin die Scheide als Ziel gewählt hatte, zeigte sie man ihm wieder. »Nein, nein, ich will den Popo haben!« rief er aus, »diese Dreckscheide hat mir Unglück gebracht, ich hasse sie. Nur her mit dem Hintern, meine Freundinnen, nur den Arsch will ich ficken!« Nachdem sein Wunsch erfüllt worden war, drückte der geile Bock vorerst einige Küsse auf die entzückenden kleinen Arschbacken Justines, die bewiesen, welche Macht dieser Körperteil über ihn besaß. Dann ergriff die Delmouse sein Glied und während die beiden Weiber die Arschbacken auseinanderhielten, trachtete sie, es einzuführen. [23] Schon entlockten die ersten Angriffe Justine furchtbare Schreie, da entwand sie sich den Armen, die sie halten wollten, und stürzte sich unter schmerzlichem Schluchzen unter das Bett. Hier verteidigte sich unsere Heldin wie in einer Festung und gibt den Belagerern zu erkennen, daß sie eher umkommen wolle, als daß sie sich ergäbe. Der grausame Dubourg schlug mit einem Spazierstock nach ihr, aber sie war gewandter wie ein Aal und wich jedem Schlag aus. »Man muß sie erdrücken,« sagte Dubourg. »Man muß sie unter den Matrazen ersticken.« Aber die Natur machte zum zweitenmal die verbrecherischen Hoffnungen Dubourgs, der sich ununterbrochen das Glied rieb, zunichte. Er fand kaum Zeit, sich in den Popo des einen hübschen, siebzehnjährigen Mädchens zu stürzen und schon erlosch sein Feuer derart, daß Justine hoffen konnte, den Rest der Nacht in Ruhe zu verbringen. Aber noch immer zitterte die Unglückliche. Nichts könnte sie bewegen, ihre Zuflucht zu verlassen, bevor sie sich nicht bezüglich Dubourgs vergewissert hatte. Endlich flüchtete sie in ihr Zimmer, schluchzend und die Delmouse anflehend, sie aus einem Dienst zu entlassen, in dem ihre Tugend jeden Augenblick so harten Prüfungen ausgesetzt war. Die Delmouse antwortete überhaupt nicht.

Ohne zu bedenken, daß sich die Rache der Verbrecher unausbleiblich an ihrem Haupte vollziehen würde, nahm Justine auf Zureden ihrer Genossinnen ihre Tätigkeit wieder auf.

Madame Delmouse hatte die Gewohnheit, wenn sie in ihre Garderobe ging, ihre prachtvolle, mit Diamanten besetzte Uhr auf einen Schrank zu legen. Sobald sie fertig war, steckte sie sie wieder ein, vergaß sie auch öfters und dann brachte sie ihr Justine alsbald nach. Drei Tage nach dem Ereignis, das wir soeben erzählten, geriet die Uhr von Madame Delmouse in Verlust und fand sich diesmal nicht wieder. Man befragte Justine, die auf ihre bewiesene Redlichkeit hinwies. Die Delmouse sagte kein Wort. Aber am Abend des nächsten Tages hörte Justine, nachdem sie sich mit tränenden Augen auf ihr Bett geworfen hatte, um einige Augenblicke der Ruhe zu genießen, die Tür öffnen. Gerechter Gott! Es war ihre Herrin, die einen Kommissär und Schutzleute hereinführte. »Tun Sie Ihre Pflicht,« sagte sie zu dem Diener der Gerechtigkeit. »Dieses unglückselige Mädchen hat meine Uhr gestohlen, Sie werden sie bei ihr oder in ihrem Zimmer finden.« – »Ich – Sie bestohlen, Madame?« sagte verwirrt Justine, indem sie sich verzweifelt auf ihr Bett warf. »Ah, wer könnte mehr von meiner Redlichkeit und meiner Unschuld überzeugt sein, wie Sie?« Dabei fielen ihre erschreckten Augen unwillkürlich auf einen der vier Männer, die dem Kommissär als Begleitung dienten und – Großer Gott! – in ihm erkannte sie Dubourg. Er war es, dieser unersättliche Lüstling, der unter dieser Verkleidung selbst kam, um die Verzweiflung und den Schmerz seines Opfers zu sehen. [24] »Ich bin verloren,« sagte Justine, als sie ihn erkannte. Sie wollte weiter sprechen, allein die Delmouse machte solchen Lärm, daß man unsere unglückliche Waise nicht hörte. Nun forschte man nach und die Uhr fand sich wirklich. Dubourg, der sie selbst versteckt hatte, zeigte sie dem Kommisär unter der Matraze. Bei Beweisen von solcher Särke gab es nichts zu erwidern. Justine wurde ergriffen und Dubourg streitet sich mit seinen Kameraden um die Ehre, sie selbst knebeln zu dürfen. Dicke Stricke zerrissen, zerfetzten die Hände der Unschuld. Ja, der Verbrecher soll sogar die Kühnheit gehabt haben, die Hände, die er fesselte, seiner Hose zu nähern, um ihnen die Wirkung dieses grausamen Schauspiels auf seine erregten Sinne zu zeigen.


Ohne sich verständlich machen zu können, wurde Justine in einen Fiaker geworfen. Dubourg und sein Kammerdiener begleiteten sie unter der Maske von Soldaten nach den Gefängnissen, in die sie beide eher hineingepaßt hätten. Sobald Dubourg im Wagen war, verübte er Grausamkeiten, die man sich nicht vorstellen kann. Justine war wehrlos und Themis selbst beschützte das Verbrechen. Mit Hilfe des Kammerdieners wurden ihr die Röcke aufgeschürzt und Dubourg küsste, schlug und mißhandelte sie am ganzen Körper. Aber wieder wurde der Altar mit dem Opfertrank begossen, der fürs Heiligtum bestimmt war und den zu großer Eifer nicht an seinen Bestimmungsort gelangen ließ. Endlich langte der Fiaker an. Man stieg aus und unsere Heldin wird als Diebin eingesperrt ohne daß sie auch nur ein Wort zu ihrer Rechtfertigung vorbringen konnte.


Mit einem Unglücklichen, der keinen Einfluß hat, wird kurzer Prozeß gemacht Justine konnte sich soviel sie wollte verteidigen: Ihre Herrin klagte sie an, die Uhr hatte sich in ihrem Zimmer gefunden; es war klar, daß sie sie gestohlen hatte. Als sie vorbringen wollte, wie man ihre Ehre angegriffen habe wie sich Dubourg verkleidet und was er während der Ueberführung getrieben habe, hielt man ihr entgegen, daß Herr Dubourg und Madame Delmouse seit langem als achtbare, solcher Greuel unfähige Leute bekannt seien. Sie wurde also nach der Conciergerie gebracht, wo ihre Hartnäckigkeit mit Entziehung ihrer Freiheit belohnt wurde. Erst ein neues Verbrechen sollte sie retten. Alle Klagen und Beschwerden Justines über ihre Verderber waren vergeblich. Ja der Himmel überschüttete diese Schufte sogar im Gegenteil mit Glück. Die Delmouse erbte einige Tage später von einem Onkel 50.000 Pfund Rente und Dubourg erhielt von der Regierung eine neue Einnahmequelle, die seine Einkünfte um 400.000 Frank jährlich erhöhte.


Es ist also doch wahr, daß die Wohlfahrt das Verbrechen begleitet und belohnt und daß auch inmitten der Verderbnis und des Verbrechens das heimisch sein kann, was die Menschen [25] Glück nennen. Wie viele Beispiele für diese traurige Wahrheit werden wir noch aufzuzählen haben! 5

III. Kapitel.
Ein Ereignis, das die Ketten Justines bricht. Neue Gefahren für ihre Keuschheit. Sie wird Zeuge von Niederträchtigkeiten und entschlüpft endlich den Verbrechern, mit denen sie ihr Unglücksstern zusammengeführt hat.

Justine war in ihrem Gefängnis mit einer ungefähr dreißigjährigen Frau zusammen, die ebenso durch ihre Schönheit, als durch ihren Geist und die Art ihrer zahllosen Vergehen hervorstach. Sie hieß Dubois und war so wie Justine auf ihr Todesurteil gefaßt. Justine hatte diesem Geschöpf eine Art Interesse eingeflößt, das zwar das Verbrechen zur Grundlage hatte, aber in der Folge doch die Tugend befreite.

Eines Abends, vielleicht zwei Tage bevor beide ihr Leben verlieren sollten, sagte die Dubois zu Justine, sie moge sich nicht schlafen legen, sondern sich unauffällig so nahe als möglich dem Gitter aufhalten. »Zwischen 7 und 8 Uhr,« fuhr sie fort, »wird in der Conciergerie Feuer ausbrechen. Dafür habe ich gesorgt. Zweifellos werden viele Menschen umkommen, aber was liegt daran, wenn es sich um unser Wohl handelt. Ich kenne nicht dieses Band einer lächerlichen Brüderlichkeit, das die Menschendank ihrer Schwäche und dem Aberglauben, bindet. Handeln wir jeder für uns, meine Tochter, so wie uns die Natur geschaffen hat und wenn manchmal unsere Bedürfnisse uns anderen näher führen, trennen wir uns, wenn es unser Interesse erfordert; denn der Egoismus ist das oberste, gerechteste und heiligste Naturgesetz. Mit einem Wort, inmitten des Todes und der Flammen wollen wir – vier meiner Kameraden, du und ich – uns retten. Ja, ich verspreche es dir, wir werden uns retten. Was kümmert uns-, was aus den Uebrigen wird!«

Durch eine jener unbegreiflichen Launen des Geschicks war es, nachdem es eben die Unschuld an unserer Heldin bestraft hatte, jetzt dem Verbrechen dienstbar. Das Feuer brach tatsächlich in furchtbarem Maßstabe aus und sechzig Personen verbrannten. Aber Justine, die Dubois und ihre Mitverschworenen retteten sich und erreichten noch in derselben Nacht die [26] Hütte eines Holzhauers im Walde von Bondy, der ein guter Freund der Verbrecherbande war.

»Du bist nun frei, Justine,« sagte jetzt die Dubois, »du kannst dir jetzt dein Leben einrichten, wie du willst. Aber wenn du meinem Rat folgst, mein Kind, so verzichtest du auf diese Tugendäußerungen, die, wie du siehst, dir noch niemals geholfen haben. Ein lächerliches Feingefühl, da es sich doch nur darum handelte, gefickt zu werden, brachte dich bis an die Stufen des Schaffots. Ein schreckliches Verbrechen rettet dich vor ihm. Sieh' also, wozu gute Handlungen in der Welt dienen und ob es der Mühe wert ist, sich dafür aufzuopfern. Du bist jung und hübsch, Justine. In zwei Jahren will ich dein Glück gemacht haben. Wenn man diesen Weg machen, will, muß man mehr als ein Handwerk kennen. Der Diebstahl, Mord, Raub, Brandstiftung, Hurerei, Ausschweifung, das sind die Tugenden unseres Standes. Ueberlege es dir, teures Mädchen, und gab uns bald Antwort. Denn es ist in dieser Hütte wenig sicher und wir müssen noch vor Tagesanbruch fort.« – »O, Madame,« erwiderte Justine, »ich bin Ihnen sehr zu Danke verpflichtet und weit davon entfernt mich dem entziehen zu wollen. Sie haben mir das Leben gerettet. Es ist schrecklich für mich, das dies durch ein Verbrechen geschah. Glauben Sie mir, daß, wenn ich es hätte begehen müssen, ich hundert Tode vorgezogen hätte. Ich merke wohl, welchen Gefahren ich durch meine Tugend ausgesetzt war. Aber wie groß immer sie gewesen sein mögen, ich werde sie auch weiterhin dem Glück vorziehen, das man durch ein Verbrechen erreichen muß. Es gibt in mir moralische und religiöse Grundsätze, die – dem Himmel sei Dank! – mich niemals verlassen werden. Wenn Gott mir Prüfungen schickt, so geschieht es, um mich in einer besseren Welt zu entschädigen. Diese Hoffnung tröstet mich, sie stärkt mich und läßt mich allen Leiden trotzen.«

»Tod und Teufel!« rief die Dubois mit gerunzelten Augenbrauen aus, »das sind unsinnige Gedanken, die Dich bald ins Gefängnis bringen werden. Laß Deinen niederträchtigen Gott laufen, meine Tochter; seine himmlische Gerechtigkeit, seine Belohnung und Bestrafung, alles das sind Plattheiten, die nur für Dummköpfe etwas taugen. Du bist zu klug, um dran zu glauben. O, Justine! Die Hartherzigkeit der Reichen berechtigt die Armen zu ihrer Schlechtigkeit. Ihre Schatzkammern mögen sich öffnen, die Menschlichkeit soll in ihre Herzen einziehen und wir werden nur für die Tugend leben. Die Natur hat uns Alle gleich geschaffen, Justine. Wenn das Schicksal mit seiner ungerechten Härte sich darin gefällt, dieses allgemeine Gesetz umzutoßen, so ist es unsere Sache, seine Launen zu korrigieren. Ich höre Ihnen gerne zu den reichen Leuten, den Beamten, den Priestern, wenn sie uns die Tugend predigen. Man kann leicht keine Lust zum Diebstahl haben, wenn man dreimal so viel hat, [27] wie man zum Leben braucht, leicht keine Lust zum Morde haben, wenn man stets von Schmeichler umgeben ist. Glaube mir, mein Kind, wenn uns die Natur in eine Lage versetzt, in der uns die schlechte Tat zur Notwendigkeit wird und sie uns gleichzeitig die Möglichkeit gibt, schlecht zu handeln, so dient das Böse ihren Gesetzen sicher ebenso wie das Gute. Der Zustand, in dem sie uns geschaffen hat, ist der der Gleichheit. Derjenige, der diesen Zustand zerstört, ist nicht schuldiger, wie der, der ihn wiederherzustellen trachtet. Beide handeln so, wie sie es müssen.«

Die Beredsamkeit der Dubois wirkte viel rascher wie die der Delmouse. Die Sache des Verbrechens wird einem Unparteiischen gegenüber viel besser von dem verteidigt, der aus Not handelt, wie von dem, der sich ihm nur um der Wollust willen hingibt. Justine war wie betäubt und glaubte schon, der Verführung dieser geschickten Frau nachgeben zu müssen. Aber eine stärkere Stimme in ihrem Herzen bekämpfte diese Schwäche, und sie erklärte der Verführerin, daß ihr das Verbrechen ein Greuel sei, und daß sie lieber sterben wolle als jemals eines zu begehen. »Nun gut,« erwiderte die Dubois, »mache was Du willst. Ich überlasse Dich Deinem schlimmen Stern. Aber wenn Du wieder ergriffen werden solltest, was ja bei Deinem Ungeschick nicht ausbleiben wird, sprich niemals von uns anderen.«

Während dieses Zwiegespräches tranken die vier Genossen der Dubois mit dem Holzhauer; und da der Wein gewöhnlich die Seele des Missetäters zu größeren Exzessen aufstachelt, beschlossen die Bösewichte, nachdem sie den Bescheid Justines erfahren hatten, aus ihr ein Opfer zu machen. Ihre Grundsätze, ihre Beschäftigung (es waren Straßenräuber), ihre Sitten, ihr gegenwärtiger Körperzustand (man ist nach drei Monaten Gefängnis sehr geil), die Finsternis, die Sicherheit, in der sie sich befanden, ihre Trunkenheit, die Unschuld Justines, ihr Alter und ihre göttlichen Reize: alles das feuerte sie an und ermunterte sie. Sie hörten auf zu trinken und beratschlagten. Dann befahlen sie Justine, sie möge sich auf der Stelle den Wünschen eines jeden von den Vieren hingeben. Wenn es gutwillig geschähe, würden sie ihr jeder einen Taler geben. Sollten sie aber Gewalt gebrauchen müssen, so würde es auch so gehen. Dann aber würden sie sie nach Gebrauch erdolchen und verscharren, damit das Geheimnis bewahrt bleibe.

Man kann unmöglich die Wirkung schildern, die diese neue Grausamkeit in Justine hervorrief. Sie warf sich der Dubois zu Füßen und beschwor sie, noch einmal ihre Beschützerin zu sein. Aber die lachte blos über ihre Tränen. »Heiliger Himmel!« sagte sie zu ihr. »Du bist aber sehr unglücklich zu nennen! Du schauderst darüber, daß du von diesen vier schönen jungen Männern hintereinander gefickt werden sollst! Sieh,« sagte sie, indem sie ihr die Vier einzeln vorführte, »sieh diesen hier, er heißt Kettenbrecher, ist fünfundzwanzig Jahre alt und hat ein [28] Glied ... das man bewundern müßte, wenn nicht das meines Bruders hier wäre. Er heißt Eisenherz und ist dreißig Jahre alt. Sieh Dir diesen Wuchs an und erst dies Glied! Ich wette, daß Du es mit beiden Händen nicht umfassen kannst. Dieser Dritte heißt Obdachlos. Sieh diesen Schnurrbart an. Er ist sechsundzwanzig Jahre alt und (leise zu Justine) am Abend, bevor wir eingesperrt wurden, hat er mit mir elf Nummern hintereinander gemacht. Aber bei dem Vierten mußt Du mir zugestehen, daß er ein Engel ist. Er ist für seinen Beruf zu schön, zählt einundzwanzig Jahre und wir nennen ihn den Lebemann. Bei seinen Veranlagungen wird er es auch werden; aber sein Glied, Justine, sein Glied mußt du sehen. Sieh, wie lang, wie dick und wie hart es ist, wie wundervoll diese Spitze ist. Ich versichere dich, wenn ich dieses Ding in meinen Eingeweiden habe, glube ich besser gefickt zu weiden als Messaline es jemals wurde. Aber weißt Du auch, mein Kind, daß es 10.000 Frauen in Paris gibt, die die Hälfte ihres Vermögens oder ihres Schmuckes darum gäben, wenn sie an Deiner Stelle sein könnten.« Nach einigem Nachdenken fuhr sie fort: »Höre, ich habe genug Macht über diese Schelme, damit Dir von ihnen Gnade gewährt werde, aber Du mußt ihrer würdig sein.« – »Ach, Madame, was muß ich tun? Befehlen Sie mir!« – »Du mußt uns nachfolgen, töten, stehlen, vergiften, mißhandeln, Brandstiften, Rauben, Verwüsten wie wir. Um diesen Preis will ich Dich retten.« Jetzt schien es Justine, als ob sie nicht zögern dürfe. Denn die neuen Gefahren, die ihr durch ihre Einwilligung drohten, waren nicht so nahe. »Nun gut, Madame, ich will überallhin mitgehen,« rief sie aus, »überallhin, ich verspreche es Ihnen! Retten Sie mich vor der Wut dieser Männer und ich will Sie in Ihrem Leben nicht wieder verlassen!«

»Kinder,« sagte die Dubois, »dieses Mädchen gehört jetzt zu unserer Truppe. Ich nehme sie auf. Ich bitte, ihr keine Gewalt anzutun. Durch ihre Jugend und ihre Gestalt kann sie uns nützlich sein, also verleiden wir ihr nicht ihren neuen Beruf.«

Aber es gibt Grade der Leidenschaft, bei denen nichts mehr verfängt; und je mehr man dann versucht, die Stimme der Vernunft zu Gehör zu bringen, desto weniger wird sie gehört. Die Kameraden der Dubois befanden sich in diesem unglückseligen Zustand und alle Vier warteten mit dem Glied in der Hand auf die Entscheidung der Würfel, wer die Erstlinge erhalten solle. »Nein,« sagte Kettenbrecher, »die Hure muß dran glauben. Es gibt nichts, das sie retten kann. Würde man nicht sagen, daß man eine Jungfernprobe ablegen müsse, bevor man in eine Diebsgesellschaft aufgenommen wird!« – »Teufel noch einmal! Ich will ficken!« rief Obdachlos aus, indem er sich Justine mit dem Glied in der Hand näherte, »ja, bei Gott, der mich im Arsche lecken kann, ich will ficken – oder sie erwürgen; sie möge wählen!«

[29] Unser unglückliches Kind schauderte. Kaum konnte sie atmen. Sie warf sich vor den vier Banditen nieder und ihre schwachen Arme streckten sich flehend aus: »Einen Augenblick,« sagte jetzt Eisenherz, der in seiner Eigenschaft als Bruder der Dubois die Ehre hatte, der Truppe zu kommandieren, »einen Augenblick, meine Freunde. Mir steht er so wie Euch,« fuhr er fort, indem er mit seinem Glied auf den Tisch klopfte und damit eine Nuß entzweischlug. »Wie Ihr, will ich entladen. Aber ich glaube, daß es trotzdem möglich ist, daß jedermann zufrieden gestellt wird. Da diese kleine Hure so viel auf ihre Tugend hält und uns diese Eigenschaft an ihr nützlich werden kann – wie meine Schwester sehr richtig bemerkte – so wollen wir ihr ihre Jungfernschaft lassen. Aber wir müssen befriedigt werden, und in dem Zustand, in dem wir uns befinden, wurden wir, wie du bemerken kannst, meine liebe Schwester, vielleicht euch beide erwürgen, wenn Ihr euch unseren Wünschen widersetztet. Die entfesselten Leidenschaften eines Mannes sind fürchterlich und du wirst dich erinnern schon oft unseren Samen in Blut hineinrinnen gesehen zu haben. Also füge dich, ich rate es dir. Folgendes ist mein Vorschlag:

Justine muß sich völlig nackt ausziehen und dann der Reihe nach sich den wollüstigen Launen eines jeden hingeben, während die Dubois das Opfer empfangen wird, dem diese Närrin den Eingang verweigert.«

»Nackt ausziehen?!« rief Justine, »ich soll mich vor Männern entkleiden? O, gerechter Gott, was verlangen Sie von mir? Und wer beschützt mich dann vor Ihren Angriffen, wenn ich mich Ihren Blicken ausgeliefert haben werde?« – »Wer schützt Dich denn jetzt, Hure?« sagte der »Lebemann«, indem er eine Hand unter Justines Röcke steckte und seine Lippen auf ihren Mund preßte. »Ja, wer Teufel, schützt Dich?« sagte Obdachlos, indem er die Kehrseite bearbeitete. »Du siehst wohl, daß Du uns ausgeliefert bist. Du siehst wohl, daß Dir nichts anderes übrig bleibt, als Dich zu unterwerfen.« – »Vorwärts, laßt sie los,« sagte Eisenherz, indem er Justine seinen Kameraden entriß, »laßt sie ruhig unseren Anordnungen nachgehen.« – »Nein,« sagte Justine, sobald sie sich frei sah, »nein, Sie können mit mir machen, was Sie wollen; Sie sind die Stärkeren; aber Sie werden nichts gutwillig von mir erreichen.« – »Nun denn, Hure,« sagte Eisenherz, indem er ihr eine Ohrfeige versetzte, die sie aufs Bett warf, »so werden wir Dich entkleiden.« Damit zog er ihr die Röcke über den Kopf und löste sie mit seinem Messer auf so schreckliche Art los, daß man einen Augenblick glaubte, daß der Schuft den Bauch der Unglücklichen entzweigeschnitten habe. Sofort war der schönste Körper der Welt den Blicken der Wollust preisgegeben. »Verteilen wir uns,« sagte Eisenherz. »Du, Schwester, lege Dich auf dieses Bett und Kettenbrecher soll ihn Dir hineinstecken. Justine soll mit gespreizten [30] Beinen ober der Dubais hockend, ihre Scheide Kettenbrecher nähern und ihm in den Mund pissen. Ich kenne seine Wünsche.« – »Teufel, ja,« sagte der geile Bock, indem er sich rasch an das Loch der Dubois heranmachte, »es gibt für mich keinen größeren Genuß, und ich danke Dir, daß Du daran gedacht hast.« Er steckte sein Glied hinein, es wurde gepisst, er entlud und Obdachlos ging an die Arbeit. »Während ich Deine Schwester ficke,« sagte er zum Befehlshaber, »halte mir dieses Lumpenweib vor Augen.« Man tat es, und er schlug mit der flachen Hand bald auf die Wangen, bald auf die Brust Justines. Manchmal küsste er sie auf den Mund und biß ihr in die Zungenspitze, dann wieder rieb er ihr die Brustrosen derart, daß sie fast ohnmächtig wurde. Sie litt furchtbar und bat um Gnade. Tränen rannen ihr aus den Augen, aber das entflammte den Verbrecher umsomehr. Als er es kommen fühlte, nahm er während des Fickens Justine und schleuderte sie zehn Schritte weit von sich weg.

Nun kam die Reihe an den »Lebemann«. Er steckte ihn der Dubois hinein, aber Eisenherz sagte: »Warte, mein Sohn, ich will Dich von hinten bearbeiten und dieses Lumpenweib wollen wir zwischen uns nehmen. Du wirst Dich mit ihrem vorderen Loch und ich mit ihrem hinteren befassen.« Und die unglückliche Justine wurde hin und her gestossen, bis die beiden Fickenden Stellung wechselten und so, der eine der Gatte seiner Schwester und der andere der Liebhaber seines Schwagers wurde. Aber Justine gewann dabei nichts, denn Eisenherz, den die Sache aufregte, wurde nur umso grausamer. »Wir wollen sehen, wer stärker schlagen kann,« sagte er, indem er ihr auf die Wangen schlug. »Du Bruder, schlage sie auf den Popo.« So schlugen sie, bis Justine Blut aus der Nase kam. »Ah, das wollte ich!« sagte Eisenherz, indem er seinen Mund darunter hielt. »Kettenbrecher, Du willt Pisse, ich will Blut haben.« Endlich entlud er und rasch nach ihm sein Reiter. So herrschte wieder Ruhe in der Truppe.

»Es scheint mir,« sagte die Dubois, indem sie sich erhob, »als ob ich bei der ganzen Sache am meisten gewonnen hätte.« – »Das weist Du immer so einzurichten,« entgegnete ihr Bruder, »damit Du selbst gefickt wirst, hast Du nicht wollen, daß wir dieses kleine Mädchen entjungfern. Aber Geduld, sie wird nichts verlieren.«

Man sprach jetzt vom Aufbruch; und noch in derselben Nacht erreichte die Truppe Le Tremblai mit der Absicht, bis in die Wälder von Chantilly vorzudringen.

Nichts glich der Verzweiflung Justines. Wir glauben, daß unsere Leser sie jetzt genügend kennen, um gewiß zu sein, daß sie nur mit dem allergrößten Widerwillen diesen Leuten folgte, und daß, wenn sie es tat, es nur mit dem festen Entschluß geschah, so bald als möglich aus ihrer Nähe zu flüchten.

[31] Unsere Verbrecherbande übernachtete in der Umgebung von Louvres auf Strohbündeln.

Unsere keusche Waise hatte die Absicht, die Nacht an der Seite der Dubois zu verbringen. Aber die Hure hatte Anderes zu tun, als die Tugend Anderer zu beschützen. Drei Banditen waren mit ihr beschäftigt und allen Dreien gab sie sich zu gleicher Zeit hin. Der vierte – Eisenherz – näherte sich! Justine. »Schönes Kind,« sagte er zu ihr, »ich hoffe, daß Sie mir wenigstens gestatten, die Nacht in Ihrer Nähe zu verbringen. Fürchten Sie nichts,« fuhr er fort, als er ihren Widerwillen bemerkte, »wir werden plaudern und nichts soll ohne Ihren Willen geschehen.«

»O Justine,« fuhr er fort, indem er sie in seine Arme preßte, »ist es nicht eine Narrheit von Ihnen, daß Sie sich bei uns keusch erhalten wollen? Ja wird das überhaupt mit dem Interesse der Bande vereinbar sein? Es wäre unnütz, vor Ihnen ein Geheimnis daraus zu machen, daß, wenn wir nach den Städten kommen werden, wir mit Hilfe Ihrer Reize Fallen stellen wollen.« – »Nun, mein Herr,« erwiderte Justine, »da ich eher den, Tod vorziehen würde, als dazu behilflich sein, warum widersetzen Sie sich meiner Flucht?« – »Sicherlich widersetzen wir uns, mein Engel,« erwiderte Eisenherz. »Sie müssen entweder unserer Lust oder unserem Interesse dienen. Ihr Unglück legte Ihnen dieses Joch auf. Aber, Justine, Alles in dieser Welt läßt sich ins richtige Geleise bringen. Hören Sie mir also zu: Wenn Sie einwilligen, mit mir zu leben, mir allein anzugehören, so erspare Ich Ihnen die traurige Rolle, die Sie erwartet.« – »Ich soll die Geliebte eines ...« – »Sprechen Sie es nur aus, eines Gauners, werden, nicht wahr? Sicherlich kann ich Ihnen keinen anderen Titel bieten, aber überlegen Sie ein wenig. Da Sie doch unbedingt das verlieren müssen, was Ihnen so kostbar ist, ist es nicht besser, es einem einzelnen Mann zu opfern, der dann Ihre Stütze und Ihr Beschützer wird, als Allen?« – »Warum aber soll mir ein anderer Weg nicht möglich sein?« – »Weil wir Sie festhalten, mein Kind, und der Stärkere immer im Recht ist. In Wahrheit,« fuhr Eisenherz rasch fort, »wie kann ein Mädchen so einfältig sein und glauben, daß ihre Tugend von der mehr oder minder großen Weite eines ihrer Körperteile abhängt? Diese Keuschheit, die man sie von Kindheit an als Tugend betrachten lehrte, beleidigt sichtbarlich sowohl die Natur wie die menschliche Gesellschaft. Aber schön; ich will Ihnen beweisen, daß ich Ihnen gern gefallen möchte und Ihre Schwäche achten will. Ich werde dieses Phantom, dessen Besitz Sie so erfreut, nicht berühren. Ein so hübsches Mädchen hat mehr als eine Gunst zu vergeben und Venus wird bei ihr in mehr als einem Tempel verehrt. Ich will mich mit dem schmalsten begnügen. Sie wissen, meine Teure, in der Nähe des Labyrinths von Cypris gibt es einen dunklen Gang, in dem sich die Liebesgötter verstecken, um uns mit noch mehr Kraft zu locken. Dort ist der [32] Altar, auf dem ich opfern will; daran ist nicht das Mindeste auszusetzen. Wenn Sie eine Schwangerschaft befürchten, so ist Ihre Furcht in diesem Falle unbegründet. Ihre schöne Gestalt wird nicht verloren gehen. Ihre Erstlinge bleiben Ihnen bewahrt und Sie werden Sie einst keusch darbieten können. Nichts verrät ein Mädchen, das auf dieser Seite liebt. Wie heftig die Angriffe sein mögen, sobald die Biene den Honig aufgesaugt hat, schließt sich der Kelch der Rose derart fest, daß man glaubt, er könne sich nicht wieder öffnen. Wie viele Mädchen gibt es nicht, die zehn Jahre auf diese Art Lust genossen haben und sich später als Jungfrauen verheiratet haben. Wie viele Väter, wie viele Brüder gibt es nicht, die ihre Töchter, ihre Schwestern so gebraucht haben, ohne daß sie deshalb weniger würdig geworden seien, den Ehebund zu schließen. Mit einem Wort: dieser Gang ist das Obdach des Geheimnisses. Dort verbindet sich die Liebe mit der Keuschheit. Soll ich Ihnen noch mehr sagen, Justine? Wenn dieser Tempel der geheimnisvollste ist, so ist er auch gleichzeitig der wonnevollste. Die weite Annehmlichkeit des Nachbars taugt lange nicht so viel wie der aufregende Zauber eines Lokals, in das man nur mit Anstrengung eindringt, und in dem man nur mit Mühen wohnt. Selbst die Frauen gewinnen dabei nur und diejenigen, die einmal aus Vernunftsgründen gezwungen waren, nur diesen Weg beschreiten zu lassen, bleiben immer dabei. Versuchen Sie es, Justine. Leihen Sie mir Ihren göttlichen kleinen Popo und wir werden beide zufrieden sein.«

»Mein Herr,« sagte Justine, indem sie sich, so gut es ging, den Angriffen des Wüstlings widersetzte, »o, mein Herr, ich habe keinerlei Erfahrung in den greulichen Dingen, von denen Sie sprechen. Aber ich habe trotzdem sagen hören, daß dieses Vergehen sowohl die Frauen wie die Natur selbst beleidigt. Gottes Hand bestraft es in dieser Welt und die fünf Städte Sodom, Gomorrha u.s.w., die Gott in Flammen untergehen ließ, sind ein überzeugendes Beispiel wie empört der Ewige über diese Handlung ist. Die menschliche Gerechtigkeit hat, so gut sie konnte, die Strafe des höchsten Wesens übernommen und die Unglücklichen, die sich diesem Laster hingeben, lassen ihr Leben auf Scheiterhaufen.«

»Welche Unschuld! Welche Kindlichkeit!« fuhr Eisenherz fort. »O, Justine, wer konnte Ihnen so dumme Vorurteile einpflanzen? Hören Sie noch ein wenig zu und ich will Ihre Befürchtungen richtigstellen.«

»Das einzige Verbrechen, das in diesem Falle überhaupt liegen kann, ist der Verlust des zur Fortpflanzung bestimmten Samens. Wenn dieser Samen einzig zu Fortpflanzungszwecken in uns hineingelegt ist, so gestehe ich, daß es ein Vergehen wäre, ihn zu mißbrauchen. Aber, so wie bewiesen ist, daß viel mehr Samen da ist als die Natur zu besagtem Zwecke gebraucht, was [33] liegt dann daran, Justine, ob er in die Scheide oder in den Popo, in den Mund oder in die Hand fließt? Der Mensch, der ihn ander weitig verbraucht, handelt nicht schlechter als die Natur, die ihn überhaupt nicht verwendet. Schon die Möglichkeit der Ausführung sind ein Beweis dafür, daß diese Zerstreuungen sie nicht beleidigen. Ferner werden solche Samenverschleuderungen hundert und hundertmillionenmal täglich von ihr selbst ausgeführt. Die nächtlichen Pollutionen, die Nutzlosigkeit des Samens, wenn die Frau schwanger ist, seine Gefährlichkeit, wenn sie in den Regeln ist, beweisen zur Genüge, daß die Natur diese Verluste für gut befindet. Ah! Glaube mir, meine teure Justine, die Natur kümmert sich wenig um diese Kleinigkeiten, sie eilt mit raschem Schritt ihrem Ziele zu und beweist täglich dem, der sie zu ergründen sucht, daß sie nur schafft, um zu zerstören. Die Zerstörung, das oberste aller Gesetze, weil nichts ohne Zerstörung geschaffen werden kann, gefällt ihr weit mehr als die Fortpflanzung, die von einer griechischen Philosophenschule mit Recht das Ergebnis von Morden genannt wird. Aber Du sprachest auch von Gott, der einst diese Verirrungen an elenden arabischen Nestern bestraft haben soll, die kein Geograph jemals gekannt hat. Da müßte man vorerst die Existenz eines Gottes annehmen und davon bin ich weit entfernt. Dann müßte man sich vorstellen, daß dieser Herr und Schöpfer des Weltalls sich erniedrigt hat, nachzusehen, ob die Menschen ihr Glied in eine Scheide oder in einen Popo einführen! Welche Kleinlichkeit! Welch Unsinn! Nein, Justine, es gibt keinen Gott. Nur in der Werkstatt des Schreckens und des Kummers schuf der unglückliche Mensch das Phantom, das er Gott nannte. Und wozu benötigen wir diesen Weltbeweger, wenn vernünftiges Naturstudium uns zeigt, daß die ständige Bewegung das oberste Gesetz ist? Wenn Alles sich aus sich selbst in Ewigkeit fortbewegt, so hat doch der Ordner, an den Sie glauben, höchstens einen Tag lang gearbeitet. Nun, wie können Sie einen Gott verehren, der sich heutzutage als unnütz erweist? – Aber kehren wir wieder zurück, Justine Glauben Sie nicht länger, daß die Hand dieses unnützen Phantoms die arabischen Dörfer vernichtet hat, von denen wir sprachen. Da sie auf einem Vulkan aufgebaut waren, wurden sie, wie später die Städte in der Nähe des Vesuvs und des Aetna, durch ein Naturphänomen eingeäschert, das rein physikalischen Ursachen entspringt und nichts mit den Sitten der Stadtbewohner zu tun hat. Sie sagten, die menschliche Gerechtigkeit habe die Gottes nachahmen wollen. Aber ich beweise Ihnen eben, daß es nicht die Gerechtigkeit Gottes, sondern ein Naturphänomen war, was diese Städte zerstörte. Und jetzt, nachdem ich Philosoph war, will ich Ihnen als Rechtsgelehrter sagen, Justine, daß dieses Gesetz eine alte Verordnung des heiligen Ludwig ist. Heutzutage begnügt man sich aber mit einer vorübergehenden Bestrafung. Und sobald der Mensch einmal auf einer höheren [34] philosophischen Stufe stehen wird, wird er selbst diese unnütze Einschränkung fallen lassen, und man wird erkennen, daß, da wir nicht Herr unserer Neigungen sind, wir für sie ebenso wenig zu büßen haben, als dafür, daß wir krumm oder schief gewachsen sind!«

Eisenherz geriet in Flammen, während er diese klugen Gedanken entwickelte. Er lag ausgestreckt neben Justine gerade in der Stellung, in der er sich an ihr zu befriedigen wünschte Unmerkbar hob er die Röcke unserer Heldin auf, die halb aus Furcht, halb weil sie den Verlockungen nachgab, nicht sich zu widersetzen wagte. Kaum sah sich der Schuft als Herr der Situation, als er sofort das erhitzte Glied befreite, das bloß auf die Bresche wartete, um sich hineinzustürzen. Mit seiner rechten Hand lenkte er seine Rute, während er mit der linken Justine an sich heranzog, die sich darauf beschränkte, sich ein wenig zu sträuben und das zu retten, was ihr als das Wertvollste erschien. »O Himmel!« rief er jetzt aus, »ich habe sie,« und mit einem kräftigen Stoß verletzte er das kleine, zarte Loch, das er durchbohren wollte, derart, daß die erschreckte Justine einen Schrei ausstieß, aufsprang und zur Gruppe der Dubois stürzte. »Was ist das?« rief die Hure aus, die eben einschlief, nachdem die drei Männer sie müde gemacht hatten. »Ach, Madame, ich bin es,« erwiderte die zitternde Justine, »Ihr Bruder ... er will ...!« – »Ja, ich will ficken!« rief Eisenherz aus, indem er sein Opfer verfolgte und sie rauh ergriff, »ich will dieses kleine Mädchen von hinten bearbeiten, was immer es koste!« – Justine war jetzt der größten Gefahr ausgesetzt, wenn nicht Wagengerassel von der Landstraße her hörbar geworden wäre.

Der furchtlose Eisenherz verließ alsbald sein Vergnügen, um seiner Pflicht nachzugehen. Er weckte seine Leute auf und eilte anderem Verbrechen nach.

»Ah! Alles geht gut!« rief die Dubois aus, die erwacht war und jetzt mit Aufmerksamkeit lauschte. »Das sind die Schreie. Nichts macht mich vergnügter als diese sicheren Zeichen des Sieges. Sie beweisen mir, daß unsere Leute Erfolg hatten und ich ruhig sein kann.« – »Aber die armen Opfer, Madame,« sagte unsere schöne Abenteuerin. – »Was liegt an ihnen! Es muß immer welche auf Erden geben ... Und die, die im Heere sterben?« – »Ah, dafür gibt es Gründe.« – »Unendlich weniger wichtige wie hiefür. Nicht um leben zu können, geben Tyrannen ihren Heerführern Befehl, ganze Nationen zu erdrücken. Aus Stolz geschieht das. Wir wollen bloß leben können und das rechtfertigt unsere Handlungen.« – »Aber Madame, man arbeitet, man hat einen Beruf.« – »Ach was, mein Kind, dies hier ist der unsere, ihn üben wir seit unserer Kindheit aus, in ihm sind wir erzogen worden. Und dieser Beruf war ein ursprünglicher bei allen Völkern der Erde. In ganz Griechenland war der Diebstahl geachtet, und noch heute belohnen ihn viele Völker, weil [35] er gleichzeitig von Mut und Geschicklichkeit Zeugnis ablegt.« Und die Dubois hätte zweifellos eine größere Rede über diesen Gegenstand gehalten, 6 wäre nicht die Truppe mit einem Gefangenen in der Mitte zurückgekehrt.

»Der wird mich für die Härte Justines entschädigen,« sagte Eisenherz, der ihn führte; und man erkannte jetzt im Mondenschein einen wunderschönen fünfzehnjährigen Knaben. »Ich habe seine Eltern getötet,« sagte der Verbrecher, »seine kaum zehnjährige Schwester vergewaltigt und so glaube ich, daß es nur gerecht ist, wenn ich ihn in den Hintern ficke.« Während dieser Rede drehte er den Strohhaufen um, der unserer Truppe als Obdach diente und bald hörte man dumpfe Schreie sich mit geilem Stöhnen mischen. Nach und nach wandelten sich die ersteren in Röcheln, das bewies, daß der kluge Schuft, der von seinem Verbrechen keine Spur hinterlassen wollte, gleichzeitig das doppelte Vergnügen genoss, den Gegenstand der Wollust zu ficken und zu ermorden. Als er zurückkam, war er mit Blut bedeckt. »Beruhige dich jetzt, Justine,« sagte er. »Ich bin jetzt ruhig und du kannst es auch sein, bis neue Wünsche in mir nach neuen Greueln verlangen.« – »Brechen wir auf, Freunde,« sagte er zur Truppe, »wir haben 6 Personen getötet, die Leichname liegen auf der Straße; es wäre möglich, daß es für uns schon in einigen Stunden hier nicht mehr sicher genug wäre.« Nun wurde die Beute geteilt. Eisenherz wollte, daß Justine seinen Anteil bekomme, der sich auf 20 Louis belief. Man mußte sie zwingen das Geld anzunehmen, da sie davor zurückschauderte solches Geld anzunehmen. Nun brach man auf.

Am nächsten Tag, als sich die Diebe im Wald von Chantilly in Sicherheit glaubten, begannen sie ihr Geld zu zählen. Als sie fanden, daß sich die ganze Beute nur auf 200 Louis belief, sagte einer: »Wahrhaftig, wegen dieser kleinen Summe war es nicht der Mühe wert sechs Morde zu begehen.«

»Sachte, Freunde,« erwiderte die Dubois. »Nicht wegen der Summe habe ich euch ermahnt, als Ihr aufbrachet, nichts zu schonen. Das geschah nur wegen unserer Sicherheit. Diese Verbrechen muß man den Gesetzen in die Schuhe schieben und nicht uns; denn so lange man Diebe bestraft, werden sie morden, um nicht entdeckt zu werden. Wieso können Sie übrigens behaupten, daß 6 Mordtaten nicht durch 200 Louis genug bezahlt sind? Man darf niemals die Dinge nach den Beziehungen schätzen, die sie zu unseren Interessen haben. Sicherlich gäben wir keinen Obulus dafür her, daß diese Personen statt im Grabe zu liegen auf der Welt wären. Auch gibt es keinen wahren Genuß als den materiellen. So sind nicht nur 200 Louis genug für sechs Mordtaten, sondern selbst 30 [36] Sou würden zur Rechtfertigung genügen. Denn diese 30 Sau hätten uns eine Befriedigung verschafft, die, obwohl nicht eben groß zu nennen, uns doch viel lebhafter erfreut hätte, als die 6 Mordtaten allein. Denn selbst in uns erregen diese nur einen ziemlich angenehmen Kitzel, da ja der Mensch immer eine Art Befriedigung über das Mißgeschick und das Unglück der Anderen empfindet.

Körperschwäche, Denkfehler und die verfluchten anerzogenen Vorurteile: das hält die Dummköpfe von einer verbrecherischen Laufbahn ab, das verhindert sie, sich unsterblich machen. Aber jedes vollkräftige, energische Wesen, das sich selbst mehr liebt als Andere, wird sich über Gott und Menschen lustig machen, dem Tod trotzen und die Gesetze verachten. Der Genuß ist ihm angenehm, so wird er sich ihn verschaffen. Die Wirkung des Verbrechens berührt ihn nicht, also kann er es begehen. Nun frage ich Sie, welcher vernünftige Mensch wird nicht gerne solch' leichte Dinge begehen, die ihn nicht näher berühren, um sich solche Genüsse zu verschaffen, die ihm angenehm sind?«

»O, Madame!« sagte Justine zur Dubois und erbat von ihr die Erlaubnis zu antworten, »merken Sie nicht, daß ihr Urteil in dem geschrieben steht, was Ihnen eben entschlüpft ist, Höchstens dem Wesen, das genug mächtig ist, um nichts von anderen befürchten zu müssen, kämen solche Grundsätze zu. Aber wir von allen ehrlichen Leuten Geächteten, von allen Gesetzen Verdammten, sollen wir nach Regeln leben, die höchstens das Schwert verschärfen können, das über unseren Häuptern hängt? Aber selbst wenn wir uns nicht in dieser traurigen Lage, wenn wir uns im Mittelpunkt der Gesellschaft befänden, können Sie glauben, Madame, daß solche Grundsätze uns zum Vorteil gereichen würden? Wie soll der nicht untergehen, der in seinem blinden Egoismus allein gegen den Interessenverband der anderen kämpfen will? Kann denn das alleinstehende Wesen sich gegen alle anderen stellen? Die Gesellschaft kann nur bestehen, wenn in ihr ununterbrochen Woltaten ausgetauscht werden. Darauf beruht sie, das sind ihre Stützen. Derjenige, der statt dieser guten Taten Verbrechen darbietet, wird unbedingt bekämpft werden, wenn er der Schwächere ist, er wird aber von dem ersten Besten erdrückt werden, wenn er der Schwächere ist. Auf jeden Fall aber wird er schließlich ausgetilgt werden. Das ist der Grund, weshalb verbrecherische Gesellschaften unmöglich lange bestehen können. Selbst unter uns, Madame, könnte niemals Eintracht herrschen, wenn Sie jedem anraten würden, nur seinem eigenen Interesse zu gehorchen. Könnten Sie von diesem Augenblicke an gerechtere weise dem etwas vorwerfen, der uns andere erdolchen wollte? Welch' schönes Lob für die Tugend, daß sie selbst in einer verbrecherischen Gesellschaft vonnöten ist und daß sich diese [37] Gesellschaft nicht einen Augenblick ohne diese Tugend erhalten könnte.«

»Welch' schreckliche Sophismen,« erwiderte Eisenherz. »Nicht die Tugend erhält verbrecherische Vereinigungen, sondern das Interesse und der Egoismus. Sie sind auf dem Holzweg mit Ihrem Lob der Tugend, Justine. Nicht weil ich tugendhaft bin, erdolche ich nicht meine Kameraden, sondern weil ich dann als Einzelner der Mittel beraubt wäre mir die Vorteile zu verschaffen, die mir durch ihre Hilfe möglich sind. Nur dieser Grund hält uns zurück; und dieser Grund, Justine, ist ein rein egoistischer, er hat mit der Tugend nichts zu tun. Sie sagen, daß derjenige, der allein gegen die Gesellschaft ankämpfen will, sich gefasst machen muß erdrückt zu werden. Wird er es nicht eher werden, wenn er sich seinem Elend und der Vernachlässigung der Menschen überläßt? Aber, werden Sie sagen, daraus würde ein ständiger Kriegszustand entstehen. Nun denn, gut. Ist dies nicht das einzig Wahre? Hat uns nicht die Natur blos dazu geschaffen?« Die Menschen waren ursprünglich neidisch, grausam und despotisch, jeder wollte alles für sich haben und nichts abtreten. So stritten sie ununterbrochen um ihr Recht; da kam der Gesetzgeber und sagte: »Höret auf, euch so zu zerfleischen. Wenn Ihr jeder dem Anderen einen Teil abgebet, wird Friede herrschen.« Ich will nichts gegen den Vorschlag an und für sich sagen. Aber es gibt zweierlei Arten von Menschen, die immer gegen seine Ausführung sein werden. Das sind die Stärkeren, die es nicht nötig hatten, etwas abzugeben, um glücklich zu sein, und die Schwächeren, die vielmehr abtreten mußten, als sie wiedererhielten. Jedoch die Gesellschaft besteht nur aus stärkeren und schwächeren Wesen und der Kriegszustand, der vorher herrschte, mußte sich als viel vorteilhafter erweisen, da er jedem freie Ausübung seiner Kräfte und seiner Tätigkeit ließ. Das wahrhaft gute Wesen lehnt sich gegen den Vertrag auf und verletzt ihn, so oft es kann, da es gewiß ist, daß es dadurch mehr Vorteile erhält als es als schwächeres verlieren könnte. Denn sowie ein Mensch den Vertrag einhält, ist er der Schwächere, sowie er ihn bricht – der Stärkere; und wenn die Gesetze ihn wieder in die schwächere Klasse zurückführen wollen, so ist das Schlimmste, was ihm zustoßen kann, der Tod und der ist unendlich weniger zu beklagen als ein Dasein in Elend und Unglück. Es gibt also für uns zwei Chancen: »Das Verbrechen, das beglückt oder das Schaffot, das uns hindert, unglücklich zu sein. Kann man da noch schwanken? Und kannst du, Justine, mir etwas Wirksameres darauf entgegnen?«

»Tausenderlei, mein Herr, tausenderlei,« erwiderte lebhaft Justine. »Darf denn der Mensch nur auf dieses Leben sein Augenmerk richten? Ist es denn etwas anderes als ein Uebergang, der, wenn der Mensch vernünftig ist, ihn zu Jener ewigen [38] Glückseligkeit führt, die der Lohn der Tugend ist? Ich will einen Augenblick mit Ihnen annehmen, daß das Verbrechen den Verbrecher hier auf Erden glücklich machen kann. Glauben Sie denn, daß die Gerechtigkeit Gottes, die trotz Ihrer Verleugnung existiert, daß diese ewige Gerechtigkeit nicht in der anderen Welt Rache ausübt an dem Bösewicht? Ah, behaupten Sie nicht das Gegenteil, mein Herr, ich beschwöre Sie; der einzige Trost im Unglück ist der Gedanke, daß das, was die Men schen an uns sündigen, von Gott vergolten werden wird! Denn wer sollte uns sonst rächen?« – »Wer? Niemand, Justine, durchaus niemand. Es ist durchaus nicht notwendig, daß der Unglückliche gerächt werde. Er hofft es, weil er es wünscht. Dieser Gedanke ist für ihn ein Trost, aber er ist deshalb nicht weniger falsch. Ja, mehr noch: Der Unglückliche muß leiden. Seine Demütigung, seine Schmerzen werden von Naturgesetzen bestimmt und sind in dem Getriebe der Welt ebenso nötig, wie Bevorzugte, der ihn erdrückt. Diese Wahrheit ist es, die die Gewissensbisse in der Verbrecherseele ertöten muß. Wenn die Natur uns Neigungen zum Bösen eingeflößt hat, gehorchen wir: Denn das Böse ist ihr notwendig. Begehen wir es ohne Furcht; denn nur wenn wir uns widersetzen würden, würden wir die Natur beleidigen. Aber da Sie noch einmal auf Gottesphantome zurückgekommen sind, Justine, so erfahren Sie denn, unschuldige Jugend, daß diese Religion, auf die Sie sich närrischerweise stützen, und die nur die Huldigung ist, die der Mensch seinem Schöpfer schuldig zu sein glaubt, zusammenfällt, sobald erwiesen ist, daß dieser Schöpfer nicht existiert. Hören Sie denn noch einmal, was ich über diesen Gegenstand zu erwidern habe.

Die ersten Menschen erschraken über die Naturereignisse und glaubten notwendigerweise, daß sie von einem erhabenen und unbekannten Etwas ausgingen. Oone nachzudenken nahm er blindlings ein höchstes Wesen an und errichtete ihm Altäre, von diesem Augenblick an bildete sich jede Nation eines – je nach ihren Sitten, ihrer Bildung und dem Klima. Es gab bald auf der Welt ebensoviele Religionen wie Völker, aber unter allen diesen ekelhaften Götzenbildern konnte man das unsinnige Phantom erkennen, das Zeugnis gab für die Verblendung der ersten Menschen. Wenn eingehende Naturstudien, wenn ein reifer und richtig denkender Verstand mich nun aber lehrt, wie ich schon vorhin sagte, daß Bewegung in ihr ist und daß daher ein Bewegen unnötig ist, soll ich dann noch länger unter dem Joch dieses ekelhaften Wahngebildes seufzen, soll ich dann noch länger auf alle süßen Genüsse des Lebens verzichten? Nein, Justine, nein. Ich wäre ein Narr, unwürdig des Verstandes, mit dem mich die Natur beschenkt um diese Betrügereien durchschauen zu können. Höre endlich auf, an diesen eingebildeten Gott zu glauben, Justine, er [39] existierte niemals und die Natur bedarf seiner auch gar nicht. Ein Gott setzt eine Schöpfung voraus, das heißt einen Augenblick, wo es nichts gab oder wo Alles im Chaos war. Wenn einer dieser Zustände von Uebel war, weshalb ließ Euer blödsinniger Gott ihn solange bestehen? Und war er gut, warum änderte er ihn? Wenn jetzt Alles gut geordnet ist, hat Euer Gott ja nichts mehr zu tun? Aber wenn er überflüssig ist, kann er da mächtig sein? Und wenn er nicht mächtig ist, kann er da ein Gott sein? Kann er unserer Huldigung würdig sein? Wenn die Natur in ständiger Bewegung ist, wozu dient der Beweger? Und wenn der Beweger auf die Materie bewegend einwirkt, wieso ist er nicht diese Materie selbst? Können Sie sich eine Einwirkung des Geistes auf die Materie vorstellen? Vorstellen, daß eine Materie, die selbst nicht in Bewegung ist, vom Geist bewegt wird? Sie sagen, daß Ihr Gott gut ist; und trotz seines Bundes mit den Menschen, trotz des Blutes seines teuren Sohnes, der herabkam, um sich in Judäa hängen zu lassen, um diesen Bund zu festigen, trotz Allem wird zweieinhalb Drittel des Menschengeschlechtes verdammt, in den ewigen Flammen zu braten? Sie sagen, daß dieser Gott gerecht ist! Läßt es sich damit vereinbaren, daß er die ihm genehme Art der Verehrung nur einem Dreißigstel der Menschen mitteilt, während der Rest für die Unkenntnis mit ewigen Qualen bestraft wird? Was würden Sie zu einem Menschen sagen, der so gerecht wäre? Er ist allmächtig, fahren Sie fort. Aber dann gefällt ihm doch das Böse. Denn auf Erden herrscht es vielmehr als das Gute, und trotzdem läßt er Alles so weiter bestehen. Hier gibt es keinen Mittelweg. Entweder er liebt das Böse oder er hat nicht die Macht, sich zu widersetzen. Auf keinen Fall darf ich eine böse Tat bereuen. Denn, kann er sie nicht verhindern, so kann ich doch sicherlich nicht stärker sein wie er, und wenn sie ihm gefällt, so darf ich mich doch nicht widersetzen. Er ist unveränderlich, sagen Sie ferner; und trotzdem sehe ich ihn fünf- oder sechsmal Völker, Gesetze, Wünsche und Gefühle wechseln. Uebrigens bedingt Unveränderlichkeit Unverletzlichkeit und ein unverletzliches Wesen rächt sich nicht. Aber Sie behaupten ja, daß Ihr Gott sich rächt. Vermehrten Sie diese Chimäre in sich. Sie ist fürchterlich. Sie kann nur in dem schmalen Gehirn von Dummköpfen Platz finden.

Die Hoffnung auf eine zukünftige Welt oder die Furcht vor ihr darf Sie nicht beruhigen, Justine. Schaffen Sie sich nicht selbst Fesseln. Als schwacher Teil einer großen Masse kehren wir nach unserem Tode auf einen Augenblick in den Schoß der Natur zurück, um ihm in anderer Form wieder zu entsteigen. Und Alles das geschieht ohne Bezug auf Tugend oder begangene Verbrechen, weil nichts imstande ist, die Natur zu beleidigen und alle Menschen auf Erden so gehandelt haben, wie diese gemeinsame Mutter es wollte.«

[40] »O, mein Herr,« erwiderte Justine, verwirrt über diese Meinungen, »Sie glauben also, daß, wenn während Sie gestern ein unglückliches Kind vergewaltigten und mordeten, ein anderes Wesen in Ihrer Nähe die anderen Unglücklichen gelabt hätte, dieses letztere Wesen nicht den Himmel und Sie die Hölle verdient hätten?« – »Sicherlich nein, er hätte kein besseres Los zu erwarten, wie ich, Justine. Erstens weil es weder eine Belohnung oder Bestrafung im Jenseits gibt; und zweitens, weil besagter wohltätige Mensch nur denselben Befehlen der Natur gehorcht, wie ich, daher weder schuldiger noch verdienstvoller erscheinen kann. Verschiedene Umstände bestimmten ihn nach dieser Richtung und mich nach der anderen. Aber wir hätten beide gehandelt wie es die Natur von uns verlangte. Er, indem er ein gutes Werk tat und ich, indem ich ein Verbrechen beging.« – »O, mein Herr,« sagte Justine, »diese Gedankengänge sind fürchterlich.« – »Ja, für Sie, weil Sie fürchten ihr Opfer zu werden, aber nicht für mich, der der Opfernde ist.« – »Aber wenn das Glück sich wendet?« – »Dann werde ich mich unterwerfen, ohne meine Meinung zu ändern; und die Philosophie wird mich trösten, weil sie nur ein ewiges Nichts verspricht, was mir lieber ist, als die Ungewißheit von Qualen oder Belohnungen die Ihre Religion verspricht. Es ist außerdem gar kein Verhältnis zwischen dem Lohn und der Strafe; daher sind beide lächerlich und wenn sie das sind, können sie nicht das Werk eines Gottes sein. Oder wollen Sie mir vielleicht nach dem Beispiel einiger Gelehrten, die die Folterqualen der Hölle nicht mit Güte Gottes vereinbaren konnten, sagen, daß meine Qual darin bestehen wird, seines Anblickes beraubt zu sein? Was liegt mir daran. Kann ich das jemals als Strafe empfinden, daß ich eines Anblickes beraubt bin, von dem ich keinerlei Vorstellung habe? Oder aber er wird sich einen Augenblick lang meinen Augen darbieten, um mich die ganze Größe des Verlustes fühlen zu lassen. In diesem Fall wird es mir leicht fallen. Denn es ist nicht natürlich, daß ich den Verlust eines Wesens beklage, das mich für endliche Vergehen zu unendlichen Qualen verdammt. Diese einzige Ungerechtigkeit allein würde in mir einen solchen Hass erwecken, daß ich sicherlich nach der Urteilsvollstreckung keinerlei Bedauern empfinden werde.« – »Ah, ich sehe, mein Herr, es ist nicht möglich, Sie zu bekehren,« sagte Justine. – »Du hast Recht, mein Engel, versuche es gar nicht, es wäre unnütz. Lasse mich vielmehr an deiner Bekehrung arbeiten und glaube mir, daß du davon hundertmal mehr haben wirst.« – »Du mußt sie ficken, Bruder,« sagte die Dubois, »und gute Arbeit machen. Ich sehe nur darin ein Mittel sie zu bekehren. Eine Frau nimmt unerhört rasch die Grundsätze desjenigen an, von dem sie gefickt wird. Alle moralischen und religiösen Anschauungen verschwinden bald vor den Leidenschaften. Erwecke also die ihren, wenn du sie [41] mit Erfolg erziehen willst.« So sagte die Dubois und Eisenherz war eben daran, ihre Ratschläge in die Tat umzusetzen, als man ein Geräusch vernahm, das von einem Reiter herrührte. »Zu den Waffen,« rief Eisenherz aus, indem er so gut es ging sein ungeheures Glied wieder in die Hose steckte, mit dem er zum zweitenmal den Popo der unglücklichen Justine bedroht hatte. »Zu den Waffen!« Freunde, nachher »können wir wieder an unser Vergnügen denken.« Sie eilten davon und nach einigen Augenblicken brachten sie einen unglücklichen Reisenden nach dem Gebüsch, in dem unsere Banditen hausten.

Als man ihn fragte, weshalb er allein und so frühzeitig auf einer verlassenen Landstraße reise, wie alt er sei und was sein Beruf sei, antwortete der Gefangene, daß er Saint-Florent heiße, einer der vornehmsten Kaufleute Lyons und fünfunddreißig Jahre alt sei, daß er in Handelsgeschäften von Flandern zurückkäme und daß er wenig Geld aber viel Papiere bei sich habe. Ferner erzählte er, daß sein Diener ihn am vergangenen Tage verlassen habe und daß er, um nicht unter der Hitze zu leiden, so frühzeitig reise, daß er jetzt nach Paris wolle um dort in zwei Tagen noch einen Teil seiner Geschäfte abzuwickeln. Er versicherte überdies, daß, wann er einen einsamen Weg eingeschlagen habe, er sich offenbar dadurch verirrt haben mußte, daß er am Pferde eingeschlafen sei. Danach bat er um sein Leben und bot von selbst alles an, was er bei sich hatte. Man prüfte seine Brieftasche und zählte sein Geld. Sie hätten keinen besseren Fang tun können. Saint-Florent besaß fast 400.000 Franks in Anweisungen von Pariser Banken, etwas Schmuck und ungefähr 100 Louis bares Geld. »Freundchen,« sagte jetzt Eisenherz, indem er ihm einen Pistolenlauf unter die Nase hielt, »Sie werden begreifen, daß wir Sie bei so viel Geld nicht am Leben lassen können. Wir wären bald verkauft und verraten.« – »O, mein Herr,« rief Justine aus, indem sie sich dem Räuber zu Füßen warf, »ich beschwöre Sie, mich nicht gleich bei meinem Eintritt in Ihre Truppe das Schauspiel einer Ermordung dieses Unglücklichen sehen zu lassen. Lassen Sie ihm das Leben. Schlagen Sie mir nicht die erste Bitte, die ich von Ihnen verlange, ab.« Dann fuhr sie fort, indem sie zu einer seltsamen List griff. »Der Name, den dieser Herr eben genannt hat zeigt mir, daß ich ihm ziemlich nahe stehe. Staunen Sie nicht,« sprach sie zu dem Gefangenen gewandt, »eine Verwandte in dieser Lage anzutreffen. Ich werde Ihnen alles erklären. Aber wegen dieser Beziehung,« fuhr sie eifrig wieder zu Eisenherz gewandt fort, »wegen dieser Beziehung schenken Sie mir das Leben dieses Unglücklichen. Ich werde diese Gnade durch die vollkommenste Unterwerfung belohnen.« – »Sie wissen, Justine, unter welcher Bedingung ich Ihnen die Gnade gewähren kann, die Sie von mir verlangen,« erwiderte Eisenherz, »Sie wissen doch, was ich von Ihnen will.« – »Gut, mein Herr, ich [42] werde alles tun,« rief sie, indem sie sich zwischen den Unglücklichen und den mordbereiten Dieb stürzte. »Ja, ja, ich willige in alles ein. Lassen Sie ihn leben, ich flehe Sie an.« – »Dann komm also,« sagte Eisenherz zu Justine, »ich will, daß du dem Wort auf der Stelle hältst.« Bei diesen Worten zog er den Gefangenen in benachbartes Gesträuch. Dort band er ihn an einen Baum, Justine mußte sich auf alle viere daneben legen und nun schürzte er ihre Röcke auf, während der Pistolenlauf noch immer nach der Gurgel des armen Reisenden gerichtet blieb, dessen Leben von der Unterwürfigkeit Justines abhing. Aber noch einmal sollte Justine vor dem ihr drohenden Unglück gerettet werden. Die Natur hinterging unseren Räuber grausam und sein Glied wurde schon in dem Peristyl des Tempels schlapp, Trotz aller Versuche ihm den nötigen Grad von Straffheit zu geben, die zu dem geplanten Verbrechen nötig war. »O, Teufel!« rief er wütend aus, »ich bin zu sehr erhitzt; es kommt nichts ... oder vielleicht ist meine Nachsicht Schuld an dem Unglück, denn ich bin sicher, daß er mir stehen würde, wenn ich diesen Schuft da tötete« »Nein, bitte nicht,« sagte Justine, indem sie sich nach dem Räuber umkehrte. »Rühr dich nicht, Hure,« sagte dieser, indem er ihr zwei oder drei Faustschläge auf die Schultern versetzte. »Dein verfluchtes Gesicht stört mich immer, ich brauche jetzt einen Hintern.« Nun begann er wieder zu arbeiten, aber dieselben Hindernisse stellten sich ein und er mußte wieder verzichten. »Ich sehe wohl, daß es heute Abend nicht gehen wird,« sagte er schließlich, »gehen wir zurück.« Und sobald er wieder im Kreis der Uebrigen war, fuhr er fort: »Denken Sie an Ihr Versprechen, Justine, und bedenken Sie, daß ich diesen Kerl da morgen ebenso gut töten kann wie heute. Kinder,« fuhr er, an seine Kameraden gewandt, fort, »Ihr haftet mir für beide. Sie, Justine, werden neben meiner Schwester schlafen. Ich werde Sie rufen, wenn es an der Zeit sein wird.«

»Schlafen Sie ruhig, mein Herr,« erwiderte Justine, »und glauben Sie, daß diejenige, die sie mit Dankbarkeit erfüllt haben, nur darauf wartet, sich gefällig erweisen zu können.«

Währenddessen aßen und tranken unsere Spitzbuben und schliefen schließlich ganz vertrauensselig ein, indem sie den Gefangenen in ihre Mitte nahmen und Justine sich vollkommen frei neben die Dubois legte, die, berauscht wie alle anderen, bald die Augen schloß.

Kaum waren die Verbrecher eingeschlafen, als Justine rasch die Gelegenheit ergriff, um dem Reisenden folgendes zuzurufen: »Ach, mein Herr, eine schreckliche Katastrophe hat mich unter diese Leute getrieben. Ich hasse sie ebenso wie den unglücklichen Zufall, der die Ursache davon ist, daß ich hier bin. Ich habe wahrscheinlich nicht die Ehre, mit Ihnen verwandt zu sein, denn ich heiße ....« fuhr Justine fort, indem sie den Namen ihres Vaters nannte. »Wie, Fräulein?« unterbrach sie [43] »Saint-Florent, so heißen Sie?« – »Ja.« – »Ah, dann hat Ihnen der Himmel Ihre List in den Mund gelegt. Sie haben sich nicht getäuscht, Justine: Sie sind meine Nichte. Meine erste Frau, die ich vor fünf Iahren verlor, war die Schwester Ihres Vaters. O! Wie freue ich mich über den glücklichen Zufall, der uns vereint! Wenn ich Ihr Unglück gekannt hätte, so hätte ich sicher geholfen.« – »O, mein Herr, wie bin ich glücklich, Sie einstweilen befreit zu haben,« erwiderte Justine lebhaft. »Aber benützen wir den Augenblick, in dem diese Ungeheuer ausruhen und flüchten wir.« Bei diesen Worten bemerkte sie, daß die Brieftasche ihres Onkels nachlässig in der Tasche eines der Banditen steckte. Sie schlich hin, zog sie heraus und sagte dann leise zu Saint-Florent: »Eilen wir jetzt, mein Herr, verzichten wir auf das Uebrige. Wir würden es nicht ohne Gefahr erhalten können. O! Teurer Onkel, ich begebe mich jetzt in Ihren Schutz. Haben Sie Mitleid mit meinem Schicksal! Werden Sie der Beschützer meiner Unschuld. Flüchten wir!«


Man kann den Zustand schwer schildern, in dem sich Saint-Florent befand. Die verschiedenen Gemütsbewegungen, die auf ihn eingewirkt hatten, die Dankbarkeit, die er mindestens zeigen mußte, selbst wenn er sie nicht empfand. Alles das nahm seinen Kopf so ein, daß er kein Wort hervorbringen konnte. Wie – werden einige Leser fragen – dieser Mann konnte an etwas anderes denken, als daran, sich vor seiner Woltäterin niederzuknieen? Nun so wollen wir im Vertrauen gleich jetzt eingestehen: Saint-Florent, der weit eher dafür geschaffen war, in dieser niederträchtigen Truppe zu bleiben, als von den Händen der Tugend gerettet zu werden, war durchaus nicht der Hilfe seiner eifervollen, tugendhaften Nichte würdig. Und wir fürchten, es wird sich in der Folge zeigen, daß Justine nur vom Regen in die Traufe gekommen sei. Aber gehen wir nicht den Ereignissen voraus. Es genügt, wenn man weiß, daß Saint-Florent nicht ohne heftigen Kitzel sowohl den Angriff auf Justine auch deren zahlreiche Reize gesehen hatte.


Die zwei Flüchtlinge hasteten fort, ohne ein Wort zu sprechen und die Morgenröte traf sie bereits außer jeder Gefahr, obwohl sie noch immer sich im Walde befanden.

In diesem Augenblick, als sich die Strahlen des aufgehenden Gestirns über die bezaubernden Reize Justines ergossen, in diesem Augenblick entzündete sich die blutschänderische Glut in dem Schuften am heftigsten. Eine Weile hielt er sie für die Göttin der Blumen, die mit der ersten Morgenröte über die Erde eilt, um die Kelche der Rosen zu öffnen, dann schien sie ihm wieder ein Sonnenstrahl zu sein, der die Welt leuchtend verschönert. Sie ging mit großer Schnelligkeit. Ihre Wangen leuchteten und ihre schönen blonden Haare wehten ihr verwirrt in das Gesicht. Von Zeit zu Zeit drehte sie anmutig ihren Kopf [44] nach dem Genossen ihrer Flucht und dann strahlte in ihren Zügen das Bewußtsein einer guten Tat.

Wenn es richtig ist, daß die Gesichtszüge das getreue Spiegelbild der Seele sind, dann waren die Gefühle Saint-Florents anderer Art. Schreckliche Begierden wühlten in seinem Inneren, furchtbare Pläne kreisten in seinem Gehirn. Trotzdem lächelte er und heuchelte Dankbarkeit und Freude eine unglückliche Nichte gefunden zu haben, die er, dank seinem Vermögen, aus aller Not befreien könne. Währenddessen trachtete sein durchdringendes Auge ihre Reize zu entschleiern, von denen er eine kleine Kostprobe erhalten hatte.

In diesem Zustand langten die Beiden in Luzarches an, wo sie in einem Gasthof Ruhe fanden.

[45]

IV. Kapitel.
Undankbarkeit. – Ein sonderbares Schauspiel. – Eine interessante Begegnung. – Die neue Stelle. – Ueber Religionslosigkeit und Unmoral. – Pietätlosigkeit. – Justines Herzenszustand.

Es gibt Augenblicke im Leben, in denen man sehr vermögend sein kann, ohne deshalb genug zum Leben zu halben. In dieser Lage befand sich Saint-Florent. Er hatte 400.000 Francs in seiner Brieftasche und keinen Taler in der Börse. Dieser Gedanke hatte ihn vor dem Eintritt in die Herberge beunruhigt. »Trösten Sie sich, Onkel,« sagte Justine zu ihm, indem sie über seine Bedrängnis lachte, »die Diebe, die ich verlassen habe, haben mich mit Geld ausgestattet. Hier sind 20 Louis. Nehmen Sie sie, ich bitte Sie, gebrauchen Sie davon, so viel Sie wollen und geben Sie den Rest den Armen. Ich möchte nicht um Alles in der Welt Geld bei mir behalten, das von einem Morde herstammt.«

Saint-Florent tat nun so, ah ob er das Geld nur annehmen würde, unter der Bedingung, daß Justine ihrerseits von ihm 100.000 Francs auf Wechsel nähme, und er zwang sie auch, das Papier in die Tasche zu stecken. »Heben Sie sich diese Summe auf, teure Nichte,« sagte Saint-Florent, »sie ist ein schwacher Dank für die großen Dienste, die sie mir geleistet haben. Glauben Sie mir, daß ich Sie in Ihrem Leben nicht weder verlassen will.«

Sie speisten zu Mittag und Justine verfiel bald, ohne zu wollen, in unruhige Träumereien, die die Heiterkeit ihrer Züge zerstörten. Als sie Saint-Florent um den Grund fragte, wollte sie ihm ohne eine Erklärung das Geld wieder zurückgeben. »Mein Herr,« sagte sie zu ihrem Onkel, »ich habe nicht so viel Dankbarkeit verdient, und mein Zartgefühl erlaubt mir nicht, ein so beträchtliches Geschenk anzunehmen.« Aber Saint-Florent ließ es nicht an Ueberredungskünsten fehlen und das Geld glitt wieder in die Tasche, ohne daß die Befürchtungen Justines einen Augenblick nachgelassen hätten. Um sie zu zerstreuen, tat Saint-Florent so, als ob er sie nicht bemerken würde und bat Justine, ihm ihre Abenteuer zu erzählen. Das tat sie gerne und als sie mit ihrer Erzählung zu Ende war, ließ sie ihren Onkel merken, daß sie ungerne nach Paris zurückkehre. »Nun,« erwiderte der Kaufmann, [46] »dem kann abgeholfen werden. Eine Verwandte von mir wohnt hier im der Nähe und diese wollen wir aufsuchen. Ich werde Sie ihr vorstellen und sie bitten, Sie bei sich zu behalten, bis ich Zeit habe, mich selbst mit Ihnen zu befassen. Es ist die anständigste Frau der Welt, und Sie werden bei ihr aufgehoben sein wie bei einer Mutter. Sie bewohnt ein reizendes Landhaus in der Nähe von Bondi. Es ist spät und schönes Wetter. Sind Sie aufgelegt, zu gehen?« – »Ja, mein Herr.« – »Dann brechen wir auf, Justine; jede Verzögerung die der Beweis, den ich Ihnen vom meiner Dankbarkeit geben will, erleidet, wird zur Qual für mich.« – »O, mein Onkel,« erwiderte Justine unter Tränen und warf sich gerührt in die Arme Saint-Florents, »wie zart Ihre Seele ist und wie gut ich sie verstehe!« Während des rührenden Vorganges zitterte der Schuft vor Geilheit unter den Liebkosungen der Unschuld.

Es war ungefähr 4 Uhr nachmittags, als sie aufbrachen. Bald begannen die Schatten der Nacht im Walde jene Art religiösem Schreckens zu verbreiten, der in furchtsamen Herzen Angst, in harten aber Lust zu Grausamkeiten erweckt. Unsere Wanderer benützten nur Fußwege. Justine ging voraus. Da drehte sie sich einmal mit der Frage um, ob diese verlassenen Wege wirklich die richtigen seien und ob sie bald ankämen, als gerade die Geilheit des wollüstigen Kaufmannes ihren Gipfel erreicht hatte. Es war Nacht und die Stille des Waldes, sowie die Alles einhüllende Dunkelheit erweckten in ihm Begierden wieder, die er endlich befriedigen konnte. Er konnte sich nicht länger halten. »Schockschwerenot,« sagte er zu seiner Nichte, »hier muß ich dich ficken. Ich bin schon zu lange auf dich geil, du Hure, ich muß endlich entladen.« Damit ergriff er sie bei den Schultern, so daß sie das Gleichgewicht verlor. Die Unglückliche stieß einen Schrei aus. »Ah, du Hure!« rief Saint-Florent wütend aus, »hoffe nicht, daß ich dir die Möglichkeit lasse, daß man dich schreien hört!« Und bei diesen Worten warf er sie vollends auf die Erde und versetzte ihr einem so heftigen Schlag mit dem Stocke, daß sie bewußtlos unter einen Baum hinfiel. Alle Götter blieben stumm. Ja, man hätte sagen können, daß sie diesen verbrecherischen Anschlag auf Scham und Unschuld begünstigten, so lautlos umfing die Stille der Nacht das Verbrechen.

Nun er Herr über Justine war, schürzte Saint-Florent ihr die Röcke auf, zog ein riesiges von Wollust und Wut gesteiftes Glied heraus, beugte sich über sein Opfer, spreizte ihm die Schenkel auseinander und versenkte in ungeheurer Raserei seine Lanze in jene zarten Blüten, die nur als Preis der Liebe geschaffen zu sein schienen. Seine Anstrengungen wurden von Erfolg gekrönt: Justine war entjungfert. Das Blut floß und ein kräftiger Samenerguß befriedigte die Wollust des geilen Bockes, der nur bedauerte, daß das eben begangene Verbrechen nicht ein Jahrhundert lang gewährt habe. Er entfernte sich, aber nach zehn Schritten enflammten seine Sinne aufs Neue. Er empfand jene sonderbaren Gewissenbisse, die in der Seele des Verbrechers wach [47] werden, wenn ihm einfällt, daß er die beabsichtigte Missetat nur zur Hälfte begangen hat. Er erinnerte sich, daß er in den Taschen Justines die 100.000 Francs gelassen habe. Die mußte er wieder haben. Aber Justine saß auf ihren Taschen und man konnte sie nicht berauben, ohne ihren Körper umzudrehen. Himmel! Welche neue Reize boten sich trotz der Finsternis den heißen Blicken des blutschänderischen Saint-Florent dar! »Wie,« sagte er zu sich, indem er den wundervollen Popo betrachtete, der ihn von allem Anfang an so lebhaft aufgeregt hatte, »wie, das habe ich vernachlässigen können! Niederträchtige Weichherzigkeit! Auf, ficken wir diesen göttlichen Hintern, der mir hundertmal mehr Vergnügen verspricht, als ihr vorderes Loch. Hinein, und wenn er in Fetzen geht! Nur kein Mitleid!« Da er vollkommen Herr über den leblosen Körper Justines war, konnte er sie leicht in die Lage bringen, die zu seinem Vorhaben nötig war. Als er das niedliche Loch sah, wurde er durch den Größenunterschied heftig aufgeregt. Ohne es zu befeuchten, begann er sein Glied hineinzustecken und arbeitete eine halbe Stunde lang darin umher. Er wäre vielleicht noch darin, wenn nicht die Natur bei aller Begünstigung seinem Vergnügen ein Ende gesetzt hätte.

Schließlich entfernte sich der Schuft, indem er das unglückliche Opfer seiner Wollust ohne Hilfe, ohne Ehre und fast ohne Leben am Boden liegend zurückließ.

So siehst du aus, o Mensch, wenn Du nur deinen Leidenschaften gehorchst!

Als Justine wieder zu sich kam und den Zustand sah, in den sie versetzt war, wollte sie ihrem Leben ein Ende machen. »Das Ungeheuer!« rief sie aus, »was habe ich ihm getan? Ich rettete ihm das Leben, gab ihm sein Vermögen zurück und er entriß mir das Kostbarste, was ich besaß. Die Tiger im Urwalde können nicht grausamer sein!« Diese Ausbrüche des Schmerzes wichen bald einer tiefen Niedergeschlagenheit und unwillkürlich richtete Justine ihre schönen, betränten Augen gegen den Himmel. Dieses klare, besternte Gewölbe, die Stille der Nacht, der Gegensatz des Friedens in der Natur zu der Erregung ihrer Seele, Alles das ließ in ihr das Bedürfnis entstehen, zu beten. Sie warf sich auf die Knie vor jenem mächtigen, von der Klugheit verworfenen, vom Unglück aber eingesetzten Gott.

»Heiliges und hoheitsvolles Wesen!« rief sie weinend aus. »Du mein Beschützer und Führer, ich wende mich an Deine Güte, ich bitte um Deine Gnade. Sieh mein Elend und meine Qual! Mächtiger Gott, Du weißt, daß ich unschuldig und schwach bin, daß ich verraten und mißhandelt worden bin. Dein Wille geschehe! Alle deine heiligen Aeußerungen sind mir teuer, ich ehre sie und will mich nicht beklagen. Aber wenn ich hier auf Erden nur Dornen finde, beleidige ich Dich dann, erhabener Herr, wenn ich Deine Allmacht bitte, mich zu Dir zu berufen, um Dich entfernt vor jenen perversen Menschen anbeten zu können, die [48] mir nur Böses zugefügt haben, und die mit Genuß meine Lebenstage mit Tränen und Schmerzen getränkt haben!«

Das Gebet tröstet den Unglücklichen. Der Himmel ist nun einmal sein Wahn, und er stärkt sich an ihm. Justine erhob sich, ordnete ihre Kleider und entfernte sich.

Im Kopfe Saint-Florents herrschten gemischte Empfindungen. Es gibt Seelen in der Welt, für die das Verbrechen so viel Reize hat, daß sie sich daran nie sättigen können; sie sind erst dann befriedigt, wenn auf das erste Vergeben weitere gefolgt sind.

»Ach, wie schön war diese Entjungferung,« sagte der Verräter zu sich, der 100 Schritte von dem Schauplatz des Verbrechens sich unter einen Baum gesetzt hatte. »Welche Unschuld und Unberührtheit! Wie mich dieses schöne Kind erregte! Wie sehr sie meine Sinne verwirrte! Ich hätte sie erwürgt, wenn sie noch fähig gewesen wäre, mir Widerstand zu leisten. Vielleicht habe ich Unrecht, daß ich ihr das Leben schenke, denn wenn sie Jemandem begegnet, wird sie mich beschuldigen. Man könnte mich erwischen. Wer weiß, wie weit die Rache eines geschändeten Mädchens gehen kann? Vorwärts, machen wir ein Ende; ob dieses elende Geschöpf in der Welt ist oder nicht, regt niemanden auf. Ich will zurückkehren!«

Aber die unglückliche Justine war vom Himmel dazu bestimmt, den ganzen dornenvollen Weg des Unglücks zurücklegen tu müssen und sollte noch nicht so jung umkommen. Saint-Florent fand sie nicht mehr vor. Er rief nach ihr und da sie ihn hörte, floh sie desto rascher. Aber lassen wir jetzt den Verbrecher seinen Weg weiter gehen; vielleicht finden wir ihn eines Tages wieder. Die Reihe der Geschehnisse erlaubt uns jetzt nicht etwas anderes, als die Abenteuer unserer interessanten Justine zu verfolgen.

»Da ist es noch, dies Ungeheuer,« sagte sie, indem sie ihre Schritte verdoppelte. »Was kann er von mir wollen? Hat er mir noch nicht genug angetan? Was bleibt ihm noch?« Und sie flüchtete ins Gesträuch, wo sie die Nacht in furchtbarer Unruhe zubrachte.

Als der Tag erwachte, gab sie sich bitteren Gedanken hin. Noch rannen ihr die Tränen aus den Augen, als unvermutet Lärm an ihre Ohren drang. »O Gott!« rief sie schaudernd aus, »vielleicht ist er es noch, der Barbar. Er will mich umbringen, ich bin verloren.« Sie verkroch sich noch tiefer in das Gestrüpp, besaß aber dabei so viel Mut, weiter zu lauschen.

Das Geräusch ging von zwei Männern aus. »Komm, mein Freund,« sagte derjenige, der der Herr zu sein schien, zu dem Knaben, der ihm nachfolgte, »komm, hier wird es wunderbar gehen. Hier wird mich nicht die Anwesenheit einer Mutter, die ich verabscheue, daran verhindern, mich an dir zu erfreuen.« Bei diesen Worten näherten sie sich Justine derart, daß ihr keines ihrer Worte und keine ihrer Bewegungen entgehen konnten. Nun zog der Herr, der 24 Jahre alt zu sein schien, dem andern, der [49] höchstens 20 Jahre zählen mochte, die Hosen herab, kitzelte und leckte ihm das Glied und brachte es zum Stehen, worauf andere Greuel folgten. O, wie langsam verging Justine die Zeit, während welcher das Schauspiel vor sich ging, und wie peinlich war der Anblick des Verbrechens für die Tugend.

Endlich, nachdem sie zweifellos beide befriedigt waren, erhoben sie sich, um sich auf den Rückweg zu begeben. Dabei näherte sich der Herr dem Gebüsch Justines, um dort den Samen aus seinem Hintern herausfließen zu lassen, mit dem ihn der andere überschwemmt hat, und beim Aufstehen bemerkte er das Taschentuch, mit dem der Kopf Justines umhüllt war.

»Jasmin,« sagte er zu meinem Diener, »wir sind verraten, wir sind entdeckt ... Eine Frau ... ein unreines Wesen, hat unser Geheimnis belauscht. Treten wir näher; fragen wir, welchen Grund sie dafür hatte.«

Aber die zitternde Justine ließ ihnen nicht Zeit näher zu treten, Sie sprang von selbst auf und warf sich den Männern, die sie entdeckt hatten, zu Füßen. »O, meine Herren!« rief sie aus, indem sie die Hände faltete, »haben Sie gütigst Mitleid mit einer Unglücklichen, deren Schicksal beklagenswerter ist, als Sie glauben. Die Lage, in der Sie mich fanden, darf keinen Argwohn in Ihnen hervorrufen. Sie ist mehr die Folge meines Elends, als meiner Schlechtigkeit. Vermehren Sie nicht noch mein Unglück, sondern seien Sie so gut und geben Sie mir die Mittel, mich den Verfolgungen des Schicksals entziehen zu können.«

Herr v. Bressac – so hieß der junge Mann, in dessen Hände Justine gefallen war – der der Bösartigkeit und der Ausschweifung zugeneigt war, besaß keine große Dosis von Mitgefühl. Unglücklicherweise sieht man es nur zu häufig daß das Mitleid von der Wollust vertilgt wird, und ein ausschweifender Mensch ist selten ein empfindsamer Mensch. 7

Aber zu dieser natürlichen Härte gesellte sich bei Bressac noch ein tiefer Abscheu vor Frauen, so daß es Justine nur schwer möglich war, ihn für die Empfindungen empfänglich zu machen, die sie in ihm zu sehen wünschte.

»Turteltaube der Wälder,« sagte Bressac zu ihr, »wenn du Leute suchst, die du betrügen willst, so bist du nicht an die richtigen gekommen. Weder mein Freund noch ich berühren Frauen. Sie flößen uns Abscheu ein und: wir fliehen vor ihnen. Wenn du Almosen verlangst, so suche dir Leute, die gute Werke vollbringen. Wir begehen nur schlechte. Aber jetzt sprich, Elende, hast du gesehen, was sich zwischen diesem jungen Mann und mir abpielte?« – »Ich habe gesehen, daß Sie im Grase miteinander plauderten,« sagte klug Justine, »nichts weiter, meine Herren, ich schwöre es Ihnen.« – »Ich will es glauben,« erwiderte Bressac, »und das ist dein Glück. Wenn du etwas anderes gesehen hättest, [50] würdest du lebend dieses Gesträuch nicht mehr verlassen. Jasmin, wir haben noch Zeit, die Abenteuer dieses Mädchens anzuhören und wir wollen nachher sehen, was zu tun ist.«

Die jungen Leute setzten sich nieder. Justine trat näher heran und erzählte mit unschuldvoller Stimmte alle Unglücksfälle, von denen sie seit ihrer Geburt heimgesucht worden war.

»Nun, Jasmin,« sagte Bressac, indem er sich erhob, »seien wir einmal gerecht.« Themis hat dieses Geschöpf verdammt, Dulden wir nicht, daß den Absichten der Götter so zuwider gehandelt werde. Vollziehen wir an der Delinquentin das Todesurteil, das über sie gefällt wurde. Dieser kleine Mord wird, statt ein Verbrechen zu sein, nur die moralische Ordnung verbessern. Da wir hüllten Reize sein allen Verlockungen des weiblichen Geschlechtes.

Bei diesen Worten schleppten die Barbaren unter Gelächter die weinende und schreiende Unglückliche nach der Mitte des Gehölzes. »Entkleiden wir sie,« sagte Bressac, indem er alle Hüllen entfernte, ohne daß der Anblick der bei dieser Handlung enthüllten Reize sein allen Verlockungen des weiblichen Geschlechts verschlossenes Herz weicher gestimmt hätte. »Welch häßliches Geschöpf ist doch so eine Frau,« sagte er, indem er sie mit seinem Fuß auf der Erde hin und her wandte, »o, Jasmin, sieh dieses scheußliche Tier.« Dann fuhr er fort, indem er auf sie ausspie: »Sage Herzchen, würdest Du Dich jemals an solchem Tier befriedigen?« – »Nicht einmal im Hintern,« erwiderte der Diener. – »Und das nennen also die Dummköpfe ihre Gottheit, das beten die Trotteln an. Sieh doch diesen aufgeschlitzten Bauch, diese Scheide an. In diesem Tempel opfert der Unsinn. Dort ist die Werkstatt der menschlichen Fortpflanzung. Vorwärts, nur kein Mitleid. Binden wir diese Hündin an.« Im Augenblick war das arme Mädchen mit einem Strick, den diese Ungeheuer aus ihren Hals und Schnupftüchern gedreht hatten, zwischen vier Bäumen derart angebunden, daß jedes ihrer Glieder an einem Baum festgehalten war. In dieser grausamen Stellung, bei der ihr Magen ohne Stütze zur Erde hing, empfand sie so heftige Qualen, daß ihr kalter Schweiß auf die Stirne trat. Je mehr aber die Unglückliche litt, desto mehr Ergötzen schienen die jungen Männer an dem Schauspiel zu haben. Sie betrachteten mit Wollust jede ihrer Zuckungen und richteten den Grad ihrer Freude nach der mehr oder minder großen Heftigkeit der Verzerrungen in den Gesichtsmuskeln der Armen.

»Nun ist's genug,« sagte Bressac, »diesmal wollen wir es bei der Angst bewenden lassen.«

»Justine,« fuhr er fort, indem er die Fesseln löste und ihr befahl, sich wieder anzukleiden, »seien Sie verschwiegen und folgen Sie uns. Wenn Sie sich mir anschließen, werden Sie es nicht bereuen. Meine Mutter bedarf einer zweiten Dienerin. Ich werde Sie ihr vorstellen. Aber wenn, Sie mit meiner Güte Mißbrauch treiben, wenn Sie mein Vertrauen verraten oder meinen Befehlen nicht gehorchen, so sehen Sie sich erst diese vier Bäume an. Bedenken [51] Sie, daß dies er verhängnisvolle Ort nur eine Meile weit von dem Schloß entfernt ist, in das ich Sie führe, und daß Sie bei der geringsten Verfehlung wieder hieher zurückkommen werden.«

Die plumpeste Vorspiegelung eines Glückes ist für den Unglücklichen das, was der Tau der vertrockneten Blüte ist. Justine warf sich weinend ihrem scheinbaren Wohltäter zu Füßen. Sie schwor, unterwürfig zu sein und sich gut betragen zu wollen. Allein der grausame Bressac, der für die Feude dieses armen Kindes ebenso wenig empfänglich war, wie für ihren Schmerz, sagte blos: »Wir wollen sehen« und setzte sich in Bewegung.

Jasmin und sein Herr sprachen leise zusammen, während Justine ihnen demütig und wortlos folgte. Ein Marsch von fünfviertel Stunden brachte sie nach dem Schloß der Frau von Bressac, dessen kostbare Ausstattung Justine lehrten, daß, welchen Posten immer sie hier einnehmen würde, es nur zu ihrem Vorteil gereichen könne.

Eine halbe Stunde nachdem sie angelangt waren, stellte sie der junge Mann seiner Mutter vor.

Frau von Bressac war ungefähr 45 Jahre alt, noch sehr schön und wiewohl weichherzig, so doch streng von Sitten. Sie war stolz darauf, in ihrem Leben niemals einem Fehltritt getan zu haben und verzieh auch Anderen nicht ihre Schwächen. Durch diese übertriebene Strenge fühlte sich ihr Sohn abgestoßen, der, wie wir gesehen haben, wohl Torheiten beging. Seit zwei Jahren Witwe, besaß Frau von Bressac eine jährliche Rente von 100.000 Talern, die, eines Tages mit der eigenen vom Vermögen des Vaters herstammenden vereinigt, dem Verbrecher, den wir kennen lernten, ein Jahreseinkommen von fast einer Million sicherte. Trotz so großer Aussichten gab Frau von Bressac ihrem Sohne sehr wenig Geld. Konnte ein Tachengeld von 25.000 Francs zur Bezahlung der Vergnügungen des jungen Mannes reichen? Nichts ist so teuer wie gerade seine Art von Leidenschaften. Zwar kosten die Männer weniger wie die Frauen, allein man läßt sich häufiger ficken, als man selber Nummern machen würde.

Frau von Bressac bewohnte drei Monate im Jahre das Landgut, wohin Justine kam, die übrige Zeit verbrachte sie in Paris. Von ihrem Sohne verlangte sie, daß er sie während dieser drei Monate nicht verlasse und man kann sich die Qualen eines jungen Mannes vorstellen, der seine Mutter verabscheute und jeden Augenblick als verloren betrachtete, den er fern von einer Stadt zubringen mußte, die für ihn der Mittelpunkt seiner Genüsse war.

Bressac befahl Justine, seiner Mutter von den Dingen Mitteilung zu machen, die sie ihm erzählt hatte. Sowie sie geendigt, ergriff die hochachtbare Frau das Wort: »Ihre Reinheit und Unschuld,« sagte sie, »lassen mich an Ihrer Wahrheitsliebe nicht zweifeln. Ich werde keine weiteren Erkundigungen über Sie einziehen als die, ob Sie wirklich die Tochter des Mannes sind, den Sie mir genannt haben. Ich habe Ihren Vater gekannt, und das ist für mich ein Grund mehr, mich für Sie zu interessieren. Was [52] die Geschichte mit der Delmouse betrifft, so nehme ich es auf mich, sie in zwei Besuchen zu ordnen, die ich dem Kanzler, einem alten Freund von mir abstatten werde. Dieses Geschöpf ist überdies ihrem Ruf nach schon längst gefallen, und ich könnte sie einsperren lassen, wenn ich wollte. Aber denken Sie gut nach, Justine,« fuhr Frau von Bressac fort, »daß das, was ich Ihnen hier verspreche, nur der Preis für eine glänzende Aufführung ist.« Justine warf sich nun ihrer Wohltäterin vor die Knie und versicherte, daß man mit ihr zufrieden sein würde, worauf sie ihre Stelle antreten konnte.

Nach einigen Tagen langten die Antworten auf die Erkundigungen ein. Man lobte Justine wegen ihrer Offenheit und bald verflüchtigten sich alle Gedanken an gewesenes Unglück aus ihrem Geist, um der süßestem Hoffnung Platz zu machen. Aber es war diesem armen Mädchen nicht bestimmt, jemals glücklich zu sein, und wenn sie es auch jetzt auf kurze Zeit war, so geschah das nur, um ihr das kommende Mißgeschick noch bitterer fühlen zu lassen.

Kaum war man nach Paris zurückgekehrt, als Frau von Bressac sich bemühte, ihrer Kammerfrau die Wege zu ebnen. Die Verleumdungen der Delmouse wurden als solche erkannt, aber man konnte ihr nichts mehr anhaben, da sie vor einigen Tagen nach Amerika, abgereist war, um eine reiche Erbschaft anzutreten.

Was die Feuersbrunst im Gefängnis betrifft, so überzeugte man sich bald, daß Justine, obwohl sie aus dem Ereignis Nutzen gezogen hatte, ihm doch vollständig ferne stand.

Man kann sich leicht vorstellen, wie alles das sie an Frau von Bressac fesselte. Jung, schwach und gefühlvoll wie sie war, öffnete Justine ihr Herz bald freudig den Gefühlen der Dankbarkeit. Da sie sich närrischerweise einbildete, daß eine Wohltat den Empfänger an den Geber binden müsse, richtete sie ihr Augenmerk nur mehr auf dieses kindische Gefühl. Es lag natürlich in der Absicht des jungen Mannes, Justine so sehr als möglich an seine Mutter zu fesseln, die er nicht leiden konnte. Aber wir müssen ihn erst näher schildern.

Bressac vereinigte mit den Reizen der Jugend eine verführerische Erscheinung. Wenn man an seinem Wuchs oder seinen Zügen Fehler hätte aussetzen können, so wären es die gewesen, daß sie sich ein wenig der Weichheit näherten, die den Frauen eigentümlich ist. Allein welche Seele steckte unter diesen weiblichen Formen. Man fand in ihr alle Laster, welche die größten Verbrecher auszeichnen. Niemals gab es jemand bösartigeren, rachsüchtigeren, grausameren, gottloseren und ausschweifenderen. Vor allem anderen haßte dieser sonderbare Mensch seine Mutter, und zwar war dieser Haß unglücklicherweise sowohl auf unerklärlichen Gefühlen als auch auf dem Interesse aufgebaut, das er an ihrem baldigen Hinscheiden haben mußte. Frau von Bressac tat alles, um ihren Sohn auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, aber sie wendet zuviel Strenge an und der junge Mann [53] gab sich nur noch stürmischer seinen seltsamen Neigungen und seinem Haß hin.

»Bilden Sie sich nicht ein,« sagte Bressac eines Tages zu Justine, »daß meine Mutter aus sich selbst heraus so gut am Ihnen handelt. Glauben Sie mir, daß wenn ich sie nicht jeden Augenblicke antreiben würde, sie sich kaum an ihre Versprechungen erinnern würde. Ja, Justine, nur mir schulden Sie die Dankbarkeit, die Sie an meine Mutter verschwenden. Und ich muß Ihnen umso uneigennütziger erscheinen, als ich, wie Sie wohl wissen, nicht nach ihren Liebesbezeugungen trachte. Nein, nein, liebes Kind, ich verachte alles, was mir eine Frau geben kann, und die Dienste, die ich von Ihnen verlange, sind ganz anderer Art, und ich hoffe, daß Sie einsehen werden, daß ich ein Anrecht auf Ihre Dankbarkeit habe.«

Diese häufig wiederholten Redensarten waren Justine so unverständlich, daß Sie keine Antwort finden konnte. Um aber das Vertrauen der Leser nicht zu täuschen, müssen wir die Fehler eingestehen, die Justine beging.

So niederträchtig schlecht Bressac gegen sie vorgegangen war, war es ihr vom ersten Tage an, das sie ihn gesehen hatte, doch unmöglich, sich eines heftigen Gefühle von Zärtlichkeit zu erwehren. Das Dankbarkeitsgefühl vermehrte noch diese ungewollte Neigung in ihrem Herzen und bald verehrte die arme Justine diesen Verbrecher ebenso heftig, wie sie ihren Gott, ihre Religion und die Tugend anbetete. Sie hatte sich tausendfach Gedanken über die Grausamkeit dieses Mannes, über seine Geschmacksverwirrung, seinen Frauenhaß und über den sittlichen Abgrund, der ihn von ihr trennte, gemacht und trotzdem konnte nichts in dieser Welt diese keimende Leidenschaft ersticken. Wenn Bressac ihr Leben verlangt hätte, hätte sie es ihm ruhig gegeben. Aber Justine hatte noch niemals ein Wort laut werden lassen und der undankbare Bressac war weit davon entfernt, die Ursachen der Tränen zu erraten, die sie täglich um ihn vergoß. Trotzdem konnte er nicht umhin, zu bemerken, daß sie ihm alle seine Wünsche von den Augen ablas. Durch ihr Betragen hatte sie sich bald das volle Vertrauen des jungen Bressac erworben, so daß ar ihr feines Tages zu, sagen wagte: »Unter den jungen Männern, die sich mir hingeben, gibt es welche, die es nur aus Gefälligkeit für mich tun, Justine. Diese hätten den Anblick eines reizvollen jungen Mädchens nötig, und da ich ihren Wünschen, obwohl sie meinen Stolz verletzen, doch nachkommen will, so würde ich dabei dich jeder anderen vorziehen. Ich will von nichts wissen. Du wirst sie in meinem Kabinett vorbereiten und ich lasse sie erst in mein Zimmer, wenn sie in dem richtigen Zustand sind.« – »O, mein Herr,« erwiderte Justine unter Tränen, »wie können Sie mir solche Dinge vorschlagen? Und gar die Greuel, denen Sie sich hingeben ...« – »Ah, Justine,« unterbrach sie Bressac, »kann man jemals diese Neigung in sich töten? Wenn du ihre Reize kennen würdest! Wenn du begreifen könntest, was man bei [54] der süßen Illusion empfindet, daß man nicht mehr wie eine Frau ist! Unfaßbare Verwirrung dies Geistes: Man verabscheut dieses Geschlecht und ahmt ihm doch nach. Ach, nein, Justine, du kannst dir nicht vorstellen, welchen wollüstigen Kitzel diese göttliche Neigung hervorruft. Man kann sich unmöglich zurückhalten. Man verliert den Verstand, es ist ein Fieber. Tausend Küsse, einer feuriger wie der andere, können uns nicht in den Rausch versetzen, in den uns ein Reiter bringt. Von seinen Armen umschlungen, ein Mund auf den andern gepreßt, sind wir in einem Zustand, daß wir wünschen, unser ganzes Wesen möge mit dem seinen bloß einen Körper bilden. Wir möchten, daß unser Reiter stärker sei wie Herkules, daß er uns hinten aufreihe. Wir möchten, daß jener kostbare, heiß in unsere Eingeweide spritzende Samen durch seine Hitze und seine Kraft den unseren auslöst. Wir sind anders wie andere Menschen geschaffen und jene reizbare Haut, die das Innere eurer niederträchtigen Scheide auskleidet, hat der Himmel uns an jenen Altären geschenkt, an denen unsere Seladone opfern. Es gibt keinen von euren Genüssen, den wir nicht auch kennen würden, aber dazu kommen noch die, die bloß wir haben. Diese wundervolle Viereinigung macht uns zu den Menschen auf der Erde, die für die Wollust am empfänglichsten sind und am ehesten dazu geschaffen sind, sie zu genießen.«

So drückte sich Herr von Bressac über seine Freuden aus. Hätte Justine versuchen sollen, ihm von der hochachtbaren Frau zu sprechen, der er das Licht der Welt verdanke und welchen Kummer ihr solche Verirrungen bereiten mußten? Sie bemerkte an dem jungen Manne nur Verachtung, üble Laune und Ungeduld, so lange in diesen Händen Reichtümer zu sehen, die, wenn es nach ihm gegangen wäre, schon in seinem Besitz hätten sein müssen. Sie sah an ihm nur mehr grenzenlosen Haß gegen diese so tugendhafte und anständige Frau.

Manchmal versuchte es Justine mit religiöser Hilfe. Sie trachtete, ihre Illusionen in die Seele dieses perversen jungen Mannes einzupflanzen. Aber Bressac, der ein erklärter Feind der religiösen Mysterien war, bemühte sich bald, statt sich dem Glauben Justines zu unterwerfen, sie dem seinigen zu gewinnen. Er schätzte den Geist dieses jungen Mädchens so weit, daß er danach trachtete, sie durch die Philosophie zu erleuchten. Vorerst mußte er aber in ihr alle Vorurteile ertöten und er begann mit folgenden Worten:

»Alle Religionen, Justine, gehen von einem falschen Grundsatz aus: Alle nehmen einen Schöpfer als notwendig an, dessen Existenz unmöglich ist. Erinnere dich doch an die vernünftigen Erklärungen dieses gewissen Eisenherz, der, wie du erzähltest, gleich mir deinen Geist bearbeitet hat. Das war ein sehr geistvoller Mann und die Erniedrigung, in der zu leben ihn die menschliche Dummheit zwingt, enthebt ihn nicht der Fähigkeit, richtig zu denken.

Wenn alle Erzeugnisse der Natur nur Folgen der in ihr [55] liegenden Gesetzen sind, wenn die Bewegung in ihr selbst liegt, was wird dann aus dem hoheitsvollen Herrscher, an den die Dummköpfe glauben? So ungefähr sprach dein kluger Lehrer zu dir. Was aber sind die Religionen anderes als Fesseln, mit denen der Stärkere den Schwächeren binden will? In dieser Absicht nur wagte der Stärkere zu behaupten, daß ein Gott die Ketten geschmiedet habe, die seine Grausamkeit selbst erfand. Und der Unglückliche glaubte ohne nachzudenken alles, was der andere wollte. Können aber Religionen, die aus solchen Betrügereien hervorgegangen sind, Achtung verdienen? Was sehe ich in allem? Mysterien, die den gesunden Verstand schaudern machen, Dogmen, die die Natur beleidigen, groteske Zeremonien, die nur Abscheu erregen können. Aber wenn zwei Religionen unsere besondere Verachtung verdienen, so sind es die beiden, die sich auf den stumpfsinnigen Romanen, Altes und Neues Testament genannt, aufbauen. Sehen wir uns aber einmal diese lächerliche Anhäufung von Lügen und Frechheiten näher an. Ich werde dir Fragen stellen und du sollst sie beantworten, wenn du kannst.

Vorerst: Wie soll ich mich dazu stellen, daß die Juden, die während der Inquisition zu Tausenden verbrannt wurden, durch vier Jahrtausende hindurch die Lieblinge Gottes waren? Wie konnte ihr grausamer und lächerlicher Gott so ungerecht sein und der ganzen Welt eine kleine Horde von Juden vorziehen, um bald darauf wieder dieses Lieblingsvolk im Stiche zu lassen, um sich einer noch viel kleineren und elenderen Kaste anzunehmen?

Warum hat dieser Gott früher so viele Wunder getan und warum will er keine mehr für uns tun, obwohl wir doch jetzt jenes Volk ersetzen, für das« er ehemals so entzückt getan hat?

Ist Gott nicht ein frecher Ignorant, wenn er sagt, Moses habe seine Schriften in der Wüste jenseits des Jordans niedergeschrieben; denn Moses hat niemals den Jordan überschritten.

Wie kommt es, daß sich in einem vom Ihrem Gott diktierten Buch Namen von Städten finden, die niemals existierten, Vorschriften, für Könige, die den Juden ein Greuel waren und die noch gar nicht über sie herrschten ... Kurz, ein Ameisenhaufen von Widersprüchen? Ihr Gott ist also gleichzeitig ein Dummkopf und ein launischer Geist. Ich würde statt einer solchen traurigen Gestalt lieber vorziehen, gar keinen zu haben.

Wie fassen Sie die burleske Geschichte von der Rippe Adams auf? Ist sie direkt oder symbolisch zu nehmen? Wie schuf Gott das Licht vor der Sonne? Wie schied er das Licht von der Finsternis, da doch Finsternis nichts anderes als Entziehung des Lichtes ist? Wie wurde das Firmament inmitten der Waser geschaffen, da es doch gar kein Firmament gibt? 8

Ist es nicht klar, daß Ihr alberner Gott ein ebenso schlechter Physiker, wie schlechter Geograph und lächerlicher Geschichtsschreiber ist?

[56] Wollen Sie einen weiteren Beweis seiner Dummheit? Was ist das für ein lächerliches Verbot, eine Frucht nicht essen zu dürfen, die in einem Garten wächst, der einem ganz zur Verfügung gestellt ist? Es liegt viel Bösartigkeit in solchem Verbot, denn Gott wußte wohl, daß der Mensch unterliegen würde: Das Ganze war also bloß eine Falle, die er ihm stellte. Welch scheußlicher Schuft ist doch Ihr Gott! Ich sah in immer bloß als Dummkopf an, aber bei näherer Betrachtung wird er zu einem großen Verbrecher.

Warum will dieses Original plötzlich nicht mehr, daß man die Luft in seinem Garten atme und warum setzt er vor das Tor einen Ochsen 9 mit dem Flammenschwert in der Hand?

Gibt es etwas Alberneres und Lächerliches als diese Anekdotensammlung?

Wie wollen Sie mir die Geschichte mit den Engeln erklären, die die Töchter der Menschen küssen und Riesen erzeugen? Was sagen Sie zu der Sintflut, die, wenn sie wie Gott sagt, nur 40 Tage dauerte, höchstens 18 Zoll Wasser über der Erde hätte ansammeln können? Wie wollen Sie mir die Wasserstürze des Himmels, wie erklären, daß Tiere aus allen vier Himmelsrichtungen kamen, um dann in einen Koffer eingesperrt zu werden, wo nach den Beschreibungen der Bibel alles Platz fände, nur nicht die ganze Menagerie des Herrn? Und wie konnte die Familie Noahs, die nur aus acht Personen bestand, alle diese Geschöpfe nähren und pflegen? O, mächtiger Gott der Juden! Ich bin überzeugt, daß unter all diesen Tieren keines dümmer war wie du.

Und der Turm von Babel wie wollen Sie den rechtfertigen? Er war zweifellos höher wie die Pyramiden Egyptens, da doch Gott diese Pyramiden fortbestehen ließ.

Und der gute Abraham, der im Alter von 135 Jahren Sarah für seine Schwester ausgibt, aus Angst, man könnte sie vergewaltigen, erfreut Sie das nicht?

Was mir wieder unendlichen Spaß macht, ist die hübsche Geschichte von den Sodomitern, die die Engel im Hintern ficken wollen und dem guten Loth, der lieber seine Töchter von hinten bearbeitet sehen möchte, was aber offenbar den Kennern vom Asphaltsee nicht genügte.

Aber die Frage, die Sie zweifellos auf der Stelle beantworten werden können, ist die, wieso die Salzsäule in die Loths Frau verwandelt wurde, so lange dem Regen widerstehen konnte?

Wie wollen Sie das Glück rechtfertigen, das Jakob genießt, der seinen Vater Isaak täuschte und seinen Schwiegervater Laban bestahl? Wie erklären Sie die Gotteserscheinung auf der Leiter und den Zweikampf Jakobs mit einem Engel? O, wie das hübsch, wie das interessant ist!

Aber sagen Sie mir, was Sie von dem kleinen Rechenfehler von 195 Jahren halten, den man findet, wenn man den Aufenthalt der Juden in Aegyptan nachprüft? Wie erklären Sie das Baden der [57] Tochter Pharaos im Nil, in dem wegen der Krokodile niemals jemand badet?

Wie kommt es, daß Moses, der die Tochter eines Götzenanbeters heiratete, von Gott, der keine Heiden leiden mochte, doch zu seinem Propheten erwählt wurde? Wieso taten die Magier des Pharao dieselben Wunder wie Moses? Warum flüchtete Moses mit seinem Volk, da er doch von Gott geführt wurde und sich an der Spitze von 630.000 Streitern befand, statt sich Egyptens zu bemächtigen, dessen Erstgeborene alle durch die Hand Gottes umgekommen waren? Wieso verfolgte die Reiterei Pharaos dieses Volk in einem Land, in dem sich eine Reiterei überhaupt nicht bewegen konnte? Wie konnte übrigens Pharao eine Reiterei haben, da Gott bei der fünften Plage gestreicherweise alle Pferde hatte umkommen lassen.

Wie konnte ein goldenes Kalb in acht Tagen geformt werden? Und wie verbrannte Moses dieses goldene Kalb zu Asche?

Und wie denken Sie über die Gerechtigkeit Gottes, der wegen eines einzigen Mannes, der mit einem Mädchen aus Mediam geschlafen hat, 24.000 Menschen töten läßt? Waren diese Hebräer, die man uns als grausame Leute schildert, nicht doch sehr gutmütig, daß sie sich das gefallen ließen?

Aber erst, wenn er Gesetzgeber spielt, dann wird Ihr erhabener Gott geistvoll. Gibt es etwas klügeres und wichtigeres, als daß er den Männern befiehlt, nicht mit Frauen zu schlafen, wenn diese die Regeln haben und daß er, wenn es doch geschieht, die Todesstrafe darauf gesetzt hat? Als daß er die Art, wie man sich den Arsch auswischen und waschen muß, genau beschreibt? In der Tat, das alles ist von höchster Wichtigkeit und man liebt leicht ein ewiges Wesen, das so schöne Sachen vorschreibt.

Wie wollen Sie die Notwendigkeit eines Wunders beweisen, wenn man den Jordan überschreiten will, der höchstens vierzig Fuß breit ist?

Wie wollen Sie beweisen, daß gerade die Mauern von Jericho nur durch den Ton der Trompeten einstürzten?

Wie wollen Sie die Handlung der Hure Rahab entschuldigen, die ihre Vaterstadt Jericho verriet? Wozu war dieser Verrat nötig, da es bloß eines schwachen Trompetenstoßes bedurfte, um in den Besitz der Stadt zu gelangen?

Warum muß gerade aus den Lenden dieser Hure Rahab Gottes geliebter Sohn entstehen? Wie wollen Sie entschuldigen, daß Josua einunddreißig Personen hängen läßt, nur weil er nach ihrem Vermögen trachtete?

Wie beurteilen Sie die Schlacht Josuas gegen die Amorrhiter, während welcher Gott, der gütige Herr, durch fünf Stunden hindurch Felsblöcke auf die Feinde des jüdischen Volkes regnen läßt?

Wie können Sie, bei Ihren Kenntnissen von dem Lauf der Gestirne den Befehl Josuas begreifen, die Sonne möge stillstehen, während doch gerade die Sonne still steht und die Erde sich bewegt? Ah! Ich weiß, Sie werden mir antworten, daß Gott noch [58] nicht wußte, daß wir solche Fortschritte in der Astronomie machen würden. Ihr Gott ist ein großer Geist!

Was halten Sie von Jephta, der seine Tochter schlachtet und 42.000 Juden hinrichten läßt, bloß weil ihre Zunge das Wort Schiloleth nicht aussprechen kann?

Warum wird in Ihrem Neuen Testament das Dogma von der Hölle und der Unsterblichkeit der Seele aufgestellt, während das Alte, an das doch das Neue anschließt, nichts von diesem ekelhaften Unsinn weiß?

Wie wollen Sie die Unsittlichkeit jener hübschen kleinen Erzählung von dem Leviter mildern, der auf seinem Esel nach Gaba kommt und den die Bewohner dieser Stadt im Hintern ficken wollen? Der arme Teufel läßt seine Frau im Stich, um sich aus der Verlegenheit zu ziehen und die Arme stirbt unter den sodomitischen Angriffen. Ich bitte, sagen Sie mir, wozu nützen derartige Niedlichkeiten in einem vom Geist Gottes geleiteten Buche?

Sie müssen mir auch erklären, wieso es möglich ist, daß Simson in seinem Lande, das keinen Wald besitzt, die Getreidefelder der Philister durch Fackeln entzündete, die er an die Schwänze von 300 Füchsen band; da doch Füchse gewöhnlich im Walde wohnen. Dann, wieso er 1000 Philister mit einer Eselskinnbacke erschlagen konnte und wieso aus einem dieser Zähne ein Strahl Wassers entspringen konnte? Sie werden zugestehen, daß man selbst ein wenig Eselskinnbacke sein muß, um ein solchem Märchen zu erfinden oder daran zu glauben.

Dieselbe Aufklärung erbitte ich mir von Ihnen über den wackeren Tobias, der mit offenen Augen schlief und durch den Kot einer Taube erblindete und auch ferner über den Engel, der eigens aus dem Himmelreich herabstieg, um mit Tobias Geld holen zu gehen, das der Jude Gabel dem Vater des Tobias schuldete. Diese Geschichten sind wirklich merkwürdig. Außer dem Märchen vom kleinen Däumling kenne ich nichts Hübscheres.

Nicht ohne Ihre Hilfe aber kann ich mir den heiligen Text erklären, der besagt, daß Judith von Simeon, dem Sohne das Ruben, abstamme, obgleich mach derselben heiligen Schrift Simeon der Bruder Rubens war. Und die heilige Schrift kann doch nicht lügen?

Ich liebe Esther und ich finde es von Aßnerus sehr vernünftig, eine Jüdin zu heiraten und sechs Wochen mit ihr zu schlafen, ohne zu wissen, wer sie ist.

Auch Ihr David macht mir Kummer. Ich sehe mit Aerger in einen solchen Verbrecher einen Ahnherrn Ihres Jesu. Es ist hart für ein Wesen, das sich Gott nennt, seinen Ursprung von einem Mörder, Ehebrecher, Frauenräuber, Syphilitiker und Betrüger, mit einem Wort, von einem Manne herzuleiten, der, wenn ihn unsere europäischen Gesetze erreicht hätten, zwanzigmal gerädert worden wäre.

Wie wollen Sie, bitte, die prachtvollen Versprechungen der jüdischen Propheten mit der dauernden Sklaverei in Einklang bringen, [59] in der dieses unglückliche Volk bald unter den Phöniziern, bald unter den Babyloniern, unter den Persern, Syriern, den Römern usw. schmachtete?

Ihren Ezechiel halte ich entweder für ein großes Schwein oder für einen sehr wollüstigen Menschen, wenn er Kot ißt. Und es ärgert mich, wenn er einem jungen Mädchen sagt: »Als deine Brüste sich bildeten, habe ich mich auf dich gelegt, ich habe deine Nacktheit bedeckt und ich habe dir schöne Dinge geschenkt. Aber du hast dir ein Freudenhaus gebaut, du hast dich auf öffentlichen Plätzen geschändet. Du hast mit Eifer gewünscht, mit denen zu schlafen, die Eselsglieder haben und die Samen ausspritzen wie Pferde.« O, schamhafte Justine, kann man ein solches Buch ein heiliges nennen und es jungen Mädchen in die Hand geben?

Ist die Geschichte Ihres Jonas, der drei Tage im Bauche eines Walfisches zubrachte, nicht widerlich und ist sie nicht eine deutliche Nachbildung nach der Erzählung von Herkules, der von ebensolchem Tiere verschlungen wurde, dann aber, geschickter wie Jonas, die Leber des Walfisches aß?

Aber beim Neuen Testament werden mir Ihre Erklärungen notwendiger sein, Man sagt mir, daß Matthias dem Josef Jakob zum Vater gibt, während Lukas ihn als Sohn des Elias hinstellt. Man wird mich fragen, wieso der eine sechsundfünfzig und andere nur zweiundvierzig Generationen aufzählt. Wozu dient übrigens dieser Stammbaum für Josef, welcher doch gar nicht der Vater Jesu war? Sind Sie der Ansicht, des heil. Ambrosius, der sagt, der Engel habe Maria ein Kind durch das Ohr gemacht (Maria per aurem impraegnata est), oder des Jesuiten Sanchés, der behauptet, daß sie entlud, während der Engel sie fickte?

Wenn ich nach Matthäus von der Flucht nach Egypten sprechen wollte, würde man mir entgegnen, daß diese Flucht ein Roman ist, von dem keiner der anderen Evangelisten spricht. Und wenn ich nun zugebe, daß die heilige Familie in Judäa blieb, wird man behaupten, daß sie in Egypten war.

Und glauben Sie, daß die Astronomen nicht über mich spotten werden, wenn ich ihnen von dem Stern erzähle, der die drei Könige in einen Stall leitete? Es ist ärgerlich, daß kein Geschichtsschreiber dem angeblichen Kindermord zu Hilfe kommt. Es wäre im Interesse der Menschlichkeit sehr zu wünschen, wenn die Massenmorde der Bartholomäusnacht, von Merindol, Cabrières usw. ebensowenig beglaubigt wären.

Aber was ich hoffe, von Ihnen aufgeklärt zu sehen, ist die entzückende Geschichte, in der der Teufel Gott entführt und ihn auf einem Berge absetzt, von dem aus man die ganze Erde sehen konnte. Der Teufel, der Gott alle Reichtümer verspricht, falls er ihn anbeten wolle, wird viele anständige Leute ärgern, weshalb ich für ihn ein Wort der Empfehlung erbitte.

Wenn Sie heiraten werden, Justine, werden Sie mir erzählen, wie Gott, der auch bei einer Hochzeit teilnahm, sich dabei benahm. [60] Wasser in Wein zu verwandeln und das zu gunsten von Leuten, die schon betrunken waren.

Wenn Sie Ende Juli Feigen zum Frühstück essen werden, werden Sie die Güte haben, mir zu sagen, weshalb Gott, der auch Hunger hatte, im Monat März Feigen suchte, wenn das nicht die Zeit der Feigen ist.

Dann müßte ich beispielsweise erwähnen, daß Gott wegen der Erbsünde ans Kreuz geschlagen wurde. Man wird mir aber antworten, daß weder im Alten noch im Neuen Testament jemals die Rede von einer Erbsünde war und daß bloß gesagt wird, Adam müsse an dem Tag sterben, da er von dem Baume der Erkenntnis essen würde, und er trotzdem nicht starb.

Und ich fürchte, daß man mich für verrückt hält, wenn ich behaupte, daß Gott wegen eines 4000 Jahre vor seinem Tode gegessenen Apfels ans Kreuz geschlagen wurde.

Soll ich mit Lukas sagen, daß Jesus in dem kleinen Dorfe Bethaniens gen Himmel fuhr oder mit Matthäus, daß es aus Galiläa geschah? Oder soll ich gar die Meinung eines Gelehrten teilen, der zur allgemeinen Beruhigung behauptet, Gott habe einen Fuß in Galiläa und den anderen in Bethanien gehabt?

Sagen Sie mir, warum Jesus nicht sieben Sakramente aufgestellt hat und Ihre Religion; doch deren sieben aufzählt? Weshalb Sie die Dreieinigkeit anbeten und Jesus doch niemals von dieser Dreieinigkeit gesprochen hat. Mit einem Wort, weshalb Ihr so mächtiger Gott uns doch nicht über alle diese für unser Heil wichtige Wahrheiten aufklären konnte?

Aber lassen wir einmal alles beiseite, was man von Ihrem Christus spricht und beurteilen wir ihn einmal nur nach seinen eigenen Worten und seinen eigenen Handlungen. Wie, frage ich Sie, können vernünftige Menschen den dunklen Worten und geschickt vorgetäuschten Wundern des ekelhaften Gründers dieses Gottesdienstes Glauben entgegenbringen? Gab es jemals einen Spiegelfechter, der mehr den öffentlichen Unwillen herausgefordert hätte? Durch Kunstkniffe, Zauberstückchen und Kalauer 10 kündet sich der Abgesandte Gottes der Welt an. In der hochachtbaren Gesellschaft von Gauklern, Handwerkern und Freudenmädchen erzählt er von seiner Macht.

Indem er mit dem einen trinkt und mit dem andern fickt, unterwirft der Sohn Gottes, der selbst Gott ist, verhärtete Sünder seinem Gebot. Jedoch hat er Erfolg, wie immer er es anstellt. Flache Tölpel schließen sich dem Schuft an und bilden eine Sekte. Die Glaubenssätze dieses Schweinehundes verlocken einige Juden. Als Sklaven römischer Macht waren sie froh, eine [61] Religion zu finden, die sie von den politischen Ketten befreiten und sie nur in religiöse zwang. Man errät ihre Absichten und sie werden verhaftet. Ihr Führer kommt auf eine im Verhältnis zu seinem Verbrechen sehr milde Art um, aber man begeht einen unverzeihlichen Fehler und läßt die Jungen dieses Schädlings frei laufen, statt sie auch aufzuhängen. Nun ergreift der Fanatismus die Geister. Frauen schreien, Narren streiten, die Dummköpfe glauben. Und so wird das niederträchtigste aller Wesen, der ungeschickteste aller Gauner, der plumpste Betrüger, den es je gab zum Gott, zum wahren, dem Vater gleichgestellten Sohn Gottes. Der Schoß seines sagenhafen Papas öffnet sich, um ihn zu empfangen. Und dieser Schöpfer, dar ehemals allein war, wird nun dreigestaltig. Alles nur, um seinem würdigen Sohn einen Gefallen zu tun. Aber nicht einmal dabei läßt es dieser heilige Gott bewenden. Auf den Wunsch eines Priesters, das heißt eines lügnerischen und verbrecherischen Schuftes, läßt sich dieser große Gott, der Schöpfer des Weltalls, zehn- oder zwölfmillionenmal an einem Morgen in ein Stück Oblate nieder. Und alles das, nur um seinen lieben Sohn zufriedenzustellen, der diese Gottlosigkeit zum erstenmal bei einem armseligen Abendmahl beging. Er sagte es und so muß es wohl auch sein. Er sprach: Dies Brot, das Ihr sehet, wird mein Fleisch sein und Ihr werdet es als solches verdauen. Nun: Ich bin Gott, so wird also Gott von euch verdaut werden. Folglich wird sich der Schöpfer des Himmels und der Erde in Kot verwandeln, weil ich es gesagt habe. Und man wird seinen Gott essen und entleeren, weil Gott gut ist und allmächtig.

Schließlich gelangt diese niederträchtige Religion auf den Thron. Und ein schwacher, grausamer, unwissender und fanatischer Herrscher beschmutzt mit ihr die beiden Enden der Erde. O, Justine! Welchen Wert haben derartige Gründe für einen urteilenden und philosophisch geübten Geist! Kann der Kluge in diesem Durcheinander von abscheulichen Märchen etwas anderes sehen als eine bewußte Täuschung etlicher Menschen und eine falsche Vertrauensseligkeit der weitaus größeren Anzahl? Wenn Gott gewollt hätte, daß wir seine Religion annehmen und wenn er wirklich allmächtig gewesen wäre, hätte er uns dann seine Gesetze auf so unsinnige Art und Weise mitgeteilt? Hätte er uns dann durch einen verächtlichen Banditen gezeigt, wie wir ihm dienen müssen? Er möge eines Tages, im Mittelpunkt der Sonne mit Flammenschrift das Gesetz aufschreiben, das er wünscht und das er uns geben will: Von einem Ende des Weltalls bis zum anderen würden die Menschen es gleichzeitig lesen können und nun würden sie sich schuldig machen, wenn sie es nicht befolgen würden. Für ihren Unglauben gäbe es keine Entschuldigung mehr. Aber seine Wünsche in einem unbekannten Winkel Asiens laut werden lassen! Als Zuhörer sich das betrügerischeste Volk, als Verkünder sich den unsinnigsten Spitzbuben aussuchen; die Lehre so gut verschleiern, daß man sie nicht verstehen kann; sie nur einigen wenigen Wesen mitteilen und die anderen in Unkenntnis [62] lassen und sie dann nach dafür bestrafen, nein, Justine, das sind unsinnige Grausamkeiten, die nicht danach angetan sind, daß sie uns leiten könnten. Ich möchte tausendmal lieber sterben, als an solche Dinge zu glauben. Es gibt keinen Gott und es gab niemals einen. Nur in den Köpfen von Narren lebte dieses Wahngebilde. Aber – werden Sie mir entgegnen – die Natur ist unfaßbar ohne einen Gott. Nun, dann forschen Sie wie Fénelon nach den winzigsten Teilen im Körper eines Menschen. Schwingen Sie sich in die Lüfte, um den Lauf der Gestirne zu bewundern. Begeistern Sie sich vor Schmetterlingen, Insekten und Polypen, im denen Sie die Größe Gottes zu finden glauben. Aber alle diese Dinger werden, so viel sie auch sagen mögen, niemals die Existenz dieses eingebildeten Wesens beweisen. Sie werden nur beweisen, daß Sie nicht den nötigen Begriff von der ungeheuren Mannigfaltigkeit der Materie und von den Wirkungen der verschiedenen Kombinationen haben können. Sie werden beweisen, daß Sie gar nicht wissen, was die Natur ist, daß Sie keine Ahnung von ihren Kräften haben, wenn Sie sie für unfähig halten, eine Menge von Formen und Wesen zu erzeugen, von denen Ihre Augen, selbst wenn sie mit dem Mikroskop bewaffnet sind, nur den allerkleinsten Teil sehen können.


Man sagt uns würdevoll, daß keine Wirkung ohne Ursache ist, und man wiederholt uns jeden Augenblick, daß die Welt nicht von selbst entstanden ist. Aber das Weltall ist eine Ursache, es ist keine Wirkung, kein Werk: Es ist nicht geschaffen worden, es war immer so, wie wir es sehen. Seine Existenz ist notwendig. Es hat seine Ursache in sich selbst. Die Natur, deren Zweck es ist, zu schaffen und zu erzeugen, bedarf nicht eines unsichtbaren Bewegers. Die Materie bewegt sich kraft ihrer eigenen Energie durch Verschiedenheit der Bewegung oder der Aeußerungen beruht die Verschiedenheit der Materie. Wir unterscheiden Dinge nur durch den Gegensatz. Wie? Sie sehen, daß alles in der Natur in Bewegung ist und Sie wollen glauben, daß die Natur ohne Energie ist? Sie sind so blöd zu glauben, daß dieses All, dessen Wesen es ist, sich zu bewegen, eines Bewegers bedarf? Ueberzeugen Sie sich von dem Gegenteil, daß sich die Materie aus sich selbst bewegt. Kehren Sie von einer eingebildeten Welt in die Wirklichkeit zurück! O, Justine! Wie ich diese Gottesidee verabscheue und hasse! Wenn der Atheismus Märtyrer verlangen wollte, er fände mich mit meinem Blut bereit, zu sterben.


Sagen Ihnen aber Dummköpfe, daß die Moral verloren geht, wenn es keine Religion mehr gibt, dann fragen Sie sie, wozu der Mensch die Moral benötigt, um zufrieden auf der Erde leben zu können. Ich kenne nur eine Moral, und das ist die, sein Glück durchzusetzen und koste es jeden Preis. Die Natur, die uns einsam gebar, befiehlt uns in keiner Weise, unseren Nächsten zu schonen. Wenn wir es doch tun, so geschieht es aus Schlauheit oder besser [63] gesagt, aus Egoismus. Wir fügen den anderen nichts zu, weil wir nicht wollen, daß man uns etwas zufügt. Aber derjenige, der genug stark ist, um nicht eine Vergeltung befürchten zu müssen, wird ruhig Böses tun, weil es keine stärkere Neigung im Menschen gibt als die, zu schaden und zu unterjochen. Diese Regung liegt von Natur aus in uns und nur die Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Lebens mildert sie. Aber dieser Zwang, den uns die Zivilisation auferlegt, hindert nicht, daß der Mensch auch weiterhin sein größtes Vergnügen darin findet, alle Gesetze zu übertreten. Ich frage Sie nun, ist es nicht lächerlich, wenn man von uns fordert, die anderen Menschen ebenso zu lieben wie uns selbst? Und erkennt man nicht an der Lächerlichkeit dieses Tauschgeschäftes die ganze Schwäche eines armseligen Gesetzgebers? Was geht mich denn das Schicksal meiner Nächsten an, wenn ich nur vergnügt bin! Was habe ich mit so einem Wesen anderes gemeinsam als die äußere Form? Wenn Sie das Moral nennen, Justine, dann ist Ihre Moral sehr lächerlich, und ich kann mit ihr nur das gleiche tun wie mit Ihrer Religion: sie verachten. Es gibt nur einen vernünftigen Grund, der einen Menschen bestimmen könnte, seine Neigungen und Liebhabereien zu verleugnen: seine Schwäche. Er wird es niemals tun, wenn er der Stärkere ist; woraus ich schließe, daß jedesmal, wenn die Natur meinem Nebenmenschen mehr Macht gegeben hat wie mir, er gut daran tut, mich seinen Neigungen zum Opfer zu bringen. Ebenso wie er sicher sein kann, daß ich ihn nicht schonen würde, wenn ich die Uebermacht hätte. Ich kenne die ganze Tragweite dieses Gedankenganges; aber wenn die Menschen wirklich vernünftig sind, gehorchen sie bloß der Natur und legen ihren Handlungen keine anderen Schranken auf, als ihre Wünsche, ihren Willen und ihre Leidenschaften. Was man Tugend nennt, ist ein Wahngebilde für mich. Dieser unbestimmte, haltlose Begriff, der mit dem Klima sich ändert, erweckt in mir keinen einzigen großen Gedanken. Die Tugend eines Volkes wird immer nur das Werk eines Landstriches oder seines Gesetzgebers sein. Die Tugend des richtig denkenden Menschen ist die, jeden möglichen Wunsch zu befriedigen. Nichts ist in meinen Augen ein Verbrechen, weil es keine Handlung gibt, die nicht von Ihnen als verbrecherisch bezeichnet wird und die doch einmal irgendwo hochgeschätzt wurde. Sowie eine Handlung aber nicht durchwegs als Verbrechen betrachtet wird, so wird schließlich das Verbrechen überhaupt zu einer wertlosen geographischen Frage. »O, Justine! Meine einzige Moral besteht darin, alles zu tun, was mir gefällt und meinen Wünschen keine Schranken zu setzen. Meine Tugenden sind bei Ihnen Laster, und meine Verbrechen sind bei Ihnen gute Taten; was Ihnen rechtschaffen erscheint, ist in meinen Augen abscheulich, Ihre guten Werke stoßen mich ab und Ihre Tugend ist mir ein Greuel; und daß ich noch nicht so weit halte wie Eisenherz, der die Leute auf der Landstraße ermordet, hat nicht seinen Grund darin, daß ich nicht schon oft den Wunsch danach empfunden hätte, sondern darin, daß [64] ich reich bin, Justine, und daß ich mindestens ebensoviel Böses tun kann, ohne mir so viel Mühe zu geben oder mich solchen Gefahren auszusetzen«.

Justine konnte sich solchen Beweisgründen gegenüber nur schlecht behaupten, und ihre Tränen rannen reichlich. Die Tränen sind der Trost des Schwachen, wenn ihm das Trugbild entzogen wird, das ihn stützte. Er wagt es vor den Augen des zerstörenden Philosophen nicht wieder aufzubauen, aber er trauert darum. Die Leere erschreckt ihn und da er die süßen Freuden des Despotismus nicht genießen kann, so schaudert er über die Sklavenrolle, die ihm die zügellose Tyrannei des Stärkeren auferlegt.

Bressac wendete bei seinem Versuch, Justine sittlich zu verderben, jeden Tag fast dieselben Waffen an. Aber er konnte nicht recht ans Ziel kommen, denn die Arme hielt schon aus Notwendigkeitsgründen an der Tugend fest.

Der klugen und gottesfürchtigen Frau v. Bressac war es nicht unbekannt, daß ihr Sohn durch ein unzerstörbares philosophisches Gebäude alle Laster rechtfertigte, denen er sich hingab. Sie vergoß darüber viele bittere Tränen in den Armen Justines, und da sie bei ihr Verstand, und Mitgefühl fand, vertraute sie ihr gern ihren ganzen Kummer an.

Jedoch die Uebeltaten ihres Sohnes überschritten beinahe jede Grenze. Nicht nur, daß er seine Mutter mit all den Flegeln umgeben hatte, die seinen Vergnügungen dienten, er trieb die Frechheit sogar so weit, der verehrungswürdigen Frau zu erklären, daß, sollte sie sich noch einmal seinen Neigungen widersetzen, er sie mit ihren eigenen Augen von den Reizen dieses Liebesgenusses überzeugen wolle.

Wir haben uns ein Gesetz daraus gemacht, alles wahrhaftig und genau zu beschreiben, und dieses Gesetz lastet nun schwer auf unserem Gemüt. Aber wir haben versprochen, bei der Wahrheit zu bleiben und jede Verschleierung wäre eine Beleidigung unserer Leser, deren Wertschätzung uns wertvoller ist, als alle Vorurteile der Schicklichkeit.

Frau von Bressac hatte die Gewohnheit, alljährlich die Osterfeiertage auf ihrem Landgut zu verbringen; erstens weil es dort ruhiger war, und zweitens, weil der Pfarrer dieses Dorfes ihrer sanften und vielleicht ein wenig eingeschüchterten Seele besser zusagte. Diesmal nahm sie nur 2 oder 3 Diener und Justine auf die Reise mit, während ihr Sohn, der sich nicht langweilen wollte, ungefähr dieselbe Dienerschaft wie bei allen anderen Reisen mitbrachte: Kammerdiener, Lakaien, Läufer, Sekretäre, Jockeys mit einem Worte, alles, was sonst seinem Vergnügen diente. Das erregte den Unwillen. Frau von Bressacs und sie wagte es, ihrem Sohne vorzuhalten, daß es für einen Aufenthalt von acht Tagen nicht lohne, soviel Leute mitzunehmen. Als der junge Mann diese vernünftigen Einwände in den Wind schlug, gebrauchte sie ihm [65] gegenüber einen befehlenden Ton. »Höre,« sagte Bressac nachher zu Justine, die nur widerstrebend die Befehle ihrer Gebieterin übermittelte, »sage meiner Mutter, daß der Ton, in dem sie mit mir spricht, mir mißfällt. Es ist Zeit, daß ich ihr einen anderen angewöhne, trotz der guten Werke und der frommen Beschäftigung, der sie sich heute vormittags in deiner Gegenwart gewidmet hat. Denn ich weiß wohl, daß, trotzdem ich dich von der Lächerlichkeit der christlichen Religion überzeugt habe, du doch täglich deine Andacht verrichtest! Trotz alledem will ich ihr sofort vor deinen Augen eine kleine Lektion erteilen, aus der sie hoffentlich Nutzen ziehen wird.« – »O, mein Herr ...« – »Gehorche und gewönne dir an, niemals zu widersprechen, wenn ich dir Befehle erteile.«

Das Schloßtor wurde zugesperrt und zwei außen stehende Wachen hatten Befehl, jedem, der Einlaß verlangte, zu sagen, die gnädige Frau sei soeben nach Paris zurückgekehrt. Nun stieg Bressac mit seinem getreuen Jasmin und einem anderen, Josef genannten Diener, der schön wie ein Engel, frech wie ein Henker und kräftig wie Herkules war, zu den Gemächern seiner Mutter hinauf. »Madame,« sagte er beim Eintreten zu ihr, »ich muß endlich mein gegebenes Wort halten und sie selbst von dem unglaublichen Vergnügen überzeugen, das ich empfinde, wenn ich Arschfickerei betreibe. Hoffentlich werden Sie sich dann nicht mehr meiner Vorliebe widersetzen!« – »Wahrhaftig, mein Sohn ...« – »Schweigen Sie, Madame, bilden Sie sich nicht ein, daß Ihre Eigenschaft als Mutter Ihnen auch nur das geringste Recht über mich gibt. Für mich bezeichnet dieser Titel nur, daß Sie sich ficken ließen, um mich in die Welt zu setzen. Sie werden sehen, um was es sich handelt, Madame. Ich bin überzeugt, wenn Sie einmal über meine Genüsse urteilen können, werden Sie sie achten und sie zu reizvoll finden, um zu wagen, sie mir zu verbieten. Durchdrungen von Ihrer Ungerechtigkeit werden Sie dann, hoffentlich, meine süßen Leidenschaften Ihren lächerlichen Befehlen vorziehen.«

Bei diesen Worten schloß Bressac Türen und Fenster. Dann näherte er sich dem Bette, auf das sich seine Mutter hingelegt hatte, um einen Augenblick lang von den religiösen Anstrengungen des Vormittags auszuruhen, befahl Josef, sie festzuhalten und ließ sich dann in ihrer unmittelbaren Nähe von Jasmin in den Hintern ficken. »Beobachten Sie genau, Madame,« sagte der Verbrecher, »in welche Verzückung mich die kräftigten Stöße meines Reiters versetzen. Sehen Sie mein Glied an, wie es mir steht. Warten Sie, gleich wird es von Josef gekitzelt werden, der ja eine Hand frei hat und dann wird der Same auf ihre fleischigen Schenkel spritzen. Sie werden von meinem Samen überschwemmt werden, Madame, und werden sich an die glücklichen Zeiten zurückerinnern, als mein geschätzter Vater Ihnen noch den Nabel einnäßte ... Aber, was sehe ich, Justine, du wendest dich ab? Lege dich zu deiner Herrin und halte sie mit Josef zusammen fest.«

Es ist nicht leicht, die Gefühle aller bei dieser Szene beteiligten [66] Personen auf einmal zu beschreiben. Die unglückliche Justine weinte, während sie ihrem Befehl nachkam. Frau von Bressac war keiner Regung fähig. Josef glühte vor Wollust und sein ungeheures Glied, das frei herausstand, wartete bloß auf einen freien Platz, um sich hineinzustürzen. Jasmin fickte wie ein Gott und der böse Bressac verschluckte lüstern die Tränen seiner Mutter, die jeden Augenblick Gefahr lief, von ihm mit Samen übergossen zu werden.

»Einen Augenblick,« sagte er, indem er Einhalt gebot, »ich glaube, daß man hier etwas Hübscheres einfügen kann. Josef, nimm diese Rute und mache mir das Vergnügen, meine Mutter vor meinen Augen damit zu peitschen. Aber ich bitte dich, schone sie nicht! Sie, Justine, werden mein Glied kitzeln und Sorgfalt darauf verwenden, daß mein Same gerade auf den Popo meiner Mutter ausspritzt; aber das darf nicht früher geschehen, ehe er nicht tüchtig blutet. Mein teurer Josef wird schon dafür Sorge tragen, daß dies bald geschieht.«

Nun ordnete sich alles nach diesen Weisungen und jeder Befehl wurde streng ausgeführt. Der grausame Josef zerfleischte die stöhnende Frau vom Bressac solange, bis sie in Blut gebadet schien. Nun entlud Jasmin und nahm Josefs Stelle ein, während dieser wieder Bressac besteigen mußte. Zwischendurch bearbeitete Justine ebenso verschämt wie ungeschickt das ihr anvertraute Glied so gut es ging.

»Mein Herr! Ach, mein Herr!« rief Frau von Bressac aus, »Sie fügen mir da eine Schmach zu, die ich in meinem Leben nicht wieder vergessen werde.« – »Das hoffe ich, Madame. Es liegt in meiner Absicht, daß Sie sich immer an diese Szene erinnern sollen, damit ich sie nicht nochmals wiederholen brauche.«

Jetzt aber konnte sich der Wüstling, den jede Einzelheit dieses aufregenden Sauspieles entflammte nicht länger halten. »Ihre Arschbacken her, Madame, Ihre Arschbacken!« rief er aus, »ich fühle, daß ich noch weiter gehen muß und ich hoffe, daß ich Ihnen zu Gefallen eine einzig dastehende Leistung vollbringen werde. Dieser blendend weiße Popo ist viel schöner, als ich jemals gedacht hätte. Er verleitet mich zur Untreue. Aber vorher muß ich ihn noch auspeitschen.« Dabei ergriff der Verbrecher die Ruten und hieb auf seine Mutter ein, während man ihn weiter von hinten bearbeitete. Dann warf er die Folterwerkzeuge weg und versenkte sich in das Arschloch. »Ja, wahrhaftig, Madame,« stöhnte er, »auf mein Wort, das ist eine Leistung, das ist eine Entjungferung. O, Teufel, wie himmlisch ist es doch, eine Mutter zu ficken! Kommen Sie näher, Justine, da ich nun schon einmal meinen Glauben verleugne; lassen Sie mich Ihre Arschbacken betasten.« Justine errötete; aber wie konnte sie dem sich widersetzen, den sie liebte? Ihr herziger Popo war bald den Launen aller dieser Wüstlinge ausgesetzt und alle bewunderten und betasteten ihn nach Herzenswunsch. Trotzdem mußte sie mit ihrer Beschäftigung fortfahren [67] und die Ansätze des Gliedes reiben, das in dem mütterlichen Popo steckte, bis sich durch ihre zarten Finger Sturzbäche von Samen in die Eingeweide der Frau von Bressac ergossen, die über diese Greueltat in Ohnmacht fiel.

Bressac verließ nun das Zimmer, ohne sich weiter um den Zustand der würdigen Frau zu kümmern, die er so geschändet hatte und nur Justine schloß sich mit ihr ein, um sie nach Möglichkeit zu trösten.

Unsere Leser können sich leicht einen Begriff machen, wie unsere unglückliche Heldin über dieses Betragen schaudern mußte und wie sie danach trachtete, die schreckliche Leidenschaft, von der sie erfaßt war, in sich zu ersticken. Aber ist die Liebe ein Uebel, von dem man geheilt werden kann? Jeder Widerstand ist nur geeignet, ihre Flammen höhe schlagen zu lassen und der niederträchtige Bressac erschien dem armen jungen Mädchen nie liebenswerter als jetzt, da sie doch allen Grund hatte, ihn zu hassen.

[68]

V. Kapitel.
(Justine lebte schon zwei Jahre in diesem Hause, immer zwischen Kummer und Hoffnung, als der niederträchtige Bressac, der sich endlich ihrer sicher fühlte, es wagte, sie in seine verruchten Pläne einzuweihen.)

Man befand sich gerade auf dem Landgute, und da die erste Kammerzofe Erlaubnis erhalten hatte, den Sommer in Paris zu verbringen, war nur Justine in der Gesellschaft Frau von Bressac's. Eines Abends, bald nachdem sich unser schönes Kind in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, klopfte es plötzlich an ihre Türe und Bressac bat für einen Augenblick um Einlaß. Sie wagte nicht zu widersprechen. Er trat ein, verschloß sorgfältig die Türe hinter sich und warf sich dann in einen Lehnstuhl. »Höre, Justine,« sagte er dann mit ein wenig erregter Stimme, »ich habe dir Dinge von hoher Bedeutung mitzuteilen. Schwöre mir, daß du niemals Mißbrauch damit treiben wirst.« – »O, mein Herr, können Sie glauben, daß ich je Ihr Vertrauen täuschen werde?« – »Du weist nicht, welchen Gefahren du dich aussetzen würdest, wenn das der Fall wäre.« – »Ein schrecklicheres Unglück als der Verlust Ihres Vertrauens könnte mir gar nicht zustoßen.« – »Nun wohl, meine Teure,« fuhr Bressac fort und ergriff Justines Hände, »ich habe meine Mutter, die ich verabscheue, zum Tode verdammt ..... und du sollst mir dabei helfen.« – »Ich!« rief Justine aus und fuhr vor Schrecken zurück, »das können Sie nicht hoffen ... O! mein Herr, wie haben Sie einen solchen Plan ausdenken können? Nein, nein, verfügen Sie über mein Leben, wenn Sie es benötigen, aber verlangen Sie nicht, daß ich hier bei einem solchen schrecklichen Verbrechen Ihre Mitschuldige werde.« – »Höre, Justine,« fuhr Bressac mit sanfter Stimme fort, »ich habe wohl gedacht, daß Du Dich weigern wirst. Aber ich hoffte, Dich – da Du doch Geist besitzt – überzeugen zu können, daß dieses Verbrechen, das Dir so ungeheuerlich scheint, im Grunde genommen eine sehr einfache Sache ist.

[69] Zwei Verbrechen zeigen sich in diesem Falle deinem wenig philosophisch gebildeten Geist: Die Vernichtung eines Geschöpfes, das uns gleicht, und ferner eines Geschöpfes, das uns sogar nahesteht. Was das Verbrechen eines Mordes an seinem Nächsten betrifft, so kannst du beruhigt sein, teures Mädchen: es ist nichts als eine Chimäre; denn den Menschen ist die Macht zu zerstören nicht gegeben, er kann höchstens die Formen verändern. Nun ist aber jede Form in den Augen der Natur gleich und in dem ungeheuren Kreislauf, in dem sich diese Veränderungen abspielen, geht nichts verloren. Folglich kann es doch der Schöpferhand der Natur ganz gleichgiltig sein, ob die Fleischmasse, aus der heute ein Mensch geformt ist, sich morgen in tausend verschiedene Insekten verwandelt. Wenn man mich überzeugen könnte, daß unser Geschlecht für die Natur von solcher Bedeutung ist, daß ihre Gesetze durch eine derartige Umgestaltung verletzt werden, dann erst würde ich glauben, daß der Mord ein Verbrechen ist. So aber sage ich: derjenige, der diese Umgestaltung bewirkt, begeht nicht nur kein Verbrechen, sondern sogar ein gutes Werk. Denn er zerlegt durch diese, fälschlich Verbrechen genannte Handlung die Individuen in ihre Grundstoffe und gibt der Natur dadurch seine schöpfende Energie, die ihr derjenige raubt, der in seinem blöden Stumpfsinn keine solche Umwandlung vorzunehmen wagt. Der Mensch, dieses eitle Geschöpf, ging von der falschen Anschauung aus, er sei das Meisterwerk der Schöpfung und daher könne ein Mord nur eine verbrecherische Tat sein. Aber seine Eitelkeit ändert nicht die Naturgesetze, und es gibt kein Wesen, das nicht im Grunde seines Herzens den heftigen Wunsch empfände, von denjenigen befreit zu werden, die ihm lästig fallen oder deren Tod ihm Vorteile einbringen kann. Und von diesem Wunsch zur Tat, Justine, kann doch der Schritt nicht so groß sein. Ueberdies mußt du bedenken, teures Mädchen, daß wir nichts empfinden, was nicht der Natur zur Erreichung ihrer Ziele dient. Benötigt sie neue Wesen, so flößt sie uns Liebe ein. Wird ihr die Zerstörung notwendig, so pflanzt sie in unsere Herzen Rachedurst, Geiz, Wollust und Ehrgeiz. Aber sie arbeitet immer nur für sich selbst und wir sind nur die schwachen Werkzeuge ihrer Launen.

Im Weltall ist Alles den Gesetzen der Natur unterworfen. Beachten wir wohl, daß das Leben des Menschen von ihnen ebenso abhängt, wie das der Tiere. Beide Formen des Lebens sind den allgemeinen Gesetzen des Stoffes und der Bewegung Untertan. Wie kann man nur sagen, daß der Mensch über das Leben der Tiere verfügen kann, aber über das seines Nächsten kein Recht hat? Wie kann man solche Sophismen anders rechtfertigen als durch die Eigenliebe und den Stolz. Alle Tiere sind in der Welt auf ihre eigene Klugheit angewiesen und werden gleicherweise bald Mörder bald Opfer. Sie haben alle gleichmäßig [70] das Recht erhalten, in die Tätigkeit der Natur einzugreifen und sie üben es aus, so gut es ihnen möglich ist. Wenn man also die richtigen Konsequenzen zieht, wird es klar, daß jeder Mensch das Recht besitzt, über das Leben seines Nächsten zu verfügen und von einer Macht Gebrauch zu machen, mit der ihn die Natur ausgestattet hat. Nur die Gesetze dürfen das aus zweierlei Gründen nicht tun. Erstens, weil sie nicht die Berechtigung dazu im Egoismus haben, der die mächtigste und rechtlichste Entschuldigung ist, und zweitens, weil sie immer kalten Blutes und mit freiem Willen handeln, während der Mörder immer von seinen Leidenschaften hingerissen wird und immer das blinde Werkzeug einer Natur ist, die ihn gegen seinen Willen zwingen kann. Daraus geht hervor, daß die Hinrichtung eines Verurteilten einem philosophisch geschulten Geist als ein Verbrechen erscheint, während der Dummkopf Ehrfurcht vor dem Gesetz empfindet. Bei einem Mord aus Leidenschaft aber sieht er nur Gerechtigkeit walten, wo der Stumpfsinn nur Verbrechen und Niederträchtigkeit bemerken kann. 11

O, Justine, überzeuge dich doch, daß das erhabene Leben des Menschen für die Natur von keiner größeren Bedeutung ist, als das einer Auster. Wenn dem nicht so wäre, dann dürfte ich auch nicht wagen, mich zu widersetzen, wenn sie zerstören will, und es wäre ein ebenso großes Verbrechen, wenn ich den Stein abwenden wollte, der meinen Nachbarn zerschmettern soll, wie wenn ich ihm den Dolch in die Brust stieße. In beiden Fällen würde ich ja dem Walten der Natur entgegentreten. Ein Haar, ein Fliege, ein Insekt können einen kräftigen Menschen töten, dessen Leben uns von solcher Bedeutung scheint. Liegt also in dem Glauben, unsere Leidenschaften könnten über eine von so nichtigen Ursachen abhängige Sache rechtmäßig verfügen, ein Unsinn? Wie? Ich wäre nicht strafbar, wenn ich den Lauf des Nils oder der Seine hemmen würde und ich bin es, wenn ich einige Unzen Blut aus seinen natürlichen Kanälen entferne? Welch ein Wahnsinn! Wenn das Individuum, das ich auflösen will, tot sein wird, werden die Bestandteile, aus denen es zusammengesetzt ist, auch weiterhin ihren Platz im Weltall haben und werden der großen Maschine ebenso nützlich sein wie vorher, als sie noch besagtes Wesen bildeten. Ob dieser Mensch nun lebt oder tot ist, nichts ändert sich im Weltall und nichts geht verloren. Es ist also geradezu eine Lästerung, wenn man sagt, daß ein so vergängliches Geschöpf wie der Mensch [71] überhaupt die Weltordnung stören kann. Das hieße an ihm eine Macht voraussetzen, die er unmöglich von seiner Allmutter erhalten haben kann. Ja, ich gehe noch weiter: Wenn der Mord eine Missetat ist, dann ist er es in allen Fällen, und die Nationen, die Menschen zum Massenmord hinausstellen, sind entweder auch schuldig oder auch unschuldig. Handeln sie verbrecherisch, dann kann ich es nach ihrem Beispiel auch sein; denn die Summe der Leidenschaften und der Interessen einer Nation ist nur das Ergebnis aus den Leidenschaften und Interessen der Einzelnen. Ist ihre Handlung nicht verbrecherisch, dann kann ich doch ganz sicher ihr Beispiel nachahmen, so oft es mein Interesse erfordert. Und wofür halten sie dann das Wesen, das behauptet, ich hätte ein Verbrechen begangen?

Nein, nein, Justine. Die Natur läßt nicht in unseren Händen die Möglichkeit, Missetaten zu begehen, wenn das ihren Gang stören könnte. Was sind wir denn, daß sie in uns die Fähigkeit hineingelegt haben sollte, ihr zu schaden? Verträgt sich diese unsinnige Annahme mit der erhabenen Sicherheit, mit der sie ihre Ziele verfolgt? Heißt es aber der Natur schaden, wenn man sie nachahmt? Kann sie dadurch verletzt werden, wenn der Mensch seinem Nebenmenschen das zufügt, was sie selbst jeden Tag tut? Da doch erwiesen ist, daß sie nur nach Zerstörungen weiter erzeugen kann, so handelt man doch nach ihrer Absicht, wenn man ununterbrochen zerstört. Wird nicht unter diesem Gesichtspunkte der Mensch, der am leidenschaftlichsten und am häufigsten mordet, ihr bester Diener sein? Die hervorstechendste und schönste Eigenschaft der Natur ist die Bewegung, die unausgesetzt in ihr herrscht. Aber diese Bewegung ist nur eine ununterbrochene Folge von Verbrechen. Nur durch die Zerstörung erhält und erneuert sie sich. Andererseits muß ein untätiges, faules, das heißt ein tugendhaftes Wesen in den Augen der Natur zweifellos etwas ganz Unvollkommenes sein, da sein Streben nach dem Frieden und der Ruhe hinzielt, die unzweifelhaft wieder Alles in das Chaos zurücktreiben würde. Das Gleichgewicht muß erhalten werden, und das geschieht nur durch Verbrechen. Das Verbrechen liegt also in den Absichten der Natur und kann sie daher nicht verletzen. Wen aber sonst könnte es verletzen, wenn nicht sie?

Aber das Geschöpf, das ich vernichte, ist meine Mutter. Wir wollen nun von diesem zweiten Gesichtspunkte aus den Mord betrachten.

Der Grund, weshalb sich eine Frau zu einem ehelichen Beischlaf entschließt, ist sicherlich nur in der zu erwartenden Wollust zu suchen. Wenn diese Tatsache feststeht, so frage ich, worauf die Dankbarkeit im Herzen des aus dieser egoistischen Handlung hervorgegangenen Wesens beruhen soll? Hat die Mutter dabei für sich oder für ihr Kind gearbeitet? Ich glaube [72] nicht, daß man das überhaupt in Frage ziehen kann. Jedoch das Kind wird geboren und die Mutter nährt es. Sollen wir in dieser zweiten Handlung den Grund für die Dankbarkeit suchen? Nein, sicherlich nicht. Wenn die Mutter ihrem Kind diesen Dienst leistet, so geschieht es sicherlich nur wegen des natürlichen Gefühls, das sie dazu treibt, sich einer Drüsenabsonderung zu entledigen, die ihr sonst gefährlich werden könnte. Sie ahmt bloß das Tierweibchen nach, das auch durch eine Stauung der Milch in Todesgefahr geraten kann. Beide können sich aber der Milch nicht anders entledigen, als daß sie das Junge saugen lassen, das seinerseits wieder durch eine ähnliche Empfindung zur mütterlichen Brust getrieben wird. So leistet nicht die Mutter dem Kinde einen Dienst, wenn sie es nährt, sondern es ist das Gegenteil der Fall, da die Mutter ohne Mithilfe des Kindes zu künstlichen Mitteln greifen müßte, deren Anwendung nicht ungefährlich ist. Da haben wir nun das Kind geboren und genährt, ohne daß wir noch einen Grund zur kindlichen Dankbarkeit gefunden hätten. Wollen Sie mir aber die Pflege vorhalten, die man in der Kindheit genießt? Ah, sehen Sie in den Bemühungen keinen anderen Grund als den Mutterstolz. Die stumme Natur befiehlt der Menschenmutter nicht mehr als dem Tierweibchen. Was über die für das Leben des Kindes und für die Gesundheit der Mutter nötige Mühewaltung geht, ist nicht mehr von der Natur eingegeben, denn das Kind kann auch allein aufwachsen und kräftig werden. Ihre Unterstützung ist vollkommen überflüssig und nur aus Gewohnheit und Eitelkeit verlängern die Frauen ihre Sorgfalt. Aber statt daß sie dem Kinde nützlich sind, schwächen sie im Gegenteile seinen Instinkt und bewirken, daß es seine Energie verliert. Ich frage Sie nun, ob ein solches Kind, dessen Mutter eine Mühe verschwendet, von der es nicht nur nichts hat, sondern die ihm sogar schadet, sich in Dankbarkeit verpflichtet fühlen soll? Sie werden zugeben, daß eine Bejahung dieser Frage der höchste Unsinn wäre. Nun ist aber das Kind im Alter der Reife und noch immer haben wir keinen Grund zu einer Anhänglichkeit gefunden; ja, wenn es nunmehr seinen Gedanken nachgeht, kann es nur von Empfindungen des Hasses beseelt werden für die, der es das Licht der Welt verdankt. Sie ist die Urheberin seiner Schwächen, der schlechten Eigenschaften seines Blutes, seiner Laster wie überhaupt eines Daseins, das nur zum Unglücke bestimmt ist. Liegen aber in diesen Empfindungen Grund zur Dankbarkeit, oder ist in ihnen vielleicht mehr Anlaß zu einer starken Abneigung gegen eine solche Frau vorhanden? Das Kind muß seine Mutter hassen, und da die Frucht des Hasses der Racheduft ist, und dieser wieder den Mord zur Folge hat, so rate ich jedem, der in der glücklichen Lage ist, über die Lebenstage seiner Mutter verfügen zu können, sie mitleidlos hinzuopfern. Er begeht damit keine [73] schlimmere Tat, als wenn er ein anderes Geschöpf ermorden würde, ja er hat im ersteren Fall sogar noch die Entschuldigung für sich, vom Haß und der Abneigung angetrieben worden zu sein. Machen denn die Tiere so viel Federlesens mit den Wesen, denen sie das Licht der Welt verdanken? Nein, sie befriedigen sich an ihnen und töten sie, ohne daß sich die Natur auch nur rührt.

Wenn Sie einmal diese Philosophie in sich aufgenommen haben werden, werden Sie einsehen, daß Sie in der Welt allein dastehen, daß alle Fesseln, mit denen Sie sich selbst angeekelt haben, nur Menschenwerk sind. Ein Sohn glaubt seinen Vater zu benötigen und der Vater seinerseits glaubt wieder, den Sohn nötig zu haben. Das ist der Kitt für diese sogenannten heiligen Bande. Aber ich bestreite, daß man ihn in der Natur finden kann. Lasse also deine Vorurteile beiseite, Justine, und helfe mir. Dein Glück soll dann gemacht sein.«

»O, mein Herr,« erwiderte das arme Mädchen ganz erschreckt, »die Gleichgiltigkeit, die Sie der Natur zuschreiben, ist nur das Resultat der Spitzfindigkeiten ihres Geistes. Horchen Sie eher auf die Stimme Ihres Herzens, die sicherlich alle diese falschen Ansichten verdammen wird. Ich weiß, die Leidenschaften verblenden Sie jetzt; aber sobald sie nicht mehr von ihnen aufgewühlt werden, werden Sie von schrecklichen Gewissensbissen erfaßt werden. O, mein Herr, hegen Sie und achten Sie das Leben dieser zärtlichen und teuren Freundin. Opfern Sie es nicht hin, Sie würden vor Verzweiflung umkommen. Jeden Tag und jeden Augenblick würden Sie diese geliebte Mutter vor Augen haben, die ihr blinder Zorn in die Gruft gebracht hat. Sie würden ihre klagende Stimme hören, wie sie wieder die süßen Worte spricht, die die Lust Ihrer Kindheit bildeten. Sie würde Ihnen im Wachen und Träumen erscheinen und mit ihren blutenden Händen die Wunden öffnen, die Sie ihr zugefügt haben. Für Sie gäbe es von da ab keinen Glücksstrahl mehr auf Erden. Jedes Vergnügen wäre für Sie befleckt, alle Ihre Gedanken würden sich verwirren. Eine himmlische Hand, deren Macht Sie verkennen, würde an Ihren Tagen das Leben rächen, das sie zerstört haben, und ohne daß Sie die Frucht Ihres Verbrechens genießen könnten, kämen Sie an den tötlichen Gewissenbissen um.«

Justine brach bei diesen letzten Worten in Tränen aus. Sie kniete vor dem grausamen Bressac, der mit aus Wut und Verachtung gemischten Empfindungen zuhörte. Sie beschwor ihn bei allem was ihm heilig sei, einen solchen Plan fallen zu lassen. Aber sie kannte das Ungeheuer noch nicht, mit dem sie es zu tun hatte. Sie wußte noch nicht, daß alles, was die Tugend und das Zartgefühl in solchen Fällen vorbringen können, nur dazu dient, das Herz des Verbrechers wie mit Nadelstichen [74] weiter aufzustacheln, wußte noch nicht, daß solche ausschweifende Menschen selbst die Strafen mit Wollust genießen, die ihnen die menschliche Vergeltung auferlegt; daß sie das Schaffot als eine Art Ruhmesthron betrachten und darauf mit demselben Mut sterben, der sie beseelte, als sie ihre Verbrechen und Mordanschläge begingen. So sieht der Mensch auf der letzten Stufe wohlüberlegter Verrücktheit aus und auf ihr stand auch Bressac. Er erhob sich kalt: »Ich sehe wohl,« sagte er zu Justine, »daß ich mich in dir getäuscht habe. Das ärgert mich weniger um mein als um deinetwillen. Jedoch das schadet nichts, ich werde schon andere Mittel finden und du wirst viel verloren haben, ohne daß deine Herrin daraus Nutzen zöge!«

Diese Drohung gab den Gedanken Justines eine andere Richtung. Wenn sie auf das Verbrechen nicht eingehen würde, das man ihr vorschlug, setzte sie selbst sich der Gefahr aus und ihre Herrin würde doch unfehlbar ums Leben kommen. Wenn sie aber die Mitschuld auf sich laden wollte, schützte sie sich vor Bressacs Zorn und konnte sicher die Marquise auch retten. Diese Ueberlegung war das Werk eine Augenblickes und bestimmte sie dazu auf alles einzugehen. Aber da eine so rasche Sinnesänderung den Argwohn Bressac hervorgerufen hätte, zögerte sie noch einige Zeit und ließ sich von ihm seine Lehren noch einigemale wiederholen. Nun tat sie so, als ob sie nichts mehr zu erwidern wüßte, Bressac hielt sie für überzeugt und umarmte sie stürmisch. Welche Freude wäre das für Justine gewesen, wenn er sie aus anderen Gründen in die Arme geschlossen hätte. Aber dafür war es zu spät, denn das Betragen dieses jungen Mannes hatte in ihrem schwachen Herzen alle Gefühle für ihn vernichtet und sie sah jetzt in ihrem ehemaligem Idol nur mehr einen Verbrecher, der unwürdig war, auch nur für einen Augenblick darin zu herrschen.

»Du bist die erste Frau, die ich umarme,« sagte Bressac, indem er sie mit Feuer an sich presste, »du bist entzückend, mein teures Kind; so hat also ein Lichtstrahl der Philosophie deinen Geist erleuchtet? O, Justine, endlich siehst du klar und begreifst die Nichtigkeit des Verbrechens. Komm, du bist mein Engel und ich weiß nicht woran es liegt, daß ich nicht sogleich meinen Geschmack ändere.« In der Tat warf sie Bressac, der mehr durch die sichere Aussicht auf Verwirklichung seines Planes als durch die Reize Justines aufgeregt war, auf das Bett, schürzte sie, trotz ihres Sträubens bis über die Hüften auf und rief dann aus: »Teufel, da hätten wir den schönsten Popo der Welt, wenn sich nicht unglücklicherweise eine Scheide daneben befinden würde. Welch' unbezwingliches Hindernis!« Dann deckte er sie wieder zu und fuhr fort: »Komm, Justine, besprechen wir jetzt unsere Tat. Wenn ich dir zuhöre erwachen in mir Illusionen, aber wenn [75] ich dich ansehe, werden sie wieder zerstört.« Trotzdem stand sein Glied so steif, daß Justine es in die Hand nehmen und mit ihren hübchen Fingern befühlen mußte. »Meine tapfere Freundin,« setzte er fort, »du wirst also meine Mutter vergiften. Hier ist das Gift, das du in das Heilwasser werfen sollst, das sie jeden Morgen zur Erhaltung ihrer Gesundheit trinkt. Das Pulver ist sicherwirkend und hat keinerlei Geschmack. Ich habe schon tausende Male Versuche damit angestellt.« – »Tausende Male, mein Herr?« – »Ja, Justine, ich bediene mich häufig dieses Mittels, entweder weil ich mich mancher Leute entledigen will, die mir lästig fallen oder weil mir ihr Tod wollustige Genüsse bereitet. Du wirst es tun, Justine, ja, du mußt es tun. Ich schütze dich vor allen Folgen und gebe dir am Tage der Ausführung als Belohnung eine jährliche Rente von 2000 Talern.« Der Kontrakt wurde ohne Angabe der Gründe unterzeichnet und Bressac klingelte. Ein schöner Knabe erschien. »Was wollen Sie, gnädiger Herr?« – »Deinen Hintern, mein Kind. Ziehen Sie ihm die Hosen herunter, Justine, kitzeln Sie mein Glied und dann führen Sie es in das Loch ein!« Die Befehle Bressacs wurden befolgt, er fickte seinen Mann und entlud wie ein Wütender. »O, Justine,« sagte er beim hinausgehen, »diese Huldigung galt dir. Dein Altar konnte sie, wie du weißt, nicht empfangen, aber nur durch deine Zustimmung entflammte die Fackel und sie hat nur für dich gebrannt.«

Während dieser Vorbereitungen ereignete sich etwas so Seltsames, etwas, das so gut geeignet ist, die Seele unseres Ungeheuers zu enthüllen, daß wir nicht umhin können, unsere Erzählung einen Augenblick lang zu unterbrechen.

Am übernächsten Tage, nachdem der erwähnte verbrecherischer Vertrag abgeschlossen worden war, er fuhr Bressac, daß ein Onkel, an den er gar nicht gedacht hatte, ihm eine Rente von 50.000 Talern hinterlassen habe. »O Himmel,« sagte Justine zu sich, »straft die Hand des Ewigen auf diese Art den geplanten Anschlag?« Aber bald bereute sie diesen Zweifel an der Vorsehung, sie kniete nieder und bat um Verzeihung. Ihre Hoffnung richtete sich nunmehr darauf, daß dieses unerwartete Ereignis wenigstens die Pläne Bressacs ändern würde. Aber wie groß war ihr Irrtum! »O, meine teure Justine,« rief er aus, als er noch am selben Abend in ihr Zimmer trat, »wie überschüttet mich doch das Glück! Ich habe dir schon oft gesagt, daß das Verbrechen nur Vorteile mit sich bringt.« – »Wie, mein Herr?« fuhr Justine fort, »diese Erbschaft, auf die Sie nicht zählten, sie wurde ... ja, mein Herr, Ihre Mutter hat mir Alles erzählt; ihr Onkel hätte das Geld Ihrer Mutter zukommen lassen, wenn sie ihn nicht anders bestimmt hätte. Sie wissen, er liebte Sie nicht. Sie allein überredete ihn zu dieser letzten Verfügung und Ihre Undankbarkeit ...« [76] – »Du machst mich lachen,« unterbrach sie Bressac, »wozu die Dankbarkeit? Wirst du denn nie begreifen, Justine, daß man dem Wohltäter nichts schuldet, weil er die Befriedigung in seiner Tat findet? Warum soll ich mich jemandem für das Vergnügen verpflichtet fühlen, das er geruhte, sich selbst zu bereiten? Und ich sollte meine Pläne deswegen ändern? O, Justine, wie schlecht du mich kennst! Soll ich dir noch mehr sagen. Der Tod jenes Onkels ist meine Arbeit. Ich versuchte, das für die Schwester bestimmte Gift zuerst an dem Bruder, Nein, nein, Justine, beeilen wir uns, morgen, höchstens übermorgen möchte ich dir schon ein Viertel deiner Rente auszahlen können.« Justine schauderte, verbarg aber ihre Bestürzung, denn sie sah, daß es bei einem solchen Manne klug sei, ihre Rolle weiter zu spielen. Es blieb ihr jetzt noch der Weg einer Anzeige offen; aber nichts in der Welt hätte die gefühlvolle Justine dazu bestimmen können, das eine Verbrechen durch ein neues zu verhindern. Sie beschloß daher, ihre Herrin zu warnen. Dies schien ihr der beste Ausweg.

»Madame,« sagte sie zu ihr am nächsten Tage nach der Besprechung mit dem jungen Grafen, »ich habe Ihnen von einer ungemein wichtigen Sache Mitteilung zu machen. Aber so sehr auch Ihr Interesse dabei im Spiele steht, müßte ich doch schweigen, wenn Sie mir nicht Ihr Wort im voraus gäben, Ihrem Sohne gegenüber nichts merken zu lassen. Sie können die Mittel ergreifen, die Ihnen nötig dünken, aber Sie dürfen kein Wort davon sprechen.«

Frau von Bressac, welche glaubte, es handle sich um eine der gewöhnlichen Verfehlungen ihres Sohnes, gelobte Stillschweigen und Justine erzählte Alles. »Der Schuft!« rief die unglückliche Mutter aus. »War ich nicht immer um sein Wohl bedacht. Ah, Justine, beweise mir die Wahrheit, damit in meinem verblendeten Herzen jedes Gefühl erstickt werde, das ich noch für dieses Ungeheuer bewahrt habe.« Nun zeigte Justine das Gift: einen besseren Beweis konnte man nicht geben. Aber Frau von Bressac, die noch auf eine Täuschung hoffte, wollte zuerst eine Probe damit machen. Sie gab einem Hund ganz wenig davon ein und das arme Tier starb zwei Stunden nachher unter schrecklichen Krämpfen. Nun konnte Frau von Bressac nicht länger zweifeln und faßte ihren Entschluß. Sie befahl Justine ihr den Rest des Giftes zu geben und schrieb auf der Stelle einem Verwandten, Herrn von Souseval, sich mit einem Haftbefehl ausrüsten zu lassen und dann so bald als möglich damit herzukommen, um sie von einem Ungeheuer zu befreien, das sich so grausam gegen ihr Leben vergehen wollte.

Jedoch das scheußliche Verbrechen sollte doch seinen Gang nehmen. Das Tier, das man zur Probe benützt hatte, verriet alles. Bressac hörte das Winseln und fragte, was man [77] ihm getan habe. Man konnte ihm nichts Bestimmtes erwidern und von diesem Augenblick an wuchs sein Argwohn. Er sagte kein Wort, schien aber sehr erregt. Justine teilte ihrer Herrin davon mit, die jedoch nichts anderes ausdenken konnte, als den Eilboten noch mehr zu drängen und den Gegenstand der Sendung wenn möglich noch besser zu verbergen. Sie sagte ihrem Sohne, daß sie an Herrn von Souseval schickte, damit er die Erbschaft des Onkels in Empfang nehme, denn wenn niemand da sei, könnten leicht Prozesse entstehen. Sie fügte hinzu, sie haben ihren Verwandten überdies gebeten herzukommen um ihr von dem Ergebnis Mitteilung zu machen.

Aber Bressac konnte zu gut in den Mienen seiner Mutter und Justines bemerken, was vorging. Unter dem Vorwand jagen zu wollen entfernte er sich aus dem Schloß. Er legte sich auf die Lauer nach dem Eilboten, fing ihn ab und da dieser dem Sohn mehr zugetan war, wie der Mutter, machte er keine Schwierigkeiten und gab die Brieftasche heraus. Bressac überzeugte sich nun von dem Verrat Justines, gab dem Eilboten 100 Lonis mit dem Befehl, niemals wieder zu seiner Mutter zurückzukehren und kehrte rasend vor Zorn nach dem Schloß zurück. Dort schickte er die ganze Dienerschaft nach Paris und behielt nur Jasmin, Josef und Justine zurück. Die Tore wurden geschlossen, die Riegel vorgeschoben und Wachthunde an allen Eingängen angebunden.

»Ein großes Verbrechen ist soeben begangen worden,« sagte Bressac, »und ich muß die Urheber herausfinden. Sie werden alles erfahren, meine Freunde, sobald ich den Schuldigen herausgefunden haben werde. Scheußliches Geschöpf,« fuhr der junge Mann fort, indem er an Justine herantrat, »du hast mich verraten. Aber du wirst selbst in die Grube fallen, die du mir gegraben hast. Weshalb versprachst du! mir den Dienst, den ich von dir verlangte, da du doch die Absicht hattest, mich zu hintergehen? Und wieso konntest du glauben, tugendhaft zu handeln, indem du die Freiheit und selbst das Leben deines Wohltäters aufs Spiel setztest? Du hättest dich weigern, sollen, Hure, und nicht zustimmen dürfen, um mich dann zu verraten. Was hast du durch deine Falschheit getan, dummes Ding? Du hast dein Leben aufs Spiel gesetzt, ohne das deiner Herrin zu retten; denn sie wird trotzdem sterben und zwar vor deinen Augen. Ich will dich überzeugen, Justine, daß der Weg der Tugend nicht immer der beste ist.« Bressac eilte jetzt zu seiner Mutter. »Sie sind gefangen, Madame,« sagte das Ungeheuer, »vielleicht wäre es für Sie, die Sie doch von meinem Haß und Plänen wußten, besser gewesen, Sie hätten einfach die bittere Pille hinuntergeschluckt. Sie wollten einem sanften Tod entgehen und haben nun einen grausamen zu erwarten. Verstellen Sie sich nicht länger, Madame,« – »Barbar, wessen [78] beschuldigst du mich?« – »Lesen Sie Ihren Brief.« – »Mußte ich mich nicht verteidigen, wenn du nach meinem Leben trachtetest?« – »Nein, du bist nur ein unnützes Wesen auf Erden. Dein Leben gehört mir und das meinige ist heilig.« – »O, Schurke, die Leidenschaft verblendet dich.« – »Sokrates trank ohne Widerstreben das Gift, das man ihm reichte. Auch dir hat man welches angeboten; warum hast du es nicht genommen?« – »O, mein teurer Sohn, wie kannst du diejenige so grausam behandeln, die dich in ihrem Schoß getragen hat?« – »Dieser Dienst ist in meinen Augen nichtig. Als du an meiner Erzeugung arbeitetest, dachtest du nicht an mich, du wolltest nur dein Loch befriedigen. Das ist in meinen Augen kein Verdienst. Folge mir, Hure, wir wollen nicht länger schwatzen.« Bei diesen Worten ergriff er sie und zerrte sie an den Haaren in einen kleinen mit Cypressen bepflanzten Garten, den hohe Mauern umgaben, und in dem die Dunkelheit einer Gruft mit der Stille des Todes gepaart war. Dort erwartete schon Justine zitternd ihr Schicksal. Was sich den Augen der Frau von Bressac zuerst darbot, war auf der einen Seite eine breite Gruft, die auf sie wartete, und auf der anderen vier ungeheure Doggen, die vor Wut schäumten, da man sie seit der Entdeckung des Verbrechens mit bestimmten Absichten hatte fasten lassen. Als sie an diesem Schreckensort anlangten, schürzte Bressac selbst seiner Mutter die Röcke auf und seine unreinen Hände richteten sich nach den keuschen Reizen dieser ehrwürdigen Frau. Der Busen, an dem er gesogen hatte, erweckte jetzt seine Glut. »Putz weg,« sagte er zu einer der Doggen und wies auf eine der Brüste. Der Hund sprang an und unter seinen Zähnen spritzte das Blut nach allen Seiten hervor. »Hier auch,« fuhr Bressac fort, indem er auf die Scham hinwies. Ein neuer Biss folgte. »Ich hoffe, sie werden sie zerreißen und verschlingen,« fuhr das Ungeheuer fort, »binden wir sie an und beobachten wir die Wirkung.« – »Wie, du willst sie nicht in den Hintern ficken,« frug Jasmin. »Steck ihr doch dein Glied in den Popo, ich werde ihr dazwischen die Arschbacken zerfetzen lassen.« – »Eine glänzende Idee!« rief Bressac aus und alles geschieht so, wie Jasmin sagte. »Laß ihr auch noch die Brüste zerreißen, während ich sie ficke,« sagte Bressac zu seinem Liebling, »und Josef soll mich im Hinter bearbeiten und dabei Justine abgreifen.« Welch' ein Schauspiel folgte nun! Du allein konntest es sehen, großer Gott! Und du ließest nicht deinen Donner oder deinen Blitz die Welt erschüttern?

»Hören wir auf, ich würde sonst entladen,« sagte der Schurke nach einer kurzen Arbeitszeit, »und binden wir diese Hure an einen Baum.«

[79] Er zog sein Glied heraus und band sie selbst mittels eines Strickes derart an, daß ihr die Arme frei blieben und sie sich in einen Abstand von ungefähr sechs Schritten bewegen konnte. »Ach, die schönen Arschbacken,« sagte der Verbrecher, indem er den stark blutenden Popo seiner unglücklichen Mutter nochmals beastete, »welch wundervolles Frühstück für meine Hunde! Hure! Hunde haben mich gewarnt und Hunde werden dich strafen. Vorwärts, Jasmin, stachle die Tiere auf und du Josef nimm Justine von hinten vor; sie wird nachher zerrissen werden. Diese treue Dienerin muß desselben Todes sterben, wie ihre teure Herrin; dasselbe Grab soll sie vereinigen. Du siehst auch, daß ich es in Anbetracht dessen sehr tief graben ließ.« Die zitternde Justine weinte und bat um Gnade, allein ihre Henker antworteten auf ihr Flehen nur mit schallendem Gelächter. Nun stürzten die Hunde auf die unglückliche Frau Bressac los. Vergebens stieß sie sie zurück, vergebens machte sie Anstrengungen, sich ihren grausamen Zähnen zu entwinden, alle ihre Bewegungen stachelten die Tiere nur noch mehr an. Bäche von Blut färbten den Rasen. Währenddessen wurde Jasmin von Bressac und Justine von Josef in den Hintern gefickt. Die Schreie unseres armen Waisenkindes mengten sich schmerzvoll in die Klagerufe ihrer Herrin; bis Frau Bressac endlich dem Tode nahe war, Justine in Ohnmacht fiel und unsere Verbrecher von den süßesten Wonnen belohnt wurde, die die Natur überhaupt zu vergeben hat.

»Vorwärts, bringen wir diese Puten ins Schloß,« sagte Bressac, »der einen muß man den Garaus machen und die andere endlich mit ihrer Zukunft bekannt machen.« Man trug Frau von Bressac in ihre Gemächer, warf sie auf das Bett und da sie noch lebte, bewaffnete ihr unwürdiger Sohn die Hand Justines mit einem Dolch, ergriff ihren Arm und führte das Eisen nach dem Herzen seiner armen Mutter. Frau von Bressac starb, indem sie Gott um Gnade für ihren Sohn bat.

»Du siehst wohl, welch' entsetzlichen Mord du eben begangen hast,« sagte der Barbar zu der halb bewußtlosen, blutbedeckten Justine, »du wirst dafür schon bestraft, du wirst gerädert und lebend verbrannt werden.«

Damit stieß er sie in ein benachbartes Zimmer, sperrte sie dort ein, indem er den blutenden Dolch neben sie hinlegte. Dann öffnete er die Tore, spielte den Verzweifelten, schrie, daß ein Ungeheuer eben seine Mutter getötet habe, daß er die Verbrecherin noch mit der Waffe in der Hand eingesperrt halte und erbat flehend die Hilfe der Gerechtigkeit.

Allein ein schützender Gott rettete diesmal die Unschuld, denn Justines Maß war noch nicht voll. Bressac glaubte die Türe gut verschlossen zu haben; allein sie stand offen und Justine benützte den Augenblick, als alles im Hof zusammenlief.

[80] Sie enteilte rasch, flüchtete durch den Garten, dessen Türe offen stand und erreichte bald den nahen Wald.

Schmerzerfüllt warf sie sich unter einen Baum und begoß den Rasen mit ihren Tränen.

»O, mein Gott,« rief sie aus. »Du hast es so gewollt. So stand es in deinem erhabenen Willen. Verfüge über mich, mein Herr. Ich habe noch lange nicht so viel gelitten, wie du anders für uns littest. Wenn ich nur eines Tages des Sohnes würdig bin, den du dem Schwachen versprichst!«

Die Nacht senkte sich herab und Justine wagte nicht weiter zu gehen. Sie fürchtete auf der Flucht aus einer Gefahr in eine andere zu geraten. Um sich blickend bemerkte sie, daß sie sich in demselben Wäldchen befand, in dem sie vor zwei Jahren in einer ebenso peinvollen Lage übernachtet hatte. Sie legte sich nieder und verbrachte eine ungemein qualvolle Nacht. Der Tag war kaum erwacht, als ihre Unruhe sich verdoppelte. Solange sie sich in der Umgegend des Schlosses befand, war sie in einer gefahrvollen Lage. Sie stand daher rasch auf und flüchtete mit großen Schritten nach der nächsten menschlichen Ansiedlung. Bald erreichte sie den Marktflecken Saint-Marcel der fünf Meilen von Paris entfernt ist. Ein wunderschönes Haus war das erste, was sie beim Eintritt in die Ortschaft sah. Auf ihre Erkundigung sagte man ihr, daß es eine berühmte Schule sei, in die Kinder beiderlei Geschlechts aus der ganzen Umgegend kamen, weil sie hier eine vorzügliche Erziehung genossen »Gehen Sie nur hin,« sagte der Auskunftgeber, »wenn Sie, wie ich annehme, eine Stelle suchen.« Es gibt da immer welche, die frei sind. Herrn Rodin, den Besitzer wird es sicherlich freuen, Ihnen nützlich sein zu können. Er ist ein hochachtbarer Mann, der in ganz Saint-Marcel die größte Liebe und Verehrung genießt.

Justine zögerte nicht länger. Sie klopfte an und was sie in diesem Hause erlebte, soll nun im nächsten Kapitel erzählt werden.

[81]

VI. Kapitel.

Unsere Heldin war 17 Jahre alt, als sie sich Herrn Rodin vorstellte. Ihre nunmehr voller entwickelten Züge waren voll süßen Zaubers, ihre ganze Person besaß trotz des erlittenen Kummers einen Grad der Vollkommenheit, der sie zu einem der schönsten Mädchen machte, die man sich vorstellen kann.

»Sie wollen sicherlich Spaß mit mir treiben, Fräulein,« sagte Rodin zu ihr, indem er sie sehr nett empfing, »wenn Sie sich mir als Dienerin anbieten. Bei den tausendfachen Reizen, die Sie besitzen, ist man nicht gezwungen zu dienen. Wenn man von der Natur so ausgezeichnet wurde, kann man nicht das Opfer des Schicksals werden, und ich könnte eher von Ihnen Befehle empfangen, als Ihnen welche geben.«

»Und trotzdem, mein Herr, muß ich mich bitter über mein Schicksal beklagen!« – »Das ist eine Ungerechtigkeit, die wir aufheben werden, mein Fräulein« Und als ihm Justine ihr Mißgeschick erzählt hatte, fuhr der geschickte Betrüger fort: »Das ist aber schrecklich. Dieser Herr von Bressac ist ein Ungeheuer, den man schon seit langem wegen seiner unerhörten Ausschweifungen kennt, und Sie können sich glücklich schätzen, daß Sie seinen Händen entronnen sind. Aber ich behaupte noch immer, schöne Justine, daß Sie nicht dazu geschaffen sind, zu dienen. Wenn mein Haus Ihnen gefällt, steht es; Ihnen offen. Ich habe eine Tochter, die eben 14 Jahre alt geworden ist und die glücklich sein wird, in Ihrer Gesellschaft leben zu können. Sie werden an unserem Tische essen und unsere Mühen um diese interessante Klasse der Menschheit teilen, die ganz Frankreich uns anvertraut. Sie werden mit uns an dem verdienstlichen Werk teilnehmen, die Talente der Jugend zu entwickeln und ihre Sitten auszubilden.«

Gab es eine Beschäftigung auf der Welt, die dem sanften und gefühlvollen Charakter unserer Heldin besser zugesagt hätte. Tränen rannen ihr aus den Augen und sie küßte mit stürmischer Dankbarkeit die Hand ihres Wohltäters. Aber der geschickte Rodin entzog sich diesen Empfindungsausbrüchen. Rosalie kam, Justine wurde ihr vorgestellt und bald verbanden Bande der innigsten Zärtlichkeit diese beiden jungen reizenden Mädchen.

[82] Bevor wir weiter reden, müssen wir noch erzählen, daß Justine ungemein begierig war, zu erfahren, was sich seit ihrer Flucht auf dem Schlosse Bressacs zugetragen habe. Sie beauftragte mit dieser Sendung ein junges, kluges Bauernmädchen, das ihr versprach, sobald als möglich Erkundigungen einzuziehen. Unglücklicherweise schöpfte man Verdacht, man fragte sie aus und das einzige, was sie nicht verriet, war der Ort, von dem aus man sie geschickt hatte. »Nun gut, so bewahren Sie Ihr Geheimnis,« sagte Bressac, »aber wo immer diese Schurkin sein möge, übergeben Sie ihr diesen Brief und sagen Sie ihr, sie möge sich in acht nehmen.« Jeanette eilte hastig zurück und überbrachte Justine folgenden Brief:

»Eine Verbrecherin, die meine Mutter getötet hat, ist so frech jemanden nach dem Ort ihres Verbrechens zu schicken. Das Klügste, was sie machen kann, ist, sorgfältig ihren Aufenthaltsort zu verbergen. Sie kann sicher sein, Unangenehmes zu erleben, wenn man sie entdecken würde. Wenn sie aber nochmals jemanden schicken wollte, würde man den Boten einsperren. Uebrigens ist es gut für sie zu erfahren, daß die Geschichte mit der Conciergerie. die sie für erledigt hielt, noch nicht abgetan ist. Die Verordnung ist noch nicht aufgehoben. Sie möge also selbst beurteilen, um wie viel schwerer die zweite Anklage gegen sie wirkt!«

Justine glaubte ohnmächtig zu werden, als sie den Brief las. Sie überreichte ihn Rodin, der sie beruhigte und hierauf fragte sie Jeanette weiter aus. In der Furcht, verfolgt zu werden, hatte diese den Weg nach Paris eingeschlagen, hatte dort übernachtet und sich dann am nächsten Tage in aller Frühe auf den Heimweg gemacht. Im Schloß sei alles in größter Verwirrung gewesen. Die Verwandten waren da, Leute von Gericht waren gekommen und der verzweifelt tuende Sohn klagte Justine allein des Mordes an. Mehrere vorher vorgekommene Diebstähle, die Bressac auch auf Justine schob, brachten Licht über dieses zweite Verbrechen, und selbst wenn er es nicht selbst begehen gesehen hätte, so sagte er, könnte man niemanden anderen mehr verdächtigen.

Uebrigens wurde Bressac durch diese neue Erbschaft viel reicher, als man geglaubt hatte. Der Inhalt des Geldschrankes, die Einrichtung und die Juwelen setzten den jungen Mann, abgesehen von seinen Renten, in den Besitz von mehr als einer Million, und man behauptete, er könne unter dem geheuchelten Schmerz nur schwer seine Freude verbergen. Einen Augenblick lang schienen die Wunden am Leichnam den Schuft in Verlegenheit bringen zu sollen. Aber Bressac zerstreute durch die Lüge, ein Hund sei durch Versehen vierundzwanzig Stunden lang in dem Zimmer eingesperrt gewesen, bevor die Priester aus Paris kamen, jedes Bedenken des Wundarztes.

»Der Himmel lädt mir ein neues Kreuz auf,« sagte Justine zu sich. »Durch eine unglaubliche Fügung des Schicksals werde ich nun eines Verbrechens; angeklagt, dessen Erwähnung mir [83] schon abscheulich dünkte, und derjenige, der meinen Arm geleitet hat, der allein an diesem niederträchtigen Muttermord schuldig ist, er ist glücklich, reich und vom Glück begünstigt. Höchstes Wesen du!« fuhr sie unter Tränen fort, »dein Wille geschehe, ich bin nur dein Werkzeug.«

Nun wollen wir den Lesern eine Beschreibung der Leute geben, bei denen Justine sich befand und erklären, weshalb sie so liebenswürdig empfangen wurde.

Rodin, der Herr des Hauses, war ein groß gewachsener Mann von sechsunddreißig Jahren, besaß braunes Haar, dichte Augenbrauen, ein lebhaftes Auge und machte im allgemeinen den Eindruck eines kräftigen, aber wollüstigen Menschen. Er war Wundarzt aus Neigung für diesen Beruf, leitete ein Pensionat, um sich besser seinem Ausschweifungen hingeben zu können und besaß, abgesehen von den Einkünften seines Berufes, eine jährliche Rente von 20000 Francs. Eine wunderschöne Schwester, von der wir bald sprechen werden, vertrat seine vor zehn Jahren verstorbene Gattin in jeder Hinsicht, aber auch seine Tochter Rosalie und eine sehr hübsche Erzieherin genossen neben ihr die Gunst dieses schamlosen Mannes.

Célestine, Rodins Schwester, war 30 Jahre alt, groß, schlank und besaß ungemein ausdrucksvolle Augen. Sie war braun, besaß eine sehr lange Scheidenöffnung, einen nach Art der Männer geformten Popo und sehr kleine Brüste. In ihrem Geiste war viel Bösartigkeit mit einem ausschweifenden Temperament vermengt. Sie hatte für Alles Neigung, liebte es aber besonders, sich den Männern auf jene Art hinzugeben, die von den Dummköpfen in Acht erklärt wird, die aber von der Natur zum göttlichsten Vergnügen erhoben wurde. 12

Die Erzieherin hieß Martha und war neunzehn Jahre alt. Ihr Aeusseres zeigte ein rundes und frisches Gesicht, schöne blaue Augen, eine schwanenweiße Haut und den schönsten Popo, den man sich vorstellen kann.

Was Rosalie betrifft, so muß man sagen, daß sie eines jener himmlischen Mädchen war, wie sie die Natur selten den Sterblichen schenkt. Mit ihren vierzehn Jahren vereinigte sie alle nur möglichen Reize in sich: Eine Nymphentaille, seelenvolle Augen, süße und bezaubernde Gesichtszüge, einen wundervollen Mund, lange kastanienbraune Haare, die denkbar schönste Brust und einen herrlichen Popo.

Wie schon erwähnt, besaß Rodin ein Pensionat für beide Geschlechter. Er hatte zahlreiche und auserwählte Zöglinge, und zwar immer je hundert Mädchen und hundert Knaben. Aufgenommen wurden nur Kinder von mehr als zwölf Jahren, die dann [84] mit siebzehn Jahren weggeschickt wurden. Alle mußten hübsch sein und wenn man ihm welche brachte, die einen körperlichen Fehler hatten, wußte er unter hundert mit Sophismen ausgeschmückten Vorwänden die Aufnahme zu verweigern.

Rodin unterrichtete seine männlichen Schüler selbst. Er unterwies sie in den Wissenschaften und freien Künsten, während seine Schwester dasselbe bei den Mädchen tat. Kein fremder Lehrer hatte Einblick, und so kam es, daß alle wollüstigen Geheimnisse des Hauses auf das Innere beschränkt blieben.

Sobald Justine klar sah, gab sie ihren durchdringenden Geist eifrigem Nachdenken hin, bis die Freundschaft mit Rosalie sie über Alles aufklärte. Dieses entzückende Mädchen antwortete auf die Fragen Justines vorerst nur mit einem Lächeln, und da dieses Betragen unsere Heldin nur noch mehr beunruhigte, drang sie eifrig in Rosalie, ihr Geheimnis zu verraten. »Höre,« sagte diese endlich, »höre Justine, ich werde dir Alles mitteilen. Ich sehe, daß du nicht fähig bist, mein Geheimnis zu verraten und so soll künftighin keines mehr zwischen uns bestehen.

Für die Tätigkeit meines Vaters sind zwei Gründe bestimmend. Er betreibt die Chirurgie aus Liebhaberei, mit dem einzigen Vergnügen, neue Entdeckungen darin zu machen; Er hat über diesen Gegenstand so vorzügliche Werke herausgegeben, daß er darin als einer der gescheitesten Leute Frankreichs gilt. Er hat einige Jahre in Paris gearbeitet und sich dann zu seiner Erholung hieher zurückgezogen. Du willst nun wissen, was ihn dazu treibt, ein Pensionat zu halten? Nichts als die Leidenschaft, meine Teure. Sowohl mein Vater, wie meine Tante finden in den männlichen wie in den weiblichen Schülern Gegenstände für ihre Sinneslust. Beide haben dieselben Neigungen und sie bedienen einander so gut, daß es kein Mädchen gibt, das Rodin nicht seiner Schwester gäbe und keinen Knaben, den sie nicht ihrem Bruder ausliefern würde.« – »Und sicherlich folgt auf diese scheußlichen Vergehen noch die abscheuliche Blutschande?« fragte Justine. – »Gäbe es Gott, daß es dabei bliebe!« sagte Rosalie. – »Himmel, du erschreckst mich.« – »Du wirst Alles erfahren, mein Engel,« fuhr das reizende Mädchen fort. »Komm, folge mir nach. Heute ist Freitag und gerade der Tag, an dem mein Vater die Verfehlungen bestraft, das ist die Quelle seiner Freuden. Aber komm jetzt, wir können Alles von meinem Zimmer aus beobachten. Tritt leise auf und hüte dich, namentlich über das etwas laut werden zu lassen, was du sehen oder von mir hören wirst.«

Da Justine einsah, daß es für sie wichtig sei, etwas über die Persönlichkeit zu erfahren, die ihr ein Obdach anbot, folgte sie ihr nach. Sie kamen in ein Zimmer, dessen Tür genug schlecht verschlossen war, um so viel Raum zu lassen, daß man Alles hören und sehen konnte, was sich im Nebenraum abspielte. Herr und Fräulein Rodin befanden sich schon darin und wir wollen jetzt [85] genau über Alles Rechenschaft ablegen, was sie von dem Augenblicke an sprachen, als sie Justine vernehmlich wurden.

»Wen wirst du auspeitschen?« fragte das Fräulein. – »Ich wollte, es wäre Justine.« – »Dieses hübsche Mädchen scheint dich sehr aufzuregen?« – »Du weißt es doch, Schwester. Ich habe heute Nacht zwei Nummern mit dir gemacht und ich entlud nur mit dem Gedanken an sie. Sie muß einen entzückenden Popo haben und ich empfinde den lebhaften Wunsch, ihn zu sehen.« – »Das kann dir doch nicht so schwer fallen.« – »Doch! Alle Ungeheuer von der Tugend bis zur Religion sind dabei zu bekämpfen. Wenn ich die Festung nicht im Sturm nehme, wird sie niemals fallen.« – »Ah, wenn man sie bloß vergewaltigen muß, verspreche ich dir meine Hilfe. Die Hure wird schon unterliegen müssen.« – »Empfindest du nichts bei ihrem Anblick, Schwester?« – »Sie ist entzückend, aber ich glaube, daß sie wenig Temperament besitzt.« – »Du hast Recht; aber sie regt mich sehr auf! O, ganz ungeheuer!« Und bei diesen Worten hob Rodin die Röcke seiner Schwester von hinten auf und schlug ihr ziemlich kräftig auf die Arschbacken. »Kitzle mich, Célestine,« sagte er zu ihr, »damit ich ins Feuer komme.« Er setzte sich auf einen Lehnstuhl legte sein schlappes Glied in ihre Hände und mit einigen Fingergriffen erhielt, es wieder Kraft. Während dessen hielt er noch immer die Röcke seiner Schwester erhoben, so daß sich seinen geilen Augen der wundervollste Popo darbot. Er betastete ihn eifrig, und an der Art der Küsse konnte man bemerken, welche Gewalt dieser Liebessitz auf ihn habe »Nimm Ruten,« sagte Rodin und erhob sich, »und bearbeite damit meinen Hintern. Es gibt nichts, was mich mehr erfrischt als diese Handlung.« – Célestine öffnete einen, Schrank, entnahm ihm ein Dutzend Rutenbündel, breitete sie auf eine Kommode aus und nachdem sie das beste ausgewählt hatte, ging sie damit auf ihren Bruder los, der sich verzückt unter den Schlägen wichst und dabei immer mit leiser Stimme ausrief: »Ah, Justine! Wenn ich dich haben könnte, aber ich werde dich besitzen. Es ist nicht gesagt, daß ich dir ohne Gegenleistung Gastfreundschaft gewähre. Ich brenne darauf, deinen Popo zu sehen. Ich werde ihn sehen, ich werde ihn auspeitschen, diesen schönen Popo, Justine.« – Célestine hörte bei diesen Worten einen Augenblick auf, ihren Bruder zu peitschen. Sie stützte sich auf die Lehnen des Stuhles und forderte mit ihren Arschbacken zum Kampf auf. Aber Rodin, der nur seine Kräfte erproben und sie nicht verlieren wollte, begnügte sich, sie ein paarmal zu schlagen, ein wenig zu beissen und bat dann seine Schwester, die Kinder holen zu gehen;, die er abfertigen wollte. Während dieser Ruhepause warf sich Justine in die Arme ihrer Freundin. »O Gott, hast du von der Verschwörung gegen mich gehört?« fragte sie. – »O, teure Freundin, ich hoffe, daß du dich nicht widersetzen wirst,« entgegnete Rosalie, »du wärest die Einzige, die heil aus diesem Hause herausgekommen wäre.« – »Ich werde flüchten,« sagte [86] Justine. – »Das ist unmöglich,« antwortete Rosalie, »sein Beruf gibt ihm das Recht, das Haus zu verschließen. Bei einer Flucht würde er dich als Diebin behandeln und du kämest nach Bicetre. Geduld, meine Teure, ist in diesem Falle das Beste.« – Da wieder Lärm hörbar wurde, begaben sich Beide auf ihre Plätze zurück und sie konnten bemerken, daß Célestine ein blondes vierzehnjähriges Mädchen, das wie eine Liebesgöttin aussah, mit sich hereinschleppte. Das arme weinende Kind, das nur zu gut wußte, was es zu erwarten hatte, näherte sich stöhnend seinem Erzieher. Sie stürzte vor ihm nieder und bat ihn um Gnade. – »Nein, nein!« rief er aus; »das ist schon zu häufig vorgekommen, Julie. Ich bereue meine Güte, sie hat dich nur zu weiteren Verfehlungen ermutigt.« – »Hüten Sie sich, Bruder,« rief jetzt Célestine aus, das Beispiel dieses Mädchens würde im Hause verderblich wirken. »Vergessen Sie denn ganz, daß diese Schurkin gestern, als sie in das Schulzimmer eintrat, einem Knaben ein Briefchen zusteckte?« – »Ich schwöre, daß das nicht der Fall ist!« rief die entzückende Unschuld, »glauben Sie mir doch, mein Herr, ich könnte so etwas nie tun.« – »Lasse dich doch von diesen Vorwürfen nicht täuschen,« sagte Rosalie rasch zu Justine. »Alle diese Vergehen sind erfunden, um einen Vorwand zu haben. Dieses kleine Mädchen ist ein Engel, nur weil sie sich ihm nicht hingeben will, behandelt er sie so so hart.« – Währenddessen hatte die Schwester Rodins die Röcke der armen Kleinen gelöst, ihr das Hemd hinaufgezogen und zeigte nun ihrem Bruder den wundervollsten Popo. Dieser geile Bock ergriff jetzt die Hände des jungen Mädchens, band sie fest und bewaffnete sich mit einem in Essig getauchten Rutenbündel. Die vor ihm kniende Schwester kitzelte ihm: das Glied, als er nun seine Tätigkeit mit sechs leicht geführten Schlägen begann. Julie schauderte, aber sie bot in ihrer Angst ein so schönes Bild dar, daß Rodin nur noch mehr entflammte. Jedoch er wagte es nicht, sie zu küssen oder ihr die Tränen wegzusaugen. Trotzdem betastete eine seiner Hände die Arschbacken. Bald öffnete, bald preßte er die göttlichen Reize zusammen, die ihn bezauberten. Er betrachtete sie von allen Seiten, und obwohl der wahre Tempel der Liebe nicht fern war, warf er doch, getreu seinem Glauben, keinen Blick dahin. Wenn die Stellung unglücklicherweise mehr zeigte, deckte er es rasch zu. Schließlich hatte seine Wut keine Grenzen mehr. Er überhäufte das arme, zitternde Wesen mit Schmähungen und Drohungen und peitschte schließlich den ganzen zarten Körper mit wütenden Schlägen, so daß sein rosiges Fleisch sich bald in eine blutende Masse verwandelte. Julie schrie und weinte, aber das regte Rodin nur noch mehr auf. Er konnte sich jetzt nicht mehr halten. Célestine mußte das Kind so halten, daß der Popo, den er begehrte, sich ihm darbot. Dann näherte er sich den Beiden, indem er leise zu seiner Schwester sagte: »Steck ihn mir hinein.« Er berührte mit der Spitze seine ungeheuren Maschine das rosige Grübchen, wagte aber nicht [87] weiter zu gehen. Célestine trieb ihn jedoch wieder an und unter Flüchen Lästerungen und barbarischen Hieben öffnete er schließlich diesen Wohnsitz der Grazien und der Wollust. Der Verbrecher hielt sich aber zurück. Eine Steigerung hätte einen Verlust der Kräfte herbeigeführt, die er doch zu neuen Taten benötigte. »Kleiden Sie sich wieder an,« sagte er zu Julie, indem er sie losband und sich selbst in Ordnung brachte. »Und wenn noch einmal so etwas vorkommt, werden Sie nicht so leicht davonkommen.« – Als Julie hinausgegangen war, fuhr Rodin, zu seiner Schwester gewandt, fort: »Du hast mich zu rasch gekitzelt. Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte entladen. Das kleine Mädchen ist hübsch? Nicht? Hast du sie schon gehabt?« – »Welche hätte ich nicht schon gehabt?« – »Aber du hast gar kein Mitleid, wenn ich sie auspeitsche!« – »Was geht mich eine solche Hure an, wenn ich nur entladen kann Ich würde sie selbst zerreissen. Ah, du kennst noch nicht mein Herz! Es ist noch grausamer wie deines. Steck ihn mir ein wenig in den Popo, Rodin, er brennt mir förmlich,« fuhr das Schandweib fort und begab sich in dieselbe Lage, die sie vor der Auspeitschung Julies inne hatte. Sie hob die Röcke und Rodin stürzte sich ohne jede Vorbereitung in ihren Hintern, in dem er eine halbe Viertelstunde verblieb. Die Hure wichste, entlud und ging dann hinaus, um neue Opfer zu holen.

Das zweite Mädchen, das hereinkam, mochte im Alter Justines stehen; ja, sie ähnelte ihr sogar ein wenig. »Aimée,« sprach Rodin, »es ist sonderbar, daß Sie bei ihrem Alter mich noch in die Lage bringen, Sie wie ein Kind auspeitschen zu müssen.« – »Mein Alter und mein Betragen ist es nicht, was mich einer solchen Schande aussetzt, mein Herr,« erwiderte stolz das entzückende Mädchen, »aber wenn man der Schwächere ist, hat man immer Unrecht.« »Sie antworten sehr frech, mein Fräulein.« sagte Célestine, »und ich hoffe, daß mein Bruder daraufhin nicht allzu nachsichtig sein wird.« – »Sie kann dessen sicher sein,« sagte Rodin, indem der die Röcke hastig loslöste. »Aber mein Herr, ich glaubte nicht ...« – »Aimée,« unterbrach sie der geile Bock, indem er sie über einen Lehnstuhl beugte, »Sie haben mir gesagt, daß Sie manchmal an Hämorrhoiden leiden. Ich werde Sie untersuchen und wenn Ihr Leiden tatsächlich ein wenig von Bedeutung ist, will ich Sie milder behandeln.« – »Niemals habe ich mich über etwas derartiges beklagt, mein Herr,« entgegnete Aimée bescheiden. – »Das macht nichts,« antwortete Rodin, indem er sie weiter gebeugt hielt, »das kann noch kommen. Es ist gut, wenn ich das jetzt schon bemerke.« Célestine half und bald lag die arme Aimée auf allen Vieren da, ohne sich rühren zu können. »Nein, tatsächlich, sie hat nichts,« sagte jetzt Rodin, »alles ist in gutem Zustand. Vorwärts, jetzt wollen wir sie züchtigen!« Man band ihr die Hände und Célestine ergriff die Rutenbündel. »Mach du den Anfang, Schwester,« sagte Rodin. »Ich möchte sehen, ob du wirklich [88] kein Mitleid empfindest,« fuhr er fort, indem er sich vor sein Opfer hinstellte. Er wagte nicht, sich zu kitzeln, weil man ihn sah, und so rieb er bloß den Schenkel auf dem sein steifes Werkzeug ruhte. Célestine hieb mit derselben Grausamkeit ein wie ihr Bruder, der sich, kaum noch halten konnten. Er eilte auf die Peitschende los, entriß ihr die Ruten und fing nun selbst mit solcher Heftigkeit zu peitschen an, daß alsbald Blut hervortrat. Die arme Unglückliche atmete kaum. Man sah ihren Schmerz bloß an den Zuckungen ihrer Arschbacken, die sich bald öffneten und bald wieder schlossen. Nun folgte derselbe Angriff wie bei der ersten. Aimée aber erriet seine Absichten und drückte den Popo fest zusammen. Er griff nochmals an, aber wieder ließ ihn eine unvermutete Bewegung Aimées abgleiten. »Das alles scheint mir nicht zur Strafe zu gehören, mein: Herr,« sagte sie, »ich bitte Sie, machen Sie endlich Schluß.« Rodin wurde noch wütender und die 200 Peitschenhiebe, die er ihr jetzt mit sicherer Hand versetzte, schienen seinen Zorn kaum besänftigen zu können. Sein rasendes Glied schien den Himmel bedrohen zu wollen. Célestine wollte auch diesmal wieder helfen, jedoch Rodin winkte ab. »Nein« sagte er, »man führe sie weg; sie soll acht Tage lang bei Wasser und Brot eingesperrt sein. Ich will ihr zeigen, was das heißt, sich mir zu widersetzen.«

Aimée ging mit gesenkten, Augen hinaus und der grausame Rodin verlangte nach einem Knaben.

Der Junge, den Célestine nun hereinführte, war ungefähr fünfzehn Jahre alt und schön wie Amor. »Sie haben verdient, bestraft zu werden,« sagte er zu ihm, »und Sie sollen es auch sein.« Rasch war die Hose unten und alles: Popo, Glied, Hoden, Bauch, Schenkel, der Mund, alles wurde abgeküßt und geleckt. Rodin drohte, mehr kennen und der Liebende nur noch die Unmöglichkeit beschmeichelte, schmähte und liebkoste. Er befand sich in jener wollustigen Auflösung, bei welchen die Leidenschaften keinen Herrn klagt hundertmal so viel peinigen zu können. Mit seinen schamlosen Fingern trachtete er danach, in dem Knaben denselben Zustand von Geilheit hervorzurufen, in welchem er sich selbst befand. Er kitzelte ihn. »Nun, da haben wir ja wieder Ihr unkeusches Benehmen,« sagte der Satir, als er Erfolg bemerkte, »ich wette, daß, wenn ich noch zwei Handbewegungen mache, alles auf mich losspritzt.« Der Lüstling näherte nun seinen Mund, um die Strahlen aufzufangen, die seine Berührungen hervorgerufen haben. Er selbst ist nahe daran, zu entladen.

»Ah,« sagte er, indem er aufstand und den Samen von seinen Lippen leckte, »ich werde Sie bestrafen.« Er faßt den jungen Mann bei den Händen und band ihn fest. Seine Küsse brannten auf dem Altar, auf dem er gewöhnlich zu opfern liebte und seine Zunge vertiefte sich vollständig darin. »Ah! Kleiner Schuft,« rief er aus, »ich muß mich an Dir für die Gefühle rächen, die du in mir hervorrufst.« Er nahm die Ruten, und während Célestine [89] ihn leckte, peitschte er das Kind, bis es weinte. Nun geriet Rodin in Verzückung, die nur unterbrochen wurde, um neue Opfer heranzuschleppen. Der Schüler wurde losgebunden und ein wunderschönes zwölfjähriges Mädchen kam an die Reihe. Auf sie folgte ein Schüler von sechzehn Jahren und nach ihm ein sechzehnjähriges Mädchen. So peitschte Rodin mit Hilfe seiner Schwester an diesem Tage sechszig Kinder aus. – Fünfunddreißig Mädchen und fünfundzwanzig Knaben. Der letzte war ein Adonis von fünfzehn Jahren, bei dem sich Rodin nicht länger halten konnte. Nachdem er ihn blutig geschlagen hatte, wollte er ihn ficken. Seine Schwester mußte ihn halten und er fuhr fluchend und alles zerreißend in den herrlichen Popo dieses schönen Engels hinein. Nachdem er wie ein Rasender entladen hatte, trachtete er das Kind wieder zu beruhigen, er gab ihm Bonbons und tröstete es, bis es Schweigen versprach. So mißbrauchte der Verbrecher das Vertrauen, das die Eltern der Kinder ihm entgegenbrachten, und über den wahrhaft raschen Fortschritt, den Knaben und Mädchen im Lernen machten vergaß jeder die Gefahren, die den Kindern in dieser Schule drohten.

»O Himmel,« rief Justine aus, als diese Orgien beendet waren, »wie kann man es wagen, solche Ausschreitungen zu begehen? Wie kann man in solchen Quälereien Vergnügen finden?«

»Ah, du weißt noch nicht alles,« erwiderte Rosalie, »höre, sagte sie, als sie in ihr Zimmer zurückkehrten«, »du kannst jetzt wohl begreifen, daß, wenn mein Vater bei jungen Mädchen einiges Entgegenkommen findet, er an ihnen ebenso handelt, wie er es soeben zu dem Knaben getan hat. Durch diese Vorsichtsmaßregel werden die Mädchen nicht entehrt und haben auch keine Schwangerschaft zu befürchten. Auch können sie einst mit Leichtigkeit einen Gatten finden. O, Justine,« fuhr diese liebe Kind fort ich selbst bin ja ein Opfer seiner Sinne geworden. »Mit sieben Jahren hat er mich entblättert und seither jeden Tag.« – »Aber, seit du erwachsen bist« unterbrach sie Justine, »bietet dir doch die Religion eine Zuflucht.« – »Ach, er erstickt ja in uns alle Ansätze zu einem Glauben,« fuhr Rosalie lebhaft fort, »das Wenige, was er mir über die Religion gesagt hat, erfuhr ich von ihm, nur damit seine Gottlosigkeit nicht durch meine Unwissenheit offenbar würde; aber ich habe niemals gebeichtet oder kommuniziert. Er macht diese Dinge; zu lächerlich, er ertötet in uns so sehr jeden Gedanken daran, daß wir an diese Pflichten der Religion entweder ganz vergessen, oder wenigstens eine solche Verachtung dafür empfinden, daß er keine Indiskretionen beim Beichtvater zu befürchten hat. Manchmal vereinigt er die jungen Leute beiderlei Geschlechtes, deren er sich sicher fühlt; und in diesen Versammlungen wird in ihnen jeder Keim zur Religion oder zur Tugend erstickt. Andere wieder dürfen niemals an diesen Zusammenkünften teilnehmen.« »Welche Schlauheit!« rief Justine aus, – »Deren bedarf es auch,« antwortete Rosalie, »um zehn Jahre hindurch ein solches Leben genießen zu können.«

[90] »Komm, Justine,« sagte Rosalie einige Tage später, »beurteile mit eigenen Augen, was mein Vater mit meiner Schwester, mit mir, der Erzieherin und einigen seiner Günstlinge aufführt. Ich hoffe, diese Greuel werden dich überzeugen, daß ein anständiges Mädchen wie ich ungemein heftig leiden muß, wenn ihm die Natur nur Abscheu für alles das einflößt, was ihre Pflicht ist.« – »Ihre Pflicht? Niemals; sagen Sie Ihr Unglück.« – »Ach, der Grausame macht mir aus meinem Unglück Pflichten und ich wäre verloren, wenn ich mich widersetzen würde. Aber beeilen wir uns, die Klasse wird eben geschlossen. Begieb dich wieder dorthin, wo du das erste Mal zusahst, und passe gut auf.«

Um die wollüstige Szene, deren Justine jetzt ansichtig wurde, schildern zu können, müssen wir vorerst die Teilnehmer beschreiben.

Da war zuerst Martha, die Erzieherin, die wir schon als neunzehnjährige Schönheit gekennzeichnet haben, dann Rodins Schwester, Célestine, dann seine Tochter Rosalie; ferner ein sechzehnjähriger Schüler, namens Fierval, mit seiner fünfzehnjährigen Schwester, die Leonore hieß. Die Beiden waren außerordentlich schön, ähnelten sich stark und liebten sich sehr.

»Jetzt können wir uns also in aller Ruhe unseren Leidenschaften hingeben,« sagte Rodin, indem er sorgfältig alle Türen schloß. »Die Züchtigungen von heute Vormittag haben mich in einen Zustand versetzt, den sie sich nur durch diesen Anblick vorstellen können,« sagte er, indem er mit seinem harten und steifen Glied auf den Tisch klopfte, so daß sämtliche Hintern sich bedroht fühlten. Ja, sämtliche Hintern, denn unsere Leser müssen sich an den Gedanken gewöhnen, daß Rodin nur in diesem Tempel betete.

»Komm, teurer Engel,« sagte er zu Fierval und begann mit ihm zu züngeln, »komm, ich beginne mit dir, du weißt ja, daß ich dich anbete. Leonore ziehen Sie Ihrem Bruder die Hosen ab. Sie wissen ja– dieser wundervolle Popo muß von ihren Händen dargeboten werden. Ah, sehr gut!« Und der Schuft küßte, betastete und leckte, den schönsten Popo, den man sich vorstellen kann. Dann fuhr er fort: »Du, Schwester, kniee dich vor diesem jungen Mann hin und während ich ihn von hinten lecke, lecke du ihn von vorne. Du, Martha, schürze Leonore auf, ich will auch ihren Hinteren küssen können. Ja, so ist es richtig. Etwas aber fehlt noch. Rosalie, du schürze Martha auf und stelle dich so hin, daß ich eure beiden Hintern gleichzeitig betasten kann.« So blieb alles einen Augenblick lang, aber die Phantasie Rodins arbeitete zu stark, um das Bild nicht rasch zu verkehren. –

Folgendermaßen wurde die zweite Gruppe gestellt: Célestine kniete vor ihrem Bruder und leckte sein Glied. Leonore und Fierval mußten sich so aufstellen daß Rodin das Arschloch Beider gleichzeitig küssen konnte und mit der Rechten und der Linken bearbeitete er die Arschbacken Rosalins und Marthas. [91] »Versuchen wir etwas anderes,« sagte er nach einigen Augenblicken. »Ich muß peitschen, ich kann mich an diesem Vergnügen niemals sättigen. Ach, Leonore, die Küsse, die ich auf Ihren schönen Popo gedrückt habe, haben in mir nur das Verlangen wachgerufen, ihn auch grausam zu behandeln; aber ich möchte, daß Ihr Bruder mit dem Auspeitschen beginnt. Ich stelle mich dann mit einem Rutenbündel hinter ihm auf, und er soll es büßen, wenn er Sie schont.« Sein Wunsch wird erfüllt und während Rodin selbst von Martha geschlagen wurde, kitzelte ihm seine Schwester an den Arschbacken seiner Tochter. Wer würde es glauben? Fierval, der würdige Schüler Rodins, zeigte keinerlei Lust, seine Schwester zu schonen. »Vorwärts, mein Freund,« rief jetzt Rodin aus, »ficke deine Schwester steck ihn ihr von hinten hinein. Komm, ich will dich einführen, damit ich auch an deiner süßen Blutschande teilnehmen kann.« Dabei ergriff er Fiervals Glied, befeuchtete es mit seinen Mund und vereinigte dann die beiden jungen Leute. Er selbst schickte sich an, nachdem er die Hand des Knaben an die Clitoris seiner Schwester gebracht hatte, Fiervals Hintern zu ficken. »Setze dich rittlings auf Fierval,« sagte er zu Rosalie, »ich will deinen Popo lecken, Martha soll mich inzwischen weiterpeitschen und die Arschbacken meiner Schwester sollen in meinen Händen ruhen.«

»Teufel, gibt es denn ein größeres Vergnügen?«, fuhr der geile Bock fort, »aber doch halt! Ich will meine Tochter ficken.« »Unbeständiger Mensch, du bist mit nichts zufrieden,« unterbrach ihn Célestine. – »Du hast kein Recht, dich über Launen zu beklagen,« entgegnete Rodin, »aber bevor wir die Gruppe bilden, die auch sicher Samen kosten wird, wollen wir noch etwas anderes aufführen. Kniet euch alle derart nieder, daß Leonore mir ihren Popo, Fierval seinen Mund, meine Schwester einen Popo und Martha wieder einen Mund darbietet. Rosalie wird mein Glied in der Hand halten und mich von Altar zu Altar geleiten. Ich werde jedem meine Huldigung erweisen, worauf sie sich auf das Sopha stürzen und sich auf mein Gesicht niederhocken wird, wodurch ich gleichsam gegen meinen Willen gezwungen sein werde, ihre Arschbacken und ihr niedliches Arschloch zu küssen! .... Ah, kleine Schurkin!« sagte er zu Rosalie, als er mit der Reihe zu Ende, das heißt, in Marthas Munde war, »ah, kleines Lumpenweib, Sie sollen für die Schamlosigkeit bestraft werden, die Sie eben begangen haben. Sich den Popo vom seinem Vater küssen zu lassen, ihm die Nase hineinzustecken! Schamloses Geschöpf, ich werde Sie lehren, sich über Ihren Vater lustig machen!« Er erfaßte sie und während er sich von Martha lecken ließ, schlug er auf Rosalie mit einem Hammer los, bis sie in Blut gebadet war. Ueberall, wohin sein Instrument eine Wunde schlug, drückte er auch einen Kuß, saugten sich seine Lippen fest. Aber damit geschah ihm nicht genug. Der Verbrecher drang noch in den schmalen Wohnsitz des Vergnügens ein, er fickte seine Tochter von hinten, [92] während Fierval die gleiche Handlung an ihm vornehmen mußte. Vor sich hatte er den reizenden Popo Leonores, neben sich den Marthas und Célestines, und so drückte, küßte, zerriß und zerstieß er alles in seiner Umgebung, bis endlich die Bombe platzte und der Popo Rosalies mit Samen überschwemmt wurde. So genoß der Niederträchtige.

Auf diese Orgien folgte eine kleine Ruhepause. Man umringte Rodin und liebkoste ihn. Die eine wollte ihn durch die Glut ihrer Küsse wieder beleben. Die andere drückte sein Glied und rieb es sanft, während eine dritte sein Arschloch kitzelte, eine vierte ihren schönem Hintern allen Liebkosungen darbot und Fierval sich von ihm das Glied lecken ließ. So viel Sorgfalt brachte ihn richtig wieder ins Leben zurück. »Ihr wollt mich an zu reichlichem Genuß sterben lassen,« sagte Rodin, »nun gut, es sei! Das wäre eine süße Todesart. Ich bitte dich, Célestine, ficke vor meinen Augen mit Fierval und seine Schwester Leonore soll niederknieen und dir dabei die Clitoris lecken. Rosalie und Martha sollen mich währenddessen sowohl vorn wie hinten kitzeln. Ich hoffe, daß ich gleichzeitig mit dir fertig sein werde.«

Allein Rodin überschätzte seine Kräfte. Seine Schwester hatte schon sechs Nummern gemacht, ehe sein trauriges Glied sich auch nur halb in dem zur Entladung nötigen Zustand befand.

»Kommt her und leckt mir eine nach der andern das Glied,« sagte er, »und die übrigen empfindlichen Stellen des Körpers, so daß ich nur infolge von Zungenspitzen entlade.« Der Gedanke war wohl gut, allein Rodin hatte nicht erwogen, wieviel Zeit seine Ausführung in Anspruch, nähme. So dauerte es eine Stunde, die unter Beißen, Saugen und Lecken verging, bis die Natur ihn endlich beglückte und er in den Mund seiner Tochter entladen konnte.

»Wenn es etwas Süßes in der Welt gibt, dann ist es die Wollust,« sagte Rodin, nachdem er ruhig geworden war. »Gibt es eine Leidenschaft, die mehr beglückt? Sie entzündet die Fackel der Vernunft, sie gibt dem Menschen Tatkraft. Sie beherrscht eine Seele, die sie einmal erfaßt hat, so sehr, daß nichts anderes mehr darin Platz findet. Nichts beglückt so sehr wie sie. Geben wir uns ihr daher mit vollem Herzen hin und hassen wir alles, was nicht mit ihr zusammenhängt oder sie bekämpft.«

Nunmehr äußerte der junge Fierval den heftigen Wunsch, Rosalie zu ficken. »Steck ihr ihn doch hinein, Dummkopf,« rief Rodin aus, »es scheint so, als ob du fürchten würdest, dich deinen Begierden hinzugeben. Komm, ich will sie dir halten, denn ich liebe es, ihren Zuhälter zu spielen. Du, Schwester, kitzle ihm den Popo, und du, Martha, laß ihn deinen hübschen Hintern küssen. Wir müssen diesen herzigen kleinen Engel mit Vergnügungen überhäufen.« Und so mußte Rosalie nochmals standhalten; sie, die nur für die Tugend atmete und die nur ihr Glück im Kloster bei Gott gefunden hätte.

Fierval brauchte nicht Lange. Er entlud bald, und Rodin der [93] seine Tochter auf den Knien gehalten hatte, beugte er sich nun nieder, um das Glied des jungen Mannes so zu lecken, wie es aus dem Popo seiner Tochter herausgekommen war. Da er sich aber dabei wieder aufregte, bearbeitete er abwechselnd Leonore und seine Tochter von hinten und küßte dabei Fiervals Hintern. Célestine und Martha peitschten; ihn dabei nacheinander aus, bis er endlich in den entzückenden Popo seiner Tochter entlud.

Der wackere Erzieher begab sich nun zu Tisch und Justine hatte jetzt Muße, über das, was sie gesehen hatte, nachzudenken. »O, mein Gott!« rief sie aus, »bin ich geboren, um immer nur inmitten von Verbrechen und Niederträchtigkeiten zu leben?«

Man kann jedoch daran nicht zweifeln, daß, wenn sie nicht in so inniger Freundschaft an Rosalie gehangen hätte, sie sofort die Flucht ergriffen hätte. Aber die Hoffnung, ihre junge Genossin mit retten zu können, gab ihr Geduld, auszuharren.

Unsere Heldin befand sich seit ungefähr vierzehn Tagen bei Rodin, als dieser eines Morgens, brennend vor Begierde, bei ihr eintrat. Nach einigen allgemeinen Redensarten sprach er sein Begehren aus. Da er aber wenig daran gewöhnt war, lange Einleitungen zu machen, faßte er bald Justine um den Leib mit der Absicht, sie aufs Bett zu werfen. »Lassen Sie mich los, mein Herr,« sagte dieses tugendhafte Mädchen, »lassen Sie mich oder ich rufe das ganze Haus als Zeugen für ihre beabsichtigte Niederträchtigkeit zusammen. Wie begründen Sie Ihre Ansprüche auf mich? Ich mache mich doch hier im Hause nützlich und betrage mich derart, daß ich nichts von Ihnen befürchten zu müssen glaube. Wohl bin ich Ihnen dankbar, daß Sie mich aufgenommen haben, aber denken Sie daran, daß ich niemals mit meiner Ehre lohnen werde.«

Rodin staunte verwirrt über den unerwarteten Widerstand Justine an. »Herzchen,« sagte er nach einer Pause zu ihr, »du tust nicht recht daran, mir gegenüber die Vestalin zu spielen. Ich glaubte einiges Anrecht auf dein Entgegenkommen zu besitzen. Aber schön, dein Wille geschehe, nur verlasse mich nicht wegen einer solchen Bagatelle. Ich bin glücklich darüber, ein keusches Mädchen in meinem Hause zu haben. Da du im gegenwärtigen Fall so viel Tugend bezeigst, wirst du es hoffentlich auch in anderen Fällen tun. Du wirst dir dabei noch viel mehr meine Zuneigung gewinnen und ich bitte dich inständig, uns nicht zu verlassen.«

»Ich könnte hier nicht glücklich sein, mein Herr,« erwiderte Justine. »Man würde eifersüchtig auf mich werden und ich müßte dann doch weg.« – »Fürchte dich nicht,« entgegnete Rodin, »die Erzieherin ist dir untergeordnet und meine Schwester liebt dich. Du wirst immer mein Vertrauen besitzen, wenn du nur die nötige Verschwiegenheit bewahrst. Denn es geschehen hier viele Dinge, die deinen Anschauungen nicht entsprächen. Du mußt also alles sehen und hören, ohne auch nur darüber nachzudenken. Ja, Justine,« fuhr Rodin eifrig fort, »bei aller Ausschweifung werde ich dann neben mir ein tugendhaftes Wesen besitzen, in dessen Arme [94] ich mich wie zu einem Gotte stürzen werde, sobald ich meine Leidenschaften befriedigt haben werde.«

»Die Tugend ist also dem Menschen notwendig,« dachte Justine, »da doch selbst der Lasterhafte sich ihrer versichern will.«

Und unser liebenswürdiges Mädchen erinnerte sich der Bitten Rosalies und willigte schließlich gerne ein zu bleiben, da sie auch an Rosalie gute Anlagen zu bemerken glaubte. »Justine,« sprach er, »Sie sollen von jetzt ab nur noch mit meiner Tochter verkehren und ich geben Ihnen 400 Pfund als Gehalt.«

Eine solche Stellung mußte ein Glück für unsere unglückliche Waise werden, denn sie hoffte, sowohl Vater wie Tochter bekehren zu können.

»Rosalie,« sagte jetzt Rodin zu seiner Tochter, »ich hatte bisher nur den unbestimmten Wunsch, Justine an dich zu binden. Dieser Plan bildet von nun ab das Glück und den Trost meines Lebens. Empfange dieses Geschenk aus meiner Hand.«

Die beiden Mädchen umarmten sich und Justine blieb.

Es vergingen keine acht Tage und schon versuchte sich unser keusches und tugendhaftes Mädchen an der ersehnten Bekehrung. Allein die Verstocktheit Rodins übertraf alle ihre Erwartungen.

»Glaube nicht,« antwortete er ihr eines Tages, »daß die Huldigung, die ich der Tugend durch dich leiste, ein Beweis dafür ist, daß ich sie schätze oder sie dem Laster vorziehe. Diejenigen, die nach meiner Handlungsweise dir gegenüber annehmen würden, daß die Tugend wichtig oder gar notwendig ist, würden in einen großen Irrtum verfallen. Nein. Ich setze mich einer Art Gefahr aus, die Tugend schützt mich davor, so bediene ich mich ihrer. Aber ist sie deshalb weniger unnütz? In einer ganz lasterhaften Gesellschaft würde sie zu nichts taugen. Da aber unsere Gesellschaft leider nicht so beschaffen ist, muß man entweder Tugend heucheln oder sich ihrer bedienen. Täuschen wir uns nicht: Die Tugend ist kein unwandelbarer Wert. Sie ist veränderlich und nur was zu allen Zeiten, bei allen Völkern und in jedem Klima nützlich ist, ist wahrhaft gut. Stete Veränderlichkeit ist kein Zeichen von Größe. Daher rechnen auch die Gläubigen unter die Vorzüge ihres Gottes die Unwandelbarkeit. Die Tugend hat aber nichts von dieser Eigenschaft in sich. Es gibt religiöse Tugenden, Tugenden, die von der Mode, dem Umstand, dem Temperament oder dem Klima abhängen. Die Tugenden in einer Revolutionszeit sind beispielsweise ganz andere wie zu Zeiten einer ruhigen Regierung. Brutus, einer der größten Republikaner, wäre in einer Monarchie gerädert worden. Der unter Ludwig XV. hingerichtete Labarre hätte einige Jahre später vielleicht eine Krone erhalten.

Es gibt im allgemeinen keine zwei Völker auf der Erde, die auf gleiche Art tugendhaft sind: Man muß daher zu seinem Schutz die seines Landes annehmen, aber das beweist noch keinen wirklichen Wert der Tugend. Es gibt überdies Tugenden, die für manchen Menschen unmöglich sind. Lehren Sie einem Wüstling keusch [95] sein, einem Trunkenbold nicht zu trinken, einem grausamen Menschen mildtätig zu sein. Die Natur alle von Ihnen auferlegte Fesseln brechen und Sie werden; eingestehen müssen, daß eine Tugend, die die Leidenschaften bekämpft, bloß gefährlich sein kann. Bei den eben angeführten Menschen werden die ihnen zuerteilten Lasten sicherlich zu ihrem Wohlbefinden und ihrer Gesundheit nötig sein. Wenn aber diese Laster nützlich sind, wie können es dann die ihnen, entgegengesetzten Tugenden sein. Man wird Ihnen darauf antworten: Die Tugend ist den anderen nützlich und von diesem Standpunkt aus ist sie gut. Denn wenn ich anderen nur Gutes tue, werde ich meinerseits auch nur Gutes empfangen. Hüten Sie sich davor, so zu denken. Für das wenige Gute, das ich von den anderen empfange, leiste ich eine Million von Opfern und Entbehrungen, die mir nicht vergütet werden. Ich mache also ein schlechtes Tauschgeschäft und es ist für mich besser, darauf zu verzichten, anderen ein Glück zu verschaffen, das mir so teuer zu stehen kommt. Bleibt noch das Unrecht, das ich bei meiner Lasterhaftigkeit dem andern zufügen kann, und das Böse, das ich meinerseits dann zurückerhalte. Wenn ich einen vollkommenen Kreislauf des Lasters annehme, so begebe ich mich entschieden in eine Gefahr. Allein die dadurch entstehenden Sorgen werden durch das Vergnügen ausgeglichen, andere gefährden zu können, und so würde bald jedermann glücklich sein. Aber – sagen die Dummköpfe – das Laster macht nicht glücklich. Nein, sicherlich nicht, wenn man auf die Tugend eingeschworen ist. Aber ergeben Sie Sich einmal nur dem Bösen, vergessen Sie an die Tugend, dann werden Sie an einem Verbrechen nur Freude haben. Ich nehme beispielsweise eine Gesellschaft an, in der die Blutschande ein Verbrechen ist. Diejenigen, die sich ihr hingeben, werden unglücklich sein, weil die öffentliche Meinung, die Gesetze, der Gottesdienst und alles andere sie hindern würde. Diejenigen, die dieses Vergehen versuchen wollten, es aber nicht wagen würden, wären gleicherweise unglücklich: So würde das Gesetz gegen die Blutschande nur Unglückliche schaffen. In der benachbarten; Gesellschaft ist aber die Blutschande kein Verbrechen. Diejenigen, die nicht nach dieser Liebeslust begehren, werden nicht unglücklich und diejenigen, die dennoch begehren, werden glücklich sein Die letztere Gesellschaft wird aber sowohl in diesem Falle wie in allen anderen die dem Menschen vorteilhaftere sein. An der Tugend ist also nichts Gutes und nichts Verehrungswürdiges und diejenigen, die ihren Weg wandeln, dürfen sich darauf nichts einbilden: Sie ist ein Ding, das durchaus von den Umständen abhängt. Das Laster steckt aber im Gegenteil voll Annehmlichkeiten. In ihm liegt das ganze Lebensglück, nur durch seine Glut werden die Leidenschaften entzündet und derjenige, der, wie ich, sich einmal gewöhnt hat, in diesen Anschauungen zu leben, kann keinen anderen Weg mehr einschlagen. Ich weiß wohl, daß diese Anschauungen von Vorurteilen bekämpft werden und daß die öffentliche [96] Meinung manchmal über sie triumphiert. Aber gibt es etwas Verächtlicheres in der Welt als die öffentliche Meinung oder gar die Vorurteile? Voltaire sagte: Die öffentliche Meinung ist die Herrscherin der Welt. Heißt das aber nicht eingestehen, daß sie wie alle Herrscherinnen nur eine auf Uebereinkunft beruhende Macht besitzt? Und was liegt mir an der öffentlichen Meinung! Es gibt zwei Dinge: Entweder man verbirgt sie oder man läßt sie mir gegenüber laut werden. Im ersten Fall widerfährt mir kein Unglück und im zweiten empfinde ich sogar Vergnügen. Ja, zweifellos ein Vergnügen, denn es ist unendlich reizvoll, der öffentlichen Meinung zu trotzen. Aber der Gipfel der Klugheit ist, sie zum Schweigen zu bringen. Man rühmt uns die allgemeine Achtung. Aber, ich bitte Sie, was gewinnt man dabei, wenn man von den anderen geachtet wird? Dieses Gefühl legt dem Menschen Opfer auf, es beleidigt seinen Stolz. Ich könnte vielleicht denjenigen lieben, den ich verachte, niemals aber den, den ich achte. Wir wollen nicht länger zwischen diesen beiden Lebensformen schwanken, von denen die eine – die Tugend – nur zur stupiden Einförmigkeit und Untätigkeit führt, während die andere alles in sich vereinigt, was es Bezauberndes auf Erden gibt.«

Dies war die teuflische Logik, die in den Leidenschaften Rodins lag. Die sanfte und natürliche Beredsamkeit konnte auf diese Sophismen nichts erwidern. Allein Rosalie verabscheute die Greueltaten, denen sie sich unterwerfen mußte, und sie konnte man eher bekehren, wenn man ihr nur erst die obersten Gesetze der Religion beigebracht hätte. Dazu aber hätte man einen Priester ins Vertrauen ziehen müssen, und Rodin erlaubte weder, daß einer ins Haus käme, noch daß Rosalie ohne Begleitung ausgehe. So mußte sie warten, bis sich eine Gelegenheit bieten würde und konnte die Zwischenzeit nur dadurch ausfüllen, daß sie ihre Schülerin belehrte und in ihr die Neigung für die Tugend und die Religion zu erwecken trachtete.

»O, Fräulein,« sagte sie eines Tages zu ihr, »wie kann der Mensch so verblendet sein und bestreiten, daß er zu einem höheren Zwecke geboren sei. Was gibt es aber auf Erden, das dem Ewigen mehr gefiele als die Tugend, zu der er selbst das Beispiel gibt? Kann der Schöpfer so vieler Wunden andere Gesetze als das Gute haben? Und könnten ihm unsere Herzen gefallen, wenn in ihnen nicht Güte, Wohltätigkeit und Keuschheit die Grundelemente bilden würden? Ich glaube,« fuhr unsere gläubige Waise fort, »dem gefühlvollen Menschen genügt schon die Dankbarkeit, um sein Herz in Liebe für das höchste Wesen schlagen zu lassen. Ist es nicht eine Gnade von ihm, daß wir die Schönheiten des Weltalls genießen dürfen? Und sind wir ihm nicht für eine solche Wohltat zu Dank verpflichtet? Ist es denn nicht süß, zu empfinden, daß man sich dem höchsten Wesen gefällig macht nur dadurch, daß man sich der Tugend hingibt, die uns doch auch schon auf Erden beglückt? Dieselben Mittel, die uns in Stand setzen, [97] mit unserem Nächsten friedlich zu leben, sichern uns de Wiedergeburt im Schoß des Ewigen zu. Ah, Rosalie, wie töricht sind diejenigen, die uns diese Hoffnung rauben wollen. Sie sagen lieber: man täuscht uns, statt zu sagen: wir täuschen uns selbst. Der Gedanke an die Verluste, die sich so vorbereiten, würde sie in ihrer Wollust stören. Es erscheint ihnen weniger schrecklich, die Hoffnung auf den Himmel zu verlieren, als sich dem zu unterwerfen, was sie dorthin bringen könnte. Aber wenn die Leidenschaften in ihnen schwächer werden, wenn der Schleier zerreißt und ihr verderbtes Herz nicht mehr zweifeln kann, dann muß die gebieterische Stimme, die sie in ihrem Wahn nicht beachteten, fürchterlich für sie werden! An diesem Zustand muß man den Menschen beurteilen, um seine Lebensführung zu bemessen. Wir wünschen ihn uns selbst denn herbei; denn er tröstet uns, und von ihm aus kann man alles Uebrige ableiten. Wenn es einen Gott gibt, dann verdient er unsere Anbetung, und die Grundlage für diesen Gottesdienst ist unwiderleglich die Tugend.«

So wurde die gottesgläubige Rosalie bald zur Christin, und bloß die einzige Frage blieb unbeantwortet: wie man zur Theorie die Praxis hinzufügen könnte. Rosalie trug mit Ekel die Fesseln, die ihr Rodin auferlegt, aber sie wußte, daß mit ihm nicht zu spassen war. Auch zeigte er sich unbekehrbar. Keines der religiösen und moralischen Systeme Justine konnte gegen ihn aufkommen. Gelang es ihr jedoch nicht, ihn zu überzeugen, so hatte sie doch wenigstens die Festigkeit, sich auch nicht erschüttern zu lassen.

Denn, während Justine die Tochter des Hauses zu bekehren trachtete, war Rodin seinerseits ständig bemüht, aus Justine einen Proselyten zu machen. In Rodins Hause befand sich ein Anstandsort, der ihm dazu diente, die Körper aller derjenigen seiner Schüler betrachten zu können, die er entweder verführen wollte, oder denen gegenüber weiter zu gehen er nicht wagte. Den Schlüssel zu diesem sehr elegant ausgestatteten Kabinett gab man nur denjenigen, deren Reize man kennen lernen wollte. Der Sitz war derart eingerichtet, daß die Person, die darauf saß, ihren ganzen Hinterteil den Blicken Rodins darbot, der bequem in einem anschließenden Zimmer zuschaute. Argwöhnte das Kind etwas und stand es auf, so schloß sich sofort eine federnde Falltür ohne den mindesten Lärm. Sowie es sich beruhigt wieder niedersetzte, öffnete sich wieder die Tür und Rodin konnte mit Leichtigkeit seine Nase bis zum Popo vorstrecken und sehen wie es entleerte. Wenn ihm das, was er gesehen hatte, gefiel, – dann wurde es bald zur Auspeitschung und nach der Auspeitschung zur Sodomie verdammt.

Man kann sich leicht vorstellen, daß der Schlüssel zu diesem magischen Kabinett bald Justine in die Hand gegeben wurde und daß unser von dem sich bietenden Anblicke entzückter Hurenkerl von da ab noch energischer auf den Besitz dieser Reize losging. [98] »O, Himmel, Schwester!« rief er zu Célestine aus, als er wieder einmal eine derartige Besichtigung vorgenommen hatte, »gerechter Himmel! Du kannst dir keine Vorstellung von den göttlichen Reizen dieses Mädchens machen! Nein! Es gibt keinen Popo, der dem ihren ähneln würde. Sie verdreht mir den Kopf, ich bin außer mir. Ich muß sie besitzen, Schwester, koste es was es wolle. Versuche du und verlocke sie. Aber sieh zu, daß du Erfolg hast, sonst würde in mir eine Wut entstehen, die mich zu Ausschreitungen treiben könnte!«

Célestine setzte Alles in Bewegung. Allein es vergingen vierzehn Tage, ehe die Sirene eine andere Gewißheit erlangt hätte als die, daß alle ihre Pläne fehlschlugen.

»Du tust sehr schlecht daran,« sagte sie eines Tages zu Justine, »einem gewissen Glück eine ungewisse Hoffnung; vorzuziehen. Wie kannst du dir mit deiner Geistesschärfe einbilden, daß die Reinheit der Sitten, von der du hier so viel Aufhebens machst, jemals zu etwas gut ist? Dein Stolz, der einen Augen blick lang etwas Erstaunliches hat, beleidigt so lange deine Mitmenschen, bis sie dich verachten und du wirst bald aus dem Alter heraus sein, wo man gefällt, ohne den mindesten Nutzen aus den kostbaren Gaben gezogen zu haben, die dir die Natur geschenkt hat. Und welches Uebel glaubst du zu begehen, indem du deinen Körper dem hingibst, der ihn begehrt? Ist dieses Begehren in ihm nicht ein von der Natur eingeflößtes? Du beleidigst sie, wenn du nicht nachgibst und diese lächerliche Keuschheit, auf die du dir so viel einbildest, ist weiter nichts wie ein verbrecherischer Widerstand gegen ihre Absichten. Ah, glaube mir, mein Engel, die Menschen lieben uns nur nach dem Maßstab der Genüsse, die wir ihnen bieten. Wenn wir sie ihnen verweigern, lassen sie uns laufen, und die einzige Freude, die uns noch bleibt, ist der schwache Stolz, widerstanden zu haben. Sind solche Triumphe aber etwas wert? O, mein Kind, es gibt nichts Süßeres als die sinnlichen Freuden, Ein Augenblick im Schöße der Liebe taugt mehr als tausend Jahre der Tugend. Gib nach, Justine. Auch deine Eitelkeit wird befriedigt werden. Rodin zieht dich allen Anderen hier vor. Wiegt dieser süße Sieg der Eigenliebe nicht alle der Tugend gewidmeten Entbehrungen auf? Aber willst du mir vielleicht von der Selbstbefriedigung sprechen? Ah, Justine, welch ein trauriger Genuß ist das! Wie tief steht diejenige, die darin ihre Freude sucht, unter dem Wesen, das seine Glückseligkeit nur im Schoße der Ausschweifung findet. Koste doch einmal von den Vergnügungen, gegen die sich deine Vorurteile erheben, und du wirst ohne sie nicht mehr bestehen wollen. Mein Bruder betet dich an. Er würde Alles für dich tun. Vergißt du denn, was er bereits getan hat? Ist es nicht die erste Aufgabe einer gefühlvollen Seele, dankbar zu sein? Du vernachlässigst diese heilige Pflicht, Justine, wenn du dich deinem Wohltäter entziehst.«

Allein nichts konnte dieses engelsgleiche Wesen überzeugen.

[99] Sie fuhr so lange fort, ihren Wirten Widerstand entgegen zu setzen, bis sich der Verbrecher endlich zu einer höllischen List entschloss, wie sie nur seinem niederträchtigen Gehirn entspringen konnte.

Mittels eines Loches, das er in eine Mauer von Justines Zimmer gebohrt hatte, konnte er bemerken, daß dieses reizende junge Mädchen in den Tagen der großen Hitze nackt zu schlafen pflegte. Rodin ließ nun rasch und im Geheimen eine Falltüre herrichten, durch die Justines Bett in das höher gelegene Zimmer gehoben werden konnte. Er begab sich eines schönen Abends in dieses Zimmer und sobald er Justine eingeschlummert glaubte, ließ er die Falltüre spielen. So befand sich unser unglückliches Mädchen ganz nackt und ohne Verteidigungsmittel im wohlverschlossenen, wohlverriegelten Machtbereich des Verbrechers.

»Ah, endlich habe ich dich, Schelmin,« rief er aus und warf sich auf seine Beute, »nun wirst du mir nicht mehr entschlüpfen!«

Im Zimmer waren sechs Kerzen aufgestellt, wodurch der Hurenkerl in der glücklichen Lage war, den vollendeten Körper sowohl küssen als auch sehen zu können. Wir brauchen seinen Zustand nicht weiter zu beschreiben, denn man kann sich leicht sein Vergnügen vorstellen, endlich sein Ziel erreicht zu haben. Trotzdem jedoch konnte er Justines nicht Herr werden. Sie war durch ihre Tugend stärker wie er, leicht und behend wie ein Aal entglitt sie seinen Armen und öffnete hilferufend ein Fenster. Man denkt nicht an Alles, wenn man geil ist, und so hatte Rodin gerade an diese Gefahr vergessen. Das Fenster ging aber gerade nach dem Schlafraum der jungen Mädchen und so konnte ihm diese Nachlässigkeit das Leben kosten.

»Halt ein, Unglückliche!« rief er, »ich will dir aufriegeln, aber sprich kein Wort. Um Himmelswillen, stürze mich nicht ins Verderben!« – »Gut, so öffnen Sie mir die Türe,« sagte Justine; »sobald sie offen ist, höre ich auf zu schreien.« Rodin mußte gehorchen und so wurde nochmals ein Verbrechen abgeschlagen, dessen Ausführung deshalb aber noch nicht aufgegeben wurde.

Nun war der Anstoß für Justine gegeben, das Haus Rodins zu verlassen, und sie hätte sicherlich die Gelegenheit benützt, wenn sie sich damals nicht gerade im wichtigsten Stadium von Rosaliens Bekehrung befunden hätte. Bevor wir hier weitergehen, müssen wir aber ein wenig zurückgreifen.

Justine konnte freier aus und eingehen wie Rosalie und so fand sie Gelegenheit, ihren Bekehrungsplan einem jungen Priester des Pfarrsprengels mitzuteilen. Abbé Delue ein eifriger Diener des Herrn, hatte freudig den erhabenen Gedanken aufgegriffen, der Kirche ein sanftes Schaf zurückzubringen, das man ihr entführen wollte. In den ersten drei Wochen nach seiner Begegnung mit Justine fanden auch schon fromme Konferenzen statt, und zwar im Zimmer Rosaliens selbst. Die Absicht Rosaliens war es, eines Morgens in den Schoß der Kirche zu flüchten und ihr ferneres[100] Leben in einem Stifte zu verbringen. Aber der Himmel erlaubte nicht, daß die Tugend nochmals über das Laster triumphiere, eine Unvorsichtigkeit verriet Alles und das Verbrechen trat wieder in seine Rechte.

Justine wohnte gewöhnlich nicht den feierlichen Unterrichtsstunden an. Sie stand Wache und warnte, wenn Rodin nahte. Eines schönen Tages glaubten sich aber alle Drei in Sicherheit und Justine mußte an der Verzückung ihrer Freundin teilnehmen. Unsere drei Engel schwangen sich gerade gemeinsam gegen das Himmelsgewölbe, als der mehr irdischen Dingen zugewandte Rodin; mit dem Wunsche eintrat, seine Tochter in den Hintern zu ficken. Er glaubte sie im Bette anzutreffen und hielt schon sein Glied in der Hand, aber wie groß war sein Erstaunen, als er sie zu Füßen eines Priesters und mit einem Kreuz in der Hand sitzen sah. Einen Augenblick lang glaubte er zu träumen. Erschreckt taumelte er bald vorwärts, bald nach hinten, und erst langsam kam er zu sich. »Sie sehen, Schwester, wie man mich verrät,« sagte er zu Célestine, die mit Martha nachfolgte, »es ist leicht zu erraten, Justine, wem ich diesen niederträchtigen Verführungsplan zu verdanken habe. Gehen Sie hinaus, ich will Ihnen nichts nachtragen, denn ich habe Sie So lieb, daß, hätten Sie selbst nach meinem Leben getrachtet, ich Ihnen verzeihen würde. Aber du, Verbrecher,« sagte er und fasste den Kirchenmann beim Kragen, »du unwürdiger Anhänger einer ekelhaften Religion, du wirst mir aus diesem Haus nicht so leicht entwischen, wie du hereingekommen bist. Du wirst in einem Kerker dafür büßen, die philosophischen Wahrheiten, die ich in diesem Hause verbreite, mit deinem unreinen Atem beschmutzt zu haben. Gehen Sie hinaus, Rosalie, gehen Sie zu Ihrer Tante und rühren Sie sich von dort nicht ohne meine Erlaubnis weg.« Nun zerrte er mit Hilfe seiner Schwester und der Erzieherin den Abbé in ein Kellerloch, in das die Sonne noch niemals geschienen hatte, ging dann zu Rosalie und sperrte sie in ein anderes Verließ ein, Hierauf lief er in das Dorf. »Man hat mir meine Tochter entführt,« rief er aus, daß es jeder hörte, »und ich habe Verdacht auf den Abbé Delue!« Man eilte nach seiner Wohnung- fand den Abbé aber nicht zu Hause. »Nun ist Alles klar,« sagte Rodin, »ich hatte bis jetzt nur den Verdacht, nun aber sehe ich fürchterliche Wahrheit. Allein ich habe Schuld, ich habe Alles kommen sehen und hätte die Beiden schon am ersten Tage auseinanderbringen müssen!«

Alles ging ihm in die Falle. Rodin war durch diese List Herr über den Priester und er öffnete den Kerker bloß, um ihn in eine Gruft zu verwandeln. Den Leichnam Delues nagelte er an die Wand und mit einem eines solchen Ungeheuers wohl würdigen Raffinement brachte er jetzt seine Tochter an diesen Schreckensort. »Ich will, daß du deinen Verführer immer vor Augen haben sollst,« sagte er zu ihr, »bis du dein Verbrechen mit deinem Blute abgewaschen hast.«

[101] So standen die Dinge, als Justine, die sich außer aller Gefahr wähnte, das Unmögliche unternahm, etwas Gewisses über das Los ihrer Freundin zu erfahren; sie benützte jeden Augenblick, den sie sich unbeachtet glaubte, um die; entlegensten Winkel des Hauses zu durchstöbern. Endlich glaubte sie im Hintergrunde eines sehr finsteren Hofes Stöhnen zu vernehmen. Sie trat hinzu, aber vor der engen Türe lag ein Haufen Holz. Neues Wehklagen. »O, Justine! Bist du es?« – »Ja, Teuerste,« entgegnete diese, denn sie erkannte die Stimme Rosaliens, »ja, es ist Justine und der Himmel schickt sie dir.« Bald erfuhr nun Justine, in welcher traurigen Lage Rosalie sich befände, daß ihr Vater den Abbé ermordet habe, daß sie aber nur an den Messerstichen beurteilen könne, daß Delue viel gelitten habe. »Jetzt komme ich an die Reihe,« fügte Rosalie hinzu, »gestern am Abend kam mein Vater mit dem Dorfarzt herein, mit dem er sehr befreundet ist, und beide haben sich an mir schamlos vergangen. Mein Vater wollte sogar (etwas, was ihm noch nie durch den Kopf gegangen ist), daß ich mich den zügellosen Leidenschaften seines Kollegen hingeben solle, ja er hielt mich sogar während dieser schauderhaften Szene fest. Es sind ihnen aber auch Worte entschlüpft, die mich an meinem Schicksal nicht mehr zweifeln lassen. O Justine, ich bin verloren, wenn es dir nicht gelingt, mich zu befreien Alles beweist mir, daß diese Ungeheuer mit mir einen ihrer Versuche anstellen wollen.«

»Himmel,« rief jetzt Justine aus, »haben sie derlei schon einmal getan?« – »Ich habe starke Gründe, die dafür sprechen. Wenn elternlose Kinder hier sind ...« – »Nun, was dann? Du machst mir Furcht!« – »Sie verschwinden oft, ohne daß man wüßte, was aus ihnen geworden ist. Es ist noch keinen Monat her, daß ein wunderschönes vierzehnjähriges Mädchen auf diese Art verschwand, und ich erinnere mich wohl, daß ich an diesem Tage erstickte Schreie aus dem Kabinette meines Vaters hörte. Am nächsten Tage sagte man, daß sie davongelaufen sei. Einige Zeit nachher geriet eine fünfzehnjährige Waise auf gleiche Art in Verlust und man hörte von ihr nichts mehr. Mit einem Wort, ich zittere, wenn es dir nicht bald gelingt, mich aus diesem Gefängnis zu befreien.«

Justine fragte nun ihre Freundin, ob sie nicht wüßte, wo die Schlüssel zu diesem Keller hingen. Rosalie verneinte, trotzdem glaubte sie nicht daran, daß sie jemand bei sich trüge. Nun suchte Justine darnach, aber es war vergeblich und die Stunde des Abschieds nahte, ohne daß sie dem armen Kinde eine andere Hilfe zuteil werden lassen konnte, als ein paar Trostworte und viel Tränen. Justine mußte schwören, am nächsten Tage wieder zu kommen und sie versprach auch, falls sie bis dahin noch keine Abhilfe gefunden hätte, mit ihren Klagen bis zu Gericht gehen zu wollen, um die unglückliche Rosalie um jeden Preis ihrem schrecklichen Schicksal zu entziehen.

[102] Rombeau, der Arzt, speiste gerade mit Rodin zu Abend, als Justine zurückkehrte. Zu allem entschlossen, versteckte sie sich in einem Nebenzimmer und hier konnte sie sich durch das Gespräch der beiden Verbrecher bald von dem Los überzeugen, das ihre Freundin zu erwarten hatte.

»Ich bin verzweifelt,« sagte Rodin zu seinem Kollegen, »daß du bei meiner Rache nicht anwesend warst, denn du kannst dir das Vergnügen nicht vorstellen, das ich dabei empfand.« – »Man konnte dich auch unmöglich schwerer beleidigen ... Deine Tochter zu seinen Füßen! Der Verbrecher! Er wollte ja bloß deine Tochter ficken, du kannst davon überzeugt sein!« – »Ich glaube, daß ich ihm das eher verziehen hätte. Der Niederträchtige! Er hätte sie beichten lassen, sie kommuniziert, er hätte dieses Geschöpf mit einem Wort verdorben.« – »Wie glücklich kannst du sein, daß du sie überrascht hast. Und wie starb er?« – »Ah, das war ein einzigartiges Schauspiel. Martha und meine Schwester halfen mir. Sie leckten und kitzelten ihn, denn ich wollte ihn erschöpft in die andere Welt schicken.« – »Und dann?« – »Dann habe ich ihn gekreuzigt, damit der Diener auf dieselbe Weise stürbe wie der Herr. Während der vier Stunden, während welcher er auf dem Kreuze litt, habe ich ihn nun in jeder Weise gefoltert. Ich habe ihn da gefickt und gepeitscht und habe ihn schließlich mehr als zwanzigmal mit meinem Messer durchstochen. O, wenn du nur dagewesen wärest. Aber ich mußte mich beeilen, denn man atmet erst ruhig, wenn man; seinen Feind umgebracht hat.« – »Und deine Tochter? Kommt sie nicht auch an die Reihe? Bedenke, wie nützlich ein solches Ding der Wissenschaft werden kann. Bedenke, Rodin, welchen Fortschritt es bedeuten würde, könnten wir an einem eines gewaltsamen Todes gestorbenen fünfzehnjährigen Mädchen die Probe vornehmen. Wir benötigen dazu unbedingt ein junges Mädchen, denn im reifen Alter können wir nichts mehr beobachten. Die Menstruationen zerreißen das Jungfrauenhäutchen und alle Nachforschungen werden ungenau. Deine Tochter ist gerade im richtigen Alter, sie hat noch nicht die Regeln gehabt und ist erst von hinten entjungfert. Ich hoffe, du wirst dich bald entschließen.«

»Teufel, ich bin es,« erwiderte Rodin, »solche nichtige Ueberlegungen dürfen den Gang der Wissenschaft nicht hemmen.« Alle unsere großen Vorgänger haben Versuch in Spitälern angestellt und mein Lehrer secierte jedes Jahr mehrere Personen, die noch lebten. Mehr als 20000 Menschen wurden auf diese Weise durch das Opfer von einigen wenigen gerettet. Aber auch alle Künstler haben so gedacht. Als Michelangelo einen Christus natürlich wiedergeben wollte, machte er sich keine Sorge daraus, einen jungen Mann zu kreuzigen und seine Qualen zu benützen. Die erhabene »Büßende Magdalena« des Guido Reni wurde nach einem schönen Mädchen gearbeitet, das seine Schüler vorher auspeitschen mußten. Jedermann weiß, daß sie daran starb, aber was [103] liegt daran. Ist denn der Mord, den das Gesetz fordert, etwas anderes als Hinopferung eines Einzelnen, um Taufende zu retten? »Man müßte uns im Gegenteil Dank wissen, daß wir die Natur zugunsten der Menschheit besiegen.« – »O, der Sieg ist nicht eben groß,« erwiderte Rombeau, »und er wird in den Augen derjenigen kein Verdienst vorstellen die den Kitzel, der durch solche Handlungen hervorgerufen wird, kennen.« – »Das leugne ich gar nicht; denn jeder Schmerz, den ich meinem Nächsten zufüge, bringt meine Samentierchen derartig in Aufregung, daß ich ohne meinen Willen einen Ständer bekomme und mehr oder weniger rasch entlade, ohne daß mich jemand dabei berühren müßte. Du erinnerst dich, daß ich neulich ohne jede Berührung fertig wurde, als wir zusammen an dem Knaben arbeiteten, dem wir die rechte Seite öffneten, um die Zuckungen des Herzens beobachten zu können. Unfreiwillig verspritzte ich damals meinen Samen, als ich ihn dabei tötete und du mußt dich noch entsinnen, daß er mir schon wieder stand, ehe ich noch den letzten Tropfen verloren hatte. Aber streiten wir uns nicht länger, da ja einer des andern Neigung wohl kennt.« – »Ich gestehe,« sagte Rombeau, »daß ich dieselbe Erregung empfinde, aber ich begreife nicht den Widerspruch, der darin liegt, daß die Natur dem Menschen den Wunsch einflößt, ihre Geschöpfe zu zerstören.« – »Darüber bin ich vollkommen im Klaren,« sagte Rodin, »denn die Teile, die bei unserem, Zerstörungswerk zerfallen, geben ihr die freudige Möglichkeit, neues zu schaffen.« – »So ist der Mord ein Vergnügen?« – »Ich gehe weiter: er ist eine Pflicht. Er ist eines der Mittel, deren sich die Natur bedient, um uns zu ihrem Ziel zu geleiten. Nur dadurch, daß wir diesem Leben einen lächerlichen Wert beilegen, ist es möglich, daß man überhaupt über diesen Gegenstand anders denken kann. Nur, weil wir glauben, daß das Leben der Güter höchstes ist, bilden wir uns dummerweise ein, ein Verbrechen zu begehen. Aber das Aufhören dieses Daseins ist nicht mehr ein Uebel, als das Leben selbst etwas Gutes ist. Denn wenn nichts stirbt, nichts zerstört wird und wenn nichts in der Natur verloren geht, sondern sich nur unter anderer Form wieder zusammenschließt, so kann doch nur ein Dummkopf im Morde ein Verbrechen entdecken.«

»Vollkommen richtig,« sagte Rombeau, »aber ich muß gestehen, daß ich fürchtete, du könntest wegen der verwandtschaftlichen Bande, die dich mit diesem Mädchen verknüpfen, zögern.« – »Pah, welche Macht könnte die Bezeichnung ›Tochter‹ über mein Herz besitzen! Du kannst überzeugt sein, mein Freund, daß ich diesem aufgegangenen Samen denselben Wert beimesse, wie dem, den ich in die Scheide einer Hure verspritze. Ich mache mit dem einen nicht mehr Geschichten wie mit dem andern. Außerdem hat man das Recht, sein Geschenk wieder zurückzunehmen und bei fast allen Völkern hatte der Vater jede Gewalt über seine Kinder. Die Perser, Medier, Armenier und Griechen befriedigten [104] sich an ihnen in ausgiebigster Weise. Die Gesetze Lykurgs, des Musters eines Gesetzgebers, ließen dem Vater nicht nur jedes Recht über seine Kinder, sondern verdammten sogar jene zu Tode, die die Eltern nicht aufziehen wollten oder die mißgeformt waren. Ein großer Teil der wilden Völkerschaften tötet seine Kinder sofort nach der Geburt. Fast alle Frauen Asiens, Afrikas und Amerikas lassen sich die Kinder abtreiben, ohne daß das eine Schande für sie bildete. Cook fand diesen Brauch auch auf allen Inseln der Südsee. Romulus erlaubte den Kindermord. Die Zwölftafelgesetze gestatten ihn ebenfalls und die Römer konnten bis auf Konstantin ihre Kinder straflos aussetzen oder töten. Aristoteles empfahl dieses sogenannte Verbrechen an und die Stoiker betrachteten es als ein lobenswertes Vorgehen. Es ist heute noch in China gebräuchlich und man findet täglich in den Straßen und Kanälen Pekings mehr als zehntausend von den Eltern getötete oder abgelegte Wesen, auch kann dort ein Vater sich seines Kindes täglich entledigen, wenn es auch erwachsen ist, er braucht es bloß den Richtern zu übergeben. Nach den Gesetzen der Parther konnte man seinen Sohn, seine Tochter, seine Schwester und seinen Bruder töten, ohne daß man der mindesten Strafe ausgesetzt war, aber auch bei den Galliern fand Cäsar diese Sitte. Mehrere Stellen im Pentateuch lassen erkennen, daß der Kindermord bei dem Volke Gottes erlaubt war und Gott selbst befahl ihn Abraham an. Aber wie? Die Regierung hält sich ermächtigt, zwanzig- oder dreißigtausend ihrer Bürger an einem Tage hinzuopfern und ein Vater sollte nicht Herr über das Leben seiner Kinder sein können, wenn es ihm gefällt? Welch ein Unsinn und welche Inkonsequenz. Die Herrschaft des Vaters über seine Kinder ist die einzig wahre, sie hat einzig und allein jeder anderen zum Vorbild gedient, aus ihr allein spricht die Stimme der Natur. Beispiele in Hülle und Fülle sprechen dafür. Zar Peter zweifelte nicht an diesem Recht und übte es auch aus. Er erließ eine öffentliche Bekanntmachung, laut welcher jeder Vater nach göttlichen und menschlichen Gesetzen über Leben und Tod seines Kindes frei verfügen konnte, ohne daß es eine Berufung gegeben hätte. Nur in unserem verrohten Frankreich glaubte eine lächerliche und falsche Zärtlichkeit dieses Gesetz abschaffen zu müssen. Nein,« fuhr Rodin fort, »nein, mein Freund, ich werde es nie begreifen, daß ein Vater, der das Leben gegeben hat, es nicht auch ebenso unbekümmert nehmen kann. Ja, ich gehe sogar weiter: Ich bin vollständig davon überzeugt, daß ein Vater und eine Mutter nicht besser handeln können, als wenn sie sich ihrer Kinder entledigen; denn wir haben in der Welt keine größeren Feinde als sie und wir müssen sie zur Seite schaffen, ehe sie uns schaden können. Außerdem vermehren sich die Menschen in Europa, zu stark, und auch von diesem Gesichtspunkte ist die Ermordung seiner Kinder eine vorzügliche Handlung. Was sollte mich aber zurückhalten? Die Menschlichkeit? O, mein Freund, ich kenne keine falschere Tugend. [105] Die Menschlichkeit ist eine Lebensäußerung, die, wenn man sie in dem Sinne ausüben würde, den ihr die Moralisten geben, bald das Weltall in Verwirrung brächte.« 13

»Ah,« sagte Rombeau, entzückt von diesen scheußlichen Lebensregeln, »ich stimme dir bei, mein Teuerster. Ich bin von deiner Klugheit begeistert, aber deine Gleichgültigkeit setzt mich in Erstaunen. Ich glaube, du wärest in deine Tochter verliebt.« – »Ich, in eine Frau verliebt? ... Ah, Rombeau, ich dachte, du würdest mich besser kennen, du, der meine Neigungen kennt, der wissen müßte, daß ich vor diesem Geschlecht Abscheu empfinde und mich seiner nur zur Wollust und nicht aus Liebe bediene. Die Vorliebe, die ich für einen Popo habe, der Rausch, den ich beim Anblick eines Hintern empfinde, zwingt mich dazu, jedes Wesen zu verehren, das diesen Körperteil wohl ausgebildet hat. Alter und Geschlecht sind dabei Nebensache. Du selbst bildest ja einen lebenden Beweis für meine Behauptung, Rombeau, denn die göttliche Form deines Popos verleitet mich dazu, dich von Zeit zu Zeit von hinten zu bearbeiten. Das ist Wollust, aber niemals Liebe. Dieses schlappe Gefühl herrschte niemals in meinem Herzen. Es gibt nur etwas, daß mich wahrhaftig befriedigen kann, und das ist der Mord. Ich muß gestehen, das ist der letzte Genuß, den uns der Gegenstand unserer Wollust bieten kann, es ist aber auch der beste. Meine Tochter dient mir jetzt sieben Jahre lang zur Befriedigung, und es ist Zeit, daß sie das Ende meiner Leidenschaft mit dem ihres Lebens bezahlt.« ... Bei diesen Worten zog Rodin sein steifes Glied heraus und gab es Rombeau in die Hand, der alsbald mit dem seinen und Rodins ähnlich verfuhr. »Es scheint mir, als wären wir jetzt in dem: richtigen Zustand, unsere Absichten auszuführen. Wir haben beide kolossale Ständer,« sagte Rodin. »Steh doch auf, damit ich deinen Hintern anfassen kann, denn von ihm habe ich nie genug.« Der geile Bock zog bei diesen Worten seinem Freunde die Hosen ab und tastete und schlug und biß während einer Viertelstunde die zutage tretenden Arschbacken. Rombeau antwortete darauf und nun stellten sich die zwei Ekel derart auf, daß einer dem andern das Glied kitzeln und dabei das Arschloch lecken konnte. Rodin konnte sich nicht länger halten. Er beugte seinen Kameraden über ein Sopha, steckte ihm das Glied bis zu den Hoden in den Hintern hinein und rieb ihm dabei die Rute mit allen zehn Fingern.

»Wenn du so sicher wärest, nicht zu entladen, wie ich es bin (denn wir müssen unsere Kräfte für später aufsparen) würde ich nach jemandem schicken, der dich tüchtig aufregt und wir könnten dann in einer Stunde nach unserem Opfer schauen.« – »Du kannst dich auf mich verlassen,« antwortete Rombeau, »es gibt niemanden in der Welt, der besser seinen Samen beherrscht.« – »Gut, wen willst du haben?« – »Knaben,« antwortete Rombeau, [106] und Rodin zog sein Glied heraus, klingelte und gab Martha seine Befehle.

Justine glaubte, nicht länger verweilen zu dürfen. Sie hatte so lange gezögert, um über das Schicksal Rosalies außer Zweifel zu sein. Jetzt handelte es sich bloß noch darum, ihr zu Hilfe zu kommen. Unsere Heldin eilte davon, entschlossen, ihre Freundin zu befreien oder selbst dabei umzukommen.

»Unglückliche!« rief sie aus, »wir haben keinen Augenblick zu verlieren ... Die Ungeheuer! ... Du hattest nur zu sehr Recht.« Bei diesen hastig hervorgestoßenen Worten drückte sie so gut sie konnte, gegen die Türe. Dabei fiel etwas zu Boden, und als sie die Hand danach ausstreckte, fand sie, daß es der Schlüssel war. Hastig öffnete sie, die Freundinnen fielen sich in die Arme und Justine drängte zum raschen Aufbruch. Allein Rosalie wollte ihrer Freundin noch die ganze Scheußlichkeit ihres den Leichnam Delues bergenden Kerkers zeigen und diese unglückliche Verzögerung brachte sie um den Erfolg. Die Zeit verging und ... Gerechter Gott! Da war auch schon Rodin und Rombeau, von der Erzieherin geführt und in einem Zustand, der deutlich die Art ihrer Vergnügungen erraten ließ, die sie gerade genossen hatten. Rodin ergriff seine Tochter gerade in dem Augenblick, als sie die Schwelle überschritt, die sie in die Freiheit geführt hätte.

»Wohin gehst du?« rief der rasende Rodin aus, indem er Rosalie ergriff und Rombeau sich gleichzeitig Justines bemächtigte. »Ah!« fuhr er gegen diese gewandt fort, »diese Hure hilft dir bei deiner Flucht? ... Verbrecherin! Also das sind Ihre tugendhaften Grundsätze? Einen Vater seine Tochter entführen? Und ist das der Dank für meine Güte, daß ich dich damals nicht erdolchte, als ich meine Tochter durch deine Bemühungen zu Füßen eines Priesters sitzen sah?« – »Ich mußte so handeln, wie ich getan habe,« erwiderte Justine in festem Tone. »Wenn ein Vater so grausam ist, seine Tochter ermorden zu wollen, muß man alles benützen, um ein solches Verbrechen zu verhüten.« – »Gut,« sagte Rodin, »also Spioniererei und Verführung: die zwei gefährlichsten Laster bei einem Dienstboten. Gehen wir hinauf, wir müssen über diese Geschichte zu Gericht sitzen.«

Die beiden Verbrecher schleiften bei diesen Worten Rosalie und Justine ins Innere des Hauses zurück. Célestine erwartete sie ganz nackt und empfing sie mit fürchterlichen Flüchen. Martha schloß sorgfältig alle Türen und nun bereitete sich eine unendlich grausame Szene vor.

»Wir wollen ein wenig trinken,« sagte Rodin, »ich habe es nicht gerne, mit unbefangenem Kopfe an eine solche Arbeit zu schreiten.« Die Tafel war noch gedeckt und so brauchte man bloß die Pfropfen springen lassen. Sechs Flaschen des besten Champagners wurden innerhalb einer Viertelstunde hinuntergegossen. »Noch sechs her,« sagte Rodin zu seiner Schwester, »wir werden [107] sie bei der Arbeit hinuntergießen. Ah, Fräulein Justine,« sagte der Verbrecher, indem er sich dem weinenden Mädchen, das sein Schicksal voraussah, näherte. »So locken Sie also die Tochter von ihrem Vater weg, Sie, die die Vestalin so gut spielen ... Würdest du glauben, Rombeau, daß ich alles nur Mögliche getan habe, um dieses Mädchen dranzukriegen und daß es mir nie gelang? Aber jetzt haben wir sie, und ich rate ihr nicht, uns jetzt entschlüpfen zu wollen. Und Sie, kleine Hure,« fuhr er fort, indem er seine Tochter an sich preßte und ihr eine Ohrfeige gab, »Sie lassen sich von dieser Schurkin verführen? ... Wir müssen sie Beide secieren, Rombeau an meiner Tochter werden wir den Versuch mit der Jungfernhaut und an Justine den bezüglich des Herzschlages machen.« – »Mit diesem Hühnchen da mache ich, was man von mir verlangt,« sagte der halb betrunkene Rombeau und preßte grausam die Brüste Justines zusammen. »Die Hure erhitzt mir schon seit langem das Gehirn und seit ich sie kenne, habe ich mir schon zwei oder drei Nummern in Gedanken an sie heruntergewichst,« Unsere beiden armen Kinder standen bald in einem Zustand vollständiger Nacktheit da. Aber da man Rosalie bereits kannte, richteten sich die Blicke Aller auf den schönen Körper unserer Heldin. Célestine näherte sich ihr und umarmte sie. »Himmel, so ein schönes Mädchen!« rief sie aus. – »Nun denn, so kitzeln Sie sie,« sagte Rodin. »Rombeau und ich werden uns darüber gut unterhalten. Ich habe es gern, ein weinendes Mädchen gegen seinen Wunsch zum Entladen zu bringen.« Madame Rodin trug nun die weinende Justine auf ein Sopha und während sie sie mit der größtmöglichen Kunst kitzelte, bedeckte Rodin den Popo dieses schönen Mädchens mit den glühendsten Küssen. Rombeau stand vor dem Paare und küßte gleichfalls von Zeit zu Zeit Justine ab, während Martha im Hintern ihres Herrn herumwühlte, der nebstbei auch seine Tochter mit den Händen betastete.

Célestine triumphierte. Sie hatte so viel Geschicklichkeit angewandt, daß das Vergnügen den Schmerz überwog und unsere Unschuld entladen mußte. »Sie ist fertig geworden, die Hure,« sagte Rombeau, »ich habe es an der Verengerung ihres Arschloches bemerkt, denn ich schleckte sie während dieser Zeit.« – »Ganz richtig, meine Finger sind vollständig naß,« sagte Fräulein Rodin und leckte sie ab, bevor sie Justine einen Kuß gab.

»Mein Kind!« rief jetzt Rodin aus, »ich bin mit Ihnen sehr zufrieden. Fahren Sie mit Ihrer Liebenswürdigkeit gegen uns fort; vielleicht können Sie durch dieses Betragen mehr gewinnen, als Sie durch Ihre dummen Streiche verloren haben. Ah, Teufel! wie schön sie in diesem Gemisch von Freude und Schmerz ist!« – »O, mein Herr, was verlangen Sie von mir,« wehklagte Justine. »Nichts, was wir nicht mit Gewalt durchsetzen könnten und nichts, was nicht Ihr Los mildern würde, wenn Sie es uns freiwillig geben. Jetzt beispielsweise wollen wir, daß Sie meine Schwester mit der Zunge kitzeln. Sie wird sich so aufstellen, daß Sie Ihnen gleichzeitig [108] Popo und Scheide darbietet. Rosalie wird vorn und sie hinten lecken.« Sie mußten gehorchen; denn wie leicht konnten sich die Wünsche in Befehle verwandeln! Um die Gruppe zu vervollständigen, legte sich Rodin rechts von seiner Schwester und Rombeau links davon hin. Ihre Glieder waren dem Munde Justines und ihre Hintern dem Rosalie erreichbar und beide Mädchen mußten neben Célestine auch an ihnen saugen. Martha lief die Reihe ab, um zu sehen, ob Alles richtig arbeitete und um ihre schönen Arschbacken den beiden Wüstlingen der Reihe nach darzubieten. Die mit diesen Dingen vertrautere Rosalie unterwarf sich mit Ergebenheit, während Justine nur unter Seufzern und mit Widerwillen den Befehlen nachkam.

»Ficken wir Justine von hinten,« sagte jetzt Rodin, »du hast keinen Begriff, Rombeau, wie sehr die Schönheit ihrer Arschbacken mein Gehirn erhitzt. Es gibt vielleicht in ganz Frankreich keinen Menschen, der so viele Hintern gesehen hätte, wie ich, aber ich schwöre dir, mein Freund, daß mir keiner untergekommen ist, der schöner, weißer, fester und appetitlicher gewesen wäre, wie der dieser kleinen Hure,« fuhr Rodin fort und bei jedem Lobeswort drückte er einen Kuß auf den gepriesenen Körperteil.

Justine erwartete ihr Todesurteil. Trotzdem warf sie sich vor die Füße ihrer Henker und flehte sie mit den stärksten Ausdrücken des Schmerzes und der Verzweiflung um Gnade an. »O, nehmen Sie mein Leben,« sprach sie, »aber lassen Sie mir die Ehre.« – »Aber du wirst schuldlos bleiben,« entgegnete Rombeau, »weil wir dich vergewaltigen werden.« – »Zweifellos; von diesem Augenblick an hast du dir keine Gewissensbisse mehr zu machen,« setzte Rodin hinzu und trug sie nach diesen grausamen Trostworten rasch auf das Sopha. »Der wundervolle Popo!« rief er prüfend aus. »Halt! Rombeau, mache eine Faust und schlage auf die linken Arschbacke, ich will auf die rechte schlagen. Derjenige, der den ersten Blutstropfen hervortreiben kann, darf sie als Erster in den Hintern ficken. Rosalie, kommen Sie hieher, knien Sie vor Rombeau nieder und lecken Sie sein Glied, und Sie, Martha, das meine.«

Justine lag in den Armen Célestines, die sie unten kitzelte, damit sie die Schmerzen vergäße. Aber Rodin bemerkte es und ermahnte sie rauh: »Lasse sie doch Schmerzen haben,« sagte er, »wir wollen ja nicht, daß sie sich vergnüge, sondern daß sie leide, und du störst unsere Pläne, wenn du ihre Gemütsverfassung änderst.« Nun ging das Schlagen los. Die Hiebe Rombeaus waren kräftig, aber Rodin war gewandter und bei dem dreissigsten Fausthieb spritzte schon Blut. »Du siehst, daß ich gewonnen habe,« sagte er. – »Ja,« erwiderte Rombeau, aber gib Acht, daß du nicht entladest, wir brauchen unsere Kräfte. »An deiner Stelle würde ich mich auf ein paar Kleinigkeiten beschränken.« – »Nein, nein,« rief Rodin hastig, indem er die Arschbacken Justines auseinanderspreizte und seinen Stab hinhielt, der härter wie eine [109] Eisenstange war, »nein, kein Ding der Welt könnte mich jetzt davon abbringen, dieses schöne Geschöpf im Hintern zu ficken. Ich wünsche sie mir schon zu lange, sie muß jetzt drankommen, die Hure.« Und schon sprengte der Kopf seines mächtigen Gliedes das zarte, herzige Arschloch unserer Unglücklichen, das, da es erst ein einziges Mal angegriffen worden war, noch seine ganze Frische hatte. Ein furchtbarer Schrei und eine heftige Bewegung waren die einzigen Versuche Justines, Rodin abzuschütteln, der aber nicht aus seiner sicheren Ruhe zu bringen war. Jetzt packte er das Mädchen bei den Hüften, stieß kräftig zu und verschwand schließlich bis an die Hoden in dem frischen und weichen Popo. »Ah, Teufel!« rief er aus, »ich bin drin. Gott oder seine Saupriester sollen mich jetzt verhindern, diese Hure zu ficken! O, mein Freund! Der schöne Popo ... wie heiß er ist und wie eng! Rombeau!« fuhr er fort, »ficke du meine Tochter von hinten, aber stelle dich so auf, daß ich Euch sehen kann und dabei deinen Popo betasten kann. Martha soll uns Beide auspeitschen.« – »Halte einen Augenblick ein,« sagte Rombeau, »ich habe einen anderen Wunsch. Justine soll sich auf alle Viere stützen, den Popo in die Luft stecken und deine Schwester soll sich derart an ihr festhalten, daß die beiden Arschlöcher sich gegenüber stehen. Wir zwei wollen Beide abwechselnd benützen. Martha soll nach deinem Befehl handeln.«

»Bei allen Saugöttern des Christentums,« fluchte Rodin, nachdem sie den Versuch gemacht hatten, »keine Art zu ficken ist so gut wie diese hier. Aber wir können noch mehr Vergnügen erreichen. Martha und meine Schwester sollen sich ebenfalls so aufstellen, das wird unseren Genuß verdoppeln.«

So vergnügten sich unsere Schweinekerle eine Stunde lang und sie drehten die Weiber mit einer solchen Geschwindigkeit, daß sie für die Flügel einer Windmühle hätten gehalten werden können. Sie blieben auch fernerhin bei der Bezeichnung für diese Gruppe, die wir jedermann aufs Wärmste empfehlen können.

Endlich hatten sie davon genug. Sie waren jetzt so aufgeregt, daß aus ihren Augen Flammen sprühten. Ihre an den Bauch gepreßten Glieder schienen den Himmel zu bedrohen. Rodin gab sich hauptsächlich mit Justine ab. Er küßte, zwickte und schlug sie und wußte nicht, was er Alles erfinden sollte, um sie abwechselnd zu liebkosen und zu peinigen. Schamhaft, wie wir von Natur aus sind, müßten wir erröten, wenn wir die Schändlichkeiten beschreiben wollten, die er beging.

»Du siehst, meine Gute,« sagte er endlich zu Justine, »daß man auch bei den Schweinehunden noch etwas gewinnen kann. Deine Ehre ist Dir gewahrt. Weniger tugendhafte Wüstlinge hätten sie dir vielleicht geraubt, wir haben sie geschont. Weder Rombeau noch ich haben auch nur den Wunsch, sie anzugreifen, aber dein Popo, dieser herrliche Popo wird oft durchbohrt werden. Er ist so frisch, so schön geformt, so hübsch!« Und bei diesen [110] Worten küßte ihn der Schuft und steckte einigemale sein Glied hinein.

Nun begannen aber die Hauptschlager. Rodin ergriff seine Tochter und aus seinen wilden Blicken konnte sie ihr Todesurteil lesen. »O, Vater,« rief die Unglückliche weinend aus, »was habe ich getan, daß mir ein solches Los zuteil wird?« – »Was du getan hast?« entgegnete Rodin, »kannst du noch fragen? Sind deine Verbrechen noch nicht schwarz genug? Du hast einen Gott kennen lernen wollen, du Hure, als ob es für dich einen anderen gäbe als meine Wollust und meinen Schwanz!« Bei diesen Worten ließ er sich sein Glied küssen und rieb ihr damit das Gesicht und den Popo ab. Er ohrfeigte sie, beschimpfte sie und fluchte wie nur ein Verbrecher fluchen kann; während Rombeau sich an den Arschbacken Justines rieb und seinen Freund anfeuerte. Nun wurde die arme Tochter Rodins auf einen schmalen, auf zwei Füßen stehenden Ring gesteckt und ihre Glieder an vier von der Decke herabhängenden Seilen so angebunden, daß sie so weit als möglich auseinandergespreizt waren. Célestine mußte sich zwischen den Schenkeln des Opfers, mit dem Popo dagegen, aufstellen. Martha sollte die Aufsicht übernehmen und Rombeau wollte Justine im Hintern ficken. Der teuflische Rombeau, der sah, daß der Kopf Rosaliens ohne Stütze zur Erde herabhing, machte den Vorschlag, ihn auf seinen Popo legen zu dürfen, so daß er bei jedem Stoß, den er gegen Justine ausführte, wie ein Ball auf einem Fangnetz hüpfte. Dieser Gedanke ergötzte unseren grausamen Rodin ganz ungeheuer, der seinerseits wieder neue Qualen für seine unglückliche Tochter ausdachte. Das Ekel fickte seine Schwester von hinten und stieß dabei mit einem Skalpel nach dem armen Opfer, das heftige Schreie ausstieß! Nun öffnete er vor den Augen Rombeaus, der mit seiner Stute herbeigeeilt war, den Unterleib, zerteilte und zerschnitt und legte schließlich während des Fickens sowohl den Muttermund, wie Alles, was drum und dran hängt, auf einen Teller. Die Verbrecher zogen ihre Glieder aus den Hintern heraus und begannen mit der Operation. Die erlöschenden Augen Rosalies wandten sich kraftlos gegen ihren Vater, wie wenn sie ihm seine Grausamkeit vorwerfen wollte. Aber dringt denn die Stimme des Mitleids in eine solche Seele? Der grausame Rodin streckte sein Glied statt aller Antwort in die Wunde, denn er liebte es, sich mit Blut zu befeuchten- Rombeau feuerte ihn eifrig an, während Martha und Célestine in fröhliches Gelächter ausbrachen. Nur Justine wagte es, ihre unglückliche Freundin zu beklagen und zu beweinen. Allein man widersetzte sich bald ihrem Wehklagen, mißhandelte sie und schließlich forderte Rodin als Strafe von ihr, sie möge sein mit Blut besudeltes Glied lecken. Dann ließ er sie mit dem Kopf über der Wunde festhalten, peitschte sie in dieser fürchterlichen Stellung aus und ließ sich selbst dabei züchtigen. Jetzt aber konnte er sich nicht länger halten. Er hatte gerade noch Zeit, sich in den Popo Justines zu[111] stürzen, die derart aufgestellt war, daß Rosaliens Kopf zwischen ihren Beinen steckte und der seinige sich auf die blutende Wunde stützen konnte und dann entlud er. Rombeau folgte im Hintern Célestines nach und unsere beiden Verbrecher sanken erschöpft in die Lehnstühle.

Jedoch Rosalie lebte noch und Justine wagte es, für sie zu bitten. »Dumme Gans,« sagte Rodin, »du siehst doch, daß sie nicht mehr aufkommen kann.« – »O, mein Herr,« erwiderte zitternd Justine, »vielleicht bei sorgfältiger Pflege ... Was hat Ihnen denn die Unglückliche getan?« – »Versetzen wir uns rasch in erregten Zustand!« stieß Rombeau hervor, indem er die Brüste Marthas grob anfasste, »denn diese zwei Huren betäuben mich; die eine durch ihr Schreien und die andere durch ihr Gnadengewinsel.« – »Gut, trinken wir diese sechs Flaschen Champagner aus,« sagte Rodin, »und Martha und Célestine sollen uns kitzeln.«

Die Handlung begann von neuem. »Und was werden wir nachher machen?« fragte Rombeau, der durch die Anstrengungen Marthas und durch den Champagner anfing, einen Ständer zu bekommen. – »Was wir machen werden? Folgendes,« antwortete Rodin, »wir werden Justine an den Leichnam ihrer Freundin anbinden. Du wirst sie lebend secieren, mich dabei im Hintern ficken und ich will mich über ihren Mund beugen, um ihren letzten Seufzer aufzufangen ...« – »Nein,« sagte jetzt Rombeau, »ich habe einen besseren Einfall, womit wir Justine strafen könnten. Das Vergnügen, ein Weib zu töten, ist bald vorüber, sie leidet nicht mehr, wenn sie tot ist und uns bleibt nur noch die Erinnerung an das genossene Vergnügen. Machen, wir es besser,« fuhr Rombeau fort, indem er ein Eisen ins Feuer legte, »strafen wir sie denn genügend, wenn wir ihr das Leben rauben? Nein, zeichnen wir sie, verbrennen wir sie. Dieses demütigende Zeichen wird sie entweder an den Galgen bringen oder sie den Hungertod sterben lassen. Jedenfalls aber wird sie bis zu ihrem letzten Atemzug leiden und unsere Wollust wird durch diese Verlängerung der Qualen nur gewinnen.« Wie gesagt, so getan. Rodin ergriff Justine und der scheußliche Rombeau preßte das glühende Eisen auf ihre Schulter, mit dem man die Diebe zeichnet »Jetzt soll sie sich unter die Leute wagen,« sagte das Ungeheuer, »dieser belastende Buchstabe wird uns rechtfertigen, daß wir sie so rasch und geheimnisvoll weggeschickt haben.« – »Gut,« sagte Rodin, »wir sind aber wieder geil, wir müssen uns vorher noch an ihr befriedigen. Begehen wir noch zuguterletzt einige Greueltaten.« Ein ungeheures Rutenbündel fiel dabei dem Barbaren in die Hände, der folgendermaßen fortfuhr: »Du nimmst sie auf deine Schultern, denn ich will sie auf deinem Rücken auspeitschen. Von Zeit zu Zeit will ich die Schläge auch auf deine Arschbacken fallen lassen. Meine Schwester soll dich währenddessen lecken und Martha wird mir die Schläge zurückgeben, die ich an Euch Beide verschwende. Die Qualen Justines sollen durch einen Arschfick [112] endigen.« Man begann. Rodin schonte nichts und bald rannen Blutstropfen vom Popo unserer Heldin und denen Rombeaus herab, was in ihm einen unsagbaren Kitzel verursachte. »Jetzt komme ich daran,« sagte dieser Schuft, »aber ich will, daß sie anders aufgestellt sei. Ich will ihre Scheide auspeitschen, ihre Schenkel, ihren Bauch, mit einem Wort ihren ganzen verabscheuten Vorderteil.« – »O, Teufel, warum ist mir dieser Gedanke nicht gekommen? Ich bin ganz verzweifelt darüber, daß er mir nicht zuerst einfiel!« Diese neue Schandtat wurde ausgeführt und der ganze Vorderteil unserer Heldin wurde, ebenso wie Rodins Hinten, grausam zerfleischt, während Martha ihm das Glied leckte. Justine wurde nunmehr auf ein Sopha gelegt und die beiden Freunde verspritzten in ihren Popo die letzten Zeugen ihrer Geilheit, während sie von Martha und Célestine ausgepeitscht wurden. Jetzt wandte Rosalie ihre sterbenden Augen Justine zu und hauchte ihre Seele aus. Die Ungeheuer stürzten auf den Leichnam hin, betrachteten ihn noch einmal, griffen ihn noch einmal ab und der grausame Rodin biss wollüstig in das noch zuckende Fleisch hinein. Schließlich wird der Leichnam im Garten in ein Loch verscharrt, neben dem sicherlich zahlreiche andere Opfer der verbrecherischen Leidenschaften Rodins ruhten. Justine kleidete man wieder an, führte sie an den Rand des Waldes zurück und überließ sie ihrem bösen Stern, nachdem man ihr die Gefahren vorgehalten hatte, denen sie ausgesetzt wäre, wenn sie in ihrem jetzigen Zustand ihre Peiniger beschuldigen würde.


Ende des ersten Bandes. [113] [115]

Zweiter Band

Zweiter Band.

[115][117]

Ein anderes Wesen als die zitternde Justine hätte sich wenig um diese Drohung geschert; sobald es ihr möglich war, zu beweisen, daß, was sie erduldet, über sie von keinem Gerichte verhängt worden war, was hatte sie zu fürchten? Aber ihre Schwäche, ihre natürliche Furchtsamkeit, alles dies betäubte sie, erschreckte sie. Sie dachte nur mehr an Flucht. Außer dieser beschämenden Marke, einigen Spuren der Rute, welche Dank der Reinheit ihres Blutes bald verschwinden würden, und einiger sodomitischer Angriffe, welche, von gewöhnlichen Gliedern ausgeführt, sie nicht verunstalteten, hatte unsere Heldin, als sie achtzehn Jahre alt, von Rodin fortging, nichts verloren, weder von ihrer Tugend, noch Von ihrer Frische, noch von ihren Kräften. Sie trat in jenes Alter, wo die Natur eine letzte Anstrengung zu machen scheint, um die zu verschönern, welche ihre Hand für die Lust der Männer bestimmt hat. Ihre Taille hatte bessere Formen, ihre Haare waren dichter und länger und ihre Haut frischer und appetitlicher. Ihr Busen, geschont von diesen Leuten, welche für diesen Körperteil wenig Interesse hatten, war wohlgeformter und runder. Sie war ein entzückendes Wesen, wohlgeeignet, bei einem Wüstling die heftigsten, außergewöhnlichsten und schamlosesten Begierden zu erregen.

So machte sich Justine, mehr aufgeregt und bekümmert als körperlich mißhandelt, denselben Abend auf den Weg. Aber ohne Führer und da sie niemanden fragte, kam sie immer wieder um Paris herum. Am vierten Tage ihrer Reise war sie erst nach Lieursaint gekommen. Da sie wußte, daß diese Straße sie nach dem Süden führte, beschloß sie, ihr zu folgen und so diese entlegenen Länder zu erreichen, überzeugt, daß sie nur an den Grenzen Frankreichs den Frieden und die Ruhe erlangen würde. Welcher Irrtum! Wie viel Kummer stand ihr noch bevor!

Was sie auch immer bist jetzt ausgestanden, ihre Tugend wenigstens war ihr geblieben; einzig das Opfer zweier oder dreier Wüstlinge, konnte sie sich, da es entgegen ihrem Willen geschehen, noch immer unter die anständigen Mädchen zählen; sie hatte sich nichts vorzuwerfen, ihr Herz war rein, sie war darauf stolz: und dafür erreichte sie die Strafe. Sie trug ihr ganzes Vermögen bei sich, ungefähr fünfhundert Francs, ihr Verdienst bei Bressac und bei Rodin. Sie war froh, wenigstens dies sich noch gerettet zu haben und hoffte, mit Sparsamkeit und Einfachheit so lange auszulangen, [117] bis sie eine Stelle gefunden; die schreckliche Marke war nicht zu sehen, sie hoffte, sie immer verbergen zu können, und trotzdem ihr Brod zu verdienen. Voll Hoffnung und Mut verfolgte sie ihre Straße bis Sens, wo sie sich einige Tage ausruhte. Vielleicht hätte sie in dieser Stadt etwas Passendes gefunden, aber gezwungen, sich möglichst zu entfernen, machte sie sich wieder auf den Weg, um in der Dauphiné ihr Glück zu versuchen. Sie hatte viel von diesem Land sprechen gehört und glaubte dort ihr Glück zu finden. Wir werden sehen, was für eines ihr aufgespart war.

Am Abend des ersten Tages, sechs oder sieben. Meilen von Sens, ging Justine ein wenig abseits des Weges und setzte sich einen Moment an den Rand eines großen Teiches, dessen Umgebung ihr Schatten zu spenden schien. Die Nacht begann ihre Schleier zu senken und unsere Heldin, die wußte, daß sie nur mehr eine kleine Strecke zu ihrem Nachtquartier hatte, beeilte sich nicht, die süße Einsamkeit ihres Nachdenkens zu unterbrechen, als sie plötzlich zehn Schritte von ihr einen größeren Gegenstand ins Wasser fallen hörte. Sie wendete ihre Augen und bemerkte, daß dieser Gegenstand mitten unter dichtem Gestrüpp lag, zu dessen Fuß die Wasser des Teiches fluteten; weder sie noch der Täter konnten sich sehen. Ihre erste Bewegung war, zu dem sinkenden Gegenstand; sie bemerkte, daß er nicht sofort sank, sondern langsam, und glaubte Schreie zu hören; überzeugt, daß sich in dieser Art Korb ein lebendes Wesen befinde, folgt sie dem Triebe der Natur. Ohne Rücksicht auf die Gefahr, stürzt sie sich in den Teich und es gelingt ihr, ohne den Boden zu verlieren, den Gegen stand, den der Wind zu ihr hintreibt, zu erfassen. Sie kehrt ans Ufer zurück und zieht die kostbare Last nach; eilig packt sie aus. Großer Gott, es ist ein Kind, ein entzückendes Mädchen von achtzehn Monaten, nackt, geknebelt, welches ihr Henker wahrscheinlich hoffte zugleich mit seinem Verbrechen in den Fluten des Teiches zu begraben. Justine beeilt sich, die Banale zu zerreissen, sie läßt das kleine Mädchen atmen, und es streckt seine kleinen, furchtsamen Hände gegen seine Wohltäterin aus, wie um sich bei ihr zu bedanken. Gerührt umarmte Justine die reizende Unglückliche. »Armes Kind,« sagt sie, »bist du auf die Welt gekommen gerade, so wie die unglückliche Justine, nur um den Kummer, niemals die Freude kennen zu lernen? Vielleicht wäre der Tod das beste für dich gewesen. Ich leiste dir vielleicht einen schlechten Dienst, indem ich dich aus dem Schöße der Vergessenheit ziehe und dich wieder ins Unglück und in die Verzweiflung zurückführe; wohlan, ich werde diesen Fehler gutmachen und dich nie verlassen, wir werden zusammen die Dornen dieses Lebens pflücken; sie werden uns zu zweit weniger spitzig vorkommen und mit vereinten Kräften werden wir sie zu zweit leichter vermeiden. Gütiger Himmel, ich danke dir für dieses Geschenk, es ist eine heilige Gabe, für das mein Gefühl dir immer dankt; glücklich, es gerettet zu haben, werde ich für sein weiteres Leben, seine Erziehung, seine Sitten sorgen. Ich werde für sie arbeiten, jünger als ich, wird sie [118] mir es im Alter heimzahlen.; es ist eine Freundin, welche mir Gott geschickt. Auf welche Weise kann ich dir danken?«

»Das soll meine Sorge sein, du Hure!« schrie ein Mann mit Stentorstimme, und indem er die unglückliche Justine beim Kragen faßte, warf er sie auf den Rasen. »Ja, ich werde dich dafür strafen, dich in Angelegenheiten zu mischen, die dich nichts angehen.« Daraufhin ergreift der Unbekannte das kleine Mädchen, steckt es wieder in den Korb und wirft es wieder ins Wasser. »Du verdienst dasselbe Los, Mistmensch,« sagte der Kerl, »wie dieses Kind, und ich würde nicht zögern, es dir zuteil werden zu lassen, wenn ich dich nicht für grausamere Strafen aufbewahren würde, die mir mehr Vergnügen machen. Folge mir ohne ein Wort; sieh diesen Dolch: bei der ersten Bewegung steckt er in deinem Busen.«

Wir sind nicht imstande, die Ueberraschung und das Erschrecken Justines zu beschreiben. Sie wagte es nicht, zu antworten und folgt zitternd ihrem Henker; nach zwei Wegstunden kamen sie zu dem Schloß, welches am Ende eines Tales gelegen, von Hochwald umgeben, ein wildes, düsteres Aussehen hatte. Die Tür zu diesem Hause war so von Gehölz und Gestrüpp verdeckt, daß es unmöglich war, sie zu erraten. Hier trat gegen zehn Uhr nachts, vom Herrn des Hauses geführt, Justine ein. Während das arme Mädchen, in einem Zimmer verschlossen, ein wenig Ruhe sucht vor diesem neuen Schrecken, wollen wir Alles das vorausschicken, was zum Verständnis des Folgenden notwendig ist. Monsieur de Bandole, ein reicher Mann, einst in hoher Stellung, war der Besitzer des Schlosses. Zurückgezogen von der Welt seit fünfzehn Jahren, gab sich Bandole in dieser Einsamkeit ganz seiner absonderlichen Geschmacksrichtung hin. Wenige Menschen waren kräftiger als Bandole; obwohl er vierzig Jahre alt war, machte er täglich seine vier Nummern, ja in seiner Jugend hatte ers auf zehn gebracht. Groß, mager, von galligem Temperament, besaß er einen schwarzen und widerspenstigen Schwanz von neun Zoll Länge und sechs Zoll Dicke; behaart war er am ganzen Körper wie ein Bär. Bandole, so wie wir ihn jetzt beschrieben haben, liebte die Frauen nur zu seiner Lust; wenn er gesättigt war, konnte sie niemand mehr verachten. Noch merkwürdiger war, daß er sich ihrer nur dazu bediente, um Kinder zu erzeugen und niemals verfehlte er; aber noch merkwürdiger war der Gebrauch, den er von diesen Früchten machte; er zog sie auf bis achtzehn Monate und hierauf wurde der finstere Teich, in welches wir eines ihn haben versenken sehen, ihr gemeinsames Grab.

Diesen bizarren Wahn zu befriedigen, hatte Bandole dreißig Mädchen in seinem Schloß eingeschlossen im Alter von achtzehn bis zu fünfundzwanzig Jahren, alle von der größten Schönheit. Vier alte Frauen waren beauftragt, dieses Serail zu betreuen, eine Köchin und zwei Küchenmädchen vervollständigten den Haushalt dieses Wüstlings; ein großer Feind aller Schwelgereien im Sinne Epicurs, war er der Ansicht, daß man, um seine Kraft zu erhalten, wenig essen und nur Wasser trinken dürfe, und daß eine [119] Frau, um fruchtbar zu sein, nur gesunde und leichte Nahrung zu sich nehmen dürfe. Deshalb nahm Bandole nur immer eine Mahlzeit, bestehend aus einigen Gemüsen ein, und auch die Frauen erhielten nichts als Gemüse und Früchte; wirklich erfreute sich auch Bandole infolgedessen einer glänzenden Gesundheit und seine Weiber waren entzückend frisch; sie legten wie die Hennen und in jedem Jahr gebar ihm jede wenigstens ein Kind. Der Schweinkerl ging auf folgende Weise vor: In einem eigens dazu hergerichteten Boudoir stand eine Maschine, auf welcher das Weib so festgebunden wurde, daß sie dem Wüstling den Tempel der Venus so weit als möglich öffnete; er begann zu vögeln und sie konnte sich nicht rühren. Dies war nach der Behauptung Bandoles das Wichtigste zur Befruchtung, und nur deshalb ließ er sie binden. Drei oder viermal im Tag wurde dasselbe Weib auf die Maschine gebunden; hierauf kam sie ins Bett, die Füße in die Höhe, den Kopf tief gelegt. Sei es, daß das Mittel Bandoles wirklich gut war oder daß sein Same eine seltene Fruchtbarkeit besaß, immer hatte er denselben Erfolg. Nach neun Monaten erschien pünktlich das Kind, er zog es bis zu achtzehn Monaten auf, dann ertränkte er es, und es war immer Bandole selbst, welcher dies besorgte; dies verschaffte ihm nämlich den nötigen Ständer, um sich neue Opfer zu zeugen. Nach jeder Geburt wechselte man die Frauen, so daß nur die unfruchtbaren blieben. Dadurch waren sie in der schrecklichen Zwangslage, entweder dem Ungeheuer ein Kind zu gebären oder ewig bei ihm zu bleiben. Da sie nicht wußten, was mit ihrer Nachkommenschaft geschah, so konnte Bandole ihnen leicht ihre Freiheit wieder geben, und man brachte sie zurück, woher sie kamen und jede erhielt tausend Francs Schadenersatz. Was Justine anbelangt, konnte er aber nicht daran denken, ihr die Freiheit wieder zu geben, so viel Kinder sie ihm auch gebären würde, denn sie hatte ihn belauscht und konnte ihn daher verraten. Im Hause selbst konnte Justine, eingeschlossen wie die anderen Frauen, jede für sich nichts ausplauschen. Daher bot nur ihre Freiheit ihm Gefahr und Bandole dachte nicht daran, sie ihr jemals zu schenken; man wird sich leicht vorstellen, daß die Art, seine Wollust zu befriedigen, bei einem solchen Manne viel von der Wildheit seines Charakters an sich trug. Nur an die Befriedigung seiner Wollust denkend, hatte Bandole niemals die Liebe gekannt. Eine der Alten band gerade das Tagesopfer auf die Maschine. Man verständigte ihn hievon, er ging ins Boudoir, onanierte ein wenig vor ihrer Scheide, fluchte, schimpfte, begann dann zu vögeln, stieß Verzückungsschreie aus und begann im Momente der Ejakulation wie ein Stier zu brüllen, dann ging er hinaus, ohne nur das Weib anzuschauen und wiederholte dies noch drei bis viermal an demselben Tage mit derselben. Am nächsten Tage kam eine andere an die Reihe und so ging das fort, immer dasselbe: ein langer Coitus, Schreie, Flüche, Samenerguß, immer dasselbe.

[120] Dies war also der Mann, welcher eine Rose pflücken wollte, die zwar durch die grausamen Angriffe des Saint-Florent etwas entblättert, aber durch, die, lang andauernde Keuschheit wieder erfrischt, sich geschlossen hatte und daher recht wohl noch als die Blume der Jungfernschaf gelten konnte. Bandole gab nämlich sehr viel darauf; seine Agenten hatten den Auftrag, ihm nur Jungfern zuzuführen, sonst wurden sie nicht angenommen Im übrigen war Bandole für jedermann unsichtbar; ihm behagte nur das zurückgezogenste Leben, einige Bücher und Spaziergänge waren das einzige, womit er seine Lust unterbrach. Er besaß Verstand, einen festen Charakter, keinerlei Vorurteile, keine Religion. Despot in seinem Serail, ohne Schamgefühl und Menschlichkeit, verherrlichte er sein Laster. Dies war Bandole, das Grab, welches die Vorsehung für Justine als Belohnung dafür, daß sie dem Scheusal ein Opfer hatte entreissen wollen, gegraben hatte. Vierzehn Tage verflossen, ohne daß unsere Unglückliche von ihren Verfolgern etwas gehört hätte. Eine der Alten brachte ihr die Nahrung und antwortete ihr, wenn Justine sie befragte, kaltblütig–. »Du wirst bald das Vergnügen haben, den Herrn zu sehen, dann wirst du das nähere erfahren.« – »Aber, meine Liebe, wozu bin ich denn da?« – »Zum Vergnügen des Herrn.« – »O Himmel, er wird mich doch nicht zu Dingen zwingen wollen, an die zu denken mich schon schaudern macht?« – »Du wirst machen wie die anderen und du wirst nicht mehr zu beklagten sein wie sie Alle.«

– »Die andern? Es gibt also noch welche hier?« – »Gewiß, du bist nicht allein; nur Mut und Geduld!« Darauf schloß sie die Tür.

Am sechzehnten Tage endlich verständigte man Justine. Die Tür öffnete sich und Bandole, gefolgt von einem alten Weib, kam in das Zimmer. »Lass deine Scheide anschauen,« sagte die Alte, und Justine wurde, ohne daß sie sich wehren konnte, gepackt und entblößt. »Ah,« sagte Bandole gleichgiltig, »ist das nicht die, die mich überrascht hat, und die daher ewig hier blieben muß?« – »Ja,« antwortete man ihm. – »Wenn dem so ist,« sagte er, »braucht man nicht viel Vorbereitungen. Ist sie noch Jungfer?«

– Daraufhin bückte sich die Alte, eine Brille auf der Nase. »Man hat es bereits verletzt,« sagte sie, »aber es ist noch genug eng und frisch, um Vergnügen zu schaffen.« – »Spreize sie auseinander, damit ich selbst sehen kann,« sagte Bandole und das Scheusal, kniend vor der Fut, steckt nacheinander seine Finger, seine Nase und seine Zunge hinein. »Greife ihr an die Hüften,« sagte er zur Alten, aufstehend, »und sage mir, ob du glaubst, daß sie trächtig werden wird?« – »Ja,« sagte die Alte, »sie ist sehr gut gebaut, du kannst mit Bestimmtheit in neun Monaten ein Kind erwarten.«

– »Himmel!« rief Justine aus, »man behandelt mich ja wie ein Tier, und womit habe ich das verdient, daß Ihr mich so mißhandelt, welche Gewalt habt Ihr über mich?« – »Hier ist es,« sagte Bandole und zeigte sein Glied; »es steht mir und ich will vögeln.« – »Wie verträgt sich Ihr Verlangen mit der Menschlichkeit?« – »Ja, was [121] ist denn die Menschlichkeit, meine Tochter?« – »Die Tugend, welche dir Hilfe bringen wird, wenn du einmal im Unglück bist.« – »Das ist man nie mit meiner Gesundheit, meinen Prinzipien und einer halben Million Rente.« – »Man ist es immer, wenn man andere unglücklich macht.« – »Sieh einmal,« sagte Bandole, »die raisonniert ja!« Er zog seine Hose wieder an. »Ich will mit dir ein wenig plauschen; zieht euch zurück!« sagt er zu der Alten. »Woher nimmst du, mein Kind,« fragte Bandole, »mir gegenüber, der ich doch körperlich und durch meine Ansichten stärker bin, den Mut, zu solcher Rede?« – »Diese Gaben,« antwortete Justine, »sollten erst recht für sie der Grund dazu sein, die Tugend zu achten und das Unglück zu unterstützen. Ihr seid ihrer unwürdig, wenn Ihr sie nicht so verwendet.« – »Ich will dir sagen, mein liebes Kind, daß diese Denkungsart mir ganz fern liegt; um mit dir so leben zu wollen, müßte ich in deinem Geiste Spuren meiner Neigungen und meines Geschmackes finden, und das ist ja unmöglich. Ich kann dich nur als fremd fühlen und dich nur soweit schätzen, als du mir nützlich bist. Da ich der Stärkere bin, besteht diese Nützlichkeit in der vollständigen Unterwerfung unter meinen Willen. Der Natur der Dinge folgend, büße ich an dir meine Lust und du hast sie zu ertragen. Die Menschlichkeit, von der du sprichst, ist die Philosophie des Schwachen; die Menschlichkeit besteht nicht darin, andern zu helfen, sondern sich, soweit es geht, auf Kosten anderer zu ergötzen; verwechsle daher nie die Zivilisation mit der Menschlichkeit; die eine ist die Tochter der Natur, übe sie daher aus ohne Vorurteil und du tust das Rechte; die andere ist Menschenwerk und daher ein Gemengsel aller Leidenschaften und Interessen. Die Natur gibt uns nur das Nützliche und ihr Gefällige ein; immer, wenn wir ihr folgen und ein Hindernis finden, ist es Menschenwerk. Wozu diese Hindernisse beachten? Das kann nur Furcht und Schwäche uns eingeben, niemals aber die Vernunft, denn diese nimmt alle Hindernisse. Wäre es denn, vernünftig, daß die Natur uns eine Begierde eingibt und zugleich die Möglichkeit schafft, sie durch dieselbe zu verletzen? Nichts ist so außergewöhnlich wie mein Geschmack; ich liebe nicht die Frauen, die Wollust allein ist mein Ziel; sie zu schwängern und die Frucht, die ich gesät, zu vernichten, ist mein Entzücken. Es gibt nichts, was mich in den Augen meiner Mitmenschen schuldiger machen könnte. Ist das ein Grund mich zu bessern? Keines falls! Was scheert mich die Achtung und die Meinung der Menschen, was ist diese Chimäre gegen meine Passionen? Was ich verliere ist ihr Egoismus, was ich gewinne, die höchste Wollust.« – »Die höchste, mein Herr?« – »Gewiß, die süßeste; sie ist umso süßer, je mehr sie sich von der gewöhnlichen Sitte entfernt. Nur in der Zerstörung aller dieser Schranken besteht die höchste Wollust.« – »Aber, mein Herr, das ist ja Verbrechen!« – »Welch leeres Wort, mein Kind, es gibt kein Verbrechen in der Natur; die Menschen glauben daran, denn sie haben alles dazu stempeln [122] müssen, was ihren Frieden stört; deshalb kann ein Mann dem andern Unrecht tun, niemals aber der Natur.« Hier wiederholte Bandole mit verschiedenen Worten Alles, was Rodin über den Kindesmord gesagt; er bewies ihr dabei, daß nichts Schlechtem dabei sei, über die Frucht, die man gepflanzt, zu entscheiden, und daß wir über nichts gegründetere Rechte haben. »Der Wille der Natur ist erfüllt, sobald die Frau schwanger ist; was kümmert es sie, ob die Frucht reif wird oder noch grün gepflückt wird.« – »O, mein Herr, niemals werden Sie eine Sache mit einem beseelten Wesen richtig vergleichen können.« – »Beseelt!« lachte Bandole, »sag mir, meine Liebe, was verstehst du darunter?« – »Die Seele gibt mir eine Ahnung von dem belebenden ewigen Prinzip, sie ist die irdische Ausstrahlung der Gottheit, welche uns ihr nähert und durch welche wir uns von den Tieren unterscheiden.« – Hier brach Bandole ein zweitesmal in Lachen aus. »Höre, mein Kind, ich merke, es verlohnt sich, dich aufzuklären:

Es gibt nichts Lächerlicheres als die Behauptung, die Seele sei etwas anderes wie der Körper. Verführt von dieser ersten Einbildung, glauben manche Leute, daß wir bei der Geburt eingepflanzte Ideen mitbringen. So haben sie denn die Seele als etwas vom Körper verschiedenes hingestellt, dem sie gleichzeitig die Herrschaft über den Körper einräumten; trotzdem sie rein körperlich ist, so behaupteten sie blödsinniger Weise, daß die Ideen Früchte der Gedanken sind, trotzdem sie, aus der Außenwelt stammend, diese erst gebildet haben. Jede Idee hat ihre Ursache und so kompliziert es ist, werden wir sie immer finden. Wenn wir daher die Ideen nur aus dem Materiellen schöpfen, wie können wir glauben, daß die Ursache derselben, unkörperlich ist? Es gibt keine Ideen ohne Sinne, so wie der Blinde keine Vorstellung der Farbe hat. Nein, Justine, in keinem Moment des Lebens handelt die Seele ohne äußeren Impuls; gekettet an die Materie, aus der wir bestehen, folgend unseren, äußeren Eindrücken, fügt sich die Seele, oder besser gesagt, was wir so nennen, inneren körperlichen Ursachen. Wir glauben, diese Seele schiebe, doch sie wird geschoben, vielleicht weil wir das, was sie treibt, für nicht genug mächtig halten, sie in Bewegung zu setzen. Der Irrtum kommt daher, weil wir unseren Körper für tot halten, während er ein empfindsamer Organismus ist, der Alles selbst empfindet und uns selbst das Gefühl des ›Ich‹ durch die aufeinanderfolgenden Eindrücke von außen verschafft; nur unsere Sinne verschaffen uns Kenntnis von der Außenwelt, und die Eindrücke, die diese auf unseren Körper durch unsere Sinne hervorruft, formen unser Gehirn und lassen das, was wir Seele nennen, denken und handeln; unser Verstand kann nur über das urteilen, was er kennt und er kennt nichts anderes als was er durch die Sinne in Erfahrung gebracht. Dies Alles beweist, daß auch die Seele den Gesetzen der Natur, den Gesetzen des Körpers folgt, mit ihm sich ändert und mit ihm zugrunde geht. Schlafend in der Kindheit, kräftig im [123] reifen Alter, vereist beim Greise. Seine Vernunft und sein Wahnsinn, seine Tugend und sein Laster sind Produkte der Außenwelt und ihrer Eindrücke auf den Organismus. Wie konnte man bei diesen Beweisen, daß Seele und Körper ein und dasselbe sind, glauben, daß der eine untergeht, während die andere ewig lebt! die Tölpel, welche die Idee einer von den Naturgesetzen unabhängigen Seele konstruierten, die Gesetze der ewigen Umgestaltung leugneten, folgerten aus diesen falschen Ideen, daß auch das Weltall eine Weltseele haben müßte und nannten sie Gott. Alle die Religionen und lächerlichen Fabeln, die aus ihnen entsanden, leben von dieser ersten Widernatürlichkeit Daher die romantische Idee von Lohn und Strafe nach dem Tod, die widerlichste dieser Ideen. Denn wenn die Seele von Gott stammt, wie kann man sie strafen oder belohnen, da sie ja an den Körper gefesselt und daher nicht frei ist? Nichts ist leichter zu erfassen als die Idee der Vergeltung. Sie hindert den Starken, tröstet den Schwachen. Bedarf es mehr zu ihrer Verbreitung? Ueberall sind die Menschen gleich, überall haben sie dieselben Schwächen und die gleichen Irrtümer. Der Mensch möchte ewig leben, der Wunsch wird zur Hoffnung, die Hoffnung zur Gewißheit, die Gewißheit zum Dogma. Es war leicht zu erraten, daß die Menschen begierig nach diesem Troste greifen würden. Aber die Sehnsucht nach dieser Chimäre beweist nicht ihre Existenz; wir sehnen uns auch vergeblich nach der Unsterblichkeit des Körpers, warum soll es nicht auch so mit der Seele sein; ist doch die Seele nichts anderes als der Inbegriff unserer Sinne, das Leben, die Vereinigung aller Bewegungen des Körpers, so daß mit dem Tode des Körpers alle Sinne, alle Ideen, endlich auch die Seele stirbt. Wodurch will man uns beweisen, daß diese Seele, die ohne Organe nicht wollen, denken, fühlen, handeln kann, die durch diese Organe lebt, Empfindungen der Freude und des Schmerzes, ja selbst nur Lebensbewußtsein haben wird können, wenn diese Organe zerfallen sind. So stirbt und lebt die Seele mit dem Körper, während des Lebens wird sie von den kleinsten Störungen im Körper berührt, und da will man uns einreden, daß die Seele nach der vollständigen Zerstörung leben, denken und fühlen soll? Welche Lächerlichkeit!

Der Mensch gleicht einer Uhr, die, einmal zerbrochen, zu ihrem Gebrauche untauglich ist. Behaupten, daß die Seele nach dem Tode fühlen, denken, sich freuen und leiden sollte, hieße zu glauben, daß eine zerbrochene Uhr weiter die Stunden richtig anzeigen könne. Sei überzeugt mein Kind, daß nach dem Tode deine Augen nicht sehen, werden, deine Ohren nicht hören werden, aus der Tiefe deines Sarges wirst du die Szenen nicht sehen, welche deine Einbildung heute so schwarz sieht, du wirst nicht mehr besorgt sein, was mit deiner Asche geschieht als am Tage deiner Geburt. Sterben heißt aufhören- zu denken, zu fühlen, Freud und Leid zu empfinden. Schaue dem Tod mit Ruhe ins Angesicht und gewöhne dich daran, mit Gleichmut an ihn zu denken.«

[124] – »Oh, mein Herr,« sagte Justine, »wie traurig sind Ihre Ideen, sind die, welche ich in meiner Jugend empfangen habe, nicht viel tröstlicher.« – »Die Philosophie, Justine, dient nicht dazu, die Schwachen zu trösten, sie hat nur den Zweck, dem Geiste Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und jegliches Vorurteil auszumerzen. Auch bin ich nicht ein Tröster, sondern nur wahrheitsliebend. Wenn ich dich trösten wollte, Justine, würde ich dir wie allen anderen Frauen meines Serails sagen, daß du frei bist, sobald du mir ein Kind geschenkt; ich sage dir dies aber nicht, weil ich dich nicht betrügen will. Du kennst mein Geheimnis und dies hält dich in ewiger Gefangenschaft; du mußt dich also, meine Liebe, schon in dem; Sarge sehen, von dem ich vorhin sprach, du wirst niemals die Schwelle der Tür wiedersehen durch welche du eingetreten.« – »Gnade, mein Herr!« – »Justine komm, es ist genug gesprochen, ich bin; aufgeregt, ich will vögeln.–« Die Alte wird wieder gerufen, Justine in das Boudoir geführt, man bindet die Unglückliche; auf den Schandpfahl und die Alte zieht sich zurück. »Elende Kreatur,« sagte hierauf der alte Faun mit Roheit, »du siehst, was eine gute Handlung einträgt; immer noch ist die Tugend in die eigene Falle geraten und war das Opfer des Lasters. Du hättest das Kind nur ruhig ertrinken brauchen lassen und ich hätte mich nicht um dich gekümmert.« – »Oh, mein Herr, wie konnte ich so ein Verbrechen begehen lassen?« – »Halts Maul, du Hure, hab ich dir nicht schon bewiesen, daß wir allein zu befehlen haben über das Stück Samen! Wohlan, du Dirne, schenk mir eins und ich werde es vor dir ertränken!« – »Im Namen des Himmels, Herr, habet Gnade; sobald Eure Begierde gestillt sein wird, werdet Ihr mich verachten, mich in Stich lassen, ich werde Euch zu nichts mehr nützen. Und doch kann ich Euch große Dienste erweisen, wenn Ihr mich anderweitig im Hause verwenden wollt.« – »Wozu denn?« sagte Bandole, indem er roh den Busen und die Scham Justines abgriff. »Ein Kerl wie du ist nur dazu da, gevögelt zu werden und dazu will ich dich verwenden. Der einzige Unterschied ist, daß ich dich noch mehr quälen werde wie die anderen denn du bleibst dein ganzes Leben hier!« Und damit macht sich Bandole, genügend erhitzt, an die Arbeit. Aber da er, wie alle Philosophen und Freigeister, Vorbereitungen traf, so schleckte er, da er ein Liebhaber der Fut war, zuerst diese, er biß auf den Kitzler und belustigte sich, die Scham mit den Zähnen zu enthaaren. Diese Vorbereitungen waren von verschiedener Heftigkeit, je frischer und hübscher das Objekt war, und da Bandole selten noch so ein schönes wie Justine unter die Hände bekommen, so zerbiß das Scheusal fast ihre arme, kleine Scheide; auch ihr schöner Popo empfing den Eindruck der Zähne des Wüstlings und endlich will das Scheusal zum letzten entschlossen darauf losgehen, als man ihm meldete, daß eine seiner Frauen nieder kommt. Es war dies so Sitte, den Sultan zu verständigen, der sich dabei sehr merkwürdig betrug. »Ihr hättet wohl einen Augenblick [125] warten können,« sagte er zur Alten, »ich wollte gerade vögeln, doch ihr habt den Befehl, mich immer zu verständigen und Ihr habt gut getan. Binde das Mädel los, sie soll mir folgen; bestimmt euch einst zu ersetzen, soll sie ihren Dienst lernen.« Justine, die Alte und Bandole gingen in die Zelle der Gebärenden. Es war ein Mädchen von neunzehn Jahren, schön wie der Tag; sie lag in den ersten Wehen. Bandole und die Alte packten sie und legten sie auf eine Maschine, welche zwar verschieden von dem Vögelapparat, aber mindestens ebenso unbequem war. Das Opfer lag so auf einem Brett, daß Kopf und Füße tief lagen, nur die Hüften waren erhöht. Auf diese Weise mußte die Niederkunft sehr gefährlich sein und gerade das kitzelte den Wüstling. Kaum lag das arme Mädchen auf seinem Schmerzensbette, als sie laute Schreie auszustoßen begann. »Das wird eine schwere Niederkunft,« sagte Bandole, als er sie betastet, »ich kann dir bei der Gelegenheit meine Geschicklichkeit zeigen.« Um sich noch zu überzeugen, steckte er einen Finger in die Gebärmutter der Leidenden. »Sie wird bestimmt große Schmerzen haben,« sagte er mit Freude, »das Kind kommt mit den Füßen voraus, wir werden schreckliche Mittel anwenden müssen.« Als nach einiger Zeit dieselben Symptome sich wiederholten, sagte er: »Es gibt kein anderes Mittel, die Mutter muß sterben, wenn ich das Kind retten will; und da das letztere mir noch großes Vergnügen bereiten kann, während die erstere mir nichts mehr nützt, wäre ich ein Narr, zu zögern.« So hörte die Unglückliche ihr Todesurteil, denn der rohe Geselle nahm sich keine Mühe, es ihr zu verschweigen. »Mir bleibt nur der Kaiserschnitt übrig.« Er packt seine Instrumente aus und macht sich daran, den Bauch zu öffnen. Er will das Kind ergreifen, es gelingt ihm, aber das Embryo kommt nur in Stücken heraus. »Der Herr hat hier eine glänzende Operation gemacht!« – »Sie ist fehlgegangen,« antwortete Bandole, »und das ist deine Schuld; warum kommst du mich rufen, wenn ich aufgeregt bin. Du weißt, ich kann nichts machen, wenn ich blind bin vor Geilheit; da hast du den Beweis. Das macht aber nichts; geile mich, Justine, und lenke den Strom meines Samens auf die blutigen Reste der Opfer.« – Justine, erschreckt, in Tränen aufgelöst, gehorchte zitternd; nach zwei Angriffen explodierte die Bombe. Es schien, daß der Schweinkerl niemals noch so gut gekitzelt wurde; die Mutter und das Kind sind befleckt von den sprechenden Beweisen seiner Stärke. Hierauf tritt Ruhe ein, er zieht sich zurück. »Man soll das alles begraben und das Mädel an den sicheren Ort bringen; je mehr Geheimnisse sie kennt, desto mehr fürchte ich sie. Ich habe für sie keine Schonung; in den Kerker mit ihr!«

Diese Kerker waren Türmchen, in welchen zwar die Luft sehr gut war, die aber so vergittert waren, daß es unmöglich war, daraus zu entfliehen. Hier begann die empfindsame Justine über ihr Los nachzudenken »O Gott!« rief sie aus, »wodurch habe ich solche Qualen verdient? Weil ich mich dem Verbrechen widersetze?« Sie [126] war ganz niedergeschlagen, kaum atmete sie noch, ganz ging sie in Schmerz auf. So vergingen einige Tage, ohne daß sie außer der Alten, die ihr die Nahrung brachte, jemanden sah. Eines Abends erschien Bandole und sagte ihr: »Mein Kind, übermorgen wird dir die Ehre meines Bettes zuteil. Wie,« setzte er hinzu, als er eine Bewegung des Schreckens bemerkte, »diese Nachricht erfüllt dich nicht mit Freude?« – »Sie erfüllt mich mit Schrecken. Glaubt Ihr denn, die Frauen können Euch lieben?« – »Mich lieben,« antwortete Bandole, »darüber wäre ich verzweifelt. Der Mann, der eine Frau ganz genießen will, darf nie ihr Herz zu gewinnen suchen, denn so wird er ihr Sklave und sehr unglücklich. Eine Frau ist nur dann köstlich zu vögeln, wenn sie uns von ganzem Herzen haßt, und der Mann, welcher alle Freuden der Wollust genießen will, darf nicht versäumen, sich der Frau möglichst verhasst zu machen. Glaubst du, daß die Asiaten, so erfahren in der Wollust, nicht wissen, was sie tun, wenn sie ihre Frauen einsperren? Glaube nicht, daß es die Eifersucht ist; es ist nicht zu denken, daß ein Mann fünf oder sechs Frauen auf einmal lieben und daher eifersüchtig sein kann; er tut es nur, um sie dadurch gegen sich aufzubringen, denn er ist überzeugt, je mehr er die Frau schmäht, je mehr sie ihn hasst, desto größere Wollust wird sie ihm bereiten.« – »Und wo ist das Zartgefühl?« – »Was hat das Zartgefühl mit der Liebe zu tun? Vergrößert es das Vergnügen? Nein, im Gegenteil, es vermindert die Empfindung, indem es dem Manne körperliche Schranken setzt zu Gunsten der Moral; das Zartgefühl ist der Schatten der Liebe, die Wollust der Körper. Alle zartfühlenden Liebhaber vögeln schlecht, sie entschädigen die Frau mit schönen Worten. Ich für meinen Teil, wäre ich eine Frau, ich würde es vorziehen, gequält und gut gevögelt zu werden, als täglich schöne Worte zu hören. Also, Justine, füge dich drein, als Schwache mußt du nachgeben.« Bandole entfernte sich und ließ die arme Justine in der Erwartung der schrecklichen Vergewaltigung zurück. Sie dachte darüber nach, ohne sich zu Bette zu legen, ans Fenster gelehnt. Da plötzlich hört sie Geräusch in dem Gestrüpp, das ihren Turm umgibt. »Oeffne!« ruft man ihr zu, »und habe keine Furcht; wichtige Dinge hat man dir zu sagen.« Justine streckt den Kopf vor und horcht! Auch der Schein einer Hoffnung ist schon köstlich in ihrer schrecklichen Situation. Man wiederholt dieselben Worte, sie erkennt zu ihrer Ueberraschung die Stimme Eisenherz', dieses berühmten Räuberhäuptlings, mit welchem sie zugleich die Conciergerie verlassen. »Unglücklicher,« sagt sie zu ihm, »was suchst du in diesem schrecklichen Hause?« – »Wir kommen eine Frau zu entführen, das ist unser einziger Zweck. Bandole ist ein Kerl wie wir, darum respektieren wir seinen Geschmack und sein Eigentum, aber die Frau, welche uns seine Agenten vor einem Monat entführt, müssen wir haben; sie muß sterben, weil sie uns grausam verraten hat.« – »Habe ich denn nicht dasselbe getan?« sagte Justine, »und[127] werdet Ihr mich nicht auch strafen, wenn ich in Eurer Hand bin?« – »Fürchte es nicht,« sagte Eisenherz, »gib uns die in die Hände, die wir suchen, und wir schwören dir Sicherheit, Schutz und Hilfe zu.« – »O Himmel, Ihr wollt, ich soll Euch eine Unglückliche zum Morde ausliefern?« – »Wenn du uns nicht hilfst, so dringen wir ohne dich ein und du bist unser erstes Opfer.« Da sah Justine ein, daß sie nur auf diese Weise, wenn sie nachgab, allen Gefahren entschlüpfen konnte und vielleicht könnte sie auch für das Weib Gnade erwirken. »Wohlan, ich bin bereit, Euch zu helfen.« – »Hast du einen Strick?« – »Nein.« – »Schneide deine Leintücher auseinander, binde sie zu einem Stricke zusammen und wirf es uns herunter.« Justine folgte. – »Zieh an!« rief man ihr zu. Eine Feile und eine seidene Leiter waren an den Tüchern angebunden und ein Zettel: Zerschneide mit dieser Feile die Gitter, befestige die Leiter und morgen zwischen zwei und drei Uhr in der Früh steige ohne Sorge herab, wir werden da sein. Du wirst uns die Tür des Hauses zeigen und dafür bekommst du die Erlaubnis, unbehindert fortzugehen, volle Verzeihung und eine Belohnung außerdem. Justine wollte noch einige Einwendungen machen, doch sie war schon allein. Ganz entschlossen, zerfeilt sie die Eisenstäbe, befestigt die Leiter und erwartet mit Sehnsucht die Stunde.

Endlich verkündet sie das Schlagen einer Uhr. Justine steigt auf das Fenster und gleitet auf der Leiter herab, leicht und geschickt, wie sie ist, rasch an dem Fuße des Turmes. »Justine, erkenne mich wieder,« sagte Eisenherz zu ihr und umarmte sie, »hier findest du einen Mann, der dich verehrt, und den du so grausam behandelst. Göttliches Weib, wie groß und schön bist du jetzt? Wirst du immer so grausam sein?« – »O, mein Herr, beeilen wir uns, der Tag kommt und wir sind verloren, wenn man uns hier sieht ... Ja, aber wirst du die Türe finden?« – »Gewiß, wenn du mir eines versprichst.« – »Was denn?« – »Das Leben der Unglücklichen, die ihr töten wollt, und meine Freiheit.« – »Deine Freiheit ist dir zugesichert, aber das erste ist unmöglich.« – »O, in welche Verlegenheit bringt Ihr mich, warum bin ich herunter gestiegen!« – »Der Tag kommt, Justine, du selbst hast es vorhin gesagt, keine Minute ist zu verlieren ...« – Justine schritt zitternd voran. – »Hier ist eine Pappel, die mein Zeichen ist,« sagte sie, »und an dieser bin ich vorbei; die Tür muß daher ganz in der Nähe sein.« Eisenherz und seine Genossen fanden sie auch wirklich sehr bald. Sie führten Justine hin. »Ist sie das?« fragten sie. – »Eine kleine, grüne Tür, ja, das ist sie.« – »O, meine Herren, laßt mich jetzt fort.« – »Das muß leider sein; wir halten dir unser Wort, hier sind zehn Louis, umarme mich, teures Mädchen.« Ich sollte deine Gunst verlangen, nach der ich mich so lange gesehnt und ich könnte dich strafen für ein Verbrechen gegen die Truppe; aber dieser Fehler beruht auf deiner Tugend und ist daher geringer als der, den wir an jener Person rächen wollen, denn sie hat es aus Interesse getan. »Wenn wir [128] auch Räuber sind, so machen wir auch Unterschied. Adieu, Justine, trachte glücklicher zu werden, als du bisher warst, und betrachte Eisenherz und seine Genossen stets als deine Freunde.«

»Wie wunderbar sind doch die Wege dies Himmels,« sagte Justine, sich entfernend. »Ich will ein Kind von einem Ungeheuer retten, doch ich selbst werde von ihm eingekerkert und er will mich notzüchten. Ich liefere eine meiner Genossinnen der Wut dieser Menschenfresser aus, und dieser Verrat, diese scheußliche Handlung, die ich mein ganzes Leben bereuen werde, verschafft mir Freiheit und Geld und endet meine Sorgen ... Göttliche Gerechtigkeit, sprich verständlicher mit mir oder ich beginne an dir zu zweifeln.« Die Unglückliche entfernt sich. Der Tag bricht an, sie sieht den schwarzen Teich wieder und kommt zu dem Wirtshaus, wo sie drei Monate früher übernachten wollte. Sie frühstückt dort und nimmt die Straße nach Auxerre wieder auf. Es war der siebente August und sie war entschlossen, die Dauphiné aufzusuchen, wo ihre Phantasie den Frieden zu finden hoffte.

Sie hatte ein Stück Weges zurückgelegt, die Hitze begann sie zu belästigen und sie bestieg eine kleine Anhöhe, um sich in dem Walde dort zu einem erquickenden Schlaf niederzulegen; es ist billiger als in einem Wirtshaus und sicherer als auf einer großen Straße. Sie läßt sich am Fuße einer Eiche nieder und nach einem kärglichen Mahle schläft sie ein. Als die Unglückliche nach einem ruhigen Schlummer erwachte, betrachtete sie mit Vergnügen die schöne Umgebung. Aus der Mitte des Waldes, der zur Rechten sich ausdehnte, glaubte sie einen Kirchtum ins Blaue ragen zu sehen. Süße Einsamkeit, du bist sicherlich die Heimstätte einiger frommer, tugendhafter Einsiedler, welche nur Gott und ihrer Pflicht leben. Sicher wohnen alle Tugenden dort und wenn die Schamlosigkeit der Menschen sie von der ganzen Erde vertreibt, so blühen sie sicher in dieser Einsamkeit und in der Mitte dieser glücklichen Menschen, die dort leben, aufs neue auf. Dieser Blick begeisterte Justine umso mehr, als die Frömmigkeit sie nie verlassen hatte. Sie verachtete die Philosophie und ihre falschen Sophismen, sie hielt sie für Auswüchse der Unzucht und widerstrebte ihnen mit ihrem ganzen Herzen und ihrer ganzen Seele und fand immer die Antwort, die sie für richtig hielt. So oft ihr Unglück sie verhinderte, die Pflichten ihrer Religion auszuüben, so holte sie dies immer wieder mit dem größten Eifer ein. Mit diesen Gedanken beschäftigt, fragt sie ein junges Mädchen von sechzehn bis siebzehn Jahren, welches Lämmer hütet, ob dies ein Kloster sei. »Es ist eine Benediktinerabtei,« antwortet die Hirtin, »bewohnt von sechs Mönchen von berühmter Frömmigkeit und Sittenstrenge«. Einmal im Jahr wallfahret Alles zu der wundertätigen Jungfrau und erlangt dort die Erfüllung seiner Wünsche. »Gehen Sie hin, Fräulein, sie werden nicht zurückkommen, ohne sich besser zu fühlen.« Eigentümlich bewegt durch diese Antwort, empfindet Justine den heiligen Wunsch, zu Füßen der gnadenreichen Mutter Hilfe zu erflehen. »Ich werde sie sehen!« ruft sie hierauf. »Ich werde sie [129] anflehen, sie, die das höchste Wesen gewürdigt hat, einen Gott zu gebären. Schnell hin zu ihr, jede Zögerung ist eine Sünde.« Justine will, daß die Hirtin sie begleitet, sie bittet sie darum, ja, sie bietet ihr Geld an. Umsonst. Das Mädchen sagt, sie könne keinen Augenblick abkommen. »Wohlan,« sagt Justine, »so zeige mir wenigstens den Weg.« Die Hirtin beschreibt ihn und versichert ihr, daß sie genügend Zeit habe, um noch früh am Tage hinzukommen; die Hirtin sagt ihr, daß der Abt der ehrwürdigste und heiligste Mann, sie sehr gut empfangen und ihr alle nötige Hilfe gewähren werde. Er heißt Severino, ist ein Italiener und der nächste Verwandte des Papstes.

Er ist milde, ehrbar und hilfreich. Nach diesen Erkundigungen machte sich Justine auf den Weg nach dem heiligen Asyl, wo ihr süßer Trost winkt. Kaum war sie von der Anhöhe herabgestiegen, als sie den Glockenturm sieht. Nachdem sie durch den Wald geht und keinen Führer mehr hat, glaubt sie, daß die Entfernung zu groß ist, aber nichts kann sie entmutigen. Sie setzt ihren Weg in der besten Hoffnung fort, noch vor Anbruch der Nacht einzutreffen. Keine menschliche Spur sichtbar, der Weg mit Gebüsch übersät, scheint nur wilden Tieren zu dienen. Sie hat schon einen großen Weg zurückgelegt, die Sonne war schon untergegangen, als sie endlich eine Glocke klingen hört. Da belebt sich ihre Hoffnung, sie eilt gegen das Geräusch zu und endlich, nachdem sie noch durch eine enge Schlucht hindurch ist, steht sie vor dem Kloster der heiligen Marie vom Walde. Wenn Justine schon das Schloß von Bandole in Schrecken setzte, umso wilder erschien ihr die Umgebung der Abtei. Sie lag in einen breiten, tiefen Tal, von alten Eichen verdeckt, den Blicken der Menschen entzogen. An dem Tore der Kirche läutet sie an. Ein alter Bruder erscheint. »Was willst du?« fragt er sie rauh. – »Kann man nicht den Abt sprechen?« – »Was hast du ihm zu sagen?« – »Eine heilige Pflicht führt mich her; kann ich sie erfüllen? Ich werde mich von allen Mühsalen, die ich ausgestanden habe, um hieher zu kommen, erholen, wenn ich mich zu Füßen des wundertätigen Jungfrauenbildes werfen kann.« Der Bruder entfernt sich und kommt erst nach einer halben Stunde, begleitet von einem zweiten, zurück, denn die Brüder sind beim Nachtmahl. Er stellt seinen Begleiter als Oekonomen Don Clement vor; derselbe kommt, um sich zu erkundigen, ob es der Mühe wert ist, den Abt zu belästigen. Clement, dessen Name mit seinem Aussehen nicht übereinstimmte, war ein Mann von siebenundvierzig Jahren, von gigantischer Figur, mit schwarzem Haar und Bart, finsterem, falschen Aussehen. Er sprach mit rauher Stimme harte Worte: der richtige Satyr. »Was willst du? Ist es jetzt Zeit, zur Kirche zu kommen? Du siehst wie eine richtige Abenteuerin aus; deine Kleidung, deine Verstörtheit und die Zeit, um welche du kommst, verkünden nichts Gutes. Also, was willst du?«

»Heiliger Mann,« antwortet Justine, »die Unordnung meiner Kleidung rührt von dem langen Wege und von der Ermüdung her. [130] Was die Zeit anbelangt, so glaubte ich das Haus Gottes immer offen. Ich komme von sehr weit, voller Inbrunst und Verehrung. Ich möchte beichten, und wenn du mein Inneres kennen wirst, so wirst du urteilen, ob ich würdig bin, mich zu Füßen der heiligen Jungfrau zu werfen.« – »Aber jetzt ist nicht Zeit zur Beichte,« antwortet der Mönch milder, »das kannst du erst in der Früh, und wo wirst du schlafen? Bei uns gibt es kein Hospiz.« Mit diesen Worten verläßt Clement das Mädchen, um, wie er sagt, dem Abt Bericht zu erstatten. Einige Zeit nachher öffnet sich die Kirche, der Abt selbst – Don Severino – nähert sich ihr und ladet Justine ein, einzutreten. Sobald dies geschehen, verriegeln sich die Türen von selbst. Don Severino war ein Mann von fünfundfünfzig Jahren, hübsch, frisch, kräftig gewachsen, ausgestattet wie ein Herkules, dabei zeigten alle Formen eine gewisse Eleganz und Weichheit, welche bewiesen, daß er in seiner Jugend ein schöner Mann gewesen war. Er hatte heute noch schöne Augen, edle Züge und den ehrbarsten und daher auch verführerischesten Tonfall. Seine Nationalität klang nur etwas durch und machte die Sprache noch angenehmer. Justine wurde durch sein Aussehen über den Schreck beruhigt, den ihr der erste Mönch eingejagt hatte. »Meine liebe Tochter,« sagte Severin zart, »wenn auch die Sunde ungewohnt ist, so will ich doch deine Beichte anhören und dann werden wir sehen, ein Mittel zu finden dich ehrbar in der Nacht unterzubringen, damit du in der Früh das Heiligenbild begrüßen kannst, welches dich hieher lockte.« Durch den Chor der Kirche kam ein junger Mann von fünfzehn Jahren, schön wie der Tag, aber so schamlos gekleidet, daß Justine stutzig geworden wäre, wenn sie es bemerkt hätte. Aber ganz versunken in Selbstbetrachtung und in die Prüfung ihres Geistes, bemerkte sie nichts. Der Jüngling zündet die Kerzen an und geht dann in denselben Beichtstuhl, welchen der Abt einnehmen sollte. Justine kniet auf der anderen Seite. Diese Stellung verhindert sie, zu bemerken, was im Beichtstuhl geschieht. Voll Vertrauen entrollt sie ihr Sündenregister, währenddem der Abt den Knaben streichelt, filzt und ihm sein Glied in die Hand gibt, welches der Ganymed streichelt, bettelt, küßt und schleckt. Alles auf Befehl des Mönches, welcher ihm zu der Beichte Justinens die entsprechende Tätigkeit anweist. Unsere Fromme beichtet ihre Fehler mit einer solchen Aufrichtigkeit und Wärme daß sie rasch die Phantasie des Wüstlings, der ihr zuhört, entflammt. Alles teilt sie ihm mit, auch das Schandmal, welches ihr Rombeau eingepreßt. Der Mönch hört mit der größten Aufmerksamkeit zu, er läßt sogar Justine einzelne Szenen wiederholen, denen er mit der Miene der Frömmigkeit zuhört, während einzig und allein die Lüsternheit und die Zügellosigkeit ihn leitet. Dennoch hätte Justine, wenn sie weniger blind gewesen wäre, an den Bewegungen des frommen Vaters, an den Stoßseufzern, an dem Lärm, welchen er machte, als er den Jüngling niederdrückte, um ihn zu puserieren, sicher den Betrug erkannt. Aber die Unglückliche merkte nichts. Severino verbreitete sich während des[131] Vögelns in Einzelheiten und Justine antwortete ihm voller Unschuld. Er ging in seiner Kühnheit so weit, sie zu fragen, ob die Männer, mit denen sie zu tun gehabt, sie wirklich niemals gevögelt hätten und wie oft sie in den Arsch gefickt worden, wäre. Ob die Schwänze dick gewesen wären und ob sie im Arsche entladen hätten? Diesen schamlosen Fragen antwortete Justine naiv, daß dieses letztere Verbrechen nur drei- oder viermal an ihr begangen worden sei. »Wirklich, meine Liebe?« fragte Severino, trunken vor Wollust, indem er den schönen Arsch des Knaben weiter bearbeitete. »Ich frage dich dies, weil du mir einen wunderschönen Arsch zu haben scheinst und die Wüstlinge dadurch sehr, angezogen werden. Man muß darauf achtgeben,« sagte er stotternd, »ein schöner Arsch ist der Apfel der Eva. Es ist die Bahn des Verderbens. Du siehst, daß die, welche sie mit dir betraten, zu den verworfensten Menschen gehören. Durch dieses Verbrechen ging Sodom und Gomorrha unter, die Strafe des Feuertodes steht überall darauf. Es gibt nichts, was die ewige Gerechtigkeit mehr erzürnen und wovor sich ein braves Mädchen mehr hüten muß. Und sage mir, hast du keine wollüstigen Empfindungen dabei gehabt?« – »Das erstemal, wie wäre es möglich gewesen, mein Vater, ich war doch ohnmächtig, und die andernmale konnte ich doch nur Haß und Abscheu empfinden.«

Der Mönch, seinen Lustknaben immer weiter bearbeitend, stellte dann folgende Fragen: Ob sie wirklich als Waise in Paris geboren, ob sie sicherlich weder Eltern noch Freunde, noch irgend jemanden hätte, dem sie schreiben könne. Ob sie der Hirtin gesagt hatte, weshalb sie käme und ob sie verabredet hätte, sie wieder aufzusuchen, ob sie sich nicht fürchte, verfolgt zu werden und ob sie jemand ins Kloster hätte eintreten gesehen. Dann erkundigte sich Severino über das Alter und das Aussehen der Hirtin und machte Justine Vorwürfe, daß sie sie nicht mitgebracht. »Du hättest,« sagte er ihr, »deine gute Tat verdoppelt, wenn du eine Gefährtin mitgebracht hättest; sie wäre so gut aufgenommen worden, wie du.« Nach diesen frommen Gesprächen hörte der Mönch zu vögeln auf und zog seinen Schwanz voll Begierde heraus. »Mein Kind,« sagte er zu Justine, »jetzt mußt du die Strafe empfangen für deine Sünden, und dazu mußt du dich ganz erniedrigen; gehen wir in das Heiligtum, die Kerzen werden vor das Bild der wundertätigen Jungfrau gebracht werden, ich werde sie vor dir enthüllen und du wirst ihr nachahmen und wirst auch alle Hüllen abwerfen. Dieser Zustand der Nacktheit vor anderen Menschen ist sonst nur ein Verbrechen, in deiner Lage aber nur ein Mittel zum Zweck.« Der Knabe kommt halb entkleidet aus dem Beichtstuhl, nimmt die Kerzen, stellt sie auf den Altar und enthüllt das Bild Justine, ganz in ihrer Einbildung und ihrer Frömmigkeit lebend, hört und sieht nichts und wirft sich auf die Knie. Aber Severino sagt zu ihr mit Härte: »Nein, nein, das darfst du nur nackt tun, hier muß man sich ganz erniedrigen.« – »Verzeihe, lieber Vater,« und in einem Augenblick bietet Justine ihre nackte Schönheit [132] den Blicken des geilen Bockes. Kaum hat er diesen schönen Körper gesehen, als er vor Begierde wiehert; er dreht und wandet ihn nach allen Seiten, und unter dem Vorwande, das Schandmal zu sehen, beguckt der Spitzbub die entzückenden Formen und reizenden Arschbacken Justinen. »Knie nieder,« sagte er, »und bete jetzt, aber kümmere dich um gar nichts, was während deines Gebetes vorgeht Bedenke, meine Tochter, daß. wenn ich bemerke, daß dein Geist nicht ganz im Gebete versunken ist, daß er noch an andere weltliche Dinge denkt, die Strafen für diese neue Sünde noch schrecklicher sein würden.« Von diesem Moment. an folgte der Schweinkerl nur mehr seiner Leidenschaft. Der Zustand Justinens befreit ihn von jeder Vorsicht, er stellt sich mit seinem Lustknaben hinter sie, und währenddem dieser ihn geilt, läßt er seine Hände, von Zeit zu Zeit blutige Spuren seiner Fingernägel zurücklassend, über die herrlichen Hüften gleiten. Justine erduldet unbeweglich alles in der festen Ueberzeugung, es führe sie dies zum ewigen Heile; kein Seufzer, keine Bewegung. Sie war so in ihre Andacht vertieft, daß ihr Henker sie hätte zerfleischen können, ohne daß sie gewagt hätte, zu klagen. Ermutigt durch diese ruhige Haltung der Büßenden wird der Mönch unternehmender Er schlägt mit aller Gewalt auf die schönen Arschbacken dieses Engels, daß die Kirche davon erdröhnt und die Hüften des schwachen Opfers zusammenknicken. Dann tritt er vor sie hin und läßt ein den Himmel bedrohendes Werkzeug sehen, welches genügen würde, die Binde des Aberglaubens zu zerreißen. Er betastet den Busen, küßt sie, und immer mutiger werdend, wagt er es, seine Lippen auf die reinen, unbefleckten des Mädchens zu drücken. Da erst verschwand ihre Andacht, sie wollte sich ihm entziehen. »Ruhig,« sagte kalt der aufgeregte Mönch, »habe ich dir nicht gesagt, daß dein Heil von deiner Hingabe abhängt, und was Beschmutzung bei anderen Männern, bei uns nur Keuschheit und Frömmigkeit ist.« Und indem er mit einer Hand den Kopf des Opfers hält, steckt er ihr seine Zunge in den Mund, daß sie kaum fühlt, wie das Glied des Mönches ihre Scham besudelt. Aber der Italiener, fast erschreckt über die Abtrünnigkeit von seiner Lieblingspassion, stellt sich wieder nach rückwärts und drückt die heißesten Küsse auf die von seinen Mißhandlungen noch roten Arschbacken, und indem er sie auseinanderspreizt, bohrt er seine Zunge in das kleine Loch und berauscht sich an dieser Leidenschaft, immer begeilt von seinem Lustknaben, der ihn von Anbeginn an nicht verlassen, und der ihn, fast zur Entladung bringt, bis der Abt, da es ihm nicht gestattet ist, ohne seine Brüder weiterzugehen, Justinen befiehlt, aufzustehen und ihm zu folgen, die übrigen Strafen erhielte sie im Innern des Klosters. »Muß ich nackt bleiben?« fragt Justine ein wenig besorgt. – »Gewiß,« antwortete der Abt, »ist denn mehr Gefahr, im Hause nackt zu sein, als in der Kirche? Nachdem deine Strafe hier nicht beendigt werden kann, mußt du mir dorthin folgen. wo dies geschieht.« – »Ich folge dir, mein Vater.« Der junge [133] Mann löscht die Kerzen aus und nimmt die Kleider mit. Er folgt Justinen, die hinter Severino geht, der mit einer kleinen Kerze leuchtet. So kommen sie in die Sakristei, durch einen wunderbaren Mechanismus öffnet sich eine in der Vertäfelung befindliche Tür, ein dunkler, schwarzer Gang zeigt sich und sobald sie ihn betreten, schließt sich die Tür. »Oh, mein Vater,« sagt Justine ganz zitternd, »wohin führt Ihr mich?« – »An einen sicheren Ort, von wo du wahrscheinlich nicht bald zurückkommen wirst.« – »Großer Gott,« sagt Justine und will zurückgehen ... – »Vorwärts, vorwärts,« sagt der Abt und stößt sie vor sich her, »es gibt kein Zurück mehr, und wenn du auch an dem Orte, wohin ich dich führe, nicht viel Vergnügen finden wirst, so wirst du wenigstens lernen, unserem Vergnügen zu dienen.« Diese schrecklichen Worte machen Justine erzittern, ihre erschreckte Phantasie malt ihr den Tod vor Augen, kalter Schweiß bedeckt sie, ihre Knie wanken, sie ist nahe daran, zu stürzen. »Elender Bankert,« sagt der Mönch und gibt ihr einen kräftigen Stoß in die Rippen, »vorwärts, keine Klagen, keinen Widerstand, alles ist umsonst.« Diese grausamen Worte bringen die Unglückliche zum Bewußtsein. »Gerechter Himmel,« ruft sie aus, »bin ich denn immer das Opfer meines Vertrauens und wird die fromme Begier, mich Gott zu nähern, wie ein Verbrechen gestraft?« – Der Marsch setzt sich fort; in der Mitte des Ganges löscht der Mönch das Licht aus und von dem Moment an spart er, die Angst Justinens bemerkend, weder Worte noch Taten. Stoßend und schlagend bringt er sie vorwärts. »Vorwärts, lauf du Hure, soll ich dich vielleicht von hinten in die Arbeit nehmen und dich auf der Spitze meines Schwanzes forttragen?« Hiebei läßt er sie die Spitze dieses Instrumentes fühlen. Plötzlich stößt Justine, welche nur mit den Händen forttappt, den Kopf gegen ein Eisengitter, dessen eiserne Spitzen ihr die rechte Hand zerreissen. Sie stößt einen Schrei aus, darauf öffnet sich die Tür. »Gib acht,« sagt der Mönch, »halte dich ans Geländer; du gehst über eine Brücke, ein Fehltritt und du liegst in einem Abgrund, von wo du nie mehr heraufkommst.« Dann kommt eine Stiege an die Reihe und dann eine Leiter, über welche sie hinaufsteigen muß; dabei befindet sich die Nase des Mönches am Arschloch Justinens; dieser benützt das, um zu küssen und zu beissen, wo er hintrifft. Sie kommen an eine Falltür, »Stoße sie mit dem Kopfe auf,« befiehlt der Abt. Lichtschein trifft das Auge Justinens, sie wird emporgezogen, Gelächter empfängt sie. Sie befindet sich mit ihrem Führer in einem reizenden Saale, in welchem fünf Mönche zu Tische sitzen; zehn Mädchen und fünf Knaben, alle fast entkleidet, von sechs nackten Frauen bedient. Dieser Anblick macht Justine erbeben, sie will fliehen, sie hat aber keine Zeit mehr, die Falltüre ist geschlossen. »Meine Freunde,« sagt Severino beim Eintritt, »gestattet, daß ich Euch ein Wundertier zeige; diese Lucretia trägt das Brandmal des Verbrechens auf der Schulter und im Herzen die Unschuld der Jungfrau, übrigens, wie Ihr seht, ein tadelloses Geschöpf. Betrachtet [134] die Figur, den Teint, die Büste, die herrlichen Arschbacken und Hüften, kurzum das ganze entzückende Wesen. Ich hoffe, daß Ihr mir eingestehen werdet, daß wenige in unserem Serail so viel Schönheit vereinigen.« – »Verfluchter Gott,« sagte Clement, »ich habe sie nur angezogen gesehen, aber bei allen Teufeln des Gottes, auf den ich scheisse, für so schön habe ich sie nicht gehalten!« Man läßt Justine in einen Winkel setzen, ohne sie zu fragen, ob sie irgend etwas braucht, und das Souper setzt sich fort. – Hier müssen wir unsere Erzählung unterbrechen und dem Leser eine Beschreibung der Personen geben, damit er das nötige Interesse an ihnen nimmt.

Man kennt Severino, er vereinigte die Begierden aller Liebhaber des Arsches. Nie hatte er ein anderes Vergnügen gekostet, obwohl die Natur ihn so begabt, daß sie ihm, der nur die Engpässe liebte, ein Werkzeug gegeben, womit er die breitesten Straßen hätte befahren können. Was Clement anbelangt, so muß man zu diesen äußeren Eigenschaften seine Wildheit, Tücke, Zynismus, Gottlosigkeit und Verderbtheit hinzufügen, dann hat man ein Bild dieses Wüstlings. Seine Neigungen entsprachen seinem barbarischen Aeußern; verbraucht, wie er war, konnte er nicht mehr vögeln; ein Liebhaber des Arsches, konnte er seiner Gottheit nur mehr die Opfer bringen, die seinem wilden Geiste entsprangen. Schlagen, peitschen, brennen, kurz alle Martern liebte er, den Frauen angedeihen zu lassen, aber auch von ihnen zu empfangen. Diese Vergnügungen waren so ermüdend, daß seine Opfer meistens zerfleischt aus seinen Händen kamen, manche auch todt. Es gab kein Opfer im Hause, das nicht alle Strafen der Befriedigung dieses Scheusales vorgezogen hätte. Am beklagenswertesten waren die, welche dazu gehalten wurden, ihn, während er die anderem quälte, zu geilen, bis sie ihm zwei bis drei Tropfen Samen herauspreßten; er rächte sich furchtbar für diese Gewalttat, die man ihm nach seiner Behauptung zufügte. Antonius, der dritte Teilnehmer an diesen Orgien, war ein kleiner, magerer Mann von vierzig Jahren, ebenso gefährlich gebaut wie Severino und ebenso bösartig wie Clement. Er verehrte die Leidenschaften seiner Brüder, aber auf andere Weise. Er quälte und tyrannisierte die Frauen nicht wie Clement, weil er nichts anderes konnte, sondern um seine Wollust zu vermehren; der eine war ein Henker aus Geschmack, der andere aus Raffinement. Dazu hatte er noch einige Spezialeigenschaften; er liebte es, die Frauen im Arsch zu ficken, sich in den Mund pischen zu lassen und andere solch. Schweinereien, die der Leser noch kennen lernen wird. Ambrosius war zweiundvierzig Jahre alt, er war ein kleiner, untersetzter Mann, sehr dick, seinen Schwanz konnte man kaum bemerken. Er liebte nur die kleinen Knaben und an den Mädchen was sie diesem Geschlechte verwandt macht. Seine Hauptleidenschaft war, sich zuerst bis aufs Blut peitschen zu lassen, dann ließ er sich in den Mund scheißen und fraß den Dreck, währendem er den Arsch fickte, der ihm diesen Genuß verschaffte.[135] Selbst die Grazien hätten bei ihm keinen Erfolg gehabt, ohne diese Mittel; so wahr ist es, daß die wirkliche Wollust nur in der Einbildung lebt und daß sie genährt wird von den Ausgeburten des Geistes. Silvester vögelte ganz gewöhnlich, nur fügte er einige Nuancen hinzu. Erstens mußte die Frau während des Aktes scheissen, zweitens mußte sie, was sie sehr ermüdete, während es ihm kam, laute Schreie ausstoßen, währendem er die Arme abohrfeigte und ihr außerdem noch das Gesicht mit ihrem eigenen Kote einschmierte. Silvester war fünfzig Jahre alt und häßlich, aber klug und bösartig wie seine Brüder. Diese Eigenschaft besaßen sie alle und betrachteten sie als die wichtigste Grundlage ihrer unzüchtigen Vereinigung. Jerome, der Aelteste von ihnen, war trotz seiner sechzig Jahre der ausschweifendste von allen. Alle Leidenschaften, alle Verirrungen vereinten sich in der Seele dieses Mönches, alle Genüsse der Venus, alle Geschlechter waren ihm gleich. Aber da seine Kräfte zu schwinden begannen, so zog er es seit einigen Jahren vor, seinen Opfern die Erweckung seiner Sinne zu überlassen und ebenso die Ejakulation. Der Mund war sein Lieblingstempel und währenddem er sich schlecken ließ, mußte man ihn mit aller Kraft auspeitschen. Alles übrige wird der Leser im folgenden kennen lernen. Jerome war ebenso böswillig, blutgierig und Verehrer alles Widernatürlichen wie seine Brüder.

Welche Gestalt immer das Laster annehmen mochte, es konnte sicher sein, in dieser Teufelswohnung Verehrung und Jünger zu finden. Reiche Geldsummen dienten zur Erhaltung dieser schamlosem Residenz, die seit vielen Jahren bestand und immer von den reichsten, angesehensten und vornehmsten Benediktinern bewohnt wurde, deren Unzucht hinreichte, um in diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden.. Jetzt setzen wir unsere Beschreibung fort. Justine erholt sich, die Mönche nachtmahlen, wir können daher unsere Beschreibung durch einige Blicke, die wir in diese furchtbare Behausung des Lasters und des Verbrechens werfen, ergänzen. In dem Hause waren zwei Serails, achtzehn Knaben und dreißig Mädchen, so daß jeder der Mönche fünf Mädchen und drei Knaben für sich hatte. An der Spitze des Ganzen stand eine Frau, Viktorine genannt. Ihre Eigenschaften und ihre Beschäftigung verdienen, sie in einem späteren Kapitel besonders zu beschreiben. In jedem Serail war ein großer Saal, in der Mitte dieses Saales stand der Mittagstisch, um den Saal herum waren die einzelnen Zellen. Jedes Subjekt schlief für sich und seine Zelle bestand aus zwei Räumen. In dem einen stand ihr Bett, in dem andern ihr Bidet und ihr Leibstuhl. Die achtzehn Knaben waren in drei Klassen zu je sechs eingestellt. Die ersten zwei Klassen wurden Schandknaben genannt, von sieben bis zwölf Jahren; sie trugen graue Kinderkleidung oder purpurrote Chitone. Die dritte Klasse bestand aus sechs neunzehn- bis fünfundzwanzigjährigen Knaben, Arbeiter genannt. Sie waren nach europäischer Art gekleidet, in goldkäferfarbigen Fracks. Die [136] fünf Mädchenklassen teilten sich folgendermaßen ein: die erste hieß die Jungfrauenklasse, obwohl keine einzige darunter war. Sie bestand aus sechs Mädchen von sechs bis zwölf Jahren, welche weiße Kittel trugen. Die zweite von zwölf bis achtzehn Jahren hieß Vestalinnenklasse und die Mädchen waren wie Novizen gekleidet. Die dritte bestand aus sechs Schönheiten von achtzehn Jahren, welche Sodomiten genannt wurden, wegen der Schönheit ihrer Aersche. Sie trugen griechisches Kostüm. Die vierte bestand aus sechs prachtvollen Weibern von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren, welche ausschließlich ihrer Aersche wegen gehalten wurden. Sie trugen türkisches Kostüm. Sechs alte Weiber dienten als Tugendwächterinnen in spanischer Kleidung. Wir werden bei der Aufnahme Justinens diese Einzelheiten noch vervollständigen können; jetzt kehren wir zu unserer Erzählung zurück. An der Abendmahlzeit nahmen zwölf Mädchen teil, aus den verschiedensten Altersklassen; sechs davon bedienten. Hievon war die eine kaum zehn Jahre alt, sehr zart und bleich, bekümmert und zitternd, schon im Begriff zu verwelken. Die zweite war fünfzehn Jahre alt, ebenso niedergedrückt in der Haltung, aber ein entzückendes Gesichtchen, wenig Brust, aber einen runden und schön geschnittenen Popo. Die dritte war zwanzig Jahre alt, zum Malen schön, herrliche blonde Haare, zarte Züge, eine herrliche Brust und ebensolche Hüften. Die vierte war fünfundzwanzig Jahre alt; sie war eine Frau, in deren Haltung Ehrbarkeit und Tugend sich vereinigte, mit Hüften und einem Arsch, der als Modell dienen konnte. Die fünfte war ein Mädchen von dreißig Jahren, schwanger im siebenten Monate, mit leidenden Zügen, die schönen Augen verständnisvoll, mit dem Angesicht einer Jungfrau. Die sechste war zweiunddreißig Jahre alt, ein schönes schamloses Weib, mit ziemlich viel Haaren, selbst am Arschloch. An dem Tische saßen noch zwölf eingeladene Mädchen und sechs Knaben. Einen von diesen kennen wir schon, ein anderer saß zwischen Ambrosius und Jerome, welche ihn abwechselnd küssten und geilten; der zweite und dritte waren dreizehn und sechzehn Jahre alt, während der fünfte und sechste schon zu den Arbeitern gehörte, zwischen zweiundzwanzig und fünfundzwanzig Jahren. Beide waren groß und schön gewachsen und hatten ganz gewaltige Schwänze.

Von den Eingeladenen oder besser gesagt befohlenen Mädchen gehörte das eine zur Klasse der Jungfrauen; es war nur eine kleine Rose, verwelkt, bevor sie aufgeblüht; vielleicht wäre sie schön geworden, aber durch ihre Unzucht verdorben, was konnte man von ihr erhoffen? Die zweite war kaum zwanzig Jahre alt, sehr schön, seit zwei Jahren nicht mehr Jungfrau, von keiner Seite aus, und dies war das Werk Jeromes. Die dritte, vierte und fünfte waren Schwestern, dreizehn, vierzehn, und fünfzehn Jahre alt, man nannte sie die drei Grazien. Sie waren alle drei entzückend, die gleichen blauen, träumerischen Augen, dieselben blonden Haare, der gleiche Schnitt der Hüften, [137] und wenn auch die Jüngste noch nicht entwickelt war, so lehrte doch ein Vergleich mit den Schwestern, daß sie ein Meisterstück der Natur werden würde. Die sechste galt als der schönste Arsch des Serails. Die siebente war etwas stärker und hatte die Brust einer Venus. Die achte war fünfundzwanzig Jahre alt, schwanger im achten Monat, besaß sehr schöne Augen und herrliches Haar, hatte aber ein gedrücktes Ansehen. Die neunte war ein Mädchen von dreißig Jahren, groß wie ein Turm, schöne Gesichtszüge, aber zu kolossale Formen. Sie war, so wie die dienenden Mädchen, ganz nackt und man konnte mit Leichtigkeit bemerken, daß kein Teil ihres Körpers von der Grausamkeit der Scheusale, denen sie diente, verschont geblieben war. Die zehnte war eine Frau von vierzig Jahren, verbraucht, runzlig, aber noch schön. Ihr verwelktes Arschloch stank von der Unzucht, sie war, wie die Hälfte der Mönche, besoffen, als Justine eintrat.

»Ich glaube,« sagte Silvester, »wir sollten dieses schöne Mädchen mehr feiern, sie nicht in ihrer Ecke sich langweilen lassen, mindestens ihr aber die Ehren der Neuangekommenen erweisen.« – »Ich hätte Euch dieses schon längst vorgeschlagen.« sagte Severino, »wenn ich Euch nicht in Eure schmutzigen Lüste so vertieft gesehen hätte. Trotzdem finde ich, daß ihr meinen schönen Fund wenig Beachtung geschenkt habt.« – »Dies bewirkt allein die Sättigung,« sagte Ambrosius, »dahin führt uns der Ueberfluß.« – »Ich kann von diesem Ueberfluß nichts bemerken,« sagte Jerome, »ich bin der ganzen Umgebung satt; nicht ein Viertel dessen ist vorhanden, was ich für meine Wollust gebrauche.« – »Er hat wirklich recht,« sagte Clement, näherte sich Justine, und indem er sie beim Hals faßte, steckte er in ihren Rosenmund die scheußliche aller Zungen. – »Ja, bei der Fut hat er Recht,« sagte Antonius und begrüßte unsere Heldin auf die gleiche Weise. Während die Zwei sich so belustigten, stichelt Jerome, vor ihrem Arsche knieend, das rosige Arschloch des Mädchens mit seiner Zunge. Das gleiche tut Silvester mit ihrem Kitzler, wobei er den Schwanz des Severino beutelt, der ihm zufällig in die Hände gekommen ist; in weniger als fünf Minuten war unser armes Kind so eingeschlossen, daß es ihm unmöglich war, sich zu wehren. Es stand da wie eine Lilie in der Mitte eines Schwarmes von Hornissen, welche von allen Seiten den süßen Saft der Blume saugen und rauben. Justine tut ihr möglichstes, um sich vor der Schamlosigkeit, die sie empört, zu schützen, doch man gibt ihr zu erkennen, daß alles dies nur unnütze Ziererei sei, und daß es besser sei, die Folgsamkeit ihrer Schicksalsgenossinnen nachzuahmen.

Severino verlangt einen Augenblick Stille und beginnt: »Stellt Euch um mich auf und die Neuangekommene höre kniend in Verehrung auf meine Worte. Sklave unserer Fantasie, welches das Schicksal in unser Hand gegeben, liest du nicht in diesem Urteil deine Zukunft? Nichts ist Zufall, alles ist Naturgesetz, und durch dieses kamst du in unsere Hand; trage daher dein Los mit [138] Ergebung, denke daran, daß der leichteste Widerstand, den du unseren Wünschen, welcher Art sie auch seien, entgegensetzt, für dich den Tod bedeuten kann. Wirf einen Blick auf deine Genossen, nicht ein einziger kam freiwillig in dieses Haus, List oder Gewalt hat sie hergebracht. Alle haben im Anfang Widerstand leisten wollen, aber sie haben eingesehen, daß dies nur nutzlos sei und sie den schrecklichsten Martern aussetzt. Sieh hier, Justine,« sagte der Abt und zeigte ihr die Ruten, Skalpele, Schrauben und sonstigen Marterwerkzeuge, das sind die Verführungsmittel, welche wir gegen widerspänstige Mädchen anwenden, und die sie uns sofort gefügig machen. Sieh zu, ob du sie bekämpfen kannst, willst du dich beklagen? Bei wem willst du es an diesem Ort, wo du nur immer Richter und Henker finden wirst! Willst du die Gerechtigkeit anrufen? Wir kennen keine andere wie unsere Wollust, kein anderes Gesetz als unsere Begierde ... die Menschlichkeit. Unser einziges Vergnügen ist, sie zu schänden ... die Religion. Sie hindert uns nicht, wir stehen ihr zu nahe, um sie nicht zu verachten ... Eltern, Freunde. Du wirst in diesem Haus nur Egoismus, Grausamkeit, Atheismus und Schamlosigkeit finden. Die vollste Unterwürfigkeit ist dein Los und damit sind hier sehr vielerlei Sachen verbunden. Die sieben Despoten, denn auch die Direktorin gehört hierzu, deren Wünsche und Fantasien dir ebenso heilig, sowie die unseren sein müssen, huldigen jeden Tag den schrecklichsten Launen, und der kleinste Widerstand gegen ihre willkürlichen Handlungen bringt die schrecklichsten Strafen, ja den Tod mit sich. Willst du in die Flucht deine Hoffnung setzen, blicke um dich herum und betrachte diese uneinnehmbare Zufluchtsstätte, das ganze Kloster könnte durchsucht, verbrannt werden, ohne daß jemand diesen geheimnisvollem Ort entdecken würde. Er befindet sich unterhalb der Erde, von zehn Fuß dicken Mauern umgeben; du befindest dich aber in der Mitte von sechs Scheusalen, welche nicht die kleinste Lust haben, dich zu schonen, und welche deine Bitten, deine Tränen, deine Kniefälle nur noch mehr entflammen. An wen willst du dich also wenden? Vielleicht an Gott, den du soeben so inbrünstig verehrt, und der aus Dank dafür, dich in diese Falle gestürzt hat? An diese verächtliche Chimäre, welche wir täglich in ihren lächerlichen Gesetzen verletzen? »Du mußt also einsehen. Justine, es gibt keine Macht, kein Wunder, das dich uns entziehen kann, das uns verhindern kann, aus dir eine Beute unserer Lust zu machen. Komm näher, Dirne, biete deinen Körper unseren Launen, biete dich ganz der Schande an, mit welcher wir dich besudeln werden, oder die schrecklichsten Martern werden dir zeigen, was es heißt, uns nicht zu folgen.«

Diese Rede wurde von allen Seiten beklatscht und Clement spendete seinen Beifall auf den Arschbacken der unglücklichen Justine. Da erkannte sie erst den ganzen Schrecken ihrer Lage. Sie stürzt sich Severino zu Füßen und fleht ihn mit der Beredsamkeit der Verzweiflung an, ihre hilflose Lage nicht auszunützen,[139] doch wozu diese Tränen, mit denen sie die Füße des Mönches bedeckt, wozu alle diese Mühe? Wußte sie denn nicht, daß diese Tränen sie in den Augen des Wüstlings nur begehrenswerter machen? »Auf,« sagte der Abt und stieß sie roh zurück, »beginnen wir, Freunde, und unterwerfen wir dieses Mensch den Formalitäten der Aufnahme, die keiner erspart blieben.« – Es bildet sich ein Kreis, Justine steht in der Mitte der sechs Mönche, welche jeder von zwei Mädchen und einem Knaben umgeben sind.

Dies waren die Passionen, welche sich Justine, sowie alle anderen Neuankömmlinge dreimal unterwerfen mußten: Justine wird von der starken, sechsundzwanzigjährigen Frau ganz nackt zu jedem der einzelnen Mönche hingeführt ... Zuerst kommt sie zu Severino, er filzt die Arschbacken eines fünfzehnjährigen Mädchens und zwingt hiebei eine dreißigjährige, das Glied seines Schandknaben zu schlecken, der ihn begeilt. Der Mönch läßt sich das auch von Justine machen und leckt sie dabei im Arsch .... Sie kommt zu Clement, der sich von seinem Schandknaben lecken läßt, während er die Arschbacken eines zwanzig -und eines fünfundzwanzigjährigen Mädchens schlägt und zwickt. Justine muß ihm ihren Arsch darbieten, Clement küßt ihn und riecht zu ihren Achselhöhlen ... Unsere Heldin kommt zu Antonius, welchen zwei Mädchen geilen, während ihn sein Buhle päderastriert. Er schleckt den Kitzler Justinens ... Sie kommt zu Ambrosius, dieser puseriert seinen Buhlen und kitzelt mit jeder Hand einen Arsch. Justine muß ihm mit dem Arsch über das Gesicht fahren ... Silvester betastet roh den Arsch und die Scheide des dreißig- und vierzigjährigen Weibes, er küßt Justine mit der Zunge in den Mund, Arsch und Fut ... Jerome, gegeilt von seinem Schandknaben von fünfzehn Jahren, hat den einen Finger im Arsch des siebenjährigen Mädchens und einen in der Scheide des dreizehnjährigen. Er steckt sein Glied Justinens in den Mund ... Die Tour beginnt von neuem ... Diesmal lassen sich alle Mönche von den Knaben schlecken, während die Mädchen, über ihren Köpfen sitzend, ihnen den Arsch darbieten. Severino öffnet die Arschbacken Justinens und läßt sich in den Mund pfarzen. Clement steckt ihr einen Finger ins Arschloch und beutelt sie eine Viertelstunde lang. Antonius läßt seinen Schwanz ihr an der Scheide fühlen und zieht ihn sofort wieder zurück. Ambrosius faßt sie von hinten, aber hört nach zwei bis drei Stößen auf. Silvester vögelt sie einen Moment und findet, daß sie noch Jungfrau ist. Jerome fickt einen Moment in den Mund, Arsch und Fut. Man kommt zur dritten Tour, diesmal vögeln alle Mönche. Severino puseriert das Mädchen von fünfzehn Jahren, welche unter den furchtbaren Stößen seines Gliedes seufzt. Der sechzehnjährige Bursche vögelt ihn, dabei schlägt er auf die Arschbacken des zweiunddreißigjährigen Mädchens los. Als Justine zu ihm kommt, beißt er sie in den Arsch ... Clement vögelt in den Mund des dreizehnjährigen Knaben, das Mädchen von fünfundzwanzig Jahren peitscht ihn. Er hat vor seinen [140] Augen den Arsch des zwanzigjährigen Mädchens. Er läßt sich von Justine den Arsch lecken und dann sogleich den Mund, hiebei gibt er ihr zwei Ohrfeigen ... Antonius vögelt das vierjährige Mädchen und klatscht dabei den Arsch des achtjährigen Burschen. Er beißt bis aufs Blut die linke Brustwarze Justinens und gibt ihr hiebei sechs Schläge auf den Arsch, deren Spuren in drei Tagen nicht vergehen. Gleichzeitig versetzt er seinem Liebchen einen solchen Lendenstoß, daß man glaubt, er werde sie durchbohren. Die Kleine stößt einen Schrei aus, Antonius, der nicht entladen will, zieht sofort sein Glied heraus, dabei verletzt er das Mädchen. Sein Glied ist ganz mit Blut bedeckt, und um das Kind zu trösten, peitscht er sie aus ... Anbrosius puseriert das Mädchen von zehn Jahren. Hiebei läßt er sich selbst vögeln und mißhandelt den Popo eines neunzehnjährigen Mädchens. Er gibt Justine, ohne sich zu stören, fünfundzwanzig Rutenhiebe ... Silvester vögelt die vierzigjährige Frau wie einen Hund, während sie ihm auf die Schwanzwurzel scheißt. Er läßt sich auch selbst vögeln und schleckt die Scheide des dreißigjährigen Mädchens aus. Er wirft sich wie ein wütender Hund auf die Scheide Justinens und beißt sie bis aufs Blut. Der Schweinkerl entladet laut schreiend, aber er wechselt schnell seinen Opferaltar, und es ist der Arsch der Tugendwächterin, der seine Gabe erhält ... Jerome vögelt das achtjährige Mädchen in den Arsch, schleckt das Glied eines fünfzehnjährigen Knaben und gibt einem dreizehnjährigen Mädchen Nasenstüber. Er zwickt so heftig den Busen Justinens, daß sie laut schreit. Um sie zu beruhigen, gibt ihr der Barbar ein paar solche Faustschläge in die Seite, daß sie den ganzen Inhalt ihres Magens von sich gibt.

»Auf,« sagte Severino, »beschäftigen wir uns mit ernsteren Sachen.« Er ist furchtbar aufgeregt, sein Schwanz bedroht das Gewölbe. Er packt Justine, drückt sie auf das Sofa nieder, den Arsch in die Höhe, zwei Mädchen halten sie. Der Abt, seinen furchtbaren Mastbaum in der Hand, nähert sich und stellt sich vor das kleine Loch; ohne zu befeuchten, stoßt er zu und legt Bresche. So ungeheuer er ist, er dringt ein. Befriedigt von diesem Anfang, taucht er ein zweitesmal an und kommt bis auf den Grund. Justine schreit, doch was liegt ihm daran, er ist glücklich. Hat man denn Erbarmen mit Schmerzen im Schoße der Unzucht? Man puseriert den Italiener, vier nackte Frauen umgeben ihn von allen Seiten, sein Ideal bietet sich seinen lüsternen Augen in hundert Variationen dar, endlich entladet er ... Clement nähert sich, Ruten in der Hand. »Ich will Euch rächen,« sagt er zu Severino, »und dieser Hure den Widerstand abgewöhnen.« Er bedarf keiner Hilfe; mit einer Hand legt er das Opfer übers Knie und drückt den schönen Arsch ganz heraus, Zuerst scheint er nur versuchen zu wollen, von den lüsternen Szenen aber entflammt, die ihn umgeben, schlägt er bald mit aller Wucht zu. Nichts gleicht seiner Wildheit, von der Mitte der Hüften bis zur Wade bedeckt er sie mit Streichen. Er will Grausamkeit mit [141] Liebe verbinden und heftet seinen Mund auf den Justinens. Er schlürft die Schmerzensseufzer, die herabfließenden Tränen, er küßt, droht und schlägt weiter. Inzwischen schleckt ein achtzehnjähriges Mädchen sein Glied und außerdem wird er noch puseriert. Je mehr er Lust empfängt, desto wütender schlägt er zu, nichts deutet auf ein Ende der Qual Justinens hin. Man erschöpft alle Mittel, die reizendsten Szenen spielen sich vor ihm ab, nichts kann ihn zum Stehen bringen. Eine neue Grausamkeit fällt ihm ein. Er beißt mit aller Wucht auf die herrliche Brust Justinens und das endlich bringt ihn zur Entladung; er stößt hiebei fürchterliche Lästerungen aus und erschöpft gibt er sie an Jerome weiter. »Ich werde,« sagte dieser, »deiner Tugend nicht gefährlicher sein als Clement. Doch will ich die Wunden küssen, die er dir geschlagen. Hingegen werde ich auch deiner würdig sein, Clement, und den Nachbar in Arbeit nehmen.« Er dreht sie um und legt sich handgerecht den schönen Bauch und die zartbeschattete Scham der armen Waise; der Barbar zerfleischt das Ganze mit Peitschenhieben. Hierauf kniet er sich vor ihr nieder und in dieser Stellung zwingt er sie, seine Lieblingspassion zu erfüllen. Sie muß ihn schlecken. Dazwischen wird er gepeitscht, man scheißt ihm auf die Nase und in die Hände. Endlich, nach einer halben Stunde, empfängt der Mund Justinens mit begreiflichem Widerwillen das ekelhafte Opfer dieses Scheusals ... Jetzt kommt Antonius an die Reihe. Er würde sich gerne der Tätigkeit der beiden anschließen, aber der Zustand seines Gliedes, das nahe daran ist, zu entladen, erlaubt es ihm nicht. Er beschnüffelt die Striemen, ergötzt sich daran, ergreift Justine bei den Hüften und stößt mit aller Macht sein Glied in die Scheide. Der Wüstling stößt weiter, aber glücklicherweise ist sein Ansturm infolge der weiteren Bahn nicht so schmerzhaft wie der Severinos. Der Athlet packt Justine bei den Hüften und gibt ihr die Bewegungen, die seine Lust erheischt. Diese grausamen Angriffe bringen Justine der Ohnmacht nahe, aber ihr grausamer Besieger denkt nur an seine Wollust. Ein Mädchen läßt ihn an ihrer Fut schlecken, eine andere leckt ihn selbst in den Arsch; mit einer Hand geilt er einen sechzehnjährigen Knaben, mit der anderen ein dreizehnjähriges Mädchen. Es gibt kein Gefühl, das nicht beitragen mußte zu seiner Befriedigung. Endlich kommt er zu seinem Ziel, seine Schreie, seine Heftigkeit deutet es an. Justine die nur Schmerz empfindet, wird überschwemmt von dem Erfolge einer Wollust, die sie erst beim sechsten erweckte ... Ambrosius will nur ihren Arsch. Glücklicherweise ist sein Glied nur klein, und wenn er auch wie besessen hin und herfährt, bereitet er doch keinen Schmerz. Stürmisch verlangt er einen Haufen von ihr. Endlich erreicht er seinen Wunsch. »Verfluchter Gott,« brüllt er, »das habe ich gebraucht!« Man puseriert ihn, man scheißt und pischt auf ihn und mitten in diesem ganzen Dreck verliert er seinen Samen. Jetzt kommt Silvester an die Reihe; er will eine Fut vögeln, die ihm schon Samen gekostet hat, aber gleichzeitig [142] will er einen Schwanz schlecken, dessen Samen er in den Mund Justinens zurückgibt. Aufgeregt durch die fast jungfräuliche Scheide Justinens entladet der Kerl ein zweitesmal und stößt Schreie aus, die man meilenweit hören würde.

Endlich denkt Severino daran, daß die Arme vielleicht auch etwas brauchen würde; man gibt ihr ein Glas spanischen Weines zu trinken, sie aber hat nur Sinn für ihren Kummer. Was für eine Situation für ein Mädchen, dessen einziger Stolz ihre Tugend, dessen einziger Ersatz für Reichtum ihre Unschuld war. Justine konnte ihren Schmerz darüber nicht zurückhalten, sich von denen geschändet zu sehen, von denen sie die größte Hilfe erhoffte ... Ihre Tränen flossen reichlich, die Decke erdröhnte von ihren Schmerzensschreien, sie wälzte sich auf der Erde, riß sich die Haare aus und schlug sich auf den Busen, indem sie um den Tod flehte. Nur der, welcher das verhärtete Herz eines Wüstlings kennt, wird glauben, daß dieses schreckliche Schauspiel diese Kerle nur noch mehr reizte. »Teufel,« sagte Severino, »nie habe ich ein schöneres Bild gesehen; schaut, was sie aus mir macht, es ist unglaublich, was die Schmerzen einer Frau bei mir erzielen. Packen wir diese Dirne wieder und lehren wir sie brüllen!« Und indem er dies sagt, nähert er sich ihr und peitscht sie aus Leibeskräften. Welche Grausamkeit! Gerade diese Stunden der größten seelischen Verzweiflung sucht sich der Unmensch aus, und nachdem er ihr hundert Hiebe verabreicht, kommt Clement an die Reihe. Er gibt ihr ebensoviel Schläge, während er sich selbst puserieren läßt und das kleinste Mädchen ihn geilt. Antonius peitscht die Vorderseite vom Nabel bis zur Scham, Ambrosius fängt wieder von hinten an mit hundertsechzig Hieben, er leckt hiebei ein fünfzehnjähriges Mädchen in den Arsch, während ihn ein achtjähriger Knabe zuzelt. Silvester peitscht den Rücken und die Hüften, während ihm zwei Frauen auf die Nase scheißen. Jerome endlich, den eine Frau mit einer Goldnadel in den Popo sticht, übertrifft alle. »Setzen wir uns alle auf sie,« sagte Severino und nahm ihren Arsch in Beschlag. »Einverstanden,« sagte Antonius, die Scheide in Besitz nehmend. Clement vögelt sie in den Mund, Ambrosius und Silvester lassen sich von ihr geilen. »Und was bleibt mir?« fragte Jerome. – »Der Busen, der ist entzückend.« – »Den mag ich aber nicht.« – »Also nimm du den Arsch,« sagte der Abt und nistet sich zwischen den Brüsten ein. So muß das unglückselige Mädchen allen sechs gleichzeitig eine Hure abgeben, während um sie herum Knaben und Mädchen die tollen Ausschweifungen der Mönche ergänzen. Justine muß alles ertragen, der Abt gibt das Zeichen, die anderen folgen ihm und das drittemal wird die Unglückliche von der schamlosen Wollust dieser Scheusale besudelt. »Das ist genug für den Empfang,« sagte der Abt, »man muß ihr jetzt zeigen, daß ihre Genossen nicht besser daran sind.« Man setzt sie auf einem Säulenstumpf, der in der Mitte des Saales steht. Sie hat kaum Platz zu sitzen, keine [143] Stütze, keinen Halt und die Säule ist hoch genug, daß sie sich zerschmettert, wenn sie herunterfällt. Dies ist der Thron, auf dem die Königin des Tages sitzt, und man befiehlt ihr, aufmerksam die schamlosen Orgien zu verfolgen. Zuerst sollen alle sechzehn Mädchen an eine Prügelmaschine gebunden werden; auch die Schwangere. Man konnte sie mittels einer Vorrichtung verschieden biegen und strecken, so daß, wenn sie auf dem Bauch lagen, die Haut ihrer Hüften und ihres Arsches so gespannt war, daß nach den ersten zehn Streichen das Blut in Strömen floß. Lagen sie auf dem Rücken, so wurden durch diese Vorrichtung ihre Beine so auseinandergespreizt, daß die Scham und die Scheide bis zum Zerreissen geöffnet war. Kaum war die Maschine da, als Jerome und Clement verlangten, man solle auch Justine darauflegen. Severino, welcher fand, daß die Unglückliche genug gelitten und daß sie den schönsten Arsch von der Welt hätte, den er noch länger genießen wolle, erwiderte hingegen, daß sie genug habe, man sie ausruhen lassen müsse und daß ... Aber Jerome unterbricht ihn, er verschlingt mit den Augen das Mädchen, sein wilder Charakter duldet keine Schranken, er bekämpft die Milde Severinos: »Ist denn die Hure da, um sich aus zuruhen, wollt Ihr Damen oder Puppen aus ihnen machen? Sollen wir im Schoße des Verbrechens und der Unzucht uns Menschlichkeit predigen lassen? Wenn ein Mädchen auch nur eine Stunde gelebt hat, wenn sie noch einer Stunde krepiert ist durch die Martern oder Strafen, die sie hier erleidet, so hat sie ihr Geschick erfüllt und wir haben uns nichts vorzuwerfen. Sind diese Bälger zu was anderem da, als zu unserem Vergnügen, Kommen sie nur auf eine bestimmte Zeit hieher? Fort mit dieser falschen Zurückhaltung und halten wir uns immer das weiseste Gesetz vor Augen, welches wir uns selbst gegeben. Ich öffne das Buch und lese: Wenn eines der Mitglieder der Gesellschaft den Tod auch aller Individuen des Serails wünscht, darf sich keiner der Brüder ihm widersetzen und alle müssen sich im Gegenteil bemühen, seinen Wünschen nachzukommen. Ich gehe noch weiter als Jerome,« sagte Clement, »ich verlange, daß das Mädchen noch heute den tötlichen Martern unterworfen wird. Das Mädchen regt mich auf, ich kann sie nicht sehen, ohne ihren Tod zu wünschen und diesen verlange ich!.« – »Ich kenne auch unser Gesetz,« sagte Severino kaltblütig, »aber Jerome hat den Artikel nicht vorgelesen, welcher ihm widerspricht. Ich setze daher die Vorlesung fort: Das fragliche Subjekt soll aber nur sowohl dem Tode als den Martern durch Stimmenmehrheit unterworfen werden ...« – »Also zur Abstimmung,« sagte Jerome, »und das Opfer soll gemäß unserem Gebrauche auf ein Bett mit dem Arsche zu uns gekehrt gelegt werden.« – Justine wird gepackt und geknebelt. Ihre Angst läßt sie kaum hören, um was es sich handelt. Jeder der Mönche ist von zwei Mädchen und einem Knaben umgeben, denn sie dürfen nur stehenden Gliedes ihre Stimmen abgeben. Die Anstandsdame macht die Probe, alles ist in der Höhe. [144] Nach einem kurzen Schweigen läßt der Abt über das Leben Justinens abstimmen, aber Clement und Jerome sind die einzigen, die ihren Tod wünschen; die anderen wollen sich mit ihr noch einige Zeit unterhalten. Sie kommt daher wieder auf ihren Platz und Severino bindet sofort an die Höllenmaschine das schönste Mädchen des Hauses. Sie liegt auf dem Bauch, man biegt sie und ihr schöner Popo erscheint in seiner ganzen Herrlichkeit. Dies war die Art und Weise des Prozesses. Jeder Mönch kommt an die Reihe, neben dem Opfer steht ein junges Mädchen mit den nötigen Instrumenten zur Auswahl. Ein Mädchen, unter den sträksten ausgesucht, peitscht den Mönch, während er selbst sein Werk verrichtet. Indem ein Knabe ihm das Glied schleckt, muß die, welche an der Reihe ist, nachher geprügelt zu werden, vor ihm niederknien und ihn mit den innigsten Gebärden um Gnade und Nachsicht anflehen. Hingegen ermahnt ihn von der anderen Seite einer der Mönche, ja nicht nachzugeben, denn die größte Gefahr ist die Nachsicht und das Mitleid. Alle Mädchen, auch die jüngstem, selbst die schwangeren, werden so gepeitscht. Jeder Mönch erledigt sechzehn, die meisten werden von vorne behandelt, was umso entsetzlicher ist, weil die innere Peitschung unvergleichlich schmerzhafter wie die andere ist. Diese Scheusale geben nämlich darauf obacht, daß die Knoten der Schnüre in das Innere des Scheide eindringen, und in dieser heiklichen, überaus empfindlichen Gegend die furchtbarsten Schmerzen erzeugen. Je mehr ein Opfer klagt, desto stärker schlagen sie zu, je mehr es schreit, desto glücklicher fühlen sich die Mönche, desto aufgeregter werden sie, desto mehr begeilen sie sich daran. Doch kein einziger von ihnen entladet, so abgelebt sind sie schon durch das Laster. Nachdem dies vorbei war, setzten sich die vierzigjährige und die schwangere dreißigjährige Frau auf das Kanapee, je zwei Mädchen wurden in ihre Arme gegeben und die Mönche konnten an ihnen eine Marter je nach Geschmack ausüben, während dessen Knaben und Mädchen den Handelnden in der verschiedensten Weise durch Unzucht reizen mußten. Severino beginnt: das jüngste Mädchen wird ihm dargeboten. Das Scheusal kneift den Popo der Unglücklichen mit solcher Gewalt, daß er ganz schwarz aus seinen Händen kommt, dann flüchtet er sich in den Arsch eines Lustknaben, man vögelt ihn auch selbst, Männer und Weiber umgeben ihn, er küßt und filzt alles, was ihm in die Hände kommt, er will seinen Samen verlieren, und um das zu erreichen, ist ihm alles gleich. Es gelingt ihm auch wirklich ... Clement folgt auf ihn; es ist das schöne Mädchen von fünfzehn Jahren, welches man seiner Wut ausliefert. Er nimmt eine handvoll Dornen und reibt damit kräftig den ganzen Körper der Unglücklichen. Dann befeuchtet er mit Weingeist die Wunden, er wirft sich auf einen Schandknaben, aber nicht genug aufgeregt, um ihn zu vögeln, läßt er sich von ihm schlecken Der Kerl entladet, seine Zähne eingrabend, in den Popo der schwangeren Frau. Jetzt kommt [145] Antonius an die Reihe. Er bedient sich eines achtzehnjährigen Mädchens zu seiner Wut. Er liebt zwar die Scheide und doch mißhandelt er die dieser reizenden Person auf schreckliche Weise. Er bedeckt sie mit Nadelstichen, und nachdem ihn diese Grausamkeit genügend aufgeregt, er ihm fest steht, flüchtet er sich in die Scheide des kleinsten Mädchens und entladet, die mißhandelte Scheide zerkauend. Ambrosius kommt an die Reihe; das Scheusal erwählt sich dasselbe kleine Mädchen, das seinem Bruder gedient. Mit Faustschlägen treibt er sie vor sich her, Sie fällt ihm ohnmächtig vor die Füße. Er puseriert einen dreizehnjährigen Knaben, man vögelt auch ihn und sein Samen spritzt. Silvester kommt an die Reihe; ein zwanzigjähriges Mädchen muß ihm ihren Popo darbieten. »Höre,« sagt er zu ihr, »ich will dir nicht verheimlichen, daß dir eine schreckliche Marter bevorsteht; du kannst dich ihrer entziehen, wenn du mir sofort einen schönen Haufen scheißt.« Und der Elende weiß recht wohl, daß es der Unglücklichen unmöglich ist, weil sie soeben Jerome in gleicher Weise befriedigte. Vergeblich bemüht sich das arme Geschöpf. »Es tut mir leid,« sagt Silvester, und indem er eine Zange packt, reißt er ihr an mehreren Stellen die Haut von Hüften und Arschbacken, daß das Blut herabströmt. Er flüchtet sich in eine Fut und seine Geliebte, wohl vorbereitet, scheißt ihm auf den Schwanz. Da entladet er und flucht Gott. Endlich bleibt Jerome noch übrig; er wählt sich zum Opfer das dreizehnjährige Mädchen. Mit den Zähnen zerreißt er sie, jeder Biß läßt das Blut hervorquellen. »Ich hätte Lust, sie aufzufressen!« schreit er. Er wirft sich auf den Arsch eines Knaben von sechzehn Jahren, vögelt ihn, beißt alles, was ihm in den Weg kommt, und entladet, nachdem man ihn prügelt.

Die Mönche trinken und erholen sich, während die unglückliche Justine nahe daran ist, ohnmächtig zu werden. Das fünfzehnjährige Mädchen will sie trösten, dafür bekommt sie dreihundert Rutenstreiche, ihr Arsch zerfließt in Blut. »Keine Gnade, kein Mitleid,« sagt Silvester, »die Kerle sind zum Leiden hier. Jegliches Mitleid hieße den Zweck unserer Vereinigung verfehlen, die Frauen sind nur geschaffen zu unserer Lust, widersetzen sie sich, so muß man sie wie die wilden Tiere töten; was liegt an einer Hure, wenn Leute wie wir zu einem Ständer kommen wollen.« – »Silvester,« sagt Jerome, »du vergißt die christliche Nächstenliebe.« – »Ich scheiß auf alles, was christlich heißt; diese Religion ist nur für die Bettler gemacht und darum predigt sie Nächstenliebe. Zu was brauchen wir sie, die wir in Ueppigkeit schwimmen. Wir brauchen niemanden, daher fort mit der Nächstenliebe, fort mit jeglicher Schwäche aus unserem Herzen, damit nur die Wollust, die Grausamkeit und das Verbrechen darin Platz habe.« – »Glaubst du, Silvester, daß man seinen Feind töten solle?« – »Ganz bestimmt,« antwortet Silvester, »mit allen Mitteln muß man ihn verfolgen, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: wenn er könnte, würde er mich töten, und ich erfülle [146] so die Aufgabe des Gesetzes. Ja, ich werde sogar niemals warten, bis sich seine Absicht deutlich zu erkennen gibt. Bei der leichtesten Andeutung werde ich mich seiner entledigen, denn man darf nicht warten, bis sich das Gewitter gebildet hat. Es ist eine bittere, wenn auch ewige Wahrheit, daß ein Tropfen meines Blutes mir mehr gilt, als alle Blutströme der anderen. Der Egoismus ist das heiligste Gesetz der Natur, man kann sagen, daß es ein Laster ist, solange es meine Seele beherrscht, werde ich ihm folgen. Die Gesetze der Menschen, geltend für die Gemeinschaft, sind von den, Menschen gemacht und können irren, aber das Gesetz der Natur, eingegraben in das Herz des Einzelnen, ist ein sicheres, ewiges Gesetz. Meine Prinzipien sind hart, ihre Schlüsse gefährlich, aber sie sind gerecht. Ich bin der Mensch der Natur, nicht der Gesellschaft, und folge daher den untrüglichen Gesetzen der Natur, auch wenn sie den Menschengesetzen zuwiderlaufen; ich werde mich nie scheuen, die Menschengesetze zu verletzen, nur werde ich die nötige Vorsicht anwenden.« – »Wenn das System Silvesters richtig ist, so müßte man den Menschen von der Gesellschaft in die ihn seine Bedürfnisse getrieben, abschließen.« – »Wenn ihn aber seine Bedürfnisse hineingetrieben,« sagte Severino, »so müßte er, da er der Gesellschaft bedarf, ihre Gesetze erfüllen.« – »Das ist gerade,« antwortete Ambrosius, »der Trugschluß, der die lächerlichen Gesetze geschaffen. Um von der Gesellschaft zu erlangen, was er braucht, hat sich der Mensch den Gesetzen unterworfen. Wäre es nicht besser, sich alles selbst zu nehmen? Besser ist es, im Walde seinen Lebensunterhalt zu suchen, als ihn in der Stadt zu erbetteln und seine eigenen Neigungen dem Allgemeininteresse aufzuopfern. Ich hasse alle sozialen Einrichtungen, sie rauben uns die Freiheit, unsere Kraft und machen uns zu feigen, schwachen Sklavenhorden, die der erste beste Betrüger lenkt, wie er will.« – »Dann würden die Verbrechen auf der Erde regieren,« sagt Severino. – »Das ist ein Sklavengedanke,« antwortet Ambrosius, »was heißt Verbrechen?« – »Die dem Allgemeininteresse schädliche Tat.« – »Was heißt Allgemeininteresse?« – »Die Summe der Einzelinteressen. Aber gerade das, was du Gesamtinteresse nennst, ist nur Gesamtopfer, und ich stehe nicht an, mir durch ein Verbrechen die Rechte, die ich aufgeopfert, wieder zu erlangen. Denn ich habe niemals diesem Gesellschaftsvertrage zugestimmt und ich liebkose daher alles, was dem zuwiderlauft.« – »Das ist,« sagte Ambrosius, fressend und saufend, »ein unmoralisches Gespräch«. – »Was nennst du unmoralisch?« – »Das, was die Menschen von der Tugend abführt,« sagt Severino. – »Komme doch endlich zur Ueberzeugung,« sagte Ambrosius, »daß Tugend und Laster nur eine Frage der geographischen Lage sind. Wir haben nur einem zu folgen, und das ist unserer eigenen Neigung, denn was die Natur uns eingibt, ist gut.« – »Folglich,« sagt Jerome, »waren die perversen Seelen Nero und Tiberius natürlich?« – »Gewiß! Sie [147] folgten nur der Natur.« – »Ich begreife nicht,« sagt Clement, »wie man auf die längst abgetanen Sachen wieder zurückkommen kann?« – »Ich habe nur widersprochen,« sagt Severino, »damit sich Euer Geist mehr entwickle.« – »Ich bin überzeugt davon,« sagt Ambrosius, »daß du genau so denkst wie wir.« – »Ja, ich gehe noch weiter,« sagt Severino, »vergeblich zermartere ich mein Gehirn nach einem gigantischen, Verbrechen, nichts befriedigt mich.« – »Auch ich,« sagt Jerome, »plage mich seit zwanzig Jahren vergeblich, ein solches zu ersinnen, alles was wir hier tun, ist nur ein Schatten. Immer bleibt mir dieselbe Begierde nach dem Bösen, ich habe mehr Verbrechen kaltblütig als in der Verzückung getan.« – »Du hast also,« sagt Severino, »das Mönchskleid nur angezogen, um die Menschen zu betrügen?« – »Gewiß, denn es ist das Kleid der Falschheiten. Man bedarf nur des Mantels der Tugend und nicht der Tugend selbst. Und mit dieser Falschheit öffnet sich die Bahn zu neuen Verbrechen. Ich muß Euch einmal meine Lebensgeschichte erzählen,« sagt Jerome, »damit Ihr seht, daß ich niemals des Verbrechens satt wurde.« – »Kann man denn das jemals werden?« sagt Silvester. »Warum kann man nicht zu jeder Stunde welche begehen?« – »Nur ruhig,« sagt Severino, seine Rolle fortspielend, »es wird die Zeit kommen, wo das höchste Wesen mit Donnerstimme in alle Herzen sprechen und Euch zwingen wird, alle seine Regungen Gott zu weihen.« – »Mein Freund,« sagt Ambrosius darauf, »die Religion ist das non plus ultra der Dummheit; nur der braucht sie, der ohne sie sich nichts in der Natur erklären kann. Sie dient nur dazu, um die Geister zu verwirren, indem sie alles ins Dunkle hüllt und uns für das, was wir nicht verstehen, etwas bietet, was wir noch weniger verstehen. Die Naturerscheinungen führt sie auf einem unsichtbar Handelnden, auf etwas Unnatürliches zurück. Ist der menschliche Geist befriedigt, wenn man ihm als Erklärung für das, was er nicht sieht und nicht versteht, einen noch unsichtbareren und unverständlicheren Gott bietet? Fragst du einen Christen, wer die Welt geschaffen, wird er dir sagen: Gott. Wirst du ihn um die Gegenmittel gegen diese Unheil fragen, bekommst du zur Antwort: Gebete, Prozessionen, Opfer. Warum ist der Himmel aber böse? Weil die Menschen schlecht sind. Warum sind die Menschen schlecht? Weil ihre Natur verdorben ist. Und warum ist ihre Natur verdorben? Weil Adam in den Apfel gebissen hat. Und wer hat ihn dazu gebracht? Der Teufel. Und wer hat den Teufel geschaffen? Gott. Ja, wozu hat denn Gott den Teufel geschaffen? Da weiß der Trottel keine Antwort. Fragst du so einen Tölpel, was den Menschen in Bewegung bringt, antwortet er: die Seele. Fragst du ihn, was die Seele ist, so bekommst du als Antwort: das ewige Geheimnis. Fragst du ihn, ob die Tiere eine Seele haben, sagt er nein. Ja, warum handeln, fühlen, denken sie dann? Wieder bekommst du keine Antwort. Daraus erhellt, daß der Mensch die Chimäre der Seele nur aus Arroganz geschaffen. Ein Doktor der Theologie würde sich schämen, wenn man seine Seele [148] mit der eines Schweines vergleichen würde. Severino, es ist besser, wenn nur wenige Philosophen sind, denn es ist eine Wollust, anders zu denken wie die Mehrzahl.« – Ambrosius: »Man hüte sich, die Binde von den blöden Augen des Volkes zu reissen. Woher nehmen wir unsere Opfer, wenn alle Menschen Verbrecher wären? Darum laßt uns die Kirche, laßt uns den Thron beschützen, sie fördern die Dummheit und sichern uns unsere Vergnügen. Den Menschen kann man nur mit der eisernen Rute führen, in jedem Staate sollte die Inquisition herrschen. Schauet, wie eng sie in Spanien König und Volk aneinander knüpft, nirgends werden die Ketten so fest sein, wie dort, wo dieses erhabene Tribunal sie schmiedet. Man schimpft sie blutrünstig, ja, ist es nicht besser, zwölf Millionen folgsame Untertanen, als vierundzwanzig Millionen unbotmäßige zu haben? Nicht durch die Zahl seiner Untertanen, sondern durch die Größe seiner Macht und durch den Gehorsam seiner Menschen ist ein Fürst groß. Es gibt kein besseres Mittel, den Glanz und die Macht eines Fürstentums zu heben als die Inquisition, welche alle die, die ihm schaden können, vernichtet. Was liegt an dem vergossenen Blut, welches die Rechte des Souveräns befestigt. Viel mehr Blut würde fließen, wenn diese Rechte gestürzt würden und das Volk in der Anarchie und im Bürgerkrieg sich zerfleischt.« – »Ich glaube,« sagt Silvester, »daß die guten Dominikaner in den Martern ihrer Inquisition auch ihre Wollust nähren.« – »Sicherlich,« sagt Severin, »ich lebte sieben Jahre in Spanien und war sehr intim mit dem Großinquisitor. Eines Tages sagte er mir: ›Kein asiatischer Despot kann seinen Harem mit meinem Kerker vergleichen; Männer, Weiber, Kinder, alle Geschlechter, alle Nationen liegen mir auf einen Wink zu Füßen. Meine Henkersknechte sind die Eunuchen, der Tod meine Kupplerin, man hat keine Ahnung, was mir die Furcht einträgt.‹« – »Ja, beim Teufel,« sagt Jerome, der wieder in die Höhe zu gehen begann, »es gibt auf der Welt nichts Köstlicheres, als die despotische Wollust. Man muß das Ziel seiner Wünsche vergewaltigen müssen. Freiwillig gegeben, macht es kein Vergnügen.« – Antonius schlug vor, sich mit den beiden schwangeren Frauen ein bischen zu unterhalten. Er selbst hat sie in diesen Zustand versetzt. Sein Vorschlag wird angenommen, man schiebt in die Mitte des Saales ein Postament von zehn Fuß Höhe und stellt darauf, Rücken an Rücken die beiden Unglücklichen. Die ganze Umgebung wird mit Dornensträußchen umsteckt. Gezwungen auf einem Fuß zu stehen, stützt sich ihre Hand auf eine biegsame Birkenrute. Die Mönche belustigen sich daran, zu sehen, wie sich die Unglücklichen vergeblich bemühen, nicht zu fallen. Jeder hat wenigstens drei Subjekte bei sich, mit denen er sich inzwischen ergötzt. Eine Viertelstunde halten es die Unglücklichen trotz ihrer Schwangerschaft aus. Endlich beginnt die sechsunddreißigjährige, die im dritten Monat schwanger war, zu wanken; sie reißt ihre Gefährtin mit sich fort; beide stürzen laut schreiend in die [149] Dornen. Wie die Wütenden stürzen sich die Elenden auf sie, reiben sie mit den Dornen, sodomieren sie, vögeln sie, als plötzlich unter heftigen Wehen das dreißigjährige Weib niederkommt. Jede Hilfe ist ihr versagt, und sie gebiert sterbend ein totes Kind. Alle Mönchen entladen, Samenströme fließen, Gottellästerungen tönen zur Decke und Stille tritt ein. Die Todten werden fortgetragen, die Opfer gehen ins Serail und der Abt, der allein mit Justine und einem fünfundzwanzigjährigen Mädchen namens Omphale geblieben, sagt zu unserer Heldin: »Mein Kind, du verdankst mir das Leben, du warst verloren ohne mich; folge diesem Mädchen, sie wird dich in deine Pflichten einweihen, und nur die vollste Unterwerfung und Folgsamkeit wird mich das, was ich für dich getan, nicht bereuen lassen. Zeig mir deinen Arsch ... Er hat dich gerettet, denn ich verehre ihn.« – »O, mein Vater, seid noch großmütiger, gebet mir die Freiheit wieder, die Ihr mir geraubt, und ich werde Euch bis an den Rest meiner Tage segnen.« – »Was habe ich von deinen Segnungen,« antwortete der Mönch, »dein Körper ist es, der mir Vergnügen schafft.« Und Severino, bedient von Omphale, führt während dieser Reden sein Glied in das Arschloch Justinens ein. Nach einigen Gängen zieht er sich zurück. »Ich würde sie schon heute Nacht mit mir nehmen, wenn nicht eine männliche Jungfernschaft mich erwarten würde. Deshalb verschiebe ich es auf einen der nächsten Tage. Ziehet Euch zurück!« Der Abt entfernte sich und unsere zwei Dulderinnen gingen in das Serail, dessen eherne Pforten sich sofort hinter ihnen schlossen. Justine war zu müde und zu traurig und dachte nur an Ruhe, und auch ihre Erzieherin, ganz erschöpft, hatte dagegen nichts einzuwenden. Am nächsten Morgen, befand sich Justine beim Erwachen in ihrer Zelle. Die größte Ruhe herrschte überall, der Saal in der Mitte der Zellen war von einem sehr hohen Fenster beleuchtet, das dreifach vergittert war. Die Zellen waren nicht verschlossen und die Mädchen konnten ungehindert in den Saal gehen und sich gegenseitig besuchen. Der Name eines jeden Mädchens stand über der Tür. Sie suchte Omphale auf und warf sich weinend dem Mädchen, dessen zartes und mildes Gesicht ihr eine verständnisvolle Leidensgefährtin verriet, in die Arme. »O, teure Freundin,« sagte sie und setzte sich aufs Bett zu ihr, »ich kann mich noch von den Greueltaten, die ich erduldet und mitangesehen, nicht erholen. Wenn ich jemals an die Freude der Wollust dachte, bildete ich mir ein, sie sei so rein wie der Gott, der sie geschaffen. Ich glaubte, sie bestehe aus Liebe und Zartgefühl und bestehe nicht darin, wie wilde Tiere seine Mitmenschen zu martern. Großer Gott, es scheint, als ob jede Tugendregung für mich nur Unglück mit sich bringt. Ich wollte zum Himmel flehen, als ich in dieses Kloster kam, und was ist mein Los? Unverständliche Versehung, sprich deutlicher zu mir, damit ich nicht an dir zweifle.« – Omphale versucht, die Arme zu trösten: »O, Justine,« sagt sie voll Liebe, »genau so wie du habe auch ich geweint, doch die [150] Gewohnheit hat meine Tränen gestillt, auch du mußt dich daran gewöhnen. Der Anfang freilich ist schrecklich, denn nicht nur der Zwang, alle Lüste dieser Wüstlinge zu erdulden, ist unsere tägliche Marter, sondern auch der Verlust unserer Freiheit, die Grausamkeit, mit der man uns behandelt, und der Tod, der uns vor Augen schwebt.« – – Jeder Unglückliche tröstet sich, wenn er Gefährten hat. So beruhigte sich auch Justine und bat ihre Genossin, sie mit allem Schrecklichen, was ihr bevorstand, vertraut zu machen.

»Vor allem,« sagte Omphale, »muß ich dich Viktorine vorstellen; sie ist die Direktorin dieses Serails und hat die größte Gewalt über uns. Sie wird schon ungehalten darüber sein, daß du sie nicht früher besucht hast. Ordne deine Kleidung ein wenig und komme mich dann abholen.« – Justine, erschrocken über diese neue Pflicht, folgt, und nach einigen Kleinigkeiten kommt sie zurück, ihre Freundin abholen. – Es ist an der Zeit, dem Leser ein Bild von Viktorine zu entwerfen. Sie war ein großes, mageres Mädchen, mit schwarzen Augen und schwarzen Haaren, einer römischen Nase, von grausamen und hartem Aussehen, sehr sinnlich, grausam, verdorben und gottlos, stolz auf ihren Platz, den sie mit ebensoviel Eifer als Despotismus ausfüllte. Sie besaß alle Laster und Ausschweifungen, sowohl geschlechtliche, wie auch Trunksucht, Verleumdung, Falschheit, kurz die größte Verworfenheit, so daß dieses Weib ein Ungeheuer war, von dem man nur Scheußliches erwarten konnte. Seit achtzehn Jahren lebte diese Megäre freiwillig im Kloster, sie war die Einzige, die frei aus und eingehen konnte. Da sie aber in ganz Frankreich von den Gerichten verfolgt wurde, bediente sie sich nur selten diesen Erlaubnis. Um ihrer eigenen Sicherheit willen dachte sie nicht daran, diesen Ort zu verlassen, wo sie ruhig allen ihren Lastern fröhnen konnte. Ihre Wohnung, bestehend aus Speisezimmer, Schlafzimmer und zwei kleinen Zimmerchen, lag in der Mitte zwischen Knaben- und Mädchenserail, so daß sie sie leicht beaufsichtigen konnte. Viktorine war beim Frühstück, als ihr Omphale Justine vorstellte; ihre Tafel war reich besetzt und von sechs Flaschen Champagner gekrönt. »Tritt näher,« sagte sie zu Justine, »schau, das ist ja ein reizendes Mädchen! Diese schönen Augen ... der süße Mund! Küsse mich, mein Herz, Noch einmal. Und etwas mehr Zunge, wenn ich bitten darf. Stecke sie mir so weit hinein als ich es tue.« Justine folgte. Wie sollte sie auch der widerstehen, von der ihr Leben abhing. Der andauerndste und schamloseste Kuß folgte. »Omphale,« sagte die Direktorin, »das Mädchen gefällt mir, ich werde mich mit ihr geilen; heute kann ich nicht, denn ich habe wie eine Hure gevögelt. Reihe sie unter die Vestalinnen ein, unterrichte sie und bring mir sie heute abends. Wenn sie zum Souper nicht zugezogen wird, werde ich mit ihr schlafen, wenn ja, so morgen. Uebrigens entblöße sie, damit ich sehe, wie sie gewachsen ist.« Viktorine betastete sie, schleckte sie und schien sehr zufrieden. [151] »Sie ist weiß und sehr gut gewachsen,« sagte sie, »sie muß wie ein Engel entladen. Auf Wiedersehen, ich muß frühstücken, alles andere heute abends.« – »Madame,« sagte ehrfurchtsvoll Omphale, »meine Kameradin will sich nicht zurückziehen, ohne daß ihr die Ehre widerfahren ist, welche allen Novizen zuteil wird.« – »Ah, sie will meinen Arsch küssen?« sagte die schamlose Kreatur. – »Und das übrige, Madame?« – »Also vorwärts!« Und dabei entblößt sich die Vettel zuerst vorne bis über die Lenden und zeigt Justine die scheußlichste Kloake, an welcher noch der Samen von der verflossenen Nacht klebte. »Zunge!« befahl das Scheusal, und das arme Mädchen mußte widerstrebenden Herzens ihr zu willen zu sein. Dann hob sie sich rückwärts auf und auf ein Zeichen von Omphale küßte sie ihr die Arschbacken und das Arschloch und bohrte, fast ohnmächtig, auf den ungestümen Befehl Viktorinens auch in diese Mistgrube ihre rosige Zunge. Endlich war diese scheußliche Prozedur vorüber und die beiden Mädchen kehren in die Zelle Justinens zurück. Hier gab nun Omphale ihrer Kameradin alle Einzelheiten: »Vor allem, liebe Freundin, wirst du sehen, daß alle Zellen, sowohl die der Knaben als die der Mädchen gleich einfach und elegant eingerichtet sind. Die Fenster sind so hoch, daß man nicht hinauflangt, und dreifach vergittert. Drei Eisentüren schließen das Serail vom Festsaal ab.« – »Warum,« fragte Justine, »findet man nicht über allen Türen Namen?« – »Die Namen der Todten werden sofort ausgelöscht. Heute fehlen zwei und darum zwei leere Tafeln.« – »Was ist denn mit ihnen geschehen?« fragte Justine. – »Erinnerst du dich nicht an die unglückliche Schwangere von gestern abends und außerdem fehlt noch eine in der jüngsten Klasse. Aber Geduld, Justine, und gehen wir der Reihe nach vor. Gehen wir zuerst in den Speisesaal, wo unsere Genossinnen zum Frühstück versammelt sind.« Sie treten ein und Justine wird von achtundzwanzig Mädchen umringt, wie man sie in Europa nicht schöner zusammenfinden kann. In der Klasse der Jungfrauen fiel Justine ein zehnjähriges Mädchen auf, schön wie der Liebesgott, ebenso war unter den Vestalinnen ein siebzehnjähriges Mädchen, die mit ihrem schönen zarten Gesicht, ihrer süßen, melodischen Sprache wie eine Romanfigur anmutete. Unter der Sodomistenklasse befand sich eine, deren herrliche Augen, prachtvolles dunkles Haar und Formen wie aus Marmor gemeißelt, mit einer Venus konkurrieren konnten. Es wäre aber unmöglich, alle die Schönheit zu beschreiben, von der Justine geblendet wurde. Ein weniger eitles Mädchen wie Justine wäre aber auch von dem Lob geschmeichelt worden, mit dem man sie überhäufte. Hierauf zogen sich die beiden Freundinnen in die Zelle zurück und der Unterricht Justinens begann. »Vor allem muß ich dir, Justine, dieses entsetzliche Haus beschreiben; du kennst die Kirche und das Kloster, aber du hast keine Ahnung, wie unsere Behausung gelegen; leider nur zu richtig hat dir Severino gesagt, daß eine Flucht unmöglich ist. Am Ende der [152] Sakristei befindet sich eine Tür, welche in einen finsteren Gang führt, was du vielleicht in deinem Schrecken übersehen hast. Zuerst geht der Gang in die Tiefe, weil er unter einem Graben von dreißig Fuß durch muß, dann steigt er wieder, und so gelangt man in unseren Pavillon nach ungefähr zweihundert Klaftern. Sechs Mauern aus Dornen und Stechpalmen von drei Fuß Dicke verhindern, daß man unsere Wohnung nicht einmal von der Spitze des Kirchturms sehen kann. Der Pavillon ist nämlich nur fünfzig Fuß hoch, die Hecken aber sechzig. Der Pavillon ist mit einem Bleidach bedeckt, auf welches verschiedene immergrünende Bäume so gepflanzt sind, daß sie mit den Hecken einen Wald zu bilden scheinen. Im Souterrain des Pavillons ist ein großer Salon und zwölf Zimmer. Sechs davon dienen als Zellen, die sechs anderen als Kerkerzellen. Letztere sind fast niemals leer. Der Aufenthalt dort ist schrecklich, sie sind feucht und gänzlich kalt, und man wird ganz nackt bei Wasser und Brot eingesperrt; nicht die leichteste Decke, nicht einmal ein Geschirr für die Notdurft bekommt man mit. Sucht man eine Ecke auf, so wird man geprügelt und gezwungen, mitten im Zimmer zu entleeren.« – »Welche ausgesuchte Barbarei und Schmutz!« – »Oft wird man auch angekettet und gleichzeitig werden Ratten, Skorpione, Schlangen und Salamander hineingelassen. Einige von uns sind schon nach acht Tagen darin gestorben. Oft bleibt man ganze Monate darin, das wenigste ist fünf Tage. Oberhalb des Souterrains befindet sich der Speisesaal, wo die Orgien gefeiert werden. Daran schließen sich sechs Boudoirs, wo sich jeder Mönch mit seinem Opfer einschließen kann; diese Zimmer enthalten alles, was die Fantasie der Wollust und der Grausamkeit bieten kann. Zwei weitere Kabinette dienen zu geheimen Zwecken; niemals hat einer von uns sie betreten. Zwei weitere dienen für die Provisionen, eines ist Küche, eines Dienerzimmer. Zwölf Zimmer sind im ersten Stock, sechs davon gehören den Mönchen. In den sechs anderen ist die Dienerschaft untergebracht; dieselbe ist mit Ausnahme des Koches und des Arztes taubstumm. Die Mönche schlafen jede Nacht hier, sie kommen um fünf Uhr und um neun Uhr gehen sie ins Kloster zurück, mit Ausnahme eines, welcher der Tagesregent heißt. Ich werde dir auch seine Tätigkeit beschreiben. Die Mönche bringen selbst die notwendigen Lebensmittel, Wein liegt im Keller und ebenso befindet sich dort ein großartiger Brunnen. Unsere Zahl ist immer mit dreißig festgesetzt; jede Klasse hat ihr Kleid, frisieren müssen wir uns selbst und jeden dritten Monat bekommen wir dazu ein Modell. Die Gewalt der Direktorin ist unbeschränkt. Bevor wir zu den Orgien gehen, müssen wir uns von ihr untersuchen lassen, ob wir auch in dem geforderten Zustand sind. Sonst werden wir sofort schrecklich gestraft.« – »Das verstehe ich nicht,« sagte Justine. – »Jeden Morgen,« antwortete Omphale, »bekommt Viktorine die Liste der zum Souper befohlenen Mädchen; bei jedem Namen befindet sich eine Bemerkung über den gewünschten Zustand, ungefähr folgendermaßen:

[153] Julie darf sich nicht waschen ... Rose muß scheißen können ... Adelaide fartzen ... Alfonse muß einen dreckigen Arsch haben u.s.w. Wird der geforderte Zustand bei dir nicht gefunden, so straft dich Viktorine sofort.« – »Welche Scheußlichkeit, aber ich bitte dich, fahre fort.« – »Es gibt verschiedene Strafen,« sagte Omphale, »für die verschiedenen Fehler; der Tagesregent, welcher die Mädchen für die Orgie aussucht, die Wohnungen visitiert und die Klagen Viktorinens in Empfang nimmt, führt auch die Strafen aus, die entweder er oder Viktorine bestimmt«. Sie sind folgende: Erstens: In der Früh nicht gewaschen sein, das heißt im Sommer um sieben Uhr, im Winter um neun Uhr – fünfzig Rutenstreiche. Zweitens: Die Forderungen für das Souper nicht erfüllen oder nicht die vorgeschriebene Tracht haben – zweihundert Rutenstreiche. Drittens: Aus Mißverständnis oder aus sonstiger Ursache nicht den vorgeschriebenen Körperteil herzeigen – drei Tage nackt sein zu jeder Jahreszeit. Viertens: Schlechte Kleidung, schlechte Frisur – zwanzig Nadelstiche, wohin es dem Regenten gefällt. Fünftens: Nicht angeben, wenn man die Periode hat – sofortige Unterdrückung mit Eiswasser. Sechstens: Am Tage, wo der Arzt die Schwangerschaft konstatiert – hundert Hiebe mit dem Ochsenziemer auf den ganzen Körper. Straflos ist man nur, wenn es den Mönchen gefällt, die Mutter für größere Qualen aufzusparen. Siebentens: Nachlässigkeit, Widerspruch oder Unmöglichkeit, den Willen der Wüstlinge zu erfüllen – vierhundert Rutenstreiche auf den Arsch. Aber wie oft können wir ohne die kleinste Schuld die höllischen Wünsche dieser Scheusale nicht erfüllen, wie oft verlangt einer das, was wir gerade seinem Vormann gewährt haben und es daher nicht sofort erfüllen können. Achtens: Unfolgsamkeit gegen die Direktorin – sechs Stunden nackt in einem Eisenkäfig, der innen mit Eisenspitzen versehen ist, an denen wir uns bei der leisesten Bewegung zerfleischen. Neuntens: Unzufriedenheit, Kummer, Frömmigkeit – fünfzig Rutenhiebe auf den Busen und die Verpflichtung, die heiligsten Sachen zu schänden. Zehntens: Wenn ein Glied der Gesellschaft dich aussucht, um mit dir die höchste Lust zu kosten und er es nicht erreicht, sei es durch seine oder durch deine Schuld – sechs Stunden wie eine Kugel zusammengebunden nackt an die Decke gehängt. Elftens: Ein Rückfall in diesen Fehler, den man für den schwersten hält, und wie leicht ist es möglich, da sie oft selbst verhindern, daß es ihnen kommt, weil sie dann die Strafe selbst bestimmen und ausüben dürfen. Man bohrt ihr zwei ungeheure Godmichés in die Scheide und in das Arschloch, dann befestigt man dieselben mittelst Stricken, bindet dich wie eine Kugel zusammen und hängt dich, in ein Dornenbündel gesteckt, an die Decke, so daß das Blut in das Zimmer heruntertropft. Gewöhnlich setzt sich der Richter darunter, bis sich seine Lust erfüllt hat. Zwölftens: Der kleinste Widerwille gegen einen Vorschlag eines Mönches und man hat keine Ahnung, wie grausam und ekelhaft sie sein können – zwei Stunden an [154] den Füßen aufgehängt. Auf Rebellion steht Todesstrafe und sechs Monate Kerker, während man täglich bis aufs Blut gepeitscht wird für jede, die sich der Rebellion angeschlossen. Dreizehntens: Bestand die Empörung nur in Ratschlägen und hatte sie keine Folge, so wird der Rädelsführer an achtzehn verschiedenen Körperstellen, die der Tagesregent bestimmt, mit einem glühenden Eisen gebrannt, die anderen nur an einer. Vierzehntens: Selbstmordversuch, Verweigerung der Nahrung oder Herbeiführung einer Krankheit – man erkundigt sich über die dir verhaßteste Tätigkeit und verdreifacht sie mit der größten Grausamkeit, man sperrt dich mit den von dir am meisten gefürchteten Tieren auf einen Monat in den Kerker, und einen Monat mußt du während des ganzen Soupers knien. Fünfzehntens: Ungehorsam gegen die Mönche außerhalb der Belustigungen – jede Brustwarze mit einer glühenden Nadel zerstochen, bis sie blutet. Sechzehntens: Der gleiche Fehler während der Unzucht – sechs Monate Kerker in Ketten, schwarzes Brot und Salzwasser, viermal im Tag die Peitsche. Beim Rückfall der Tod. Siebzehntens: Fluchtversuch – ein Jahr Kerker. Achtzehntens: In der Ausführung erwischt werden – Todesstrafe. Neunzehntens: Die daran teilgenommen, unterscheiden sich von der Anstifterin nur durch die Grausamkeit der Todesstraf. Zwanzigstens: Empörung gegen Viktorine – sie der Todesstrafe. Zwanzigstens: Empörung gegen Viktorine – sie leistet der Unzucht dieser Person – so wie Artikel zwölftens. Zweiundzwanzigstens: Abtreibung – fünfhundert Peitschenhiebe auf den Bauch, wobei man die Sorgfalt hat, die Spitzen der Schnüre, die aus Eisen sind, in die Scheide eindringen zu lassen. Hiebei weichen diejenigen, welche Kinder zu machen lieben, nicht früher von dir, bevor du nicht schwanger bist. Die Mönche verwenden sechs verschiedene Todesstrafen: die leichteste ist gebraten zu werden; die zweite, gekocht zu werden; die dritte gerädert; die vierte, gevierteilt. Die fünfte durch eine eigens erfundene Maschine langsam zerschnitten zu werden. Bei der sechsten wird man einfach zu Tode gepeitscht.

Im übrigen können wir machen, was wir wollen, uns streiten, schlagen, besaufen, prügeln, ja sogar ermorden, nichts wird uns verübelt; ja, für manches werden wir sogar belohnt. Vor sechs Monaten hat die schöne vierzigjährige Frau ein Mädchen aus Liebe und Eifersucht erstochen. Die Mönche freuten sich über die Tat und einen ganzen Monat erschien die schamlose Person mit Rosen gekrönt. Sie soll einst Viktorine ersetzen. Du siehst also, nur durch Verbrechen kann man diesen wilden Tieren gefallen. Viktorine kann uns durch ein gutes Zeugnis unendlich viele Unannehmlichkeiten ersparen, aber leider läßt sich dieses nur durch Scheußlichkeiten erkaufen, die oft noch viel schwerer zu ertragen sind. Sie selbst ist heilig und außerhalb jeglicher Strafe. Man ist sicher, daß sie zu sehr den Geschmack der Mönche teilt, um sie zu verraten. Die Unmenschen könnten auch ohne diese Gesetze uns quälen, aber diese Art von Gerechtigkeit befördert [155] ihre Wollust. Unsere Nahrung ist sehr gut und sehr reichlich, wahrscheinlich weil wir dadurch geeigneter für ihre Lüste werden. Alle Mahlzeiten – es sind deren vier – sind überaus reichlich. Auch bekommen wir täglich zwei Flaschen Wein und eine Flasche Likör; diejenigen, welche nicht so viel trinken, geben es ihren Kameraden, und es gibt solche, welche sich täglich berauschen. Viktorine präsidiert bei den Mahlzeiten. Sie selbst speist aber separat, und mitunter speisen einige Mönche mit ihr; zu diesen Mahlzeiten zugezogen zu werden, gilt als Ehre. Bei den Soupers der Mönche müssen immer wenigstens zwölf anwesend sein und sechs zur Bedienung; die letzteren nackt. Für je zwei Mädchen wird ein Knabe zugezogen, weil sie schwerer zu beschaffen sind und daher geschont werden müssen. Trotzdem werden auch diese genau so gemartert und eventuell getötet. Ich brauche dir doch wohl nicht erst zu sagen, daß nie ein Fremde hieherkommt. Wenn wir krank sind, pflegt uns der Arzt, und wenn wir sterben, werden wir zwischen die Hecken in vorbereitete Gruben geworfen. Ist die Krankheit schwer oder ansteckend, so werden wir lebendig eingegraben, weil diese Ungeheuer sagen, es sei besser wenn eine stirbt als zwanzig. Seit den dreizehn Jahren, da ich hier bin, sind über fünfundzwanzig auf diese Weise umgekommen. Im übrigen hängt dies von der Zuneigung ab, die der Tagesregent für die Kranke hat. Steht sie in seiner Mißgunst, so gibt er dem Arzt ein Zeichen und dieser stellt ein Zeugnis über ansteckende Krankheit aus. Eine halbe Stunde nachher hat die Unglückliche zwei Fuß Erde über der Nase. Wir stehen im Sommer um sieben Uhr, im Winter um neun Uhr auf, doch kommen wir infolge der Belustigungen der Mönche sehr spät ins Bett. Sobald wir aufgestanden sind, kommt der Tagesregent einen Besuch machen. Er setzt sich in einen Lehnstuhl und eine nach der anderen muß zu ihm hinkommen, auf seiner Lieblingsseite geschürtzt. Er filzt, küßt, untersucht, und sobald er damit fertig ist, kommt die Direktorin und macht ihren Rapport. Die Strafen werden entweder sofort vom Tagesregenten ausgeführt oder für den Abend aufgehoben. Wird eine zum Tode verurteilt, so wird sie sofort geknebelt und in den Kerker geworfen. Die Todesstrafe selbst wird erst beim Souper ausgeführt. Bevor die Unglückliche aber in den Kerker hinuntergeführt wird, wird sie, nachdem ihr der Regent deutlich und klar den bevorstehenden Tod vor Augen geführt, zuerst noch zur Direktorin geführt, damit diese und der Regent sich eine Stunde mit ihr belustigen können. Nichts soll den Elenden über das Vergnügen gehen, welches sie bei der zum Tod Verurteilten empfinden. Man kann sich daher vorstellen, wie wenig sie mit einem Todesurteil sparen. Die Todeskandidatin wird von ihnen hiebei in der furchtbarsten Weise zur Befriedigung der ausschweifendsten Genüsse mißbraucht und uns das Schicksal dieser Armen recht eingeprägt. Einige Tage vor deiner Ankunft war ich Zeuge [156] einer solchen Szene. Ein schönes Mädchen von siebzehn Jahren wurde von Viktorine des Fluchtversuches beschuldigt. Sie führte Jerome, der Regent war, in die Zelle und zeigte ihm das durchfeilte Fenstergitter. Vergebens beteuerte die Arme ihre Unschuld; sie war sowohl Jerome, als der Direktorin verhaßt, und dieselben hatten selbst das Gitter durchsägt. Ich wurde zugleich mit einem jungen Mann der Todesbelustigung zugezogen. Man kann sich nicht vorstellen, welche Greuel Jerome die Unglückliche erdulden ließ. Als er sie sodomisierte, sagte er zu ihr: »Ich weiß wohl, daß du unschuldig bist, aber ich will bei deiner Hinrichtung entladen.« Er fragte sie dann, was für einen Tod sie haben wollte. Sie antwortete: »Den schnellsten.« – »Dann stirbst du den langsamsten, und ich selbst werde ihn dir geben.« Hierauf puserierte ihn der junge Mann, ich mußte ihm das Arschloch lecken, und indem er das arme Opfer küßte, schlürfte er ihre Seufzer der Verzweiflung und der Todesangst mit Wollust. Hierauf entlud er in den Mund der Unglücklichen, indem er sie mit aller Kraft ohrfeigte. Nach den Strafen erhält Viktorine die Liste der zum Souper Befohlenen und trifft ihre Anordnungen diesbezüglich, ja nach dem verlangten Zustand derselben. Trotz der kleinen Belustigungen pflegt der Regent selten den Saal zu verlassen, ohne zuerst noch irgend eine größere Szene, die Viktorine mit der größten Schamlosigkeit arrangiert, zu genießen. Hierauf geht er ins Knabenserail, wo dasselbe geschieht. Wenn ein Mönch vor dem Frühstück ein Mädchen wünscht, so überbringt der Kerkermeister den Befehl. Wenn sie zurückkommt, überbringt derselbe ein Zeugnis über ihre Aufführung, so daß die Direktorin sofort die eventuelle Strafe eintragen kann. Bis zum Souper haben sie dann Ruhe. Nur selten kommt es vor, daß ein Spezialbefehl von den Mönchen, die tagsüber im Kloster sind, kommt. Um sieben Uhr abends, im Winter um sechs Uhr, kommt der Kerkermeister die zum Souper befohlenen Mädchen holen, während die für die Nacht bestimmten in die Zimmer ihres Herren gehen und dort, nur begleitet von den Ehrenfräuleins, auf diese warten. – »Was sind das, Ehrenfräuleins?« fragte Justine. – »Am Anfang jedes Monats wählt sich jeder Mönch zwei Mädchen aus, die ihm während des ganzen Monats als Dienerinnen und Lustobjekt zur Verfügung stehen. Er darf sie weder wechseln, noch zwei Monate hintereinander dieselbe behalten. Nichts ist so ekelhaft und so grausam wie dieser Dienst. Ich weiß nicht, ob du ihn aushalten wirst. An jedem Tag um fünf Uhr gehen die Ehrenmädchen nackt zu ihrem Herrn und verlassen ihn nicht, bis er ins Kloster zurückkehrt. Es gibt keinen Dienst und keine Marter, die er ihnen nicht auferlegt. Er kennt kein anderes Nachtgeschirr als ihren Mund oder ihre Brust. Tag und Nacht sind sie seinen Prügeln, Martern und quälenden Belustigungen ausgesetzt. Die kleinste Widersetzlichkeit wird bei einem Ehrenfräulein noch strenger gestraft als sonst. Sie müssen die vom den Orgien erschöpften Mönche durch ihren Mund [157] wieder in Ordnung bringen und überallhin begleiten, und sitzen während des Soupers entweder wie ein Hund zu seinen Füßen oder zwischen seinen Knien, um ihn mit dem Munde zu geilen. Es kommt auch vor, daß er sich auf ihr Gesicht setzt oder sie mit einer Kerze im Arschloch als Leuchter benützt. Kürzlich haben sie alle zwölf in bizarre, überaus schwierige Positionen gestellt, wobei die Armen beim Stürzen entweder in Dornen oder in kochendes Wasser fielen. Bei diesem Anblick ergötzten sich die Mönche an Speise und Trank, sowie an allen möglichen Ausschweifungen.« – »O, Himmel,« sagte Justine, »kann man noch weiter die Schlechtigkeit und Gottlosigkeit treiben?« – »Es gibt keine Greueltaten,« antwortete Omphale, »die der Mann, der Religion und Gesetz verachtet, nicht kennt, und doch weißt du nicht alles. Die Schwangerschaft, auf der ganzen Welt geachtet, ist bei ihnen der Grund zu schrecklichen Martern. Mit Schlägen entbinden sie sie, und wenn sie die Frucht schonen, so geschieht dies nur zu Zwecken der Wollust. Hüte dich daher vor diesem Zustand.« – »Aber kann man das?« – »Es gibt so gewisse Schwämmchen, doch muß man sich hüten, daß Antonius es bemerkt; noch sicherer ist es, es sich nicht kommen zu lassen, was doch bei diesen Ungeheuern leicht möglich ist. Kein Mönch, mit Ausnahme des Regenten und des Abtes, darf das Serail betreten. Doch nachdem die Regenten jede Woche wechseln, hat jeder Gelegenheit, diese Rechte zur Genüge auszunützen. Außerdem steht es jedem Mönche frei, sich soviel Mädchen und Knaben, als er will, aufs Zimmer kommen zu lassen. Dafür gibt es keine Entschuldigung, selbst nicht Krankheit. Oft verlangen sie ein Subjekt, von dem sie wohl wissen, daß es sie nicht befriedigen kann, aber sie wollen nur ihrer Grausamkeit dienen. Im übrigen haben alle Mönche gleiche Rechte und der Abt nur den Vorzug des Eintrittes in das Serail, um die Anordnungen betreffs Kleidung und Polizei treffen zu können. Die sechs Mönche genießen die höchsten Ehrenstellen in ihrem Orden. Außer den großen Mitteln, die der Orden für diese Erholungsstätte, wohin alle Mitglieder zu kommen hoffen, zur Verfügung stellt, verfügt noch jeder zu diesem Zwecke über einen Teil seines großen Vermögens. Fünfmalhunderttausend Francs dienen für Unzuchtzwecke, vier Frauen und Männer durchreisen ganz Frankreich, um die zwei Serails zu ergänzen. Die Objekte dürfen nicht älter als sechzehn und nicht jünger als zehn Jahre sein. Sie müssen fehlerlos und mit allen Reizen geschmückt, vor allem aber von vornehmer Abkunft sein. Darauf halten die Wüstlinge sehr viel. Auf Jungfernschaft halten sie nichts, auch verheiratete Frauen und verführte Mädchen lassen sie rauben, aber der Raub muß konstatiert sein, denn das befördert ihre Erregung. Nur durch Tränen wollen sie ihr Vergnügen erkaufen. Wenn sie dich nicht für so tugendhaft erkannt hätten, wenn du dich nicht so gewehrt hättest, hätten sie dich nicht vierundzwanzig Stunden behalten. Wir sind alle von adeliger Abkunft, ich bin [158] die einzige Tochter des Grafen von Villebrunne und sollte einst ein Vermögen von achtzigtausend Francs Rente erben. Als ich als zwölfjähriges Kind vom Landgut meines Vaters in mein Kloster gebracht wurde, wurde unser Wagen angegriffen, meine Gouvernante ermordet und ich geraubt. Hieher gebracht, wurde ich noch am selben Abend geschändet. So ist es uns allen ergangen; nicht eine Einzige, die sich nicht ihrer vornehmen Verwandtschaft rühmen kann und trotzdem mit der größten Schamlosigkeit behandelt wird. Aber diese Elenden schonen nicht einmal ihre eigenen Familien. Eines unserer schönsten Mädchen ist die Tochter Clements. Das neunjährige Mädchen ist die Nichte Jeromes; auch Severino hat mehrere Kinder hier im Hause gehabt, alle hat er sie ermordet. Ambrosius hat einen Knaben im Serail, den er selbst entjungfert hat. Sobald ein neues Objekt ankommt, wird, wenn die Zahl voll ist, eine vom selben Geschlechte ausgeschaltet. Die Arme steht dann am Rande des Grabes. Sie wird auf vierundzwanzig Stunden nackt in den Kerker gesteckt und das Souper, bei welchem sie abgeschlachtet werden soll, mit der größten Ausschweifung ausgestattet. Sechs der schönsten Frauen und die sechs kräftigsten Männer werden zugleich mit der Direktorin zu dieser blutigen Orgie zugezogen. Eine Stunde vor dem Souper wird das Opfer, mit Zypressen gekrönt, hereingeführt, und man wählt die Martern aus, die den Scheusalen am meisten zusagen; das Opfer wird auf ein Piedestal gesetzt und gleich nach dem Souper beginnen die Martern, die bis zum Tage dauern. Doch wozu soll ich dir das alles sagen, du wirst es nur zu bald selbst sehen.« – »O, Himmel,« rief Justine aus, »so ist auch der Mord, das schändlichste aller Verbrechen, nur eine Quelle neuer Lust für sie? Gewöhnt, nur im Schmerze und in der Verzweiflung anderer sich zu berauschen, glauben diese Ungeheuer, zu unserem ersten Schmerz neue Martern hinzufügen zu müssen, um ihre Wollust zu steigern!« – »Zweifle nicht daran,« sagte Omphale, »sie schlachten uns ab, weil das Verbrechen sie reizt. Du wirst selbst hören, mit welcher Geschicklichkeit sie ihren schändlichen Standpunkt verteidigen.« – »Kommen diese Ausschaltungen oft vor?« – »Alle vierzehn Tage, und hiebei werden sie nur von ihrer Laune geleitet. Sie ermorden morgen die, welche sie heute mit Zärtlichkeit überhäuften, und lassen die zwanzig Jahre leben, deren sie schon ganz satt sind. Ich gebe dir einen Beweis dafür: Dreizehn Jahre bin ich hier, täglich allen Orgien zugezogen, verbraucht durch die schamlosen Exesse müßten sie doch meiner schon satt sein und doch lassen sie mich weiter leben, während ich sie die herrlichsten Kreaturen schon nach acht Tagen habe morden sehen. Das letzte Opfer war sechzehn Jahre alt, erst sechs Monate hier; sie wurde schwanger und das war ihr Todesurteil.« – »Und die, welche durch Zufall sterben, so wie die gestern,« fragte Justine, »werden die zu den Ausschaltungen dazugezählt?« – »Keineswegs, deshalb wird doch alle vierzehn Tage ein anderes [159] Opfer geschlachtet.« – »Kommen solche zufällige Todte oft vor?« fragte Justine. – »Nein,« antwortete Omphale, »sie begnügen sich mit den angeordneten Opfern. Glaube aber nur ja nicht, daß du durch die größte Folgsamkeit dem Schicksal entrinnen kannst. Die Pflichteifrigsten, Gefälligsten verschwanden oft schon nach sechs Monaten, während die Faulen oft jahrelang leben; ich kann dir daher diesbezüglich keinen Rat geben, denn hier herrscht der einzige fantastische Wille dieser Ungeheuer. Wenn eine Frau verurteilt ist, so erfährt sie es erst in der Früh durch den Regenten. Er sagt ihr: Deine Herren haben dich verurteilt, heute abend hole ich dich. Ist er fort, dann küßt sie ihre Genossen und je nach ihrem Charakter sucht sie sich in Ausschweifungen zu betäuben oder in ihrer Zelle ihr Schicksal zu beweinen. Aber keine Klage, kein Verzweiflungsschrei darf ertönen, sonst wird sie auf der Stelle in Stücke gehauen. Die Stunde schlägt und der Mönch führt sie in das finstere Gefängnis, wo sie bis zum nächsten Tage bleibt.«

»Während dieser vierundzwanzig Stunden wird sie wiederholt besucht. In ihrer fürchterlichen Grausamkeit lieben es die Mönche, ihr das Schreckliche ihrer Lage immer wieder vor Augen zu führen; auch können sie sie allen Martern unterwerfen, so daß sie aufs Schändlichste vergewaltigt, halb tot zur Hinrichtung schwankt. Unter keinem Vorwand kann dieselbe aufgeschoben oder verzögert werden, ihr Gesetzt diesbezüglich ist unverletzbar. Schenke mir die Einzelheiten dieser grauenhaften Szene, sie endigt mit der Volltrunkenheit und dem Delirium fast aller. Die Aufnahme findet unter ähnlichen Formalitäten statt, wie du sie selbst erduldet.« – »Und die Mönche?« fragte Justine. »Wechseln die auch?« – »Nein,« antwortete Omphale, »Ambrosius, der jüngste, ist seit zehn Jahren hier, die andern fünfzehn, zwanzig und fünfundzwanzig Jahre. Der Abt ist ein Italiener und naher Verwandter des Papstes. Er hat die wundertätige Jungfrau eingeführt, welche die Achtung des Klosters sichert. Aber das Haus, so wie es jetzt besteht, existiert schon über hundert Jahre, jeder Abt hat die Gesetze und Privilegien, die hier bestehen, geachtet, Severin, der größte Wüstling seiner Zeit, hat sich hierher nur versetzen lassen, um ein Leben entsprechend seinen Neigungen führen zu können. Wir gehören zur Diözese Auxerre, aber der Bischof, sei es, daß er verständigt ist oder nicht, erscheint niemals. Wenn ein Fremder im Kloster erscheint, so empfängt ihn der Abt mit allen Anzeichen der Frömmigkeit und Würdigkeit. Dadurch bleibt der Ruf der Ehrbarkeit aufrecht und die Dummheit des Volkes und der blöde Aberglaube sichert den Ungeheuern Straflosigkeit.«

»Kommt es auch vor, daß ein Mönch ein Subjekt in seinem Zimmer ermordet?«

»Nein, das dürfen sie nur in der Gemeinschaft, nur über ihre Ehrenfräuleins haben sie Gewalt über Leben und Tod. Auch [160] während der geheimen Orgien bei der Direktorin pflegen Morde vorzukommen, sie zeichnen dann einfach fünfundzwanzig Louis für einen Ersatz. So leben wir Tag für Tag unter dem Schwerte, keine ist sicher, wenn sie in der Früh aufsteht, am Abend ihr Bett wieder zu finden. Trotzdem gewöhnt man sich langsam daran und du wirst sehen, welche Ruhe unter uns herrscht.« – »Niemals werde ich aufhören zu weinen und zu zittern,« sagte Justine, »aber setze meine Erziehung fort und sage mir, ob die Mönche jemals ein Subjekt aus dem Kloster entlassen?« – »Niemals,« antwortete Omphale, »im Momente, als dieses Haus uns verschlungen, ist unsere Freiheit für immer dahin und später oder früher erreicht uns dasselbe Schicksal.« – »Du hast wohl viele kommen und gehen gesehen?« fragte Justine. – »Es gibt nur noch zwölf, die von den ersten übrig sind, alle andern haben gewechselt.« – »Hast du viele Freundinnen verloren?« – »Sehr teure.« – »O, welcher Kummer, woher soll ich die Kraft nehmen, dich zu lieben, wenn ich dich so früh für ewig verlassen soll.« Und die zwei zärtlichen Freundinnen umarmten sich voll Kummer und Verzweiflung. Kaum war diese Szene zu Ende, als der Tagesregent mit der Direktorin erschien. Es war Antonius. Alle Weiber stellten sich auf; er zählte sie ab und setzte sich. Hierauf heben alle ihre Röcke auf, die einen bis zum Nabel, die andern bis über den Arsch. Als er Justine sah, fragte er sie roh, wie es ihr gehe; da sie nur mit Tränen antwortete, sagte er ihr: »Es wird schon gehen, es gibt kein Haus in Frankreich, wo man Mädchen rascher erzieht.« Er nahm die Liste der Schuldigen, welche die Direktorin ihm bot, und wandte sich an Justine und befahl ihr, die schon bei dem bloßen Wort wie vor einem Todesurteil zitterte, sich auf den Rand des Kanapees zu setzen. Er ließ ihr von Viktorine die Brust entblößen. Ein anderes Mädchen muß ihr die Kleider bis zum Nabel hinaufheben. Auf Justine setzte sich ein zweites Mädchen, so daß er eine zweite Scheide zu Gesicht bekommt, wenn er sich mit der ersten belustigt. Ein drittes Mädchen mußte mit der Hand ihn geilen, während eine vierte das gleiche mit Justine tun mußte. Alles bemüht sich, ihn in die Höhe zu bringen, endlich ist er in dem gewünschten Zustand, ein neues Mädchen packt ihn beim Glied und führt es in die Scheide Justinens ein. »Hol dich der Teufel,« brüllt er, indem er mit aller Gewalt vögelt, »endlich bin ich in diesem Loch, nachdem ich mich sehne. Ich will sie mit meinem Samen besprengen, ich will, daß sie schwanger wird.« Sofort bemühen sich alle, ihn noch mehr aufzuregen. Omphale bearbeitet seinen nackten Arsch mit allen Mitteln, man hat keine Ahnung, wie viel Aersche ihm zu küssen und zu schlecken dargeboten werden. Die Krise nähert sich, ein Schrei, der die Decke erdröhnen macht, kündet sie an. Die Direktorin bemüht sich selbst, indem sie seinen Samenstrang massiert. Er schleckt den schönsten [161] Kitzler des Serails. Endlich erreicht er sein Ziel, läßt sie von einer seiner Ehrendamen noch abschlecken und geht brummend fort. So pflegte man gewöhnlich die Mönche in ihrem Vergnügen zu unterstützen. Das Frühstück wird gebracht, Justine setzt sich erst auf Befehl der Direktorin und aß nur auf Befehl. Kaum war man fertig, als der Abt eintrat. Man empfing ihm mit der gleichen. Zeremonie wie Antonius, nur zeigte man ihm bloß die Aersche. Nach der Prüfung sagte er: Man muß wohl Justine Kleider geben. Er ging zu einem Kasten, gab ihr die ihrer Klasse entsprechende Kleidung und verlangt, sie solle sofort den Kleiderwechsel vornehmen. Die arme Waise folgt, doch hatte sie noch die Geschicklichkeit, ihr Geld in den Haaren zu verbergen. Severino verschlingt sie mit den Augen, während sie sich umkleidet. Kaum ist sie nackt, als sie der Abt packt und sie mit dem Bauch auf das Sofa legt. Vergeblich bittet sie um Gnade. Er sodomiert sie, während von allen Seiten sich Aersche seiner Hand und seinem Mund darbieten. Er vollendet und entlädt mit der glücklichen Ruhe des Verbrechers. Im Novizenkleid erscheint Justine ihrem Henker noch schöner, er befiehlt ihr, ihn auf seinem Rundgang zu begleiten. Am Ende desselben erweckte ein schönes neunzehnjähriges Mädchen aus der Klasse der Sodomisten seine Begierde. Auf seinen Befehl hebt Victorine ihre Röcke in die Höhe und der schönste weißeste Arsch bietet sich dem Auge des Wüstlings dar. Er befiehlt Justine, ihn zu geilen, sie tut es ungeschickt, ihre Genossinnen unterrichten sie, man lehrt sie auch, das Glied in das Loch einführen, welches es durchbohren soll. Sie gehorcht und der Mönch vögelt aus aller Kraft; aber es ist nur der Arsch Justinens, den er küssen will, an, den andern ergötzt er sich nur mit den Augen. Seine Augen entflammen sich, man glaubt, er will sein Ziel erreichen, doch er bricht plötzlich ab. »Genug,« sagt er, indem er sich zurückzieht, »ich habe auch noch heute abends zu tun. Justine,« sagt er, »ich bin zufrieden mit deinem Arsch und werde ihn oft vögeln. Sei folgsam und zuvorkommend, es ist die einzige Möglichkeit, dich lange zu erhalten.« Hierauf entfernt er sich, indem er zwei dreißigjährige Mädchen zur Direktorin zum Frühstück mitnimmt. »Was wird er mit diesen machen,« fragte Justine Omphale? »Er geht sich mit ihnen besaufen. Seit zwanzig Jahren im Haus sind sie ebenso verworfen wie die Mönche, du wirst sie betrunken zurückkommen sehen und bedeckt von seinen Hieben.« – »Und wird er dann noch weiter vögeln?« – »Wahrscheinlich, nach dem Frühstück geht er ins Männerserail und dort wird er sich wie eine Frau von fünf bis sechs Knaben gebrauchen lassen.« – »Was für ein Mensch!« – »Du weißt noch gar nichts, man kennt sie erst, bis man solange mit ihnen lebt, wie ich.«

Der Tag verfloß ohne Ereignis, nachdem aber Justine nicht zum Souper zugezogen wurde, mußte sie entsprechend dem am [162] Morgen erhaltenen Befehl mit Omphale zur Direktorin gehen. »Ah, du bist es,« sagte diese, als sie ins Zimmer eintrat, »ich schwärm für dich meine Liebe, ich werde zwei Burschen kommen lassen, wir werden mit Omphale zu fünf nachtmahlen und werden unser Möglichstes tun.« Auf ein Glockenzeichen kamen zwei reizende Burschen von zwanzig bis zweiundzwanzig Jahren und Viktorine sagte zu ihnen, nachdem sie sie eine Viertelstunde geküßt, gegeilt und geschleckt hatte: »Augustin und Narziß bildet mit diesen zwei schönen Mädchen schamlose Gruppen, um mich aus der Lethargie zu reißen, in welcher ich seit mehreren Tagen bin.« Die zwei heißblütigen Vögler lassen sich das nicht zweimal sagen. Der jüngere packt Justine, der andere Omphale und durch ihre Kunst bilden sie in einer halben Stunde eine solche Reihe schamloser Posen, daß die Megäre erhitzt sich unter die Kämpfer mischt. Alles bemüht sich jetzt, ihre Lust zu erregen. Die Hure, ganz nackt, von vorn und von hinten gevögelt, zerkaut abwechselnd das Arschloch Omphales und die Fut Justinens. Doch jetzt will sie auch noch den Mann spielen, sie bindet sich ein Godmiché um und fängt Justine zu vögeln an. Der ältere Bursche muß Justine in den Arsch ficken, sie selbst steckt sich den Schwanz des zweiten in den Arsch und geilt Omphale mit der Zunge. Sie ist entzückt von Justine. »Oh, welch ein Vergnügen, sie zu vögeln, warum bin ich kein Mann? Küsse mich, mein Engel, küsse mich, du Hure, denn es kommt mir.« Die gleichgültige Justine bietet sich geduldig dar, von Kummer und Gewissensbissen gequält. Aber Viktorine hält nicht Wort, die Natur versagt sich ihr und durch neue Schweinerei versucht sie, ihr Ziel zu erlangen. Sie leckt Justine den Arsch und läßt sich von Omphale den Kitzler geilen, damit es derselben kommen soll, und so ihr eigener Erguß beschleunigt würde. Justine entlädt wider ihren Willen, Viktorine schleckt sie toll wie eine Bacchantin, indem sie den einen Knaben puseriert, während sie der andere abwechselnd in Arsch und Fut vögelt. Endlich entlädt die Hure unter Schreien, Flüchen und Zuckungen.

Man geht zu Tisch, Viktorine will nur Bissen essen, die die Elfenbeinzähne Justinens vorgekaut. Omphale muß sie geilen währenddem. »Ich liebe beide Vergnügen zu mischen,« sagte sie, sie überschwemmt Justine mit Champagner in der Hoffnung, daß ihr die Trunkenheit des Mädchens bieten würde, was ihr die Nüchternheit verweigert. Als sie bemerkt, daß alles umsonst, schickt sie sie schlafen, indem sie ihr zornig sagt, auf diese Weise würde sie ihre Gefangenschaft nicht erleichtern. »Dann werden ich eben leiden,« sagte Justine, indem sie sich zurückzieht; »ich bin zu leiden geboren und solange es dem Himmel gefällt, werde ich sie erdulden, niemals ihn aber freiwillig beleidigen, das soll mein Trost sein.« Omphale und die beiden Jünglinge bleiben die Nacht dort. Am nächsten Morgen [163] erfuhr sie von Omphale, was für Greuel diese hatte erdulden müssen. Am nächsten Tage sollte eine Ausschaltung vorgenommen werden. Als Antonius erscheint, erbebt Justine bei dem Gedanken, ihre Aufführung bei der Direktorin könne die Wahl auf sie fallen lassen. Doch die Gleichgültigkeit Antonius beruhigte sie bald. Als die Zeremonien beendigt, nennt Antonius den Namen »Iris«.. Es war eine wunderschöne Frau von vierzig Jahren, seit zweiunddreißig Jahren im Haus. »Komm her,« sagte Antonius zu ihr, »ich will deine Scheide untersuchen.« Alles bemüht sich um den scheußlichen Satyr, und er beginnt sie zu vögeln. »Das ist mein Abschied von dir, du Hure ...« Alle erzitterten und das unglückliche Opfer war einer Ohnmacht nahe. »Hörst du mich nicht,« schreit er und gab ihr zwei Ohrfeigen, indem er sie weiter vögelte, »die Gesellschaft schaltet dich aus und übermorgen lebst du nicht mehr. Wenn ich dich noch vögle, verfluchte Hure, so geschieht dies nur, damit du meinen Samen in die Hölle trägst und die Furien sich ihre Scheide damit einschmieren können. So entlade doch, Bestie, ich glaube, ich helfe dir doch genug ...« Aber Iris, ohnmächtig, hört nichts mehr. Vergebens beißt er ihr in die Brust, um sie ins Leben zurückzurufen, ohnmächtig laßt sie der Barbar in den Kerker werfen.

Justine verbrachte einen traurigen Tag, das schreckliche Bild ging ihr nicht aus dem Kopf und sie zitterte davor, der Blutorgie beigezogen zu werden. Glücklicherweise hält man sie noch für zu jung und sie mußte einfach die Nacht bei Clement zubringen. »Oh, Himmel,« rief sie aus, »so muß ich denn die Begierden dieses Ungeheuers stillen, wenn er blutbedeckt von dem Morde meiner unglücklichen Gefährtin sich mir nähern wird, das Laster im Herzen und Gotteslästerung auf der Zunge.« Aber der Kerkermeister kommt sie holen und führt sie in die Zelle Clements, wo sie auf den Elenden wartend sich ihren traurigen Gedanken hingibt.

Gegen drei Uhr morgens kam Clement von seinen zwei Ehrenfräuleins geleitet, die ihn, da sie an der Blutorgie nicht teilnehmen durften, abgeholt hatten. Die eine hieß Amanda, war ein reizendes Geschöpf, blond, sechsundzwanzig Jahre alt, die Nichte Clements, die andere hieß Luzinde, war achtundzwanzig Jahre alt und hatte weiße volle Formen. Unterrichtet über ihre Pflichten, empfängt ihn Justine kniend, er betrachtet sie eine Zeit lang in dieser erniedrigenden Stellung, befiehlt ihr dann aufzustehen und ihn auf den Mund zu küssen. Clement schlürft diesen Kuß mit aller Wollust, während die beiden Mädchen Justine entkleiden. Als sie von den Hüften bis zu den Sohlen entkleidet ist, bieten sie Clement seine Lieblingsgegend an. Der Mönch prüft, filzt und küßt in einem Lehnstuhl sitzend. Seine Nichte sitzt ihm zu Füßen und schleckt sein Glied, diesen kraft- und saftlosen Hautlappen, den nur die [164] größte Kunst wieder ins Leben zurückrufen kann. Luzinde gleitet mit der Hand unter seinen Arschbacken durch und sokratisiert ihn. Der Wüstling bearbeitet mit seiner Zunge das Heiligtum, das sich ihm darbietet und seine krummen Finger kneifen den Arsch Amandas und Luzindes. Aber am meisten beschäftigt er sich mit Justine. Sie muß ihm in den Mund fortzen, und das übt Wunder. Er beißt gleichzeitg an sechs Stellen den Arsch Justinens; sie stößt einen Schrei aus und wirft sich nach vorne. Voll Wut brüllt sie Clement an: »Weißt du, was du für diesen Ungehorsam verdienst?« Die Unglückliche entschuldigt sich, aber wie ein wildes Tier packt er sie, reißt ihr Korset und Hemd herunter und quetscht ihr den Busen zusammen, furchtbar fluchend. Armanda sucht ihren Onkel zu beschäftigen. Die Stimme des Blutes kommt zur Geltung, er haut wütend auf ihren Arsch los und zerbeißt ihr Zunge und Lippen. Tränen und Schreie entschlüpfen dem armen Mädchen, sie muß auf den Stuhl steigen und ihm in den Mund fortzen. Da kommt Luzinde an die Reihe, Justine muß ihn geilen und seine Zähne graben sich an mehreren Stellen in den schönen Arsch Luzindens. Er wendet sich zornig zu Justine um: »Wie schlecht du geilst, Dirne, warte nur, ich werde dich martern. Ueberall werde ich dich peitschen, auch dieser Alabasterbusen, dessen Rosenknospen ich schon im voraus mit Vergnügen zerquetsche.« Unsere Unglückliche wagt kein Wort zu erwidern und ihre Augen füllen sich wider Willen mit Tränen. Sie muß sich auf einen Sessel legen und mit den Händen die Füße desselben umklammern und dann läßt er sich Ruten holen. Er sucht die dünsten und schmiegsamsten aus und erprobt sie durch zwanzig Hiebe auf Schultern und Rücken. Dann läßt er Amanda und Luzinde dieselbe Position einnehmen und erklärt ihnen, daß, wer zuerst weinen, schreien oder den Sessel loslassen würde, die furchtbarsten Martern erdulden werde. Darauf gibt er den beiden ebenso viele Hiebe wie Justinen, kehrt dann wider zu ihr zurück und küßt alle Stellen, die er gequält. Dann versetzt er ihr weitere hundert Hiebe bis zu den Hüften und ebensoviel auch den andern. Die Unglücklichen wagen sich nicht zu rühren, nur einige dumpfe Seufzer ertönen. So sehr er sich aber auch durch diese Qualen zu entflammen suchte, so viel er auch onanierte, er konnte es zu keinem Ständer bringen. »Teufel,« schreit er, »ich habe mich zu stark ausgegeben bei diesem Weibsbild, das wir heute zu Tode gemartert haben.« Er betrachtet mit Wohlgefallen die lilienweißen, noch unberührten Arschbacken und küßt sie wiederholt. »Mut,« sagt er und ein Regen von Prügeln saust auf sie hernieder. Ergötzt durch die Zuckungen, die Gesichtsverzerrung und den Schmerz der Unglücklichen, drückt er ihr sein Vergnügen in Küssen aus. »Diese Dirne gefällt mir; noch niemals haben mir Prügel mehr Vergnügen gemacht.« Darauf prügelt er noch Armanda und [165] Luzinde in gleicher Weise. Hierauf dreht er Justine um und gibt ihr fünfzig Hiebe vom Bauch bis zu den Schenkeln, und indem er ihr dieselben auseinanderspreizt, schreit er: »Verfluchter Gott, da seh ich einen reizenden Vogel, den ich rupfen werde!« Einige Hiebe dringen sehr tief in die Scheide ein. Justine schreit laut auf. »Ah,« sagt er, »hab ich endlich die empfindliche Stelle getroffen? Wir werden das später etwas genauer untersuchen.« Luzinde und Amanda werden in gleicher Weise mißhandelt, doch sei es, daß es die Gewohnheit machte, sei es die Angst vor noch härterer Behandlung, sie lassen nur durch einige Seufzer und Zuckungen ihre Schmerzen erraten. Er verläßt sie in ihrem Blute. Mittlerweile hat sich der Zustand des Mönches geändert, das verfluchte Instrument begann zu schwelgen. »Auf die Knie nieder,« sagt er zu Justine, »ich werde deinen Busen peitschen.« – »Auch den Busen, mein Vater?« – »Ja, auch diese zwei ekelhaften Halbkugeln, die ich hasse und verabscheue.« – »O, mein Vater, Ihr werdet mich töten.« – »Was liegt mir daran, wenn ich nur meine Befriedigung finde.« Er beginnt mit ein paar Hieben, die Justine mit der Hand auffängt. Wütend bindet er ihr die Hände auf den Rücken und verbietet ihr drohend, auch nur ein Wort zu sprechen. Nichts bleibt ihr übrig, als ihr stummer, flehender Blick, doch dies kann das Scheusal nicht rühren. Ein Dutzend kräftige Hiebe erzeugen furchtbar blutige Spuren; Justine weint und ihre Tränen vermengen sich mit dem Blute ihres zerfetzten Busens. Das Scheusal saugt Blut und Tränen auf und küßt Busen und Mund mit Wollust. Dann kommt Amanda an die Reihe. Er beißt zuerst den Busen und mißhandelt ihn dann Solange, bis sich dem Henker nur blutige Striemen darbieten. Luzinde zerfetzt er die Brustwarze und sie fällt in Ohnmacht. »Teufel,« sagt der Mönch, »das habe ich wollen.« Doch er zieht es vor, sie wieder ins Leben zu erwecken, als sie in dieser Krise zu beobachten. »Jetzt will ich euch alle drei peitschen,« sagt er, »aber auf verschiedene Körperteile.« Justine bleibt knien, Amande muß sich auf sie setzen, so daß ihre Fut auf den Mund Justinens kommt und Luzinde sitzt auf dem Rücken Amandens, so daß sie ihm ihre Scheide ganz ausgespreizt darbietet. Auf diese Weise kann er zu gleicher Zeit die Scham, den Arsch und den Busen der drei schönsten Mädchen peitschen. Er begnügt sich auch nicht mit dem Anblick, sondern haut wütend drauf los, bis Aersche, Scheide und Busen in Blut schwimmen. Endlich steht er ihm, aber er wird noch wütender. Er nimmt aus einem Kasten eine Peitsche mit so schargeschliffenen Eisenspitzen, daß man sich bei der bloßen Berührung zerschneidet. »Sieh, Justine,« sagte er und zeigte sie ihr »damit ist köstlich zu hauen, aber für den Augenblick will ich mich mit dieser da begnügen.« Es war eine zwölfschwänzige Katze mit Knoten von Haselnußgröße ... »Vorwärts, [166] meine Nichte,« rief er, » ... die Kavalkade!« Die zwei Ehrenfräuleins, die wußten, um was es sich handelt, stellen sich mit allen vier Extremitäten ins Zimmer, den Bauch möglichst hoch. Justine muß es ihnen nachmachen. Der Mönch setzt sich auf Amanda. Da die unglücklichen Mädchen in dieser Stellung den Körperteil, welcher sie vom Manne unterscheidet, möglichst offen herzeigten, haut der Elende mit aller Wucht auf diese empfindlichen Stellen, und die Riemen der Peitsche dringen in das Innere der Scheiden, hinterlassen tiefe Spuren seiner Wut. Er wechselt wiederholt das Mädchen, auf welchem er sitzt, so daß er alle drei in gleicher Weise mißhandelt. Die Unglücklichen können die furchtbaren Schmerzen kaum aushalten. »Erhebet euch,« sagte er, »und fliehet.« Er nimmt wider seine Ruten, seine Augen leuchten, er schäumt vor Wut. Sie flüchten sich vor ihm, er eilt ihnen nach und auf alle drei wie wütend losschlagend, treibt er sie blutend gegen das Bett zu. Hier kennt sein Wahnsinn keine Grenzen mehr, er schlägt auf ihre Gesichter los und trifft ein Auge Amandens. Sie stößt einen wütenden Schrei aus, das Blut strömt aus dem Auge. Dies beendigt endlich seine Krise. Während er die Hüften und den Busen der andern grausam weiter zerfleischt, bespritzt sein Samen den Kopf und die Haare seiner unglücklichen Nichte, welche von furchtbaren Schmerzen laut schreiend sich auf der Erde wälzt. »Legen wir uns schlafen,« sagt er ganz kühl. »Es scheint für euch zu viel zu sein, für mich ist es aber nicht genug. Soweit uns auch die Grausamkeit führen kann, welche Wonne uns auch der Schmerz anderer bereiten kann, es bleibt nur immer ein unvollkommenes Bild dessen, was man wirklich möchte. So sucht man sich selbst zu übertreffen und wird nie müde.«

Nachdem Justine sah, daß seine Sinne bereits beruhigt waren, wagte sie diesen Worten zu widersprechen. Die Antwort, die er darauf gab, ist wert, sie dem Leser mitzuteilen: Das lächerlichste auf der Welt wäre, den Geschmack eines Mannes zu schelten, oder ihn zu strafen, wenn er mit Sitte oder Gesetz im Widerspruch steht. Die Menschen werden nie verstehen, daß auch der bizarrste Geschmack ein Geschenk der Natur ist. Darum werden sie auch immer glauben, daß man ihn strafen dürfe. Und doch können weder Gesetz noch selbst der eigene Wille unseren Geschmack ändern. Denn so wie der körperliche Mensch nicht vollkommen ist, ist auch unser Geschmack verschieden. Dein entwickelter Verstand wird mir wohl folgen können. Zwei Absonderlichkeiten sind dir gewiß in unserem Kreise schon aufgefallen. Die erste, daß wir nur durch Schmerzen anderer zur wirklichen Wollust gelangen können, die zweite, daß wir eine Vorliebe für all das besitzen, was man gewöhnlich schmutzig und widerlich nennt. Befassen wir uns genauer damit, vielleicht gelingt es mir, dich zu überzeugen. [167] Vor allem muß man die Ansicht festhalten, daß die Gegenstände nur den Wert haben, den ihnen unsere Einbildung verleiht. Daher können uns die absonderlichsten, ja auch die schmutzigsten Sachen ergötzen. Die Einbildung ist eine Geistesgabe, wodurch der Mensch über die durch seine Sinneswerkzeuge wahrnehmbaren Dinge seine Gedanken bildet. Diese Einbildung verarbeitet aber die empfangenen Eindrücke nur nach der von der Natur erhaltenen Veranlagung. Du hast wohl doch auch schon Spiegel gesehen, die die Gegenstände vergrößern, verschönern und verzerren. Jeder dieser Spiegel gibt ein anderes Bild und wenn dieser Spiegel fühlen könnte, würde jeder dieser Spiegel für ein und denselben Menschen, der sich darin abspiegelt, verschiedene Empfindungen haben. Der Spiegel, der ihn verschönert sieht, würde ihn lieben, der ihn verzerrt sieht, ihn hassen; und doch war es nur ein und derselbe Mensch. So ist es auch mit der Phantasie des Menschen. Der eine Mensch liebt, weil seine Phantasie das verschönert sieht, was der andere Mensch haßt, dessen Phantasie denselben Gegenstand verzerrt erblickt. Der Mensch gleicht darin eben dem Spiegel. Daher muß man sich nicht über die verschiedenen Geschmacksrichtungen wundern und auch nicht über die verschiedenen Passionen, welche die Verirrung des Geschmackes zeitigt. Sowohl was die Genüsse des Tisches, als auch was die des Bettes anbelangt, kann ein Mann himmlisch finden, was der andere verabscheut. Dreiviertel der Menschheit finden den Geruch einer Rose angenehm, ohne daß dadurch bewiesen ist, daß er wirklich angenehm ist. Daher muß man sich nicht wundern, wenn man Menschen antrifft, deren Phantasie alle Gesetze, alle Sitten, jegliche Religion verhöhnt, die kein anderes Vergnügen kennen, als das Verbrechen, weil es das einzige ist, was ihnen Vergnügen bereitet. Man soll diese Leute nicht nur nicht daran hindern, sondern ihnen auch alle Möglichkeit gewähren, ihren Geschmack zu huldigen, weil sie genau so wenig dafür verantwortlich sind, wie für die Dummheit oder den Verstand. Die ersten im Mutterleib empfangenen Eindrücke, die ersten unseren Augen dargebotnen Objekte, die ersten mit angehörten Gespräche bilden und entscheiden unseren Geschmack. Nichts wird ihn mehr ändern, auch nicht die sorgfältigste Erziehung. Der Tugendhafte bleibt tugendhaft, und der in den ersten Empfindungen das Böse eingesogen, wird ein Verbrecher, und der eine verdient ebenso wenig Lob wie der andere Strafe. In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. Gerade die Frauen, die infolge ihres geringen Wertes ängstlich darüber wachen, daß man ihnen nicht irgend etwas wegnimmt, ereifern sich am meisten, wenn man auch noch so wenig von der ihnen beliebten Verehrung abweicht. Und warum sollte gerade [168] in der Zeugungstätigkeit, in der Sinnenlust der Mann weniger Geschmacksschwankungen unterworfen sein, als in den andern Vergnügungen? Kann er dafür, wenn ihn das anwidert, was andern gefällt, und er das aufsucht, was andere abscheulich finden. Er ist dafür gerade so verantwortlich, als wenn er blind oder hinkend wäre. Wenn die Anatomie genügend vorgeschritten wäre, würde sie uns die Absonderlichkeiten genau so als im Zusammenhang mit der natürlichen Veranlagung erklären, wie das den andern natürlich erscheinende. Wo ist dann eure Weisheit, eure Gesetze, eure Strafen, euer Paradies, eure Hölle, euer Gott, Ihr Gesetzgeber, Pedanten, Henkersknechte, Mörder, wenn erwiesen ist, daß diese oder jene natürliche Veränderung im Blutkreislauf oder im Nervensystem aus einem Menschen das macht, was man mit schrecklichen Strafen verfolgt?

Jetzt kommen wir zur Grausamkeit. Was ist das Ziel des Mannes bei seiner Lust? Doch gewiß nur, seinen Nerven jene Erregung zu geben, die die letzte Krise so heiß als möglich gestalten. Ist es daher nicht lächerlich zu behaupten, sie müsse, um voll genossen zu werden, von der Frau geteilt werden. Es ist doch klar, daß die Frau uns ebensoviel nimmt, als sie uns gibt. Wozu soll auch die Frau eine Lust empfinden bei unserer Wollust? Nur dummer Stolz kann dies verlangen. Werden wir nicht viel mehr ein höheres Vergnügen darin finden, die Frau zu zwingen, nur unserer Lust allein zu dienen, ohne Rücksicht auf ihre Freuden? Der Despotismus ist an und für sich eine Quelle der Freude und wenn man sich daher allein als Herr belustigt, genießt man unvergleichlich mehr, als wenn man das Vergnügen teilt. Darum schadet das Zartgefühl viel eher der Wollust, als daß es ihr nützt. Das Zartgefühl dient der Wollust des Weibes auf Kosten des Mannes. Der Mann, welcher auf die Wollust des Weibes Rücksicht nimmt, schmälert seine eigene, zugunsten einer Chimäre, »Liebe« genannt. Das ist der Unterschied zwischen Liebe und Wollust. Darum muß der Mann, um seine Wollust zu vergrößern, sich um die Frau gar nicht kümmern. Der Egoismus, das oberste Naturgesetz, hat doch auch gewiß in den Freuden der Wollust das erste Wort. Wenn daher der Mann bei seiner Wollust auf die des Weibes keine Rücksicht nehmen soll, so ist es nur ein Schritt weiter, wenn ich verlange, daß man denjenigen Mann, welcher seine Wollust nur mit den Schmerzen der Frau erkaufen kann, ruhig gestatten soll, alles zu tun, um zu seinem Ziel zu gelangen. Der häßliche, der alte Mann verlangt ja auch nicht von seinem Opfer etwas anderes als Passivität. Und daher soll uns das Glück oder das Unglück der Opfer unserer Ausschweifungen vollständig gleichgültig sein. Die Frauen werden freilich anderer Meinung sein. Doch sie sind nur geschaffen zu Werkzeugen unserer Lust und haben daher in der Gestaltung [169] derselben nichts drein zu reden. Wird irgend ein Mann sich bemühen, eine öffentliche Hure an seinem Vergnügen zu beteiligen? Gewiß nicht! Millionen Männer denken nicht daran und doch möchten sie uns verurteilen, weil es unzählige menschliche Wesen gibt, die auf der Erde herumrennen, ohne sich über irgend etwas Rechenschaft zu geben. Unsere Wollust erreicht nur den Höhepunkt, entweder indem wir in dem Objekte, das uns dient, in Wirklichkeit oder in der Einbildung den höchsten Grad der Schönheit erblicken, welche uns entzückt, oder indem wir dieses Objekt in die höchste Erregung versetzen. Es gibt aber keine höhere Erregung als die des Schmerzes. Durch diese können uns die Frauen nicht so leicht täuschen, wie durch die der Freude, welche sie uns oft vorlügen. Wie schön, wie jung, wie kräftig muß man sein, um sicher zu sein, der Frau wirklich Vergnügen zu schaffen. Für die Empfindung des Schmerzes bedarf es all dessen nicht. Je älter, je häßlicher der Mann ist, desto leichter wird er das erreichen. Wenn wir daher von der Ansicht ausgehen, daß unsere Erregung durch die Höhe der Seelenbewegung unseres Opfers bedingt ist, gleichgültig, ob dies Freude oder Schmerz ist, so wird derjenige, welchem es gelingt, die Frau am meisten zu mißhandeln und zu quälen, sich selbst die größte Lust verschaffen. Daher wird der egoistische Wüstling seinem Opfer möglichst viel Qualen erdulden lassen, um bei denselben die höchste Erregung und dadurch für sich die höchste Wollust zu erzeugen.

»Diese Prinzipien sind schauderhaft, sie führen zur höchsten Grausamkeit und zu verdammenswerter Phantasie.« – »Was geht das mich an? Ich bin der Herr, ich habe von der Natur die Gabe empfangen und sie hätte sie mir nicht gegeben, wenn ich sie durch mein Benehmen beleidigen würde. Darum können wir uns unseren Gelüsten mit aller Heftigkeit hingeben, ohne uns um die Folgen kümmern zu müssen.« – »Wie aber,« wandte Justine ein, »wenn Ihr durch die Martern, die eurer Wollust dienen, eure Opfer tötet?« – »Wenn ich durch die Quälereien der Stimme der Natur folge, so erfülle ich auch ihren Wunsch durch die Zerstörung der Objekte, denn ich verschaffe ihr dadurch die Materie zur Erschaffung neuer Wesen. Das ist die ganze Geschichte des Mordes. Selbst wenn der Mensch, indem er sein Glück dem der andern vorzieht, alles, was ihm begegnet, vernichtet, dient er damit nur der Natur, die ihm als oberstes Gesetz den Selbsterhaltungstrieb eingeimpft Die Nächstenliebe ist eine unnatürliche Chimäre des Nazareners, der gequält, unglücklich, die Menschenliebe und Milde anrufen mußte, weil er durch die Propagierung der Nächstenliebe sich selbst zu stützen suchte. Der Philosoph sieht sich im Mittelpunkt der Welt und schätzt nur alles nach dem Vorteil, den er hievon hat. Fühlt er sich Herr der Situation, dann wirft er alle Nächsten [170] liebe, alle Wohltätigkeit auf die Seite und benützt alles, was ihm Genuß verschaffen kann, ohne Zögern und ohne Gewissensbisse.« – »Aber der Mensch, wie du ihn schilderst, ist ein Ungeheuer!« – »Er ist ein Mensch in seiner wirklichen Natur!« – »Das ist ein wildes Tier.« – »Ja, ist der Tiger und der Leopard denn nicht auch von der Natur geschaffen? Der Wolf, der das Schaf zerreißt, er fühlt genau so die Gesetze der Natur, wie der Uebeltäter, der das Objekt seiner Rache oder seiner Wollust vernichtet.« – »Ihr habt gut reden, mein Vater, ich werde niemals die zerstörende Wollust anerkennen.« – »Aus Egoismus, weil du das Opfer zu werden fürchtest Wechsle die Rolle und du wirst meiner Meinung sein«. Der Wolf zerreißt das Schaf, der Starke den Schwachen, das ist Naturgesetz. Oh, Justine, die Natur würde sich sehr wundern, wenn sie mit uns sprechen könnte und man ihr sagen würde, daß das, was ihre Stimme uns befiehlt, ein Verbrechen ist nach Menschengesetz. »Tor,« würde sie mir antworten, »morde, stiehl, raube, töte deinen Vater, deine Mutter, deine Kinder, vögle in Arsch und Fut, du tust nur, was ich dir befohlen, denn alles, was in dir spricht, ist meine Stimme. Halte dich nicht zurück, verletze jede Sitte, jegliches Gesetz, höre nur auf mich.« – »Oh, Himmel,« rief Justine, »du machst mich beben; wenn es keine Verbrechen gegen die Natur gäbe, woher käme dann der Widerwille gegen so manche Tat?« – »Dieser Widerwille entspricht nur dem Mangel an Gewohnheit, so wie manches Gericht uns widersteht, weil wir es nicht gewohnt sind. Auch die Medikamente widerstreben uns, obwohl sie heilbringend sind; gewöhne dich daher an das, was die Menschen törichterweise Verbrechen nennen, und du wirst ungekannte Freuden genießen. Je entgegengesetzter eine Tat dem Gesetz oder der Sitte ist, je mehr Schranken sie durchbricht, desto mehr entspricht sie der Natur. Ein leichtes Verbrechen stellt nur langsam das Gleichgewicht her, je ausgedehnter es ist, desto mehr hält es der Tugend die Wagschale, der Tugend, die der Feind des Weltalls ist. Archimedes suchte eine Maschine zu erfinden, um die Welt aus den Angeln zu heben, der Mechaniker, der etwas erfinden würde, um sie zu zerstören, würde der Natur den größten Dienst erweisen, die nur darauf bedacht ist, eine Welt zu vernichten, die von Haus aus verfehlt ist« – »Oh, mein Vater, mit solchen Grundsätzen ...« – »Ist man ein Verbrecher, nicht wahr? Aber der Verbrecher ist der Mann der Natur.« – »Leider besitze ich nicht genug Verstand,« seufzte die Unglückliche, »um eure Sophismen zu bekämpfen. Aber die Wirkung, die sie auf mein Herz, ein unberührtes Herz, und mindestens ebenso geschaffen von der Natur, wie eure Verkommenheit, ausübt, beweist mir am besten, wie schlecht und gefährlich sie sind.« – »Gefährlich ist möglich, schlecht ist falsch. Nichts, was gefährlich ist, ist schlecht; es gibt sehr nützliche Sachen, die gefährlich sind. [171] Schlangen, Gifte, Schießpulver, alles ist gefährlich, aber von großem Nutzen. Die besten Sachen, mißbraucht, können gefährlich werden, meine Philosophie, je mehr man sie anwendet, desto nützlicher wird sie. Das Verbrechen allein ist tätig und setzt in Bewegung, die Tugend aber ist lässig und kann nie zum Glücke führen.« Mit diesen Worten schlief Clement ein.

»Er wird bald erwachen,« sagte Amande, »und dann wird er noch wütender sein. Nach einer kurzen Ruhe erwacht die Natur von neuem und noch heftiger; noch eine Szene und dann haben wir bis morgen Ruhe.« – »Warum sollen wir nicht auch mittlerweile schlafen?« fragte Justine, – »Du kannst es, du bist nicht Ehrenfräulein, lege dich ganz nahe zu ihm, den Arsch zu seinem Gesicht und schlafe ruhig. Wir aber müssen wachen; wenn er aufkäme und uns schlafen finden würde, würde er uns erwürgen, und alle würden ihm recht geben.« – »Gerechter Himmel,« sagte Justine, »selbst wenn er schläft, müssen andere leiden.« – »Gewiß, denn der Gedanke an diese Leiden läßt ihn so aufgeregt erwachen. Er ist so wie jene perversen Schriftsteller, welche durch ihre Schriften auch nach ihrem Tode ihre Verbrechen noch fortpflanzen wollen. Sie können nichts mehr tun, aber diese Idee läßt sie ruhig ins Grab hinuntersteigen.« Justine schlief in einem Lehnstuhl möglichst weit von dem Ungeheuer. Nach zwei Stunden erwachte er und als er sie nicht bei sich sah, ergriff er sie mit den wütenden Worten: »Warum bist du nicht hier, du Hure, hat man dir nicht gesagt, wo dein Platz ist?« Seine Augen leuchteten, sein Atem keuchte. Er sprudelte eine Reihe Gottlosigkeiten heraus. Er ließ sich Ruten bringen, band die drei Mädchen mit den Bäuchen zusammen und schlägt ein halb Dutzend Rutenbündel entzwei. Er bindet sie erst los, als er ihm steht. Amande muß ihn schlecken, Justine seinen Arsch lecken und Luzinde seine Zunge beißen und seinen Speichel aufsaugen.

Durch diese wollüstigen Empfindungen besiegt, verliert der Schweinkerl zugleich mit seinem Samen alle seine Lust und sein Feuer. Aber die drei unglücklichen Frauen tragen die Spuren seiner Entladungswut. Die eine hat die ganze rechte Brust zerschunden, die andere die Zunge fast in Stücke gebissen und Justine, der er das Gesicht fast mit seinem Arsch zerdrückt hat, blutet heftig aus der Nase. Der Rest der Nacht war ruhig, in der Früh ließ sich der Mönch peitschen. Die drei Frauen erschöpften hierbei ihre ganze Stärke. Er betrachtet dann noch die Spuren seiner Grausamkeit und als er fortging, die Messe zu lesen, gingen sie ins Serail.

Nachdem die Direktorin durchaus Justine in dem Zustand von schmutziger Erregung sehen wollte, zog sie sie gleichzeitig mit der berühmten Honorine, derselben, die vor kurzem den Mord begangen hatte, zu ihrem Frühstück bei. Honorine war ebenso verliebt in unsere Heldin, wie die Direktorin. Beide bemächtigten [172] sich unserer armen Unglücklichen und bewiesen ihr, daß zwei Fräulein in einer solchen Schule die ganz Scham ihres Geschlechtes vergessen und ebenso schamlos und grausam werden können wie ihre Meister. Honorine hatte einen ganz männlichen Geschmack und die arme Justine mußte alle ihre Kaprizen mit derselben Geduld hinnehmen, als wäre sie bei einem Mönch oder bei einem Supée. Die zwei Megären quälten die Arme mit einem solchen Uebermaß an Unzucht, daß sie ermüdeter fortging, als wenn sie mit zehn Wüstlingen zu tun gehabt hätte. Diesmal entließ sie die Direktorin etwas zufriedengestellter und Justine bemerkte, daß es besser sei, sich mit dieser Sultanin auf guten Fuß zu stellen. Zwei Nächte später schlief sie bei Jerome. Sie war nur mit zwei Ehrenmädchen, Olympia und Eleonore. Die erste neun, die zweite dreizehn Jahre alt. Vier Schandknaben von zwölf bis fünfzehn Jahren und drei Vögler von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren vervollständigten die schamlosen Szenen. »Siehst du dieses Kind,« sagte der alte Verbrecher zu Justine, indem er auf Olympia zeigte. »Du hast keine Ahnung, wie vielfach dieses Kind mit mir verwandt ist. Ich habe meiner Cousine ein Kind gemacht, dieses Kind, meine Nichte, habe ich gevögelt und von dieser habe ich dieses Kind. Sie ist daher meine Großnichte, meine Tochter und meine Enkelin, denn sie ist die Tochter meiner Tochter. Komm her, Olympia, und küsse den Arsch deines Papas.« Die Kleine folgte und küßt den scheußlichen, ganz zerfetzten Arsch des alten Bockes; er fartzt ihr auf die Nase und die Szene beginnt. Jerome legt sich auf eine schmale Bank. Auf ihn setzen sich mit dem Arsch zu seinem Gesicht abwechselnd ein kleiner Knabe und ein kleines Mädchen. Ein größerer Bursch prügelt diese Kinder, so daß die Schläge am Gesicht Jeromes vorbeisausen. Justine mußte ihn während dieser Zeit schlecken und mit jeder Hand geilte er einen Schwanz auf den Busen Justinens. Die Prügel wurden solange fortgesetzt, bis das Blut in den Mund des Scheusals floß, er wirft sich wütend auf Justine und prügelt sie mit der Hand so heftig, daß sie acht Tage lang die Spuren davon trug. Darauf packte er seine Enkelin und puseriert sie, während er mit jeder Hand auf einen Arsch losschlägt. Aber die verbrauchten Kräfte des alten Mannes erwachen nicht so geschwind. Die Geschichte dieses Ungeheuers, welche wir bald aus seinem eigenen Munde hören werden, wird uns lehren, daß sein Körper, nur der Einbildung folgend, erst bei den äußersten Erhitzungen des Geistes lebendig wurde. »Eleonore,« sagte er zu dem kleinen, dreizehnjährigen Mädchen, »wir haben die Beweise dafür, daß du und noch zwei andere Mädchen verabredet habt, das Serail anzuzünden, ich will euch nicht erst beweisen, daß dies unmöglich ist, da das ganze Haus aus stählernen Gewölben ist, ich begnüge mich, euch mitzuteilen, daß, nachdem die Beweise für [173] euer Komplott untrüglich sind, die Gesellschaft mir die Auswahl und die Ausführung der Strafe übertragen hat. Ich habe mich für die härteste Todesstrafe entschlossen und werde sie noch heute Nacht ausführen.« Und während er so in die Seele des Kindes furchtbare Schrecken senkt, filzt und schleckt er sie. Justine geilt ihn und endlich steht er ihm steinhart. »O, mein Vater,« sagt Eleonore und wirft sich ihm zu Füßen, »die Beschuldigung ist ungerecht.« – »Es handelt sich nicht darum, sondern daß du deine Komplizen nennst. Wenn nicht, so werde ich dir durch Martern die Namen entreißen.« Eleonore leugnet weiter und Jerome schleppt sie ins Nachbarzimmer, wo alles mit der größten Sorgfalt für die furchtbarsten Martern vorbereitet ist. Der Mönch kommt in Wut, er flucht und lästert Gott, seine Augen sprühen Feuer wie Schmelzöfen, sein Mund schäumt. Er bindet Eleonore auf ein Kreuz, auf welchem Arme und Beine bis zum Zerreißen auseinandergespreizt werden. Sie bleibt stumm. Man wechselt die Folter und schmiert sie am ganzen Körper mit Fett ein und stellt sie so vor ein furchtbares Feuer. Während sie dort prasselt, hat Jerome Justine noch immer von hinten in der Arbeit. Dasselbe Stillschweigen; das arme Opfer wird halbgebraten weggezogen. »Wir müssen andere Mittel anwenden,« sagt Jerome zu den drei Vöglern, welche ihm bei diesem blutigen Werke mit allen Zeichen von Vergnügen halfen. Das arme Opfer wird an Stricken zwischen zwei Eisenplatten gehängt, die innen mit Eisenspitzen versehen sind. Zuerst wendet man dieses Instrument nur schonend an, aber als Jerome sieht, daß er der Angeklagten nichts entreißen kann, dreht er die Platten so heftig zusammen, daß das arme Geschöpf, an tausend Stellen durchbohrt, entsetzliche Schreie ausstößt. »Nachdem sie nichts gestehen will, werde ich sie sofort verurteilen,« sagt der Barbar. Er verläßt Justine und vertieft sich in den Arsch seiner Enkelin, während er den Arsch unserer Heldin fast auffrißt. Das Opfer wird vor ihn gebracht, vor seinen Augen sodomiert, und zwar so nahe bei ihm, daß er ihm die Brust zerkneifen und zerbeißen kann. Zwei junge Leute bedrohen mit Dolchen das Herz Eleonorens. »Ihr werdet zustoßen, wenn ich euch das Zeichen gebe. Es soll möglichst lange dauern, denn so liebe ich die Frauen zu martern, ich wollt', ich könnt es mit allen Frauen so tun.« Diese schrecklichen Ideen beschleunigen seine Krise, er entlädt und vergißt das Zeichen zu geben. Sein unglückliches Opfer ist gerettet durch die Künste seiner Genossen. Jerome schläft am Rücken Justinens, um seine Kräfte wieder herzustellen, deren fortwährende Erschöpfung bald jeden Mitteln Trotz bieten werden. Als er nach einigen Stunden erwachte, bedrohte er Justine, indem er ihr die Schuld an seiner Vergeßlichkeit gab, mit demselben Tode, den er Eleonoren bestimmt.

Kurze Zeit nachher schlief Justine bei Ambrosius. Sein [174] Hauptvergnügen bestand darin, sie vor seinen Augen puserieren und peitschen zu lassen. Sie mußte ihm dann den Samen in den Mund zurückgeben, während er ihr den Arsch so lange mit einer goldenen Nadel durchbohrte, bis er ganz blutbedeckt war. »Welche traurige Schule,« sagte Justine als sie heimkam, »ich wollte, ich wäre erlöst, welches auch immer mein Los sei.« – »Dieser Wunsch kann dir leicht in Erfüllung gehen,« sagte Omphale, »das große Fest naht und da sparen sie nicht an Opfern, weil sie Ersatz finden. Entweder verführen sie einige Mädchen in der Beichte, oder sie lassen einige verschwinden, endlich trifft der Nachschub ein. So viele neue Erwerbungen verlangen daher auch Ausschaltungen.« Das Fest nahte. Sie wollten durch ein Wunder den Ruf des Klosters heben und banden ein Mädchen von zwölf Jahren namens Florette in den Kleidern der Jungfrau durch unsichtbare Stricke in der Nische fest und befahlen ihr, bei Erhebung der Monstranz die Arme plötzlich zum Himmel zu erheben. Das kleine Mädchen, von den heftigsten Strafen bedroht, spielte ihre Rolle großartig, das Volk schrie Wunder, es regnete Opfergaben. Unsere Wüstlinge ließen am Abend Florette in ihrem Wundergewande beim Souper erscheinen und entflammten ihre Phantasie, indem sie sie in dieser Kleidung der scheußlichsten Unzucht unterwarfen. Die Gotteslästerer gehen aber noch weiter, sie entkleiden das kleine Mädchen, stellen auf ihren Arsch ein Kruzifix und vollziehen dort einen der törichsten Gebräuche des Christentums. Die fromme Justine fällt in Ohnmacht darüber, und um sie daran zu gewöhnen, muß sie auf den Vorschlag Jeromes Florette ersetzen. Jerome liest die Messe, umgeben von einer Unzahl Aersche, er nimmt die Hostie aus der Hand seiner Brüder und legt sie auf das Arschloch Justinens. Mit ihren Schwänzen stoßen sie dieselbe immer tiefer hinein, bis sie von ihren Samen ganz bedeckt ist. Justine wurde halb wahnsinnig vor Schmerz darüber, daß sie zu einem solchen Verbrechen habe dienen müssen in ihre Zelle gebracht. Sie konnte ihrer Schwäche nur Dank dafür wissen, daß sie sie vor den weiteren Orgien bewahrt hatte, welche damit schlossen, daß die Mönche am Ende das Mädchen, welches die Jungfrau dargestellt hatte, auf dem Altar in der Kirche in Stücke rissen.

Das Fest brachte wirklich auch neue Subjekte. Drei schöne junge Mädchen kamen als Ersatz und man dachte an neue Ausschaltungen. Severin trat eines Tages ganz aufgeregt als Tagesregent ein. Er läßt alle in einer Reihe aufstellen und beobachtet die sich ihm darbietenden Aersche. Lange Zeit bleibt er vor Omphale stehen, dann gibt er ihr einen furchtbaren Fußstoß, so daß sie zwanzig Schritte weit fortfliegt: »Die Gesellschaft schaltet dich aus,« ruft er ihr zu, »sie ist deiner überdrüssig, heute abends hole ich dich in dein Grab ab.« Omphale fällt in [175] Ohnmacht. Diese Ohnmacht reizt nur seine Begierde. Sie wird ihm, ohnmächtig wie sie ist, zurechgelegt, da erinnert er sich daran, daß Justine ihre beste Freundin ist. Er läßt sie rufen und sie muß sich auf die Schulter Omphales setzen und ihm ihr Arschloch darbieten. »Tröste dich,« sagte er zur weinenden Justine, »du folgst ihr bald nach, du stirbst genau so wie sie, gevierteilt. Dies verspreche ich dir aus Rücksicht für dich.« Hierbei vögelt er weiter, ohne aber zu entladen, haut Omphale und Justine ein paar herunter und entfernt sich dann mit der Drohung, die Gesellschaft werde sie binnen kurzem alle zu Dutzenden umbringen. Hierauf geht er zu Victorine, wo zwei kleine Mädchen ihm den Samen aussaugen, dessen inneres Kochen den armen Geschöpfen so gefährlich wird. Kaum ist er fort, als Omphale und Justine unter furchtbarem Schluchzen sich in die Arme fallen. Doch die schreckliche Stunde naht, Severin kommt, noch ein letzter Kuß und ein Abschied für immer. Justine wirft sich verzweiflungsvoll auf ihr Bett. Einige Tage später schlief Justine bei Silvester. Sie hatte an seine Passion vergessen, und als der Schweinekerl, auf dem Höhepunkt seiner Lust angelangt, von ihr verlangte, daß sie ihm in die Hand scheiße, konnte sie es nicht. Wütend darüber ließ er Justine von seinen zwei Ehrenfräuleins, deren eine, die bekannte Honorine, sich ein Vergnügen daraus machte, das arme Geschöpf zu foltern, festhalten. Sie erhält vierhundert Rutenstreiche und darauf vögelt sie der Mönch von neuem; Honorine scheißt für sie. Silvester prügelt sie alle. Aber entladen tut er nur bei Justine. Während er sie vögelt, beobachtet er mit Vergnügen das Brandmal an ihrer Schulter. »Ich würde vorziehen, wenn es von einem wirklichen Richter eingebrannt worden wäre.« – »Wieso könnte es dich dann ergötzen?« fragte ihn Honorine, die wohl wußte, wie man seinen Gefallen erregte. – »Weil alles Gemeine, alles Schamlose den Wüstling mehr ergötzt wie Tugend und Ehrenhaftigkeit.« Und er entwickelte dieselben Ideen, die auch Clement bereits Justine gegenüber ausgesprochen. »Warum aber,« fragte ihn Justine, »freßt Ihr euch nicht gegenseitig auf mit diesen Prinzipien?« – »Weil wir einander bedürfen und daher, um unsere Lüste zu befriedigen, uns gegenseitig erhalten. Glaube aber ja nur nicht, daß wir uns lieben. So ungefähr wie die Diebe, die sich auch gegenseitig respektieren.« Durch diese Reden kam er noch einmal zu einem Ständer, und obwohl ihm die anderen Mädchen ihre Scheide darboten, so vögelte er doch nur Justine. Doch bringt er es zu keiner Entladung.

»Das ist nicht das, was ich brauche,« er sagt Honorine ein Wort und dieselbe eilt ins Serail. Mittlerweile leckt er Justine im Arsch. »Pisch mir doch in den Mund, du kleine Hure, siehst du denn nicht, daß ich das seit einer Stunde verlange?« Justine folgte und er hätte wahrscheinlich entladen, wenn nicht [176] Honorine mit einem Frauenzimmer gekommen wäre, dessen blutiges Hemd bewies, daß sie in dem von Silvester verlangten Zustande ist. Er untersucht das Mädchen, die Hyppolite hieß, doch es war nicht die Periode, sondern ein Abortus. »Teufel!« schrie der Mönch, »das brauche ich, ich werde vögeln und du mußt scheißen, du Hure, Blut und Dreck. So wird es mir kommen.« Silvester beginnt sie zu vögeln; bald gleicht sein Schwanz einem Schlächterarm. Befriedigt auf einer Seite, erfüllt man ihm auch den andern Wunsch. Man füllt ihm die Hände mit Dreck und er beschmiert sich damit das Gesicht. Er verläßt Hippolyte und zwingt Justine, ihm den blutigen Schwanz zu lecken. Er geht vom Mund in ihre Scheide über und vögelt sie, während er die blutige Scheide Hippolytens schlägt. Er erreicht sein Ziel und brüllt wie ein Teufel. Dann schläft er ein.

Am nächsten Tage wurde Justine zum Souper beigezogen, es handelte sich um eine Aufnahme. »Hier ist eine neue Kameradin, meine Fräuleins,« sagte Severin, indem er vom Busen des Mädchens die hüllenden Schleier wegriß. Es war ein entzückendes Wesen von fünfzehn Jahren, mit tränenfeuchten Augen, einer zarten Taille, blendend weißer Haut und den schönsten Haaren von der Welt. Oktavia, so hieß sie, war mit ihrer Gouvernante, zwei Kammerjungfern und drei Lakaien im Begriffe nach Paris zu reisen, um einen der bedeutendsten Männer Frankreichs zu heiraten, als ihre Begleitung von den Agenten der Mönche niedergemetzelt wurde und sie selbst ins Kloster entführt. Sie hatte bis jetzt noch kein Wort über ihr Schicksal gehört und auch die sechs Mönche waren ganz stumm aus Erstaunen über soviel Schönheit. Doch solche Ungeheuer wie diese blieben nicht lange gefesselt. »Komm her« sagte ihr der Abt frech, indem er sie zu sich zog, »ob auch alles übrige den Reizen entspricht, die wir sehen.« Die Unglückliche war ganz; verwirrt und sucht zu fliehen. Severin packt sie aber mit den Worten: »Begreife doch endlich, du dummes Kind, daß du hier nicht mehr Herr bist, sondern unbedingt zu gehorchen hast. Fort mit den Kleidern.« Der Wüstling greift ihr mit der Hand unter die Röcke, während er sie mit der anderen Hand fest hält. Clement nähert sich und indem er ihr die Röcke bis über das Kreuz in die Höhe hebt, zeigt er der Gesellschaft den wohlgeformtesten, weißesten Arsch. Alle nähern sich, um ihn zu bewundern, zu streicheln und ihn mit Lob zu überhäufen.

Octavia zerfließt in Tränen und wehrt sich aus allen Kräften. »Ziehen wir sie doch aus, verfluchter Gott,« sagte Antonius »kann man denn ein Frauenzimmer angezogen beurteilen?« Alle machen sich an die Arbeit, einer reißt ein Tuch, der andere einen Rock herunter, und sie umgeben Octavia, wie eine Meute die Hindin. In einem Moment erscheinen die entzückenden Formen nackt vor den Augen Aller. So viel Schönheit, Unschuld [177] und Zartheit wird das Opfer der Barbaren. Octavia flüchtet sich beschämt in alle Winkel. Ueberall begegnet sie den schamlosen Augen und Händen der Möncle. Der Kreis verengert sich, sie wird in die Mitte geführt und vier Frauen umgeben jeden Mönch. Octavia wird zu jedem einzeln hingeführt, Antonius küßt sie auf den Mund und packt sie bei der Scheide mit solcher Kraft, daß sie laut aufschreit. Er verdoppelt die Kraft und sein Samen entschlüpft ihm. Eine zwanzigjährige Frau fängt ihn auf. Sie wird zu Jerome hingeführt, welcher sich mit Nadelstichen geilen und in den Mund fortzen läßt. Er verlangt von Octavia, daß sie ihm in den Mund scheißen soll, doch das arme Kind ganz verwirrt versteht diesen Befehl nicht. Ein anderes Weib erfüllt seinen Wunsch und er beißt wütend die Arschbacken Octavias. Ambrosius puseriert ein fünfzehnjähriges Mädchen und läßt sich grade in den Mund scheißen, als Octavia zu ihm kommt. Er drückt sein schmieriges Maul auf ihren zarten Mund und als er diese frische wollusterregende Zunge küßt, kommt es auch ihm. Octavia kommt zum Abt, er sitzt auf dem Busen eines reizenden achtzehnjährigen Mädchens, die ihm in die Lenden beißen muß, während er ihr die Schamhaare ausreißt. Gleichzeitig muß ihm eine andere die Hoden stechen. Er gibt Octavia zwei wütende Schläge auf den Arsch und die Tour setzt sich fort. Sie kommt zu Silvester, er beißt wütend auf ihre Scheide los und seine Zähne hinterlassen blutige Spuren. Clement stürzt sich wie ein Wahnsinniger auf die schönen Arschbacken Octavias. »Scheiße,« schreit er sie an, »oder ich beiße dich.« Trotzdem die zitternde Octavia folgt, beißt er sie doch bis aufs Blut. »Vorwärts,« sagt Severin, »ich habe noch keinen Samen verloren und kann es nicht aushalten.«


Er packt Octavia und legt sie auf das Sofa. Octavia weint und fleht, aber die schamlosen Augen des Mönches sprühen Feuer. Ohne jegliche Vorbereitung, ohne Rücksicht zu nehmen auf den ungeheueren Unterschied der Größe der Festung und der des Angreifers, beginnt dieser den Kampf. Ein Schmerzensschrei kündigt seinen Sieg an. Die Unglückliche wehrt sich vergebens, vergeblich all ihr Flehen, sie wird bis auf die Hoden puseriert. »Ich dachte beinahe nicht zum Ziele zu gelangen, welche Enge, welche Wärme.« »Ich muß Octavia von ihrem Geschlecht wieder überzeugen,« sagt Antonius, »es gilt noch eine Bresche zu legen.« Er nähert sich ihr voll Stolz und in einer Minute ist sie entjungfert, neues Geschrei ertönt ... »Gott sei gepriesen, sagt der schamlose Mensch,« »aber ich war nahe daran, an meinem Siege zu verzweifeln, doch hier sind jetzt die Beweise dafür. Blut und Tränen.« Clement nähert sich ihr mit der Peitsche in der Hand. »Wie soll man nicht eine Schülerin prügeln,« sagt er, »die einen so schönen Arsch herzeigt?« Zwei Mädchen halten sie und das Pfeifen der Peitsche durchtönt die Luft. Die Schmerzensschreie Octavias und die Gotteslästerungen des Mönches klingen zusammen. Welcher Anblick für diese Wüstlinge, die sich mitten unter zwölf [178] Mädchen den tollsten Ausschweifungen hingeben. Der Arsch Octavias färbt sich blutrot, und je mehr das Opfer sich beklagt, desto wütender schlägt der Mönch los. Endlich bringen zwei Mädchen den Mönch auf den blutigen Spuren seiner Barbarei zur Entladung. »Ich werde weniger wild sein«, sagt Jerome, indem er ihren herrlichen Korallenmund in Besitz nimmt. »Das ist der Tempel, dem ich opfern will, und in diese entzückende Lippen« ... Die schmutzige Kröte besudelte die Rose... Ich für meinen Teil, sagte Silvester, »vögle lieber, er packt das Mädchen und setzt sie sich auf den Schoos,« »ich ziehe eine halb entjungferte vor, das giebt weniger Arbeit« ... Er steckt ihr sein Glied hinein, ein Mädchen muß ihn in den Arsch stecken, bis ihn endlich die Krise packt, und er in den schönsten und unschuldigsten Schoos seinen scheußlichen Samen zurückläßt. Ambrosius puseriert sie, indem er sie ohrfeigt, bis ihr das Blut aus der Nase strömt, halb ohnmächtig kommt sie aus seinen Händen.

Man setzte sich zu Tisch und Silvester schlug vor, Jerome sollte seine Lebensgeschicke erzählen. »Ich will es«, sagte der Mönch, der neben der Novize saß, und sie züngelte. »Dadurch verzögere ich wenigstens meine Entladung. Bereitet euch vor, meine Freunde, die schamloseste Erzählung zu hören, die seit langem euere Ohren beschmutzte.«

Geschichte Jeromes.

Meine ersten Kindheitsregungen bewiesen schon dem Menschenkenner, daß ich der größte Taugenichts Frankreichs werden würde. Ich hatte von der Natur solche perverse unsittliche Anlagen empfangen, daß man auf den Gedanken kommen mußte, daß die Natur bei meiner Erschaffung eine Zuchtrute der Menschheit hatte gebären wollen. Mein Vater führte in Lyon ein Geschäft mit solchem Geschick, daß er uns bei seinem Tode ein großes Vermögen hinterließ. Ich lag noch in der Wiege und meine Mutter zog mich mit meiner Schwester Sofie, die einige Tage nach dem Tode meines Vaters zur Welt kam, mit aller Sorgfalt auf. Meine Schwester war in ihrem dreizehnten Jahre, als sie in meinen Abenteuern eine Rolle zu spielen begann, das schönste Mädchen von Lyon. So viel Reize brachten mich auf den Gedanken, daß die Blutsbande ein Nichts wären gegenüber dem Wunsche, welches die zwei Geschlechter zusammenführt. Gerade das sträfliche daran zog mich umso mehr an. Ich habe niemals irgend eine Herzensregung gekannt und kenne sie auch bis zum heftigen Tage nicht. Ich kenne nicht die Liebe, nur die Wollust. Und je mehr Gewalttat dabei, desto mehr Vergnügen habe ich. Ich war von meiner Schwester begeistert und brannte danach den Unterschied ihres von meinem Geschlechte zu sehen und ihr zu zeigen. Doch nachdem ich ihr nicht genügend das erklären konnte, was meine Sinne durchglühte, beschloss ich auf folgende Weise zum Ziele zu kommen: Das Schlafzimmer Sofiens war von dem meiner Mutter so weit entfernt, daß ich eine Gewalttat versuchen konnte. Ich zog mich unter der Verschützung von Unwolsein frühzeitig zurück und versteckte mich unter dem Bette Sofiens, mit der Absicht zu ihr zu kriechen sobald [179] sie drin war. Doch ich hatte ganz an den Schrecken Sofiens vergessen, man denkt eben schlecht, wenn es einem steht. Sofie trat ein, ich hörte sie zu Gott beten, und Atheist wie ich war, verwandelte ich jeden ihrer Segenswünsche in einen Fluch. Endlich legt sich nieder. Kaum ist sie im Bett, so bin ich bei ihr. Sie fällt in Ohnmacht und ich beginne ihre Reize zu betrachten. Also das ist eine Frau, sagte ich indem ich die Scham Sofiens betastete, was ist daran eigentlich schönes? Da finde ich einen Arsch schon viel schöner. Warum hat die Natur nicht den Körperteil mit aller Schönheit ausgestattet, der die Frau von dem Mann unterscheidet? Und den der Mann daher aufsucht. Und das soll auch schön sein, sagte ich, indem ich den Busen betastete, ich kann mir nicht vorstellen, daß die zwei Halbkugeln irgend einen Eindruck machen können.

Kurz der Arsch war das einzige, was mir gefiel und ich begriff nicht, warum wir die Weiber aufsuchen, da wir doch auch einen Arsch besitzen. Ich war ganz zufrieden, bei der Frau nichts außergewöhnliches zu finden und nachdem mein Schwanz stand, beschloß ich wohl zu vögeln, aber nicht zu verehren, wie die andern Männer es tun. »Sofie,« sagte ich zu meiner Schwester, sie roh aufweckend, denn so muß man mit den Frauen umgehen, »bist du verrückt, daß du so Angst vor mir hast?« Und als sie zu sich kam, setzte ich fort, »ich habe deinen Körper anschauen wollen, ich bin befriedigt, aber schau in welchen Zustand er mich gebracht hat. Ich stille mein Feuer, wenn ich allein bin ... Zwei, drei Griffe und es fließt ... Aber ich glaube, daß ich mehr Vergnügen haben werde, wenn du das Geschäft verrichtest.« Und ohne viel Umstände, gebe ich ihr meinen Schwanz in die Hand. Sofie drückt ihn und küßt mich. »O, mein Freund,« sagte sie, »wozu mich vor dir verstacken, auch ich brenne schon lange vor Begier, dich näher kennen zu lernen. Doch das Schamgefühl hat mich daran verhindert und die Mutter die mir immer Tugend und Anständigkeit predigt und der Katechet, der mir immer von der Liebe Gottes und der Keuschheit der Mädchen spricht.« »Sofie,« sagte ich zu meiner Schwester und drückte sie an mich, Leib an Leib, »ich bin nicht viel älter und nicht viel unterichteter wie du, aber die Natur hat mich seit Langem gelehrt, daß alle Mysterien der Religion nur Blödsinn sind. Es gibt nur einen Gott, dem wir dienen und auf dessen Altar wir opfern sollen und das ist das Vergnügen.« »Aber wie soll man das Vergnügen kennen lernen? ...« »Indem man sich geilt, siehst du wenn man dies ordentlich beutelt, so kommt ein weißer Saft heraus, der uns vor Vergnügen erschauern macht. Kaum ist man fertig, möchte man von Frischem anfangen ... Aber für dich weiß ich nichts, was du tun sollst.« »Sieh Jerome,« sagte meine Schwester, indem sie eine meiner Hände auf ihren Kitzler führte, auch zu mir hat die Natur gesprochen und wenn du dies leise streicheln willst, so will ich das beuteln was du mir in die Hand gabst, wir werden beide ein Vergnügen haben. Kaum hatte ich den Wunsch meiner Schwester erfüllt, als die Spitzbübin sich streckte, seufzte und meine Finger ganz naß machte. [180] Ich beeilte mich ihr zu antworten und indem ich sie küssend an mich drückte und selbst geilte, zahlte ich sie mit gleicher Münze. Ihre Hüften und ihre Scham wurden von meinem Samen überflutet. Hierauf empfanden wir jene tiefe Ermattung, welche den Wollustkrisen folgt, und durch ihre Tiefe die Höhe der verangegangenen Empfindung anzeigt. Doch bei unserem Alter wurde die Lust bald wieder rege. »Sei überzeugt, Sofie,« sagte ich zu meiner Schwester, »daß wir noch unwissend sind, und daß man es anders machen muß. Schau, du hast ein Loch und ich habe eine Verlängerung und da muß ich wahrscheinlich meine Verlängerung in dein Loch hineinstecken und wir müßen uns beide hin und her bewegen, das ist wahrscheinlich der ganze Wollust-Apparat.« »Ja, aber wo habe ich denn dieses Loch,« fragte Sofie. »Wahrscheinlich hier,« und steckte meinen Finger in das Arschloch Sofiens ....... »Also gut,« sagte Sofie, »versuche es, wenn es nicht zu weh tut.« Flugs legte ich Sofie auf den Bauch und hinein damit. Nachdem ich damals noch nicht kräftig gebaut war, richtete ich kein großes Unheil an und Sofie, die zum Ziele gelangen wollte, hielt ruhig, so daß ich sie puserieren konnte. »O was habe ich ausgestanden,« seufzte sie als ich fertig war. »Das ist nur das erstemal,« antwortete ich ihr, »das zweitemal wirst du nur Vergnügen haben« ...... »Also machs dann noch einmal,« sagte sie »lieber Freund.« Ich fange vom frischen an und wir entladen beide. »Weißt du,« sagt mir Sophie, »ich glaube, wir haben uns doch getäuscht, das ist nicht das richtige.« Doch ich hatte schon genug, meine Begierde war gestillt, von Liebe war keine Rede, ich empfand höchstens Eckel. Ich antwortete kalt meiner Schwester, daß ich kaum glaube mich geirrt zu haben. Es sei vernünftig uns zu trennen, sonst könnten wir erwischt werden. Sofie wollte mich zurückhalten: »Ich bin ja noch ganz im Feuer, stille doch meine Lust, verlaß mich noch nicht Jerome,« aber Jerome, der dreimal entladen hatte, ging schön zur Ruhe. Ich will meine innersten Gedanken nicht verheimlichen, kaum war ich allein, so war aller Reiz verflogen. Ich kam zwar wieder in die Höhe, aber nur Haß erfüllte mich. Ich ärgerte mich, sie nicht geprügelt zu haben: Man muß eine Frau immer prügeln, nachdem man sie genossen hat, sagte ich mir, aber ich kann mich ja noch entschädigen.

Ich brauche nur alles zu verraten, dann ist sie entehrt, nun wird sie heiraten und sie hat Leid genug. Und kaum hatte ich die abscheuliche Idee gefaßt, als ich tausendfach wollüstiger entlud als in den Arsch Sofiens. Von meinen Ideen erfüllt vermied ich meine Schwester am nächsten Tage und vertraute alles einem um zwei Jahre älteren Kousin an, der mich als Dank dafür seinen sehr großen und sehr harten Schwanz betasten ließ. »Du erzählst mir nichts neues,« sagte Alexander, »auch ich habe meine Schwester gevögelt und hasse sie jetzt. Man kann eben nicht lieben, was man vögelt. Weißt du was, tauschen wir, man zeigt den Frauen die größte Verachtung, wenn man sie den andern überläßt. Ich gib dir meine Schwester, Henriette gib mir deine Schwester Sofie; wenn wir die beiden Huren satt haben [181] werden, so werden wir über die Mittel nachdenken, wie wir sie beide über ihre Dummheit und Hingebung weinen machen werden.« Dieses Bündnis begeistert mich, ich packe den Schwanz meines Kousins und beutle ihn. »Nein, nein,« sagt Alexander, »dreh dich um und gib mir deinen Arsch.« Er vögelt mich und nachdem er entladen hat, sagt er mir: »so müssen Männer mit einander verkehren. Freilich, wenn du mit deiner Schwester nur so verkehrt hast, hat sie nur wenig Vergnügen gehabt. Es gibt noch eine andere Art und diese mußt du kennen lernen. Bringe mich mit deiner Schwester zusammen und vervollkomme meinen Unterricht.«

Ich wußte, daß meine Mutter kurz darauf zu einer berühmten Messe ging und Sofie nur unter dem Schutz einer Gouvernante zurückließ, die leicht daranzukriegen war. Ich verständigte Alexander, er kam mit Henriette zu uns, und die Gouvernante ließ uns gerne allein, wenn sie nur zu ihrem Liebhaber gehen konnte. Mein Kousin und meine Kousine konnten füglich für die zwei schönsten Menschen in Lyon gelten. Ich sagte zu Sofie, die ich seit langem vernachlässigt hatte, daß sie meinem Kousin alles gewähren sollte, was sie mir gegeben. »Versage es mir nicht, denn Henriette ist der Preis dafür und du würdest mich sehr kränken.« ...... »Was ist das,« sagte Henriette zu ihrem Bruder, »davon hast du mir ja gar nichts gesagt, sonst wäre ich gar nicht gekommen.« .... »Aber geh doch,« sagte Alexander zornig, »wozu diese Faxen, ist denn ein Unterschied zwischen mir und meinem Kousin? Und warum willst du ihm das nicht gewähren, was ich gehabt?«

»Ich sehe schon,« sagte ich, »die Fräuleins wollen nicht,« ich zog deshalb Sofie selbst die Röcke aus und gab sie Alexander mit den Worten: »gib mir die deine und kümmern wir uns nur um unser Vergnügen.« Die zwei Mädchen fallen sich unter Tränen in die Arme, aber wir versichern ihnen, daß wir vögeln und nicht weinen wollen, entkleiden sie rasch und vögeln sie abwechselnd. Henriette war entzückend und ich konnte nicht begreifen, wie man noch für Sofie schwärmen konnte, wenn man sie besessen. Dennoch waren wir beide, Alexander und ich gleich entzückt. Sofie machte mir vorwurfsvolle Augen und Henriette desgleichen ihrem Bruder. Es war klar, daß sie nur aus Leidenschaft gefehlt hatten und daß das Schamgefühl sich der Prostitution, zu der wir sie zwangen, widersetzte. »Fort mit den Tränen,« sagte Alexander »und vereinigen wir uns zur erschöpfendsten Kunst.« Mein Kousin vögelte meine Schwester zweimal in die Scheide und dreimal in den Arsch. Er zeigte mir den richtigen Weg zur Wollust der Frau, ich folgte ihm, fand aber, daß die Stätte der Fortpflanzung nicht die Stätte der höchsten Lust war. Deshalb huldigte ich vielmehr meiner eigenen Gottheit und bediente Henriette mehr von hinten als von vorn. Ich versicherte auch meinem Lehrer, daß die Natur wohl nicht viel auf die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes gebe, weil mir der Altar derselben so wenig Freude mache. Hierauf kehrten wir wieder zu unseren ursprünglichen Geliebten zurück und Alexander zeigte mir eine ganze Reihe neuer wollüstiger Unterhaltungen. [182] Wir endigten mit einem ausgiebigen Mahle. Unsere Geliebten gaben sich dem Tafelgenusse mit derselben Freude hin wie dem Sinnesgenusse und beim Abschied versprachen wir uns den heutigen Tag oft zu wiederholen. Dies taten wir so rasch und so oft, daß unsere Fräuleins in die Hoffnung kamen. Trotz meiner Vorliebe für den Arsch meiner Kousine war Henriettens Kind doch mein eigenes. Es war ein Mädchen das noch in meiner Geschichte eine Rolle spielen wird. Dieses Ereignis kühlte uns beide sehr ab, besonders da wir es nur mit der größten Kunst geheimhalten konnten. Eines Tages fragte mich Alexander, ob ich noch immer dieselben Ideen bezüglich meiner Schwester hätte. »Gewiß,« antwortete ich, »sie ist in meinen Augen ein Ungeheuer und ich möchte mich für die Enttäuschung, die sie mir angetan, rächen, doch wenn du sie liebst, so schone ich sie.« »Was, ich eine Frau lieben, die ich gevögelt habe? Kennst du mich so wenig, beide Mädchen sind uns verhasst und wenn du willst, so wollen wir darüber nachdenken, wie wir sie vernichten könnten.« »Ich weiß ein sicheres Mittel, laß dich mit meiner Schwester von meiner Mutter überraschen und dann ist Sofie verloren.« »Wieso verloren?« .....»Sie steckt sie ins Kloster.« ...... »Eine schöne Strafe, da weiß ich etwas besseres für Henriette.« ...... »Und was ist das?« »Ich will daß sie beschimpft und für immer verloren ist. Ich will, daß sie ihr Brot vor meiner Tür betteln kommt und ich es ihr verweigere. Aber ich kann dir noch nichts verraten. Gehen wir jeder nach unserer Weise vor und der, welcher mehr erzielt, hat an den andern einen Wunsch frei.« ...... »Eingeschlagen, aber bevor wir das machen, müssen wir uns noch einmal an ihnen ergötzen.« Nachdem meine Mutter noch immer abwesend war, veranstalteten wir eine neue Zusammenkunft, die noch viel ausschweifender ausfiel. Wir begannen nämlich unsere einstmaligen Ideale zu quälen. Wir banden sie mit den Bäuchen zusammen und peitschten sie über eine halbe Stunde. Wir ohrfeigten sie und am Schlusse beginnen wir alle Scheußlichkeiten, wir bespien und beschiessen sie. Wir lachten über ihre Tränen, sie mußten uns nackt während des Soupers bedienen und wir nahmen mit Fußtritten von ihnen Abschied. Sechs Wochen sah ich nicht Alexander und dies benützte ich um die Mine für Sofie zu graben. Meine geile Schwester ließ sich auch von einem meiner anderen Freunde verführen, und ich ließ sie erwischen. Die Wut meiner Mutter war unbeschreiblich. »Komme ihrer Strenge zuvor, du kommst ins Kloster, wenn du dich nicht dieses Ungeheuers entledigst. Schaffe sie aus dem Weg.« Ich bereitete das Gift vor und Sofie gibt es nach langen Zögern meiner Mutter zu trinken. Als diese im Sterben liegt komme ich herbeigestürzt: »Gerechter Himmel!« rufe ich aus, »teure Mutter, was ist dir geschehen? O ich weiß, Sofie ist es, die sich so für deine berechtigte Strenge rächt, ich weiß alles, sie muß sterben, das Ungeheuer das ihre Mutter getötet hat.« Einem herbeigeeilten Gerichtskommissär übergebe ich das Gift, in die Wäsche meiner Schwester gewickelt, und sage zu ihm: »Gibt es noch einen Zweifel, das ist schrecklich für mich, aber ich ziehe den Tod meiner Schwester unserer [183] Schande vor. Tun sie ihre Pflicht, mein Herr, so schrecklich ich auch leide.« Sofie verwirrt, wirft mir entsetzliche Blicke zu und will sprechen. Doch der Schmerz und die Verzweiflung nehmen ihr die Kraft und sie stürzt ohnmächtig zusammen.

Der Prozess war kurz, ich brachte meine Beweise vor, Sofie widersprach und gab mich als Urheber an, aber meine Mutter in ihren letzten Zügen, klagte Sofie an. Bedurfte es mehr, um die Richter zu überzeugen? Sofie wird verurteilt und ich eile zu Alexander. »Wie weit bist du?« fragte ich ihn. »Hast du nicht gehört,« antwortete er, »von einem Mädchen, welches heute aufgehangen wird, weil sie ihre Mutter vergiften wollte?« »Gewiß,« sagte ich, »es ist meine Schwester und das Ganze ist mein Werk ...« »Da irrst dich Jerome, es ist meine Schwester ...« »Elender,« sagte ich und fiel ihm um den Hals, »ich sehe, wir haben ohne uns etwas zu sagen, dieselbe Mitteln gewählt. Nichts kann besser auf der Welt beweisen, daß wir für einander geschaffen sind ... Doch jetzt müssen wir uns beeilen, unsere Schwestern stehen schon auf dem Schaffott, ergötzen wir uns an ihrer letzten Minute.« Wir mieten ein Fenster und kaum sind wir dort, so nahen die Unglücklichen. Währenddem wir mit unseren Operngläsern unsere zwei Huren beobachten, geilen wir uns und im selben Momente, als unsere beiden Geliebten durch unsere List den schimpflichen Tod erleiden, überschwemmen wir uns gegenseitig den Arsch mit unserer. Samen. »Das ist das richtige Vergnügen, aber was werden wir für Reizmittel im Alter gebrauchen, wenn wir schon jetzt zu solchen greifen.« »Das wird sich alles finden, aber mittlerweile sparen wir keinerlei Verworfenheit für unsere Wollust.« »Lebt deine Mutter?« fragte ich meinen Kousin. »Nein ...« »Dann bist du weniger glücklich wie ich, denn ich kann ihre letzten Atemzüge ihr noch mit eigener Hand rauben.« Diese doppelte Schandtat ließ mich die Nacht in einem Meere einsamer Wollust verbringen.

Nachdem unser Geschäft schon sehr schlecht gegangen war, machte ich alles zu Geld und begab mich auf die Reise, indem ich die Tochter, die meine Kousine von mir hatte, in einer Pension zurückließ, entschlossen sie einst meinem Vergnügen zu opfern. Die Erziehung die ich erhalten, gestattete mir, im Hause eines Parlamentsmitgliedes in Dijon als Hofmeister zu einem Knaben und einem Mädchen einzutreten.

Dieser Beruf gefiel mir schon darum, weil ich aus meinen Zöglingen Opfer meiner Lüsternheit zu machen gedachte. Welchen Kitzel für meinen Hang zum Bösen bildete es so, gleichzeitig das Vertrauen der Eltern und die Leichtgläubigkeit der Zöglinge zu mißbrauchen. Ich war zwanzig Jahre alt als ich so dachte.

Moldane, so hieß der Parlamentarier, schenkte mir bald sein ganzes Vertrauen und gab mir seinen Sohn Sulpice, einen jungen Mann von fünfzehn Jahren und dessen Schwester Josefine, dreizehn Jahre alt, beide reizende Geschöpfe zur Erziehung. Im Anfang war die Gouvernante Josefinens bei den Lektionen anwesend, bald aber wurde mir das Ziel meiner heftigsten Leidenschaft allein anvertraut. [184] Der junge Sulpice, dessen Charakter ich mit Sorgfalt studierte, hatte zwei Schwächen. Erstens liebte er seine Schwester übermäßig und zweitens hatte er ein unbändiges Temperament. Das war die Fackel, mit der ich den Brand der Leidenschaft in ihm anzünden wollte. Im zweiten Monat ging ich zum ersten Angriff über, ein Kuß auf den Mund und ein Griff in die Hose sicherte mir meinen Sieg. Sulpice hatte einen gewaltigen Ständer und nach einigen Griffen übergießt er meine Finger mit seinem Samen. Ich kehre sofort die Medaille um, welch ein Arsch ..., welche Weisheit, welche Festigkeit! Ich verzehre ihn mit meinen Liebkosungen und um ihm die Kraft zu weiteren Angriffen zu geben schlecke ich sein Glied. Es steht ihm wieder, ich lege ihn auf den Bauch, befeuchte mit meiner Zunge das Loch das ich vögeln will und in drei Stößen bin ich drin. Einige Zuckungen verraten mir den Sieg, den ich mit heißen Küssen bezahle und indem ich meinen Samen im Arschloch meines Schülers verliere, begießt der seinige meine Hände. Als ich geendigt, macht mir wunderbarer Weise mein Schüler Vorwürfe über meine Schwäche. »Geduld,« sagte ich zu ihm, »warte auf heute Nacht, wir schlafen in einem Bett und ich werde dir Proben meiner Manneskraft geben.« Endlich kommt die ersehnte Nacht, doch zugleich mit der Befriedigung stellte sich in Folge der Beschaffenheit meines Charakters ein anderes, für mein Objekt gefährliches Gefühl ein. Ich vögelte Sulpice zehnmal, er blieb mir nichts schuldig und mein Haß gegen ihn steigerte sich. Doch zuerst wollte ich ihn noch verwenden um Josefine zu erobern.

Ich fragte ihn nach seinem Herzenzustand und er gestand mir, daß er sich wie toll danach sehne sie zu besitzen. Aber die Furchtsamkeit halte ihn zurück. »Diese Furcht ist ein Unsinn,« sagte ich ihm, »es ist weniger schlecht seine Schwester zu besitzen, als ein anderes Weib. Je näher wir einem Wesen stehen, desto eher sollen wir es unserer Leidenschaft unterwerfen. Ich bin überzeugt, daß deine Schwester die gleichen Gefühle für dich hat, darum beeile dich, jede Zögerung ist von Uebel.

Vor allem aber hüte dich vor der Liebe, die Frau ist infolge ihrer Fehler nicht der Liebe wert, sondern nur zur Lust geschaffen. Darum vögle sie, ich werde dir dabei behilflich sein. Die Tugend stürzt den Jüngling in's Verderben, nur das Laster dient ihm und verschönert ihn.« Sulpice durch meinen Rat kühn gemacht, geht an's Werk. Doch mit Ausnahme einiger Küsse, welche ihre Liebe beweisen, erreicht er nichts. Ich zürnte mit ihm, doch er sagte, mit einen seinesgleichen würde er viel schneller fertig werden, aber diese verfluchten Röcke hinderten ihn. »Du siehst also,« sagte ich zu ihm, »daß dieses Symbol eines schwachen und falschen Geschlechtes nur umsomehr ihre Verachtungswürdigkeit beweist. Darum hinauf mit den Röcken welche dich hindern.

Aber erinnere dich daran,« sagte ich zu ihm, aus Angst er würde die reizenden, sodomitischen Rosen Josefinens pflücken, »erinnere dich daran, daß zwischen den Schenkeln und nicht zwischen den Arschbacken der Tempel ist, auf welchem der Mann dem Weibe opfern [185] soll. Du wirst zuerst ein Hindernis finden, aber stoße nur zu, zerreiße es und du wirst siegen.« Am nächsten Tage erfuhr ich zu meiner Genugtuung, daß alles vorüber und daß das reizende Mädchen in den Armen ihres schönen Bruders zum Weibe geworden war. Sulpice weit entfernt von der Sättigung, welche bei mir so schlimme Gefühle zeitigte, wurde nur noch mehr verliebt.

Ich bemerkte bald, daß mir, um zu meinem Ziele zu gelangen, nur List und Treulosigkeit übrig blieb. Mein Zögling konnte von selbst seiner Wollust eine Richtung geben, die ich zuerst bei seiner Schwester einschlagen wollte. Ihre Zusammenkünfte fanden in einem meinem Zimmer benachbarten Kabinet statt, so, daß ich sie durch die Scheidewand beobachten konnte. Ich hütete mich Sulpice davon etwas zu sagen und konnte die beiden daher in ihrer ganzen Schönheit, Frischheit und Ungestüm bewundern. O seliger Michel Angelo, dein Pinsel hätte sie als Amor und Psyche verherrlicht. Lange konnte das mein jugendliches Temperament nicht mit ansehen. Während einer der heissesten Umarmungen stürze ich hinein. »Josefine,« sage ich zu meiner fast ohnmächtigen Schülerin, »dein Vorgehen verdient Strafe und ich werde es sofort deinen Eltern mitteilen, wenn du mir nicht gestattest der Dritte im Bunde zu sein.« »Scheußlicher Mensch,« sagt wütend der arme Sulpice, indem er in der Hand seinen Schwanz hielt, der noch ganz feucht war von dem Samen, mit dem er seine reizende Schwester getränkt hatte.

»Hast du mir nicht selbst die Grabe gegraben, in welcher du uns gefangen hast, habe ich nicht deinem Rate gefolgt? ...« »Wie kannst du so frech sein und so etwas behaupten ...« »Ist denn dein jetziger Vorschlag nicht auch eine Unverschämtheit?« »Ob das jetzt so ist, tatsächlich müßt ihr mir jetzt folgen, denn meine Fehler werdet ihr mir nie nachweisen können, ich aber wohl euere. Drum beendigen wir diesen Streite der schlecht zu den Wünschen paßt, die ihr in mir wachgerufen. Ihr seht, welche Gewalt ich über euch habe, drum gebet nach.« Ohne die Antwort Sulpices abzuwarten, ergreife ich Josefine und nach einigen Minuten des Widerstandes, überläßt sie mir ihren reizenden Arsch. Ich lege das reizende Mädchen auf den nackten Körper ihres Bruders. er schließt sie in die Arme und steckt ihr sein zartes Glied in die Scheide. Indem ich ihr in dieser Stellung mein Glied in das jungfräuliche Arschloch stecke, verursache ich ihr solche Schmerzen, daß sie an das Vergnügen, welches ihr ihr Liebhaber bereiten will, vergißt. Sie hält nicht still, sie dreht sich um und dadurch schlüpfe ich heraus. Sie blutet, aber nichts kann mich zurückhalten. Ich nehme sie mit Gewalt, drücke sie auf das Glied Sulpicens und bohre ihr auch meinen Schwanz in den Hintern. Ich halte ihre Hüften fest und aus Zorn über ihren Widerstand gebe ich ihr ein paar feste Faustschläge auf den Hintern. Eher hätte ich sie erschlagen, als losgelassen und so bohre ich ihr meinen Schwanz bis zu den Hoden hinein. »Warte,« sagte ich zu Sulpice, »entladen wir gleichzeitig, ich wollte sie hätte auch einen Schwanz im Mund, so daß sie an drei Stellen gleichzeitig von Samen überflutet würde.« Aber [186] Sulpice welcher fühlt, daß es Josefine trotz ihrer Schmerzen kommt, kann sich nicht zurückhalten, er entlädt, ich ahme ihm nach und wir sind alle drei glücklich. Bald beginnen wir vom Frischen. Nachdem ich die Jungfernschaft gepflückt, übergebe ich Sulpice meine Stelle und führe selbst, damit er sich nicht verirrt sein Werkzeug ein. Ich nehme ihn in die Arbeit und so pouserieren wir wie die echten Sodomskinder. Wir entladen noch zweimal ohne die Stellung zu wechseln, da erfaßt mich eine merkwürdige Begierde nach der Scheide.

Ich vermute daß die Josefinens sehr eng ist, auch hatte sie bisher nur ein Glied, das viel schwächer wie das meine war durchbohrt. Ich vögle sie, während mich Sulpic pouseriert. Die kleine Hur entlädt dreimal und wir sinken nun alle drei erschöpft auf ein Kanapée und erquicken uns an einem von mir vorbereiteten Mahle. Zum Vögeln hatten wir keine Kraft mehr, deshalb schleckt mich die reizende Josefine, während ich Sulpice den gleichen Dienst erweise. Ich betaste beide Aersche und mein Schüler sokratisiert mich. So entladen wir alle noch einmal. Da die Zeit drängt trennen wir uns mit dem Versprechen, die Szene recht bald zu erneuern. Durch ein ganzes Jahr gelang es uns die Sache heimlich zu betreiben. Endlich stellte sich der Ekel ein und mit ihm die Begierde durch einen Verrat an Herrn von Moldane, meinem Haß Rechnung zu tragen. Ich erkannte wohl die Gefahr, aber ich verließ mich auf meine Schlauheit. Ich benachrichtigte Moldane, doch wie erstaunte, als er lächelnd zu mir sagte: »Mein Freund, über solche Dummheiten bin ich erhaben, sonst hätte ich mich genauer erkundigt, bevor ich dich angestellt, überhaupt hätte es dein Alter unmöglich gemacht. Komm Jerome, ich will dir das zeigen.« Er führt mich in ein überaus luxeriös ausgestattetes Gemach und indem er meine Hose herunterläßt, mein Glied in die eine, meinen Arsch in die andere Hand nehmend, überzeugte mich der Vater meiner Zöglinge rasch, daß ich mich bei ihm die Unzucht seiner Kinder nicht anklagen konnte. »Du hast sie also vögeln gesehen und dies hat dich erbeben gemacht, mir würde das ein ganz anderes Gefühl erregen und um dir das zu beweisen, bitte ich dich, mir so rasch als möglich diesen Anblick zu gewähren.

Inzwischen aber will ich dir einen Beweis geben, daß meine Kinder nicht unzüchtiger sind, als ich selbst.« Hierauf drückt mich der ehrbare Herr auf das Kanapée nieder, beobachtet und küßt meinen Arsch lange Zeit und pouseriert mich kräftig. Als er fertig ist, verlangt er von mir, daß ich ihm gleiches mit gleichem vergelte, was ich auch nach Kräften tat. »Behindere meine Kinder nicht in ihrer Freiheit, den Trieben der Natur zu folgen. Es wäre Grausamkeit und hat gar keinen Wert.« »Wenn ich also die gleiche Neigung zur Unzucht hätte, so würdet ihr entschuldigen, wenn ich mich ihr mit euren Kindern hingegeben hätte.« »Gewiß,« sagte Moldan, »nur hätte ich die Erstlinge verlangt. Ich gestehe selbst ein, daß ich die Sache bereits getan glaubte. Deine Klagen beweisen aber leider gerade das Gegenteil, du hast Temperament, darum tue mit meinen Kindern was dein Herz begehrt, nur gib mir morgen schon Gelegenheit, sie zu [187] überraschen.« Ich erfülle den Wunsch Moldanes und führe ihn am nächsten Tage zu meinem Beobachtungsposten. Die Szene war entzückend, er entlud zweimal, während er zusah, wie ich seine Tochter vögelte. »Ich kann mich nicht zurück halten,« sagte er zu mir später, »ich muß mich mit den Kindern unterhalten, sie sind zu reizend. Teile ihnen mit, daß ich von morgen an der vierte im Bunde sein werde.« »Ich hätte nie geglaubt,« sagte ich falsch, »daß ich als Erzieher dazu beitragen würde, die mir anvertrauten Kinder zur Unzucht anzuhalten.« »Du verstehst die Worte falsch, die wirkliche Moral ist, der Natur zu folgen und daher kann es nichts unmoralisches sein, ihrer Stimme zu folgen. Wenn bei irgend jemandem, so habe ich bei meinen Kindern den Anspruch auf ihre Jungfernschaft und ihren Genuß.« »Wohlan denn,« sagte ich, »morgen wird Ihr Wille erfüllt sein und wir können uns beide der tollsten Ausschweifung hingeben.«

Ich benachrichtigte Josefine und Sulpice. Anfangs erstaunt, versprachen sie bald, sich allen Kaprizen ihres Vaters zu fügen, vor allem aber über alles bereits Geschehene zu schweigen. Als Lokal wurde das gewisse Kabinett Moldanes ausgesucht und die junge achtzehnjährige Gouvernante Josefinens, seit drei Wochen im Hause und beim Papa sehr in Gunst, stehend dem Bachanal beigezogen.. »Ich versichere dich,« sagte der Rat, »sie ist ebenso hübsch als ausschweifend, siehe einmal ob sie nicht einen entzückenden Hintern hat.« Und dabei hob er die Röcke Viktories in die Höhe. »Er ist schön,« sagte ich, indem ich ihn betaste, »aber ich glaube nicht, daß Ihr ihm den Vorzug vor dem eurer Kinder geben werdet.« »Das ist möglich,« sagte er von ganzem Herzen schleckend und küssend, »aber mittlerweile liebe ich diesen. Hole die Kinder, Viktorie wird dir behilflich sein sie nackt auszuziehen und ich werde indessen Unzuchtsszenen ausdenken, die wir dann durchführen.« Wir gingen die Kinder holen. Blumen und Bänder waren das Einzige, was sie als Kleidung erhielten. Victorie nahm den Knaben, ich das Mädchen und so traten wir in das Kabinet, wo Moldane von Spiegeln umgeben, sich geilte. »Hier sind, o Herr, würdige Objekte eurer Lust, leget euch keine Schranken auf, sie sind nur zu glücklich euch dienen zu können.« Moldane war außer sich vor Lust, er ließ sich von Viktorie geilen und kann nicht genug daran haben Sulpice, den ich ihm zuerst darbiete, zu küssen, geilen, schlecken und ihm seinen Arsch mit Liebkosungen zu überhäufen.

Auch Josefine kommt dann an die Reihe und auch sie liebkoste er mit derselben Begeisterung. Hierauf kamen eine Menge Posen, während Josephine sowohl von Sulpice, als auch von mir gevögelt und von ihrem Vater pouseriert wurde, Victorie und Sulpice wurden von mir pouseriert, während Moldane sich mit allen auf die verschiedenste Art beschäftigte. Bei der sechsten Runde pouserierte Moldane seine Tochter, ich Moldane, Sulpice mich und Victorie mit einem Godmichée ausgestattet sodomierte Sulpice, während Josefine Victorie schleckte. So war die Kette geschlossen. Nachdem unsere Kräfte nachließen, verlegten wir uns ausschließlich auf's Schlecken und nachdem wir alle [188] das siebentemal entladen hatten, stellten wir durch eine ausgiebige Mahlzeit unsere Kräfte wieder her. Moldan verlangte, daß wir uns auf ihn vereinigen sollten. Er pouserierte seine Tochter, sein Sohn pouserierte ihn, Victorie leckte ihm den Hintern und ich die Hoden. Ein Schrei kündete seinen Erfolg an. Aber es war ein Schmerzensschrei, es kam nur Blut. Man mußte ihn forttragen. Er forderte mich aber noch auf weiter zu vögeln und ihm morgen davon zu erzählen. Victorie war es, die mich noch aufregte und ich pouserierte sie noch, doch dann hatte ich auch schon genug. Die Zustimmung des Vaters zu der Ausschweifung der Kinder hatte meine Pläne zerstört und um den Haß stillen zu können, den meine Sättigung mir einflößte, beschloß ich, mich an Madame Moldane zu wenden. Madame Moldane war eine sittenstrenge, religiöse Frau und mit ihr werde ich mein Ziel durchsetzen und sie alle verderben. Doch nein, Josefine werde ich ausnehmen, nicht vielleicht aus Liebe, denn die kenne ich nicht, aber ich will reisen und da will ich Josefine mitnehmen, sie kann mir nützen.

Ich enthülle nun nach dem Versprechen ewigen Schweigens Madame Moldane alles, ich sage, ich hätte nur daran teilgenommen, weil Moldane mir die grausamsten Strafen androhte. Ich flehte sie an, Ordnung zu schaffen, ihre Kinder aus diesem Abgrund zu retten. Madame Moldane ist ganz bestürzt und bittet mich, sie zu überzeugen. Es war nicht schwer.

Ich überredete Moldane, den Schauplatz in das Zimmer seiner Kinder zu verlegen und führte seine Frau zu dem Beobachtungsposten, der ihrem Gatten und mir gedient. Dort konnte sie sich von der Wahrheit meiner Worte überzeugen, ich selbst entschuldigte mich mit einer Migräne.

So rettete ich meine eigene Reputation und nur der Gatte und die Gouvernante erschienen allein als Schuldige. »O, wenn ich diese Greuel nie gesehen hätte,« sagte mir Madame Moldane. Diese Worte lehrten mich, daß ich von ihr nichts zu hoffen hatte, weil sie eine furchtsame Frau war und dies änderte sofort meinen Plan. »Einen Moment,« sagte ich zu ihr, »Ihr Gatte scheint bemerkt zu haben, daß er beobachtet wird, denn er hält sich zurück. Ich will ihn sicher machen und dann werdet Ihr andere Sachen zu sehen bekommen.« Ich eile zu Moldane und sage ihm, wir sind verloren. Seine Frau hat uns belauscht, ich habe sie überrascht, sie hat mir gedroht mich zu vernichten, wenn ich sie verrate. »Darum müssen wir ihr zuvorkommen, denn sie kann uns gefährlich werden.«

Furchtbar war die Wirkung meiner Worte auf Moldane. Er war im Begriffe, es sich kommen zu lassen, als ich ihm dies sagte. Seine Geilheit schien in's Gehirn zu treten, wie ein Wütender stürzt er sich auf die Verbindungstüre, reißt seine Frau ins Zimmer hinein und in einer Minute ist ihr Herz von unzähligen Messerstichen durchbohrt, aber Moldane, der nur im Wahnsinn und nicht mit der Ruhe des Verbrechers gehandelt, entsetzt sich über seine eigene Tat. Die Schreie und Tränen seiner Kinder verwirren ihn, er ist ganz verrückt. »Gehe [189] hinaus,« sagte ich zu ihm, »du bist feig und zitterst wegen einer Tat, die dir deine Ruhe und dein Glück gesichert hat. Nimm deine Kinder mit und sage der Dienerschaft, deine Frau sei auf einige Zeit zu einer Freundin. Victorie und ich werden das andere besorgen.«

Moldane, ganz zerstört, folgt meinem Rate. Kaum war er aber fort, als ein merkwürdiges Feuer beim Anblick dieses Leichnams, dessen Tod ich hervorgerufen, meine Nerven durchlief. Ein schamloser Gedanke erfüllte meinen Geist beim Anblick dieser noch im Tode schönen Person.

Victorie zeigte mir, als sie sie entkleidete ihre schönen Formen. »Ich will sie vögeln,« sagte ich zu ihr, ... »aber sie fühlt ja nichts mehr, ... was geht das mich an, brauche ich ihr Gefühl um meine Begierde zu befriedigen, im Gegenteil, die Unbeweglichkeit dieses Körpers, mein Werk, erhöht meine Wollust.« Ich machte mich fertig, aber meine heiße Begierde hatte mich betrogen, allzuviel Eifer schadet, aber die hilfsbereite Hand Victories sandte meinen Samen auf die leblosen Formen der schönen Gattin meines Herrn.

Dann gingen wir ans Werk. Wir wuschen die Blutspuren weg und versteckten den Leichnam in einem Blumentrog bei meinem Zimmer.

Am nächsten Tag erhielt Moldane einen fingierten Brief, worin ihr die bewußte Freundin mitteilte, daß seine Frau, bei ihr schwer erkrankt Victoire, zu Pflege wünsche; dieselbe verschwand, nachdem sie erst Schweigen gelobt und gut gezahlt worden war. Nach acht Tagen verschlimmerte sich die Krankheit Frau von Moldanes derart, daß es unmöglich war sie nach Hause zu transportieren. Endlich nachdem Moldane und seine Kinder wiederholt unter dem Vorwand die Kranke zu besuchen, fortgefahren waren, starb dieselbe und wir trugen Trauer. Aber Moldane besaß nicht Kraft genug, die Gewissensbisse zu unterdrücken. Er bat mich, die Ursache seiner Tat zu unterdrücken und seine Kinder wieder auf den Tugendweg zurückzubringen. Ich versprach es ihm und schlug zur Verwirklichung meiner eigenen Ziele einen neuen Weg ein. Ich lag Sulpice in den Ohren, daß sein Vater nur daran denke die Spuren seiner Tat zu vernichten. Zuerst habe er Victoire eingesperrt, dann würde er das gleiche mit Sulpice und Josefine tun, um sie dann durch Gift aus dem Weg zu räumen. »Fliehen wir, aber zuerst soll er durch uns gestraft werden. Wäre seine Tat ruchbar, so müßte er unter dem Schwerte sterben. Vollführen wir das Gesetz und befreien wir die Welt von diesem Scheusal. Er läßt sich von niemand anderem als von dir bedienen, weil er in jeder anderen Hand einen Dolch zu sehen glaubt. Darum vollziehe du das Urteil und räche das Andenken deiner Mutter. Sie schwebt als ruheloser Schatten über deinem Haupt und nicht eher wird sie Ruhe haben als bis ihr Tod gesühnt ist. Wenn du nicht mitschuldig sein willst, so mußt du sie rächen und zwar so rasch als möglich.« Nach einigen Tagen schon gelingt es mir den Jüngling zu überreden, ich selbst gebe ihm das Gift und er tat was ich verlangte. Nach dem Tode seines Vaters wurde ich, da ich es verstand das Vertrauen des Familienrates zu gewinnen, zum Verwalter des Vermögens und [190] Erzieher der Kinder ernannt. Nachdem ich frei mit allen Geldern schaltete, schritt ich zur Vollendung meines Planes. So wie ich mit Sulpice vorgegangen, handelte ich auch mit Josefine. Ich enthüllte ihr die Ermordung ihres Vaters durch Sulpice, ich beschuldigte denselben, daß er allein die Ursache des Todes ihrer Eltern sei, und jetzt trachte er nach ihrem eigenen Leben. Sie habe kaum mehr acht Tage zu leben, denn er trachte von ihm Gift zu erlangen. Dieses Gift wolle er lieber ihr geben damit sie zu gleicher Zeit ihre Eltern rächen und sich selbst beschützen könne. Josefine war nicht nur dazu zu überreden, sondern sie gestand mir ein, daß sie mich liebe, daß sie meine Frau werden wolle; ich solle bei ihrem Vormund um sie anhalten. »Wenn man sie dir verweigert, so raffen wir alles Geld zusammen und fliehen in die Schweiz. Nur unter dieser Bedingung willige ich in das Verbrechen ein.« Dies paßte mir natürlich sehr gut in meinen Kram und am nächsten Tage vergiftete sie ihren Bruder mit einer Chocolade, er starb unter furchtbaren Zuckungen und Josefine, mutiger als ich geglaubt habe, verließ sein Bett nicht bis er kalt war. Doch ich blieb nicht auf halbem Weg stehen, nachdem ich mit Josefine, die in meinen Augen durch das Verbrechen ungemein gewonnen, zwei wollüstige Nächte verbracht hatte, teilte ich ihr mit, daß ich um sie angehalten aber in Anbetracht des Mißverhältnisses unseres Standes und unseres Vermögens einen Korb erhalten habe. »Wolan,« sagte Josefine, »dann fliehen wir, denn ich will keinen anderen Gatten wie dich« ..... »Nichts leichter als das, hier ist ein Wechsel über hunderttausend Francs, den mir dein Vormund gegeben hat um ein Gut für dich zu kaufen. Nehmen wir das Geld und fliehen wir.« ...... »Ich bin die deine, doch versprich mir eines!« .... »Was denn?« .... »Daß du niemals an die Opfer vergessen wirst, welche ich dir gebracht, daß du mich nie verlassen wirst.« Man kann sich vorstellen, daß ich die Versprechen mit leichtem Herzen gab, obwohl ich sie nie zu halten gedachte.

Wir verschwanden und kamen am siebenten Tage nach unserer Abreise nach Bordeau, wo wir einige Tage bleiben wollten, um dann nach Spanien zu gehen, wo Josefine die Ehe schließen wollte. Nach dem aber infolge der späten Jahreszeit der Uebergang über die Berge erst im Frühjahr möglich war, schlug mir meine Gefährtin vor uns hier trauen zu lassen. »Mein Engel,« sagte ich zu ihr, »ich halte es für viel besser, wenn wir auf diese unnötige Zeremonie verzichten und als Bruder und Schwester gelten. Wir beide lieben zu sehr die Ausgaben, als daß wir mit unserem Geld auskommen könnten. Darum mußt du dich prostituiren, damit wir von deinen Reizen leben können.« »O, mein Freund, was für ein abscheulicher Vorschlag.« .... »Es ist der einzig vernünftige und nur zu diesem Zwecke habe ich eingestimmt dich zu entführen. Die Liebe, mein Kind, ist Chimäre, das Gold allein hat einen Wert« ...... »Ist das die Liebe die du mir geschworen?« ..... »Lerne mich kennen, mein Schatz, Liebe kenne ich nicht. Ich ergötze mich an den Frauen, aber ich liebe sie nicht. Im Gegenteil, sobald ich meine Lust an ihnen gebüsst, verachte ich[191] sie. Ich dulde sie nur in meiner Gesellschaft, wenn sie mir etwas eintragen. Verlange darum nicht mehr und verlasse dich ganz auf mich. Du sollst durch mich von Abenteuer zu Abenteuer fliegen und durch meine Ratschläge wirst du die berühmteste Hure unserer Zeit werden.« ..... »Ich und Hure?« ..... »Warst du es nicht deinem Vater, deinem Bruder und auch mir? Wahrlich, Zartgefühl wäre sehr schlecht am Platze.« Josefine suchte durch Tränen und Zärtlichkeit mich umzustimmen, ihre Verzweiflung war wirklich groß. Doch als sie sah, daß ich unbeweglich blieb, willigte sie, verliebt wie sie in mich war, in meinen Plan ein, weil sie dadurch hoffte mit mir vereint zu bleiben. So gingen wir an die Durchführung unseres göttlichen Planes. Ich sage göttlich, denn es gibt nichts schöneres als seinen Luxus mit der Leichtgläubigkeit anderer au bestreiten. Die Dummheit der Menschen verschafft denen, die sie auszunützen verstehen, Reichtümer wie sie nicht einmal die Goldminen von Peru eintragen. Ich, sowie Josefine hatten die nötigen Eigenschaften um unsern Plan durchzuführen. Ein entzückendes Haus, zahlreiche Dienerschaft und Pferde, kurz der ganze Nimbus reicher Leute verschaffte uns bald Opfer. Der erste der sich einstellte, war ein reicher jüdischer Kaufmann, ebenso bekannt durch seinen Reichtum wie durch seine Geilheit. Josefine machte ihm süsse Augen und der Handel war geschlossen. Aber da er hunderttausend Francs per Monat gab, war er sehr anspruchsvoll. Der brave Nachkomme Davids hatte folgende Manie: Abraham Pexoto verlangte, daß Josefine in einem Spiegelzimmer von zwei schönen Mädchen gegeilt werde, währenddem er ihr gegenüber sich mit zwei Schandknaben besudelte. Nach einer Stunde mußten die beiden Knaben die beiden Mädchen in den Arsch vögeln und Pexoto puserierte die Knaben. Durch diese fünf Vorspiele erregt, ließ sich der Jude die Hände zusammen binden und am Schwanze von den zwei Knaben um Josefine herumführen, die sich wie tot auf die Erde legen mußte. Hiebei brüllten die Knaben: »Sie ist tot, sie ist tot und du hast sie gemordet.« Dazwischen mußten ihn die zwei Mädchen mit Ruten streichen. Er blieb stehen und sagte: »Wenn sie tot ist so hebet sie auf und legt sie aufs Kanapee.« Sie rührte sich noch immer nicht und der Jude puserierte sie, währenddem die zwei Knaben, um ihm zum Erguß zu verhelfen, weiter schrien, daß sie tot ist und die zwei Mädchen ihn weiter peitschten. Josefine vergoß einige Tränen aber ich stellte ihr vor, daß sie froh sein könne auf billige Weise hunderttausend Francs monatlich zu verdienen. So lebten wir ein ganzes Jahr auf Kosten Abrahams, ohne daß er auf mich, den Bruder, eifersüchtig war. Am Ende dieses Jahres bemerkte Josefine, daß ihr Verehrer nicht mehr so feurig sei. »Kommen wir seiner Sättigung zuvor und ziehen wir aus ihm heraus, was wir können.« Ich wußte von dem Juden, der mir sehr viel Vertrauen schenkte, daß er erst kürzlich eine Million fünfhunderttausend Francs in Cassenscheinen erhalten hatte. Ich veranlaßte, daß Josefine nicht zuhause war als er zur gewohnten Stunde kam. »Wo ist deine Schwester?« fragte er mich. »Mein Herr,« antwortete ich, »ein großer Kummer hat sie [192] soeben zu euch getrieben, sie hat mir aufgetragen euch das Souper servieren zu lassen, wenn ihr früher kommt, denn sie werde sofort zurückkommen. Doch fürchte ich, daß sie in ihrer Verzweiflung, nachdem sie euch nicht getroffen hat, sich was angetan.« ..... »Fliege hin mein Freund und verliere nicht eine Minute, wenn sie Geld braucht, hier hast du einen offenen Befehl an meinen Cassier. Nimm Geld soviel als notwendig ist, zwanzig- bis dreißigtausend Francs, ich weiß, du wirst mein Vertrauen nicht mißbrauchen.«

Alles ist vorbereitet, ohne daß der gute Kerl es weiß. Das Haus und die Möbel verkauft, die Dienerschaft verabschiedet, ein Postwagen wartet am Quai, Josefine saß im Wagen und ich eilte in das Haus des Juden, um den Plan zu vollenden. Ich sage dem Kommis, der mich kennt, daß der Geschäftsfreund Abrahams bei uns ist und das Geld zurückverlangt, welches er dem Juden anvertraut. Hiebei zeige ich ihm den schriftlichen Befehl. »Ah«, sagte der Kommis, »ich wußte, daß eine Aenderung eintreten werde, aber ich wußte nicht, daß die Konferenz bei euch stattfinde. Hier habt ihr das Portefeuille, ergebenster Diener Herr Jerome.« .... »Ergebenster Diener, Herr Isaak.« Und damit war ich auch schon im Wagen.

Wir reisen acht Tage ohne aufzuhalten, und erst am Rhein hielten wir uns für sicher. Wir stiegen in einem Gasthause ab um uns auszuruhen. »Siehst du,« sagte ich zu Josefine und zählte die Summe, »unser erster Streich ist gelungen. Nur Ruhe und Frechheit und wir werden bald in Reichtum schwimmen. Dieser Weg führt nach Berlin, wo ein philosophischer König regiert. Es ist dasselbe Vergnügen, einen deutschen Baron auszurauben wie einen französischen Juden. Und von wem immer das Geld kommt, wenn es nur gestohlen ist, bringt es sicher Glück.« ..... »Das glaube ich nicht, denn ich habe nichts davon gesehen; einige Kleider und Schmucksachen, alles andere hast du mit Huren und Buben verlumpt. Deine Ausschweifung ist ebenso groß wie deine Gaunerei. Du warst so verrufen, daß, wenn wir nicht durch unser Abenteuer gezwungen worden wären Bordeau zu verlassen, uns die Polizei davongejagt hätte. Du hast geprügelt, geschändet und vielfach noch ärgeres.« ...... »Gewiß, auch noch ärgeres, setze nur meine Lobrede fort.« ... »Das ist scheußlich.« ... »Nur ruhig, ich hab dich nicht bei mir, damit du mir Predigten hältst, sondern damit du meinen Geiz und meiner Ausschweifung und meinem Luxus dienst. Denke daran, daß du durch deine Verbrechen in meiner Hand bist. Selbst wenn ich dich stehen lasse und dir mein Rat nicht mehr zuteil wird, bist du eine arme Taglöhnerin, und erstickst bald im Elend. Darum bleibe mein gefügiges Werkzeug und denke daran, daß ich immer eine Pistole in der Tasche trage, mit der ich dich bei dem leisesten Ungehorsam niederschieße.« ..... »O Jerome, ist das deine Liebe, die du mir versprochen, als du mich verführtest?« ..... »Habe ich dir nicht schon oft gesagt, daß ich das Wort Liebe nicht kenne! Nein, die Mittel die ich angewendet dich zu verführen, sind die gewöhnlichen, man muß nur die Lockspeise recht fett machen.« Josefine weinte bittere Tränen, die mich[193] aber höchstens belustigten. Nachdem ich aber durch diese Szene in große Erregung gekommen war, und nichts da war, um mich abzukühlen, steckte ich meiner Reisegenossin meinen Schwanz in den Arsch und unterhielt mich mit ihr solange bis ich mehreremale entladen hatte. Ich war kaum fertig als Peitschenknallen einen Wagen ankündigte, ich öffnete die Türe und hörte wie man rief: »Er ist hier ganz bestimmt, wir verfolgen ihn seit Bordeau,« Josefine fiel sofort in Ohnmacht, ich aber, mit der Ruhe des geborenen Verbrechers, stieg mit den Pistolen in der Hand hinunter. »Suchst du vielleicht mich, mein Freund?« fragte ich den Kurier. »Ja, Elender!« rief mir Isaak zu, denn er war es, »dich suche ich und ich werde dich sofort verhaften lassen.« »Niederträchtiger Verleumder!« rief ich aus, »unterstehe dich nur.« Ich ließ den Richter sofort holen: »Ich werde mich beklagen über die Frechheit dieses Menschen.« Isaak, der darauf vertraut hatte, daß ich bei der blossen Anschuldigung erzittern werde, der sich im Recht fühlte und daher keine Beweise mithatte, wechselte die Gesichtsfarbe. Der Richter kam: »Mein Herr,« sagte ich, »dieser Spitzbube ist, wie ich, Kaufmann in Bordeaux und schuldet mir hunderttausend Francs. Als ich sie von ihm verlangte, da ich sie für eine Reise brauchte, verweigerte er sie mir, darauf hab ich ihn vor Gericht belangt und er wurde bankerott erklärt. Ich sammelte hierauf mein anderes Vermögen und fuhr weg. Kaum bin ich aus der Stadt als er aussprengte, daß ein Teil meines Geldes ihm gehöre, daß ich es ihm gestohlen hätte und dadurch Schuld an seinem Ruin sei. Deshalb hat er mich auch hieher verfolgt, aber beim Teufel, eher bekommt er mein Leben wie mein Geld.« ........ »Was haben Sie darauf zu antworten,« fragte der Richter Isaak ...... »Ich antworte darauf,« sagte der Jude ganz verwirrt, »daß wir es mit dem größten Spitzbuben Europas zu tun haben, aber ich habe gefehlt, ich bin fort, ohne Beweise mitzunehmen. Aber das macht nichts, der Halunke entkommt mir nicht, ich werde ihn bis in die Hölle verfolgen. Auf Wiedersehen!« ..... »Nicht so rasch du Hurensohn,« sagte ich und packte Isaak beim Kragen, »zuerst gib mir mein Geld oder wenigstens alles was du bei dir hast.« ........ »Das ist richtig,« sagte der weise Salomon, »der Herr sagt, daß Sie ihm hunderttausend Francs schuldig sind, darum bezahlen sie.« ........ »Unverschämter Verleumder, kann man noch weiter in seiner Frechheit gehen?« »Kleiner Moses-Enkel, ich bin weniger unverschämt wie du, ich verlange nur was mir gehört und nicht, wie du, worauf du kein Recht hast.« Isaak wurde verurteilt, man leerte ihm die Taschen. Ich erhielt fünfzigtausend Francs Baargeld und für den Rest meiner Forderung Wechsel auf Berlin. Ich bezahlte reichlich den Wirt, den Richter, ließ dann anspannen und so fuhren Josefine und ich von der Herberge fort, in welcher wir nicht gehofft hatten ein so gutes Geschäft zu machen. »Ich wette,« sagte Josefine, »daß ich von diesem Gelde nicht einen Pfennig zu sehen bekomme. Obwohl du es durch meinen Arsch verdient hast.« ..... »Hab ich dir nicht immer gesagt, daß man nur mit dem Arsch Geld verdient? Hätte ich deine Scheide gevögelt, so [194] wäre ich sicher nicht auf den guten Gedanken gekommen.«.. »Also wie viel bekomme ich?« ..... »Zehntausend Francs.« ..... »Eine schöne Summe!« »Du hast ja auch keine Ausgaben, außer ein paar Fetzen, währenddem ich Aersche, Schwänze und sonstiges bezahlen muß. Welcher Unterschied.« So kamen wir nach Paderborn ohne uns irgendwo aufzuhalten. Die Hamburger Messe zog so viele Reisende auf diese Straßen, daß alle Gasthäuser voll waren und wir unser Zimmer in Paderborn mit einem reichen Hamburger Kaufmann, der mit seiner Frau zur Messe reisen wollte, teilen mußten. Kolmark, so hieß dieser Mann, hatte eine reizende zwanzigjährige Fran, die mir ebenso das Blut zu Kopf steigen ließ wie eine schwere Kassette, die er sorgfältig in einem Kasten einschloß. Aus Begierde nach diesen beiden Objekten konnte ich in der Nacht kein Auge schliessen. Eine Reparatur am Wagen hielt sie zwei Tage im Ort zurück und ich schützte, um bei ihnen zu bleiben, Geschäfte in Paderborn vor. Infolgedessen machten wir Bekanntschaft, Josefine von mir verständigt, befreundete sich rasch mit der Frau; wir frühstückten, dinierten zusammen und gingen zusammen ins Theater. Während des Soupers bereitete ich den Schlag vor. Nachdem Kolmark das Mittagessen bezahlt hatte, nahm ich das Souper auf mich und unter dem Vorwand die nötigen Anordnungen zu treffen, verließ ich früher das Theater. In der Herberge sagte ich, daß ich noch in der Nacht nach Berlin fahren wolle; nachdem ich aber am Ende der Stadt noch einen Freund abholen wolle, würde ich meinen Wagen mit allen Effekten gleich jetzt dorthin schicken. Unsere Effekten werden aufgeladen und unter ihnen auch die Kassette, die ich mittels eines Dietriches aus dem Kasten genommen. Ich befahl dem Postillon beim Berliner Tor auf uns zu warten. Er solle in dem Gasthause dort mittlerweile ein Glas Bier trinken.

Kaum ist mein Wagen fort, so kommt Josephine mit den beiden Opfern. Ein herrliches Supee wird serviert, doch hatte ich vorsorglich unter das Kompott ein Gift gemengt, genügend um jeden der davon kostete, in tiefen Schlaf zu versenken. Und wirklich, kaum hatten Kolmark und seine Frau es auch nur berührt, als sie in einen Starrkrampf verfallen, und man mit ihnen alles was man will, machen kann. »Halte dich bereit,« sagte ich zu Josefine, »unser Wagen ist mit der Kassette fort, hilf mir noch, die Frau vögeln, die mir den Kopf verdreht, dann wollen wir ihnen die Schmucksachen und alles was sie noch bei sich tragen, abnehmen, und uns schleunigst aus dem Staub machen.« Ich nähere mich der Frau, ich entblößte sie, zwicke sie in die Brust, sie regt sich nicht. Sicher gemacht, werde ich unternehmender und Josefine und ich entkleiden sie. »Himmel, welch ein Körper,« sagte ich zu Josefine, »die reine Venus, aber ich will mein Verbrechen vollenden, ich bin meiner Sache nicht sicher und darum werde ich sie während des Vögelns tödten.« Ich beginne mit der Frau, ich vögle sie von vorn und rückwärts ... nicht das leiseste Lebenszeichen. Ich entlade in ihren Arsch und mache mich an dem Mann, nachdem ich ihn eine Weile puseriert, gehe ich [195] wieder zur Frau über und währenddem erstickt Josefine, auf mein Geheiß, sie beide mit den Matratzen; dadurch genieße ich die entzückende Wollust, ein Wesen, während man es vögelt, jählings zu ermorden. Welchen Genuß erzeugt die Kontraktion aller Nerven, die der Tod hervorruft. Es ist besser dar über zu schweigen, sonst würden alle Wüstlinge zu Mördern werden. Endlich legen wir die beiden Leichen in ihre Betten und verlassen das Gasthaus. »Lassen sie Herr und Frau Kolmark schlafen,« sagte ich zum Wirt, »euer ausgezeichnetes Souper und euer Wein ist ihnen so zu Kopf gestiegen, daß sie bis Mittag sich ausruhen mögen.« Wir belohnen reichlich die Dienerschaft und eilen zu dem Wagen, in unseren Taschen alle Schmucksachen und alles Geld, das die Todten bei sich gehabt. Wir reisten in einer Tour bis nach Berlin; dort erst öffneten wir die Kasette und fanden darin Werte von zwei Millionen. »O Josefine,« rief ich aus, »hab ich dir nicht gesagt, daß ein Verbrechen das andere sichert, und daß der Mann am besten daran ist, der die meisten zu begehen versteht.«

Auch in Berlin gab ich mich als Bruder Josefinens aus. Diese entzückende Kreatur wurde von Tag zu Tag hübscher und machte eine Reihe von Eroberungen. Doch ich hatte sie gelehrt, sich die auszusuchen, welche am meisten eintragen. So war es vor allem Prinz Heinrich, Bruder des Königs, ein Mann, dessen Verstand und Galanterie ebenso bekannt waren, wie sein ausschweifender Lebenswandel, den sie einfangen wollte. Prinz Heinrich, mehr Liebhaber von Männern als von Frauen, schloß sich nur dem an, der ihm die beste Erfüllung seiner Passionen versprach. »Schöner Engel,« sagte er zu Josefine, »bevor ich mich dir anschließe, muß ich dir meine ebenso heftigen als eigentümlichen Leidenschaften erklären. Vor allem einmal bediene ich mich nie einer Frau, ich ahme ihr nur nach, aber sie selbst verachte ich. Ich werde dir daher Männer zuführen, die du alle in Angriff nehmen mußt. Meine Lieblingsgröße zeige ich dir hiermit.« Und er gab ihr einen Godmischee von dreizehn Zoll Länge und neun Zoll Umfang. »Wenn du derartige Objekte findest, so führe sie mir zu. Während der Operation wirst du von einem fleischfarbenen Gewand bekleidet sein, welches nur deinen Arsch sehen läßt; du wirst die Schwänze, die für meinen Arsch bestimmt sind, vorbereiten, und die Männer, währenddem sie mich bearbeiten, aufgeilen. Als Dank dafür erhältst du, wenn ich gut gevögelt worden, vierhundert Rutenstreiche. Das ist aber noch nicht alles; alles weibliche muß gründlich an dir entweiht werden. Nach den Peitschenhieben mußt du dich nackt auf die Erde legen und die Beine auseinanderspreizen; alle Männer, die mich besessen, müssen dir in die Fut und auf den Busen scheißen und ich werde das dann mit meiner Zunge reinigen. Darauf hin werde ich dir, während du gegeilt wirst, in den Mund scheißen. Denn nur so kann ich entladen.« »Und was bekomme ich,« fragte Josefine, »als Entschädigung für diesen gewiß angenehmen Dienst?« »25.000 Franks monatlich und außerdem trage ich alle Kosten.« »Das ist zwar nicht zu viel, aber die Ehre Ihrer [196] Protektion genügt für das übrige und ich stehe zu Diensten ...« »Wer ist dieser junge Mann, den Sie Bruder nennen?« »Es ist wirklich mein Bruder, und vielleicht kann er Ihnen durch die Aehnlichkeit seiner Geschmacksrichtung dienlich sein.« – »Ah, ist er auch so ein Kerl? Gewiß, gnädiger Herr.« – »Puseriert er Sie öfters?« »Manchmal.« – »Das möchte ich sehen.« Josefine rief mich und der Prinz knöpfelte mir zu seinen Vergnügen sofort die Hose auf und begann mich zu geilen. Er bewunderte mein Glied, wenn es auch nicht die vorgeschriebene Größe hatte. Er legte Josefine auf die Erde und steckte ihr höchsteigenhändig mein Glied ins Arschloch. Kaum begann ich zu arbeiten, als er mir meine Hosen herunterzog, meinen Arsch betastete, schleckte, sein Glied ein wenig hineinsteckte, es sofort aber wieder herauszog, und fortfuhr, meinen Arsch zu bewundern. »Könnten sie während des Vögelns scheißen? Es ist für mich ein entzückender Anblick, einen Mann scheißen zu sehen, während er vögelt. Ich liebe überhaupt riesig den Dreck, ja esse ihn sogar. Nur die Dummen glauben nicht an solche Passionen. Also können sie scheißen?« Meine Antwort war einer meiner schönsten Dreckhaufen, den ich in meinem Leben geschissen. Heinrich bekam ihn ganz in den Mund, und der Samen, den er ergoß, war ein Beweis für den Genuß, den er gehabt. Aber er hatte mich beinahe im Scheißen übertroffen. Als ich dies wegräumen wollte, sagte er: »Nein, das ist Frauenarbeit.« Josefine mußte dies mit den Händen tun, und diese Erniedrigung ergötzte ihn. »Sie hat einen hübschen Arsch,« sagte er, »es wird ein Vergnügen sein, sie zu peitschen. Ich werde das ausgiebig tun, wenn es Ihnen recht ist« ... »Gewiß, gnädiger Herr; Josefine gehört Ihnen und wird sich eine Ehre daraus machen, Ihnen in allem zu dienen ... Die Frauen darf man nicht schonen, sonst zerstört man sich selbst das Vergnügen ... Gnädiger Herr, es wundert mich, daß sie auch, nachdem die Ursache der Unzucht erloschen, noch immer ihre Fahne hochhalten.« »Das ist, weil ich aus Ueberzeugung und nicht aus Temperament unzüchtig bin. Der Zustand meiner Kräfte hat damit gar nichts zu tun. Ich gebe mich der Ausschweifung genau so hin, gleich nachdem ich entladen, wie wenn ich sechs Monate Samen in den Hoden hätte. Je schmutziger das Vergnügen ist, dem man sich hingibt, desto mehr regt es auf. Je mehr man gesättigt ist, desto mehr verfeinert man seine Genüsse und so gelangt man endlich zum Höhepunkt der Verderbnis. Ich empfinde meinen Geschmack als einen ganz natürlichen und bedauere nur die Mittelmäßigkeit meiner Mittel. Keine Leidenschaft ist so anspruchsvoll, wie die Unzucht; man muß hierbei ganz den civilisierten Menschen ausziehen und wie die Wilden sich in den Abschaum der Unzucht stürzen. Man muß ihr seinen ganzen Einfluß und sein ganzes Vermögen weihen ...« »Das sind Prinzipien, die an die Tyrannis grenzen ... Die wirkliche Unzucht ist auch nur Despoti und darum neigen wir königliche Prinzen so zu ihr hin. Kennst du die Gedanken Machiavells? Das Volk ist von der Natur dazu bestimmt, in den Händen der Monarche als Maschine zu dienen. [197] Jeder Fürst, der es nicht knechtet und vergewaltigt, begeht ein Verbrechen gegen die Absichten der Natur. Alles geht außer Rand und Band, alle Verbrechen erheben ihr Haupt, Kunst und Wissenschaft gehen zu Grunde, Krieg, Hunger und Pest erscheinen, sobald der Monarch schwach wird. Wenn es daher im Himmel einen Herrscher gäbe, so wäre es seine erste Pflicht, den irdischen König zu strafen, der sich so vergeht« ... »Aber liegt die Macht nicht in der Hand des Stärkeren? Und ist das Volk in seiner Gesamtheit nicht der wirkliche Herrscher?« ... »Die Macht der Gesamtheit ist ein Unding. Niemals geben verschiedenartige Kräfte eine Kraftsumme. Im Gegenteil, sie schwächen sich untereinander. Jedes Volk soll nur einen Herrscher haben sowie es auch nur eine Sonne giebt« ... »Warum soll es aber ein Tyrann sein?« ... »Weil nur die höchste Macht alle die Uebel verhindern kann, die ich dir vorhin geschildert. Ein Tyrann mißhandelt zwar einige Leute, das ist ein geringes Uebel; ein ohnmächtiger Fürst aber schädigt die Gesamtheit« ... »O mein Herr,« sagte ich, und küßte die Hand des Prinzen, »wie ehrlich diese Ansichten.«

Der Prinz von Preußen ließ mir als Zeichen seiner Gunst 25.000 Franks auszahlen und verließ fast nicht mehr unser Haus. Ich half ihm Männer suchen und da ich nicht so wählerisch war wie er, begnügte ich mich mit denen, die er nicht wollte. Auf diese Weise lernten während der zwei Jahre, die wir in der Stadt blieben, fast zehntausend Schwänze meinen Arsch kennen. Kein Volk der Welt hat soviel tüchtige und gefällige Soldaten. Und wenn man es nur versteht, bekommt man so viele, daß man sie zurückweisen muß. Wir konnten mit Leichtigkeit heimlich einige hohe Herrn empfangen. Und der Graf von Reinberg teilte lange Zeit mit dem Bruder seines Herrn die Geliebte, ohne daß er es wußte. Reinbergs Unzucht bewegte sich in anderer Richtung, er vögelte regelrecht Josefine, während zwei Frauen ihn prügeln, eine dritte ihm in den Mund pischen mußte. Doch entlud er nicht in die Fut, die er gevögelt, sondern er erwies diese Ehre derjenigen, die ihm in den Mund gepischt. Deshalb mußte diejenige, welche er vögelte, jung und hübsch sein, und die andere alt, häßlich und stinkend. Dies dauerte achtzehn Monate und hätte noch länger gedauert, wenn ich nicht hätte Berlin verlassen müssen. Dies aber kam so: Ich bemerkte schon seit längerer Zeit verschiedenes, was mir Sorge einflößte; doch war ich noch schwankend, als ein mir gemachter Vorschlag zur Entscheidung führte. Das erste, was ich bemerkte, war eine gewisse Erkaltung des Prinzen gegenüber Josefine. Die Unbeständigkeit ist eine Folge der Ausschweifung, je mehr man sich sättigt, desto rascher wird man satt. Das zweite, was mich besorgt machte, war, daß ich bemerkte, wie Josefine langsam meinen Händen entglitt. Sie hatte sich in einen jungen Kammerdiener des Prinzen verliebt, mit welchem sie wiederholt in Gegenwart des Prinzen verkehrt hatte. Und ich fürchtete, sie könnte meine Ketten ganz abschütteln. So standen die Dinge, als ich durch einen Brief folgenden Vorschlag erhielt: Sie erhalten fünfmal hunderttausend [198] Franks, wenn Sie Josefine ausliefern. Es gilt einen Geschmack zu befriedigen, der ihr das Leben kosten wird. Die Stellung, dessen, der dies verlangt, ist eine derartige, das Sie ein verlorener Mann sind, wenn Sie nicht folgen. Wenn Sie einschlagen, bekommen Sie morgen Mittag die verlangte Summe und fünfhundert Gulden Reisegeld. »Doch müssen Sie Preußen für immer verlassen.« Hierauf antwortete ich: »Wenn mich der Schreiber besser kennen würde, so hätte er die Drohung sich erspart. Nur verlange ich, der Ermordung meiner Schwester beigezogen zu werden, oder wenigstens zu erfahren, wie dieselbe vor sich gehen wird. Im Uebrigen halte ich es für wichtig, zu bemerken, daß Josefine im dritten Monate schwanger ist!« Darauf erhielt ich folgenden Brief: »Sie sind ein reizender Mensch und nehmen aus Berlin die Achtung und Protektion des Schreibers dieser Zeilen mit. Zur Marter Ihrer Schwester können Sie nicht beigezogen werden, doch mag es Ihnen genügen, daß sie zwanzig Stunden dauern wird, und das es das Schrecklichste und Außergewöhnlichste sein wird, was jemals ein Geist erdacht. Ein Sachverständiger wird morgen den Zustand ihrer Schwester prüfen, und wenn es wahr ist, daß sie schwanger ist, so erhalten Sie hunderttausend Franks mehr. Betreten Sie nie wieder Berlin, doch seien Sie sicher, daß wo immer Sie sind, eine mächtige Hand Sie beschützen wird.« Diesen Abend supierte ich mit Josefine und schlief das letztemal mit ihr. Niemals hatte ich noch ein solches Vergnügen beim Vögeln genossen. Dieser entzückende Körper, wie schade, das er bald den Würmern zur Speise dienen wird! Und dies ist mein Werk, denn ich könnte Sie retten. Bei meiner Geistesbeschaffenheit waren solche Gedanken wohl imstande, die höchste Extase zu erzeugen. Und es gab keinen Tempel, dem ich nicht in dieser Nacht opferte. Am nächsten Morgen kam der Arzt und ich sagte Josefine, der Prinz sei von ihrer Schwangerschaft verständigt und biete ihr seine Hilfe an. Josefine leugnete zuerst, aber durch die Untersuchung überwiesen, bat sie den Arzt sie nicht zu verraten. Er versprach ihr alles, stellte aber fest, das sie am Ende des vierten Monats der Schwangerschaft sei. Hierauf nahm er mich auf die Seite, gab mir die versprochenen 600.000 Franks und 500 Gulden Reisegeld, und prägte mir ein, vor Abend Berlin zu verlassen. Ich wollte ihm 10.000 Franks geben, er aber wies sie zurück. Ich fragte ihn, was mit Josefine geschehe: »Sie wird das Opfer von Ausschweifungen sein« ... »Und werden diese sehr grausam sein?« »Es gilt eine neue Methode zu erproben, die so schrecklich ist, daß das Opfer jedesmal ohnmächtig wird und immer wieder zum Bewußtsein zurückgerufen wird« ... »Und fließt das Blut?« »Nur sehr langsam, es ist eine Vereinigung aller Martern, erfunden von der Inquisition« ... »Das muß ein reicher Mann sein, der sich diesen Spaß erlaubt?« »Ich kenne ihn nicht« ... »Kennt er Josefine?« »Ich weiß es nicht.« Und damit entfernte er sich, ohne daß ich ihm noch etwas entlocken konnte. Ich teilte Josefine mit, daß man sie allein haben wolle, sie bat mich zitternd, sie zu begleiten. »Ich kann es nicht« ... »O mein Geliebter, eine Ahnung [199] sagt mir, daß ich dich nie mehr wiedersehen werde!« »O Josefine, welche Uebertreibung, Mut, man kommt.« Der Arzt kommt und bietet ihr die Hand, ich helfe ihr in den Wagen und sie entschwindet meinen Blicken, während meine ganze Wollust sich in den Abschiedsblick vereinigt.


Schluß des zweiten Bandes. [200]

Dritter Band

Dritter Band.

[201][203]

Fortsetzung der Geschichte Jeromes.

Das erstemal, da man sich allein befindet, nachdem man recht lange zu Zweit war, scheint es, als ob dem Dasein etwas fehle. Die Toren halten das für die Wirkungen der Liebe; sie täuschen sich. Der Schmerz, den man durch diese Leere empfindet, ist nur die Wirkung der Gewohnheit, die durch eine entgegengesetzte Gewohnheit schneller schwindet als man denkt. Am zweiten Tage meiner Reise dachte ich schon nicht mehr an Josephine; wenn ihr Bild in meinen Gedanken auftauchte, so geschah es mit der Empfindung einer Art grausamen Vergnügens, das viel wollusterregender war als das der Liebe oder des Zartgefühls. »Sie ist gestorben,« sagte ich zu mir, »gestorben unter entsetzlichen Qualen, und ich war es, der ihr diese verursacht hat.« Dieser köstliche Gedanke rief dann solche Freudenausbrüche in mir hervor, daß ich mich häufig genötigt sah, halten zu lassen, um meinen Postillon von hinten zu bearbeiten.

Ich befand mich in der Umgebung von Trient, ganz allein in meinem Wagen, auf dem Wege nach Italien, als eine dieser Regungen der Sinnlichkeit mich im gleichen Augenblicke ergriff, da ich im Walde, den wir durchquerten, Jammerlaute vernahm. »Halt!« sagte ich zum Postillon. »Ich möchte die Ursache dieses Geschreies wissen. Entferne dich nicht und gib auf meinen Wagen acht.« Ich dringe, die Pistole in der Hand, in den Wald und entdeckte endlich in einem Gestrüpp ein fünfzehn oder sechszehnjähriges Mädchen, das mir ausnehmend schön schien. »Welches Mißgeschick betrübt Sie, mein schönes Fräulein?« fragte ich, an sie herantretend. »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« – »Ach nein, nein, mein Herr,« erwiderte sie, »es gibt kein Mittel gegen die Schande; ich bin eine Verlorene; ich erwarte nur den Tod, um den ich Sie bitte.« – »Aber, Fräulein, wenn Sie so gut wären, mir zu erzählen ....« – »Sie Sache ist ebenso einfach wie grausam, mein Herr. Ein junger Mann verliebt sich in mich; dieses Verhältnis mißfällt meinem Bruder; der Barbar mißbraucht die Autorität, die der Tod unserer Eltern ihm verleiht; er entführt mich und läßt mich nach schrecklichen Mißhandlungen in diesem Walde zurück, indem er mir unter Androhung des Todes verbietet, jemals wieder in seinem Hause zu erscheinen: [203] dieses Ungeheuer ist zu allem fähig; er tötet mich, wenn ich heimkehre. Ach, mein Herr, ich weiß nicht, was aus mir werden soll! Doch Sie bieten mir ja Ihre Dienste an .... Nun gut, ich nehme sie an. Bitte, helfen Sie mir bei der Aufsuchung meines Liebhabers; tun Sie das, mein Herr, ich beschwöre Sie darum. Ich kenne nicht Ihren Stand oder Ihr Vermögen; aber mein Geliebter ist reich und wenn Sie Geld benötigen, bin ich sicher, daß er es Ihnen für meine Wiedererlangung gerne geben würde.« – »Wo ist dieser Geliebte, Fräulein?« fragte ich eifrig. – »In Trient, kaum zwei Meilen von hier.« – »Weiß er etwas von Ihrem Erlebnis?« – »Ich glaube, noch nicht.« – Jetzt sah ich wohl, daß dieses schöne Mädchen, gegenwärtig ohne jeden Schutz, wenn ich es wollte, mir zu Willen sein müsse; aber ebenso geldgierig als lüstern, begann ich sogleich einen Plan zu schmieden, um gleichzeitig beide Gelüste zu befriedigen. »Wissen Sie nicht,« fragte ich zunächst die Unglückliche, »ob nicht ein Haus in der Nähe dieser Waldpartie ist?« – »Nein, Herr, ich glaube nicht.« – »Nun gut, verbergen Sie sich noch mehr im Gebüsch; rühren Sie sich nicht; schreiben Sie mit meinem Stift auf dieses Papier die drei Zeilen, die ich Ihnen diktieren werde; in einigen Stunden bringe ich dann Ihren Liebhaber.«

Ich diktierte dem hübschen Mädchen folgendes: »Ein wackerer Unbekannter wird es Ihnen ermöglichen, sich von meinem Unglück zu überzeugen; es ist furchtbar. Folgen Sie ihm, er wird Sie an den Ort geleiten, wo ich Sie erwarte; aber kommen Sie allein, ganz allein; das lege ich Ihnen sehr ans Herz; warum, werden Sie bald erfahren. Wenn zweitausend Zechinen Ihnen nicht zu gering scheinen als Belohnung für den Mann, der uns vereinigt, so bringen Sie sie mit, um sie ihm vor mir zu verabfolgen. Sie können mehr bringen, wenn Ihnen die Belohnung zu mäßig scheint.«

Die schöne Mißhandelte, die Héloise hieß, unterzeichnete das Billet; ich begab mich sodann rasch in meinen Wagen und trieb den Postillon zur schnellen Fahrt an; ich ließ ihn halten vor der Türe des jungen Alberoni, des Geliebten Héloisens. Ich überreichte ihm den Brief. »Zweitausend Zechinen!« schrie er, mich umarmend, »zweitausend Zechinen für Nachrichten vom Teuersten, was ich auf Erden habe! Nein, nein, mein Herr, das ist nicht genug, hier haben Sie das doppelte! Gehen wir, ich beschwöre Sie darum. Ich erfuhr soeben das Verschwinden meiner Geliebten und den Zorn ihres Bruders; aber ich wußte nicht, wohin meine Schritte lenken, um sie zu finden; Sie weisen mir den Weg, wieviel Dank schulde ich Ihnen dafür! Fahren wir, mein Herr, und gehen wir allein, da sie es so verlangt.« Jetzt zügelte ich aber den Uebereifer des jungen Mannes. [204] um ihn darauf aufmerksam zu machen, daß er wegen der Erbitterung des Bruders Héloisens das Mädchen nicht nach Trient zurückbringen dürfe. »Nehmen Sie soviel Geld mit als möglich,« sagte ich ihm, »verlassen Sie das Gebiet dieser Stadt und verbinden Sie sich für immer mit Ihrer Geliebten. Denken Sie gut darüber nach, mein Herr, denn der entgegengesetzte Weg wird ihren ewigen Verlust für Sie bedeuten.« Alberoni, von meinen Erwägungen überzeugt, dankt mir; er stürzt eiligst in sein Gemach und rafft alles Gold und Geschmeide an sich. »Eilen wir jetzt,« sagt er zu mir. »Ich habe die Mittel, ihr ein Jahr lang in welcher Stadt Deutschlands oder Italiens immer ein glänzendes Leben zu ermöglichen; indessen kann man die Sache hier in Ordnung bringen.« Mit diesem weisen Entschluß zufrieden, billige ich ihn; meinen Wagen lasse ich in die Herberge einstellen, trotz der inständigen Bitten Alberonis, der ihn durchaus bei sich zu behalten wünschte. Dann eilen wir fort.

Héloise hatte sich nicht gerührt. »Unkluger« sagte ich zu Alberoni, während ich ihm die Mündung einer Pistole an die Schläfe setzte, ohne ihm die Zeit zu lassen, nur einen Laut auszustoßen, »wie konntest du die Dummheit begehen, den Händen eines dir Unbekannten deine Geliebte und dein Geld anzuvertrauen? Lege schnell alles, was du mit hast, her und trage in den Gluten der Hölle die ewige Reue über deine Unklugheit!« Alberoni will eine Bewegung machen; ich strecke ihn zu meinen Füßen nieder. Héloise fällt in Ohnmacht.

»Sapperlot!« sagte ich dann zu mir, »so wäre ich denn durch diese köstliche Missetat Herr eines reizenden Mädchens und einer netten Summe; jetzt wollen wir mal genießen.« Andere an meiner Stelle hätten vielleicht aus der Ohnmacht ihres Opfers Nutzen gezogen, um sich ihrer mit mehr Ruhe zu erfreuen; ich dachte ganz anders. Ich wäre verzweifelt gewesen, wenn diese Unglückliche nicht im Besitze aller ihrer Sinne gewesen wäre, um mich an ihrem Mißgeschick noch mehr erfreuen zu können. Meine wüste Phantasie ersann zu dem einige Ruchlosigkeiten; ich wollte sie den Leidenskelch bis zur Neige leeren lassen. Wenn man so weit geht, ein Verbrechen zu begehen, dann muß man es in dem erdenklich größten Umfang, mit raffiniertester Grausamkeit verüben.

Ich hielt meiner Héloise flüchtiges Salz unter die Nase; ich versetzte ihr Ohrfeigen und kniff sie. Da ich sie durch das alles nicht zu Bewußtsein brachte, so schürzte ich sie und kitzelte ihre Clitoris; auf diese wollüstige Empfindung hin schlug sie ihre Augen auf. »Schönes Kind,« sagte ich zu ihr, während ich einen feurigen Kuß auf ihren [205] Mund drückte, »nur ein wenig Mut: Sie brauchen ihn, um den weiteren Verlauf Ihres Unglücks ertragen zu können. Sie sind noch nicht am Ziel.« – »Ruchloser,« sagte das interessante Mädchen weinend, »was willst du denn noch? Welche neue Qualen stehen mir denn noch bevor? Ist es denn nicht genug, mein Vertrauen mißbraucht zu haben, um mir alles zu rauben, was ich liebe? Drohest du mir nur mit dem Tode, dann beeile dich, ihn mir zu geben; vereinige mich rasch mit dem angebeteten Gegenstande meiner Liebe; für diesen Preis verzeihe ich dir deine Untat.«

»Dem Tod, nach dem du dich sehnst, mein Engel,« antwortete ich, indem ich sie zu betasten begann, »wirst du ganz sicher nicht entgehen; aber es müssen ihm einige Demütigungen und Grausamkeiten vorangehen, denn ohne diese dir den Tod zu geben, würde mir meinen Genuß verkürzen.« Aber da während dieser Worte meine Hände, die beständig herumwühlten, meinen gierigen Blicken Schenkel von blendender Weiße und schöner Rundung darboten, machte ich dem Gespräch ein Ende und handelte nur mehr. Die Gewißheit, die Erstlinge eines so schönen Mädchens pflücken zu können, ließ mich an eine Art des Angriffs denken, die mir sonst nie in den Sinn gekommen wäre. Gott! In welche Schwierigkeiten, in welche Hitze, in welches Entzücken versetzte mich dieser Sieg! Die Art, wie ich ihn errang, verlieh ihm noch mehr Würze. Ein alabasterweißer Hals bot sich mir dar; in dem Zustand, in dem ich mich befand, war ich mehr zu Mißhandlungen als zu Liebkosungen geneigt, darum biß ich und drückte ich sie, anstatt sie zu küßen. Welch wunderbares Phänomen! Héloise unterliegt trotz ihres Schmerzes dem Gefühle des Entzückens, das zu empfinden ich sie zwinge; sie entleert sich. Nun entfacht nichts auf der Welt das Gefühl wolllüstiger Raserei in mir so stark, als wenn ein Weib meinen Genuß teilt. »Elende Dirne!« schrie ich, »du wirst für deine Kühnheit büßen!« Damit drehte ich sie heftig um und setzte mich in den Besitz des denkbar reizendsten Hintern. Mit einer Hand schiebe ich die Backen, auseinander, mit der anderen führe ich mein Glied ein und nun sodomisiere ich drauf los. Götter; Welch ein Vergnügen bereitet sie mir! Ich verursachte ihr Schmerzen; sie wollte schreien, da preßte ich ihr ein Taschentuch auf den Mund. Doch störte diese Vorsicht den Akt und mein Glied glitt heraus. Ich begriff, daß ich mein Opfer aufheben und auf eine Unterlage stützen müsse. Da legte ich sie auf den Leichnam ihres Geliebten und brachte die beiden in eine so gute Stellung zueinander, daß beider Mund sich berührte, sozusagen aufeinander klebte. Man kann sich das Entsetzen, den Schauder, die Verzweiflung nicht vorstellen, in [206] die diese meine Ruchlosigkeit mein Opfer versetzte. Wenig gerührt von den verschiedenen Regungen, die ihr Herz zerfleischten, machte ich aus meinem Taschentuch und meinen Strumpfbändern eine Fessel, mit der ich sie in dieser Stellung fixierte worauf ich mich ruhig wieder ans Werk begab. Götter! Was für Hinterbacken! Welche Rundung! Welche Weiße! Ich überhäufte sie mit Tausenden von Küßen; ich glaube dieses schöne Gesäß fressen zu müssen, bevor ich es bearbeite. Endlich dringt mein Glied hinein, aber mit solcher Geschwindigkeit, mit so wenig Achtsamkeit, daß das Blut über die Schenkel herabfließt. Nichts kann mich aufhalten; ich bin gut drin; ich wünschte ihren Mastdarm enger, meinen Penis viel dicker, um ihr so rechte Qualen bereiten zu können. »Nun, kleine Hure,« sagte ich, sie aus Lebeskräften reibend, »wird dich dieser zweite Genuß auch zur Entladung veranlassen?« Damit prackte ich heftig ihre Hinterbacken; ich kratzte sie; meine Hände fuhren nach vorne und rißen ihr grausam die Flaumhaare heraus, mit denen die Natur sie geschmückt hatte. Tausend grausame Gedanken wirbeln durch mein Gehirn. Ich verzögere schließlich meine Entladung, damit das Feuer, das jenes durchströmt, nicht erlösche. Ich erinnere mich des entsetzlichen Planes, den ich bezüglich des Leichnames der Frau de Moldane gefaßt hatte. Ich rufe mir all das ins Gedächtnis, was man mir über die entzückenden Genüsse an einem frisch getöten Leichnam gesagt hat, und gedenke der Verzweiflung, in die mich meine stürmischen Begierden einst stürzten, da sie mich verhindert hatten, dieses Verbrechen zu begehen. Ich ziehe mein Glied heraus, ich werfe verstörte Blicke auf Alberonis blutigen Körper; nun lasse ich seine Hosen herunter. Er war noch warm; ich bemerkte prächtige Hinterbacken und küße sie; mit meiner Zunge bahne ich mir den Weg, ich führe mein Glied ein und fühle mich so gut bei dem Experiment, daß mein Same unter den unsagbaren Ausbrüchen meines Entzückens sich ausgiebig in den After des von mir getöteten Liebhabers ergießt, während ich den Arsch seiner Geliebten, die ich auch bald morden werde, küße.

Héloisens Reize, ihre Verzweiflung, ihre Tränen, der Zustand von Angst, in den ich sie durch meine Drohungen versetzte; so viele Einwirkungen auf mein stahlhartes Herz brachten mich bald wieder in Erregung. Aber erfüllt von Raserei, schäumend vor wütender Geilheit, die unsere Sinne in so heftiger Weise aufpeitscht, vermag ich mich jetzt nur mehr durch Mißhandlungen zum Genuß anzuregen. Ich pflücke Zweige in dem Gestrüp, der uns umgibt; ich binde aus ihnen Ruten; ich entkleide das Mädchen vollständig und peitsche ihren ganzen Körper, ohne den [207] Hals auszunehmen, so grausam, daß ihr Blut sich bald mit dem aus den Wunden ihres Liebhabers fließenden vermengt.

Von dieser Barbarei übersättigt, ersinne ich ihrer neue; ich zwinge sie, die Wunden Alberonis zu lecken. Als ich aber bemerkte, daß sie mit einer Art Zartgefühl gehorchte, riß ich Dornen ab und rieb damit ihre empfindlichsten Körperteile; ich führe sie in ihre Scheide ein, ich zerreiße damit ihre Brüste. Schließlich schneide ich den Kadaver des Jünglings auf; ich reiße das Herz heraus, um damit das Gesicht meines Opfers zu beschmieren; ich zwinge sie, davon einige Stücke abzubeißen. Nun aber hielt ich's nicht mehr aus. Und der stolze Jérome, der soeben über zweier Menschen Schicksal entschieden hatte, mußte sich nunmehr dem Wunsche seines Gliedes fügen; noch nie hatte ich eine Erregung von solcher Heftigkeit verspürt. Da der Samenerguß drohte, so nötigte ich mein Opfer, das Glied ihres Liebhabers in ihren Mund zu nehmen und bearbeitete sie von hinten. Ich hielt einen Dolch in der Hand: ich behielt mir ihren Tod für den Moment meiner Entladung vor ... Er naht; ich schwelge voll Entzücken in dem wollüstigen Gedanken, mit dem göttlichen Feuer meines Ergußes die letzten Seufzer derjenigen, die ich bearbeite, zu vermengen. »Sie wird die furchtbarsten Dinge durchmachen,« dachte ich, indem ich sie aus Leibeskräften rieb, »während ich die süßesten Augenblicke erleben werde.« Das Entzücken bemächtigt sich meiner Sinne; ich packe sie mit einer Hand bei den Haaren, mit der anderen stoße ich fünfzehnmal meinen Dolch in ihren Busen, in ihren Unterleib, in ihr Herz. Sie stirbt, aber noch habe ich meinen Samen nicht ergossen. Damals, meine Freunde, empfand ich so recht, wie wunderbar die Ermordung des bearbeiteten Gegenstandes wirkt. Der Mastdarm meines Opfers verengte sich, zog sich zusammen, und zwar je nach der Heftigkeit der Stiche, die ich ihr versetzte; als ich aber ihr Herz durchbohrte, da war der Druck so heftig, daß mein Glied davon gerißen wurde. O herrlicher Genuß! er war der erste dieser Art, den ich empfand; aber wieviel Dank schulde ich ihm für die Lehre, die ich aus ihm zog, wieviel Nutzen habe ich seitdem aus ihm geschöpft! Ein Augenblick der Ruhe folgt auf so heftige Erregung; aber in einer solchen ruchlosen Seele, wie die meine ist, muß das Schauspiel des Verbrechens bald wieder die Begier anfachen. »Ich habe den Leichnam des Liebhabers geschändet,« sagte ich mir, »warum sollte ich nicht mit dem der Geliebten desgleichen tun?« Héloise war noch immer schön; ihre Bläße, die Unordnung ihrer schönen Haare, das Interesse, das die verstörten Züge ihrer bezaubernden [208] Physiognomie erregten, all dies versetzte mich wieder in Erektion; ich bearbeite sie ein letztesmal von hinten und entleere mich, während ich in ihr Fleisch beiße.

Nachdem der Rausch sich verflüchtigt hatte, raffte ich das Geschmeide und das Geld zusammen und entfernte mich, ohne meine Mißetat zu verabscheuen. Ha! hätte ich sie bereut, hätte sie mich seitdem so oft in Erregung versetzt? Nein, ich verabscheute es nicht, dieses köstliche Verbrechen; wohl aber bedauerte ich gar sehr, es nicht mit noch größerer Wucht verübt zu haben.

Ich begab mich in meinen Wagen und fuhr sofort nach Venedig. Da mir das Klima des Gebietes von Trient und der Charakter seiner Bewohner mißfielen, so entschloß ich mich für Sizilien. »Dort,« sagte ich mir, »ist die Wiege der Tyrannei und Grausamkeit; das, was die Dichter und Schriftsteller von der Wildheit der Inselbewohner in der Vorzeit erzählen, erweckt in mir den Glauben, daß ich einige Spuren ihrer Laster in den Nachkommen der Lästrygonen, der Cyklopen und Lotophagen wiederfinden werde.« 14 Man wird sehen, ob ich mich getäuscht habe und ob die Priester, die Adeligen und die reichen Händler dieser herrlichen Insel nicht alles besitzen, was uns eine genügende Vorstellung von der Verderbtheit und Grausamkeit ihrer Vorfahren zu geben vermag. Mit diesem Plane durcheilte ich ganz Italien; außer einigen Akten der Wollust und mehreren heimlichen Untaten, die ich vollführte, um mich in Atem zu halten, ereignete sich nichts, was vergleichbar mit dem, was nun folgte, Eure Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen verdiente.

Mitte September schiffte ich mich in Neapel auf ein hübsches kleines Kauffahrteischiff ein, das nach Messina segelte, auf dem mir der Zufall die Gelegenheit zu einem verbrecherischen Willkürakt bot, der ebenso merkwürdig als anregend war. Wir hatten bei uns eine Händlerin aus Neapel, die ihre Geschäfte nach Sizilien führten; sie nahm mit sich zwei reizende kleine Mädchen, deren Mutter sie war, die sie aufgezogen hatte und die sie so liebte, daß sie sich nie von ihnen trennen konnte. Die ältere mochte vierzehn Jahre zählen, hatte ein romantisches Gesicht, die schönsten blonden Haare und eine recht hübsche Gestalt. Die Reize ihrer um achtzehn Monate jüngeren Schwester waren ganz anderer Art; ihre Züge waren pikanter als die der anderen, dabei vielleicht weniger interessant, dafür [209] aber wollusterregender; kurz, sie besaß alles, was geeignet war, nicht gleich ihrer Schwester allmählich für sich zu gewinnen, sondern selbst das in Liebessachen störrigste Herz im Sturm zu erobern.

Kaum hatte ich diese beiden Mädchen bemerkt, als ich beschloß, sie zu opfern. Es wäre schwer gewesen, mir ihren Genuß zu verschaffen. Von ihrer Mutter vergöttert, beständig unter ihrer Aufsicht, war es nicht leicht, den Moment des Angriffs zu wählen. Es blieb mir also nichts anderes übrig als sie zu opfern; und der Genuß, den mir die Zerschneidung des Lebensfadens zweier so hübscher kleiner Wesen in Aussicht stellte, überwog den, sie mit den Annehmlichkeiten der Wollust vertraut zu machen. Meine Tasche, die stets fünf bis sechs Arten von Giften enthielt, bot mir mannigfache Möglichkeit, ihre Tage zu verkürzen. Aber meiner Meinung nach war der Streich nicht schmerzlich genug für eine zärtliche, ihre Tochter vergötternde Mutter; ich wünschte ihnen einen auffallenderen, unendlich rascheren Tod; der Schoß der Wellen, auf welchen wir fuhren, schien mir ein Grab, von dem ich sie lieber verschlingen lassen wollte. Die beiden jungen Mädchen besaßen die Unklugheit (ich war ganz verwundert, daß man sie daran noch nicht gehindert hatte) sich auf den Rand des Oberdecks zu setzen, während die Schiffsmannschaft Mittagsruhe hielt. Am dritten Tage unserer Reise ergreife ich die Gelegenheit; ich nähere mich ihnen; während sie sich mit den Armen umschlungen halten, hebe ich sie in die Höhe, hindere sie daran, sich mit ihren Händen an mir festzuhalten, und werfe sie kraftvoll in das salzige Element, das sie für immer begraben soll. Ich empfand einen so heftigen Reiz, daß ich meinen Samen in meine Hosen ergoß. Auf das Geräusch hin wird es lebendig; ich stelle mich, als ob ich meine Augen riebe und als ob ich erst die Opfer dieses Unglücks bemerkte; ich stürze zur Mutter hin: »Ach, Madame!« sagte ich ihr, »Ihre Töchter sind verloren!« – »Was sagen Sie?« – »Eine Unvorsichtigkeit ... sie befanden sich auf dem Oberdeck ... da fuhr ein Windstoß daher ... sie sind verloren, Madame! Sie sind verloren!« Man kann sich den Schmerz dieser Unglückseligen nicht vorstellen; nie schien mir die Natur beredter, pathetischer zu sein; und umgekehrt hatten mich nie wollüstigere Empfindungen durchströmt. Als die Frau ihrer Sinne wieder mächtig war, schenkte sie mir ihr ganzes Vertrauen. Sie wurde in einem schrecklichen Zustande ans Land gesetzt. Ich logierte in derselben Herberge. Da sie ihr Ende herannahen fühlte, übergab sie mir ihre Brieftasche und bat mich, diese ihrer Familie zu übergeben; ich versprach alles und hielt nichts. [210] Sechshunderttausend Francs, die in jener enthalten waren, waren eine genug beträchtliche Summe, um sie mir bei meinen Grundsätzen nicht entgehen zu lassen; die unglückliche Neapolitanerin, die den zweitnächsten Tag nach unserer Ankunft in Messina starb, ließ mich den Raub bald ruhig genießen. Ich muß gestehen, daß ich nur eines bedauerte: nämlich, nicht mit ihr vor ihrem Tode geschlechtlich verkehrt zu haben. Sie war noch schön, dabei sehr unglücklich, und hatte mir eine äußerst heftige Begierde eingeflößt; aber ich fürchtete ihr Vertrauen zu verlieren; bei dieser Gelegenheit, wo es sich nur um eine Frau handelte, trug die Habgier den Sieg über die Wollust davon.

Ich besaß keine anderen Empfehlungsschreiben in Messina als die Wechsel, mit denen ich mich in Venedig versehen hatte, wo ich die kluge Vorsichtsmaßregel getroffen hatte, mein bares Geld wegen der Wertschwankungen gegen sizilianische Papiere umzutauschen. Der Bankier, dem ich jene vorlegte, zeigte sich mir gegenüber höflicher als die Pariser den Sizilianern gegenüber, die sich mit dem gleichen Anliegen an sie wenden; überhaupt muß ich der vollendeten Urbanität aller fremden Kaufleute, mit denen ich zu tun hatte, alle Ehre widerfahren lassen. Ein Wechselbrief ist für sie ein Empfehlungsschreiben.

Ich legte meinem Bankier gegenüber das Verlangen an den Tag, mit den beträchtlichen Mitteln, die in meinem Besitze waren, mir ein Herrengut zu kaufen. »Das feudale Regime ist hier ganz in Kraft,« sagte ich dem wackeren Manne, »das allein bestimmt mich, mich hier anzukaufen; ich will zugleich den Menschen befehlen und die Erde bebauen, gleicherweise über mein Feld wie über meine Hörigen herrschen.« – »In diesem Falle haben Sie es nirgends besser als in Sizilien,« antwortete mir der Bankier, »in diesem Lande entscheidet der Herr über Leben und Tod seiner Diener.« – »Gerade das suche ich,« war meine Antwort. Um mich nicht diesbezüglich in Einzelheiten einzulassen, teile ich gleich mit, daß ich nach Verlauf von einem Monat Herr von zehn Kirchspielen war und das schönste Landgut mit dem schönsten Schloß im Tale der Ruinen von Syracus besaß, ganz nahe beim Golfe von Catania, d.h. in dem schönsten Teile Siziliens.

Ich verschaffte mir bald ein zahlreiches Gesinde, das ich nach meinem Geschmacke auswählte. Meine Lakaien und Dienerinnen mußten meinen Geilheiten zuwillen sein. Meine Haushälterin, namens Donna Clementia, eine ungefähr sechsunddreißigjährige Frau, eines der schönsten Weiber der Insel, mußte außer ihrer persönlicher Hingabe noch die Aufgabe versehen, Gegenstände beider Geschlechter zu [211] entdecken; und ich kann Euch versichern, daß solange sie diesen Dienst versah, mir nichts abging. Bevor ich mich ansäßig machte, durcheilte ich die berühmten Städte dieser interessanten Gegend.

Theocrits Beschreibungen der Freuden Siziliens hatten nicht wenig dazu beigetragen, in mir den Wunsch zu erwecken, ein so schönes Land zu bewohnen. Ich fand alles richtig, was er über die Milde des Klimas, über die Schönheit der Einwohner, besonders aber über ihre Ausschweifungen sagt. Hier, in diesem wundervollen Himmelstrich, erweckt zweifellos die gütige Natur die Begierden und Leidenschaften, die dazu beitragen können, das Dasein angenehm zu gestalten. Hier muß man es genießen, wenn man die Fülle von Glück, die unser aller zärtliche Mutter ihren Kindern vorbehält, erkennen will. Nach der Besichtigung von Messina, Catania und Palermo kehrte ich zurück, um von meinem Schlosse Besitz zu ergreifen. Da es sich auf einem hohen Berge erhob, genoß ich gleichzeitig die reinste Luft und die herrlichste Aussicht. Dieses Festungsartige des Gebäudes war übrigens meinem Geschmacke sehr förderlich. Ich sagte mir, daß die Gegenstände, die ich ihm opfern werde, hier wie in einem Gefängnis sein würden. Wo sollten sie Beschützer finden, wenn ich zugleich ihr Herr, ihr Richter und Henker sein werde? Ach! Wie göttlich ist der Genuß, wenn Despotismus und Tyrannei ihn also anstacheln!

Clementia hatte Sorge getragen, mein Serail während meiner Abwesenheit in stand zu setzen; ich fand es bei meiner Rückkehr mit zwölf jungen Knaben im Alter von zehn bis achtzehn Jahren, mit sehr schönen Gesichtchen, und der gleichen Zahl von fast gleichaltrigen Mädchen versehen. Man ersetzte sie jeden Monat durch neue; ich überlasse es Euch, meine Freunde, auszudenken, welchen wollüstigen Zügellosigkeiten ich mich überließ. Man kann sich nicht vorstellen, was ich alles ersann; die Grausamkeiten, mit denen ich meine Genüsse mir versüßte; mein Trientiner Abenteuer hatte mich so sehr mit blutigen Gelüsten vertraut gemacht, daß ich mich ohne sie nicht mehr zu behelfen vermochte. Grausam durch meine Geschmacksrichtung, durch mein Temperament und durch inneren Zwang, konnte ich mich keiner Freude überlassen, wenn sie nicht das Gepräge der brutalen Leidenschaft trug, die mich verzehrte. Zunächst ließ ich nur Frauen ihre Wucht fühlen; die Schwäche dieses Geschlechtes, seine Sanftmut und Lieblichkeit, sein Zartgefühl schienen mir ebenso viele Anreize zur Befriedigung meiner Barbarei. Doch sah ich bald meinen Irrtum ein.

Ich fühlte, es sei unendlich wollustreizender, die[212] Aehren, die Widerstand leisten, zu mähen, als das zarte Gras, das sich unter der Sense biegt; wenn diese Erwägung mir nicht schon früher gekommen war, so war dies eher wegen falscher Zurückhaltung als aus Raffinement geschehen. Ich machte Versuche. Der erste Lustknabe, den ich tötete, zählte fünfzehn Jahre, war schön wie die Liebe und verursachte mir so wütendes Entzücken, daß ich mich in Zukunft viel mehr solchen Genüssen zuwandte als anderen. Es schien mir, als ob ich die Frauen allzusehr verachtete, um sie zu Opfern auszuersehen, während die Knaben durch ihre Reize meinen Sinnen mehr schmeichelten, sie mußten sich daher auch mehr zu Qualen eignen. Auf Grund dieser Erwägungen, die durch die Tatsachen sich bestätigten, verging keine Woche, wo ich nicht ihrer drei oder vier, und zwar stets durch neue Martern, umbrachte. Manchmal hetzte ich ein paar von ihnen in einen großen Park, der von hohen Mauern umringt war und aus dem man unmöglich entweichen konnte. Daselbst stellte ich auf sie Treibjagden wie auf Hasen an; ich suchte sie, indem ich meinen Park durchritt; wenn ich sie gefangen hatte, hing ich sie vermittelst Halseisen an Bäumen auf; unter ihnen ließ ich ein großes Feuer anzünden, das sie langsam verzehrte. Anderemale trieb ich sie zu Pferde vor mir her und traf ihren Leib mit gewaltigen Peitschenhieben; wenn sie umfielen, ließ ich meinen Renner auf ihren Bauch treten oder schoß Kugeln in ihren Kopf. Oft führte ich noch raffiniertere Martern aus, für deren Anwendung sich nur das Dunkel und die Stille des Gemaches eignete; während solcher Handlungen reizte mich stets die treue Clementia an, oder sie inszenierte wollüstige Akte, in denen ihre hübscheren Mädchen die wichtigste Rolle spielten. Zu meinem Glück hatte ich in dieser Clementia alle Eigenschaften gefunden, die zu der von mir angenommenen grausamen und wüsten Lebensweise nötig waren. Die Schelmin war boshaft, wollüstig, unmäßig und atheistisch; kurz, sie besaß alle meine Laster, und keine andere Tugend, als ihre unglaublich große Anhänglichkeit an mich und ihre wundervolle Diensteifrigkeit. Ich führte also infolge des Eifers dieses prächtigen Weibes in diesem Schlosse das köstlichste und meinem Geschmack entsprechendste Leben, als der Unbestand, zugleich die Geißel und die Seele aller Genüsse, mich dieser friedlichen Idylle entriß, um mich wieder auf das große Abenteuertheater dieser Welt zu stellen.

Man wird blasiert, wenn nicht Hindernisse die Genüsse würzen; man möchte sie durch Mühseligkeiten steigern; nur durch solche kann man sich große Freuden verschaffen. Ich beließ Clementia in meinem Schlosse und schlug abermals [213] in Messina meinen Wohnsitz auf. Rasch verbreitete sich die Nachricht, daß ein reicher Junggeselle sich in der Stadt niedergelassen hatte und öffnete mir die Pforten aller Paläste, in denen es heiratsfähige Mädchen gab; ich durchschaute gleich die Absicht und beschloß, mich daran zu belustigen.

Von allen diesen Häusern, in denen man mich wohlwollend aufnahm, fesselte mich das des Chevalier Rocupero ganz besonders. Dieser alte Adelige und seine Gattin mochten zusammen ein Jahrhundert zählen. Bei ihrem geringen Vermögen mußten sie ihre drei wunderschönen Töchter mit allzu großer Sparsamkeit aufziehen. Die erste hieß Camilla; sie zählte zwanzig Jahre, hatte braune Haare, eine blendend weiße Haut, recht ausdrucksvolle Augen, einen sehr angenehmen Mund und die Gestalt einer Hebe. Die zweite, interessanter, aber weniger schön, zählte achtzehn Jahre und hatte kastanienbraune Haare; ihre großen blauen, sehnsuchtsvollen Augen strahlten Liebe und Wolllust aus; ihre Gestalt, wie die schöne Rundung zeigte, verhieß herrliche Genüsse; sie hieß Veronika; und sicherlich hätte ich sie nicht nur Camillen, sondern der ganzen Welt vorgezogen, wenn nicht die göttlichen Reize der kaum fünfzehnjährigen Laurentia nicht nur die ihrer Schwester, sondern die der Schönen ganz Siziliens überstrahlt hätten.

Kaum war ich bei dem wackeren Edelmann eingeführt, als ich beschloß, den Kummer, die Verzweiflung, die Schamlosigkeit und die Schande, kurz alle Geißeln des Verbrechens und der Verzweiflung in sein Haus zu tragen. Die Redlichkeit war bei ihm zuhause; auch Schönheit und Tugend schienen hier ihren Sitz aufgeschlagen zu haben; brauchte es mehr, um in mir den heißen Wunsch zu erregen, jenes durch alle erdenklichen Mißetaten zu besudeln? Ich zeigte mich gleich sehr freigiebig; doch nahm man meine Geschenke nur ungern entgegen; aber die Aussichten auf eine Ehe, auf die mein Verhalten zu schließen erlaubte, machten eine Ablehnung unmöglich. Man bat mich, meine Pläne auseinanderzusetzen. »Wie kann ich unter diesen drei Grazien die Entscheidung treffen?« erwiderte ich. »Geben Sie mir doch Zeit, Ihre reizenden Töchter besser kennen zu lernen, dann werde ich Ihnen sagen können, welche die Ausrewählte meines Herzens ist.« Als ich so weit war, kann man sich leicht vorstellen, daß ich den Aufschub dazu benutzte, um alle drei zu betrügen. Da ich ihnen aber vollständiges Stillschweigen ans Herz gelegt hatte, machte keine die andere zu ihrer Vertrauten, so daß keine wußte, wie weit ich mit der anderen war. Nunmehr ging ich folgendermaßen vor.

Die erste, die ich verführte, war Camilla; da ich sie[214] unter Ehevorspiegelungen betrog, hatte ich sie nach Verlauf eines Monates dort, wo ich sie wollte. Wie schön war sie! welche Freuden kostete ich durch ihren Genuß! Kaum hatte ich sie nach allen Regeln bearbeitet, machte ich mich an Veronika heran; und als ich Camillens Eifersucht erweckte, wußte ich sie gegen ihre Schwester derart in Harnisch zu bringen, daß sie den Entschluß faßte, diese zu erdolchen.

Das heiße Temperament der Sizilianerinnen scheut vor nichts zurück; sie kennen nur zwei Leidenschaften, die Rache und die Liebe. Als ich die Gewißheit von Camillens verbrecherischen Plänen zu haben glaubte, benachrichtigte ich Veronika davon; es gelang mir, ihr darüber Klarheit zu verschaffen, so daß ihr nicht einmal der tröstende Gedanke des Zweifels übrig blieb. Das schöne Mädchen, voll Verzweiflung, aber eher furchtsam als unternehmend, fleht mich an, sie zu entführen, wenn ich sie liebe, um sie der zügellosen Rachsucht einer zu allem fähigen Schwester zu entziehen. – »Mein Engel,« antwortete ich, »wäre es nicht besser, das Uebel bei der Wurzel zu fassen, seine Urheber zu erkennen und uns ohneweiters zu rächen?« – »Es ist ja nur die heiße Liebe, die Camilla für dich hegt, schuld daran,« erwiderte Veronika, »sie bemerkt, wie du mich ihr vorziehst, darum hat es das teuflische Geschöpf auf mein Leben abgesehen!« – »Ich sehe in der Sache nicht ganz so wie Sie,« entgegnete ich. »Zweifeln Sie nicht, meine Teure, daß Ihre Eltern Camillen vor Ihnen bevorzugen. Ich weiß nicht, ob dieses Mädchen mich liebt; sicherlich habe ich ihr nie irgendwelche Hoffnungen gemacht. Doch haben sich Ihre Eltern mir gegenüber offen ausgesprochen; zweifellos ist Camilla der einzige Gegenstand ihrer Liebe; würde ich ihnen meine Liebe zu Ihnen vorbringen, sie würden mich sicherlich zurückweisen. Sie schlagen mir vor, zu fliehen; dieses Mittel wäre gefährlich; wir würden uns Ihren Eltern gegenüber ins Unrecht setzen; kaum würden sie oder das Gericht davon Kenntnis erhalten, würde man uns an unserem Vermögen oder Leben strafen. Doch scheint mir folgendes ein vorteilhafterer und einfacherer Weg: rächen wir uns zugleich an Camilla, die nach Ihrem Leben trachtet, und an Ihren Eltern, die sie dazu aufreizen.« – »Auf welche Weise denn?« – »Mit einem Mittel, das das glückliche Land, in dem wir leben, uns auf Schritt und Tritt darbietet.« – »Mit Gift?« – »Gewiß!« – »Meinen Vater, meine Mutter, meine Schwester vergiften?« – »Haben sie es nicht auf Ihr Leben abgesehen?« – »Ich hege nur einen Verdacht.« – »Ihr Tod wird der Beweis sein.« – Nach einigem Nachdenken begann wieder Veronika: »Ich weiß, daß andere Frauen ebenso gehandelt [215] haben, Donna Capraria hat soeben ihren Gatten vergiftet.« – »Warum zögern Sie also?« – »Ich fürchte Ihre Verachtung; Sie werden nach der Rachetat kaltblütiger sein und mich verabscheuen.« – »Fürchten Sie nichts; ich werde dann in Ihnen ein feuriges, mutiges, liebendes, leidenschaftliches, kurz ein charaktervolles Mädchen sehen, und werde Sie dann tausendmal heißer verehren. Zaudere nicht, Veronika, sonst verlierst du auf ewig meine Liebe.« – »Ach, mein Freund, aber der Himmel!« – Leere Furcht; der Himmel hat sich nie in weltliche Dinge gemengt; er ist nichts als die abgestumpfte Waffe der Lüge und des Aberglaubens. Es gibt keinen Gott; Lohn und Strafe, die sich auf dieses verhaßte Phantom gründen, sind ebenso verächtlich wie er. Wenn es einen Gott gäbe, den das Verbrechen erzürnte, würde er dann dem Menschen alle Mittel an die Hand geben, es zu verüben? Was sage ich da! Wenn das Verbrechen diesen angeblichen Schöpfer der Natur erzürnte, wäre es dann ein wesentliches Werkzeug der Naturgesetze? Denke doch daran, daß die entartete Natur sich nur durch Verbrechen nährt und aufrecht erhält; wenn aber diese notwendig sind, können sie weder die Natur noch das sie angeblich regierende Phantasiegeblide beleidigen. Das, was der Mensch ein Verbrechen zu nennen gewagt hat, ist nur die Tat, die die Gesetze der Gesellschaft verletzt; aber was kümmert sich die Natur um die Gesetze der Gesellschaft! Hat denn sie diese diktiert? und sind diese Gesetze nicht in verschiedenen Ländern verschieden? So schauerlich Ihnen eine Tat erscheinen mag, so kann sie als Verbrechen nur in einer begrenzten Oertlichkeit gelten; von diesem Augenblicke an kann sie die Natur nicht beleidigen, da ihre Gesetze allumfassend sind. Der Vatermord, in Europa als Verbrechen betrachtet, steht in mehreren Gegenden Asiens in Ehre; ebenso verhält es sich mit allen anderen menschlichen Handlungen; ich glaube nicht, daß man mir eine einzige nennen kann, die überall als lasterhaft gilt. Bedenken Sie übrigens, daß es sich hier nur um Notwehr handelt, daß also alle Mittel, die Ihnen dabei dienlich sind, nicht nur nicht verbrecherisch sind, sondern sogar lobenswert werden, da das oberste Gesetz der Natur uns den Trieb zur Selbsterhaltung um jeden Preis eingegeben hat. »Handeln Sie, Veronika, handeln Sie, oder es kostet Sie Ihr eigenes Leben.«

Das Feuer, das ich in den Augen des reizenden Mädchens glänzen sah, überzeugte mich bald von dem Erfolge meiner Rede. »Nun gut,« sagte sie zu mir nach Verlauf einiger Minuten heftiger Erregung, »ich werde deinen Rat befolgen. Ich kenne die notwendigen Gifte, alle diese [216] sind uns wohl vertraut; ich schwöre dir, in drei Tagen soll keine einzige Person existieren, die unser Verderben ersinnt. Entferne dich indeß, ich will nicht, daß du in Verdacht kommst.«

Ich erklärte mich umso lieber damit einverstanden, als ich diesen Aufschub benötigte, um die dritte Schwester zu verführen; ich tat dies mit Hilfe Clementias. Ich ließ sie nach Messina kommen und machte sie mit Laurentia bekannt; schon am folgen den Tage wurde diese auf mein Schloß gebracht. Kaum zwei Stunden nach ihrer Entfernung kam das von Veronika vorbereitete Unheil zum Ausbruch. Sie hatte eine sehr gefährliche Giftpflanze benützt, die sich in großer Zahl in den sizilischen Bergen findet; die drei Opfer starben unter entsetzlichen Zuckungen. Nach der Tat bemächtigte sie sich aller Dinge, deren sie habhaft werden konnte: Geschmeide, Brieftasche, Geldkasse, kurz alles nahm sie mit; dann suchte sie mich mit diesen armseligen Schätzen in einem Landhause nahe der Stadt auf, wo ich ihr Rendezvous gegeben hatte. Sie berichtete mir vom Verschwinden ihrer Schwester, dessen Beweggrund sie nicht verstehen konnte. »Du wirst sie bald wiedersehen,« meinte ich, »ich habe sie aus Vorsicht in Sicherheit bringen lassen; gehen wir, sie erwartet uns auf meinem Gute.« Diese Vorsicht schien Veronika zunächst zu ängstigen; doch wußte ich sie zu beruhigen. Aber ich überlasse es Euch, ihren Schrecken Euch auszumalen, als sie nach ihrer Ankunft aus dem Munde Laurentias erfuhr, auf welche Weise sie entführt worden war und welche Zumutungen ihr Clementia seit ihrem Aufenthalte auf dem Schlosse gemacht hatte. »O Ruchloser! du hast mich hintergangen!« sagte sie zu mir. – »Wirklich?« entgegnete ich, »ich habe dir ja nie etwas versprochen. Deine Schwester hat mir dieselbe Begierde eingeflößt wie du; darum will ich euch beide genießen, oder besser gesagt, alle drei; denn wozu es jetzt verhehlen? Camilla ist mir auch zur Beute geworden.« – »Und du konntest mir zumuten, sie zu töten? O, du Ungeheuer!« – Sie weinen, sie sind verzweifelt; aber trotz ihrer Tränen gehe ich nur darauf aus, mich an ihnen zu ergötzen. Die beiden reizenden Mädchen befriedigten zu gleicher Zeit alle meine wolllüstigen Wünsche; beide stillten alle meine Leidenschaften ausnahmslos: Hintern, Scheide, Mund, Brüste, Achselhöhlen, alles wurde in Angriff genommen, alles wurde ausgenützt; ich fand an ihnen nicht weniger Geschmack, wie seinerzeit an ihrer toten Schwester. Namentlich Veronikas Hinterbacken übertrafen alles, was ich je in dieser Art schönes gesehen hatte; man konnte sich keinen prächtigeren Hintern, keinen herrlicheren Busen vorstellen.

[217] Unglücklicherweise machte mir all das nur drei Tage lang Vergnügen. Kaum hatte ich an den beiden reizenden Mädchen meine Gelüste befriedigt, da dachte ich nur mehr daran, sie zu verderben. Aber es mußte auf eine grausame Weise geschehen. Je mehr Genüsse sie mir verschafft hatten, umsomehr Leiden und furchtbare Qualen wollte ich ihnen bereiten. Aber welche sollte ich ersinnen? Ich hatte bereits alles Erdenkliche getan, ja ich war der Ueberzeugung, daß die berühmtesten Henker der Welt mir keine Marter raten konnten, die ich nicht bereits angewendet hatte. Endlich, nachdem ich lange nachgedacht hatte, gab mir meine frevelhafte Einbildungskraft folgenden Gedanken ein. Ich verwendete die von Veronika ihren unglücklichen Eltern entwendeten fünfzigtausend Francs dafür, um die in folgendem genauer geschilderte Maschine ausführen zu lassen.

Die beiden Schwestern, ganz nackt, waren in eine Art von Panzerhemd eingehüllt, das, durch Federn regulierbar, sie an einen kleinen, mit Stacheln versehenen Holzschemel, der nach meinem Belieben funktionierte, fesselte. Sie befanden sich in einer Entfernung von acht Fuß von einander; zwischen ihnen war ein Tisch mit den erlesensten, schmackhaftesten Gerichten; sonst wurde ihnen keine Nahrung gereicht. Doch mußten sie ihre Arme ausstrecken, um nach jenen zu langen; wenn sie aber dies taten, bestand die erste Marter darin, daß es ihnen unmöglich war, sie zu erreichen. Bald aber wurde ihnen eine unvergleichlich schmerzhaftere fühlbar gemacht. Diejenige, die ihre Arme ausstreckte, setzte dadurch alsobald gegen sich sowohl wie gegen ihre Nachbarin mehr als Viertausend Stacheln oder Scheeren aus Stahl in Aktion, die sie beide sogleich zerrißen, stachen und mit Blut bedeckten. So konnten die Unglücklichen nur dadurch daran denken, das Bedürfnis, das sie quält, zu befriedigen, daß sie sich beide gegenseitig töteten. Eine Woche lang ertrugen sie diese entsetzliche Marter, währenddem ich täglich acht Stunden damit verbrachte, sie zu betrachten, wobei ich mich ebenfalls vor ihren Augen bearbeiten ließ oder mit den hübschesten Gegenständen meines Serails Sodomie trieb. Nie in meinem Leben hatte ich ein wütenderes Entzücken verspürt; ich kann die Genüsse, die mir dieses Schauspiel bereitete, nicht schildern, »ich ergoß meinen Samen bei jeder Sitzung vier oder fünfmal.«

»Sapperlot, das glaube ich,« sagte de Severino, indem er die Erzählung, wonneröchelnd sich in den Hintern eines der schönsten Mädchen des Gelages entladend, unterbrach, »ja, beim Teufel, das glaube ich, denn das sind Einzelheiten einer der merkwürdigsten Szenen, die man sich [218] vorstellen kann; das Vergnügen, das unser Bruder Jérome dabei empfand, muß höllisch stark gewesen sein, was ich aus dem Entzücken schließen kann, in das mich die bloße Erzählung versetzt.« – »Wir brauchten auch so eine Maschine,« sagte Ambroise, der sich von Justine reiben ließ, »und ich bürge dafür: wenn wir je eine besitzen, werde ich sie sicherlich zuerst an dieser Person da erproben.« – »Fahre nur fort, Jérome,« sagte Sylvester, dessen Glied hart war wie eine Eisenstange, »denn du bewirkst sonst, daß wir uns einer nach dem anderen entladen, wenn du uns lange bei dieser köstlichen Idee verweilen läßt.«

»Ich hatte Gelegenheit,« begann Jérome von neuem, »auf den verschiedenen Reisen, die ich nach Messina unternommen hatte, unsere liebenswürdigen Mitbrüder, die Benediktiner der berühmten Abtei Saint-Nicolas-d'Assena, kennen zu lernen;« sie waren so freundlich, mich in ihr Haus und ihren Garten zu laden und mich an ihrer Tafel Anteil nehmen zu lassen; besonderes Interesse erregte unter ihnen der Pater Bonifacius von Bologna, einer der charmantesten Wüstlinge, die ich je kennen gelernt habe. Die Wesensgleichheit meines Charakters mit dem seinigen hatte mich fest genug mit ihm verbunden, um uns eine Menge Dinge anvertrauen zu können. »Glauben Sie, Jérome,« sagte er mir eines Tages, »daß wir allen Genüssen, an denen die Weltleute sich erfreuen, entsagen? O, mein Freund, glauben Sie das ja nicht! Doch müßten Sie Mitglied unseres Ordens sein, wenn Sie diese Geheimnisse kennen lernen wollen; und reich, wie Sie sind, ist nichts leichter für Sie, als einzutreten.« – »Aber was ist's denn mit meiner Eigenschaft als Geistlicher, die ich durch den Ankauf von Land auf dieser Insel mir erworben habe?« – »Das wäre nur ein Grund mehr,« antwortete Bonifacio. »Sie behalten Ihr Gut, werden mit offenen Armen aufgenommen und sogleich in alle Geheimnisse des Ordens eingeweiht.« Man kann sich nicht vorstellen, wie dieser Gedanke mich aufregte. Die Gewißheit, meine Laster unter der imponierenden Maske der Religion verhüllen und ihnen dadurch nur noch mehr fröhnen zu können, die Hoffnung, mit der mir Bonifacio schmeichelte, ich könnte mich sehr rasch in die Rolle des himmlischen Mittlers zwischen dem Menschen und seinem angeblichen Gott einleben, die noch viel süßere, die ruchlose Religion dazu mißbrauchen zu können, um ungestraft nach meinem Belieben das Geld der alten und die Erstlinge der jungen Weiber stehlen zu können: all das versetzte mich in einen unsagbaren Taumel. Acht Tage nach dieser dringenden Einladung Bonifacios hatte ich die Ehre, mir die Mönchskittel anlegen zu dürfen [219] und konnte mich sofort an allen Ruchlosigkeiten dieser Mißetäter beteiligen. Könnt Ihr es glauben, meine Freunde! Es ist wahr, daß die Ehrerbietung und Unterwürfigkeit des Volkes in jenem Lande der Geistlichkeit gegenüber ganz anders sind als in Frankreich, aber es ist doch erstaunlich, daß es in Messina keine einzige Familie gab, in deren Geheimnisse diese Spitzbuben nicht eingeweiht gewesen wären, deren Vertrauen sie nicht besaßen; ich überlasse es Euch, auszudenken, welchen Nutzen sie daraus zogen. Was aber ihre Vorsichtsmaßregeln betrifft, so sind die der Benediktiner von Saint-Nicolas-d'Arsena mindestens ebenso gut wie die Euren.

In ausgedehnten, nur den Brüdern des Ordens bekannten unterirdischen Gewölben ist alles, was Italien, Griechenland und Sizilien an schönen jungen Knaben oder Mädchen hervorzubringen vermögen, reichlich vertreten. Die Blutschande blüht dort wie hier; ich habe Leute gesehen, die ihre fünfte Generation bearbeiteten, nachdem sie mit den vier vorhergehenden ebenso getan hatten. Der einzige Unterschied, der zwischen diesen Klostermönchen und Euch besteht, ist der, daß sie sich nicht die Mühe geben, ihre Ausschweifungen im Schoße dieses großen unterirdischen Gewölbes zu verbergen: nie steigen sie da hinab. Die Porträts ihrer Wollustobjekte, die sie mit schweren Kosten erkaufen, sind in einem geheimen Gemache ihres Gebäudes angebracht; sie lassen sogleich den Gegenstand herbeischaffen, nach dem ihr Glied Sehnsucht trägt. So gibt es keinen Augenblick im Tage, wo man sie nicht nacheinander bei ihren klösterlichen Verrichtungen oder bei den göttlichen Gegenständen, die reichlich in ihrem Serail vorhanden sind, vorfindet. Was ihre wollüstigen Begierden betrifft, könnt Ihr Euch leicht vorstellen, daß sie ebenso entartet sind wie die Eurigen; die Leute, die von hier dorthin eingetreten sind, haben Euch hinreichend versichert, daß die von der Religion geschützten Ausschweifungen stets ganz besonders wüst sind.

Die außergewöhnlichste Leidenschaft, die ich unter diesen liebenswürdigen Zölibatären beobachtete, war die des Don Chrysostomus, des Superiors des Hauses. Er fand nur an vergifteten Mädchen Vergnügen; er bearbeitete sie während ihrer schmerzlichen Zuckungen, während zwei Männer ihn abwechselnd sodomisierten und peitschten. Wenn das Mädchen nicht während dieses Aktes starb, tötete er sie durch Dolchstiche. Wenn sie nahe daran war zu sterben, wartete er auf ihre letzten Atemzüge, um seinen Samen in ihren Hintern zu ergießen.

Ich entartete vollkommen und wurde ganz blasiert bei diesen guten Leuten; ja ich war schon nahe daran,[220] durch nichts auf der Welt mehr in Erektion geraten zu können.

»Mein Freund,« sagte ich eines Tages zu Bonifacio, nachdem ich zwei Jahre lang dieses epikuräische Leben geführt hatte, »alles, was wir tun, ist köstlich; aber wir machen uns die Gegenstände unseres Genusses durch Gewalt willfährig; nun muß ich gestehen, daß sie mich dann nicht in solche Erregung versetzen, als wenn es durch Listen und Ränke geschähe. Ich möchte gerne Beichtiger werden. Ich beschwöre dich, mich instand zu setzen, diesen Posten zu versehen, was du mir ja in Aussicht gestellt hast. Es ist unglaublich, wie mich diese Idee anregt; ich rechne darauf, alles, was mir das neue Amt bietet, in außerordentlicher Weise ausnützen zu können, um zugleich meine Habgier und meine Geilheit zu befriedigen.« – »Nun gut!« meinte Bonifacio, »nichts einfacher als das.« Acht Tage später übergab er mir den Schlüssel des Beichtstuhles in der Marien-Kapelle. Er sagte: »Gehen Sie, glücklicher Sterblicher, in das wollüstige Boudoir, nach dem Sie sich sehnten, machen Sie davon reichlichen Gebrauch; verspeisen Sie ebenso viele schöne Gegenstände, als ich ebendort in acht Jahren verschlungen hatte; dann werde ich es nicht bereuen, es Ihnen verschafft zu haben ...«

Die Begeisterung, in die mich meine neue Stellung versetzte, war so groß, daß ich nachts kein Auge zu schließen vermochte. Am folgenden Morgen, gleich bei Tagesanbruch, stand ich an meinem Posten; da wir gerade in der Osterwoche waren, war der Besuch nicht schlecht. Ich will Euch nicht mit allen Dummheiten langweilen, die ich in Anwendung bringen mußte; ich will Eure Aufmerksamkeit nur auf ein vierzehnjähriges Mädchen, namens Frosine, lenken; sie war adelig und von solcher Schönheit, daß sie sich nie entschleiert zu zeigen vermochte, um der Menge zu entgehen, die sie jedesmal umdrängte, wenn sie sich unverhüllt zeigte. Frosine gab sich mir mit der ganzen Unschuld und Grazie ihres Alters preis. Ihr Herz hatte noch nicht gesprochen, obwohl kein Mädchen in Messina von so vielen Anbetern umringt war; wohl aber begann sich ihr Geschlechtstrieb zu regen. Sie war noch sehr unerfahren; ich wußte aber meine Fragen so geschickt zu stellen, daß ich ihr alles, was sie nicht wußte, dadurch beibrachte. »Sie leiden, mein schönes Kind,« sagte ich voll Anteilnahme, »ich sehe es, aber das ist Ihr Fehler: das Schamgefühl ist nicht so anspruchsvoll, daß man ihm die natürlichen Triebe opfern muß; Ihre Eltern täuschen Sie über diese strenge Tugend. Das Bild, das sie Ihnen davon entwerfen, ist ebenso grausam als ungerecht. Sie sind ja [221] von der Natur geschaffen, nur ihr verdanken Sie die Gefühle der Wollust, die Sie beleben; warum sollten Sie sie denn erzürnen, wenn Sie sich jenen überlassen? Alles hängt von der Wahl ab, die Sie treffen; wenn diese gut ist, werden Sie es nie zu bereuen haben. Ich biete Ihnen zugleich meinen Rat und meine Dienste an; aber Sie dürfen niemandem etwas davon verlauten lassen; nicht allen meinen Beichtkindern gewähre ich diese Gunst; und die Eifersucht, die dieser Vorzug in ihnen erregen würde, wäre Ihr sicheres Verderben – Kommen Sie morgen Mittag pünktlich in diese Kapelle; ich werde Sie in mein Zimmer führen und ich bürge Ihnen dafür, daß Glück und Seelenfrieden durch meine Maßregeln in Ihr Herz einziehen werden. Insbesondere entledigen Sie sich dieser unbequemen Last, die Ihnen auf Schritt und Tritt folgt; seien Sie durchaus allein; sagen Sie, ich erwarte Sie wegen einer frommen Besprechung, und man möge Sie nach zwei Stunden abholen.« Frosine ging auf alle meine Vorschläge ein und sagte mir zu. Sie hielt Wort, ich aber ergriff folgende Maßregeln, um mich des Besitzes dieser jungen Person zu versichern und sie an der Rückkehr in ihre Familie zu verhindern.

Sogleich nach dem Gespräche verließ ich Messina; ich begab mich auf mein Schloß und teilte dem Kloster mit, daß unaufschiebbare Geschäfte mich für mehrere Tage fernhielten. Clementia trat an meine Stelle; sie mußte antworten, wenn Frosine nach mir fragen sollte; sie mußte an der Verführung unserer jungen Unschuldigen weiter spinnen und sie unmerklich dazu bringen, mich auf meinem Gute aufzusuchen. Hierauf verbreitete sich durch die Vermittlung Bonifacios, dem ich bei seinen Abenteuern behilflich war, um mich dafür seines Beistandes bei den meinen zu versichern, das Gerücht von Frosinens Entführung in der ganzen Stadt. Ein unterschobener Brief des Mädchens sollte ihren Eltern zugestellt werden; sie teilte ihnen darin mit, daß ein vornehmer Florentiner, der ihr schon seit langem nachgestellt habe, sie wider ihren Willen auf eine Genueser Barke gebracht hätte, die sich mit großer Schnelligkeit entfernt hatte; dieser Herr begründe ihr Glück, indem er sie heirate; da in diesem Vorhaben nichts Unehrenhaftes liege, habe sie eingewilligt und bitte ihre Eltern, ihr keine Hindernisse in den Weg zu legen; übrigens mögen sie ganz beruhigt sein; sie würde ihnen sofort nach ihrer Ankunft schreiben.

Es gibt einen Gott, der die Ränke der Wollust unterstützt; die Natur liebt und beschützt sie; selten sieht man sie scheitern; aber von allen, die man je ersonnen hatte, war keine so vollständig geglückt. Frosine kam gleich am folgenden Tage, da ich ihr in der erwähnten Kapelle ein [222] Rendezvous gegeben hatte, auf mein Landgut; noch am selben Abend machte ich sie meinen Lastern dienstbar. Aber wie war ich erstaunt, als ich bemerkte, daß Frosine mit dem denkbar schönsten Gesichte höchst unscheinbare Reize verband! Nie hatte ich einen dürreren Hintern, eine unreinere Haut gesehen; der Hals war unschön, die Scham teigig weich und häßlich geformt. Von ihren schönen Gesichtszügen verführt, bearbeitete ich sie dennoch; doch mißhandelte ich sie, denn man liebt es nicht, sich betrogen zu sehen. Frosine sah ihre Torheit ein und beweinte sie bitterlich; als ich mich genötigt sah, abzureisen, um durch meine Anwesenheit jedem Verdacht zu begegnen, wurde sie von der Clementia in ein dunkles Verließ geworfen, sowohl um sie allen Nachforschungen zu entziehen als auch, weil ich, da ich mich zu viel an ihr ergötzt hatte, es nach meiner Gewohnheit gerne sah, wenn sie litt.

Ich fand Bonifacio sehr zufrieden mit dem Erfolge unserer Ränke, aber sehr begierig danach, auch seinerseits Nutzen aus ihnen zu ziehen. Ich mochte noch so oft sagen, daß der Gegenstand nicht der Mühe lohne; verführt von der vornehmen Abkunft und dem Gesichte Frosinens, wollte er sich unbedingt überzeugen; natürlich hinderte ich ihn nicht daran. »Jetzt wäre Gelegenheit,« sagte Bonifacio, »Chrysostomus, unserem Prior, einen Beweis von Höflichkeit zu geben; von Freundschaft und Vertrauen zu ihm erfüllt, habe ich ihm von deinem Glücke Mitteilung gemacht; ich bin überzeugt, es würde ihm ein Vergnügen bereiten, daran teilzunehmen.« – »Recht gerne,« antwortete ich; »die Manieren, der Geist, der Geschmack und Charakter von Chrysostomus sagen mir sehr zu; ich ergreife daher eifrig jede Gelegenheit, um mich ihm zu nähern.« Wir trennten uns; mein beständig wohl ausgestattetes Serail lieferte mir reichlich Material zur Befriedigung der Lüste meiner Gefährten und wir vollführten furchtbare Grausamkeiten.

Ihr wißt von Chrysostomus' Leidenschaft; auch die Bonifacios' trug einen ausgesprochen absonderlichen Charakter; er liebte es, Zähne zu reißen; manchmal bearbeitete er das Opfer von hinten, während wir diese Operation vollführten; andere Male riß Bonifacio, während wir Sodomie trieben. Alle beide befriedigten ihre Gelüste mit Frosine vollauf; nachdem wir ihre schönen zweiunddreißig Zähne geraubt hatten, wollte der Prior sie auf seine Weise opfern. Ihr erinnert Euch an seine Leidenschaft. Man ließ diese Unglückliche Sublimat in Scheidewasser trinken; ihre Schmerzen und Zuckungen waren so heftig, daß es unmöglich war, sie festzuhalten, um sich an ihr zu ergötzen. Indeß gelang dies dem Chrysostomus doch; sein [223] Genuß trug den Stempel der außerordentlichsten Trunkenheit und des unbegreiflichsten Entzückens an sich. Wir beschlossen, es ihm nachzuahmen, und wir fühlten bald, daß es nichts Wollusterregenderes gäbe als diese Art des Genießens. Sicherlich ist dies leicht begreiflich; alles verengt sich dann in der Frau; übrigens durchtobt sie ein derartiger Sturm von Empfindungen, daß es nicht möglich ist, nicht davon mitergriffen zu werden. – »O Justine!« unterbrach hier Clément seinen Genossen, »Sie sehen, Chrysostomus dachte wie ich. Man erregt nie so sehr seine Sinne als wenn man in dem Gegenstande, der unseren Lüsten dient, eine möglichst starke Empfindung, welcher Art immer, hervorruft.« 15 – »Wer zweifelt denn an dieser Wahrheit?« fragte Severino, »war es der Mühe wert, deshalb Jérome zu unterbrechen?« – Der Erzähler fuhr fort: »Niemand war davon mehr überzeugt als Chrysostomus; niemand bewies dies häufiger und besser durch die Tat.« Frosine starb unter entsetzlichen Qualen, mit Bonifacios Glied im Hintern, das des Chrysostomus in der Scheide, das meine in ihrer Achselhöhle. Doch war dies nicht das einzige Opfer, das wir in dieser Weise umbrachten. Wir trieben es so arg, daß wir bis sechs auf einmal auf diese Weise töteten; drei wanden sich vor unseren Blicken, während wir je eine im Mund, in der Scham, im Hintern bearbeiteten. Nach den Mädchen versuchten wir es mit Knaben und unsere wollüstigen Regungen verdoppelten sich.

Unsere Orgien wurden durch philosophische Erörterungen unterbrochen; wir begingen nicht früher eine Schaudertat, bevor wir sie nicht zu rechtfertigen gesucht hatten; keiner verstand sich so gut darauf wie Chrysostomus.

»Es ist recht erstaunlich,« sagte er uns eines Tages, »daß die Menschen närrisch genug sind, um der Moral irgendwelchen Wert beizulegen; ich muß gestehen, daß ich nie begreifen konnte, weshalb sie ihrer bedürfen; die Verderbnis ist nur deshalb gefährlich, weil sie nicht allgemein ist. Man liebt nicht die Nähe eines an einem bösartigen Fieber Erkrankten, weil man die Ansteckung fürchtet; aber ist man einmal selbst davon ergriffen, so fürchtet man nichts mehr. Das Zusammenleben einer ganz von Laster durchseuchten Gesellschaft kann nichts Nachteiliges haben; wenn alle gleicherweise verderbt sind, können sie ohne Gefahr miteinander verkehren. Dann wäre nur die Tugend gefährlich; da sie nicht mehr den Maßstab abgäbe, wäre es schädlich, sie auszuüben. Bloß der Wechsel kann [224] von Nachteil sein; wenn aber alle stets den gleichen Standpunkt beibehalten, kann es keine Gefahren geben. Es ist ganz gleichgiltig, ob man gut oder böse ist, wenn nur alle Welt das eine oder das andere ist; aber wenn die Gesellschaft auf Tugend gestimmt ist, wird es nachteilig, böse zu sein; das Umgekehrte ist der Fall, wenn alle verderbt wären. Wenn aber der Standpunkt ein indifferenter ist, warum sollte man dann fürchten, das eine dem anderen vorzuziehen? Warum sollte man staunen und betrübt sein, daß man sich auf die Seite des Lasters schlägt, sobald alles uns dahin treibt und es im Grunde vollständig gleich ist? Wer kann mir beweisen, daß es besser ist, die anderen zu beglücken als sie zu quälen? Lassen wir einen Augenblick das Vergnügen, das mir das eine oder das andere bereiten könnte, beiseite: ist es durchaus nützlich, wenn die andern glücklich sind? Wenn das aber nicht der Fall ist, weshalb sollte ich mich dann hüten, ihnen Leid anzutun? Es scheint mir, daß es sich bei alledem nur darum handelt, was ich bei dieser oder jener Handlung empfinde; denn da die Natur mir mein eigenes Glück ans Herz gelegt hat, keineswegs aber das der anderen, hätte ich ihr gegenüber nur dann Unrecht, wenn ich es unterlassen hätte, mich ihren Absichten und Zwecken gemäß zu ergötzen. Dasselbe Wesen, das mein Geschmack oder meine Gewalttätigkeit unglücklich gemacht haben, weil es schwächer ist als ich, wird seine Ueberlegenheit gegen einen anderen mißbrauchen, so daß sich alles ausgleicht. Die Katze vernichtet die Maus, wird aber selbst von anderen Tieren gefressen. Nur um dieser Zerstörung willen hat uns die Natur geschaffen. Hüten wir uns also wohl, je der Verderbnis oder Sittenlosigkeit zu widerstreben, wenn unsere Neigungen uns dahin drängen; es ist gar nichts Schlechtes daran, sich ihnen zu überlassen. Aus den Grundsätzen, die ich aufstelle, geht also hervor, daß immer der Zustand der unglücklichste ist, in dem die Sittenverderbung am allgemeinsten verbreitet ist; denn weil das Glück sichtlich im Bösen enthalten ist, wird derjenige, der sich diesem am eifrigsten hingibt, notwendigerweise am glücklichsten sein. Man hat sich arg getäuscht, als man sagte, es gäbe eine Art natürlicher Gerechtigkeit, die dem menschlichen Herzen stets eingeprägt sei; das Resultat dieses Gesetzes ist die absurde Lehre, man möge anderen nichts tun, wovon man nicht wolle, daß es uns geschehe. Dieses lächerliche Gesetz, eine Frucht der Schwäche und Energielosigkeit, konnte nie aus dem Herzen eines tatkräftigen Menschen entspringen; wenn ich aber moralische Prinzipien aufstellen sollte, dann würde ich bei der Schwäche keine Anleihen erheben. Der, welcher sich vor dem Bösen fürchtet, wird immer [225] sagen, man solle es nicht begehen; während derjenige, der über Götter, Menschen und Gesetze spottet, es immer verüben wird. Was not tut, ist zu wissen, welches von beiden wohl tut oder nicht; nun aber scheint mir das kaum fraglich. Ich bezweifle, daß der Tugendhafte mir beweisen kann, er habe bei der Ausübung einer guten Handlung auch nur den vierten Teil des Vergnügens empfunden, das bei einer Freveltat verspürt wird. Werde ich also, bei freier Wahl, das, was mich nicht anregt, dem vorziehen, welchem die heftigste und angenehmste Erregung, die der Mensch verspüren kann, beständig entspringt? Erweitern wir unseren Gedankenkreis; betrachten wir die Gesellschaft im ganzen; wir werden uns leicht die Ueberzeugung verschaffen, daß diejenige die glücklichste ist, die am meisten dem Zustande der Fäulnis verfallen ist, und zwar in jeder Hinsicht. Ich bin weit entfernt davon, mich auf einige spezielle Arten der Verderbnis zu beschränken; ich wünsche nicht, daß man einfach ausschweifend, trunksüchtig, diebisch, gottlos u.s.w. sei; ich verlange, man solle alles versuchen, ganz besonders aber die monströsesten Ausschweifungen, da man nur durch deren möglichst große Ausdehnung zu der Glückshöhe gelangen kann, die durch das wüste Treiben gewährleistet ist. Die falschen Ideen, die wir von den uns umgebenden Geschöpfen haben, sind noch die Quelle einer Unsumme von moralischen Irrtümern; wir schaffen uns phantastische Pflichten gegenüber diesen Geschöpfen; und zwar deshalb, weil diese glauben, sie hätten solche uns gegenüber. Seien wir stark genug, auf das zu verzichten, was wir von anderen erwarten, dann werden wir ihnen gegenüber keine Pflichten haben. Ich frage Sie, was sind denn alle Geschöpfe der Erde gegenüber einer einzigen unserer Begierden? Warum sollte ich mich der geringsten berauben, um einem Geschöpf zu gefallen, das mir nichts ist und mich nicht interessiert? Wenn ich etwas von ihm fürchte, muß ich es gewiß schonen, aber nicht seines, sondern meinetwegen, denn alles, was ich tue, muß ich nur für mich tun; habe ich aber von jenem nichts zu besorgen, dann darf ich sicherlich aus ihm allen erdenklichen Genuß schöpfen und es rein als ein Wesen betrachten, das nur meinetwegen geschaffen wurde. 16 Die Moral, um es noch einmal zu wiederholen, ist also fürs Glück unnütz; noch mehr, sie schadet ihm; nur im Schöße der ausgedehntesten, allgemeinsten Verderbnis werden alle Individuen und Gesellschaften das [226] größte Maß von Glück, das auf der Erde denkbar ist, erreichen.«

Wir setzten diese Grundsätze in Taten um und ergaben uns, meine Freunde ebenso wie ich, den raffiniertesten und aufregendsten Ausschweifungen, der Entartung, dem Despotismus und der Grausamkeit.

In dieser geistigen Verfassung befanden wir uns, als man vor mein Tribunal einen sechzehnjährigen Knaben, schön wie die Liebe, brachte; er war angeklagt, seine Mutter zu vergiften versucht zu haben. Die Sache war ganz klar; alle Beweise sprachen gegen ihn. Er wäre unzweifelhaft dem Tode verfallen gewesen, wenn nicht meine Freunde und ich uns über die Mittel beraten hätten, den jungen Menschen aus der Klemme zu befreien; denn wir brannten alle drei vor Begierde, uns an ihm zu ergötzen. Da flüsterte mir meine frevlerische Phantasie einen Weg zu, der nicht nur den Schuldigen rettete, sondern sogar einen Unschuldigen dem Verderben weihte. – »Wo,« fragte ich den Angeklagten, »wo ist jetzt das Gift, mit dem du, wie es heißt, den Mord versucht hast?« – »Es befindet sich in den Händen meiner Mutter.« – »Nun gut! Erkläre bei der letzten Verhandlung, daß im Gegenteil sie es war, die es auf dein Leben abgesehen hat; du willst, sie solle zugrunde gehen, es wird geschehen; bist du zufrieden?« – »Außerordentlich, mein Herr! Ich haße dieses Weib und möchte lieber sterben, um sie nur mit ins Verderben zu reißen.« – »Gib als Beweis das Gift an, das sie in Händen hat.« – »Jawohl; aber man weiß, das ich es mir bei dem Apotheker dieses Ortes verschafft habe; man weiß von den Schwierigkeiten, die er mir machte, und von der Art, wie ich es bekam; ich sagte ihm nämlich, ich kaufe dieses Gift nur auf Befehl meiner Mutter, die die Ratten im Hause vertilgen wolle.« – »Spricht sonst nichts gegen dich?« – »Nein.« – »Nun also! ich bürge dir für dein Leben und den Tod deiner Mutter« – Ich lasse den Apotheker holen. Ich sage ihm, er möge sich hüten, gegen diesen Knaben belastend auszusagen; es sei offenkundig, daß er das Arsen auf Befehl seiner Mutter bei ihm gekauft habe; es befindet sich heute in den Händen der Mutter; sie hätte ihn töten wollen, wir wären davon überzeugt; eine gegenteilige Aussage würde ihm Verderben bringen. – »Aber habe ich nicht in jedem Falle unrecht?« fragte der Apotheker. – »Nein; es ist nichts einfacher, als den Wünschen einer Familienmutter und Hausbesitzerin nachzukommen; Sie konnten ihre Absichten nicht voraussehen. Wohl aber würde es Ihnen schlecht bekommen, wenn Sie die des Knaben erfüllt hätten.« – Der Droguist, dem diese Gründe einleuchteten, [227] sprach meiner Instruktion gemäß; auch der Knabe blieb bei der Aussage, die ich ihm suggeriert hatte; die unglückliche Mutter, von diesen Verleumdungen erdrückt, fand keine Entgegnung und starb auf dem Schaffot, während wir ihren Tod betrachtend mit ihrem Sohne in der wollüstigsten Weise sodomisierten. Ich werde nie vergessen, wie ich, von Bonifacio bearbeitet, im selben Augenblicke in den Hintern des Knaben entlud, da seine Mutter starb. Die Art, mit der dieser reizende Jüngling sich unseren Vergnügungen preisgab, die Freude, die auf seiner Stirne erglänzte, als er die Zurüstungen zur Hinrichtung seiner Mutter sah, all das gab uns so gute Begriffe von seinen Anlagen, daß wir Beiträge zusammensteuerten, um ihm seinen Lebensweg zu sichern und ihn nach Neapel zu schicken, wo die Jahre, die seine Grundsätze reiften und vervollkommneten, ihn sicherlich zu einem der kühnsten Mißetäter Europas haben heranwachsen lassen.

»Welch eine Untat!« wird da die Dummheit einwerfen; »Ihr habt die Gesellschaft einem Scheusal ausgeliefert, dessen vollendete Ruchlosigkeit vielleicht Tausenden das Leben kosten wird!« – »Welch eine treffliche Handlung!« antworten wir der von altväterischen Vorurteilen von Moral und Tugend umnebelten Dummheit; »wir haben der Natur Dienste geleistet; wir haben ihr ein Werkzeug bereitet, mit dem sie das notwendige Uebel, nach dem sie beständig dürstet, verrichten kann.«

Wir verbrachten noch drei Monate auf meinem Landgut, in Wollust und Ausschweifungen wühlend, als Gründe der Klugheit uns bewogen, uns dort wieder einzufinden, wohin uns unsere Pflicht rief. Das erste Abenteuer, das ich als Beichtiger nach meiner Rückkehr erlebte, fand mit einer dreißigjährigen, noch ziemlich hübscher Betschwester statt; sie lag auf dem Totenbette, als sie mich holen ließ. »Mein Vater,« sagte sie, »es ist Zeit, daß ich das verwerflichste Unrecht wieder gut mache. Betrachten Sie die Million in Gold dort auf dem Tische und dieses junge Mädchen (damit wies sie auf ein zwölfjähriges, ziemlich hübsches Kind); nichts von alledem ist mein. Ich war aber so schlecht, alles zu behalten.« – Ach, wer weiß, ob ich nicht noch schlechter gehandelt hätte! – »Eine meiner Freundinnen übergab mir auf dem Totenbette vor zwei Jahren dieses Mädchen und dieses Geld, wobei sie mir den Eid abnahm, ich würde beides dem Herzog de Spinosa in Million in Gold dort auf dem Tische und dieses junge behalten; aber der Schleier zerreißt im Augenblicke, da ich ihn berühre, und die Stimme meines Gewissens quält mich derart, daß ich nicht imstande bin, meine Sünden zu gestehen und Ihnen die Mittel, sie gutzumachen, anzugeben. [228] So sehr ich auch Ihnen vertraue, mein Vater, halte ich mich doch für verpflichtet, meinem Erben ein Schreiben zu hinterlassen, das sie von dieser Maßregel verständigt.« – »Diese Vorsicht,« unterbrach ich sie, »würde nur unnötigerweise Ihre Sünden bekannt machen und würde zugleich Ihr Mißtrauen mir gegenüber beweisen; von diesem Augenblicke an brauche ich mich aber nicht weiter um diese Angelegenheit zu kümmern.« – »O, mein Herr! reden wir nichts mehr von diesem Schreiben, da es Sie ärgert; tun Sie selbst alles. Sie allein sollen die Stimme meines Gewissens beruhigen, ohne daß sonst jemand in die Sache eingeweiht wird.« – »Das, was Sie da getan haben, ›antwortete ich, ruhiger geworden‹ war zweifellos schrecklich; und ich weiß nicht, ob die einfache Rückerstattung, die Sie vorhaben, zur Beruhigung des Himmels hinreichen wird.« Dann fuhr ich strenge fort: »Wie weit haben Sie sich hinreißen lassen, zugleich die Freundschaft, die Religion, die Ehre und die Natur zu hintergehen! O nein! Glauben Sie nur ja nicht, daß die einfache Rückerstattung genügen wird. Sie sind reich, Madame; Sie kennen die Not der Armen; fügen Sie ohne Zaudern die Hälfte Ihres Vermögens zu der rückzuerstattenden Summe, um die himmlische Gerechtigkeit zu versöhnen ... Sie wissen, Madame, Ihre Sünden sind recht groß, aber die Armen sind unsere besten Fürsprecher bei Gott; feilschen Sie nicht mit Ihrem Gewissen; sind Sie einmal die Beute der Dämonen, die auf Ihre Seele lauern, dann werden Sie nicht mehr imstande sein, das höchste Wesen anzuflehen und die Verzeihung für Ihre Verbrechen zu erlangen, deren Sie so sehr bedürfen« – »Sie erschrecken mich, mein Vater.« – »Ich muß es tun, Madame; in meiner Eigenschaft als Mittler zwischen dem Himmel und Ihnen muß ich Ihnen die Geißeln zeigen, die zu Ihren Häupten drohen. Doch warum warne ich Sie? Solange Sie noch Zeit haben, die Strafe abzuwenden; Sie sind verloren, wenn Sie wanken.«

Bestürzt über den Ton, mit dem ich diese letzten Worte aussprach, ließ meine Fromme sofort eine Geldkasse herbeibringen, deren Inhalt sich auf Achthunderttausend Livres belief, was der Hälfte ihres Vermögens entsprach. – »Nehmen Sie,« sagte sie mir, indem ihren Augen ganze Tränenfluten entströmten, »nehmen Sie, mein Vater, damit ist meine Schuld beglichen; beten Sie für meine arme Seele und beruhigen Sie mich, ich bitte Sie drum.« – »Ich möchte es gerne, Madame,« entgegnete ich, indem ich das Gold und das kleine Mädchen durch Clementia, die ich als meine Schwester mitgeführt hatte, wegschaffen ließ, »ja, ich wünsche innig, Ihre Besorgnisse vollständig zerstreuen zu können; aber könnte ich es tun, ohne Sie zu [229] betrügen? Ich fühle es, Sie müssen auf die Barmherzigkeit Gottes rechnen; aber vermag Ihre Bußetat den Frevel wettzumachen? Wird sie, die sich nur auf das Unrecht, das Sie an Menschen verübt, erstreckt, auch einen erzürnten Gott besänftigen? Wenn man über die Größe, die Unendlichkeit dieses höchsten Wesens nachdenkt, kann man da hoffen, es milde zu stimmen, wenn man so unglücklich war, es zu beleidigen? Erkennen Sie das Wesen dieses schrecklichen Gottes in der Geschichte seines Volkes; sehen Sie ihn in seiner Eifersucht, seiner Rachgier, seiner Unversöhnlichkeit; und alle diese Eigenschaften, die beim Menschen als Laster gelten, werden in ihm zu Tugenden. Und tatsächlich, wie vermöchte er, beständig von seinen Geschöpfen erzürnt, unaufhörlich vom Teufel angefeindet, wie vermöchte er ohne ungewöhnliche Strenge seine Macht zu zeigen? Das Kennzeichen der Autorität ist die Strenge; die Duldsamkeit ist die Tugend des Schwachen. Immer hat der Despotismus die Macht angezeigt; möge man mir noch so oft versichern, daß Gott gut sei, ich sage, er ist gerecht; die wahre Gerechtigkeit aber hat sich nie mit Güte vertragen, die im Grunde genommen nur eine Wirkung der Schwäche und Dummheit ist. Madame, Sie haben Ihren Schöpfer schwer beleidigt; Sie vermögen Ihre Sünden nicht gutzumachen und ich kann es Ihnen nicht verhehlen, daß es nicht in meiner Macht liegt, Sie vor den gerechten Strafen, die Sie verdienen, zu schützen; ich kann nichts, als Gott um die Ruhe Ihrer Seele anzuflehen. Ich werde es sicherlich tun; aber kann ich, ein schwaches Geschöpf wie Sie, mir Erfolg versprechen? Die Strafen, die Sie erwarten, sind entsetzlich; dem ewigen Feuer der Hölle ausgeliefert zu sein, das ist, ich fühle es, eine gräßliche Strafe, an die unsere Phantasie uns nur schaudernd denken läßt; doch ist dies Ihr Los und ich sehe kein Mittel, Sie davor zu schützen.« Der Taumel meiner Sinne, der ganz dem Eindrucke meiner Rede auf die Fromme entsprach, war unbeschreiblich; mein Glied zerriß beinahe meine Hose; ja, einen Moment lang konnte ich nicht an mich halten und mußte mich reiben. – »O, mein Vater,« sagte sodann das gutmütige Geschöpf, ohne meine Erregung zu bemerken, »geben Sie mir wenigstens die Absolution?« – »Gott behüte mich davor,« antwortete ich in festem und strengem Tone; »ich werde die Vermittlerrolle, die mir der Himmel zuwies, nicht so schänden; ich kann nicht durch diesen heiligen Segen den Schuldigen dem Guten gleichstellen. Ihn zu fordern, mich drum bitten zu wagen, ist ein neuerlicher Frevel, wegen dessen der Himmel Sie unbedingt strafen wird. Leben Sie wohl, Madame, Ihre Kräfte schwinden, ich merke es; raffen Sie sich auf, um den furchtbaren [230] Augenblick, da Sie vor Gott stehen werden, zu ertragen; ein zweifellos schrecklicher Moment, wenn man den göttlichen Urteilsspruch, der zur Hölle verdammt, vernehmen muß!«

Da fiel die Unglückliche in Ohnmacht; ich aber, trunken vor Geilheit, Frevelmut und Bosheit, schwang mein wütendes Glied und senkte es tief in den Hintern meiner Frommen, die, nur infolge Entkräftung sterbend, sich genug Reize bewahrt hatte, um noch Begierden zu erwecken. Ich muß gestehen, daß ich mich schon seit langem nicht besser entleert hatte. Hierauf verschwand ich, alles Geschmeide, dessen ich habhaft werden konnte, mitnehmend; am gleichen Abend noch erfuhr ich, daß mein armes Beichtkind ihre geängstigte Seele während meines Samenergusses aufgegeben hatte. Das kleine Mädchen schenkte ich dem Kloster und behielt mir nur die Schätze, die ich allem vorzuziehen begann.

Doch empfand ich auf dem Gipfel des Glückes und des Seelenfriedens, dessen sich mein philosophisches Gemüt erfreute, jene innere Unruhe, die eine Geißel unserer Seele und die allzu traurige Beigabe unseres Menschentums ist; gegenüber allen Genüssen gleichgiltig geworden, vermochte mich keiner mehr anzuregen. Ich ersann Schaudertaten und führte sie kaltblütig aus; da ich mir nichts zu versagen brauchte, verwirklichte ich sofort alle meine ausschweifenden Wünsche, so kostspielig sie auch sein mochten. Ich ließ Opfer meiner Geilheit selbst von den Inseln des Archipels herbeibringen; und als meine Emissäre eines Tages mit denen des Großherrn konkurrierten, konnte ich den Triumph erleben, daß die meinigen jene des Sultans aus dem Felde schlugen.

Aber all das tat mir nicht not; ein einfacher Genuß ließ mich nicht die geringste Erregung verspüren; ich brauchte Verbrechen und konnte nicht genug arge ersinnen.

Als ich eines Tages den feuerspeienden Aetna betrachtete, wünschte ich dieser berühmte Vulkan zu sein. »Höllenschlund,« rief ich bei seinem Anblick aus, »wenn ich gleich dir alle Städte ringsum verschlingen könnte, wie viele Tränen ließe ich fließen!« Kaum war mein Ausruf vollendet, als ich neben mir ein Geräusch vernahm; ein Mensch hörte mir zu. »Sie haben da einen merkwürdigen Wunsch,« sagte er zu mir. – »In dem Zustand, in dem ich mich befinde,« erwiderte ich übellaunisch, »hegt man noch ungewöhnlichere.« – »Möglich,« antwortete mir jener; »aber bleiben wir bei dem, den Sie eben ausgesprochen haben, und vernehmen Sie von mir, daß er ausführbar ist. Ich bin Chemiker; ich habe mein Leben mit [231] Naturforschung verbracht, um ihre Geheimnisse zu enthüllen; seit zwanzig Jahren widme ich meine Entdeckungen nur dem Unglück der Menschen. Sie sehen, wie ich spreche; Ihr eigenartiger Wunsch hat mir Vertrauen zu Ihnen eingeflößt; vernehmen Sie denn, daß man die schrecklichen Eruptionen dieses Berges nachahmen kann; wenn Sie wollen, werden wir es gemeinsam versuchen.« – »Mein Herr,« sagte ich dem Manne, indem ich ihn einlud, sich mit mir neben einem Baume niederzulassen, »besprechen wir uns, ich bitte Sie inständigst darum. Ist es wirklich wahr, daß Sie das können?« – »Nichts leichter als das.« – »Und wir können durch die Erhitzung dieses tätigen Vulkans dieselben Wirkungen hervorrufen wie ein Erdbeben?« – »Gewiß.« – »Wir werden Städte zerstören?« – »Wir werden sie zerstören, wir werden die ganze Insel von unterst zu oberst kehren.« – »Tun wir es, mein Herr, tun wir es; ich überhäufe Sie mit Gold, wenn es Ihnen gelingt.« – »Ich verlange nichts von Ihnen,« antwortete mir mein Gefährte, »das Unglück ergötzt mich, und wenn ich mich ihm hingebe, lasse ich mich dafür nicht bezahlen. Ich verkaufe nur Rezepte, die den Menschen. Nutzen bringen, die schädlichen verteile ich umsonst.« – Ich konnte mich an dem Manne nicht sattsehen. – »Welch ein Glück,« rief ich begeistert aus, »Leuten zu begegnen, die gleich Ihnen denken! Und sagen Sie mir, Sie Himmlischer, weshalb tun Sie das Böse? Was empfinden Sie, wenn Sie es ausüben?«

»Hören Sie mich an,« sagte mir Almani (dies der Name des Chemikers), »ich will Ihre beiden Fragen beantworten. Der Beweggrund, der mich zum Bösen treibt, ist meinem tiefen Eindringen in das Wesen der Natur entsprungen. Je mehr ich ihr Geheimnisse zu entreißen versuchte, desto mehr fand ich, daß sie sich nur mit dem den Menschen Schädlichen befaßt. Folgen Sie ihr bei all ihrem Tun: Sie werden sie stets gefräßig, zerstörend und boshaft, stets inkonsequent, widerspruchsvoll und verwüstend finden.

Blicken Sie einen Augenblick lang auf die Unzahl von Leiden, die ihre höllische Hand über die Welt ergehen läßt. Welchen Zweck hat es denn gehabt, uns zu erschaffen und so unglücklich zu machen? Warum geht unsere traurige Person sowie alles, was sie geschaffen hat, so unvollkommen aus ihrer Werkstätte hervor? Muß man nicht sagen, daß ihre mörderische Kunst nur Opfer habe schaffen wollen, daß das Böse ihr einziges Element sei und daß sie die schöpferische Kraft nur dazu benütze, die Erde mit Blut, Tränen und Trauer zu bedecken? Daß sie ihre Energie nur dazu brauche, um ihre Geißeln zu schwingen? [232] Einer Ihrer modernen Philosophen nannte sich den Liebhaber der Natur; nun gut, ich, mein Freund, erkläre mich als ihren Henker. Lernen Sie sie kennen, ergründen Sie sie, diese grausame Natur, Sie werden sie nur deshalb schöpfen sehen, um zu zerstören; nur durch Morde gelangt sie zu ihren Zielen und wird gleich dem Minotaurus nur durch das Unglück und die Zerstörung des Menschen fett. Welche Achtung, welche Liebe können Sie denn für eine solche Kraft hegen, deren Wirkungen stets gegen Sie gerichtet sind? Sehen Sie sie jemals ein Geschenk machen, das nicht von schwerem Leid begleitet wäre? Wenn sie Ihnen zwölf Stunden lang leuchtet, stürzt sie Sie zwölf andere Stunden in Finsternis. Läßt sie Sie die Freuden des Sommers genießen, so zerstört sie diese durch die Schrecken des Gewitters; neben dem heilsamsten Kraute läßt ihre verräterische Hand Gifte keimen; das schönste Land der Erde übersäet sie mit Vulkanen, die es in Asche wandeln; schmückt sie sich einen Augenblick, so bedeckt sie sich zur anderen Jahreszeit mit Schnee; verleiht sie uns Kraft in der ersten Zeit des Lebens, so überhäuft sie uns im Alter mit Leiden und Schmerzen; läßt sie Sie einen Moment an dem bizarren Weltgemälde ergötzen, so sind Sie am Ende Ihrer traurigen Laufbahn auf Schritt und Tritt über das entsetzliche Unglück, das sich Ihnen darbietet, entsetzt. Sehen Sie nur, mit welch boshafter List sie Ihre Lebenszeit mit ein wenig Vergnügen und recht viel Leiden erfüllt; prüfen Sie möglichst kaltblütig die Krankheiten, mit denen sie Sie beschwert, die Zwietracht, die sie unter den Menschen säet, die entsetzlichen Folgen, die sich an Ihre süßesten Triebe knüpfen; an die Liebe grenzt die Raserei; an den Mut die Grausamkeit; an den Ehrgeiz der Mord; an die Empfindsamkeit die Tränen; an die Weisheit alle Krankheiten des Gewissens. In welch eine schreckliche Situation versetzt sie Sie mit einem Wort, da der Ekel vor dem Leben Ihre Seele derart erfüllt, daß kein Mensch an, seinem Todestage ein zweitesmal sein Leben wiederleben wollte. Ja, mein Freund, ich verabscheue die Natur, denn ich kenne sie genau. Im Besitze dieser schrecklichen Geheimnisse habe ich Einkehr in mir gehalten und habe (dies sage ich, um Ihre zweite Frage zu beantworten) eine unsagbare Freude daran gefunden, ihre Schrecken nachzuahmen. ›Nun gut,‹ habe ich mir stets gesagt, ›sie ist ein verächtliches, ein haßenswertes Wesen‹, das mir nur deshalb das Leben geschenkt hat, um mich am Schaden meiner Nächsten zu erfreuen. Ei was! (ich zählte damals sechzehn Jahre) kaum bin ich dem Schoße dieses Ungeheuers entstiegen, da zwingt sie mich zu denselben Schaudertaten, die ihr selbst Vergnügen bereiten. Das ist keine Verderbtheit: [233] denn ich bin ja erst vor kurzem geboren: das ist Neigung, Trieb. Ihre barbarische Hand vermag nur Böses zu schaffen; es erfreut sie also das Böse? Und ich soll eine solche Mutter lieben? Nein! Ich werde ihr nacheifern, aber sie zugleich verabscheuen; ich werde sie nachahmen, sie will es ja so, aber zugleich verfluchen; und rasend darüber, daß meine Leidenschaften ihr förderlich sind, werde ich ihre Geheimnisse so gut enthüllen, daß ich wenn möglich noch böser werde, um sie mein ganzes Leben lang zu erzürnen. Ihre mörderischen Netze sind nur über uns ausgespannt; versuchen wir sie selbst hineinzuverstricken; sperren wir sie in ihre eigenen Werke, um sie umso heftiger zu insultieren; bringen wir sie womöglich in Verwirrung, um sie sicherer schmähen zu können! Aber die Hure hat meiner gespottet, ihre Mittel waren stärker als die meinen; unser Kampf war zu ungleich, sie zeigte mir nur ihre Wirkungen, verschleierte aber alle ihre Ursachen. Ich habe mich also auf die Nachahmung der ersteren beschränkt; da ich den Beweggrund, der den Dolch in ihre Hände drückte, nicht erraten konnte, habe ich es verstanden, ihr die Waffe zu entwinden, und habe mich dieser ganz ebenso wie sie bedient.«

»Oh, mein Freund,« sagte ich enthusiastisch, »ich sah nie eine heißere Phantasie als die Ihre ... Welche Tatkraft! ... Welche Stärke! Wieviel Böses müssen Sie bei einem so tätigen Geiste schon vollbracht haben!« – »Ich lebe nur durch und für das Böse,« erwiderte mir Almani; »nur das Böse regt mich an, ich atme nur, indem ich es begehe, mein Wesen findet nur an ihm Freude.« – »Almani,« unterbrach ich ihn voll Feuer, »ohne Zweifel geraten Sie in Erektion, wenn Sie sich ihm hingeben?« – »Urteilen Sie!« sagte der Chemiker, indem er sein armlanges Glied in meine Hand legte; die violetten, erweiterten Adern schienen unter der Kraft des darin zirkulierenden Blutes fast bersten zu wollen. – »Welchem Geschmacke huldigen Sie denn, mein Lieber?« – »Ich sehe gerne ein Geschöpf bei irgendeinem meiner Experimente zugrunde gehen; ich bearbeite indessen eine Ziege und entlade mich, wenn das Geschöpf stirbt.« – »Und Menschen bearbeiten Sie nie?« – »Nein; ich bin Tierfreund und Mörder, davon gehe ich nicht ab.«

Kaum hatte mir Almani geantwortet, als zu unseren Füßen ein Lavastrom emporgeschleudert wurde. Ich erhob mich erschrocken; er dagegen rührte sich nicht, sondern schüttelte sein Glied hin und her und fragte mich phlegmatisch, wohin ich gehe. »Bleiben Sie nur ruhig,« sagte er, »Sie wollen meine Leidenschaften kennen; nun, so sehen Sie eine; kommen Sie,« fuhr er, sein Glied reibend, fort, [234] »sehen Sie meine Spermafluten sich ergießen in das Pech und den Schwefel, mit dem die liebenswürdige Natur uns hier umgibt; ich glaube in der Hölle zu sein, mich in ihre Gluten zu entladen; dieser Gedanke erfreut mich, ich komme nur deshalb her, um ihn zu befriedigen.« Er flucht, er lästert Gott, er tobt und sein Sperma ergießt sich auf die Lava, sie abzukühlen.

»Almani, folgen Sie mir,« sagte ich zu ihm, »ich brenne vor Begierde, Sie gründlich kennen zu lernen; ich kann Ihnen Opfer darbieten; ich will übrigens Ihre Geheimnisse kennen lernen.« Wir kehrten zu mir heim. Der Chemiker bewunderte meine Behausung, lobte meinen Geschmack und fand an meinen Serail Gefallen. Ich gab ihm Ziegen, die er vergnügt bearbeitete, während er mit einem Draht den Blitz auf den Kopf einer jungen sechzehnjährigen Neapolitanerin lenkte, die während des Vorganges starb; eine andere tötete er durch Elektrizität; sie starb unter schauerlichsten Qualen; eine dritte erstickte er in einer halben Sekunde durch starke Erhöhung des Luftdruckes. Er untersuchte das Opfer seiner Experimente ganz nackt, streichelte und küßte ihr recht lange die Hinterbacken, leckte ihr Afterloch und fand, wie er sagte, darin den nötigen Reiz, um daß Individuum zum Tode zu verurteilen. Seine Versuche erstreckten sich auch auf Knaben, die er ebenso behandelte. Sodann lehrte er mich einige seiner Geheimnisse, worauf wir uns an das gewaltige Experiment heranmachten, das die Ursache seiner Reise gewesen war. Der Vorgang war einfach. Es bedurfte nur der Formung runder Massen, die aus Wasser, Eisenstaub und Schwefel bestanden; dann grub man sie drei bis vier Fuß tief in die Erde in einem Umkreis von zwanzig Meilen, eine von der anderen etwa zwanzig Zoll entfernt; wurden diese Massen erhitzt, so kam es zur Explosion. Wir vermehrten die Zahl jener derart, daß die ganze Insel so furchtbar erschüttert wurde, wie noch nie seit Jahrhunderten.

Zehntausend Häuser stürzten in Messina ein; fünf öffentliche Gebäude wurden zerstört, fünfundzwanzigtausend Seelen fielen unserer grenzenlosen Bosheit zum Opfer. »Mein Lieber,« sagte ich zu dem Chemiker nach Beendigung unseres Experimentes, »es ist das Sicherste auseinanderzugehen, nachdem man so viel Böses zusammen begangen hat; nimm diese fünfzigtausend Francs und sprechen wir nie voneinander.« – »Stillschweigen will ich versprechen,« sagte Almani, »das Geld weise ich zurück. Erinnern Sie sich nicht, wie ich sagte, ich wolle mich nie für böse Taten bezahlen lassen? Hätte ich Ihnen Gutes erwiesen, dann würde ich eine Belohnung annehmen; aber [235] ich habe nur Böses verübt, das mir Freude bereitet hat; wir sind quitt. Adieu.«

Mein Ueberdruß gegenüber Sizilien verdoppelte sich nach diesem schrecklichen Ereignis; da ich fühlte, daß nichts auf der Welt mich fürderhin an dieses Land fesseln könnte, verkaufte ich mein Gut, nachdem ich alle Mitglieder meines Serails und auch Clementia, trotz ihrer außerordentlichen Anhänglichkeit an mich, umgebracht hatte. Bestürzt über meine Barbarei und Undankbarkeit, erstaunt darüber, daß ich ihr noch ärgere Qualen vorbehielt als den anderen, wagte sie es, mir Vorwürfe zu machen. »O Clementia,« sagte ich ihr, »wie schlecht kennst du die Seele eines Wüstlings gleich mir, da du dir über das Los, das ich dir bestimmte, nicht klar warst! Weißt du denn nicht, daß die Dankbarkeit, von der du meine Seele erfüllt glaubtest, nur dazu gut ist, um mit Frevel zu lohnen? Wenn ich dich schlachtend irgendwelche Regung oder Gewissensbiße empfinde, so nur deshalb, weil ich dich nicht genug martern kann.« Sie starb vor meinen Augen, während ich heftig entlud.

Ich schiffte mich nach Afrika ein mit dem Plane, mich mit den Kannibalen dieser schrecklichen Gegenden zu verbinden, um womöglich noch tausendmal wilder zu werden wie sie.

Aber diesmal wollte der Unbestand des Geschickes mir die Kehrseite zeigen und mich überzeugen, daß, wenn es auch fast immer die Frevel begünstigt, dennoch die Henker ihrerseits zum Opfer fallen müssen, wenn neue Verfolger auftreten ... Doch beweist diese Wahrheit nichts für die Tugend, da man diese in mei ner Erzählung stets in Nöten sieht; aber das soll uns nur lehren, daß der Mensch infolge seiner Schwäche ein Spielball aller Launen des Geschickes, diesen, wenn er vernünftig ist, nur Geduld und Mut entgegensetzen soll.

Ich hatte mich in Palermo auf einem kleinen, leichten Fahrzeug eingeschifft, daß ich nur für mich gemietet hatte. Kaum befanden wir uns auf der Höhe der Klippen von Quels, als wir die Küsten Afrikas sichteten. Als wir dort anlangten, griff uns ein barbarisches Korsarenschiff an und nahm unseres ohne Widerstand. In einem Augenblick sah ich mich, meine Freunde, meines Vermögens und meiner Freiheit beraubt; ich verlor in einer Minute die kostbarsten Güter des Menschen. »Ach!« sagte ich zu mir, als ich gefesselt war, »wenn dieses auf schlechtem Wege erworbene Geld in bessere Hände fiele, dann würde ich vielleicht an die Gerechtigkeit des Schicksals glauben; aber ist es in besseren Händen bei solchen Frevlern, die in diesen Küstenstrichen nur deshalb kreuzen, [236] um das Serail des Beis von Tunis zu bevölkern? Ist es bei ihnen besser aufgehoben als bei mir, der es auch zur Bildung von Serails benutzte? Wo ist denn also diese edle Gerechtigkeit des Geschickes? Geduld! es handelt sich nur um eine seiner Launen: diese vernichtet mich heute, eine andere erhöht mich morgen wieder.«

In wenigen Stunden kamen wir in Tunis an. Mein Kapitän stellte mich dem Bei vor, der seinem Bostangi Befehle gab, mich sogleich bei Gartenarbeiten zu verenden; mein Geld wurde eingezogen. Ich wollte einige Einwendungen erheben; da warf man mir vor, ich sei Priester eines in den Augen Mohammeds verfehmten Glaubens, weshalb man mir niemals dieses Gut rückerstatten werde. Ich mußte schweigen und arbeiten. Da ich kaum zweiunddreißig Jahre zählte, war ich wenigstens in meiner Vollkraft; obgleich entnervt durch meine Ausschweifungen, fühlte ich doch alle nötige Energie in mir, mein Geschick geduldig zu tragen. Schlecht genährt, auf schlechtem Lager, viel arbeitend, empfand ich keinen moralischen Katzenjammer, wenn ich auch physische Mißstimmung verspürte; im Geiste empfand ich immer noch die gleiche Geilheit und Bosheit. 17 Manchmal betrachtete ich die Mauern des Serails, unter dem ich arbeitete, und sagte mir: »O Jérome! auch du hast ein Serail gehabt und köstliche Opfer, die es bevölkerten; jetzt aber mußt du aus eigener Schuld denen dienen, mit denen du rivalisiert hast.«

Eines Abends, da ich mich diesen traurigen Gedanken hingab, sah ich ein Briefchen zu meinen Füßen fallen; ich beeile mich, es aufzuraffen. Gott! wie war ich erstaunt, da ich Josephinens Schrift und Namen erkannte, der Unglücklichen, die ich in Berlin in der Gewißheit verkauft hatte, sie würde das Opfer eines Lustmordes werden.

»Es ist köstlich, Böses mit Gutem zu vergelten,« schrieb mir Josephine in diesem Briefchen, »Sie glaubten, ich sei der Wut eines Frevlers zum Opfer gefallen; Sie haben mich zu diesem Zwecke ihm ausgeliefert; doch hat mich mein Stern vor dem schauerlichen Los, das Sie mir bestimmt haben, geschützt. Wenn ich mich aber wahrhaft glücklich schätze, so deshalb, daß ich imstande bin, Ihre Ketten zu zerbrechen. Morgen werden Sie zur gleichen Stunde als Zeichen meiner unabänderlichen Gesinnung eine Börse mit 300 venetianischen Zechinen und das Bildnis derer, die Sie ehemals [237] liebten, erhalten ... Ein Brief wird dabei sein; er wird Ihnen den Weg zu unser beider Rettung zeigen. Adieu, Scheusal ... das ich wider meinen Willen lieben muß; wenn du mir schon nicht Dank erweist, so achte wenigstens die, welche an dir nur durch Wohltun Rache übt.

Josephine.«


Unbegreifliche Wirkung des abscheulichsten Charakters! meine erste Regung war die der Verzweiflung über das Entwischen eines meiner Opfer; meine zweite war die des Aergers darüber, jemandem einen Dienst zu verdanken, den ich stets nur beherrschen hatte wollen. »Tut nichts,« sagte ich mir, »nehmen wir es an; die Hauptsache ist, sich von hier zu retten. Sie wird schon merken, wenn ich ihrer nicht mehr bedarf, welches in einem Herzen wie dem meinigen die Wirkungen der Dankbarkeit sind.«

Das zweite Briefchen, das Geld, das Bildnis, alles kam zur angesetzten Stunde. Ich küßte das Geld, spuckte auf das Porträt und las hastig das Billet. Ich erfuhr, daß sie über ein beträchtliches Vermögen verfüge, daß ich es teilen dürfe, wenn ich es wolle, namentlich aber, wenn ich es verdiente; ich solle sofort an einen näher bezeichneten Platz gehen, wo mich ein Schiffer erwarte; ich solle mich mit ihm über den Preis für die Ueberfahrt nach Marseille einigen sowie die Maßregeln zur Flucht ergreifen.

Ich eile zu dem Manne, von dem die Rede ist, und ordne alles. Delmas war ein alter Renegat, der Reue hegte, und vor Verlangen brannte, sein Vaterland wiederzusehen und den Türken soviel ihrer Opfer als möglich zu entreißen. »Warten Sie,« sagte er zu mir, »da haben Sie zunächst eine Strickleiter, die Sie zu Ihrer Beschützerin gelangen lassen müssen; fügen Sie dieses Wasser dazu, mit dem Sie durch bloßes Reiben die Gitter durchreißen kann. Ist sie einmal in den Gärten, wo sie, was Sie leicht begreifen werden, erst nachts erscheinen darf, wird sie zu mir auf dem gleichen Wege, den Sie genommen haben, kommen; ich werde sie in meinem Fahrzeug verbergen, in das Sie ebenfalls sich eiligst begeben müssen, sobald das Bagno offen ist.«

Hocherfreut über diese guten Nachrichten, kehrte ich zum Serail zurück. Ich gebe das verabredete Zeichen, auf das eine Antwort erfolgt. Eine Schnur wird herabgelassen; ich befestige die Leiter und die Flüssigkeit, sowie eine kurze Antwort daran, in der ich meiner Zärtlichkeit und meinem Dank, so gut ich dazu imstande war, Ausdruck verlieh. Der Fensterladen wird geschlossen; am Tag nachher wird mir durch ein letztes Billet angezeigt, daß die [238] Ausführung des Projektes auf die nächste Nacht verschoben sei; ich werde aufgefordert, nicht daran zu vergessen, um sicher zu sein, am nächsten Tage in früher Stunde Josephine, ihr Herz und ihre Schätze im Innern von Delmas' Schiff wiederzufinden.

Ich war pünktlich. Ich will Euch nichts von der Szene des Wiederfindens mit Josephine erzählen; sie war zärtlich und vergoß sogar Tränen; ich war mürrisch und verspürte stets jenes Gefühl der Bosheit, das keine Person in meine Hände fallen ließ, bei der mich nicht das lebhafteste Verlangen ergriffen hätte, sie mir untertänig zu machen. Josephine hatte das Alter erreicht, in dem die Züge schärfer hervortreten und ihre Feinheit in Schönheit wandeln; sie war wirklich ein sehr schönes Weib. Während wir darauf warteten, daß die Segel gelichtet würden, tranken wir eine Flasche Syrakuser; indessen erzählte mir das liebe Mädchen ihre Abenteuer.

Der Mann, der sie mir abgekauft hatte, war Friedrich, König von Preußen, der auf den Bericht seines Bruders hin lebhaft die Opferung dieses Geschöpfes gewünscht hatte. Doch war sie so glücklich, der schrecklichen Marter, die ihr drohte, durch die Vermittlung des Kammerdieners zu entrinnen; sie hatte sich noch in derselben Nacht aus Berlin geflüchtet und sich gleich mir in Venedig aufgehalten. Verschiedene galante Abenteuer ermöglichten ihr das Dasein in dieser Stadt, bis ein tunesischer Pirat sie entführte und dem Bey verkaufte, dessen Favoritin sie geworden war. Das, was sie mitbrachte, war indes, obwohl eine recht beträchtliche Summe, höchstens der dritte Teil der Schätze, mit denen sie dieser Despot überhäuft hatte; aber sie konnte nicht mehr wegtragen als im Werte von ungefähr 500.000 Francs. »Nun also,« sagte ich zu Josephine, »damit können wir uns in Marseille niederlassen; wir sind beide jung genug, um auf die Verzinsung dieses Geldes hoffen zu können, das uns dereinst reich machen soll. Meine Hand – fuhr ich heuchlerisch fort – wird bei unserer Ankunft der Lohn deiner Güte sein, wenn es wahr ist, daß du mir das scheußliche Verbrechen, dessen ich mich schuldig gemacht habe, wirklich verzeihen kannst.« Tausend zärtliche Küße waren Josephinens Antwort. Wir waren den Blicken aller entzogen; auf dem Schiffe herrschte noch Ruhe; die süße Empfindung der Freiheit, die Wirkung des genossenen Weines versetzten uns in Feuer, so daß die Säcke, auf welchen wir lagen, uns als Lagerstätte der Wollust dienten. Schon lange hatte ich mich nicht entladen. Da fand ich ein Weib wieder, gegen welche meine ruchlose Phantasie mich schauerliche boshafte Pläne aushecken ließ. Ich schürzte Josephine von hinten; ihre prächtigen Hinterbacken, [239] die wunderbar gut erhalten waren, hatten es mir angetan; ich bearbeitete sie von hinten. »Erhitze mich wieder,« sagte ich ihr, als ich fertig war, »schildere mir genau die Geilheit des Beys. Wie führt er sich gegenüber einer Frau auf?« – »Sein Geschmack ist merkwürdig,« antwortete Josephine, »bevor er ein Weib berührt, muß sie ganz nackt drei volle Stunden platt auf dem Bauche auf einem Teppich liegen. Zwei Lustknaben reiben ihn indeß. Wenn ihr Herr in Erektion ist, heben sie die Frau auf und führen sie ihm zu. Sie verbeugt sich, worauf die Lustknaben ihre Hände und Füße binden. Sodann muß sie sich mit reißender Schnelligkeit solange drehen, bis sie umfällt. Dann wirft er sich auf sie und bearbeitet sie von hinten. Nur so erfreut er sich an Frauen und seine Liebe zu ihnen richtet sich nach der Geschwindigkeit, mit der sie sich drehen. Ich habe ihm nur wegen meiner Geschicklichkeit in dieser Sache gefallen; alle Geschenke, die ich von ihm erhielt, sind Belohnungen dafür.« Erhitzt von diesem Bericht, sodomisierte ich Josephine noch ein zweitesmal und empfand eine Art Wollust, im gleichen Hintern zu stecken, der einen türkischen Kaiser zur Entladung veranlaßt hatte; da trat plötzlich Delmas ein; er verkündete uns, daß er die Segel lichten wolle; in zwei Stunden sei er frei, wir könnten ihn dann an der Kapitänskajüte aufsuchen. Wir fanden uns daselbst ein. Josephine hatte dem Renegaten ihren Plan, mit mir in Marseille ein Handelshaus zu errichten, anvertraut; aus den Antworten des Schiffsherrn entnahm ich rasch, daß er genug Geld besitze, um dritter Kompagnon zu sein. Sofort faßte ich den Plan, meine beiden Wohltäter zu bestehlen und sogar umzubringen; dann wollte ich mich der Schätze und des Schiffes bemächtigen und anstatt nach Marseille nach Livorno steuern, um mich den Verfolgungen zu entziehen. Mit dieser Absicht verdrehte ich die Köpfe von Delmas und Josephine; zugleich bewog ich letztere, sich den Absichten des Renegaten gegenüber nicht zu widerstrebend zu zeigen, um ihm zum Zwecke der Ausführung eines Projektes, das ich nicht ohne Mithilfe ausführen könnte (da ich in dieser Hinsicht mich nicht auskannte), um ihm also zu diesem Zwecke Aufklärungen zu entlocken.

Meine Andeutungen hatten den von mir gewünschten Erfolg; schon in der nächsten Nacht schlief Delmas bei Josephine. Das war alles, was ich wollte. Kaum glaube ich sie beisammen, als ich, den Dolch in der Hand, die Schildwache überwältige und soviel Leute der Bemannung als möglich um mich versammle.

»Meine Freunde,« sagte ich zu ihnen, »sehen Sie nur, wie mich dieser Frevler verrät; ich vertraue ihm mein Weib [240] an, da seht, welchen Gebrauch er davon macht.« Damit stürze ich auf das eingeschlafene Paar und will es mit tausend Stichen durchbohren. Aber Delmas erwacht und scheint sich vorgesehen zu haben; er schießt auf mich, verfehlt mich aber. Ich werfe mich auf ihn; ich erdolche ihn samt seiner unwürdigen Beischläferin, so daß sie blutüberströmt da liegen. Sodann steige ich auf das Verdeck und versammle die Mannschaft um mich, um sie aufzuwiegeln.

»Meine Kameraden,« sage ich ihnen, »nur der Greuel, dessen Zeugen die meisten von Euch waren, hat mich zu der Tat bewogen. Ich habe einen Mißetäter gestraft, der es nicht verdiente, Euch zu kommandieren, da er die Entartung und die Schamlosigkeit so weit trieb. Delmas und ich trugen zusammen die Schiffskosten; und obgleich Ihr mich im Sklavengewande sehet, besitze ich doch ein Vermögen, das dem seinen gleichkommt; ich habe also nach ihm die meiste Anwartschaft auf das Schiff. Rechnet auf meine Redlichkeit und meine Talente; ich werde Euch besser führen als er. Die Fahrt wird fast gleich lange dauern; ich will nur einen anderen Bestimmungsort wählen. Pilot, steuern Sie gegen Livorno; meine Handelsbeziehungen veranlassen mich, diesen Hafen dem von Marseille vorzuziehen; was Euch, meine Freunde, betrifft, so wird Eure Löhnung von heute an verdoppelt.«

Diese Rede fand allgemeinen Beifall. Man warf die Leichen ins Meer; ich bemächtigte mich aller ihrer Reichtümer; wir segelten weiter.

»O Geschick!« rief ich, als ich mich wieder beruhigt hatte, »du machst also dein Unrecht gegen mich wieder gut. Sicherlich ist dies die letzte Erschütterung; du wirst mich sowie auch diejenigen, die meine Geschichte kennen, schließlich zur Ueberzeugung bringen, daß du wenn du uns manchmal von Klippe zu Klippe schleuderst, dies nur deshalb tust, damit wir alle Freuden, mit denen du uns im Hafen beschenkst, umsomehr empfinden.«

Nach meiner Berechnung mochte meine Beute, das Schiff, das ich bei meiner Ankunft in Livorno zu verkaufen beschloß, nicht inbegriffen, sich auf ungefähr zwölfhunderttausend Livres belaufen; ich schwamm in Freuden über meinen glänzenden Hoffnungen, als plötzlich die Schildwache die Nachricht brachte, ein Korsarenschiff gehe auf uns los. Da ich die Ueberlegenheit unserer Kräfte erkannte, befahl ich, das Fahrzeug zu entern; ich schwinge mich auf das Verdeck; meine Mannschaft folgt mir. Wir tragen den Tod in die Reihen der Feinde und waten im Blut; den Säbel in der Faust dringe ich in die Kajüte des Kapitäns. Himmel! wen erblicke ich? ... Gerechter Himmel! welch eine Ueberraschung! Es ist Josephine ... [241] Josephine, die ich an Bord meines Schiffes erdolcht zu haben glaubte. Mit einem furchtbaren Hieb schlage ich den Mann, der sie verteidigen will, zu Boden; dann wende ich mich ihr zu und schreie: »Welches unglückselige Geschick bringt deine abscheuliche Person mir stets vor Augen?« – »Zerreiße sie, die dir lästig fällt,« ruft Josephine, ihren Busen öffnend. »Ja, töte mich jetzt rasch. Ich bin schuldig, ich verfolgte dich in der Absicht, dir das Leben zu rauben; du triumphierst, Treuloser, räche dich an mir: höre aber vorher, welches Geschick mich dir wieder vor die Augen bringt, da du dich bereits über meinen Tod gefreut hattest.

Ich kannte dich, Jérome; deine Ränke überraschten mich nicht; ich enthüllte Delmas alles. Da wir unter den Matrosen eine starke Strömung zu deinen Gunsten argwöhnten, zogen wir die List der Gewalt vor. Der Renegat hieß mich nachts in die Schaluppe gehen, die bloß zwei Ruderer lenkten; um deine Pläne besser kennen zu lernen, brachte er die Nacht mit einer der Mägde zu, die du für mich gehalten, und zweifellos mit ihm umgebracht hast, da du jetzt hier den Befehl führst. Ich sollte auf ein kleines Fahrzeug flüchten, das sich in der Nähe befand, welches dem des Delmas ähnelte und ebenfalls von einem Renegaten kommandiert wurde; du hast ihn soeben zu Boden gestreckt, da liegt er. Dieser Kapitän, der durch den Brief, den ich bei mir trug, verständigt wurde, sollte sich den Anschein geben, als ob er Delmas überfiele und ihn besiege; du solltest in Ketten gelegt werden. War es nicht an der Zeit, mich wegen deiner schändlichen Pläne zu rächen? Du hast die Oberhand gewonnen, Jérome; mein Verteidiger ist tot; noch einmal, nimm mir rasch das Leben. Würde der Himmel mir die Uebermacht schenken, du würdest mir nicht entwischen. Du bist ein Undankbarer; ich wünsche nicht weiter die Freundin eines Ungeheuers zu sein.«

Mit meinem Zorn wetteiferten in meiner Seele alle Empfindungen des Ekels und der Wut, die mich schon längst gegen dieses höllische Geschöpf aufgebracht hatten; ich ließ sie in Ketten legen und in den untersten Schiffsraum werfen. Sodann ließ ich das zweite Schiff ins Schlepptau nehmen und fuhr weiter gen Livorno. Aber als ich abends, von meinen Mühen etwas abgemattet, einige Flaschen griechischen Weines trank, erinnerte mich mein infernalischer Penis bald daran, daß ich ihm ein köstliches Opfer darbringen könne. Ich hatte mit einem kleinen Schiffsjungen, den ich sehr gern hatte, soupiert, der mich während meiner ruchlosen Gedanken wichste. Ich ließ das Opfer in meine Kajüte bringen; ich gab sie nacheinander allen Matrosen preis; ich rieb deren Glieder und führte[242] diese abwechselnd in Josephinens Scham und After ein. Sowie einer fertig war, befahl ich ihm, ihr hundert Hiebe mit einem Tau nach seinem Belieben auf Kreuz oder Hinterbacke zu versetzen und ihr Gesicht an seinem Hintern zu reiben. Vierundsechzig Mann taten dies, so daß sie sechstausendvierhundert Peitschenhiebe erhielt. Ich war der einzige, der nicht entladen hatte. Ich rieb mich, während ich Josephine ohnmächtig auf der Erde mitten im Zimmer sah; ich freute mich, sie, die alles für mich aufs Spiel gesetzt hatte und die, wenn sie sich endlich rächte, Grund genug dazu hatte, in diesem Zustande zu sehen. Noch nie hatte mich eine derartige Erregung ergriffen; mein Sperma entlud sich wider meinen Willen. Ich wünschte diesem Geschöpf einen entsetzlichen Tod; zwanzig Projekte durchkreuzten mein Gehirn, das sie alle als zu schwächlich verwarf. Ich wollte alle Leiden der Menschheit auf ihr Haupt sammeln, aber keines erschien mir arg genug, wenn ich es genau bedachte. »O Jérome,« schrie sie, als sie wieder zum Bewußtsein erwachte und meine Gedanken erriet, »ich könnte noch leben und leben, um dich zu lieben; du weißt, was ich für dich getan habe und wer von uns beiden im Unrecht ist.« Aber weit entfernt davon, mich zu erweichen, erregte mich die Dirne nur umso mehr. Ich trat sie mit Füßen, ich schlug ihren Busen und biß ihre Hinterbacken; ich ähnelte dem Tiger, der endlich seine Beute erlangt hat, die den Wütenden nur dadurch ergötzt, daß sie ihn noch mehr reizt. Kurz, ich war trunken vor Wollust und Raserei, als meine Leute mir die Nachricht brachten, daß das Schiff, welches wir mitschleppten, der Fahrt sehr hinderlich sei. Da entschloß ich mich zu dem merkwürdigen Plan, den ich nun auseinandersetzen will.

Ich ließ Josephine nackt an den Mast dieses Fahrzeuges binden; dann ließ ich Pulver an dessen Deck bringen; die Taue, die es mit meinem Schiffe verbanden, ließ ich durchschneiden; dann ließ ich eine Lunte, das letzte Band zwischen den beiden Schiffen, anzünden, worauf das zweite in die Luft flog. Indessen bearbeitete ich den kleinen Schiffsjungen und genoß das köstlichste Vergnügen, die zerrissenen Glieder derjenigen, die mich ehedem so geliebt und die mir noch vor kurzem Geld und Freiheit verschafft hatte, für immer in den Fluten versinken zu sehen. Ach, welch eine Entladung! Nie hatte ich eine stärkere genossen.

Endlich kamen wir in Livorno an, wo ich im besten Zustande ans Land ging. Ich verabschiedete meine Leute und verkaufte das Schiff; sodann begab ich mich, nachdem ich mehrere Tage ausgeruht hatte, zu Lande nach Marseille, da ich mich nicht mehr den gefährlichen Launen [243] eines Elementes aussetzen wollte, dessen Unbeständigkeit ich so stark empfunden hatte.

Marseille ist eine prächtige Stadt, wo man allen Formen von wüsten Ausschweifungen fröhnen kann. Prächtige Wollustobjekte, göttliches Klima; was brauchte es mehr, einen solchen Lüstling wie mich zu fesseln? Ich hatte das geistliche Gewand abgelegt; da ich sicher war, wieder in meine priesterlichen Rechte eintreten zu können, wann ich wollte, erfreute ich mich einige Zeit an den Freiheiten des weltlichen Gewandes. Ich mietete ein hübsches Haus beim Hafen, einen ausgezeichneten Koch, zwei Dienstmägde sowie zwei vorzügliche Kuppler, deren einen ich mit der Aufbringung von Lustknaben, den anderen mit der von Mädchen betraute; beide leisteten mir so gute Dienste, daß ich in meinem ersten Jahre mehr als tausend Knaben und fast zwölfhundert junge Mädchen sah. Es gibt in Marseille eine Klasse solcher Geschöpfe, bekannt unter dem Namen Chaffrecane, die nur aus zwölf- bis fünfzehnjährigen in Fabriken oder Geschäftshäusern arbeitenden Kindern besteht; diese liefert den Wüstlingen dieser Stadt die prächtigsten Objekte. Ich räumte rasch in ihren Reihen auf, so daß ich bald blasiert wurde; wenn mein Genuß nicht von Freveltaten begleitet war, konnte er mich nicht befriedigen. Ich suchte also meinen Grundsätzen gemäß meine trefflichen Talente mit meinem Geschmack zu verknüpfen.

Mit solchen Plänen brachte ich meine Zeit zu, als eines Tages einer meiner Kuppler mir ein achtzehn-bis zwanzigjähriges, sehr schönes Mädchen zuführte, die, wie man mir versicherte, klug war wie Minerva. Nur das grenzenlose Elend, in dem sie sich befand, vermochte sie zu diesem furchtbaren Schritte; sie bat mich, sie irgendwie unterzubringen, ohne mit ihrer schlimmen Lage Mißbrauch zu treiben. Wäre dieses junge Mädchen nicht schön gewesen wie der Tag, so hätte schon der Zustand, in dem man sie mir vorführte, mich im höchsten Grade erregt. Der erste wüste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß, war der, mich an ihr zu ergötzen und sie zu prellen. Um diesen frommen Plan zu verwirklichen, befahl ich meinem Manne, sich zurückzuziehen, nachdem seine Beute in mein Boudoir eingetreten war. Ueberrascht von der Schönheit des Mädchens, konnte ich nicht umhin, sie um ihre Abkunft zu befragen. »Ach, mein Herr,« antwortete sie, »ich bin zu Lyon geboren; meine Mutter hieß Henriette, mein Name ist Helene. Meine unglückliche Mutter war das Opfer ihres ruchlosen Bruders, der sie mißbraucht hatte, und starb, wie es hieß, auf dem Schaffot. Ich bin die Frucht dieser schrecklichen Blutschande; sie war die Ursache [244] aller Leiden meines Lebens. Bis zum elften Lebensjahre lebte ich nur von der Mildtätigkeit. Eine Dame nahm mich um diese Zeit zu sich und lehrte mich arbeiten; ich befände mich jetzt nicht in der schrecklichen Lage, in der Sie mich sehen, wenn ich nicht so unglücklich gewesen wäre, sie zu verlieren. Seitdem hat es mir an Arbeit gefehlt und ich habe es vorgezogen, mein Brot zu erbetteln, als mich einem liderlichen Lebenswandel zu ergeben. Seien Sie großmütig, mein Herr; helfen Sie mir, ohne meinen Zustand zu mißbrauchen, dann werde ich des Himmels Segen auf Sie herabflehen.« Helene senkte die Augen nach dieser Rede, ohne nur eine Ahnung zu haben von der merkwürdigen Erregung, die sie in meinem ganzen Wesen hervorgerufen hatte. Ich erkannte mit Bestimmtheit in diesem prächtigen Geschöpfe das Kind meiner Cousine Henriette, des unglücklichen Opfers der Ruchlosigkeit meines Cousins Alexander und meiner schauerlichen Bosheit. Nie hatte eine Tochter ihrer Mutter ähnlicher gesehen. Wenn Helene kein Wort erzählt hätte, so hätte ich bloß durch Betrachtung ihrer Züge ihre Abkunft erraten. »Mein Kind,« sagte ich, »Ihre Erzählung ist recht interessant; vielleicht rührt es mich mehr als einen anderen; aber nichtsdestoweniger können Sie bei mir nichts durchsetzen, wenn Sie sich nicht allen meinen Befehlen blindlings unterwerfen. Beginnen Sie sich vollständig zu entkleiden.« – »Aber, mein Herr!« – »Kein Widerstreben, mein Herz, ich liebe das nicht; Sie haben von mir nichts zu erwarten, wenn Sie sich nicht bedingungslos allen meinen Launen unterwerfen.« Helene antwortete mit Tränen; als sie aber an meinem brutalen Vorgehen bemerkte, daß ich wenig Lust zeigte, ihre Bitten zu erhören, gab sie nach, indem sie mich mit Tränen überströmte. Helene besaß zu viele Reize, zu viel Anspruch an das Herz eines Wüstlings gleich mir, als daß ich an die Idee, sie zu schonen, auch nur hätte denken können. Sie besaß eine wundervolle Haut, einen saftigen, vollen Hintern, und war sicherlich noch unberührt. Mein rasender Penis durchbohrte sie rasch; ich gelange tief in ihre Scheide und entleere meinen schäumenden Samen; meine niedergeschlagene Tochter wird ihrerseits Mutter. Das, meine Freunde, war der Ursprung von Olympias Geburt, die Sie mich täglich in Ihrem Serail bearbeiten sehen und die also die dreifache Ehre genießt, meine Tochter, meine Enkelin und meine Nichte zu sein. Ich ging mit Helene bald von der Blutschande zur Sodomie über. Ich bearbeite dieses köstliche Ergebnis meines Hodens von hinten. Vom Hintern gehe ich zum Mund über; sie bot mir tausend Genüsse, die meinen rasenden Begierden kaum genügen konnten.[245] Müde geworden vom Ergießen des Samens, peitsche ich sie, ohrfeige ich sie, ließ ich sie scheißen. Es gab keine einzige Geilheit, der ich sie nicht willfährig gemacht hätte während der vier Stunden, die diese erste Sitzung dauerte. Von Wollust gesättigt, glaube ich es endlich an der Zeit, ihr zu erklären, mit wem sie es zu tun gehabt habe. »Helene,« sagte ich ihr, sie noch immer ganz nackt auf meinen Knien haltend, »würde es dir unangenehm sein, deinen blutschänderischen Vater wiederzufinden?« – »Sie machen mich erbeben.« – »Wenn aber dieses Scheusal existierte ... wenn er in deinen Armen läge, Helene ... in deinem Hintern ...« Mit diesen Worten senkte ich mein Glied in ihren After ein. Helene fiel in Ohnmacht. Meine gewaltigen Stöße, die sie im Mastdarm verspürte, erweckten sie bald wieder zum Bewußtsein. Ich entleerte mich. »Mein Kind,« sagte ich, als ich fertig war, »ich habe dir genug mitgeteilt, um dich dem Irrtum zu entreißen: erkenne deinen Vater und seine ganze Raserei. Jawohl, mir verdankst du dein Leben. Der Bruder deiner Mutter und ich waren die Ursache des Todes dieser unglückseligen Frau; aber alles ist wieder gut gemacht durch das Kind, an dem ich soeben mit dir gearbeitet habe. Bleibe bei mir; ich bedarf einer Frau, die sich meinen Lüsten willfährig zeigt und über meinen Vorteil wacht; tue dies und mache dir keine Skrupeln. Denke daran, daß du dich allen meinen Wünschen unterwerfen mußt. Bald Opfer, bald Aufseherin, darfst du dich keiner meiner Begier den entziehen; bei dem geringsten Widerstande werde ich mich kaum abhalten lassen, dich wieder in die furchtbaren Verhältnisse, in denen du bis jetzt lebtest, zurückzuschleudern; ich, der ich nach dem Leben deiner Mutter getrachtet habe, könnte vielleicht auch dein Henker werden.« Helene wirft sich mir zu Füßen; sie bittet mich, nicht mehr an die zu denken, die ihr das Leben geschenkt hat, und verspricht mir, grenzenlos unterwürfig zu sein. Nunmehr brachte ich sie bei mir als Haushälterin unter; die sanfte Helene ersetzte in Marseille meine Clementia von Messina.

Einige Zeit nach diesem Begebnis verliebte ich mich bis über die Ohren in einen jungen sechzehnjährigen Knaben, schön wie Adonis; aber seine Kälte, die auf eine Liebe zu einem gleichalterigen Mädchen zurückzuführen war, versetzte mich jeden Tag in Verzweiflung. Dennoch schenkte mir Imbert (so hieß er) sein Vertrauen, bald sogar seine Freundschaft, da ich es ihm ermöglichte, seine Geliebte bei mir zu sehen. Euphemie war groß gewachsen, bildhübsch, zweifellos von angenehmer Erscheinung, aber stand an Reizen weit hinter dem prächtigen Knaben zurück, der mir den Kopf verdreht hatte. Mit ihrem Vater [246] und ihrer Mutter befreundet, mit denen ich mich bloß wegen meines Vorhabens mit Imbert eingelassen hatte, vergingen nur wenig Tage, daß wir uns nicht gegenseitig aufsuchten. Von dieser Freundschaft ge deckt faßte ich, um mir Imberts Genuß zu verschaffen, das höllischeste Projekt, das je meinem Kopfe entstiegen war. Ich begann jenen bei den Eltern Euphemiens recht anzuschwärzen; durch meine Listen und Tücken legte ich dem jungen Manne solche Fallstricke, daß es mir gelang, ihn bei den Eltern seiner Geliebten verhaßt zu machen. Sobald ich so weit war, fiel es mir nicht schwer, Imbert seinerseits gegen die Leute, denen er so ungelegen zu sein schien, aufzuhetzen; von der Erbitterung ist aber in einem feurigen Herzen nur ein Schritt zum Verbrechen. Imbert sah ein, daß er, solange als die Eltern Euphemiens lebten, auf sein Glück nicht rechnen dürfte. Doch waren sie noch jung und Imbert ungeduldig. Ich ziehe aus seiner erregten Stimmung Nutzen. Durch eine hinterhältige Rede biete ich ihm mit dem Uebel zugleich das Heilmittel dar. Imbert läßt sich verführen und ist nur wegen einer Sache unruhig: wie sich nämlich Euphemie zum Mörder ihrer Eltern verhalten werde. Ich fragte ihn: »Warum ihr denn diese Tat enthüllen?« – »Sie wird sie ahnen.« – »Niemals. Uebrigens werde ich handeln; ich bitte Sie nur um Ihre Zustimmung.« – »Gott, können Sie daran zweifeln?« – »Ich will sie schriftlich.« – »Gut.« – Imbert gab mir folgendes Schreiben:

»Erbittert über die Verfolgungen, die ich erdulden muß, bitte ich meinen Freund Jérome, mir Realgar zu kaufen, um rasch den Tod der Eltern Euphemiens herbeizuführen, die sich hartnäckig meiner Heirat mit ihrer Tochter widersetzen.«

Schwäche und jugendliches Vertrauen ließen ihn, wie ersichtlich, sich arg verstricken. So unverhüllt auch diese Falle war, geriet der wackere Imbert in seiner Gedankenlosigkeit doch hinein; sofort, nachdem ich in den Besitz des Schreibens gelangt war, vergiftete ich bei einem Souper die Feinde meines Geliebten. Euphemie schöpfte keinen Verdacht; aber die tiefe Trauer und ihr Schmerz nötigten sie dennoch, sich für einige Wochen zu entfernen. Eine alte Tante führte sie aufs Land. »Imbert,« sagte ich zu dem jungen Manne, »dieses Vorgehen gefällt mir nicht. Die Abwesenheit Ihrer Geliebten kann ein Erkalten ihrer Gefühle bewirken; man kann in ihrer Seele die Eindrücke ihrer Eltern wieder auffrischen. Lassen wir es nicht dahin kommen; geben Sie mir neue Vollmachten, ich will sie dieser Möglichkeit entziehen.«

[247] Imbert willigt abermals in alle meine Wünsche ein. An der Spitze einer Banditenhorde, die ich für Geld gemietet habe, breche ich in das Landhaus der Tante ein; ich erdolche sie mit eigener Hand; meine Leute, denen ich dieses reiche Gut zur Plünderung überlasse, entledigen sich rasch aller Bedienten. Euphemie wird auf ein von mir mit Vorbedacht gemietetes, isoliert gelegenes Landgut nahe bei Marseille gebracht; dahin geleite ich auch Imbert und Helene. Hierauf sage ich zu dem jungen Mann: »Mein Freund, Sie sehen, was ich für Sie alles tue; dafür verdiene ich ihren Hintern.«- »Meinen Hintern?«- »Sie werden solange nicht in Euphemiens Besitz gelangen, als Sie mir meine Bitte nicht erfüllt haben.« – »Aber, Jérome, Sie wissen ja, wie sehr ich solchen Frevel verabscheue.« – »Imbert, hier ist Ihre Geliebte; Sie vernehmen Ihre Stimme (ich veranlaßte ihn, auf ein Gespräch zu lauschen, das ich absichtlich zwischen Helene und Euphemie herbeigeführt hatte), wenn Sie sich nicht von hinten bearbeiten lassen, werden Sie sie nie besitzen.« – »Nun gut, befriedigen Sie Ihre Gelüste, Sie böser Mensch; aber Euphemie soll davon nichts erfahren ... sie würde mich verabscheuen ...« – »Niemals!« – Mein wütendes Glied drang nach diesen Worten in den prächtigsten Hintern, den ich seit langer Zeit bearbeitet hatte. Ich reibe mein Glied, nachdem ich eingedrungen war, und entleere meinen Samen, doch ohne meine heftige Erregung zu beschwichtigen. Meine entartete Seele bedarf neuer Ruchlosigkeiten. »Einen Augenblick Geduld!« sagte ich dem Jüngling, indem ich mein Glied aus seinem Hintern zog. Ich sperre ihn in mein Zimmer und eile in das, in dem sich Euphemie befindet. »Halte mir dieses Mädchen,« sage ich zu Helene, »ich muß sie bearbeiten.« Sie schreit; aber barbarische Vorkehrungen ersticken ihre Rufe; ich stecke in der prächtigen jungfräulichen Scheide der Geliebten, noch bebend vor Vergnügen über den genußvollen Hintern ihres Liebhabers. »Bringen Sie mir den Jüngling, den ich im nächsten Zimmer eingesperrt habe,« sage ich zu Helene, »lassen Sie sich von einem meiner Leute helfen; besonders dann halten Sie ihn fest, wenn er eintritt.« Imbert erscheint. Wenn sein Erstaunen unbeschreiblich ist, so ist es das Vergnügen, das ich bei seinem Eintritt empfinde, noch unvergleichlich mehr. »Ruchloser!« schreit Imbert, indem er sich auf mich stürzen will, »du höllisches Ungeheuer!« Aber er wird festgehalten. »Mein Freund,« erwiderte ich dem Jüngling, ohne über seine Drohungen zu erschrecken, »du siehst diesen Dolch; ich durchbohre damit sofort den Gegenstand deiner Wünsche, wenn du nicht, während ich sie bearbeite, deinen Hintern von mir küßen läßt.« Imbert [248] zittert; seine Freundin, die nicht sprechen kann, ermutigt ihn mit dem Finger; er gehorcht. Nunmehr gehe ich von der Scheide zum Hintern über und berausche mich an dem göttlichen Vergnügen, die Hinterbacken des Liebhabers zu küßen, während ich seine Geliebte sodomisiere. Aber der unglückliche Imbert, den Helene während der Ausbrüche meines Entzückens festhält, weiß nicht, wie weit ich die Ruchlosigkeit im wundervollen Augenblicke des Ergusses getrieben habe ... in diesem schrecklichen Momente, da der skrupellose Wüstling die schauerlichsten Genüsse ersinnt. Ich lasse ihn herabsteigen und zeige ihm seine blutüberströmte Geliebte, der ich mit sechzehn Dolchstichen tückisch das Herz und die Brüste durchbohrt hatte. Er fällt in Ohnmacht; Helene erweckt ihn wieder zum Bewußtsein, das er aber nur dazu wieder erlangt, um Euphemie sterben zu sehen, worauf er mich mit Schmähungen überhäuft. »Junger Tor!« sagte ich ihm, in meinem Frevel köstlich schwelgend, »betrachte deine Vollmachten, die du mir erteilt hast ... Wenn du ein Wort sprichst, stürze ich dich ins Verderben; selbst diesen Mord wird man für dein Werk halten. Helene und ich werden deine Untaten bezeugen und du stirbst auf dem Schaffot. Ich bin noch in Erektion; laß mich deinen Hintern sehen. Ich habe einstens eine Geliebte auf dem Leichnam ihres Liebhabers bearbeitet; ich will heute das Umgekehrte tun, um entscheiden zu können, welche dieser beiden Handlungen ein größeres Vergnügen verschafft.« Noch nie hatte die Welt solch wüstes Treiben gesehen. Helene ließ mich ihren hübschen Hintern küßen; indeß bearbeitete mich der Diener, der ihr geholfen hatte, von hinten; ich selbst bearbeitete Eupheminens Leichnam und ließ ihren Liebhaber desgleichen tun. Von den Ruchlosigkeiten übersättigt, ließ ich einen Polizeibeamten herbeirufen. Helene und ich sagen gegen Imbert aus; die Vollmachten beweisen gegen ihn. Ich füge hinzu, daß er wider unseren Willen seine Geliebte in dieses Haus gebracht habe, daß ihn seine Eifersucht so weit getrieben habe. Imbert ist solch furchtbarer Verbrechen überführt, daß er trotz seines jugendlichen Alters exekutiert wird. Und ich lebe! ich, Urheber und Werkzeug aller dieser Untaten, ich lebe in Ruhe! Der Himmel hat mir noch andere vorbehalten; und ich ließ nicht viel Zeit unbenützt verstreichen. Helene war nicht zuverlässig, sie plauderte. Ich befolgte den Grundsatz des Macchiavells: »Entweder hat man nie Komplizen, oder man muß sie, nachdem man sich ihrer bedient hat, töten.« Im selben Monat auf dem gleichen Landgut, im selben Zimmer wurde Helene zu der furchtbarsten Todesqual verurteilt, die ich je ein Opfer hatte erdulden lassen. Von dort kehrte ich [249] ruhig nach Marseille zurück und segnete das Schicksal für den Erfolg, den es stets meinen Untaten sicherte.

Ich verbrachte noch einige Jahre in dieser Stadt, ohne daß sich etwas zugetragen hätte, was Euch interessieren könnte: »viele Ausschweifungen, Spitzbübereien, kleine geheime Morde, aber nichts Ungewöhnliches. Damals hörte ich reden von Eurer berühmten Abtei Sainte-Marie-des-Bois. Mein Wunsch, mit Euch in Verbindung zu treten, erweckte in mir das Verlangen, abermals das priesterliche Kleid anzulegen. Ich vernahm, dies sei möglich, wenn man der päpstlichen Kanzlei zu Rom einige Gaben entrichte. Ich eilte in diese Zentrale des christlichen Aberglaubens; ich beichtete dem heiligen Vater und bat um die Wiederaufnahme in den geistlichen Stand; ich gab die Hälfte meines Besitzes der Kirche und erwirkte mir durch diese freigebige Schenkung die Wiedererlangung ungemeiner Rechte und die Erlaubnis, Sainte Marie bewohnen zu dürfen. So kam ich zu Euch, meine lieben Brüder! Möge mich Gott hier lange erhalten! Denn wenn das Verbrechen auch anderswo genug der Reize bietet, so hier sicherlich noch recht viel mehr, da es im Dunkeln und in der Ruhe vollbracht, ohne Furcht vor Gefahren begangen werden kann, die ihm in der Welt nur allzu oft drohen!«

XII. Kapitel.
Ende der Erlebnisse im Kloster. – Wie Justine es verläßt. – Eine Herberge, wo die Reisenden gut daran tun, sich nicht aufzuhalten.

Die Erzählung, die man soeben vernommen hatte, weit entfernt, die allgemeine Erregung zu beschwichtigen, wie Severino gehofft, elektrisierte dermaßen die Geister, daß man sogleich eine Veränderung mit den Gegenständen der Ausschweifung vorzunehmen beschloß. – »Behalten wir nur sechs Frauen,« meinte Ambroise, »und ersetzen wir die übrigen durch Knaben. Ich bin schon müde, seit vier Stunden nur weibliche Busen und Hälse um uns zu sehen; wenn man so hübsche Lustknaben im Käfig hat, begreife ich nicht, warum man sich nur von Löchern umringen läßt.« – »Sehr richtig,« rief Severino, dessen erigierter Penis den Tisch um sechs Zoll überragte, »man bringe uns rasch acht Knaben herbei; von Mädchen wollen wir Justine, Octavie und diese vier hübschen sechzehn-bis achtzehnjährigen Geschöpfe, von den Jérome umgeben ist, behalten.« – Das Bild ändert sich; es erscheinen Knaben; unsere Mönche bearbeiten sie von hinten und lassen sich desgleichen tun; die Mädchen dienen nur als Zielscheibe ihrer grausamen Begierden. »Sapperlot!« ruft Ambroise, [250] sein erigiertes Glied aus dem Hintern eines prächtigen dreizehnjährigen Lustknaben zurückziehend, »ich weiß nicht, was ich in dem unerhörten Entzücken, das mich durchströmt, ersinnen und tun soll. Mich ergreift eine rasende Wut gegen dieses kleine Mädchen,« fuhr er fort, auf Octavie weisend ... »Sie wäre nicht die erste, deren Ersetzung wir gleich am Tage ihrer Ankunft nötig gemacht haben. Wir werden von neuen Frauen überlaufen; in dieser Woche haben wir noch zwei oder drei zu erwarten, die mehr wert sind wie die da. Ihr habt unter anderen ein siebzehnjähriges Geschöpf, schön wie eine Grazie, die mir die herrlichste Person erscheint, die seit langer Zeit hier eingetreten ist. Machen wir mit dieser kleinen Hure kurzen Prozeß. Wir haben sie alle bearbeitet; ein jeder von uns hat sein Glied in ihre Scham, ihren Hintern und ihren Mund gesteckt; wenn wir wieder von vorne anfangen, so ist es doch immer dasselbe und ...« – »Ich widersetze mich dem,« sagte Jérome, »nicht alle Leute werden so schnell müde wie Ambroise; es bleiben uns noch tausend Genüsse, einer höllischer als der andere, mit diesem kleinen Mädchen. Quälen und martern wir sie, nichts richtiger als das; aber opfern wir sie noch nicht.«

»Nun gut,« sagte Ambroise, der, sie zwischen den Beinen haltend, ihr hartnäckig zusetzte, »möge man sie zu folgendem verurteilen, da man mir mein Verlangen abschlägt: ich verlange, daß derjenige von uns, der keine Lust hat zu scheißen, einen Dolch gegen ihre Kehle zückt und ihn ihr unerbittlich hineinstößt, wenn sie nicht den Kot der fünf anderen verschlingt ...« – »Prächtig ... göttlich!« rufen Sylvestro und Severino. »Ich liebe bis zur Raserei die Einfälle des Ambroise. Schon seit langem – meint Antonius – entlade ich nur infolge der Ideen dieses Schurken da. Aber was geschieht mit denen, die geschißen haben?« – »Justine,« sagt Ambroise, »ist dazu verurteilt, ihre Hintern mit der Zunge auszuwischen; ein anderes Mädchen wird die Gliede unserer Lustknaben nacheinander in unsere Hintern einführen, einer von den letzteren wird unseren Penis lecken, ein anderer uns in den Mund farzen.« – »Ist das alles?« fragt Sylvestre, »das ist eine große Strafe, fünf Stühle zu verschlucken; ich esse ihrer täglich ein Dutzend zu meinem Vergnügen.« – »Kein, nein,« sagte Severino, »das genügt alles nicht; so wie ein Mönch geschißen hat und bearbeitet worden ist, hat er das Recht, dem Opfer eine blutige Strafe aufzuerlegen.« – »So ist es recht,« entgegnete Ambroise, »mit diesem Vorbehalte willige ich in die Sache; ohne ihn möchte ich davon nichts wissen wollen.«

Die beabsichtigten Ruchlosigkeiten nahmen ihren[251] Beginn; sie erreichten ihren Höhepunkt. Die Tugend und die Schönheit dieses Mädchens entflammten diese Frevler nur umso mehr; als man sie endlich mehr wegen Uebersättigung als aus Mitleid in ihr Zimmer zurückbrachte, genoß sie wenigstens für einige Stunden die Ruhe, deren sie bedurfte.

Justine, die dieses hübsche kleine Ding in ihr Herz geschlossen hatte und die ihr dieselbe Freundschaft entgegenbringen wollte wie Omphalen, tat alles mögliche, um die Erlaubnis zu erhalten, sie zu erziehen; aber Severino wollte durchaus, daß unsere Heldin in seiner Zelle schlafe. Wir haben bereits erwähnt, daß dieses schöne Mädchen so unglücklich war, mehr als eine andere die scheußlichen Gelüste dieses Sodomisten zu erregen; seit einem Monat schlief sie fast jede Nacht bei ihm; wenige Frauen hatte er so fleißig von hinten bearbeitet; er fand sie entschieden überlegen den anderen durch den Schnitt ihrer Hinterbacken sowie durch die Hitze und unbeschreibliche Enge ihres Afters; was brauchte es mehr, um die Triebe eines Hurenkerls anzuregen? Aber der Wüstling war heute nachts erschöpft und bedurfte besonderer Ausschweifungen. Da er zweifellos fürchtete, mit dem ungeheuerlichen Gliede, das er besaß, ihr nicht genug Böses antun zu können, beschloß er diesmal, Justine mit einem Godmiché von zwölf Zoll Länge und sieben im Umfang von hinten zu bearbeiten. Das arme Mädchen wollte entsetzt einige Einwendungen erheben; die Antwort waren Schläge und Drohungen; sie war also verpflichtet, ihren Hintern preiszugeben. Infolge der Stöße drang das Ding allzuweit nach vorne; Justine stößt laute Schreie aus; der Mönch hat daran seine Freude. Nach einigen Hin- und Herbewegungen zieht er plötzlich das Instrument heraus und führt sein eigenes Glied in das Loch ein. Welch eine Laune! Ist das nicht gerade das Gegenteil von dem, was die Menschen wünschen müssen?

Als er des Morgens sich ein wenig kräftiger fühlte, wollte er eine andere Marter versuchen. Er zeigte Justinen ein viel stärkeres Instrument als den Abend vorher. Es war hohl und mit einem Stempel versehen, das das Wasser mit unglaublicher Kraft durch eine Oeffnung von mehr als zwei Zoll im Umfange durchspritzte. Das enorme Ding selbst war dreizehn Zoll lang bei einem Umfange von neun Zoll. Severino füllte es mit recht heißem Wasser und wollte es in die Scheide einsenken. Entsetzt über dieses Vorhaben, wirft sich Justine ihm zu Füßen und fleht um Erbarmen.

Aber der Mönch befindet sich in einer jener energischen [252] Stimmungen, in denen die Stimme des Mitleids schweigt, dafür aber die viel beredteren Leidenschaften, die sie ersticken, eine oft recht gefährliche Grausamkeit an ihre Stelle setzen. Severino droht ihr mit seinem Zorne, wenn sie nicht gehorcht. Justine gibt sich bebend preis. Zwei Drittel des schrecklichen Werkzeuges dringen ein; die Zerreißungen, die es bewirkt, verbunden mit der äußersten Hitze, rauben ihr fast die Besinnung. Indessen hört der Prior nicht auf, sie weiter zu quälen, und läßt sich von einem Mädchen auf den Hinterbacken der anderen reiben. Nach einer Viertelstunde der Marterung, die Justine kaum mehr auszuhalten vermag, lockert sich der Stempel und spritzt das kochende Wasser tief in die Gebärmutter. Justine fällt in Ohnmacht. Severino gerät in Extase; er bearbeitet sie in diesem Zustande der Bewußtlosigkeit von hinten; er kneift ihren Hals, um sie wieder zum Leben zu erwecken; endlich öffnet sie wieder die Augen. »Was hast du denn?« fragt sie der Mönch, »das ist ja gar nichts; wir behandeln diese Reize hier manchmal viel ärger. Ein dorniges Kraut, Teufel noch einmal! gut gepfeffert und in Essig getaucht, mit der Spitze eines Messers in die Scheide gesteckt, das braucht es, um diese Reize zu zerreißen. Bei dem ersten Fehler, den du begehst, verurteile ich dich dazu,« sagt der Frevler, der bei diesem Gedanken sich in den prächtigen Hintern seines Opfers ergießt. »Ja, Dirne, ich verurteile dich dazu, und vielleicht zu noch Aergerem vor Ablauf von zwei Monaten.« Endlich bricht der Tag an, worauf Justine verabschiedet wird.

Sie fand beim Eintritt ihre neue Freundin in Tränen aufgelöst. Sie tat, was in ihrer Macht stand, sie zu beruhigen; aber es ist nicht leicht, sich in eine so schreckliche Situation zu finden. Octavie war tugendhaft, empfindlich und religiös; umso schrecklicher kam sie sich in ihrer Lage vor. Doch war sie zufrieden, eine gleichgestimmte Seele zu finden, und trat bald zu unserer liebenswürdigen Waisen in ein inniges Verhältnis; sie fanden beide durch diese Freundschaft mehr Kraft, ihre gemeinsamen Leiden zu ertragen.

Aber die traurige Octavie genoß nicht lange diese angenehme Empfindung. Es war Justinen gesagt worden, daß die Ancienität keinen Einfluß auf die Erneuerungen habe; nur durch die Laune der Mönche oder durch die Furcht vor Nachforschungen seitens der Außenwelt veranlaßt, könnten sie ebenso gut nach Verlauf von acht Tagen wie von zwanzig Jahren stattfinden. Octavie befand sich kaum zwei Monate im Kloster, da verkündete ihr Jérome, daß für sie Ersatz eintreten müsse, obgleich er es [253] war, der ihr am meisten zu huldigen schien ... Sie schlief meistens bei ihm; noch am Abend vor dieser schrecklichen Katastrophe war dies der Fall gewesen. Doch geschah dies nicht ihr allein. Ein herrliches Mädchen, dreiundzwanzig Jahre zählend, das sich seit seiner Geburt im Kloster aufhielt und über jedes Lob erhaben war, dessen weiches, mitleidiges Wesen sich in merkwürdiger Weise mit einer romantischen Erscheinung verband, kurz, ein Engel, sollte am selben Tage das gleiche Schicksal erleiden; die Mönche beschlossen gegen ihre Gewohnheit, beide zusammen zu opfern. Die Schöne hieß Mariette und war, wie es hieß. Sylvestres Tochter. Zu dieser blutigen Zeremonie wurden die größten Zurüstungen getroffen; da unsere Heldin unglücklich genug war, sich unter der Zahl der an diesem Tage Geladenen zu befinden, wird man es uns verzeihen, wenn wir das letztemal auf der Schilderung der entsetzlichen Ausschweifungen dieser Ungeheuer bestehen.

Man kann sich leicht vorstellen, daß die Wahl Justinens sicherlich nur eine höchst raffinierte Grausamkeit war. Man kannte ihr außerordentlich empfindliches Wesen; man wußte, daß sie mit Octavia befreundet war; was brauchte es mehr, daß man ihre Anwesenheit beim Feste wünschte? Ebenso war man gegen Fleur-d'Épine, ein schönes, sanftes, zwanzigjähriges, ebenfalls mit Mariette innig befreundetes Mädchen vorgegangen; sie mußte ebenfalls an diesem Todesfest teilnehmen. Alle diese Züge dienen dazu, ein Gemälde des Seelenzustandes dieser Frevler zu entwerfen; nicht umsonst enthüllen wir sie.

Zehn andere Frauen im Alter von fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahren, von großer Schönheit, sechs junge Lustknaben im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren, mit auserlesen hübschen Gesichtern, sechs Männer im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, die auf Grund ihrer langen oder dicken Glieder ausgewählt worden waren, endlich drei fünfunddreißig bis vierzigjährige Aufseherinnen für den inneren Dienst waren zu dem höllischen Opferfest, das sich vorbereitete, zugelassen.

Das Abendmahl fand, wie bereits erwähnt, in einem Keller statt, der sich neben denen befand, in denen die Opfer eingeschlossen waren. Man kam bei Sonnenuntergang zusammen; aber der Brauch verlangte es bei solchen Gelegenheiten, daß jeder Mönch sich im Vorhinein in seiner Zelle mit zwei Mädchen oder zwei Knaben, die er aus der Zahl der Geladenen wählte, unterhielt; Sylvester, der Vater des einen Opfers, wünschte sich mit Justine und einem anderen Mädchen, namens Aurora, die fast ebenso schön war wie unsere Heldin, einzuschließen.

[254] Wir wollen die Zeremonien, die bei diesem Vorbereitungsgenuß beobachtet wurden, genauer schildern.

Der Mönch, in einem Fauteuil sitzend, die Hosen aufgeknöpft, meistens vom Gürtel abwärts, hörte wohlgefällig eines der Mädchen an, die ihm, Ruten in der Hand haltend, sich nähern mußte, worauf sich folgendes Frage- und Antwortspiel entwickelte:

»Ruchloser, du bist also zum schrecklichsten Frevel entschlossen und der Mord wird dich besudeln?« – »Ich hoffe so.« – »Was! Scheusal, kein Rat, keine Vorstellung, keine Furcht vor dem Himmel oder den Menschen vermag diesen Greuel abzuwenden?« – »Es gibt keine göttliche oder menschliche Gewalt, die mich abzuhalten imstande wäre.« – »Aber Gott sieht dich!« – »Ich pfeife auf Gott.« – »Wartet nicht die Hölle deiner?« – »Ich trotze der Hölle.« – »Werden nicht vielleicht die Menschen eines Tages deine Untaten entdecken?« – »Ich spotte der Menschen und ihres Urteils; ich denke nur an den Frevel, ich liebe nur den Frevel, ich lebe nur für das Verbrechen, nur das Verbrechen soll alle Augenblicke meines Lebens kennzeichnen.«

Sodann mußte man auf die Art und Weise der Missetat und ihre Einzelheiten anspielen; so wurde Justine beauftragt, folgende Frage an Sylvester zu stellen: »Was! Elender, denkst du nicht daran, daß es sich um deine Tochter handelt, daß du sie opfern willst, ein so reizendes Geschöpf, das deinem Blute entsprossen ist?« – »Was kümmert mich dieses Band; es ist für mich ein Beweggrund mehr; ich wollte, sie wäre mir noch mehr verwandt ... sie wäre noch interessanter ... noch hübscher« u.s.w.

Sodann ergriffen die beiden Mädchen den Wüstling; die eine legte ihn über ihre Knie, während die andere ihn aus Leibeskräften peitschte; so wechselten sie ab. Während der Flagellation überhäuften sie ihn mit Beschimpfungen und Vorwürfen, wobei sie stets an das Verbrechen, das der Frevler plante, anspielten. Sowie das Blut von ihm troff knieten sie nacheinander ehrerbietig von seinem Gliede nieder und versuchten dieses durch Lecken in Erektion zu versetzen. Sodann hieß der Mönch seinerseits sie sich entkleiden und gab sich jedem ihm gutdünkenden Wollustakte hin, vorausgesetzt, daß er den Leib des Mädchens nicht entstellte, da dieses unversehrt der Versammlung vorgeführt werden mußte.

All das eben Gesagte wurde von Sylvester Punkt für Punkt ausgeführt; nach diesen Vorbereitungen legte er Aurore und Justine die eine auf die andere und bearbeitete sie beide mehrere Augenblicke von vorne. Er prackte ihre Hinterbacken, ohrfeigte sie, befahl ihnen, seinen Hintern [255] anzubeten und diesen zum Zeichen der ehrerbietigsten Huldigung zu lecken; nachdem er in der Erwartung des Kindermordes in höchstes Entzücken geraten war, stieg er in den Keller hinab, gestützt auf die beiden Mädchen, die diesen Abend – so verlangte es der Brauch – neben ihm die Funktionen von Gardedamen erfüllen mußten.

Alle waren schon versammelt, Sylvester kam als letzter. Die beiden Opfer, in Trauer gekleidet, am Kopfe Zypressenlaub tragend, waren nebeneinander auf einen Schemel in der Höhe des Tisches an einem seiner Enden gestellt worden. Octavie bot ihre Vorderansicht, Mariette zeigte ihren Rücken; ihre Kleider waren hochgeschürzt und ließen den Unterleib nackt. Die Frauen waren in einer Reihe, die beiden Männergruppen in zwei anderen aufgestellt; die Mönche standen in der Mitte, während die drei Aufseherinnen die Opfer umringten. Sylvester wurde mit der Rede betraut, bestieg eine Tribüne gegenüber dem Schemel und begann also:

»Wenn es etwas Heiliges in der Natur gibt, so ist es sicherlich, meine Freunde, das unwandelbare Recht, über seinesgleichen verfügen zu dürfen, das sie dem Menschen gewährt. Der Mord ist das oberste Gesetz dieser Natur, der die Toren verständnislos gegenüberstehen. Durch den Mord tritt sie täglich in die Rechte ein, die ihr die Fortpflanzung raubt; ohne die privaten und politischen Morde wäre die Welt so voll, daß es nicht mehr möglich wäre, sie zu bewohnen. Aber, sicherlich, wenn es eine Gelegenheit gibt, wo der Mord ein köstlicher Genuß ist, so zweifellos in dem vorliegenden Falle. Gibt es tatsächlich ein herrlicheres Vergnügen, als sich einer Frau zu entledigen, an der man sich lange ergötzt hat? Welch göttliche Art, seinen Lüsten zu fröhnen! Welch eine Huldigung an die Uebersättigung! Sehen Sie diesen Hintern – fuhr der Redner, auf Mariette weisend, fort – der uns so lange ergötzt hat; sehen Sie diese Scham (er deutete auf Octavie), die, obgleich noch nicht so lang im Gebrauch, nichtsdestoweniger unser aller Gliede gesättigt hat! Ist es nicht an der Zeit, daß so abscheuliche Gegenstände endlich in den Schoß des Nichts eingehen, aus dem sie nur uns zum Genusse emporsteigen durften? O meine Freunde! Welch ein Vergnügen! in wenigen Stunden wird die Erde dieses fluchwürdige Fleisch bedecken; es wird nicht mehr unsere Wollust verleiden ... es wird nicht mehr unser Auge empören ... In wenigen Stunden haben diese Elenden aufgehört zu leben; kaum eine schwache Erinnerung an ihr Dasein wird uns bleiben; wir werden nur ihre Martern im Gedächtnis bewahren. Die eine, Octavie, schön, sanft, schüchtern, tugendhaft, sittsam und gefühlvoll, besaß [256] den denkbar schönsten Körper. Aber sie war wenig liebenswürdig; nie verließ sie ihr natürlicher Stolz; Sie erinnern sich, daß Sie sehr oft genötigt waren, ihr alle die verschiedenen Strafen, die sie sich nach dem Reglement für die von ihr begangenen Vergehen zugezogen hat, aufzuerlegen. Nie vermochte sie ihren tiefen Abscheu vor Ihren Sitten, ihre Abneigung gegen Ihre heiligen Bräuche, ihren Haß gegen Ihre verehrungswürdige Person zu verhehlen; und treu den entsetzlichen Grundsätzen der Religion, haben Sie sie oft ihren Gott anrufen gehört; selbst dann, wenn sie Ihren Lüsten sich preisgab. Jérome liebte ihre Hintern, er verherrlichte ihn fast täglich; obgleich Jérome nicht mehr in Erektion gerät, obgleich der Mund infolge seiner Schwäche sein einziger Zufluchtsort ist, so wissen Sie doch, daß er, heftig erregt durch die prächtigen Hinterbacken dieses Mädchens, sie mehr als zwanzigmal sodomisiert hat. Indessen wird das Urteil gerade auf Bitten Jéromes gefällt; er ist zudem so gerecht, daß er sicherlich ihr unerbittlichster Henker sein wird. Sehen Sie nur genau hin, meine Freunde, mit was für Augen er sie betrachtet; gibt es Ihnen nicht einen Begriff von dem Löwen, der nach dem Lamme lechzt, das seine Beute werden wird? Glückliche Wirkung der Uebersättigung! Man sollte glauben, daß man durch sie vollständig abgestumpft wird, während gerade die süßesten Regungen der Wollust ihr entspringen.

Neben Octavie bemerken Sie Mariette; ihre Hinterbacken, die sie Ihnen weist, haben lange Ihre Begierden erweckt; es gibt keinen Genuß, dem Sie sie nicht dienstbar gemacht haben. Mariette war schön und sanft. O Natur! lasse mich jetzt einige Zähren vergießen ... (Der Schelm stellte sich weinend.) Ich merke, daß man deine Stimme nicht zu übertönen vermag, daß man nicht ungestraft Vater ist. Aber alle Gefühle müssen schweigen vor diesem Richterstuhl der Wahrheit; nur ihr darf der Redner huldigen. Welche Laster gesellten sich Mariettens Tugenden bei! Sie war launenhaft, widerspenstig, empört über Ihre Ansichten und Bräuche. Sie schloß sich mit Vorliebe allen Prüden im Serail an und suchte eine Religion zu kennen, selbst zu befolgen, von der wir ihr nie ein Wort erzählt hatten und welche sie nur aus den Gesprächen der Betschwestern kannte, die sie mit solchem Eifer aufsuchte; überhaupt mangelte es ihr an Dienstbeflissenheit; man mußte sie stets antreiben, denn sie tat nichts aus eigenem Antrieb. Wenig Mädchen mußten so viel Strafen erdulden wie Mariette; trotzdem ich sie so oft bevorzugte, hat man mich, der alles der Sache der Gerechtigkeit opfert, sie recht oft vor Ihrem Tribunal anklagen hören. Ich verlange heute ihren Tod; auf meinen Vorschlag ist das Urteil über [257] sie gefällt worden, und ich bitte, ihren Tod schrecklich zu gestalten. Nehmen Sie meinen diesbezüglichen Vorschlag an; dann wird noch nie ein Opfer grausamere Qualen erduldet haben.

Mut, meine Freunde! – fuhr der Redner enthusiastisch fort – Dank der Festigkeit unseres Charakters sind wir auf dem Gipfelpunkte der vorbedachten Verderbtheit angelangt; nichts möge uns jetzt zurückhalten; erinnern wir uns wohl, daß nur der unglücklich ist durch Frevel, der auf halbem Wege stehen bleibt. Nur wenn man im Verbrechen schwelgt, gelingt es, seine wahren Reize zu entdecken. Ganz im Gegensatze zu den Frauen, die uns durch das Uebermaß ihrer Hingabe ermüden, erfreuen wir uns nie mehr an den Freveln, als wenn wir in ihnen waten. Der Grund davon ist recht einfach; man muß mit dem Verbrechen recht vertraut sein, um alle seine Reize zu kennen. Nur wer sich stets mit ihm abgibt, wird es später anbeten. Das erstemal widerstrebt es, infolge Mangels an Gewöhnung; das zweitemal vergnügt es, das drittemal berauscht es; würde sich auf dieser Bahn nichts den rasenden Begierden des Menschen entgegensetzen, so würde man alle Augenblicke Verbrechen begehen. Daran zu zweifeln, daß die größte Summe des Glückes, das der Mensch auf Erden finden kann, unbestreitbar durch Missetaten bedingt sei, heißt daran zu zweifeln, daß das Tagesgestirn die erste Ursache allen Lebens ist. Ja, meine Freunde, so wie diese herrliche Sonne alle Neuschöpfung bewirkt, ebenso ist das Verbrechen das Zentrum alles moralischen Feuers, das uns durch glüht. Die Sonne bewirkt das Wachstum der Früchte; das Verbrechen läßt alle Leidenschaften im menschlichen Herzen keimen; nur ihm verdanken wir alle innere Belebung, nur ihm allen Nutzen. Was macht es, daß es den Nächsten schädigt, wenn es unsere Person ergötzt? Leben wir für den Nächsten oder für uns? Kann eine solche Frage vernünftigerweise gestellt werden? Wenn aber der Egoismus das oberste Gesetz der Vernunft und der Natur ist, wenn wir mit Bestimmtheit nur unser selbst willen leben, darf uns nur unser eigenes Vergnügen geheiligt sein. Alles, was von dieser Ansicht abweicht, ist falsch, dem Irrtum unterworfen und kann nur unsere Verachtung verdienen. Ich höre manchmal sagen, daß der Frevel dem Menschen gefährlich ist; ich möchte gerne, man solle mir den Grund davon erklären. Vielleicht deshalb, weil es die Rechte anderer verletzt? Nun, wenn die anderen die Möglichkeit haben, sich zu rächen, ist die Gleichheit der Rechte wieder hergestellt; von diesem Augenblicke an aber verletzt das Verbrechen nichts. Es ist unerhört, wie die ewigen Sophismen der Dummheit alles menschliche Glück schließlich [258] zerstören. Wieviel glücklicher wären alle, wenn sie sich verständigen wollten, um zu genießen! Aber die Tugend schwebt ihnen vor; sie lassen sich von ihrer verführerischen Außenseite täuschen, lassen sich von ihr irreführen; darum sind alle Grundlagen des Glückes vernichtet. Verbannen wir also für immer diese ruchlose Tugend aus unserer glücklichen Gesellschaft; verabscheuen wir sie, wie sie es verdient; die äußerste Verachtung und die strengsten Strafen seien der gerechte Lohn derer, die ihre Gesetze befolgen wollen. Ich meinerseits schwöre immer und immer wieder, sie zu meiden, sie mein ganzes Leben lang zu verabscheuen. O meine glücklichen Brüder! mögen alle meine Worte beherzigen; möge es in diesem Kreise stets nur Henker und Opfer geben!«

Sylvester stieg, durch lebhaften Beifall gelohnt, von der Tribüne herab, worauf die Szenen ihren Anfang nahmen. Man bemächtigte sich der Saalecken; die hexagonale Form ermöglichte jedem, einen Platz zu finden. Kandelaber erleuchteten diese Nischen, in deren jeder sich eine mächtige Ottomane und eine Kommode befand, in welch letzterer alles vorhanden war, was die ausschweifendste und grausamste Wollust erforderte. Zwei Mädchen, ein Lustknabe und ein Mann geleiteten die Mönche in ihre Nischen. Die Aufseherinnen ließen zuerst Octavie, sodann Mariette herabsteigen und führten sie gefesselt und nackt jedem einzelnen Mönch vor.

Das Opfer sollte auf dieser ersten Runde derart gequält werden, daß es, wenn es daran nicht starb, die Spuren durch das ganze Leben tragen sollte. Jeder Mönch sollte zugleich auf die Schulter oder die Hinterbacken dieses Opfers die Art der Marterung, zu der er es verurteilte, eingravieren.

Severino, der sich von hinten bearbeiten ließ, während er einen Lustknaben sodomisierte, wobei er rechts und links Aersche küßte, erinnerte sich an einen von Jérome berichteten Wollustakt, riß Marietten einen Zahn aus und verbrannte Octaviens Brustwarzen. Die von ihm bestimmte Art der Marterung ist uns ebenso wie die der anderen unbekannt.

Clement brach Octavien einen Finger und setzte eine ziemlich tiefe Wunde in Mariettens rechte Hinterbacke; er ließ sich lecken, während er andere rieb.

Antonis rupfte beider Schamhaare mit dem türkischen Enthaarungsinstrument aus, das unter dem Namen Rusma bekannt ist; 18 er bearbeitete die Scheide Justinens, leckte [259] die Auroras und ließ sich indeß sodomisieren.

Ambroise ließ sich von hinten bearbeiten und tat Fleur-d'Épine desgleichen, während er eine Scham leckte; er stach Mariettens schöne Augen mit einer goldenen Nadel aus und schnitt den kleinen Finger der rechten Hand Octaviens ab. Er ergoß seinen Samen; das versetzte ihn in solche Wut gegen Fleur-d'Épine, daß er ihr sofort dreihundert Peitschenhiebe versetzte, obwohl er nicht mehr in Erektion war; nur Rachsucht veranlaßte ihn dazu.

Sylvester stach die Hinterbacken und Brüste seiner Tochter und biß mit den Zähnen die beiden Brustwarzen Octaviens ab; unterdessen ließ er sich peitschen; sein Lustknabe leckte ihm den Mund, ein Mädchen sein Glied.

Jérome, aus Leibeskräften von hinten bearbeitet und von zwei knienden Mädchen geleckt, schnitt Mariettens linkes Ohr ab und zwickte vermittelst einer Zange ein großes Stück von Octaviens schönem Hintern weg.

Nach dieser Runde erwog man folgendes: Sollten die Opfer auf diese Weise allmählich geopfert werden? oder sollte man sie der Raserei aller sechs Mönche gleichzeitig aussetzen? sollte nur er der Henker sein und die anderen bloß zuschauen? Bevor man eine Entscheidung fällte, las man die sechs Ansichten über die Art der Marterung vor. Da die Ueberzahl dafür stimmte, daß jeder Mönch sie besonders vornehmen solle, entschloß man sich, die Opfer wieder herumzuführen; nur verlangte Sylvester zweierlei, was ihm auch einmütig zugestanden wurde: erstens sollten die beiden Mädchen, bevor man die Marterungen vornehme, eine Stunde lang den Lüsten der einzelnen Mönche preisgegeben werden; sodann wollte er seiner Tochter den Todesstreich versetzen. Nach diesem Beschluß stellte man inmitten des Kellers ein Kanapee auf; die sechs Lustknaben und die zwölf Mädchen umringten ihn, höchst unzüchtige Gruppen bildend. Die Männer mußten hinter den Mönchen einhergehen und sie während ihrer Handlungen von hinten bearbeiten.

Severino bearbeitete die beiden Hintern, wobei er deutliche Spuren seiner Grausamkeit auf ihnen zurückließ.

Clément bearbeitete sie nicht, prügelte sie aber furchtbar.

Antonis bearbeitete die beiden Scheiden; da er – wie er sagte – zweifelte, ob ein fruchtbarer Keim sich darin festgesetzt habe, steckte er eine lange Nadel tief in jede [260] Vagina, aber so gut ... so tief, daß es nicht möglich war, sie wiederzufinden.

Ambroise bearbeitete die beiden Opfer von hinten und drückte derart ihren Hals, daß sie bewußtlos wurden.

Sylvester fuhr in die beiden Scheiden, wobei er mit der Schneide eines Messers auf Bauch, Brust und Hinterbacken dieser Geschöpfe mehr als zwanzig kreuzförmige Einschnitte machte. Der Schelm entleerte sich, indem er einen drei Zoll langen Schnitt in die rechte Wange seiner Tochter machte.

Jérome peitschte beide mit einer mit Eisenstacheln durchflochtenen Klopfpeitsche, bis sie mit Blut überströmt waren; ganze Stücke Fleisch wurden aus ihren Hintern gerissen; hierauf steckte er sein Gied in beider Mund.

Die Rundgänge beginnen von neuem wieder; die Mönche begeben sich wieder in ihre Nischen mit Knaben oder Mädchen, je nachdem, wonach es sie gelüstete.

Justine war bei Ambroise. Sollte man es glauben, daß dieser Frevler so grausam war, von ihr zu verlangen, sie möge ihre vielgeliebte Octavie martern! Und als Justine sich entschieden weigerte, wurde sie der Versammlung angezeigt, die sich auf der Stelle zusammentat, um eine so schwere Vergehung gebührend zu bestrafen. Man öffnete das Strafbestimmungsbuch: der Fall Justinens stand unter Artikel sieben. Aber da es sich nur um vierhundert Peitschenhiebe handelte, waren drei Mitglieder der Meinung, man solle sie nach Artikel zwölf bestrafen; die drei anderen widersetzten sich diesem Vorschlag, nicht weil sie die Strafe für zu grausam hielten, sondern nur, weil diese Handlung die Sitzung zu lange unterbrechen würde. Justine wurde also nur zu je zweihundert Peitschenhieben verurteilt, die ihr jeder Mönch verabreichen sollte; sie bekam sie sofort, und zwar mit der Kraft, die gewöhnlich die Erektion verleiht, was bei den Herren der Fall war.

Fleur-d'Épine, die Sylvestre Beistand leistete, verübte bald das gleiche Vergehen. Der barbarische Vater Mariettens wollte die Freundin seiner Tochter zwingen, dieser die Brüste mit einem Glüheisen zu verbrennen. Fleur-d'Épine weigerte sich. Sylvestre raste; sein Glied stand wie das eines Esels, alle seine Poren schienen Sperma auszuschwitzen; er nahm die Ausführung der Strafe auf sich; er bediente sich eines dicken Knüttels, mit dem er die Unglückliche dermalen durchpeitschte, daß man sie fast tot vom Platze tragen mußte. Es war dies ein Verstoß gegen die Vorschriften des Klubs. Severino zog Sylvestre wegen seines Vorgehens zur Verantwortung; die Strafen sollten von der Versammlung bestimmt und gemeinsam[261] vollzogen werden. Doch wenn man nachwies, daß man in Erektion gewesen war und daß die Beleidigung gar zu unerträglich gewesen war, wurde man so fort freigesprochen. Natürlich bediente sich Sylvester dieses Mittels. Man ließ ein anderes Mädchen kommen und dachte nicht weiter an einen Vorgang, der dieser Unglücklichen vielleicht das Leben kostete. Doch zogen sich die Mißhandlungen dermaßen in die Länge, daß die Opfer niemals den für derlei Orgien vorgeschriebenen Schlußeffekt erlebt hätten, wenn man sich nicht zu Tische begeben hätte.

Sie wurden den Aufseherinnen überlassen, die sie badeten, wieder belebten, verbanden und abermals nackt auf den Schemel stellten, wo sie während des ganzen Soupers allen Beschimpfungen seitens der Mönche ausgesetzt blieben.

Es ist leicht begreiflich, daß bei dieser Art von Festen die Wollust, die Geilheit, der Greuel an das äußerste grenzten. Bei diesem wollten die Mönche durchaus auf den Hintern der Mädchen essen; andere mußten ihren Glied und Hoden lecken; die Kerzen wurden in die Hintern von kleinen Knaben gesteckt; die Servietten waren zwei Wochen lang zum Auswischen von Aerschen benutzt worden; an den vier Tischecken waren große Näpfe mit Kot aufgestellt. Die drei Aufseherinnen bedienten nackt die Mönche und verabreichten ihnen nur solche Weine, mit denen sie sich vorher die Hinterbacken, die Scham, die Achselhöhlen, den Mund und das Arschloch gewaschen hatten. Außerdem hatte jeder Mönch einen kleinen Bogen und mehrere Pfeile neben sich, die er von Zeit zu Zeit auf die Opfer abschoß; dadurch entstand sofort eine kleine Blutlache, die die Gerichte bespülte.

Was die Speisen betraf, so waren sie erlesen. Alles war köstlich und in Hülle und Fülle vorhanden; die seltensten Weine wurden bloß bis zum Nachtisch aufgetragen; dann kamen die stärksten Liqueure an die Reihe; bald stieg ihnen der Alkohol zu Kopfe.

»Ich kenne nichts,« sagte Ambroise stammelnd, »was besser zusammenpaßte als die Freuden der Trunkenheit, der Feinschmeckerei, der Geilheit und Grausamkeit; es ist unerhört, was man ersinnt und tut, wenn man berauscht ist; die Kräfte, die Bacchus der Göttin der Geilheit leiht, schlagen immer zum Vorteil der letzteren aus.« – »Das ist so wahr,« sagte Antonis, »daß ich Ausschweifungen stets nur im volltrunkenen Zustande begehen möchte; nur dann fühle ich mich so recht im Zug.« – »Unsere Huren,« sagte Severino, »könnten sich mit diesem Vorbehalt nicht befreunden; denn es wird mit ihnen übel umgesprungen, wenn unsere Köpfe von Wein oder Liqueur elektrisiert sind,« [262] im selben Augenblicke vernahm man einen gräßlichen Schrei in der Nähe der Füße Severinos. Dieses Ungeheuer hatte ohne jeden Grund und Ursache, nur um Böses zu tun, sein Messer in die linke Seite eines schönen achtzehnjährigen Mädchens gestoßen, das ihn leckte. Das Blut floß in Strömen; die Unglückliche fiel in Ohnmacht. Severino, befragt. »Sie hat mich beim Lecken gebissen,« erwiderte befragt. »Sie hat mich beim Lecken gebissen,« erwiderte er; »die Rache hat mich zu dieser Tat veranlaßt.« – »Herrgott!« rief Clément, »das Vergehen ist entsetzlich; ich verlange, daß die Hure auf Grund des Artikels fünfzehn unseres Gesetzbuches bestraft werde, der bestimmt, daß jedes Mädchen, das es an Respekt gegenüber den Mönchen fehlen läßt, eine Stunde an den Füßen aufgehängt werde.« – »Gut!« sagte Jérome, »aber das gilt nur für gewöhnliche Verhältnisse; wenn es sich um den Dienst bei Wolllustakten handelt, ist die Strafe bedeutend schwerer: zwei Monate Gefängnis bei Wasser und Brot, täglich zweimalige Auspeitschung; ich verlange die strikte Befolgung dieser Vorschrift.« – »Ich sehe nicht,« meinte Sylvester, »daß der Fall vom Gesetz vorgesehen ist; daher verlange ich eine strenge Strafe, die ebenfalls nicht vorgesehen ist. Ich will, daß die Delinquentin von allen bestraft werde; man lasse sie daher mit einem jeden von uns eine Viertelstunde lang in eines der dunkelsten Zellen des Kellerraumes gehen, mit der Bestimmung, daß jeder sie derart mißhandeln solle, daß sie davon ein Jahr lang das Bett hüten müsse; Severino soll als letzter an die Reihe kommen.« Dieser Vorschlag wird genehmigt. Das Opfer, das zu verbinden man absichtlich unterläßt, befindet sich bereits in einem solchen Zustande, daß man sie an ihren Bestimmungsort tragen muß. Alle die Frevler gehen der Reihe nach hinab; nach schrecklichen Qualen wird sie ins Bett gebracht, wo sie am folgenden Tage stirbt.

Kaum waren unsere sechs Wüstlinge von ihrer höllischen Expedition zurückgekehrt, als die Aufseherinnen mitteilten, sie müßten scheißen. »In die Speisen! in die Speisen!« sagte Clément. – »In meinen Mund!« rief Sylvester. Unsere Mönche legen sich unter die Aersche der Alten, die vom Tische herabscheißend, die Gesichter jener bald mit Kot, hörbaren und unhörbaren Farzen bedeckten.

»Daß wir uns dieser alten Luder bedienen,« sagte Jérome, »wenn uns so viele junge und hübsche Dinger zur Verfügung stehen, ist meiner Meinung nach der beste Beweis unserer schauerlichen Perversität.« – »Wer zweifelt daran,« warf Severino ein, »daß das Alter, die Unreinlichkeit und Häßlichkeit oft ebenso viel Vergnügen bereiten wie die Jugend und die Schönheit? Die von solchen [263] Körpern ausgehenden Miasmen haben eine viel beißendere Schärfe. Sehen Sie denn nicht, wie häufig die Leute das einen Geruch besitzende Wildpret dem frischen Fleische vorziehen?« – »Ich meinerseits bin ganz dieser Ansicht,« sagte Sylvester, indem er auf die rechte Seite seiner Tochter einen Pfeil abschoß, so daß das Blut herausspritzte, »je häßlicher, älter und ekelhafter ein Gegen stand ist, desto mehr erregt er mich, was ich Euch beweisen will.« Damit packte er den alten Jérome und steckte sein Glied in dessen Hintern.

»Ich fühle mich sehr geschmeichelt,« erwiderte Jérome, »stoße nur immer zu, mein Freund; müßte ich den Genuß, einen Penis im Hintern zu haben, durch noch mehr Erniedrigung erkaufen, ich würde das Vergnügen doch nicht zu teuer finden.« Der Ruchlose drehte sich um, um seinen teueren Partner zärtlich zu lecken, und stieß rulpsend einen Schluck Wein in dessen Nase, was auf Sylvestre so heftig wirkte, daß er sich in Cléments Gesicht erbrach; doch dieser war mehr an dergleichen gewöhnt und aß ruhig sein Kompot weiter, in das die ganze Sauce gespritzt war. »Sehet nur die Fassung dieses Lumpenkerls,« sagte Ambroise, der an der anderen Seite stand; »ich wette, ich könnte in seinen Mund scheißen, ohne daß er sich rührt.« – »Scheiße hinein!« rief Clément. Ambroise gehorchte; Clément verschlingt den Kot, worauf man die Tafel aufhebt.

Der erste Vorschlag war der, alle jungen Knaben auf die Hinterbacken, alle Mädchen auf die Brüste zu peitschen. Diejenigen, welche die Knaben peitschen sollten, müßten auf dem Boden bleiben; die anderen sollten auf Fauteuils gestellt werden, gegen die sich die Mädchen mit dem Rücken lehnen müßten. »Wunderbar!« sagte Antonis; »aber die Lustknaben sollten gezwungen werden, während der Auspeitschung zu scheißen, die Mädchen zu pissen, und zwar unter Androhung der schwersten Strafen.« – »Sehr gut!« schrie Jérome, dermaßen besoffen, daß er sich kaum vom Tische zu erheben vermochte. Die Sache wird ausgeführt. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie barbarisch diese Ruchlosen die hübschesten Hintern der Welt und die rosigweißen Busen, die ihrer Brutalität ausgeliefert waren, auspeitschten. Da wurde Severino, der heftig erigierte, von einem reizenden dreizehnjährigen Lustknaben angezogen, von dessen Hinterbacken das Blut in Strömen rann. Er ergreift ihn, geht mit ihm in ein Kabinet und bringt ihn nach Verlauf einer Viertelstunde in einem solchen Zustande zurück, daß die Versammlung fest davon überzeugt war, der Prior habe seiner Gewohnheit mit Knaben gemäß so grausame Handlungen an jenem [264] vollführt, daß der Junge sich kaum würde davon erholen können. Jérome genoß nach dem Beispiele Priors ebenfalls abseits sein Vergnügen; er hatte Aurore und eine andere siebzehnjährige Schöne mit sich geschleppt und beide so schmählichen Demütigungen, so monströsen Roheitsakten unterworfen, daß alle beide in ihr Zimmer gebracht, werden mußten.

Aller Augen richteten sich nunmehr auf die beiden Opfer. Man gestatte uns, einen Schleier auf die Greueltaten zu werfen, die diese verabscheuungswerten Orgien beschlossen. Unsere Feder wäre unzureichend, sie zu schildern, unsere Leser zu mitleidig, sie kaltblütig anzuhören. Es genüge daher zu wissen, daß die Marterung sechs Stunden lang dauerte, während deren die unglaublichsten Grausamkeiten, die wütesten und monströsesten Ausschweifungen stattfanden, wie sie nicht einmal Nero oder Tiberius hätten erfinden können.

Sylvestre fiel durch die unglaublichen Quälereien, mit denen er seiner Tochter zusetzte, auf; das schöne, gefühlvollen und reizende Geschöpf starb dem schauerlichen Wunsche des Ruchlosen gemäß unter seinen Händen. So ist der Mensch, wenn ihn seine Leidenschaften verführen, so, wenn seine Reichtümer, sein Einfluß, seine Stellung ihn über die Gesetze stellen. Justine war bei ihrer Ermattung glücklich, bei niemandem schlafen zu müssen. Sie zog sich in ihre Zelle zurück, vergoß bittere Zähren über das schreckliche Schicksal ihrer besten Freundin und beschäftigte sich nur mehr mit dem Plane, zu entweichen. Zu allem fest entschlossen, um dieser abscheulichen Stätte zu entfliehen, konnte sie nichts von ihrem Projekte zurückschrecken. Was konnte ihr drohen, wenn sie diesen Plan ausführte? Der Tod; was war ihr sicher, wenn sie blieb? Der Tod. Wenn sie aber Glück hatte, vermochte sie sich zu retten; sollte sie also schwanken? Doch konnte sie nicht vermeiden, daß vor dieser Unternehmung die traurigen Beispiele belohnten Lasters vor ihre Augen traten. In das große Buch des Schicksals, in dieses unbekannte Buch, in das kein Mensch Einblick hat, war es geschrieben, daß alle die, welche sie gequält, erniedrigt, in Ketten gehalten hatten, unaufhörlich vor ihren Augen für ihre Freveltaten belohnt werden sollten, als ob die Vorsehung es sich zur Aufgabe gemacht hätte, ihr die Gefahr oder Nutzlosigkeit der Tugend zu zeigen. Doch diese unheilvollen Lehren änderten sie keineswegs; sie sagte, daß sie stets diesem Idol ihres Herzens treu ergeben sein werde, wenn es ihr gelingen sollte, dem über ihrem Haupte dräuenden Schwerte zu entrinnen.

Eines Morgens erschien Antonis im Serail und machte [265] zur allgemeinen Ueberraschung die Mitteilung, daß Severino, ein Verwandter und Schützling des Papstes, soeben von seiner Heiligkeit zum Ordensgeneral der Benediktiner ernannt worden sei. Gleich am folgenden Tage reiste der Priester ab, ohne jemanden zu sprechen. Es ging das Gerücht, daß ein weit grausamerer und ausschweifenderer an seine Stelle treten würde, ein weiterer Grund, um Justine zur schleunigen Ausführung ihres Planes anzuregen.

Am Tage nach Severinos Abreise veranstalteten die Mönche noch eine Opferung. Justine wählte diesen Augenblick, um ihren Plan auszuführen, damit jene, während sie beschäftigt waren, ihr weniger Aufmerksamkeit zuwenden könnten.

Man befand sich im Frühlingsanfang; die Nächte schienen noch lang genug zu dauern, um ihre Maßregeln zu begünstigen; seit zwei Monaten bereitete sie diese in aller Heimlichkeit vor. Sie durchschnitt allmählich die Gitter ihres Gemaches mit einer schlechten Scheere, die sie gefunden hatte; schon konnte sie ihren Kopf ohne Mühe durchstecken; aus ihrer Wäsche hatte sie ein hinlänglich starkes Seil gebildet, um sich damit in die Tiefe lassen zu können. Als man ihr ihre Sachen weggenommen hatte, hatte sie, wie erwähnt, ihr kleines Vermögen zurückbehalten und stets sorgfältig verborgen; vor der Flucht brachte sie es in ihren Haaren unter; sowie sie glaubte, daß ihre Gefährtinnen sich zu Bette begeben hätten, eilte sie in ihr Gemach. Hier öffnete sie das Loch, welches sie täglich sorgfältig verstopft hatte, band das Seil an einen Gitterstab, der unbeschädigt war, ließ sich herabgleiten und hatte bald den Boden unter den Füßen. Doch war dies bloß der kleinste Teil des Hindernisses gewesen; die sechs Heckenwälle, von denen Omphale erzählt hatte, bereiteten ihr ganz andere Schwierigkeiten.

Als sie unten angelangt war, erkannte sie, daß jeder Raum zwischen 2 Hecken nur sechs Fuß breit war; und diese geringe Breite konnte im ersten Moment den Glauben erwecken, daß man nur eine einzige zusammenhängende Gesträuchmasse vor sich habe. Die Nacht war sehr finster. Indem sie die erste Allee zwischen den Hecken durchschritt, gelangte sie zum Fenster des großen Kellers, wo die Todesorgien abgehalten wurden. Sie bemerkte daselbst viel Licht und war kühn genug, sich zu nähern; und da vernahm sie ganz deutlich, wie Jérome also zur Versammlung sprach: »Ja, meine Freunde, ich wiederhole es, Justine muß jetzt als nächste an die Reihe kommen; ich hoffe. kein einziger wird sich meinem Vorschlag widersetzen.« – »Gewiß nicht,« entgegnete Antonis, »mit Severino befreundet, habe ich sie bis jetzt bevorzugt und [266] protegiert, weil sie diesem ehrenwerten Gefährten unserer Ausschweifungen gefallen hat; da wir aber jetzt keinen weiteren Grund dazu haben, so bin ich der erste, der Euch bittet, diesen Vorschlag ohne Widerspruch anzunehmen.« – Es herrschte Einmütigkeit; einige waren sogar der Ansicht, man solle sie sofort herbeischaffen; aber nach reiflicher Erwägung entschloß man sich, die Sache auf zwei Wochen zu verschieben. O Justine! welche Bewegung bemächtigte sich deiner Seele, als du also dein Todesurteil vernahmst! Unglückliches Mädchen! Fast hättest du dich nicht von der Stelle rühren können. Nichtsdestoweniger raffte sie alle ihre Kräfte zusammen. beeilte sich und ging rund herum; da sie aber keine Bresche wahrnahm, beschloß sie, eine solche zu schlagen.

Sie hatte die oben erwähnte Scheere bei sich, mit der sie nun arbeitet; ihre Hände werden zerrissen, doch hält sie das nicht zurück. Die Hecke war mehr als zwei Fuß breit; doch bahnt sie sich den Weg zur zweiten Allee. Welche Bestürzung aber bemächtigt sich ihrer, als sie unter ihren Füßen einen weichen und nachgiebigen Boden fühlt, in welchen sie bis zu den Knöcheln versinkt! Je mehr sie vorwärtsgeht, desto dichter wird die Finsternis. Voll Neugier über die Ursache dieser Aenderung der Erdbeschaffenheit, tastet sie ... Gerechter Himmel! sie spürt den Kopf eines Leichnams. »Großer Gott!« ruft sie vernichtet, »so bin ich zweifellos, wie man mir gesagt hatte, im Friedhof, wohin die Henkergesellen ihre Opfer werfen; kaum nehmen sie sich die Mühe, sie mit Erde zu bedecken. Dieser Schädel gehört vielleicht meiner teueren Omphale oder der unglücklichen Octavie; sie war so schön, so sanft, so gut, so lieblich wie eine Rose. Ach! Zwei Wochen später hätte auch mich dieser Platz erwartet; daran ist kein Zweifel, soeben habe ich es vernommen. Was würde es mir nützen, wenn ich neuen Schicksalsschlägen entgegenginge? Habe ich nicht genug Böses begangen? Bin ich nicht die Veranlassung einer ziemlich großen Zahl von Verbrechen geworden? Ach! Möge sich mein Geschick erfüllen! ... Du Zufluchtsort meiner Freundinnen, öffne dich auch für mich! Das tut gut, wenn mann so arm und verlassen ist wie ich. Aber nein, ich muß die wehrlose Tugend rächen; sie rechnet auf meinen Mut, lassen wir uns nicht niederdrücken, gehen wir vorwärts! Es tut not, daß die Welt von solch gefährlichen Missetätern befreit werde. Soll ich schwanken, sechs Menschen zu verderben, um tausende von Personen zu retten, die ihre Grausamkeit hinschlachtet?« Sie durchbricht die Hecke, die dichter ist als die erste; je mehr sie vorwärts schreitet, desto undurchdringlicher findet sie das Gesträuche. Dennoch bricht sie die Breschen, [267] jenseits deren sie wieder festen Boden fühlt; unsere Heldin gelangt an den Rand des Grabens, ohne die Mauer zu finden, von der ihr Omphade erzählt hätte; sicherlich war keine solche vorhanden; wahrscheinlich hatten die Mönche jene damit nur abschrecken wollen.

Weniger eingeengt jenseits dieser sechsfachen Umwallung, unterscheidet Justine die Gegenstände besser. Die Kirche und das sich daran anschließende Gebäude bieten sich alsogleich ihren Blicken dar; der Graben zog sich längs beider hin. Sie hütet sich wohl, ihn auf dieser Seite zu überschreiten; sie geht den Rändern entlang weiter; sowie sie sich einem Waldwege gegenüber sieht, entschließt sie sich, den Graben an dieser Stelle zu überschreiten und jenen Weg einzuschlagen, sowie sie die Böschung emporgeklommen ist. Dieser Graben war sehr tief, aber trocken; da er mit Steinen bedeckt war, konnte sie sich nicht herabgleiten lassen, sie stürzte sich also hinein. Ein wenig betäubt von dem Fall, vergehen einige Minuten, bevor sie sich wieder erheben kann; endlich richtet sie sich wieder auf und durchquert den Graben, ohne auf Hindernisse zu stoßen; aber wie hinaufkommen? Indem sie eine bequeme Stelle sucht, findet sie einen, wo einige zerbrochenen Mauersteine ihr die Möglichkeit gaben, sowohl sich der anderen Steine als Stufen zu bedienen, als auch die Fußspitzen in die Erde einzubohren, um sich besser stützen zu können. Sie befand sich schon fast oben, als alles unter ihr einbrach und sie wieder in den Graben fiel, bedeckt mit Trümmern, die sie im Falle mitgerissen hatte; sie glaubte schon, sterben zu müssen. Denn dieser Sturz war, da er nicht freiwillig stattgefunden hatte, viel unsanfter gewesen als der erste; die Steine, die ihr gefolgt waren, hatten sie sogar an mehreren Körperstellen verletzt; sie war tüchtig mitgenommen worden. »Ach Gott!« sagte sie voll Verzweiflung, »ich gehe nicht weiter, ich bleibe da; dieses Mißgeschick ist ein Fingerzeig des Himmels, er will nicht, daß ich weiter gehe. Meine Gedanken täuschen mich sicherlich; das Böse ist notwendig auf Erden; wenn Gott es wünscht, so ist es gewiß ein Unrecht entgegenzusteuern.«

Aber die kluge, tugendhafte Justine schüttelt rasch diesen Gedanken. Die unglückselige Frucht der sie umgebenden Verderbnis, ab und entledigt sich mutig der Trümmer, mit denen sie bedeckt ist; da sie es nunmehr leichter findet, durch die infolge der neu entstandenen Löcher gebildete Bresche in die Höhe zu steigen, unternimmt sie nochmals den Versuch und sieht sich sofort in der Höhe. All das habe sie von dem wahrgenommenen Pfade abgeführt; aber umherschauend wird sie seiner [268] wieder gewahr und nunmehr macht sie sich eilig daran, zu fliehen. Vor Tagesanbruch befindet sie sich schon außerhalb des Waldes und bald auf dem Hügel, von welchem aus sie einstens das ruchlose Haus erblickt hatte, aus dem sie mit solcher Freude entwichen war. Sie ruht auf ihm aus, in Schweiß gebadet; ihre erste Sorge ist, sich niederzuknien, um Gott zu danken und neuerlich seine Verzeihung zu erflehen für die Vergehen, die sie unfreiwillig in dieser haßenswerten Stätte der Ruchlosigkeit und des Verbrechens begangen hatte. Bald entstömten bittere Zähren ihren schönen Augen. »Ach!« sagte sie zu sich, »ich war weit schuldloser, als ich im vergangenen Jahre diesen selben Weg einschlug, geleitet von frommen Gedanken, die so traurig getäuscht wurden. O Gott! In welchem Zustande sehe ich mich jetzt!«

Diese traurige Betrachtungen wurden einigermaßen gemildert durch den Gedanken, frei zu sein; Justine nahm ihren Weg gen Dijon, da sie der Meinung war, daß nur in dieser Stadt ihre Klagen mit Erfolg vorgebracht werden könnten.

Sie befand sich auf der zweiten Tagesreise; sie hatte keine Angst vor Verfolgung, doch war ihr Kopf noch ganz wüst von all den Schrecken, deren Zeugin und Opfer sie soeben gewesen war. Es war warm; ihrer sparsamen Art gemäß war sie von der Landstraße abseits gegangen, um eine Stätte zu finden, wo sie ein leichtes Mahl einnehmen und bis abends warten konnte. Ein kleines Gehölz rechts vom Wege, durch das sich ein klares Bächlein schlängelte, schien ihr geeignet zu sein. Erfrischt von dem Wasser, ein wenig Brot zu sich nehmend, den Rücken an einen Baum lehnend, atmete sie die reine Luft ein, die sie wieder belebte und ihre aufgeregten Sinne beruhigte. Sie dachte an ihr beispielloses Geschick, das sie trotz der Dornen, mit denen ihre tugendhafte Bahn bestreut gewesen war, immer und immer wieder zu der Verehrung Gottes, zu Handlungen der Liebe und Ergebung gegen das höchste Wesen, dessen Ebenbild sie war, geführt hatte; eine Art Verzückung bemächtigt sich plötzlich ihrer Seele. »Ach!« sagte sie zu sich, »läßt er mich nicht im Stiche, dieser gute Gott, den ich anbete? Danke ich nicht ihm die Gunst, meine Kräfte wieder sammeln zu können? Gibt es denn nicht Wesen auf der Erde, denen das nicht vergönnt ist? Ich bin doch nicht ganz unglücklich, da es viel beklagenswertere Geschöpfe als mich gibt. Ach! bin ich nicht viel glücklicher als die Unseligen, die in dieser Lasterhöhle zurückgeblieben sind, der mich die Güte Gottes wie durch ein Wunder hat entkommen lassen?« Von Dankbarkeit erfüllt, wirft sie sich auf die Knie, um dem Höchsten zu [269] danken, als sie bemerkte, daß sie durch ihr Gebaren die Blicke einer großen, schönen, ziemlich gut gebauten Frau anzog, die in derselben Richtung daherkam wie sie. »Mein Kind,« sagte ihr freundlich diese Frau, »Sie scheinen tief versunken zu sein. Von Ihrem Gesichte kann man leicht ablesen, daß ein tiefes Leid Sie bedrückt ... Auch ich, liebe Kleine, bin unglücklich; würdigen Sie mich, mir Ihre Schmerzen anzuvertrauen; ich werde Ihnen die meinigen mitteilen. Wir wollen uns zusammen trösten; vielleicht wird diesem gegenseitigen Vertrauen das süße Gefühl der Freundschaft entspringen, das den Unglücklichsten ihre Leiden erträglich macht, da sie sie brüderlich teilen. Sie sind jung und hübsch, mein liebes Kind, das ist viel mehr, als nötig ist, um recht viel Dornen auf dem Lebenspfade zu finden. Die Menschen sind so böse, daß man nur etwas, das ihr Interesse erregen kann, haben muß, um ihre ganze Ruchlosigkeit mächtig zu erregen.«

Die Seele der Unglücklichen ist den Tröstungen sehr zugänglich. Justine betrachtet die Fragerin; da sie ein schönes Gesicht, das auf höchstens sechsunddreißig Jahre weist, geistvolles und sittsames Wesen bemerkt, ergreift sie ihre Hand, vergießt Tränen und sagt: »Ach, meine teuere Dame!« – »Kommen Sie, mein Engel!« antwortet ihr freundlich Madame Esterval; »gehen wir in dieses Gasthaus; ich kenne es, wir können uns ruhig dorthin begeben. Dort können Sie mir Ihr Unglück erzählen, ich werde desgleichen tun; vielleicht wird das Ergebnis dieses süßen Vertrauens unser Unglück uns weniger fühlen lassen.«

Justine läßt sich überreden. Sie treten in die Herberge ein; Madame Esterval sorgt für alles; ein ausgezeichnetes Diner wird sogleich in einem abgesonderten Zimmer aufgetragen, worauf die Konversation intimer wird.

»Mein teueres Kind,« sagt sie, nachdem sie, wie es scheint, einige Tränen über das Unglück ihrer Gefährtin vergossen hat, »mein Mißgeschick ist vielleicht nicht so mannigfacher Art wie das Ihre, dafür aber beständiger, und ich wage es zu sagen, bitterer. Seit früher Jugend einem Manne, den ich verabscheue, preisgegeben, habe ich seit zwanzig Jahren den hassenswerten Mann vor Augen; seit dieser traurigen Zeit bin ich grausam beraubt des einzigen Wesens, das das Glück meines Lebens hätte machen können. Längs der Grenzen von Burgund und der Franche-Comté ist ein großer Wald, inmitten dessen mein Mann eine Herberge besitzt, ziemlich bequem für diejenigen aufzusuchen, die diese unbekannte Gegend durchstreifen; aber, gerechter Himmel, soll ich es Ihnen gestehen, meine Teuere, dieser Elende mißbraucht die Abgelegenheit dieser [270] finsteren Stätte und bestiehlt, beraubt, ermordet alle die, welche das Unglück haben, sich bei ihm aufzuhalten.« – »Sie machen mich erbeben, Madame; großer Gott, dieses Scheusal mordet?« – »Teures Kind, erbarme dich meiner Schande und meines Unglücks; ich würde selbst ermordet werden, wenn ich seine Taten verriete; könnte ich übrigens versuchen, Klage zu führen? ... ich entehre mich selbst, wenn ich meinen Mann der Schande preisgebe. Oh, Justine, ich bin die Unglücklichste der Frauen! Einzig das würde mich trösten, wenn ich ein tugendhaftes Wesen gleich dir an mein Los knüpfen könnte, mit dessen Hilfe ich dem rasenden Scheusal den größten Teil seiner Opfer zu entreißen vermöchte. Wie nötig wäre mir ein solches Weib! Sie wäre die Freude meines Daseins, der Schirm meines Gewissens, meine Stütze, meine Hilfe in dem schrecklichen Zustande, in dem ich lebe ... Liebenswürdiges Kind, wenn ich dir soviel Erbarmen, soviel Vertrauen einflößen könnte, um dich mit meinem Lose zu verknüpfen ... Du wärest vielmehr meine Freundin als meine Dienerin; ich würde dir keinen Lohn bieten, nein, die Hälfte meines Besitzes ... Nun also, Justine? Fühlst du den Mut, meinen Vorschlag anzunehmen? Vermag die Gewißheit, an so guten Handlungen teilnehmen zu dürfen, deine edlen, tugendhaften Empfindungen anzufachen? Darf ich endlich hoffen, eine Freundin gefunden zu haben?« Ein Glas Champagner wurde von beiden ausgetrunken, bevor Justine sich geäußert hatte; dieser Zaubertrank, dessen merkwürdige Eigenschaft im Menschen zugleich alle Laster und alle Tugenden erweckt, bestimmte rasch die kluge Justine, eine so Teilnahme erweckende Trau, wie die, welche ihr das Glück in Aussicht stellte, nacht im Stiche zu lassen. »Ja, Madame,« sagte sie zu ihrer neuen Freundin, »rechnen Sie darauf, daß ich Ihnen überallhin folgen werde; Sie bieten mir Gelegenheit, die Tugend zu üben; wie muß ich dem Ewigen danken, daß er mich instand setzt, mit Ihnen diesen meinen Trieb zu befriedigen! Wer weiß, ob es uns nicht durch gute Ratschläge, Geduld und ausgezeichnete Beispiele glückt, Ihren Mann zu bekehren! Die Bitten, die wir an den Himmel richten, sind so innig! Hoffen wir, eines Tages Erfolge zu erreichen!« Madame d'Esterval bemerkt während dieser Rede ein Kruzifix und wirft sich voll Zerknirschung davor auf die Knie. »Christengott!« rief sie weinend, »wie muß ich dir für eine solche Begegnung danken! Erhalte mir lange diese Freundin und belohne sie für ihren Eifer!«

Sie erheben sich vom Tische; Madame d'Esterval bezahlt freigebig alle Auslagen; unsere beiden Frauen machen sich sodann auf den Weg.

[271] Von der Herberge, die sie verlassen hatten, bis zu der des d'Esterval betrug der Weg fünfzehn Meilen, von denen sechs im dichtesten Walde zurückgelegt werden mußten. Nichts friedlicheres als dieser Marsch; nichts Teilnahmenderes, Zärtlicheres, Tugendhafteres als all das, was während des Gehens gesprochen wurde; nichts Angenehmeres als die Projekte, die entworfen wurden. Endlich kamen sie ans Ziel.

Als die Frau d'Esterval von der Lage der Herberge gesprochen hatte, hatte sie nur eine schwache Vorstellung der Wirklichkeit erweckt. Man hätte sich keine wildere Stätte vorstellen können ... Da das Haus ganz in einer mit Hochwald bewachsenen Schlucht verschwand, konnte man erst dann seiner gewahr werden, wenn man unmittelbar davor stand. Zwei riesige Doggen bewachten die Tür; d'Esterval selbst empfing, von zwei starken Mägden begleitet, seine Frau und Justine. – »Wer ist dieses Geschöpf?« fragte der wilde Wirt, die Gefährtin seiner Frau betrachtend. – »Das ist etwas, was wir brauchen, mein Sohn,« antwortet die d'Esterval in einem Tone, der unserer unglücklichen Heldin langsam die Augen öffnet und ihr begreiflich macht, daß zwischen jener und ihrem Gatten ein viel größeres Einverständnis bestand, als sie hatte vorher merken lassen. »Findest du sie nicht hübsch?« – »Ja, Sapperlot, ich finde sie so; wird aber das Ding ficken?« – »Bist du nicht ihr Herr, sowie sie bei dir eintritt?« Die zitternde Justine wird mit ihrer Führerin in einen niederen Raum gebracht, wo der Wirt, nach einem kurzen, leise geführten Gespräch mit seiner Frau an unsere Heldin ungefähr folgende Worte richtete:

»Von allen Abenteuern, die Ihnen im Laufe Ihres Lebens zugestoßen sind, wird dieses, mein teueres Kind, Ihnen sicherlich am merkwürdigsten vorkommen. Von Ihrer dummen Tugendbegeisterung getäuscht, sind Sie – wie meine Frau mir mitteilt – in viele Fallen schon geraten, in denen man Sie durch Anwendung von Gewalt fing; hier geschieht dies bloß durch List. Dort waren Sie der Gegenstand vieler Verbrechen, ohne an irgendeinem teilzunehmen. Sie werden hier bei allen mitwirken, ohne daß Sie sich helfen können; Sie werden freiwillig daran teilnehmen; Sie werden dazu genötigt sein, ohne anders als durch moralische Bande und durch Ihre Tugenden dazu gezwungen zu werden.« – »Mein Herr! mein Herr!« schrie die gute Justine, »ach, mein Herr, sind Sie denn ein Zauberer?« – »Nein,« erwiderte d'Esterval, »ich bin nur ein Frevler, ohne Zweifel ein ziemlich merkwürdiger; doch unterscheiden sich meine Triebe und Verbrechen nur durch die Form von denen vieler Leute, die gleich mir die Bahn [272] des Lasters durchlaufen und die im Grunde die gleichen Mittel anwenden. Ich hin Frevler aus Gründen der Wollust. Reich genug, um mein Gewerbe nicht ausüben zu müssen, betreibe ich es dennoch wegen meiner Leidenschaften; diese werden merkwürdigerweise nur dann gekitzelt, mein Glied steht einzig und allein nur dann, wenn ich stehle oder morde; nur dann kann ich in Feuer geraten. Nichts anderes könnte mich in den zum Genuß nötigen Zustand versetzen; sowie ich aber das eine oder andere Verbrechen begangen habe, kocht mein Blut, mein Glied bäumt sich und ich brauche unbedingt Weiber. Da mir aber meine Frau nicht genügt, ersetze ich sie durch Mägde oder durch junge, hübsche Dinger, die uns der Zufall schickt. Kommen sie nicht von selbst, dann sucht Madame d'Esterval welche ... Sie ist ein famoses Geschöpf, dieses Weib; da sie den gleichen Geschmack, die gleichen Phantasmen hegt, hilft sie mir und wir pflücken nacheinander die Früchte.« – »Was?« fragte Justine, in deren Ueberraschung sich der Schmerz mischte, »Frau d'Esterval hat mich betrogen?« – »Gewiß, wenn sie sich tugendhaft gezeigt hat; denn schwerlich kann man sich eine verderbtere Frau denken. Doch mußten Sie verführt werden; List und Betrug waren nötig. Sie werden hier meinen und meiner Frau Genüssen zu willen sein und ... ja, mein Engel, das wird Sie erbeben machen: Sie werden die Circe der hier einkehrenden Reisenden sein; Sie werden sie liebkosen, sie fesseln, ihnen zu willen sein, alle ihre Leidenschaften befriedigen, um ihr Verderben umso sicherer herbeizuführen ... damit wir sie dann umso leichter umbringen können.« – »Und Sie glauben, mein Herr, daß ich in diesem höllischen Hause bleiben werde?« – »Mehr als das, Justine; ich habe Ihnen gesagt, daß es Ihnen schwer fallen wird, zu fliehen, daß Sie gerne hier bleiben werden, wenn Sie alles wissen werden ... denn es wird Ihnen unmöglich sein, nicht hier zu bleiben.« – »Erklären Sie sich, mein Herr, ich beschwöre Sie darum!« – »Ich werde es tun; hören Sie mich an, verdoppeln Sie gefälligst Ihre Aufmerksamkeit ...« Aber in diesem Augenblicke läßt sich ein großer Lärm im Hofe vernehmen; d'Esterval war genötigt zu unterbrechen, um zwei Kaufleute zu Pferde zu empfangen, die von ebensoviel reich beladenen Maultieren gefolgt waren; sie wollten auf den Markt von Dole und wünschten in dieser Mördergrube zu übernachten.

Unsere Reisenden wurden freundschaftlichst empfangen, bedient, erfrischt und von ihren Schuhen befreit; als d'Esterval bemerkte, daß sie ganz ruhig auf das Souper [273] warteten, kam er zu Justine zurück, um die Instruktion zu beendigen. Der merkwürdige Mensch sagte:

»Es ist nicht notwendig, Ihnen, mein teueres Kind, zu sagen, daß ich mit dem Geschmack, von dem ich Ihnen eben erzählte, auch andere Eigenarten verbinde; folgende sind es, die erstaunlicherweise meine Leidenschaften befriedigen.

Ich will, daß die Reisenden, die unter meinen Händen sterben, von meinen Plänen Nachricht erhalten; es gefällt mir, ihnen die Gewißheit beizubringen, daß sie im Hause eines Ruchlosen sind; ich will, daß sie sich in Verteidigungszustand versetzen, kurz, es ist mir darum zu tun, sie durch Gewalt niederzuzwingen. Dieser Umstand versetzt mich in Erregung, kurz ermöglicht mir die Erektion, so daß ich unbedingt eines Geschöpfes zum Ficken bedarf, mag es welchem Alter und welchem Geschlecht immer angehören. Folgende Rolle ist Ihnen, mein Engel, zugeteilt: Sie werden mit bestem Gewissen alles in Bewegung setzen, um die Opfer entkommen zu lassen oder sie zur Verteidigung zu bewegen. Ich will Ihnen noch mehr sagen: die Freiheit winkt Ihnen dafür. Wenn Sie einen einzigen entwischen lassen, können Sie sich mit ihm retten; ich versichere feierlich, Sie dann nicht zu verfolgen; aber wenn das Opfer unterliegt, müssen Sie hier bleiben; da Sie tugendhaft sind, habe ich Recht, wenn ich sage, daß Sie herzlich gerne hier bleiben werden; denn die Hoffnung, einen dieser Unglücklichen meiner Wut zu entreißen, wird Sie unaufhörlich hier bannen. Wenn Sie mir davonlaufen, dann betreibe ich gewiß mein Handwerk weiter und Sie würden es stets tief bereuen, keinen Versuch unternommen zu. haben, die zu retten, welche nach Ihrer Abreise zugrunde gehen werden; Sie würden es sich nie verzeihen können, die Gelegenheit zu einem so guten Werk verabsäumt zu haben; wie gesagt, die Hoffnung eines Tages doch Erfolg zu haben, wird Sie notwendigerweise das ganze Leben an uns fesseln. Wollen Sie einwerfen, daß all das nicht nötig sei, daß Sie gleich in den ersten Tagen entweichen würden, um gegen mich Klage zu führen? Wie ungeschickt wäre ich, wenn ich diesen Einwurf nicht beantworten könnte, wenn ich ihn nicht siegreich mit einem Worte niederschlagen könnte. Hören Sie mich an, Justine; es vergeht kein Tag, an dem ich nicht einen Mord begehe; sechs Tage würden vergehen, bevor Sie zum nächsten Gericht kommen; dann aber haben Sie sechs Opfer umkommen lassen, um zu versuchen, mich gefangen nehmen zu lassen; unter der Voraussetzung, daß diese Unmöglichkeit stattfindet (denn ich fliehe sofort, wenn Sie nicht mehr im Hause sind), haben Sie sechs[274] Opfer hinschlachten lassen, um einer lächerlichen Hoffnung nachzujagen.« – »Ich wäre die Ursache ihres Todes?« – »Ja, denn Sie hätten eines der Opfer retten können, wenn Sie es gewarnt hätten; wenn Sie aber das eine retten, retten Sie auch die anderen. Nun also, Justine, hatte ich Unrecht zu sagen, daß ich Sie durch List festhalten werde? Fliehen Sie jetzt, wenn Sie es wagen, fliehen Sie, alle Türen sind offen!« – »Mein Herr!« sagte Justine niedergeschlagen, »in welche Situation versetzen Sie mich durch Ihre Bosheit!« – »Ich weiß wohl, sie ist schrecklich; gerade das regt meine abscheulichen Leidenschaften mächtig an. Es gefällt mir, daß Sie an den Ruchlosigkeiten teilnehmen müssen, ohne daß Sie sie verhindern könnten; ich freue mich, Sie durch die Tugend an das Verbrechen und den Frevel zu fesseln; und wenn ich, Justine, mit Ihnen ficken werde (denn Sie werden es begreiflich finden, daß es dazu kommen wird), wird dieser köstliche Gedanke mich wundervoll entladen machen.« – »Wie, mein Herr, ich werde mich dem fügen müssen?« – »Gewiß, Justine, allem; wenn Sie geschickt genug sind, den Opfern das Entwischen zu ermöglichen, so ist damit alles gesagt, da Sie zusammen mit jenen fliehen werden. Aber wenn sie unterliegen, werden sich Ihre Hände mit dem Blute jener färben; Sie werden sie mit mir bestehlen, umbringen, ausplündern; dann werden Sie sich nackt auf die blutigen Leichname legen und ich werde Sie bearbeiten. Wieviel Gründe haben Sie nicht, jene zu retten! Welche Ränke, welche Geschicklichkeit werden Sie, von der Tugend und ihrem Vorteil getrieben, anwenden, um sie meinen Dolchen zu entreißen! O Justine! Nie werden sich die hehren Tugenden, zu denen Sie sich bekennen, in einem schöneren Lichte zeigen, nie wird sich Ihnen eine günstigere Gelegenheit bieten, sich der Achtung und Bewunderung der guten Menschen würdig zu erweisen.«

Es ist sehr schwer, die Situation zu beschreiben, in der sich unsere Heldin befand, als d'Esterval wegging, um seinen Pflichten obzuliegen, und sie einen Augenblick all ihren schrecklichen Gedanken überließ:

»Großer Gott!« rief sie aus, »ich war der Meinung, daß der Frevel alle seine Mittel gegen mich in Anwendung gebracht habe und daß nach all meinen Erfahrungen mir neue Empfindungen dieser Art erspart bleiben würde. Ich habe mich getäuscht. Ich erlebe beispiellose Tücken, Grausamkeiten und Ausschweifungen, die sicherlich selbst dem Busen der Hölle fremd sind. Dieses Scheusal hat Recht: wenn ich mich sofort retten und ihn festnehmen lassen will, vergeht sicherlich einige Zeit; vielleicht kann ich ihm aber gleich heute abends die beiden Reisenden, die eben[275] angekommen sind, entreißen. – Aber wenn ich in einem oder zwei Jahren bemerke, daß ich niemals ein Opfer retten kann, täte ich nicht besser daran, den Schurken anzuzeigen? – Ach, niemals, niemals; er hat gesagt, er werde sofort fliehen, wenn er mich frei sehen werde; er würde vor der Flucht alle bei ihm befindlichen Fremden massakrieren, vielleicht gerade solche, denen ich hätte das Leben retten können. Das Scheusal hat Recht, durch List bezwingt er mich. Wäre ich nicht so klug, ich hätte mich gleich entfernt; wegen meiner Tugend werde ich verbrecherisch. Gott, darfst du es zugeben, daß das Gute soviel Böses verursacht? Zeigt es von Gerechtigkeit, wenn du duldest, daß die Tugend Unheil bewirkt? Wie entmutigend wird die Geschichte meines Lebens auf alle Seelen wirken, wenn sie je bekannt werden sollte! O du, der du sie eines Tages erfahren solltest, veröffentliche sie nicht, ich bitte dich inständig drum; du würdest die Herzen aller, die das Gute lieben, in Verzweiflung versetzen und notwendigerweise zum Frevel anregen, wenn du den Triumph des Lasters so ans Tageslicht zerrst.«

Justine vergoß helle Tränen, als sie sich solch schmerzlichen Gedanken hingab; da wurde sie plötzlich durch Frau d'Esterval unterbrochen. – »Ach, Madame,« sagte sie, diese bemerkend, »wie haben Sie mich betrogen!« – »Teurer Engel,« entgegnete die Megäre und versuchte es, sie zu liebkosen, »es war nötig, um deiner habhaft zu werden. Aber tröste dich, Justine, du wirst dich leicht in alles finden; ich bin fest überzeugt, daß dir nach einigen Monaten nicht einmal der Gedanke, uns zu verlassen, kommen wird. Küße mich, Kleine; du bist sehr hübsch und ich habe große Lust, dich von meinem Gatten bearbeitet zu sehen.« – »Wie, Madame, Sie erlauben solchen Greuel?« – »Ich teile vollständig den Geschmack meines Mannes; er erwidert aber auch mein Entgegenkommen; man kann sich schwerlich ein intimeres Verhältnis vorstellen; wir lesen uns unsere Wünsche von den Augen ab; da wir den gleichen Geschmack und die gleichen Mittel haben, so befriedigen wir uns gegenseitig.« – »Wie, Madame, Sie stehlen und morden?« – »Ja, meine Süße, das macht mir Riesenfreude und erregt gewaltig meine Triebe; du wirst sehen, welch unerhörten Genuß wir haben, wenn wir vom Blut berauscht sind.« – »Sind auch diese Mägde beauftragt, die Reisenden zu benachrichtigen?« – »Diese Ehre ist nur dir vorbehalten. Da wir deine schönen Prinzipien kennen, wollten wir sie in Tat umsetzen. Die Mädchen, von denen du sprichst, sind unsere Komplizen; im Verbrechen großgezogen, lieben sie es fast ebenso wie wir und sind weit entfernt, die Opfer entwischen zu [276] lassen. Du wirst manchmal bemerken, daß mein Mann sich ihrer bedient, jedoch besteht keine Vertraulichkeit zwischen uns und ihnen. Du allein wirst unser Vertrauen genießen; nur du wirst die Freundin des Hauses sein; diese Geschöpfe werden dich ebenso wie uns bedienen; du wirst stets an unserem, nicht an ihrem Tische essen.« – »Ach, Madame, wer hätte daran gedacht, daß eine solche, wie mir schien, achtungswerte Person sich solchen Grausamkeiten hingeben kann?« – »Wende doch nicht solche Ausdrücke an,« erwiderte Frau d'Esterval, mitleidig lächelnd, »was wir tun, ist ganz einfach. Nie irrt man von den Wegen der Natur ab, wenn man seinen Trieben gehorcht; und ich versichere dir, daß wir nur von ihr alle Leidenschaften, denen wir fröhnen, erhalten haben.«

»Wohlan, Justine,« sagte allsogleich d'Esterval, rasch herbeieilend. »Unsere Kaufleute sind beim Souper; suche sie auf, plaudere mit ihnen, warne sie, versuche sie zu retten, namentlich aber gib dich ihnen preis, wenn sie es wünschen; vergiß nicht, daß das dir am sichersten ihr Vertrauen verschafft.«

Während Justine ihres Amtes in bald zu beschreibender Weise waltet, wollen wir unseren Lesern die Kenntnis der schrecklichen Gewohnheiten dieses Hauses und der Personen, die unsere Heldin daselbst trifft, beibringen.

XIII. Kapitel.
Fortsetzung und Ende der Abenteuer in der Herberge. – Erkenntlichkeit. – Abreise.

Madame d'Esterval, mit der wir beginnen wollen, war – wie gesagt – eine große, schöne Frau von ungefähr sechsunddreißig Jahren; sie besaß einen ganz braunen Teint, recht glänzende Augen, eine schöne, vornehme Gestalts die Haare waren von schönstem Schwarz; sie war behaart wie ein Mann, besaß einen hohen Hals, einen kleinen aber wohlgeformten Hinteren, eine trockene, rote Scham; ihr Kitzler war drei Zoll lang und entsprechend dick, ihr Bein war vollendet schön; sie war voll Phantasie und Lebhaftigkeit, talentiert und gebildet, verbrecherisch und tribadisch bis zum höchsten Grade. Aus vornehmer, feiner Familie stammend, hatte sie zufällig die Bekanntschaft d'Estervals gemacht, der, selbst reich und von vornehmer Abstammung, sich beeilte, dieses Mädchen, mit dem ihn die Gleichheit des Geschmacks und der Triebe verband, zu seiner Frau zu machen. Nach der Vermählung ließen sie sich an dieser wilden Stätte nieder, [277] die es ihnen ermöglichte, ihre Frevel recht lange ungestraft zu begehen.

D'Esterval, älter als seine Frau, war ein recht schöner Mann von fünfundvierzig Jahren, von trefflicher Konstitution, voll wüster Leidenschaften; er besaß einen riesenstarken Körper, ein prächtiges Glied; im Genusse zeigte er Merkwürdigkeiten, von denen wir noch gelegentlich sprechen werden. Wohlhabend genug, um das Gastgewerbe nicht ausüben zu müssen, betrieb er es mit seiner Gattin nur deshalb, weil es ihnen die Befriedigung ihrer schrecklichen Triebe ermöglichte. Ein prächtiges Haus auf einem schönen Gute in Poston harrt ihrer für den unglücklichen Fall, daß das Geschick nicht weiterhin einen Schleier über ihre Ausschweifungen breiten sollte.

Es gab keine anderen Bedienten im Hause außer den zwei Mägden, von denen oben die Rede gewesen war. Da diese von früher Kindheit an hier aufgewachsen waren, nirgends hingingen, in Hülle und Fülle lebten und seitens ihrer Herren sich guter Behandlung erfreuten, brauchten diese nicht zu fürchten, daß sie ans Entweichen dachten. Madame d'Esterval sorgte allein für die Beschaffung der Nahrungsmittel; einmal wöchentlich begab sie sich in die Stadt und brachte alles mit, was nicht ihre eigene Meierei liefern konnte. Uebrigens herrschte in diesem Haushalte die vollständigste Einigkeit, so verderbt er auch sein mochte; der beste Beweis, wie falsch es ist, zu sagen, daß Freundschaft nur unter Tugendhaften bestellen könne. Was die Verbindungen löst, sind die Unähnlichkeit der Moral und der Geistesart; sowie aber Einigkeit besteht, sowie zwischen den Gewohnheiten zweier Bewohner des gleichen Hauses kein Widerspruch da ist, besteht kein Zweifel, daß sie das Glück ebenso im Schoße des Lasters wie in dem der Tugend finden können; weil nicht diese oder jenes den Menschen glücklich oder unglücklich machen, sondern einzig die Zwietracht sie in die letztere Lage versetzt; diese schreckliche Gottheit schwingt nur dort ihre Fackeln, wo Disharmonie in Geschmack und Ansichten besteht. Keine Eifersucht störte dieses reizende Zusammenleben. Dorothéa 19, glücklich über die Freuden ihres Mannes, gab sich nie lieber ihren Ausschweifungen hin, als wenn sie [278] ihn in erlesenen Genüssen schwelgen sah; umgekehrt riet d'Esterval seiner Frau, zu ficken, wann sie immer Gelegenheit dazu hatte; nie war seine Entleerung genußvoller, als wenn er sie in den Armen eines anderen erblickte. Zerzankt man sich, wenn man so denkt? Ist es anzunehmen, daß ein Ehepaar, das durch solide Rosenketten verknüpft ist, sie je zerreißen würde?

Indessen warnte Justine die beiden Kaufleute auf deren Zimmer auf jede mögliche Weise, doch ohne Erfolg. Ihre zarte, gefühlvolle Seele konnte keine Entscheidung treffen zwischen der schrecklichen Notwendigkeit, ihren Herrn, oder zwei Unschuldige umbringen zu lassen. Anderseits paßte d'Esterval ganze nahe bei der Türe auf; zu seinen Leidenschaften gehörte auch die Lust, die Gäste während des Genusses zu überraschen und sie aus den Armen der Venus in die des Todes zu geleiten; in dieser ruchlosen Absicht führte er ihnen stets ein Mädchen zu; er brannte vor Verlangen, Justine an der Arbeit zu sehen und klagte sie innerlich an, zu wenig Mittel anzuwenden, um ihre beiden Reisenden in Erregung zu versetzen, als plötzlich der eine unsere Heldin ergreift, und sie, ohne ihr Zeit zu lassen, sich zu wehren, vergewaltigt. »Ach, mein Herr, was tun Sie denn?« ruft das schamhafte Kind, »welchen Ort wählen Sie zu derlei Dingen? Großer Gott! Wissen Sie, wo Sie sind?« – »Wie? was wollen Sie damit sagen?« – »Lassen Sie mich los, Herr, ich will Ihnen alles enthüllen. Ihr Leben ist in Gefahr; hören Sie mich an, sage ich Ihnen.« Der zweite, kaltblütigere, bewog seinen Freund, einen Augenblick sein Vorhaben aufzuschieben und nun bitten Beide Justine, sie möge ihnen das Geheimnis enthüllen, auf das sie anzuspielen scheint. »Können Sie, meine Herren, mitten im Walde, in einer Mördergrube, an solche Dinge denken? Haben Sie wenigstens Waffen zur Verteidigung?« – »Jawohl, da sind unsere Pistolen.« – »Nun gut, meine Herren, halten Sie sie bei sich; beschäftigen Sie sich mit Ihrer Verteidigung, nicht mit den faden Genüssen, denen Sie sich hingeben wollten.« – »Hühnchen,« sagte der eine von ihnen, »drücken Sie sich anders aus, wir bitten Sie darum; droht uns ein Unfall?« – »Ja, ein schrecklicher, entsetzlicher. Um Himmels willen, rüsten Sie sich zur Verteidigung; man will Sie heute Nacht ermorden.« – »Gehen Sie, mein Kind,« sagte der, dessen geiles Glied soeben in Justinens Scheide gedrungen war, »lassen Sie uns Wein und Licht heraufbringen, morgen wollen wir uns Ihnen erkenntlich zeigen.« Justine begibt sich hinab; wie sie aber die Tür öffnet, erblickt sie sofort d'Esterval, wie er seine Frau tätschelt; beide horchen an der Türe und weiden sich[279] an den Vorgängen. »Warum hast du dich nicht ficken lassen?« fragte d'Esterval rauh. »Habe ich dir nicht gesagt, daß uns nur das Genuß bereitet? Aber es ist keine Zeit mehr; lasse ihnen das Verlangte bringen und bleibe allein im Salon.«

Unsere Kaufleute rüsten sich zur Verteidigung. Ach! Sie war nutzlos. Plötzlich ertönt ein schreckliches Geräusch. »Sie sind da! Sie sind da!« schreit d'Esterval; »komm' Frau, lauf', Justine ich hab' sie, die Lumpen; sie sind da.« D'Esterval geht, eine Kerze in der Hand, voran: alle drei – denn Justine wurde mitgezerrt – steigen in einen Kellerraum hinab; welch' Erstaunen aber faßt unsere unglückliche Heldin, wie sie die Reisenden, von einem schrecklichen Sturze betäubt, wehrlos auf dem Boden liegen sieht!

Unsere Leser werden ohne weitere Erklärung leicht begreifen, daß alles sich vermittelst einer Falltüre zutrug; die Waffen, die auf einem Tische lagen, konnten den Unglücklichen auf ihrem Falle nicht nachfolgen. »Kameraden,« sagte d'Esterval, beiden Pistolen an die Kehle setzend, »man hat Euch doch gewarnt, warum habt Ihr denn nicht aufgepaßt? Höret mich an: Ihr könnt Euch durch ein Mittel aus dieser Verlegenheit ziehen, verzweifelt nur nicht. Ihr sehet hier zwei Frauen; die hier ist die meine, sie ist noch schön; was die andere betrifft, habt Ihr sie betastet, sie ist ein königliches Stück. Nun gut, ficket mit ihnen vor meinen Augen, dann ist euer Leben gerettet; wenn Ihr aber Widerstand leistet, ist's um euch geschehen; darum machet euch gleich an die Arbeit.« Mit diesen Worten legt der ruchlose d'Esterval, ohne ihnen Zeit zur Antwort zu lassen, von seinen Trieben erregt, die Pistolen weg, knöpft ihre Hosen auf und leckt ihr Glied.

Man geht leicht von der Furcht zum Vergnügen über; aber über welche Mittel verfügt nicht die Natur, wenn es sich um die Erhaltung der Art handelt! Dorothéa benimmt sich so geschickt, sie weiß so gut die beiden Unglücklichen zugleich zu beruhigen und zu liebkosen, daß beider Glieder sich bald hoch aufbäumen. Ein Kanapée ist vorhanden; der eine Kaufmann legt die Frau des Wirtes darauf und bearbeitet sie. Justine macht ein wenig mehr Umstände; und ohne d'Estervals Drohungen wäre es sehr zweifelhaft, ob der zweite einen Erfolg erzielt hätte; aber von der Gewalt bezwungen, muß sie nachgeben. Die beiden Paare sind an der Arbeit; da erscheinen die Mägde, ganz nackt, und Ruten in der Hand. Sie lassen die Hosen der Kaufleute herunter und machen deren Hinterbacken d'Estervals Augen sichtbar; dann peitschen sie die vor Vergnügen erregten Aersche. Der Wirt tätschelt sie, tastet die Hinteren der Mägde, prackt die der beiden anderen Weiber; unbeständiger wie ein Schmetterling kostet er bald [280] die, bald jene wollusterregenden Reize. Bald zeigt er sein empörtes Glied den Kaufleuten und steckt es in ihren Hintern, um bald wieder zu den fickenden Weibern, dann zu den Mägden zurückzukehren. »Vorwärts,« sagte er zu seiner Frau, Justinens Partner sodomisierend, »gib auf den Deinigen acht, der Meinige wird mir nicht entgehen.« Indessen peitschten ihn die Mägde. Die beiden Kaufleute entladen sich, im selben Moment werden sie getötet. Die Unglücklichen ergießen sterbend ihren Samen; gerade das wollten die Henker. Justinens Gesicht und Brust sind mit dem Blut und Gehirn dessen bedeckt, der in ihren Armen, somodisiert von d'Esterval, sich entladen hatte, der seinerseits sich auch entleerte. »Sapperment, Teufel noch einmal!« schreit der Frevler, seinen Samen verlierend, »unglücklich der, welcher nicht den Genuß kennt, mit dem ich mich besudelt habe«; kein einziges Vergnügen kommt diesem an Reiz und Köstlichkeit gleich. »Scheusal!« ruft Justine, sich von dem auf ihr lastenden Leichnam befreiend, »ich glaubte alle Arten des Verbrechens durchgekostet zu haben; solche, wie die von dir begangenen, habe ich nicht einmal geahnt. Schmeichle dir, Ruchloser, damit, daß du alles, was ich bis heute an Grausamkeiten wahrgenommen habe, übertroffen hast.« Aber der verstockte Menschenschlächter lachte nur. »Was machst du denn?« fragte er seine Frau. »Ich entlade in einemfort,« antwortet diese; »befreie mich von diesem Lumpen da; denn obwohl der Kerl tot ist, so steht sein Glied noch immer, und ich müße zehn Jahre lang ergießen, wenn er so lange hier liegen bliebe.« – »Ach Gott!« schrie Justine, »gehen wir weg von diesem Schreckensorte.« – »O nein, hier will ich ficken. Diese blutigen Opfer meiner Frevelhaftigkeit entfachen meine Geilheit; ich erigiere nie so gut, als wenn ich jene betrachte. Ihr seit vier Frauen, leget euch je zwei auf einen Kadaver; auf solchen Ruhebetten will ich euch bearbeiten, alle viere.« Der Schurke tut so; Scham, After, alles wird von ihm bearbeitet; er treibt die Scheußlichkeiten so weit, noch auch die Hintern der Opfer zu bearbeiten; er entladet Drei-oder viermal, worauf man sich wieder hinaufbegiebt.

Die Bestattung der Leichname wurde durch die Mägde besorgt. D'Esterval und seine Frau raffen das Geld zusammen und werfen die Reiseffekten in ein großes Loch neben dem Hause, das zu diesem Zwecke bestimmt ist.

»Ach, mein Herr,« sagte Justine, als ein wenig Ruhe eingetreten war, »wenn Sie wollen, daß es mir gelinge, Ihre Opfer zu retten, wenn Sie wünschen, daß ich wenigstens den Versuch dazu mache, dann belehren Sie mich über den Mechanismus Ihrer Fallen, denn wie könnte ich sonst etwas dagegen tun?« – »Das wirst du nie erfahren, mein Kind,« sagte [281] d'Esterval. »Gehe in das Zimmer dieser Fremden, und du kannst dich überzeugen, ob nicht alles in der nämlichen Ordnung ist. Ich bin ein Zauberer, meine Tochter; niemand kann meine Fallen stören oder erraten. Setze deine Versuche fort; die Tugend, die Religion, die Ehre, alles treibt dich dazu; aber ich fürchte, du wirst nie Erfolg haben.« Sie begeben sich zu Bette. Da sowohl der Wirt, als auch seine Frau Lust zeigen, den übrigen Teil der Nacht mit Justine zu verbringen, wurde beschlossen, sie sollte, damit ein Einverständnis erzielt werde, bei beiden im Ehebett liegen. Von beiden mit Liebkosungen überschüttet, mußte die gehorsame Justine zugleich ihre Scham ihr, ihren Hintern ihm überlassen. Bald gerieben, bald gefickt, bald liebkost oder geschlagen, konnte die Unglückliche sich überzeugen, daß all das, was sie im Marienkloster getan hatte, nur ein Vorspiel der Wollustszenen war, die sich bei diesen unerhörten Vorbildern der Geilheit und Frevelhaftigkeit abspielten. Die grausame Dorothéa, voll Wildheit in ihren Lüsten, wollte Justine peitschen. Ihr Gatte hielt diese, die dann gestäupt wurde, wie noch nie zuvor. Das Verbrecherpaar gefiel sich darin, sie nackt und im Dunkeln von einem Ende des Hauses zum anderen zu jagen und sie durch die Phantome der eben Ermordeten zu erschrecken. Beide versteckten sich, um ihr noch mehr Furcht einzuflößen; sobald sie aber an den Winkeln vorbei kam, wo jene ihr auflauerten, wurde sie mit kräftigen Ohrfeigen oder mächtigen Fußtritten in den Hinteren regaliert. Sodann schleuderte sie der Gatte in die Mitte des Zimmers und bearbeitete sie von hinten auf der Erde, während sich die Frau beim Lärm dieser nächtlichen Szene rieb. Anderemale nahmen sie Justine in die Mitte; das eine leckte ihren Mund, das andere ihre Scham und so wurde sie zwei Stunden lang abgemattet. Endlich erhebt sich Justine, ganz erschöpft. Aber durch ein treffliches Frühstück neubelebt, gut behandelt, soweit es sich nicht um Akte der Wollust handelt, beruhigt durch die Gewißheit, an keinen dieser Missetaten freiwillig teilzunehmen, darauf rechnend, daß es ihr eines Tages doch gelingen würde, die Opfer zu retten, besänftigte sich das arme Mädchen, und fügte sich ins Unvermeidliche.

Zwei Tage vergingen, ohne daß ein Reisender erschienen wäre. Während dieser Zeit ließ Justine nichts unversucht, um zu enträtseln, durch welchen merkwürdigen Mechanismus d'Esterval die Unglücklichen aus dem Zimmer in den Keller stürzte. Wohl dachte sie an eine Falltüre; aber wie sehr sie auch spähte, nichts vermochte sie von dieser Möglichkeit zu überzeugen. Gesetzt aber den Fall, es war dem so, wie wollte sie dem entgegentreten? Sollte sie den Reisenden [282] sagen, sie müßten diesen oder jenen Platz vermeiden? Aber waren nicht vielleicht mehrere Falltüren vorhanden? Vielleicht war der ganze Fußboden von einer solchen gebildet; nie aber gab man den unglücklichen Todesopfern andere Zimmer. In dieser schrecklichen Ratlosigkeit schien es ihr sogar unnütz, die Leute zu warnen. Sie teilte dies der Frau d'Esterval mit, die ihr aber versicherte, sie täusche sich; wenn man ihr einen solchen Auftrag erteilt habe, würde sie sicher das Geheimnis des Erfolges ausfindig machen. »Ach, Madame, so erklären Sie mir doch die Sache!« – »Das hieße auf unsere Genüsse verzichten ... ich würde meiner größten Vergnügen verlustig werden.« – »Solche Gräuel können Sie ergötzen?« – »Es ist köstlich, einen Mann zu hintergehen ... ihn während der Umarmung sterben zu sehen ... es ist göttlich, ihm den Tod zu geben in dem Augenblick, da er das höchste Entzücken kostet; dieser Kampf zwischen den Parzen und Venus erhitzt den Kopf zum Staunen; ich versichere dir, du wirst dich rasch daran gewöhnen, wenn du den Versuch machen wolltest.« – »Ach, welche Entartung!« – »Aber gerade die Entartung befriedigt den Trieb; sie belebt ihn erst. Was wäre die Wollust ohne Ausschweifung?« – »Ach, kann man es so weit treiben?« – »Beklage mich ... meine Teure, daß ich es nicht noch ärger tun kann, wenn du wüßtest, wohin sich meine Einbildungskraft verirrt, wenn ich einmal im Genießen bin! Was alles ich dann ersinne! Sei überzeugt, Justine, all das, was ich tue, bleibt weit hinter meinen Wünschen zurück. Warum müssen sich meine Begierden auf dieser Welt beschränken? Warum bin ich nicht die Herrin der Welt? Warum kann ich dieses rasende Verlangen nicht auf die ganze Natur ausdehnen? Jede Stunde meines Lebens wäre durch einen Frevel geheiligt, jeder meiner Schritte durch einen Mord. Wenn ich je nach unumschränkter Gewalt Verlangen getragen habe, so geschah dies, um mich an Freveln zu weiden. Ich möchte durch meine Greueltaten alle grausamen Frauen des Altertums übertreffen; von einem Ende der Welt zum anderen sollten die Menschen vor meinem Namen, meinen Missetaten zittern. Genügt nicht die bloße Analyse des Verbrechens, um es lobenswert zu finden? Was ist ein Verbrechen? Eine Handlung, die die Menschen uns fügsam macht und uns unfehlbar über sie erhebt; eine Handlung, die uns zu Herren über Leben und Tod der anderen macht und die daher zu dem Glück, dessen wir uns freuen, das des geopferten Wesens hinzufügt. Kann man mir einwerfen, daß das auf Kosten anderer erworbene Glück nicht vollkommen sei? Toren! ... gerade darin ist es vollkommen, weil es angemaßt ist; es besäße keine Reize, wenn es geschenkt würde. Man muß es [283] gewaltsam rauben; es muß den, welchem man es raubt, Tränen kosten, denn gerade aus der Gewißheit, daß man anderen Schmerz verursacht, entspringt der süßeste Genuß.« – »Aber das ist ja verbrecherisch!« – »Ganz und gar nicht; es handelt sich nur um das sehr einfache und natürliche Verlangen, sich ein möglichst großes Quantum Glück anzulegen.« – »Ich stimme bei, wenn es nicht auf Kosten der anderen geschieht.« – »Das wäre aber ein schlechter Genuß, wenn ich die andern für ebenso glücklich halten müßte wie mich; um mein Glück zu vervollkommnen, muß mich alles auf der Welt glücklich schätzen, während alle andern leiden; es gibt kein organisiertes Wesen, das nicht fühlt, wie süß es ist, Vorrechte zu haben. Solange ich nur im allgemeinen Glück teilhabe, bin ich nur wie alle Welt; wenn ich aber alles in mir vereinen kann, bin ich unbestreitbar glücklicher als die anderen. Wenn zum Beispiel in einer Gesellschaft von zehn Personen das Glück sich zu gleicher Weise verteilt, dann kann sich keiner schmeicheln, glücklicher zu sein als der andere; wenn dagegen einer aus dieser Gesellschaft den neun anderen das Glück zu rauben und sich zuzuschanzen versteht, dann ist er sicherlich wahrhaft glücklich; denn er kann nun Vergleiche anstellen, was ihm vorher unmöglich war. Das Glück hängt nicht von dem oder jenem Seelenzustand ab; es besteht nur im Vergleich des eigenen Zustandes, mit dem des anderen; wie kann man aber Vergleiche anstellen, wenn alle einander ähneln? Wenn alle Leute ein gleiches Vermögen besäßen, könnte ich dann jemand reich nennen?« – »Ich werde nie diese Art, glücklich zu sein, verstehen, ich glaube es nur dann sein zu können, wenn ich wüßte, daß alle anderen es auch sind.« – »Das rührt von deiner Schwäche her; denn du hast nur kleine Wünsche, schwache Leidenschaften, geringe Wollustgefühle.« Aber diese mittelmäßige Denkweise kann nie bei einem so gearteten Wesen, wie ich es bin, Anklang finden; wenn mein Glück nur mit dem Unglück der andern zusammen bestehen kann, so ist dies deshalb der Fall, weil ich in diesem Unglück das einzige Reizmittel erblicke, das meine Nerven stark anregt und das, entsprechend der Heftigkeit der Erschütterung, die Nerven mit größerer Gewißheit in den Zustand der Wollust versetzt. 20

[284] Im allgemeinen entspringen alle menschlichen Irrtümer den falschen Begriffen, die sie sich vom Glücke machen. Was man so nennt, ist nicht ein Zustand, der gleicherweise allen Menschen zusagen kann, sondern ist individuell verschieden, je nach der Art der Organisation. Das ist richtig, denn der Reichtum und die Wollust, die das Glück im allgemeinen zu begründen scheinen, finden bei manchen keinen Anklang; die Schmerzen dagegen und die Melancholie, daß Mißgeschick und der Kummer, die aller Welt zu mißfallen scheinen, haben dennoch ihre Anhänger. Wenn man aber diese Behauptung für recht findet, bleibt dem, der sich über die Sonderbarkeit des Geschmackes in einen Streit einlassen will, keine Waffe; wenn er vernünftig ist, bleibt ihm nichts übrig, als zu schweigen. »Ludwig XI. fand sein Glück in den Tränen, die er den Franzosen verursachte, Titus in den Wohltaten, mit denen er die Römer überhäufte. Woraufhin wollen Sie, daß ich den einen dem andern vorziehe? Hatten nicht beide Recht? Waren nicht beide gerecht?« – »Gewiß nicht; die Gerechtigkeit äußert sich nur dadurch, daß sie Gutes tut.« – »Aber was bezeichnest du als das Gute? Ich bitte dich, beweise mir, daß es besser ist, einem Menschen hundert Louis zu geben als sie ihm zu rauben. Wie komme ich dazu, das Glück der anderen zu machen? Wodurch kannst du mich überzeugen (Vorurteile haben keine Beweiskraft), daß ich besser [285] bin, wenn ich es tue als wenn nicht? Jedes System einer allgemein giltigen Moral ist ein richtiges Hirngespinst; es gibt außer der relativen Moral keine wahre Moral, die auf uns Einfluß üben könnte. Die Verbrechen ergötzen mich, daher fröhne ich ihnen; ich schaudere vor der Tugend, daher fliehe ich sie; ich würde sie vielleicht lieben, wenn ich von ihr irgend einen Genuß verspürt hätte. Justine, werde lasterhaft wie ich! Die Göttin, der du dienst, ist undankbar; sie wird dich nie für die Opfer, die sie fordert, entschädigen; wenn du ihr dienst, wirst du nie belohnt werden.« – »Aber würden die Menschen das, was Sie tun, bestrafen, wenn es gut wäre?« – »Die Menschen strafen das, was ihnen schadet; sie zertreten die Schlange, die sie sticht, ohne daß man daraus das geringste Argument gegen die Existenz dieses Reptils schöpfen könnte. Die Gesetze sind egoistisch, wir müssen es auch sein; sie dienen der Gesellschaft; aber die Interessen der letzteren sind nicht die unserigen; und wenn wir unsere Leidenschaften befriedigen, so tun wir das einzeln, was jene im Masse tun; nur die Resultate sind verschieden.«

Manchmal mengte sich d'Esterval in derartige Gespräche; dann nahmen sie einen imponierenden Charakter an. Unmoralisch aus Grundsatz und durch sein Temperament, Atheist aus Liebhaberei und durch Philosophie, bekämpfte d'Esterval alle Vorurteile und ließ der unglücklichen Justine keine Möglichkeit der Verteidigung. Als diese ihm gelegentlich seine täglichen Mordtaten vorwarf, sagte er: »Mein Kind, der Wechsel ist das Wesen der Welt; doch kann es keinen Wechsel ohne Zerstörung geben; also ist diese nötig für die Naturgesetze; demnach fördert derjenige, der am meisten zerstört – da er den größten Wechsel in der Materie verursacht – am besten die Naturgesetze. Diese Mutter aller Menschen hat ihnen ein gleiches Recht auf alles verliehen. In der natürlichen Ordnung der Dinge ist es jedem erlaubt, alles, was ihm gut dünkt, mit wem immer zu tun; jeder kann besitzen, sich dienstbar machen, genießen, was immer er gut findet. Der Nutzen ist die Richtschnur des Rechtes. Es genügt, daß ein Mensch eine Sache begehrt, um festzustellen, daß er ihrer bedarf; wenn aber etwas jemandem nötig oder auch nur angenehm ist, hat er ein Recht darauf. Die einzige Strafe, die wir für eine solche Handlung verdienen, besteht darin, daß es einem andern gestattet ist. gegen uns ebenso vorzugehen. Die Berechtigung oder Nichtberechtigung einer Handlung,« sagt Hobbes, »hängt nur von dem Urteil den Handelnden ab; dadurch ist dieser über jeden Tadel erhaben und kann sein Vorgehen rechtfertigen.« Die einzige Ursache aller unserer Irrtümer rührt daher, daß wir das für Naturgesetze halten, was nur den Gewohnheiten und Vorurteilen [286] der Zivilisation entspringt. Nichts auf der Welt verletzt die Natur; die Zivilisation, mehr zorniger Natur, fühlt sich fast jeden Moment beleidigt; aber was liegt denn an ihrer Beleidigung! Die menschlichen Gesetze verletzen heißt ein Hirngespinst beschimpfen. Hatten die, welche an dieser Zivilisation arbeiteten, meine Zustimmung? »Kann ich Gesetzen anhänglich sein, die meinen Trieben und meiner Vernunft widerstreben?«

Justine rühmte die Vorzüge unserer Wahrnehmungen; dann wollte sie, sich auf ihre schwankende Basis stützend, daraus fälschlich die Richtigkeit der Religion ableiten. »Ich gebe zu,« erwiderte d'Esterval, »daß unsere Wahrnehmungen und unsere Organe, die feiner entwickelt sind als bei den Tieren, uns veranlaßt haben, an die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit zu glauben; darum schrieben wir, so wie Sie es tun; gibt es einen besseren Beweis für die Richtigkeit jener Dinge, als daß wir genötigt sind, sie zuzugeben, aber gerade da zeigt sich der Sophismus. Es ist ganz richtig, daß die Beschaffenheit, die uns die Natur zuteil werden ließ, uns nötigt, Hirngespinste zu schaffen und uns oft durch solche zu trösten; aber die Existenzberechtigung eines Kultes ist deshalb nicht bewiesen. Der Mensch wäre das glücklichste Wesen, wenn sich jeder seiner Wünsche und Illusionen verwirklichte. Noch einmal wiederhole ich es, der Vorteil, den wir von einer Sache haben, bewirkt noch nicht deren Verwirklichung, selbst wenn es noch mehr in unserem Interesse gelegen wäre, mit einem der gütigen Wesen zu tun zu haben (als solches Gott von seinen Anhängern bezeichnet wird), so würde das noch kein Beweis sein für dessen Existenz. Es ist tausendmal angenehmer für den Menschen, von einer blinden Natur abhängig zu sein, als von einem Wesen, dessen gute Eigenschaften nur von den Theologen festgestellt sind, aber jeden Augenblick durch die Tatsachen Lügen gestraft werden. Die Natur bietet uns, wenn sie gut erforscht ist, alles, was wir brauchen, um uns so glücklich zu machen, als unsere Organisation es zuläßt. Durch sie können wir unsere physischen Bedürfnisse befriedigen; in ihr sind alle Gesetze unseres Glückes und unserer Erhaltung gelegen, was sich von ihr entfernt, ist chimärisch und muß von uns unser ganzes Leben lang verflucht und verabscheut werden.«

Aber wenn auch Justine nicht die ihren Wirten charakterisierende Geisteskraft besaß, um so viel Philosophie zu bekämpfen, so entsprangen doch manchmal ihrem Herzen Gedanken, die zu widerlegen selbst jenen kaum möglich war. Das geschah eines Tages, als d'Esterval mit ihr wegen ihrer Neigung zum Wohltun disputierte und ihr die ganze Haltlosigkeit [287] dieser angeblichen Tugend zum Bewußtsein zu bringen versuchte. »Ja,« sagte sie mit diesem beredten Pathos, der oft sogar den Geist bezwingt, »ich weiß wohl, daß alles Wohltun keinen Dank einträgt; aber ich ziehe es vor, von der Ungerechtigkeit der Menschen als den Vorwürfen meines Herzens zu leiden.« 21

Solche Gespräche wurden geführt, ohne daß die Sittenverderbnis die trefflichen Grundsätze der Kindheit in unserer Heldin hätte vernichten können, als Fremde in der Herberge anlangten.

»Was sie betrifft,« sagte d'Esterval, »werden sie uns nicht viel Geld eintragen, wohl aber eine tüchtige Menge Wollust; ich fühle es am Prickeln in meinem Innern.« – »Was sind denn das für Leute?« fragte Dorothéa. – »Eine elende Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Tochter. Der erstere, noch kräftig, wird dir gute Dienste leisten wie ich hoffe, die Mama, komm' schau' 'mal durchs Fenster: höchstens dreißig Jahre, weißer Teint, hübsche Taille; die Tochter ist eine Schönheit, dreizehn Jahre alt, ein bezauberndes Gesicht. O Dorothéa, welch eine Entladung wird das werden!«

»Mein Herr,« sagte der Vater, sich respektvoll an den Wirt wendend, »ich glaube, Sie vor meinem Eintreten von unserem Mißgeschick in Kenntnis setzen zu müssen; es ist derartig, daß es uns unmöglich sein wird, unsere Ausgaben zu bezahlen, so klein sie auch sein mögen. Wir waren nicht zum Unglück geboren; meine Frau hat einigen Besitz mitbekommen, auch ich habe etwas besessen. Schreckliche Verhältnisse haben uns ruiniert; wir rechnen auf die Wohltätigkeit der Menschen, um uns zu einem Verwandten ins Elsaß zu begeben, der uns einige Hilfe versprochen hat.« – »Ach d'Esterval,« flüsterte Justine ins Ohr des Herbergvaters, »Sie werden doch das Unglück respektieren, nicht wahr?« – »Justine,« sagte der Grausame, führen Sie diese Leute ins gewohnte Gemach; »ich will für ihr Abendessen sorge tragen.« Und Justine begreift voll Schmerz, durch den Befehl, daß das Los dieser nicht besser sein wird als das der anderen, und führt die arme Familie traurig in das für sie bestimmte unheilvolle Zimmer.

»Unglückliche,« sagt sie zu ihnen, als sie dort eingezogen waren, »nichts kann euch schützen vor der Frevelhaftigkeit der Leute, bei denen Ihr seid; machet nicht einmal den Versuch, hinauszugehen, Ihr könnt es nicht mehr. Aber [288] leget euch nicht zu Bette; zerbrecht oder zerschneidet womöglich die Gitter eures Fensters; lasset euch in den Hof hinab und rettet euch blitzschnell.« – »Wie? ... was sagen Sie? ... Himmel! ... was haben wir Unglücklichen, das die Wut oder die Raubsucht dieser Menschen erregen könnte? Das ist ja unmöglich!« – »Doch, es ist so; beeilen Sie sich; in einer Viertelstunde ist es schon zu spät.« – »Wenn ich es versuchte,« sagte der Vater, sich dem Fenster nähernd, »wenn ich den Rat befolge, so ist der Hof, in den wir gelangen, von einer Mauer umgeben, wir wären ebenso eingesperrt. Nun gut, Fräulein, da Sie so gut sind, uns zu warnen, da unser unglückseliges Geschick Ihre Teilnahme erweckt, versuchen Sie, uns Waffen zu verschaffen; dieses Mittel, ehrenhafter und schwerer, wird uns genügen, ich bin überzeugt.« – »Waffen ... rechnen Sie nicht damit,« entgegnete Justine, »ich verfüge nicht über solche. Versuchen Sie zu fliehen, ich kann Ihnen nur diesen Rat erteilen; wenn die Flucht Ihnen nicht glückt, halten Sie sich am Bette fest, ohne zu schlafen; diese Stellung wird Sie vielleicht vor einer Falltüre sichern, durch die man sie in die Tiefe stürzen will, Adieu ... fragen Sie mich nicht weiter.«

Der Schmerz des unglücklichen Vaters ist unbeschreiblich. Kaum ist Justine weggegangen, wirft er sich in die Arme seiner Frau. »Teure Freundin,« ruft er, »wie sind wir vom Unglück verfolgt! ... Doch danken wir dem Himmel; das ist das letzte und wird unseren Leiden ein Ende machen.« Alle drei vergossen bittere Tränen. Indessen guckte d'Esterval still durch eine Spalte der Türe, beobachtete voll ruhigen Frevelmutes und rieb sich wollüstig im Angesichte dieses Gräuels. »Sehr gut,« sagte er zu Justine, als sie hinausging, »du hast dich diesmal gut aufgeführt; komm, rege mich auf, lege deinen hübschen Hintern auf meine Hände, neben mein Glied ... diese Szene ist einzig für mich.« Er sah weiter zu, als aber die Schmerzensausbrüche durch Stille unterbrochen wurden, fürchtete d'Esterval einen plötzlichen Entschluß. »Ziehen wir uns zurück,« sagte er zu Justine, »es ist Zeit zu handeln.« – »Sie haben nicht genachtmahlt.« – »Sie würden mir das Souper nicht bezahlen; wozu auch sollten sie Kräfte schöpfen für die friedliche und rasche Reise, die sie unternehmen werden?« – »Können Sie nicht solchen Unglücklichen gegenüber Gnade walten lassen?« – »Gnade?« »Gerade solche sind die richtigen Opfer für Wüstlinge; es täte mir recht leid, sie mir entgehen zu lassen.«

Sie begeben sich hinab. Justine und d'Esterval treffen unten Dorothéa, die in dem köstlichen Gedanken des zu begehenden Frevels schwelgend sich rieb. Doch, da sie nicht wollten, daß unsere Heldin das Spiel der Falltüre gewahre, [289] sperrten sie sie in ein Zimmer ein; erst dann holte sie eine der Mägde, als der Fußboden des unheilvollen Zimmers sich vollständig im Keller befand. »Du siehst, Justine,« sagte d'Esterval, »daß es unnütz war, ihnen zu sagen, sie sollten sich am Bette festhalten, um der Falltüre zu entgehen. Sie, haben ja so getan, aber da ist das Zimmer mit dem Bett ...«

Indessen flehten die drei wehrlosen Opfer seufzend und schluchzend d'Esterval an. Das Mädchen warf sich der grausamen Frau jammernd zu Füßen ... doch nichts konnte die Ungeheuer erweichen. Sie ist die Erste, die d'Esterval opfert. Er entjungfert sie ohne Erbarmen; beide Vergnügungsbahnen betritt er. Ebenso wird die Mutter behandelt; dem Vater wird Gnade in Aussicht gestellt, wenn er bereit ist, Dorothéa zu ficken. Justine wird genötigt, die Triebe des Unglücklichen anzufachen. Es gelingt ihr. Man hat ganz Recht, wenn man sagt, es stecken oft mehr Schätze in der Hose eines Bauern, als in der eines großen Pächters. Ein mächtiges Glied bäumt sich hoch auf; Dorothéa bohrt es voll Feuer in ihre Scheide, d'Esterval stützt die Tochter auf den Rücken des fickenden Vaters und bearbeitet sie von hinten. Justine wird beauftragt, die Mutter zu reiben. Diesmal tötet d'Esterval zugleich Eltern und Tochter, und zwar im Momente, da er entladet; mit seiner Rechen erdolcht er Vater und Kind, mit seiner Linken schießt er eine Kugel in den Kopf der Mutter, die fortgesetzt von Justine gerieben wurde. Unsere Heldin hält diesen entsetzlichen Massenmord nicht aus und fällt in Ohnmacht; in diesem Moment wird sie von dem wilden d'Esterval gepackt und von hinten bearbeitet. Seine Frau häuft die Leichname über ihn, worauf das Scheusal, sein Opfer quälend, um sie (wie er sagt) wieder zu sich zu bringen, entladet.

»Wir sind einer Mühe überhoben,« sagte d'Esterval, als er den Raum verließ. – »Welcher denn?« fragte Dorothéa. – »Diese da zu plündern.« – »Wer weiß?« erwiderte eine der Mägde. »Oft schützen solche Lumpen Armut vor, um nicht zahlen zu müssen.« – Aber diese hatten nur zu wahr gesprochen; die genauen Nachforschungen ergaben nur einen Thaler. – »Entsetzliche Tat!« sagte Justine zu dem Ehepaar, »gestehen Sie nur, daß das ein unnötiges Verbrechen war!« – »Gerade solche sind gut,« antwortete d'Esterval, »wenn man das Verbrechen um seiner selbst willen liebt, bedarf es keines Motivs.«

Die nächste Woche war besser. Fast alle Tage kamen Fremde, aber trotz aller Warnungen Justinens vermochte keiner zu entkommen; alle fielen der Raubgier und den Lüsten des infernalischen Paares zum Opfer. Da kam eine Persönlichkeit in die Herberge, die merkwürdig genug war, um die Aufmerksamkeit unserer Leser zu fesseln.

Es war ungefähr sieben Uhr abends; die ganze Gesellschaft atmete auf einer Bank nahe der Tür die reine, heitere Luft eines [290] schönen Herbstabends, als ein Reiter in Galopp heransprengt und ungeduldig fragt, ob er in diesem Hause Unterkunft finden könne. »Ich bin eine Meile von hier angefallen worden,« rief er mit einer Art Entsetzen, »man hat meinen Diener getötet und sein Pferd geraubt! Glücklich stark genug, um denjenigen, der den Zügel des meinen faßte, zu Boden zu werfen, vermochte ich nicht mehr, meinen Diener zu rächen; sein Mörder war verschwunden, ich selbst floh.« – »Welche Unvorsichtigkeit!« sagte d'Esterval, »mit so schwachem Geleite einen so gefährlichen Wald zu durchreiten.« – »Ich habe umso mehr Unrecht,« sagte der Mann, »als ich Leute genug zur Verfügung habe, um mich ein wenig besser geleiten zu lassen, aber ich will einen Onkel besuchen, den ich sehr gern habe und der mich seit langem schon einladet, ich sollte seine Genüsse auf seinem schönen Landsitz in der Franche-Comté teilen: da ich nun weiß, daß er die Einsamkeit liebt, führte ich nur wenig Leute mit mir. Kurz, Herr können Sie mir Quartier geben?« – »Gewiß, mein Herr,« erwiderte d'Esterval. »Treten Sie nur ein meine Gattin und ich werden Ihnen die möglichst beste Aufnahme bereiten.« Der Reiter steigt ab und begibt sich in den Salon; da stößt Justine, ihn genauer betrachtend, einen Schrei der Ueberraschung aus, da sie ihn erkennt. »Bressac!« schrie sie. »Sie sind hier! Ich bin verloren ...« – »Bressac!« rief d'Esterval »wie, mein Herr, Sie sind der Marquis de Bressac, der Besitzen des schönen Gutes in der Umgebung des Waldes von Bondy?« – »Jawohl!« – »Umarmen Sie mich, ich habe die Ehre, Ihnen nahezustehen; erkennen Sie in mir Sombreville, den leiblichen Bruder Ihrer Mutter!« – »Oh, mein Herr, solch ein Zufall ... Ach! Sie wissen, durch welches Geschick ich meine zärtliche Mutter einbüßte; aber was Sie zweifellos nicht wissen und was Sie nicht ungestraft lassen werden,« setzte Bressac hinzu, auf Justine weisend, »ist, daß hier die Mörderin dieser ehrwürdigen Mutter steht. Wie ist es möglich, daß Sie ein solches Scheusal bei sich hielten?« – »Oh, Herr, glauben Sie das nicht!« rief Justine weinend. »Ich bin zu solchem Frevel nicht fähig, und wenn man mir erlaubt, alles zu sagen ...«

»Schweigen Sie«, Justine, »ich will mich von diesem Herrn unterrichten lassen, von seinem Berichte werden meine weiteren Verhaltungsmaßregeln Ihnen gegenüber abhängen. Gehen Sie hinaus!« Justine zog sich bestürzt zurück; Herr de Bressac fuhr fort – wie leicht einzusehen – sie in den Augen seiner Verwandten zu beschuldigen. Nach Verlauf einer Stunde wird Justine zurückgerufen und beauftragt, den Fremden, in das verhängnisvolle Zimmer zu führen. Sie gehorcht, aber ohne jede weitere Erklärung begibt sie sich zu ihrem Herrn. – »Mein Herr,« sagt sie hastig, »wie soll ich mich gegen Herrn de Bressac betragen? ... Da er Ihr Verwandter ist, ohne Zweifel ...« –»Justine,« antwortet Sombreville, den wir aber auch weiterhin d'Esterval nennen wollen, »es ist erstaunlich, daß nach all den Beweisen von Güte, [291] nach all den Rücksichten, die meine Frau und ich Ihnen unaufhörlich zuteil werden lassen, Sie einen Umstand Ihres Lebens verbergen konnten, der Sie in den Augen der Alltagsmenschen so schuldig macht. Da Sie unsere philosophischen Ansichten in solchen Dummheiten kennen, hätten Sie – wie mir scheint – sich ein wenig freimütiger zeigen können.« – »Oh, mein Herr, ich schwöre Ihnen,« antwortete Justine mit der edlen Unbefangenheit, die die Tugend verleiht, »ich erkläre feierlichst, ich bin unschuldig an dem Verbrechen, dessen mich Herr de Bressac anklagt. Er soll den Mörder seiner Mutter nicht so weit suchen, er weiß nur zu gut, wo er ist.« – »Wie? Erklären Sie sich, Justine!« sagte Frau d'Esterval. – »Er selbst, Madame, er selbst hat diese Missetat begangen und der Frevler klagt mich an!« – »Sind Sie dessen sicher, was Sie da sagen?« – »Ich kann daran nicht zweifeln; ich will Ihnen, wenn Sie es wünschen, alle Einzelheiten dieser Ruchlosigkeit enthüllen.« – »Ich habe jetzt keine Zeit, Sie anzuhören,« sagte d'Esterval. Dann wandte er sich an seine Frau: »Wozu entschließest du dich, Dorothéa?« – »Nur ungern,« antwortete das Scheusal, »verurteile ich ein Wesen, das ebenso frevelhaft ist, wie wir, zum Tode; aber dieser schöne Mann erregt meine Wollust außerordentlich, ich will durchaus, daß sie befriedigt werde.« – »Gut!« sagte d'Esterval. »Justine, keine weiteren Auseinandersetzungen mit ihm, sondern erfüllen Sie Ihre gewöhnliche Mission. Uebrigens fürchten Sie nichts, selbst wenn Sie das Verbrechen, dessen er Sie anklagt, wirklich begangen haben, würden wir Sie nicht geringer schätzen; im Gegenteil, das wäre ein Ehrentitel in unseren Herzen. Erröten Sie nicht, es zuzugeben.« – »Glauben Sie mir, ich würde, durch eine solche Rede ermutigt, alles gestehen, wenn ich schuldig wäre; aber ich bin an dem Verbrechen unschuldig, ich beschwöre es feierlichst.« – »Schon gut, gehen Sie nur hinauf, mein Kind, und führen Sie sich wie gewöhnlich auf; denken Sie daran, daß ich Ihnen auf Schritt und Tritt folge.«

Unsere Heldin war in großer Verlegenheit; welche Freude hätte sie empfunden, wäre sie rachsüchtig gewesen! Wir wissen genau, daß der Tod ihres Verleumders sicher war, ob sie ihn nun warnte oder nicht, aber gerade wegen dieser Gewißheit fielen Justine nur Mittel ein, die sie anwendete, um dem das Leben zu retten, der so grausam nach dem ihren getrachtet hatte. Sie beeilte sich, sie wußte, daß sie einen Augenblick Zeit hatte, mit dem Marquis zu sprechen, bevor d'Esterval lauschte. »Mein Herr,« sagte sie ihm weinend, »trotz allem, was Sie mir zugefügt haben, will ich Sie retten, wenn ich es vermag. Bleiben Sie keinen Moment in diesem Zimmer, das allenthalben mit Falltüren versehen ist. Versuchen Sie, seine Raserei zu dämpfen, besonders aber, die Megäre zu besänftigen; besessener wie ihr Gatte, hat sie Ihr Todesurteil gesprochen. Schnell, Herr, gehen Sie hinunter; nehmen Sie Ihre Pistolen mit; in zwei Sekunden wird es schon zu spät sein!«

[292] Bressac, der im Grunde seiner Seele gezwungen war, die Sprecherin hinreichend zu achten, um ihren Worten das größte Vertrauen zu schenken, stürzt hin aus und begegnet d'Esterval auf der Treppe. »Gehen wir hinunter, Herr, ich muß Sie sprechen,« sagt er zu ihm mit fester Stimme. – »Aber, mein Herr ...« – »Gehen wir hinab, sage ich Ihnen!« Mit diesen Worten stößt er ihn in den Salon und sperrt die Tür hinter sich ab, indem er Justine, die ihm folgen will, hinausschiebt. Das Gespräch wurde zweifellos sehr heftig geführt; wir kennen nicht die Einzelheiten, aber das Ergebnis war, daß Bressac, der sich seinem Verwandten zweifellos zu erkennen gab, ihm rasch die Ueberzeugung beibrachte, daß die Frevler untereinander sich nichts Böses zufügen dürften; Dorothéa wurde durch die Artigkeiten und die Verführungskünste des Marquis beruhigt; endlich wurde beschlossen, alle sollten zum Onkel des Bressac sich begeben. »Dieser Onkel ist ein Berufswüstling,« sagte Bressac, »er ist auch Ihr Verwandter, da wir Vettern sind; gehen wir zu ihm, ich stelle Ihnen göttliche Genüsse in Aussicht.« – Nachdem man diesen Entschluß gefaßt hatte, soupierte man gemeinsam. Auch Justine wurde zugelassen. »Umarme mich,« sagte Bressac, ich will dich in den Augen meiner Verwandten wieder zu Ehren bringen ... Mein Freund, da du ebenso frevelhaft bist wie ich, fürchte ich nicht, dir zu gestehen, daß ich allein das Verbrechen begangen habe, dessen ich vorher dieses Mädchen anklagte; die Unglückliche wäre dazu unfähig. Sie soll an der Reise teilnehmen. Mein Onkel hat mich beauftragt, ihm eine Kammerfrau ausfindig zu machen; er wünscht ein zuverlässiges Mädchen an der Seite seiner Gattin zu haben. Ich vermute, daß niemand ihm dazu so geeignet erscheinen kann wie Justine, wie die Sache liegt. Der Platz, den ich ihr verschaffe, ist gut; wenn sie das Vertrauen meines Onkels gewinnt, kann sie die Chimäre vom Glück, dem sie seit so langer Zeit nachläuft, endlich realisieren ... Oh, Justine, nimm dieses Zeichen meiner Dankbarkeit an. Mögen Einigkeit, Friede und Ruhe unter uns herrschen. Erklären Sie sich einverstanden, Vetter? »Ueberlassen Sie mir Justine?« – »Oh, ganz gern,« antwortete d'Esterval, »ich begann schon, ihrer müde zu werden; die Folgen meines Ueberdrusses aber hätten für sie verhängnisvoll werden können.« – »Das glaube ich,« sagte Bressac; »ich bin dir darin ähnlich, mein Lieber; wenn ein Gegenstand meine Geilheit gestillt hat, möchte ich ihn zum Teufel schicken.« – »Sie haben sich doch an Justine nicht ergötzt« fragte Dorothéa. – »Nein, Madame, ich kenne nur Sie auf der ganzen Welt, die mich meinem Geschmack untreu werden lassen könnte; ich liebe nur die Männer.« – »Mein Freund,« sagte d'Esterval hastig, »meine Frau kann dir zu Gebote stehen, wenn du es wünscht; sie hat den schönsten Hintern und das größte Vergnügen, darin ein Glied aufzunehmen ... Außerdem hat sie einen Kitzler, der größer ist wie ein Finger mit dem sie dir desgleichen tun wird, wie du ihr.« – »Himmel,« sagte [293] Bressac, »sogleich! Ich habe nie ein wüstes Projekt aufzuschieben vermocht!« Damit bemächtigte er sich Dorothéas, die, bereits trunken von Wein und Wollust, ihm freundlichst entgegenkam, als man plötzlich die Hunde bellen hörte, was die Ankunft von Menschen andeutete. Tatsächlich wurde geläutet; obwohl es schon Mitternacht war, begehrten Fremde Unterkunft. Es waren das Polizeibeamte, die von dem an Bressac verübten Raub und von dem Mord, der an seinem Diener begangen worden war, vernommen hatten, und, nachdem sie den Spuren, soweit sie konnten, gefolgt waren, sich erkundigen wollten, ob es nicht in dieser Herberge Leute gäbe, die ihnen Aufklärung verschaffen könnten, Bressac erschien selbst, erzählte, was ihm zugestoßen war und sagte, der Weg, den die Räuber genommen hätten, wäre ihm unbekannt. Man gab den Leuten zu trinken, man bot ihnen Betten an, die sie aber ausschlugen; dann gingen sie weiter. Die Lustbarkeiten gingen wieder los, sowie sie draußen waren, und der übrige Teil der Nacht wurde mit den skandalösesten Orgien zugebracht.

Da die Mischung der Geschlechter nicht von Erfolg gekrönt war und die Anstrengungen Bressacs nur dazu geführt hatten, daß Dorothéa zweimal sodomisiert wurde, mußten die Männer sich zusammen unterhalten, während die Frauen desgleichen taten. Dorothéa, voll wilder Gier, ermüdete Justine; ebenso erging es d'Esterval und Bressac. Bei Tagesanbruch begab man sich zu Bette mit dem Plane, sogleich nach dem Frühstück gemeinsam aufzubrechen.

»Der Mann, zu dem ich Sie führe,« sagte Bressac, als man das Mahl einnahm, »heißt Graf de Gernande.« – »Gernande!« Sicherlich, »ich bin verwandt mit ihm,« sagte d'Esterval, »er war der Bruder Ihrer Mutter, daher mein leiblicher Vetter.« – »Und kennen Sie ihn?« – »Ich habe ihn nie gesehen; ich weiß nur, daß er ein sonderbarer Mensch ist, ein Mann, dessen Geschmacksrichtung ...« – »Warten Sie, warten Sie,« sagte Bressac, »ich will ihn Ihnen schildern, da Sie ihn nicht kennen.«

»Der Graf da Gernande ist ein fünfzigjähriger, recht dicker Mann. Nichts ist so erschreckend wie sein Gesicht; die Länge seiner Nase, die rabenschwarzen Augenbrauen, die bösen dunklen Augen, sein großer Mund voll schlechter Zähne, seine finstere, kahle Stirne, der rauhe, drohende Ton seiner Stimme, die gewaltige Länge seiner Arme und Hände, alles das macht ihn zu einem gigantischen Wesen, dessen Nähe Schrecken einflößt. Sie werden bald sehen, ob die Moral und die Handlungsweise dieses Satyrs seiner schauerlichen Karrikatur entsprechen. Uebrigens besitzt er Geist und Kenntnisse, aber keine Sittlichkeit und Religion; er ist einer der größten Frevler, die je gelebt haben und der berühmteste Feinschmecker unserer Zeit. Nichts ist sonderbarer als die Art seiner Ausschweifungen. Sein Weib ist der hauptsächlichste[294] Gegenstand seiner wilden Lüste; aber er führt zudem so wüste sodomistische Handlungen aus, daß Ihr Beide mir nach acht Tagen für diese Bekanntschaft Dank wissen werdet.« – »Und dieser Frau, dem unglücklichen Objekt der Raserei ihres Gatten, wollen Sie mich zugesellen?« fragte Justine. – »Gewiß, sie ist ein recht sanftes Weib, wie es heißt ... Ich selbst kenne sie nicht ... doch versichert man, sie wäre ein sittsames und gefühlvolles Weib, das einer gleichgestimmten Seele bedarf, eines sanften Wesens, das sie tröstet. Es scheint mir, Justine, daß das sich mit Ihren Prinzipien vorzüglich verträgt.« – »Zugegeben; aber werde ich, wenn ich das Weib tröste, nicht dem Gatten mißfallen? Werde ich nicht zudem den brutalen Trieben des Frevlers, den Sie eben schilderten, zur Beute fallen?« – »Und wenn?« sagte Bressac, »schreckliches Unglück! Waren Sie nicht in diesem Hause den gleichen Gefahren ausgesetzt?« – »Wider meinen Willen.« – »Nun also, bei meinem Onkel wird es gutwillig geschehen müssen – das wird der ganze Unterschied sein.« – »Ach, mein Herr, ich sehe, Ihr immer aufs Böse gerichteter Witz hat nichts von seiner Schärfe verloren; doch da Sie meinen Charakter kennen, wissen Sie gut, daß ich mich nicht zu allen diesen Dingen hergeben kann. Da d'Esterval sein Haus verläßt und meiner Dienste nicht mehr bedarf, wäre ich Ihnen, meine Herren, sehr verpflichtet, wenn Sie mir meine Freiheit wiedergeben wollten, die mir zu rauben, Sie gar nicht das Recht haben.« – »Oh, was das Recht anbelangt, gewiß,« sagte d'Esterval, »sind wir denn nicht die Stärkeren? Und kennst du, Justine, ein heiligeres Recht als dieses?« – »Ich spreche mich offen gegen diese Freiheit aus,« sagte Bressac. »Von meinem Onkel beauftragt, ihm ein hübsches, sanftes Mädchen zuzuführen, kann ich keine finden, die Justine gleichkäme; ich hoffe, sie ist geschmeichelt, daß ich ihr Geschick unwiderruflich an das der Frau de Gernande knüpfe. Diese benötigt gerade eine solche Gesellschafterin, und sollte diese intime Beziehung sie manchmal auch den brutalen Lüsten des Gatten aussetzen, so muß sie sich doch darein fügen, daß ich sie zu deren Frau bringe.«

Justinens Einwände wären fruchtlos gewesen, sie mußte gehorchen. Man reiste ab. Bis zur Mitte des Waldes wurde der Weg zu Pferde zurückgelegt; in der nächsten Stadt wurde ein vierspänniger Wagen benutzt; ohne besondere Zufälle kam man bei Herrn de Gernande an, dessen prächtiges Schloß isoliert inmitten eines großen, von hohen Mauern umgebenen Parkes an den Grenzen des Lyonnais und der Franche- Comté lag. Aber das mächtige Gebäude war ganz und gar nicht so bewohnt wie es seiner Größe nach schien; man konnte nur wenig Dienerschaft, und zwar in der Nähe der Küchen, in der Mitte des Wohntraktes, bemerken; der ganze übrige Teil war ebenso verlassen und einsam wie die Lage des Schlosses.

Als die Gesellschaft eintrat, befand sich Herr de Gernande im Hintergrunde eines prächtigen, großen Gemaches, eingehüllt [295] in einen Schlafrock von indischem Satin, nachlässig auf einem Sofa ausgestreckt. Neben ihm sah man zwei so lächerlich gekleidete, so kunstvoll und elegant gekämmte Knaben, daß man sie hätte für Mädchen halten können; beide hatten reizende Gesichter und waren höchstens fünfzehn bis sechzehn Jahre alt, befanden sich aber in einem solchen Zustand von Erschlaffung und Müdigkeit, daß man versucht war, sie für krank auszusehen. 22

»Mein teurer Onkel,« sagte der Marquis de Bressac beim Eintritt, »hier sind zwei meiner Freunde, die ich Ihnen mit umso größerem Vergnügen vorzustellen mir erlaube, als beide die Ehre haben, mit ihnen verwandt zu sein.« – »Ah! Es sind meine Cousins,« sagte Gernande, »ich habe sie nie gesehen; doch das du sie mitbringst, sind sie sicher unser würdig; ich bin daher sehr erfreut, sie zu sehen.«

»Wer ist aber dieses junge Mädchen?« – »Eine vertrauenswürdige Person, die ich, Ihrem Auftrage gemäß, zu Frau de Gernande führe; ich glaube, sie besitzt alle Eigenschaften, die zu diesem Posten erforderlich sind.« – Der Graf ließ Justine näher treten; ohne die Gesellschaft um Erlaubnis zu bitten, schürzte er sie bis übers Kreuz und prüfte sie vom Scheitel bis zur Stahle in der ungezwungensten, brüskesten Weise. »Wie alt sind Sie?« fragte er sie. – »Zwanzig Jahre.« – An diese Frage knüpfte er noch einige Erkundigungen über ihre Person. Justine erzählte kurz die interessantesten Einzelheiten ihres Lebens, ohne an Rodin zu vergessen, verschwieg aber geschickt die Greueltaten, zu denen sie durch d'Esterval genötigt worden war. Dann schilderte sie ihre elende Lage. »Sie und unglücklich,« sagte das Ungeheuer, »desto besser; desto unterwürfiger werden Sie sein. Nicht wahr, meine Herren, es ist das ein sehr geringer Nachteil, daß das Unglück dieses verworfene Volk verfolgt, das von der Natur dazu verdammt ist, neben uns auf derselben Erde zu kriechen? Darum ist es arbeitssamer und weniger frech; es erfüllt dadurch viel besser seine Pflichten uns gegenüber.« – »Aber, mein Herr,« warf Justine ein, »ich habe Ihnen ja meine Abkunft berichtet; sie ist gar nicht niedrig.« – »Ja, ja, ich kenne das; man gibt sich für Gott weiß was aus, wenn man im Elend ist; die hochfahrenden Illusionen müssen für das Unrecht des Geschickes trösten. Wir aber glauben von dieser durch Schicksalsschläge vernichteten Existenz so viel als uns beliebt. Uebrigens ist mir das alles gleichgiltig; ich sehe Sie in der Tracht einer Magd, ich werde Sie also demgemäß behandeln. Doch wird es nur von Ihnen abhängen, glücklich zu werden; haben Sie Geduld, seien Sie diskret, dann will ich Ihnen in einigen Jahren, wenn ich Sie entlasse, ermöglichen, den dienenden Beruf aufzugeben. Mein Freund,« sagte er dann zu Bressac, »erzähle mir jetzt ein wenig [296] von den beiden lieben Verwandten, die du da mitbringst; mit der Schlumpe da haben wir uns lange genug abgegeben.«

»Herr und Frau de Sombreville, bekannter unter dem Namen d'Esterval, haben, lieber Onkel, alle Eigenschaften, die ihre Bekanntschaft angenehm zu gestalten vermögen; ihre große Sittenlosigkeit wird Ihnen sicherlich Achtung einflößen; wenn Sie aber erst erfahren werden, daß sie trotz Ansehen und Reichtum alle Annehmlichkeiten, die ihnen die Welt bieten konnte, beiseite gelassen haben, um sich in einem dichten Walde zu vergraben, wo ihr einziges Vergnügen darin besteht, die Passanten, die um Unterkunft in der Herberge bitten, die sie an dieser düsteren Stätte halten, zu bestehlen und umzubringen; dann hoffe ich, werden Sie mir Dank wissen dafür, daß ich so treffliche Freunde hergebracht habe.« – »Sie bringen die Reisenden um,« sagte Gernande, in ein Gelächter ausbrechend, »ah, das ist ja köstlich! Ich kenne das alles, ich verstehe das vortrefflich ... Es ist unglaublich, was die Phantasie vermag! ... Man tötet, plündert, vergiftet, äschert ein, nichts ist einfacher als all das; aber man ergießt dadurch, und von diesem Moment an ist es göttlich. Ich habe mich früher an all diesen Dummheiten ergötzt, mein Kopf erhitzt sich noch jetzt durch sie; aber da ich altere, ziehe ich ruhigere und häuslichere Genüsse vor. Ich tue vielleicht noch dergleichen, aber zu Hause ist es mir lieber ... Ach so! Die Gattin dieses prächtigen Verwandten ist ja doch ...« – »Ganz so lasterhaft wie er, teurer Onkel; ich hoffe, ihr Zynismus und ihre Lüsternheit werden Sie amüsieren. Glauben Sie mir, daß unser Verwandter zu viel Geist besitzt, um sich an eine Frau zu knüpfen, die nicht die gleichen Laster übt wie er.« – »So ist es recht,« sagte Gernande, »ich gestehe, daß ich ihm ohne diesen Vorbehalt nicht verzeihen könnte, mich mit seiner Frau zu besuchen. Die Frauen, teurer Neffe, fühlen einen unwiderstehlichen Zwang, das an ihrem Geschlechte verübte Unrecht wieder gut zu machen. Verzeihung, Madame« – wandte er sich an Dorothéa – »aber ich liebe die Frauen ebenso wenig wie mein Neffe, und wenn ich mir eine halte, so werden die Leute, die gleich mir denken, dies dadurch entschuldbar finden, daß ich sie zum Opfer meiner Launen ausersehe ...« Dann hieß er Dorothéa nähertreten und fuhr fort: »Ihre Frau ist wenigstens schön, sehr schön; erlauben Sie, Vetter?« Damit schürzte das Scheusal Dorothéa von hinten und prüfte einen Moment ihre Hinterbacken ... »Auf Ehre, ein prächtiges Gesäß, ein wenig männlich zwar, doch ziehe ich es vor. Ich hoffe, Sie haben nie Kinder gehabt?« – »Nein, gewiß nicht; ich setze mich nicht dergleichen Dummheiten aus; wenn aber durch eine Unvorsichtigkeit mir ein solches Unglück zustieße, würden mich zwei oder drei Gläser Sabina rasch befreien.« 23

[297] »Schön, schön, ich sehe, sie ist recht liebenswürdig Ihre Frau; sie bildet zur meinigen einen prächtigen Kontrast; ich sehne mich danach, sie zusammenzubringen.« – »Wünschen Sie,« fragte d'Esterval, »daß ich sie mit Ihnen allein lasse?« – »Ach nein,« erwiderte der Graf, »wir brauchen uns vor einander nicht zu genieren; ich hoffe, unsere Freuden werden von nun ab wie unsere Gedanken sein.« – »Jawohl, ganz offen,« sagte Bressac, »das ist der wahre Reiz der Geselligkeit.« – »Und Sie, Vetter,« wandte sich Gernande an d'Esterval, »Sie müssen ein Glied besitzen –?« – »Wie ein Maultier,« antwortete Bressac. – »So sehr ich auch gewöhnt bin, mächtige Glieder in meinen Hintern einzuführen, ich versichere Ihnen, daß das seine mir stets Schmerzen bereitet.« Zugleich kam Justine auf ein Zeichen Bressacs herbei, um d'Estervals Hose herabzulassen und den Augen Gernandes den Anblick eines der schönsten und gewaltigsten Gliede, die er je gesehen hatte, darzubieten. »Ah! Herrlich!« sagte Gernande und versuchte es, zu saugen, doch ohne daß es ihm gelungen wäre, es ganz in den Mund zu nehmen. »Es ist wirklich prächtig! Ach, mein Lieber, wie drängt es mich, es in dem Hintern meiner Frau zu erblicken. Wende mir deine Hinterbacken zu, Bressac, damit ich es einen Moment in deinen Arsch treibe ... Aber es geht ja! ... Oh, welch ein After, mein Neffe, welch ein After! Nie sah ich einen so weiten. Freunde,« sagte er zu seinen beiden Lustknaben, »der eine soll Bressacs Hoden reiben, der andere ihm seinen Hintern überlassen; leisten Sie die einem bearbeiteten Menschen gegenüber erforderlichen Dienste. Man darf in solchem Fällen keine Pflicht außeracht lassen.« – Die Sache ging so trefflich vor sich, daß Bressac bearbeitet und bearbeitend, nahe daran war, zu ergießen. »Halt! Halt!« schrie sein Onkel, der es bemerkte, »halte Maß, mein Freund, ich wollte nur dieses Experiment machen. Ich höre zum Diner läuten, begeben wir uns zu Tische. Das ist für mich ein interessanter Moment; beim Nachtisch stehe ich Euch wieder zur Verfügung; das ist dann der richtige Augenblick, wo wir einige Szenen aufführen wollen, die uns alle Vier ein wenig ergötzen werden.«

Man begab sich zu Tasche. »Verzeihung,« sagte der Graf, [298] »ich rechnete nicht auf Euch; mein Neffe hatte mir nichts geschrieben, daher muß ich Euch mein tägliches Diner vorsetzen; Ihr werdet sehr durch dessen Minderwertigkeit leiden.«

Man trug zwei Suppen auf: eine Nudelsuppe und eine Kraftbrühe mit Schinken; dann Hinterfleisch vom Rind, in englischer Manier zubereitet, zwölf Nebengerichte, davon sechs gekochte, sechs pflanzliche; zwölf Entrées, und zwar viermal Rindfleisch, ebenso oft Geflügel und Pasteten; eine Blutwurst, zwölf Braten, zwei Zwischengerichte, zwölf Gemüse, sechs verschiedene Arten Creme und sechs Pasteten; zwanzig Schüsseln mit Früchten und Kompott; sechs Arten Gefrorenes; acht verschiedene Weine, sechs verschiedene Sorten Liqueur, Rum, Punsch, Schokolade, Kaffee. Gernande kostete jede Speise; manche Schüssel wurde von ihm vollständig geleert; er trank zwölf Flaschen Wein, vier Volney bei Beginn, vier Arten d'Aï zum Braten; zum Obst Tokayer, Paphos, Madeira und Falerner; 24 er beschloß mit zwei Flaschen Liqueur, einer Pinte Rum, zwei Schalen Punsch, und zehn Tassen Kaffee. Die beiden, d'Esterval und der Marquis de Bressac, die ebenso starke Esser waren, hielten ihm Stand; aber sie schienen erhitzt zu sein, während Gernande ebenso frisch war, als wenn er eben aufgewacht wäre.

Was Justine betraf, der man bereitwilligst einen Platz am Ende des Tisches einräumte, so setzte sie ihre gewohnten Tugenden: Enthaltsamkeit, Nüchternheit und Bescheidenheit der groben Unmäßigkeit der Frevler entgegen, unter die sie ihr unglückseliges Geschick versetzt hatte.

»Nun denn,« sagte Gernande, »die Tafel aufhebend ..., fühlen Sie sich disponiert zur Aufführung einiger geiler Szenen? Was mich anbelangt, so muß ich gestehen, daß jetzt für mich der richtige Moment ist.« – »Ja, bei Gott, tun wir etwas,« sagte Bressac, »die Probe aus dem männlichen Serail, das ich vorhin sah, erweckt in mir außerordentliche Lust nach dem übrigen.« – »Ganz wie du willst,« antwortete der Graf: »vielleicht wird es dir recht sein, zu sehen, wie ich in Sachen der Wollust vorgehe; ich werde es dir an Justine zeigen.« – »Und Ihre Gattin?« fragte Dorothéa. – »Ach, die werden Sie erst in zwei bis drei Tagen sehen; sie ruht sich nach jeder meiner Sitzungen aus; sie bedarf einer langen Erholung, woraus Sie vielleicht schließen können, was Sie sehen werden. Alle meine Schändlichkeiten werden Sie überraschen, Madame; aber man versichert, daß Sie philosophisch und wollüstig seien; bei solchen Eigenschaften aber kann man durch nichts in Erstaunen versetzt werden; denn da man selbst Leidenschaften hegt, findet man sie alle bei anderen auch für ganz selbstverständlich.« – »Liebenswürdiger Vetter,« sagte Dorothéa, »ich betrachte die offene und unbefangene Art, mit der [299] Sie sich mir gegenüber aussprechen, als ein Zeichen der Achtung. Seien Sie also überzeugt, daß keine Ausschweifung mich überrascht; bei meiner Geschmacksrichtung, meinen Launen kann ich mich höchstens über die Minderwertigkeit der Triebe anderer beklagen. Ich bitte Sie, mir eine Rolle anzuweisen, ich werde jeder genügen, gleichzeitig ob Opfer oder Henkersknecht.« – »Opfer? Nein,« sagte Gernande, »ich will dieses Mädchen hier recht oft mißhandeln. Ich lasse zur Ader,« fuhr er fort, seinen im Verhältnisse zu seiner mächtigen Gestalt erstaunlich kleinen Pents reibend, »ja, ich lasse zur Ader, das ist mein Gelüste, und zwar nur dann, wenn der Gegenstand, dessen ich mich bediene, gesättigt ist. Aus diesem Vorbehalt ergibt sich notwendigerweise eine dauernde Störung im Organismus, der ich ebenso wie dem fließenden Blute meine Erektion verdanke.« – »Er ist köstlich,« sagte Bressac, sich seinem Onkel nähernd und dessen Glied reibend, »er hat wundervolle Lüste.« Gernande ließ die Hose des Marquis herunter, rieb ihn mit der einen Hand und tätschelte ihm die Hinterbacken mit der anderen. »Was Sie betrifft, teurer Vetter,« wandte er sich an d'Esterval, »so werde ich nicht müde, Ihr schönes Glied zu betasten; nicht wahr, Sie werden meine Frau bearbeiten, mein Freund?« – »Gewiß,« entgegnete d'Esterval, »ich werde ihr alles tun, was Sie wünschen.« – »Selbst Böses?« – »Oh, die entsetzlichsten Greuel!« – Währenddessen entkleiden sich die beiden Frauen auf Gernandes Befehl. – »Sapperlot, verstecken Sie die Scham, meine Damen,« sagt er zu Dorothéa und Justine, da er sie bereit sieht, ihre Altäre darzubieten, die ihm so wenig des Kultes würdig schienen, »verhüllen Sie das, ich beschwöre Sie, sonst machen Sie mich für sechs Wochen impotent.« – Bressac knüpft dreieckige Taschentücher an ihr Kreuz fest, worauf die beiden Frauen vorwärts schreiten. Nachdem Gernande einen Augenblick die Hintern geküßt, getätschelt und geprackt hatte, ergreift er einen Arm Justinens und betrachtet ihn; dann betrachte er den anderen ebenso und fragt, wie oft sie zur Ader gelassen worden sei. »Zweimal,« antwortet Justine. Während dieses Gespräches kniet Dorothéa zwischen den Schenkeln des Wüstlings und leckt sein Glied; Bressac und d'Esterval unterhalten sich in einer anderen Ecke des Gemaches auf mannigfache Weise mit den beiden Lustknaben, von denen früher die Rede gewesen. Gernande setzte seine Betrachtungen fort, legte seine Finger auf Justinens Adern, wie man es zu tun pflegt, um sie vor dem Aderlaß zur stärkeren Füllung zu bringen, und als er sie strotzen sah, legte er seinen Mund an und leckte. »Vorwärts, Hure,« sagte er barsch zu unserer unglücklichen Justine, »bereite dich vor, ich will dein Blut fließen lassen.« – »Aber, mein Herr ...« – »Glaube mir,« fährt Gernande fort, der in Hitze gerät, »versuche jetzt nicht, die Prüde zu spielen, du Dirne! Dein Widerstand wäre erfolglos; es stehen mir Mittel zu Gebote, um Frauen, die sich meinen Wünschen widersetzen, zur [300] Raison zu bringen.« Er legte dann seine Hände auf Justinens Hinterbacken und zwickte sie gewaltig; seine langen, krummen. Nägel bohrten sich in das Fleisch ein und ließen blutige Spuren zurück, die seine Lippen sofort leckten; sodann kniff und quetschte er sie am Hintern und am Hals und drückte ihre Brustwarze mit solcher Kraft, daß Justine laute Schreie ausstieß. »Bravo, Onkel,« sagte dann Bressac, »empören wir uns offen gegen die Brüste; diesen weiblichen Körperteil müssen Sodomisten wie wir ungemein verabscheuen; auch der Hals ist ein Greuel für den, der die Hintern liebt.« – »Oh, ich hasse ihn unsagbar,« sagte Gernande und biss in den Justinens. Dann ließ er sie einige Schritte vorwärts gehen und nach hinten schreitend zurückkehren, um den schönen Arsch unserer Heldin nicht aus den Augen zu verlieren. Sowie sie wieder neben ihm stand, ließ er sie sich beugen, gerade stehen, die Füße zusammenlegen und spreizen; dann bückte er sich vor dem Gegenstande seines Kultes und biss ihn an verschiedenen Stellen, auch an der Aftermündung. Aber merkwürdigerweise küßte er ähnlich, wie andere lecken; es schien, als ob er jeden Teil, den er mit den Lippen berührte, saugte. Während dieser vorbereiten den Szene befragte er Justine um viele Einzelheiten ihrer Erlebnisse im Marienkloster, welche die Arme, ohne Acht zu haben, wie erregt ihre Quälgeiter durch diese Berichte wurden, mit ebensolcher Wahrheit als Unbefangenheit schilderte. Jetzt verlangte Gernande Knaben; aber da er bemerkte, daß die Anwesenden allzusehr mit Bressac und d'Esterval beschäftigt waren, läutete er. Zwei neue erschienen; sie zählten kaum sechzehn Jahre und hatten recht angenehme Gesichtszüge; sie nahten, während Dorothéa ihn beständig leckte. Sowie sie vor dem Wüstling standen, löste er den Knoten eines rosenfarbigen Bandes, das an Hosen aus weißer Gaze angebracht war und entblößte zwei hübsche, kleine Hintere. Nachdem er sie in seiner Art einen Moment geküßt hatte, leckt er ihre Gliede, während er die Hinterbacken und Brüste Justinens fortgesetzt kneift. Sei es durch Gewohnheit bei den Knaben oder durch die Geschicklichkeit des Scheusals, kurz, in wenigen Minuten ergossen sich jene in den Mund Gernandes, der das Sperma verschlang. Auf diese Weise versetzt der Wüstling die Kinder in Erschöpfung, daher auch der Zustand von Ermattung, von dem vorhin die Rede gewesen war. Die Huldigung, die der Graf den Reizen Justinens erwies, zog sich unendlich in die Länge, ohne daß er die geringste Unbeständigkeit in der Wahl des Objektes gezeigt hätte; weder seine Küsse, noch seine Lüste galten an deren, als den erwähnten Körperpartien. Er hieß die d'Esterval sich erheben; einer der Lustknaben ersetzt sie und leckt ihm das Glied. Hierauf bemächtigt er sich der Hinterbacken der Frau und behandelt sie fast so wie Justine, aber da er ihr nicht zur Ader lassen will, betrachtete er mehr ihren Hintern als ihren Arm. Er lobt ihren Arsch ausnehmend und sagt dann zu ihrem Gatten: »Wenn Sie [301] den Knaben, den Sie zu liebkosen scheinen, nicht bearbeiten, dann erweisen Sie mir das Vergnügen und sodomisieren Sie Ihre Frau; ich will meinen Neffen ersuchen, Sie von hinten zu bearbeiten; zwei Lustknaben werden Sie küssen, während ich mit Hilfe der beiden anderen an meine chirurgische Operation an der schönen Justine schreiten werde.« – d'Esterval, der den erwähnten Knaben blos tätschelte und leckte, kam mit der Lanzette herbei; Dorothéa wies ihm schön den Hintern und wurde bald sodomisiert, Bressac, der d'Estervals Hintern hoch schätzt, läßt einen Lustknaben gleichfalls im Stiche, um seinen Vetter zu bearbeiten. Die Knaben umgeben ihn, wobei der eine seinen Hintern, der andere sein Glied tätscheln läßt. Gernande, entzückt, daß sich eine solche Gruppe vor seinen lüsternen Blicken entwickelt, geht daran, die seinige zu formieren.

»Narcisse,« sagte er zu einem der Knaben, die er bei sich behalten hatte, »hier ist die neue Kammerzofe der Gräfin, ich muß sie erproben; gib mir meine Lanzetten.« Narcisse reicht sie ihm sofort. Justine gerät in Angst und bebt; alle lachen über ihre Bestürzung. »Bringe sie in die gehörige Stellung, Zéphire,« sagt Gernande zu einem anderen Lustknaben. Der schöne Jüngling nähert sich Justinen und sagt ihr lächelnd: »Fürchten Sie nichts, Fräulein, diese Operation kann Ihnen nur sehr gut anschlagen; stellen Sie sich so!« Sie mußte sich am Rande eines Tisches in der Mitte des Zimmers leicht an seine Knie lehnen, während ihre Arme durch zwei schwarze Bänder an den Plafond gefesselt waren.

Kaum befindet sie sich in dieser Stellung, als der Graf sich ihr nähert, die Lanzette in der Hand. Er atmet kaum; seine Augen funkeln, sein Gesicht war furchterregend. Er spannt die Haut der beiden Arme und sticht in sie in weniger Zeit als einen Augenblick. Ein Schrei entringt sich seiner Brust, dem zwei oder drei Gotteslästerungen folgen; sowie er das Blut sieht, setzt er sich nahe der Gruppe Dorothéas. Narcisse leckt ihn, zwischen seines Füßen kniend, während Zéphyre, die Füße auf den Fauteuil seines Herrn stemmend, sein Glied von diesem saugen läßt. Gernande umfaßt Zéphyres Hüften und drückt ihn an sich; nur von Zeit zu Zeit richtet er seine Blicke bald auf die unglückliche Justine, bald auf die von ihrem Blute überschwemmte tätige Gruppe. Doch fühlt jene ihre Kräfte versiegen. »Mein Herr,« schreit sie, »haben Sie Erbarmen mit mir, ich falle in Ohnmacht!« Tatsächlich wankt sie; sie würde umfallen, würden die Bänder sie nicht festhalten; der Kopf wackelt auf den Schultern, die Blutstrahlen, die durch dieses Schwingen andere Richtung bekommen, bespritzen ihr Gesicht. Der Graf ist trunken, er erhebt sich, bemächtigt sich des von Blut überströmten Hintern seines Neffen, sodomisiert ihn und ergießt sein Sperma, während das Opfer schließlich die Besinnung verliert. d'Esterval, von diesem Schauspiel entzückt, entleert sich desgleichen in den Hintern seiner Frau, die, ihre Scham [302] an den Hintern eines Lustknaben lehnend, diesen mit ihrer Clitoris von hinten bearbeitet, wobei sie ihn mit ihrem Sekret besudelt und seinen Penis wichst. Endlich trägt man die ohnmächtige Justine hinaus, während unsere erschöpften Wüstlinge sich in den Garten begeben, um sich wieder zu erholen. Da unsere Leser den Taumel der anderen kennen, wollen wir sie nicht damit ermüden; wohl aber wollen wir unsere Aufmerksamkeit dem Grafen ein wenig zuwenden. Fast eine volle Viertelstunde dauerte seine Extase ... und welch eine Extase! Großer Gott! Er schlug um sich wie in einem epileptischen Anfalle, seine schrecklichen Schreie, seine entsetzlichen Blasphemien wären auf eine Meile weit vernehmbar gewesen; er schlug auf seine ganze Umgebung los, seine Zuckungen waren fürchterlich.

Ueberlassen wir zwei Tage lang die ganze ausgelassene Gesellschaft sich selbst. Nur die Stellung Justinens an der Seite ihrer Herrin soll uns beschäftigen.

Nach Verlauf dieser Zeit hieß Gernande sie zu ihm in den Salon kommen, wo er sie bei ihrer Ankunft empfangen hatte; sie war noch schwach, fühlte sich aber sonst ganz gut.

»Mein Kind,« sagte er zu ihr, indem er ihr die Erlaubnis gab, sich zu setzen, »ich werde die gestrige Szene nur selten wiederholen, sie würde Sie erschöpfen und ich bedarf Ihrer zu anderen Dingen; doch war es wichtig. Ihnen meinen Geschmack kund zu tun, und die Todesart, der Sie zum Opfer fallen werden, wenn Sie mich verraten, ja, wenn Sie sich nur von der Frau, an deren Seite ich Sie stelle, verführen lassen sollten. Diese Frau ist meine Gattin, wie Ihnen mitgeteilt wurde; das ist aber für Sie eine äußerst verhängnisvolle Sache, da sie sich täglich dem bizarren Gelüste, das ich an Ihnen befriedigt habe, unterwerfen muß. Glauben Sie übrigens nicht, daß ich sie aus Rache, aus Verachtung oder durch ein Gefühl des Hasses so behandle; es geschieht, nur aus Trieb. Nichts kommt dem Genuß gleich, den ich verspüre, wenn ich das Blut dieses Geschöpfes vergieße; es ist die köstlichste Freude meines Herzens, nie habe ich mich mit ihr in anderer Weise ergötzt. Seit drei Jahren ist sie an mich gekettet und erduldet, regelmäßig alle vier Tage die Operation, die ich an Ihnen erprobt habe. Ihre große Jugend (sie zählt kaum zwanzig Jahre), die besondere Sorgfalt, die man auf sie verwendet, die reichliche Nahrung, die sie zu sich nimmt, all das hält sie aufrecht. Aber Sie begreifen wohl, daß ich sie bei einem solchen Zwang weder ausgehen lassen, noch anderen Leuten zeigen kann, als diesen da, die fast den gleichen Lüsten fröhnen wie ich, und mich daher entschuldigen müssen. Ich gebe sie daher für verrückt aus; ihre Mutter, ihre einzige Angehörige, wohnt sechs Meilen von hier auf ihrem Schlosse und ist dermaßen von dieser Idee überzeugt, daß sie sie nicht einmal zu besuchen wagt. Die Gräfin fleht häufig um Gnade; sie tut alles, um mich zu erweichen, aber ewig vergeblich. Meine Geilheit hat [303] das unabänderliche Urteil über sie gefällt. So wird sie, solange als möglich, ihr Dasein fristen, nichts wird ihr abgehen, und da ich es liebe, sie zu erschöpfen, werde ich sie, solange ich vermag, am Leben erhalten; wenn sie es nicht mehr aushalten wird, in Gottesnamen ... Sie ist meine vierte Frau; ich werde bald eine fünfte, eine sechste ... eine zwanzigste haben; nichts ist mir gleichgiltiger als das Geschick eines Weibes; es gibt deren so viele! Es ist so süß, sie zu wechseln! Wie dem auch sei, Ihre Aufgabe, Justine, besteht darin, für sie Sorge zu tragen. Sie verliert regelmäßig zwei Aderlaßbecken Blut jeden vierten Tag, aber die Gewohnheit verleiht ihr Kräfte; sie fällt jetzt nicht mehr in Ohnmacht; ihre Ermattung dauert vierundzwanzig Stunden, während der übrigen drei Tage fühlt sie sich ganz gut. Doch werden Sie es begreiflich finden, daß ihr diese Leben sehr mißfällt. Sie tut alles, um ihre Mutter über ihren wahren Zustand aufzuklären; sie hat bereits zwei ihrer Zofen verführt, doch wurden deren Pläne glücklicherweise rechtzeitig genug entdeckt, um die Wirkung unmöglich zu gestalten. Sie ist die Ursache des Todes dieser Unglücklichen, denn ich ließ beide vor ihren Augen sterben.« – »Sie haben sie getötet?« – »Ja, in dergleichen Fällen lasse ich ihnen an allen Extremitäten zur Ader und lasse sie so sterben.« – »Oh, Gott!« – »Sie begreifen wohl, Justine, daß meine Frau heute bereut, diese zwei Frauen kompromittiert zu haben, und sie macht sich Vorwürfe wegen ihres Todes; da sie nun die Unabänderlichkeit ihres Geschickes erkennt, beginnt sie, sich zu fügen und ist fest entschlossen, die Personen ihrer Umgebung nicht mehr zu verleiten. Wenn dies dennoch eintreten sollte, so warne ich Sie, denn Sie würden das gleiche Schicksal erleiden wie die anderen. Betrachten Sie sich von diesem Moment an als nicht mehr auf der Erde befindlich, da Sie auf meinen leisesten Wunsch daraus verschwinden können. Ihr Los ist, Justine: Glück, wenn Sie sich gut aufführen, Tod im entgegen gesetzten alle ... Sie haben mich verstanden? Begeben wir uns zu meiner Frau«.

Da Justine gegen diese deutlichen Worte keine Einwendung erheben durfte, folgte sie ihrem Herrn. Nachdem sie eine lange Reihe von Gemächern durchschritten hatten, die ebenso düster und einsam waren wie der übrige Teil der Schlosses, gelangt sie in ein Vorgemach, wo sich zwei alte Weiber befinden, die sie in allem, was den Dienst bei der Gräfin betrifft, unterweisen müssen. Sie öffnen die Tür, Gernande und Justine befinden sich in einem Zimmer, wo die unglückliche junge Gattin des Scheusals auf einem Ruhebett lag, wie leicht zu erraten, blaß und ermattet. Sie erhob sich, sowie sie ihren Gatten erblickte, und erkundigte sich respektvoll um seine Befehle. »Hören Sie,« sagte ihr Gernande, ohne ihr die Erlaubnis zu geben, sich wieder zu setzen, obwohl sie sich kaum aufrecht erhalten zu können schien, »hier ist ein Mädchen, das mein Neffe Bressac für Sie mitbringt; ich empfehle [304] sie Ihrer Obhut. Wenn Sie je Lust haben, sie zu verleiten, tun Sie es wenigstens nicht, ohne sich an das Los ihrer Vorgängerinnen zu erinnern.« – »Alle Versuche wären nutzlos, mein Herr,« sagte Justine voll Eifer, ihrer Herrin helfen zu können und dabei ihre Pläne verheimlichend, »ja, Madame, ich will es vor Ihnen bekräftigen, alles wäre fruchtlos; jedes Ihrer Worte und Ihrer Gesten werde ich sofort Ihrem Gemal hinterbringen; auf keinen Fall werde ich mein Leben riskieren, um Ihnen behilflich zu sein.« – »Ich werde nichts tun, was Sie vor eine solche Eventualität stellen könnte, Fräulein,« sagte die arme Frau, die die Motive der vorgeschützten Härte Justinens noch nicht erraten hatte, »ich bitte Sie nur um Ihre Mühewaltung.« – »Daran soll es nicht fehlen,« sagte das neue Kammermädchen, »darüber hinaus aber gehe ich nicht.« Der entzückte Graf drückte Justinens Hand. »Ausgezeichnet,« sagte er leise zu ihr, »halte Wort und dein Glück ist gemacht.« – Er zeigte ihr dann ihr Gemach, das sich an das seiner Gemalin anschloß; zugleich machte er sie darauf aufmerksam, daß dieses Zimmer, durch treffliche Türen abgeschlossen und an allen Ausgängen mit doppeltem Gitter versehen, keine Aussicht auf Flucht eröffnete. »Hier ist wohl eine Terrasse,« fuhr Gernande fort, Justine in einen kleinen Blumengarten geleitend, der sich in gleicher Flucht mit dem erwähnten Gemach befand, »aber sie liegt hoch genug, denke ich, um Ihnen die Lust zu nehmen, sich an der Mauer herabzulassen. Die Gräfin kann hier ganz nach Belieben frische Luft schöpfen; doch ist das die einzige Zerstreuung, die meine Strenge zuläßt. Sie werden sie nicht verlassen, wenn sie hieher kommt. Sie müssen ihr ganzes Tun und Lassen beobachten und mir darüber getreulich berichten. Adieu!«

Justine begab sich zu ihrer Herrin; diesen Augen blick nun, da sie sich betrachten und prüfen, wollen wir dazu benützen, in unserem Leser eine Vorstellung von dieser interessanten Frau zu erwecken.

XIV. Kapitel.
Die Vorgänge im Schlosse. – Dissertation über die Frauen.

Frau de Gernande zählte neunzehneinhalb Jahre und besaß die denkbar schönste, edelste, wohlgeformteste Gestalt; jede ihrer Gesten und Bewegungen atmete Grazie, jeder ihrer Blicke zeugte von Seele. Ihre Augen waren vom schönsten Schwarz, obwohl sie blond war, und höchst ausdrucksvoll, doch eine Art Wehmut, die Folge ihres Mißgeschickes, machte sie noch tausendmal interessanter. Sie besaß einen ganz weißen Teint, wundervolle Haare, einen recht kleinen Mund, Perlenzähne und Lippen von einer Röte, daß man hätte sagen können, Amor habe sie mit Farben geschmückt, die er der Blumengöttin [305] entliehen habe. Sie besaß eine schmale, feine Adlernase, darüber Augenbrauen, schwarz wie Ebenholz; ihr Kinn war vollendet schön; kurz, ihr schön ovales Gesicht, das von Anmut, Naivität und Unbefangenheit strahlte, hätte viel eher für das eines Engels als einer Sterblichen gelten können. Ihre Arme, ihr Hals, ihre Hinterbacken waren von einer Pracht, einer Rundung, daß sie Künstlern zum Modell hätte dienen können. Ein leichter, schwarzer Flaum beschattete die hübscheste Scham der Welt, die sich zwischen zwei wohlgeformten Schenkeln zeigte; was aber nach all dem Unglück der Gräfin überraschend wirkte, waren ihre vollen Formen. Ihr Hinterer war ebenso rund, so fest und fleischig, als ob sie von üppigerer Gestalt gewesen wäre. Zwar zeigten sich die furchtbaren Spuren der Grausamkeiten ihres Gatten, doch war sie nicht entstellt; sie bot das Bild der schönen Lilie, auf der die unreine Hornisse einige Flecken hinterlassen hat. Zu so vielen Gaben gesellte sich ein sanfter Charakter, romantisches Gefühl, ein empfindsames Herz. Bildung und Talente; bestrickende Anmut, der nur ihr ruchloser Gemahl widerstehen konnte; einschmeichelnder Klang der Stimme und große Frömmigkeit. So beschaffen war Gernandes Gattin, das engelgleiche Wesen, gegen die er sich verschworen hatte. Es schien, daß sie um so mehr seine Wildheit erregte, je mehr Reize sie entwickelte; alle Gaben, die ihr die Natur verliehen hatte, schienen die Frevelhaftigkeit dieses Scheusals nur zu erhöhen.

»Wann sind Sie zur Ader gelassen worden, Madame?« fragte Justine die Gräfin, sowie sie allein waren. – »Vor drei Tagen,« antwortete diese, »und morgen wird Herr de Gernante sicherlich das reizende Schauspiel dieses Gräuels seinen Freunden vorführen.« – »Tut er das vor Zeugen?« – »Vor solchen, die gleich ihm denken. Ach, Sie werden das alles sehen, Fräulein.« – »Und wird Madame nicht durch alle diese Aderlässe geschwächt?« – »Gerechter Himmel! Ich zähle noch keine zwanzig Jahre und bin überzeugt, daß man mit siebzig nicht schwächer ist. Aber ich hoffe, das wird ein Ende nehmen; es ist vollständig ausgeschlossen, daß ich lange ein solches Leben aushalte. Ich werde zu meinem Vater gehen; ich will in den Armen Gottes die Ruhe suchen, die mir die Menschen so grausam auf Erden verwehrt haben. Ach, was habe ich denn getan, großer Gott, um nicht diese Ruhe genießen zu dürfen! Ich habe nie jemandem den geringsten Schmerz gewünscht, ich liebe meinen Nächsten und ehre die Religion; ich bin von der Tugend begeistert; eine meiner größten Qualen in der schauerlichen Situation, in der man mich hält, ist die, niemandem nützlich sein zu [306] können.« Tränen entströmten ihr bei diesen Worten. Unsere Leser können sich wohl denken, daß die Justinens sich bald mit denen jener verschmolzen hätten, wenn sie nicht großes Interesse daran gehabt hätte, ihren Kummer zu verbergen. Aber sie schwor sich in diesem Augenblicke feierlich, lieber tausend Leben zu opfern, als nicht alles zu tun für eine Frau, deren Gefühle und Geschicke den ihren so ähnlich schienen.

Eben war es an der Stunde, in der die Gräfin dinierte. Die beiden Alten benachrichtigten Justine, sie solle sich mit jener auf ihr Zimmer begeben; denn nicht einmal die Alten durften direkt mit der Gräfin verkehren. Madame de Gernande, an alle die Vorsichtmaßregeln schon gewöhnt, unterwarf sich ihnen ohne weiteres; das Diner wurde aufgetragen, worauf die Gräfin erschien, sich zu Tische setzte und Justine einlud, ihr Gesellschaft zu leisten; ihre Miene war dabei so freundlich, so leutselig, daß sie sich vollends die Zuneigung ihrer Wächterin gewann. Aufgetragen wurden mindestens zwanzig Speisen.

»Was das anbelangt, sorgt man für mich, wie Sie sehen,« sagte Frau de Gernande. – »Ich weiß, Madame, daß der Graf wünscht, Sie mögen sich nichts abgehen lassen.« – »Gewiß; doch da die Gründe dieser Aufmerksamkeiten nur in seiner Grausamkeit gelegen sind, rühren sie mich wenig.«

Madame de Gernande, erschöpft und von der Natur lebhaft zur Erneuerung des Verlorenen angeregt, aß viel; sie verlangte rote Rebhühner und eine junge Ente, die ihr sofort gebracht wurden. Nach dem Mahle begab sie sich auf die Terrasse, Luft zu schöpfen, wobei sie sich auf Justine stützte; ohne diese Hilfe hätte sie keinen Schritt machen können. Jetzt zeigte sie alle ihre Körperteile ihrer neuen Gefährtin. Diese war bestürzt über die erstaunliche Menge von Narben, mit denen diese arme Frau bedeckt war. »Er beschränkt sich nicht auf meine Anne, wie Sie sehen,« sagte Frau de Gernande, »es gibt keinen Teil meiner unglücklichen Person, aus dem er nicht zu seinem Vergnügen Blut fließen ließe.« Und sie bewies es ihr, indem sie ihre Füße, den Bauch, die Brüste, Hinterbacken, ja selbst die Schamlippen zeigte. »Vielleicht,« sagte die interessante Frau, »würde ich weniger leiden, wenn er nicht die abscheuliche Idee hätte, zu dieser Operation die Zeit unmittelbar nach der Mahlzeit zu wählen. Diese doppelte Grausamkeit verdirbt mir den Magen, ich kann nicht mehr verdauen.« – »Nun, Madame, könnten Sie sich denn nicht am selben Tage des Essens enthalten?« – »Ich bin nicht benachrichtigt, er überrascht mich; ich weiß nur, daß er[307] nach Zwischenpausen von drei bis vier Tagen kommt, aber nie kann ich den Augenblick bestimmt erraten; nie würde er den Moment wählen, da ich vorbereitet bin.«

Indessen vergeudeten Gernandes Freunde nicht ihre Zeit; die zwölf Lustknaben, die eben in Gebrauch standen (man brachte sie stets in dieser Zahl alle drei Monate), waren bereits so oft bearbeitet worden, daß man ihrer überdrüssig zu werden anfing.

»Das wird nach dem Diner stattfinden,« sagte Gernande, »bereiten wir uns durch ein recht wollusterregendes Mahl zu diesem großen Werke vor. Justine und Dorothéa werden nackt dinieren, sechs meiner kleinen Liebesgötter werden in demselben Zustand zwischen ihnen sitzen, die sechs anderen werden als Priesterinnen der Diana gekleidet, uns bedienen; ich verspreche ihnen das beste Diner, das sie je bei mir genossen haben.«

Es wäre tatsächlich schwer gefallen, sich ein reicheres und erleseneres, ein lukullischeres Mahl zu denken; die vier Weltteile schienen zu wetteifern, die Tafel dieser Lüstlinge mit ihren Schätzen zu versehen; es fanden sich zugleich die Weine aller Länder und die Speisen aller Jahreszeiten vor. Dieses eine Diner kostete zweifellos mehr als die Ernährung von zehn oder zwölf unglücklichen Familien während eines Monats.

»Nach den Genüssen der Wollust«, meinte Gernande, »gibt es nichts Göttlicheres als die der Tafel.« »Sie stützen sich beide gegenseitig derart« sagte Bressac, »daß es ausgeschlossen ist, daß die Anhänger der ersteren nicht auch die letzteren verehrten.« »Es ist nichts so köstlich als der Feinschmeckerei zu fröhnen,« antwortete Gernande; »nichts kitzelt so wollüstig meinen Magen und meinen Geist; diese schmackhaften Speisen bereiten das Gehirn so gut auf die Eindrücke der Wollust vor, daß es, wie mein Neffe sagt, kaum einen richtigen Wüstling gibt, der nicht die Tafel hochschätzt. Ich gestehe, daß es häufig mein Wunsch war, die Ausschweifungen des Apscius, dieses berühmten römischen Gourmands, nachzuahmen, der lebende Sclaven in seine Fischteiche werfen lies, damit das Fleisch seiner Fische delikater werde. Grausam in meiner Wollust, wäre ich es ebenso bei diesen Ausschweifungen, und ich möchte tausend Individuen opfern, wenn dadurch eine Speise appetitlicher und erlesener würde. Ich staune nicht, daß die Römer einen Gott der Feinschmeckerei ersonnen haben. Mögen stets die Völker leben, die ihre Leidenschaften derart vergöttlichen. Welcher Unterschied zwischen den dummen Anhängern Jesu und denen Jupiters! Die ersteren sind absurd genug, eine Handlung, die die anderen hoch einschätzen, zum Verbrechen zu stempeln.« »Es heißt,« sagte [308] D'Esterval, »daß Cleopatra, eine der größten Feinschmeckerinnen des Altertums, die Gewohnheit besaß, vor Tische sich wiederholt klystieren zu lassen.« »Auch Nero tat desgleichen,« sagte Gernande, »ich führe es ab und zu an mir aus und befinde mich dabei gut.« »Ich lasse mich anstatt dessen sodomieren,« meinte Bressac, »der physische Effekt ist fast der gleiche, während die Psyche unvergleichlich mehr ergötzt wird, nie nehme ich ein Mahl ein, ohne mich ein dutzendmal bearbeiten zu lassen.« »Was mich betrifft,« sagte Gernande, so gebrauche ich einige Gewürze, namentlich Senf; man bereitet mir daraus ein so stark abführendes Getränk, daß ich, wenn ich es ausgetrunken habe, rasend hungrig werde. Da es ganz selbstverständlich ist, daß man zu den Freuden der Wollust sich anregt, warum sollte man sich denen der Feinschmeckerei gegenüber anders verhalten? O, ich gestehe – fuhr das Ungeheuer, die köstlichen Speisen verschlingend, fort – »die Unmäßigkeit ist meine Gottheit; ihr Bild stelle ich in meinem Tempel neben dem der Venus auf; nur zu beider Füßen könnte ich mein Glück finden.« »Das, was ich darüber oft gedacht habe, wird ihnen recht böse scheinen,« sagte Dorothéa, »aber gestatten sie, daß ich alles sage. Ich gestehe, daß es einer meiner größten Genüsse wäre, vor meinen Augen von Hunger abgezehrte Unglückliche zu haben, während ich mich übersättige.« »Das begreife ich,« antwortete Bressac, »nur müßte der Mensch, der der erwähnten Passion huldigt, mächtig und angesehen genug sein, um durch seine Feinschmeckerei seine ganze Umgebung zu entkräften; seine Untergebenen müßten infolge seines unmäßigen Verbrauches Hungers sterben.« »Ja, ja,« erwiderte Dorothéa, »so habe ich es gemeint; man hat keine Vorstellung, was ich alles bei einem solchen Mahle verschlingen könnte.« »Jawohl,« sagte Gernande, »ich glaube, daß Tiberius von solchem Blutmahle geschwärmt hat.« »Was mich betrifft,« meinte d'Esterval, »so liebe ich Nero außerordentlich, der nach Tisch fragte: was das eigentlich sei, ein Armer?« 25 »Wenn es – worüber kein Zweifel besteht – wahr ist,« meinte Bressac, »daß die Unmäßigkeit die Mutter aller Laster und der Lasterpfuhl das verdiente Paradies ist, müssen wir alles thun, um die Unmäßigkeit in uns zu steigern. Und wie frischgestärkt machen wir uns tatsächlich an die wollüstigen Handlungen, wenn wir uns nach einem unmäßigen Mahle daran machen! Wie erregt sind dann unsere Lebensgeister! Eine ungewohnte Hitze scheint unsere Adern zu durchströmen, die Begierde nach den Objekten unserer Wollust [309] wird so stark, daß man ihr nicht widerstehen kann. Vergleichen Sie Ihre Kräfte, Sie werden kaum einen Verlust wahrnehmen. Es ist so viel aufgespeichert, daß man eine Unzahl von Anläufen machen kann, die man sonst nicht wagen würde; alles verschönt und schmückt sich; die Illusion bedeckt alles mit ihrem goldenen Schleier, so daß Sie Dinge unternehmen, die im nüchternen Zustande Ihnen Schauder erwecken würden. O wollustvolle Unmäßigkeit! Ich schätze dich als die Neuschöpferin der Genüsse; nur mit dir kostet man sie so recht; durch dich verlieren sie Ihre Stacheln, du allein ebnest den Weg, der zu ihnen führt; du allein befreist sie von den dummen Gewissensbißen; du allein verstehst es, diese kalte und monotone Vernunft in Taumel zu versetzen; ohne dich würde sie alle unsere Leidenschaften vernichten.«

»Lieber Neffe,« sagte Gernande, »wärest du nicht viel reicher als ich, würde ich dir für den Lobeshymnus auf eine meiner süßesten Passionen zweitausend Louis schenken.« »Ich reicher als Sie?« »Gewiß! Du hast über eine Million zweihunderttausend Livres Rente, während ich Armer blos über achthunderttausend verfüge. Ich gestehe, daß es mir unbegreiflich ist, wie man von weniger als einer Million jährlich leben kann.« »Mein Herr,« warf D'Esterval ein, »ich habe sie nicht und doch lebe ich.« »Nun gut, doch haben Sie sich eine anspruchslose Lebensart zu eigen gemacht, andererseits muß Ihr Beruf Ihr Vermögen täglich vergrößern. Ich kenne nichts Köstlicheres, als die Laufbahn die Sie eingeschlagen haben, wäre ich jung, würde ich sicherlich die gleiche betreten. Ich wette, daß Sie aus ihr, sowie aus Ihrem Erbe, mindestens fünf- bis sechshunderttausend Livres Rente herausschlagen.« »So ungefähr.« »Sie sehen also, daß wir alle reich sind, und daß unsere Denkweise, unser Geschmack und unsere Interessen sich durchaus ähnlich sein dürften.« »Ach!« meinte D'Esterval, »ich habe das Unglück, unersättlich zu sein; noch mehr aus Habsucht als aus Wollust betreibe ich mein Handwerk.« »Sie könnten es gewiß an den Nagel hängen.« »Ich könnte ohne diese köstliche Gewohnheit nicht existieren. Ich freue mich über die tägliche Zunahme meines Vermögens und schwelge in dem Gedanken es auf Kosten dessen andere zu vermehren. Ich töte auf Grund meiner ausschweifenden Wünsche wegen meiner grausamen Begierden, doch stehle ich nur aus Habgier, selbst bei einem Einkommen von Millionen glaube ich, würde ich noch immer stehlen«. »Ich begreife das,« sagte Gernande, »mir ist wie kaum einem, die Sucht eigen zu nehmen und für mich zu behalten. Selbst wenn ich in Gold schwimmen könnte, würde ich keinen Sou auf Almosen ausgeben und würde ich außer [310] für meine Genüsse für nichts Geld übrig haben. Sie kennen meinen Besitz und meine Auslagen, nun, betrachten Sie mein Gewand, ich trage es schon seit zwanzig Jahren; ich hoffe es bis zum Tode beizubehalten.« »So wollen Sie also teurer Onkel,« sagte Bressac, »mit vollem Rechte den Namen eines Wucherers tragen?« »Ja, aber wenn deine Mutter, wenn auch aus anderen Gründen, nicht ebenso geizig gewesen wäre wie ich, wärst du heute reich?« »Sprechen Sie mit ihm nicht über diesen Punkt,« warf D'Esterval ein, »sonst wird er erröten.« »Er täte beim Himmel sehr Unrecht daran,« sagte Gernande, »er hat nur die einfachste Sache der Welt getan, indem er seine Mutter tötete. Man will rasch zum Genießen kommen, nichts natürlicher als das. Uebrigens war sie eine zänkische, frömmelnde und herrschsüchtige Person, daher verabscheute er sie, was leicht begreiflich ist. Nehmen Sie an, er beerbt mich, nun gut, ich wette, daß er auf meinen Tod nicht ungeduldig wartet, wir haben den gleichen Geschmack, die gleiche Denkweise, er ist sicher in mir einen Freund zu finden. Solche Erwägungen sind genug sichere Bande für den Menschen, die sie nicht zu zerreißen suchen.«

»Sie haben Recht mein Onkel, wir werden vielleicht viele Verbrechen gemeinsam begehen, doch nie werden wir uns Schaden antun. Dennoch habe ich einen Augenblick bemerkt, daß mein Vetter diese Erwägung wenig respektierte, er hat mich dem Tode geweiht.« »Ja,« meinte D'Esterval, »als Verwandter, nicht als Genosse der Ausschweifungen, sowie ich erfuhr, wessen Sie fähig seien, haben wir uns nur geliebt und eng verbunden.« »Gut, aber Sie werden zugeben, daß Frau D'Esterval mir erst nach vieler Mühe das Leben schenkte.« »Machen Sie mir keinen Vorwurf,« antwortete Dorothéa, »mein Urteil ist für Sie ein Lob.

Meine schreckliche Gewohnheit, die Menschen die mir gefallen zu opfern, kennzeichnet Ihre Verurteilung als eine Liebeserklärung meinerseits, weniger hübsch, wären Sie entwischt.« »Sicherlich, Kousine,« sagte Gernande lachend, »wünschen Sie, scheint mir, nicht, daß man große Lust habe, Ihnen zu gefallen.« »Meine Herren, ich bin ebenso egoistisch wie Sie, wenn man nur meine Triebe befriedigt, so tun Liebe und Eitelkeit nichts zur Sache.« »Sie hat Recht,« sagte Gernande, »so müßten alle Weiber denken; wären sie alle meiner Kousine ähnlich, ich glaube, ich könnte mich in das Geschlecht finden.« »Es ist also ein eingewurzelter Haß,« fragte D'Esterval. »Ich verabscheue sie, ich würde sie ganz vertilgen, wenn mir der Himmel einen Augenblick seinen Blitzstrahl zur Verfügung stellte.« »Ich begreife nicht,« sagte Bressac, seine Zunge in Justinens Mund steckend, »wie man so kleine, süße, interessante [311] Dinger verabscheuen kann.« »Ich begreife es wohl,« sagte D'Esterval, in den Mund eines Lustknaben rülpsend, »ich verstehe sehr wohl, daß man diesen hübschen Wesen den Vorzug gibt.« »Teufel, du bist ja in Erektion,« sagte Dorothéa, »ich bemerkte es, nun also, geniere dich nicht, bearbeite diesen hübschen Knaben, ich lasse es gerne zu, wenn mich auch dieser nur bearbeitet,« fuhr sie fort, indem sie ihre Hinterbacken dem neben ihr stehenden Knaben zuwandte. »Sapperlot!« rief da Gernande, »ihr seid ja ganz besessen von den sieben oder acht Flaschen Wein, die jeder getrunken hat.«

»O ja, ich bin besoffen,« sagte Bressac und kniff die Brüste Justinens, bis sie aufschrie. »Aber, teuer Onkel, ich habe unerhörte Sehnsucht nach dem Aderlaß, den Sie an Ihrer Frau ausführen wollen. Werden Sie mir erlauben, Sie während dieser Zeit von hinten zu bearbeiten.« »Gerne. Aber erbricht da nicht Dorothéa.« »Ich bin betrunken.« »Nun gut, lasse dich ficken, du Hure,« sagte ihr Gatte und forzte gewaltig, »das ernüchtert.« »Wahrlich, Onkel,« sagte Bressac, »wir nehmen uns bei Ihnen viel Freiheiten heraus.« »Genieren Sie sich nicht, meine Freunde, ich liebe das alles, wenn man voll ist, muß man forzen, scheißen, erbrechen, man muß seinen Samen ergießen, das alles erleichtert, Bressac, stütze doch Dorothéa, siehst du denn nicht, daß das Glied dieses Knaben, der sie von hinten bearbeitet, sie umwerfen wird.« »Wo zum Teufel soll ich sie fassen,« fragte Bressac, »die Hure ist vorne von ihrem Erbrechen beschmutzt und schwimmt hinten in ihrem Kot, den sie gerade von sich gibt.« »Ein Lustknabe soll das reinigen,« befahl Gernande, »helfen Sie ihm, Justine. D'Esterval fragen Sie Ihre Frau, ob sie zu Bette gehen will.« »In's Bett? Himmel noch einmal,« antwortet Dorothéa, »nein, nein, ich will ficken, ich bin schon in Ordnung; nichts ist mehr im Magen, ich kann wieder von vorne anfangen.«

»Geben Sie mir Ihre Frau, Onkel, ich beschwöre Sie,« sagte Bressac, »Justine soll sie benachrichtigen.« Es geschieht, während die Scheusale sich nur mühsam aufrechterhalten und ihre Kräfte erproben, um an andere Ruchlosigkeiten zu schreiten.

»Es ist unnötig«, die Aufregung der unglücklichen Gattin zu schildern, als sie erfuhr, daß ihr Quälgeist, von ebenso wüsten und grausamen Gesellen wie er geleitet, herbeikam, um ihr die schauerlichen Visiten abzustatten. Sie erhob sich vom Tische. »Liebes Fräulein,« fragte sie Justine, »sind Sie recht trunken, recht erhitzt, recht fürchterlich?« – »Jawohl, Madame, sie sind ohne Besinnung.« – »Großer Gott! ich werde Grausamkeiten erdulden. Nicht wahr, Fräulein, Sie lassen mich während dieser furchtbaren [312] Szene nicht allein, Sie bleiben doch bei mir?« – »Gewiß, wenn man es mir erlaubt.« – »O ja, wer sind denn diese Leute?« »Der eine von ihnen ist, wie Sie sagten, der Neffe des Grafen, der Marquis de Bressac? ...« »O, das ist ein Scheusal, ich kenne seinen Ruf; er hat, wie es heißt, seine Mutter vergiftet. Und Herr de Gernande empfängt in seinem Hause den Mörder seiner Schwester! Welche Ruchlosigkeit, großer Gott! Der andere, sagen Sie, ist ein Berufsmörder?« – »Ja, Madame, ein Vetter des Herrn de Gernande, der seiner Ausschweifungen wegen eine Herberge hält, um darin alle dort weilenden zu bestehlen und umzubringen.« – »Ach! was für Leute! ... was für Leute! Solche Frevlern will mich mein Gatte preisgeben! Wer ist aber die Frau, die Sie mit sich tragen?« – »Die Gattin des Wirtes, ebenso frevlerisch und entartet wie die anderen.« – »Ach, Fräulein, es ist also möglich, daß die Sanftmut und Anmut unseres Geschlechtes sich zu all der Entartung der Männer gesellen!« – »Wissen Sie denn nicht, Madame, daß eine Frau, die auf die Schamhaftigkeit und Zurückhaltung, die unserem Geschlechte eigen ist, verzichtet hat, schneller noch und unaufhaltsamer als die Männer die Bahn des Lasters und der Unmäßigkeit einschlägt?« – »Und Sie glauben, Fräulein, daß Herr de Gernande mich auch zum Spielball der scheußlichen Lüste dieses abscheulichen Geschöpfes wird werden lassen?« – »Zweifellos!« – Kaum hatte Justine ihre Antwort gegeben, da ließ sich die Gesellschaft vernehmen. Unmäßiges Gelächter, entsetzliche Flüche, eine Flut von Gotteslästerungen kündigten ihre Ankunft der Frau de Gernande an, der einige Tränen in die Augen traten; dennoch bereitete sie sich unterwürfig vor.

Die Sippschaft bestand aus dem Gatten, Herrn und Frau d'Esterval, Bressac, sechs der hübschesten Lustknaben und den zwei alten Aufseherinnen; dazu kam noch unsere unglückselige Justine, die ganz bestürzt über die Vorbereitungen zu den Ruchlosigkeiten gleichfalls mißhandelt zu werden fürchtete; überzeugt, ihrer Herrin von keinem Nutzen sein zu können, wünschte sie sich innerlich hundert Meilen weg von hier.

Alle Zeremonien, die wir eingehend schildern wollen, wurden regelmäßig bei jeder Visite des grausamen Gatten eingehalten. Aenderungen wurden nur in Kleinigkeiten getroffen, je nach der größeren oder geringeren Zahl der vom Grafen zugelassenen Leute.

Die Gräfin, nur in ein Hemd aus Gaze gehüllt, kniete nieder sowie der Graf eintrat; in diesem Zustande der Demütigung wurde sie von den Frevlern einer Betrachtung unterzogen. »Wahrlich, lieber Onkel,« sagte [313] Bressac, schwankend, »Sie haben da ein prächtiges Geschöpf zur Frau.« Dann stammelte er: »Erlauben Sie mir, teure Tante, Sie zu begrüßen? ... Ich bin wirklich betrübt, Sie in so kläglichem Zustand zu sehen; mein lieber Onkel muß wirklich Grund zur Klage haben, daß er Sie derart quält; denn er ist wirklich ein gerechter Mensch.« – »Madame muß böses Unrecht ihrem Gatten antun,« sagte Frau d'Esterval, »die von einem heftigen Schlucken geplagt wurde; es wäre sonst unmöglich, daß ein so menschlicher, so liebenswürdiger und sanfter Mann dergleichen Dinge von einer Dame verlangte, wenn sie ihm nicht Grund zur Klage gäbe.« – »O nein, ich sehe, um was es sich handelt,« sagte d'Esterval; »das ist ein Akt der Anbetung von Seiten der Gräfin; es ist eine Huldigung, die sie ihrem Gatten erweist.« – »Meine Freunde,« sagte Gernande, »Sie werden es für gut befinden, daß sie diese Huldigung Ihrem Hintern darbringt, und ich bitte Sie alle drei, ihr den Gott darzubieten, damit er den Weihrauch empfange.« – »Ah! beim Himmel, mein Onkel hat Recht,« sagte Bressac, sogleich die Hosen herablassend und bereitwilligst seinen Arsch enthüllend, »ja, ja, ich sehe wohl, es ist mein Hinterer, den meine teure Tante anbeten will, daher weise ich ihn ihr mit großem Vergnügen.« – »Vorwärts also, alle Aersche heraus!« befahl Gernande. »Momentan umgeben die Hintern der beiden anderen Mitglieder der Sippschaft, der Justinens, der Lustknaben und selbst der der Alten derart die arme Gräfin, daß sie von dieser Ueberfülle von Gesäßen, die ihr fast das Gesicht streifen, beinahe erdrückt wird.« – »Ein bißchen Ordnung,« sagte Bressac, »sonst werden wir Madame ersticken; ein jeder soll – einer nach dem anderen – sich diesen Körperteil, der derart die Lüste anregte, von ihr küssen lassen; ich will mit dem Beispiel vorangehen.« Ein wenig Kot begleitet die Handlung, die so angenehm erscheint, daß jedermann – Justine ausgenommen – sie sofort nachahmt. – »Wohlan, Madame,« sagt schließlich Gernande, »sind Sie bereit?« – »Zu allem mein Herr,« antwortet die Gräfin unterwürfig; »Sie wissen wohl, daß ich Ihr Opfer bin.« Gernande befiehlt dann Justine, ihre Herrin zu entkleiden, und mag sie noch solchen Wiederwillen empfinden, es bleibt ihr nichts übrig, als sich zu fügen. Die Unglückliche gab sich, ach, erst dann her, wenn sie nicht anders konnte, doch nie gutwillig; sie zieht ihrer Herrin das Hemd aus und enthüllt sie nackt vor den Augen der schamlosen Sippschaft. – »Ein prächtiges Weib, auf Ehre,« sagt d'Esterval, den dieser Anblick gewaltig reizt. – »Nun also,« meint Gernande, »bearbeite sie, mein Freund, da du sie für schön findest; ich gebe sie dir preis. Verzeihung, Neffe, wenn ich sie nicht zuerst dir überlasse; aber ich [314] kenne deinen Geschmack ... dir bleibt ihr Arsch vorbehalten; wenn es dich darnach gelüstet, dann nehmt sie in die Mitte.« – »Die Verwandtschaft wird bei mir Wunder bewirken; und obgleich der Hintere eines Weibes mich ebensowenig reizt wie ihre Scham, so will ich, wenn d'Esterval es erlaubt, zusammen mit ihm den entgegengesetzten Pfad wie er betreten; leiten Sie unsere Aufstellung, mein Oheim.« – »Gerne,« sagt Gernande, »nichts macht mir mehr Vergnügen, als an meiner eigenen Schande mitzuarbeiten.« Er bemächtigt sich mit diesen Worten des Gliedes d'Estervals und steckt es in die Scham seiner Frau, die er auf jenen stützt. Dadurch gelangen die herrlichsten Hinterbacken in Bressacs Bereich, der, ebenfalls von Gernande eingeführt, bald jedes Hindernis überwunden hat. Der alte Wüstling setzt sich auf einen gegenüberstehenden Fauteuil, während die sechs Lustknaben ihn umgeben; je einen reibt er mit jeder Hand; zwei stehen neben seiner Nase, so daß er sie abwechselnd lecken kann, während die letzten zwei sich im Lecken seines Gliedes ablösen. »Sokratisieren Sie meinen Neffen,« sagt er zu den alten Weibern; »die Kerle lieben es, wenn man ihren Hintern liebkost, während sie ficken.« – »Ja, ja,« sagte Bressac, sich fest an seine Tante klammernd, die er wuchtig sodomisiert, »dieser Akt ist notwendig, mein Oheim hat Recht, das zu verlangen, aber ich will mit Justine dergleichen tun.« – »Nichts leichter als das,« sagt Gernande, »sie soll sich sogleich ausziehen.« Da heißt es gehorchen; unsere Heldin ist gezwungen, ihre Hinterbacken den geilen Fingern Bressacs preiszugeben, der alle fünf zu einer voluminösen Masse formt und damit den Hintern des armen Mädchens grausam quält. Nur Dorothéa bleibt ohne Arbeit; das Weibsbild reibt sich angesichts des Vergnügens der Anderen. – »Madame,« sagte ihr Gernande, »legen Sie sich unter meine Frau; sie wird Sie reiben; ich will Ihnen einen Lustknaben überlassen, der Sie lecken soll, während Ihr Kitzler von meiner Frau und Ihr Arschloch von Justine lebhaft gerieben wird. Jetzt scheint die Gruppe ziemlich gut formiert zu sein; arbeiten wir jetzt zusammen. Sprechen Sie doch wenigstens von meiner Frau, meine Herren; da lohnt es sich nicht, sie Ihnen zu überlassen, wenn Sie mir nicht einmal Ihre Meinung über sie sagen.« – »Schau einmal, mein Freund,« sagte d'Esterval, indem er seinen Samen in ihre Scham ergoß: »das ist das beste Lob, das ich ihr spenden kann; eine Frau muß mich sehr reizen, um so viel Samen, ohne jeden grausamen Akt von mir, zu erhalten. Teufel! was für einen Genuß habe ich empfunden! Bressacs Glied, das ihren Mastdarm befahren hat, hat ihre Scheide so verengert! o köstlich!« – »Herrgott, [315] ich entlade gleichfalls ... ich halte es nicht mehr aus,« rief Dorothéa. »Aber sagten Sie nicht, Sie würden sie zur Ader lassen? mein Sekret wäre viel besser geronnen, wenn ich ihr Blut hätte fließen sehen.« – »Meiner Treu,« sagte Bressac, sein Glied aus dem After der Gräfin ziehend, »ich will mein Sperma für den Aderlaß sparen; ein wenig anspruchsvoller wie Sie, habe ich im After meiner Tante nicht alles gefunden, was ich darin zu finden glaubte; man verlangt viel von seinen Verwandten. Ich bitte dich, Gernande, gehe doch an diese süße Operation; mein Kopf kann sich nur dann begeistern; ich will nur sie sehen.« Damit konnte sich Bressac nicht enthalten, all den Abscheu au den Tag zu legen, denn er gegenüber einem Akte hegte, der so wenig zu seinen Grundsätzen paßte. Er betrachtete voll Verachtung den Arsch, denn er eben bearbeitet hatte, näherte sich einen Lustknaben, wie um sich rein zu waschen, und sagte: »Nun denn, mein Oheim, wollen wir an den Aderlaß schreiten?«

Gernande, der höchst erregt war, begann seiner Frau wüthende Blicke zuzuwerfen. »Ja, ja, wir werden sie zur Ader lassen, die Hure; fürchten Sie nicht, daß ich sie schonen werde. Vorwärts Madame« – damit wandte er sich seinem Opfer zu – »tun Sie ihre Pflicht.« Madame de Gernande stellt sich, von Justine unterstützt, auf den Fauteuil des Grafen und reicht ihm die Hinterbacken zum Kusse. »Spreize doch die Füße, Metze,« sagt der Graf voll Brutalität. Er huldigt lange dem ersehnten Gegenstande, den er in verschiedene Stellungen bringt; bald schiebt er die Hinterbacken auseinander, bald zusammen, bald kitzelt er mit seiner Zunge die Mündung, aus der Bressac sein Glied gezogen hat. Sodann quetscht er, von seinem wilden Treiben hingerissen, ein Stück ihrer Haut und verwundet es, um dann daraus das Blut zu saugen. Während dieses vorbereitenden Aktes schaut Bressac aufmerksam zu und läßt sich von einem Lustknaben reiben; D'Esterval tätschelt seine Frau; die fünf anderen Lustknaben umringen den Grafen, lecken ihn oder lassen sich von ihm lecken.

Sodann streckt er sich auf einem Kanapée aus und verlangt seine Frau solle, rittlings auf ihm sitzend, fortwährend ihren Hintern auf sein Gesicht drücken, wobei er sie leckte, während er die ihn gleichfalls leckenden Lustknaben rechts und links wichste. Justinens Hände arbeiteten indessen auf seinem Hintern und rieben ihm kräftig.

Diese Haltung, die er fast eine Viertelstunde beibehielt, hatte noch keinen Erfolg erzielt; er mußte sie ändern. Die Alten streckten die Frau auf einer Chaiselongue aus, wobei sie auf dem Rücken liegend, ihre Schenkel möglichst weit auseinanderspreitzen mußte. Der Anblick dieser Scham [316] versetzte Gernande in eine Art Raserei; er betrachtete sie zitternd vor Wut, seine Augen sprühten Feuer, er stieß Gotteslästerungen aus, bemächtigte sich der Lanzetten, stürzte sich wie ein Tobender auf sein Opfer und stach sie an sieben bis acht verschiedenen Stellen des Bauches und der Brust, während ein Lustknabe in beständig saugen muß. Bressac und D'Esterval, von dieser wollüstigen Handlung entflammt, bearbeiteten je einen Knaben. Doch waren die von Gernande erzeugten Wunden sehr leicht; er ladet Dorothéa ein die klaffende Scheide seiner Frau zu lecken, was sie auch tut, dann bringt er den schönen Arsch der Frau D'Esterval in seinen Bereich, um an ihm die gleiche Prozedur wie an der Gräfin vorzunehmen. »Genieren sie sich nicht,« sagte D'Esterval, da er wahrnahm, daß jener zart vorging, »stechen sie nur zu, es liegt nichts Unrechtes darin, den Hintern der Frauen bluten zu lassen, dann führen sie sich wenigstens besser auf.«

Gernande bemächtigte sich sodann Justinens, legte sie auf Dorothéa's Kreuz und behandelte sie ebenso wie jene. Indeß wird er beständig geleckt, ab und zu jedoch befiehlt er den Lustknaben, sich gegenseitig zu saugen, er stellt sie derart auf, daß einer ihn leckt, während er einem anderen desgleichen tut, der seinerseits wieder einen dritten leckt. Der Graf erhielt zweimal Samen in den Mund, gab aber selbst keinen ab; seine Uebersättigung oder seine Impotenz waren derart, daß selbst die stärksten Bemühungen ihn nicht aus seiner Schlaffheit zu reißen vermochten; er schien zwar einen sehr heftigen Kitzel zu verspüren, doch ohne daß sich das am Gliede geoffenbart hätte. Ab und zu befahl er Justinen die Lustknaben zu lecken und den Samen, den jene in sie ergossen, wieder in seinen Mund abzugeben.

Die ganze Gruppe gerät in Unordnung, nur die Gräfin bleibt auf ihrem Kanapée ausgespreizt. Nun bittet Gernande alle Zuschauer, ihm behilflich zu sein. »Um was handelt es sich denn?« fragt Bressac. »Hier ist eine Frau, die ich Ihnen preisgebe, meine Freunde,« sagt Gernande; »ich beschwöre euch, sie zu beschimpfen, zu belästigen und auf jede mögliche Weise zu quälen, je mehr ihr sie mißhandelt, desto mehr werdet ihr meine Leidenschaften erregen.« Der Gedanke findet begeisterte Aufnahme und wird energisch in Tat umgesetzt. Die Alten, die Lustknaben, Dorothéa, D'Esterval und namentlich Bressac beschimpfen die Gräfin mit solcher Frechheit, behandeln sie so schonungslos, begegnen ihr so grausam, daß ihre Tränen in Strömen fließen. Der eine spuckt ihr ins Gesicht, der andere ohrfeigt sie, der giebt ihr Nasenstüber, jener farzt ihr in den Mund, wieder ein anderer versetzt ihr Fußtritte in den Hintern. Kurz, man kann sich gar nicht vorstellen, welchem Laster und Mißhandlungen [317] die Unglückliche während mehr als zwei Stunden ausgesetzt ist, da ergreift D'Esterval das Verlangen, sie von hinten zu bearbeiten. Man bringt sie in die entsprechende Stellung, sie muß ihren Mann lecken, Dorothéa bearbeitet sie von unten, Bressac bearbeitet seinen Oheim von hinten, gleichzeitig Justinens Hinterbacken küssend. Die Lustknaben umringen die Gruppe, wobei sie ihre Glieder von den einen, ihre prächtigen Hintern von den anderen küssen lassen. Gernande von seiner Gattin geleckt, unterhielt sich damit, daß er sie ohrfeigte. Beständig den Grausamkeiten dieses schrecklichen Menschen ausgesetzt, hätte man glauben können, daß die Ehre, ihm anzugehören die Pflicht in sich trage, sein Opfer zu sein. Die Gruppenbildung wird einer weiteren Aenderung unterzogen. Gernande stellt alle zur Rechten und zur Linken seiner Frau derart auf, daß hier ein männlicher, dort ein weiblicher Hinterer steht. Aus einiger Entfernung beobachtet er aufmerksam, einen Augenblick später nähert er sich, betastet, vergleicht und liebkost. Er mißhandelte keine Person, doch als er zu seiner Gemalin kam, da tat er nichts als pracken, kneifen und beißen, den armen Hinteren nur zu betrachten, wäre schauerlich gewesen. Endlich wünscht er, daß alle Männer die Gräfin sodomieren; er bemächtigt sich eines Gliedes nach dem andern und stößt diese in die Mündung des ehelichen Mastdarmes hinein, wobei er sich von Justine lecken läßt. Jedermann erhält von ihm die Erlaubnis einige Zeit lang den Hintern seiner Frau zu bearbeiten, doch muß der Samenerguß in seinen Mund hinein stattfinden. Während der eine arbeitet, läßt er sich von dem andern lecken, seine Zunge steckt er in das Arschloch des Fickenden hinein, dieser Akt dauert lange, der Graf wird erregt, er erhebt sich und verlangt Justine solle die Stelle seiner Gattin einnehmen. Unser tugendhaftes Mädchen bittet ihn kniefällig, von ihr nicht solchen Gräuel zu verlangen; aber die Wünsche eines solchen Mannes sind göttliche Gesetze! Er legt daher die Gräfin rücklings auf das Kanapée und wirft Justine auf jene derart, daß ihr hochgelagertes Kreuz ihm zugewendet ist, er bemächtigt sich nochmals aller Glieder, steckt sie nacheinander in den Hintern der armen Justine und zwingt sie die Gräfin zu reiben und ihr den Mund zu küssen.

Was ihn betrifft, so bieten sich ihm die Hintern der Fickenden dar, die er eifrig küßt, im Uebrigen läßt er mit sich ebenso verfahren, wie vorhin. Der Lüstling will alle Gliede saugen, die unsere Heldin von hinten bearbeitet haben. Nachdem alle ihre Arbeit vollbracht haben, macht sich der Graf nun seinerseits zum Angriff bereit. »Ueberflüssige Mühe,« schreit er, »nicht das brauche ich! An's Werk, an's Werk! Vorwärts, Hure, deine Arme!« Jetzt [318] zieht sich jeder zurück und erwartet ehrfurchtsvoll schweigend das Ende des Vorganges. Bressac und D'Esterval, von Lustknaben gerieben, richten ihre lüsternen Augen auf den Grafen. Dieser packte wild sein Weib und läßt sie auf einen Schemel niederknien, während er ihre Arme vermittelst breiter, schwarzer Bänder an der Decke befestigen läßt. Justine wird beauftragt die Binden anzulegen, er prüft diese und da er sie nicht genug fest geschnürt findet, zieht er sie mit aller Kraft zusammen, um, wie er sagte, das Blut heftiger hervorquellen zu lassen. Dann senkt er die auf diese Weise komprimierten Arme, worauf er zunächst die Adern saugt, um sie dann beide fast gleichzeitig aufzustechen, Das Blut quillt hervor, Gernande gerät in einen Taumel.

Er stellt sich, während der Lebenssaft herausspringt, der Gräfin gegenüber auf, wobei er sich von Justine lecken läßt, er seinerseits tut hindereinander vier Lustknaben desgleichen, ohne indessen den Blick von den Blutstrahlen abzuwenden, die einzig und allein seine Erektion zu bewirken scheinen. Die beeilt sich die mitleidige Justine, von dem gebieterischen Gefühle des Erbarmens hingerissen, so schnell als möglich den Samenerguß ihres Gebieters herbeizuführen, weil sie dadurch die Qualen ihrer Herrin rascher beendigen zu können glaubt und wird so lüstern aus Güte und Tugend. Endlich tritt die erhoffte Entladung ein, aber dank den Bemühungen D'Estervals. Dieser pflichteifrige Verwandte merkt das Bedürfnis Gernandes, bearbeitet zu werden, er richtet den Grafen auf und steckt sein enormes Glied in dessen Hintern, während der von der Szene erregte Bressac seinen Kopf von den Blutstrahlen des Opfers überfluten läßt, einen Lustknaben sodomierte und sich entleerte. Jetzt bricht die ganze Wildheit Gernandes aus; er nähert sich seiner Frau, überhäuft sie mit Schmähungen, legt seine Lippen auf jede der blutenden Stellen, saugt und schlürft mehrere Schlücke Blutes. Dies macht ihn ganz trunken, er ist nicht mehr bei Sinnen, sein Gebrüll gleicht dem eines Stieres, er würde sein Weib erdrosseln, wenn die Alten und Justine ihn nicht zurückhalten, denn seine ruchlosen Freunde, weit entfernt ihn davor zu besänftigen, reizen ihn nur noch mehr. »Lassen Sie ihn,« schreit der elende Bressac, obwohl er bereits ergossen hat. »Hemmen Sie doch nicht seinen Trieb,« ruft Dorothea. »Teufel!« schreit D'Esterval, »was liegt daran, ob er sie tötet oder nicht, höchstens gibt's eine Frau weniger.« Dorothea reibt ihre Hinterbacken enthüllend, die Wurzel seines Gliedes und tätschelt seine Hoden. Endlich entleert er sein Sperma, dessen Hitze und Dichtigkeit, besonders aber dessen Ueberfülle, ihn in einen solchen Zustand der Raserei versetzen; [319] daß man glaubt, er gebe fast den Geist auf. Kaum hätten sieben oder acht Löffeln genügt, um den ergossenen Samen aufzunehmen und der dichteste Brei gäbe nie eine schwache Vorstellung von dessen Konsistenz, bei alledem fand fast gar keine Erektion statt, doch schien er vollständig erschöpft zu sein. Derlei Merkwürdigkeiten zu erklären, wäre Sache der Aerzte.

Justine will zu ihrer Herrin fliegen, denn sie brennt vor Begierde, ihr Blut zu stillen. »Einen Moment, Sakrament,« sagt D'Esterval, indem er sein geiles, steifes Glied aus Gernande's Hinteren, in dem es blos in Errektion geraten ist, herauszieht, »glaubt man denn, daß ich nicht auch mein Sperma ergießen will?« Er betrachtete alle, ohne einen in's Auge zu fassen. Endlich bleibt sein Blick auf der blutüberströmten, unglücklichen Gräfin haften, er wirft sich auf die fast Ohnmächtige und sodomiert sie. »Wohlan!« sagte er nach Verlauf einer kurzen Zeit, sein Glied herausziehend und ausdrückend, »helfen Sie jetzt der Hure so viel Sie wollen; aber ich mußte doch ergießen!«

Man verbindet endlich die Wunden des Opfers, entfesselt sie und legt sie in einem Zustande großer Schwäche auf ein Kanapée. Doch unsere Wüstlinge, insbesonders Gernande, gehen ohne weiters mit ihren Lustknaben weg, ohne sich um den Zustand der Gräfin zu kümmern oder auch nur einen Blick des Erbarmens auf das unglückliche Opfer ihrer Raserei zuzuwerfen, sie überlassen die Sorge für die Arme den Alten und Justine.

Bei einer solchen Gelegenheit kann man die Menschen am besten beurteilen. Ist es ein von der Wildheit seiner Leidenschaften hingerissener Neuling, so malen sich die Gewissensbisse auf seinem Antlitz, wenn er im Zustande der Ruhe die unheilvollen Wirkungen seines Taumels erwägt. Handelt es sich dagegen um einen von entarteten Lastern zerfressenen Lüstling, so werden ihn derlei Folgen nicht erschrecken, er betrachtet sie, ohne Leid oder Reue zu empfinden, vielleicht sogar mit dem Gefühl einer elenden Wollust, die seinen ruchlosen Taumel weckte. 26

Doch unsere Lüstlinge, die eher erregt als erschlafft sind, plaudern von den eben genossenen Freuden und schöpfen bald aus dessen Einzelheiten die nötige Kraft, um neue zu ersehnen. Sie zogen sich, von den Lustknaben begleitet [320] in ein großes Boudoir zurück, jeder suchte, jene küssend und tätschelnd, durch die Reize der Gespräches einige der geilen Gefühle, an denen man sich eben erfreut hatte, wieder zu erwecken. »Wissen Sie, Oheim,« meinte Bressac, »daß Ihre Leidenschaft köstlich ist!« »Ich kenne nichts Anregenderes,« sagte D'Esterval, »als diese Verknüpfung von geilen und grausamen Ideen, nichts erhitzt mich so sehr, kein Vorgang vermag diese Vorstellung feinsinniger zu verknüpfen, als der von Herrn de Gernande angewandte.« »Jawohl,« entgegnete Bressac, »aber ich glaube, ich würde mich nicht auf den Arm beschränken, ich würde überall ein wenig zur Ader lassen.« »Das tue ich ja,« entgegnete Gernande, »die Narben, die meine teure Gattin bedecken, müssen euch wohl den Beweis liefern, daß nur die wenigsten Körperteile meiner Grausamkeit entgangen sind.« »Aber ist es wahr,« fragte D'Esterval, »daß nur Ihre Gattin Sie so heftig in Erregung zu versetzen vermag?« »Es wäre auch bei einer andern Frau der Fall,« antwortete Gernande, »aber zweifellos elektrisiert mich die mehr, als eine andere.« »Das dürfte wohl mit den Anschauungen, die Sie von unserm Geschlechte hegen, zusammenhängen,« meinte Dorothea.

»O, ich bin überzeugt, daß sie von großer Strenge sind,« sagte Bressac, »wenn mein Oheim so freundlich wäre, sie uns auseinanderzusetzen, so würde die ganze Gesellschaft zweifellos mit Vergnügen lauschen.« Gernande willigt ein, da in diesem Moment Justine herbeikam, um ihrem Herrn von dem Zustand der Gräfin Bericht zu erstatten, erlaubt man ihr, dem Vortrage Gernande's beizuwohnen. Er begann also:

»Ihr saget meine Freunde, daß meine Leidenschaften euch eine ziemlich schlechte Meinung von meiner Art von den Frauen zu denken geben und gewiß täuscht ihr euch nicht, wenn ihr überzeugt seid, daß ich sie ebenso verachte wie hasse, aber insbesonders dann, wenn diese Frau durch eheliche Bande an mich geknüpft ist, muß meine Abneigung und mein Widerwille sich verdoppeln. Bevor ich diese Gefühle näher erörtere, muß ich euch zunächst fragen, mit welchem Recht ihr eigentlich behaupten könnt, daß ein Mann verpflichtet sei, für das Glück seiner Frau zu sorgen und dann, woraufhin diese Frau das von ihrem Gatten verlangen kann. Die Nötigung, sich gegenseitig glücklich zu machen, kann zweifellos nur zwischen zwei Wesen bestehen, die gleicherweise die Fähigkeiten besitzen, sich zu schaden, daher also zwischen zwei gleich starken Wesen. Eine solche Verbindung kann nicht stattfinden, ohne daß diese zwei Wesen einen Pakt abschließen, nichts einander zu tun und ihre Kräfte nicht zum Schaden des anderen [321] Teiles zu verwerten, doch könnte diese lächerliche Vereinbarung sicherlich nicht zwischen einem starken und schwachen Wesen bestehen. Mit welchem Rechte verlangt denn dieses Letztere, daß das andere ihn schone? Welche Dummheit sollte das Erstere dazu veranlassen? Ich kann zustimmen, daß ich meine Kräfte nicht gegen den gebrauche, der wegen der seinen zu fürchten ist, aber weßhalb sollte ich es nicht tun gegen das Wesen, das die Natur mir zu eigen gibt? Werden Sie mir erwiedern, aus Mitleid? Dieses Gefühl ist nur bei dem mir ähnlichen Wesen angebracht, da dieses aber egoistisch ist, so wird es nur dann eintreten, wenn das Individuum, das mir Erbarmen einflößt, auch mit mir solches empfinden wird. Aber wenn ich es durch meine Ueberlegenheit stets bezwinge, wird sein Mitleid überflüssig und ich brauche es nie durch irgend ein Opfer zu erkaufen. Wäre ich nicht ein Tor, wenn ich Erbarmen besäße für ein Wesen, dem ich nie solches einflöße? Soll ich den Tod der Hühner beweinen, das man für meine Diners schlachtet?«

Dieses Geschöpf das weit unter mir steht und keine Beziehung zu mir hat, kann in meinem Herzen kein Gefühl erwecken. Nun aber sind die Beziehungen der Gattin zum Manne ähnlich denen, zwischen dem Huhne und mir, beides sind Haustiere, deren man sich nach den von der Natur vorgeschriebenen Plänen bedienen darf, ohne irgend einen Unterschied zwischen ihnen zu machen. Aber ich frage Sie, meine Damen, hätte diese blinde Natur, wenn es ihre Absicht wäre, ihr Geschlecht zu unserem Glücke und umgekehrt zu schaffen, soviel Albernheiten in der Konstruktion beider Geschlechte begangen? Hätte sie beiden so viele Nachteile zuteil werden lassen, daß sich die Abneigung und der Widerwille daraus mit Notwendigkeit ergeben müssen?

Ohne weiters nach Beispielen zu suchen, saget mir Freunde, wo ist die Frau, die ich beglücken könnte? und umgekehrt, welcher Mann vermag den Genuß einer Frau als süß zu empfinden, wenn er nicht gigantisch entwickelt ist, so daß er sie zu befriedigen vermag? Können Sie glauben, daß die geistigen Qualitäten einer Person dieses Geschlechtes uns für ihre körperlichen Gebrechen entschädigen können? Aber welcher vernünftige Mensch, der eine Frau von Grundaus kennt, wird nicht mit Euripides ausrufen: »Der Gott, der die Frauen auf die Welt gesetzt hat, kann sich rühmen, das schlechteste und für den Mann ärgerniserregendste Geschöpf geschaffen zu haben.« Wenn es also bewiesen ist, daß die beiden Geschlechter gar nicht zueinander passen, und daß es keine einzige von dem einen Teil vorgebrachte Klage gibt, die nicht wunderbar [322] auf den anderen Teil paßt, dann ist es doch falsch, daß die Natur sie zu ihrem gegenseitigen Glücke geschaffen habe; sie kann ihnen die Begierde eingeflößt haben, sich zu nähern zum Zwecke der Fortpflanzung, doch nie die, sich mit der Absicht zu verbinden, das Glück ineinander zu finden. Da also der schwächere Teil gar keinen begründeten Anspruch auf das Erbarmen des stärkeren hat, so bleibt ihm nichts übrig, als sich unterzuordnen. Und da trotz aller Schwierigkeiten beide Geschlechter an diesem gegenseitigen Glück arbeiten, so will das schwächere durch diese Unterwürfigkeit die ganze ihm zugängliche Glückmöglichkeit sich verschaffen; das stärkere aber soll an dem seinigen durch alle Arten der Unterdrückung, die ihm passen, arbeiten, da es bewiesen ist, dass das Glück des Starken einzig in der Ausübung der Gewalt, das heißt, in der vollständigsten Unterdrückung des Schwachen besteht. Es werden also die beiden Geschlechter uns dadurch ihr gegenseitiges Glück bedingen, wenn das eine blind gehorcht, während das andere energisch seine Uebermacht zur Geltung bringt. Wäre es nicht die Absicht der Natur, daß das eine Geschlecht das andere beherrsche und tyrannisiere, hätte sie nicht beide mit gleicher Stärke begabt? Hat sie nicht dadurch, daß sie das eine vor dem anderen in jeder Hinsicht bevorzugt hat, hinreichend klargelegt, daß es ihr Wunsch sei, der Stärkere möge von den ihm verliehenen Rechten Gebrauch machen? Je mehr dieser sein Machtbereich ausdehnt, je unglücklicher er die an sein Los geknüpfte Frau macht, desto mehr fördert er die Absichten der Natur. Man darf die Sache nur nicht nach den Klagen des schwächeren Wesens beurteilen; jedes solche Urteil wäre falsch, da Sie es den Ideen des Schwachen entnehmen; man darf die Handlung nur nach der Macht des Starken beurteilen; wenn die Wirkungen dieser Macht sich auf ein Weib erstrecken, dann soll man zuerst prüfen, was ein Weib ist, und wie dieses verächtliche Geschlecht sowohl im Altertume wie in der Neuzeit von drei Viertel der Völker des Erdkreises angesehen wurde.

Was sehe ich also, wenn ich unbefangen an diese Prüfung herantrete? Ein schwächliches Geschöpf, dem Mann stets nachstehend, unvergleichlich weniger sinnreich und klug, im Besitze einer anwidernden Konstitution, die dem, was ihrem Herrn gefallen und ihn erfreuen kann, gänzlich entgegensetzt ist; ein durch ein Viertel seines Lebens ungesundes Wesens, das außer Stande ist, ihren Gatten während der Gebärzeit zu befriedigen; von launischem, zänkischem und herrschsüchtigem Wesen; tyrannisch, wenn man ihr Rechte gibt; niedrig und kriecherisch, wenn man sie im Zaume hält, aber immer falsch, boshaft und gefährlich; [323] kurz ein so entartetes Geschöpf, daß auf den Konzil zu Macon während mehrerer Sitzungen in ernstliche Erwägung gezogen wurde, ob dieses bizarre Individuum, das sich vom Manne ebenso unterscheidet, wie der Waldaffe vom Menschen, einen Anspruch auf die Bezeichnung Mensch habe und ob man sie ihr mit Recht zugestehen kann. Aber wäre das nur das Vorurteil eines Jahrhunderts? wurde die Frau in den vorhergehenden Zeiten mit freundlichen Blicken angesehen? Haben die Perser, Meder, Babylonier, Griechen und Römer dieses verhaßte Geschlecht, das wir heute zu vergöttern wagen, geehrt? Ah! ich sehe es überall unterdrückt, überall streng von den Geschäften ferngehalten; überall verachtet und abgeschlossen; kurz die Frauen wurden im Allgemeinen wie Tiere behandelt, deren man sich im Bedarfsfalle bedient, die man aber sogleich darauf in den Stall sperrt. Ich will einen Moment bei Rom verweilen; ich höre den weisen Cato mir aus der alten Hauptstadt der Welt zu rufen: »Wären die Männer ohne Frauen, sie könnten noch jetzt mit den Göttern umgehen.« Ich höre einen römischen Censor also reden: »Wenn wir ohne Frauen leben könnten, so würden wir das wahre Glück kennen lernen.« Ich höre wie die Dichter in den Theatern Griechenlands singen: »O Zeus, was hat dich veranlaßt, die Frauen zu erschaffen? hättest du den Menschen nicht auf klügere und bessere Weise werden lassen können, die uns diese Geißel erspart hätte?« Ich sehe auch die Griechen dieses Geschlecht derart verachten, daß es Gesetze schafft, um einen Spartaner zur Fortpflanzung zu veranlassen; eine der Strafen dieser weisen Republik bestand darin, einen Uebeltäter als Frau zu verkleiden, das heißt als das schnödeste und verächtlichste Wesen, das sie kennen.

Aber ohne auf so entlegene Jahrhunderte zurückzugreifen, mit welchen Augen wird dieses elende Geschlecht noch jetzt angesehen? wie wird es behandelt? Ich sehe es in ganz Asien eingesperrt; als Sklaven müssen sie den barbarischen Launen eines Despoten zuwillen sein, der sie quält, peinigt, und mit ihren Schmerzen sein Spiel treibt. Ich finde, daß bei Völkern, die in Naturzustand leben (den Eskimos), die Männer sich alles erdenkliche Gute antun, während sie die Frauen mit der denkbar größten Härte behandeln. In dem einen Erdteil sehe ich sie den Lüsten der Fremden preisgegeben, während sie in einem anderen an Geldesstatt dienen. In Afrika, wo sie noch schlechter gehalten werden, werden sie als Lasttiere verwendet, sie bebauen das Land, säen, und bedienen ihren Gatten kniend. Soll ich dem Kapitän Cook auf seinen neuen Entdeckungen folgen? Die reizende Insel Otathaïti, wo die Schwangerschaft [324] ein Verbrechen ist, das manchmal der Mutter und fast immer der Frucht das Lehen kostet, zeigt uns doch keine glücklicheren Frauen! Auf anderen von demselben Seefahrer entdeckten Inseln werden sie von den eigenen Kindern geschlagen und gequält, und auch der Gatte gesellt sich dazu, um sie mit aller Härte zu mißhandeln. Je näher die Völker der Natur stehen, desto mehr befolgen sie ihre Gesetze. Die Frau kann zu ihren Gatten keine andere Beziehung haben, als die des Sklaven zum Herrn; sie hat absolut kein Recht auf höhere Ansprüche.

»Kurz, meine Freunde, sei dem wie immer, alle Völker der Erde besaßen die ausgedehnteste Macht über die Frauen, es gab selbst solche, die sie gleich nach ihrer Geburt zum Tode verurteilten und nur die geringe zur Erhaltung der Art nötige Anzahl leben ließen. Die unter dem Namen Korrihs bekannten Araber begruben ihre Töchter sowie sie sieben Jahre zählten auf einem Berge neben Mekka, weil ein – wie sie sagten – so elendes Geschlecht ihnen unwürdig schien, den Tag zu sehen. Die Frauen im Serail des Königs von Achen werden für den bloßen Verdacht der Untreue, für den geringsten Ungehorsam gegen den Fürsten, oder sobald sie Wiederwillen einflößen, zu den schrecklichsten Todesstrafen verurteilt; der König richtet sie eigenhändig hin. An den Ufern des Ganges müssen sie sich auf der Asche ihrer Gatten opfern, als unnütz auf der Welt vom Augenblicke an, da ihre Herren sich nicht mehr an ihnen ergötzen können. Anderswo jagt man sie wie die wilden Tiere; es gilt als Ehre ihrer viele zu tödten. In Aegypten opfert man sie den Göttern. In Formosa tritt man sie mit Füßen, wenn sie schwanger sind. Die germanischen Gesetze verurteilten den Mörder einer fremden Frau bloß zu zehn Talern Buße, zu nichts, wenn es seine eigene Frau oder ein Lustmädchen war. Kurz, ich wiederhole, überall werden die Weiber erniedrigt, gequält, dem priesterlichen Aberglauben, der Grausamkeit der Gatten oder den Launen der Lüstlinge geopfert; was aber das Schrecklichste für sie ist: je mehr man sie studiert, je mehr man sie analysiert, desto mehr überzeugt man sich, daß sie ihres Loses wert sind. Ist es möglich, schreien ihre dummen Anhänger, daß das männliche Geschlecht nicht ihre vielen Verdienste sehen will? Sehet doch – sagen sie begeistert – wie rührend sie für unsere Jugend sorgen, wie gefällig sie sich uns in unserem reifen Alter erweisen, wie sie uns im Alter zur Stütze werden, wie pflegen sie uns, wenn wir krank sind, wie trösten sie unseren Kummer, wie zart wissen sie unsere Leiden zu mildern, wie geschickt das Mißgeschick von uns abzulenken, wie schnell unsere Tränen zu trocknen! ... Und ihr schätzet und verehret [325] nicht so vollkommene Wesen! so zärtliche Freundinnen, die uns die Natur geschenkt hat? Nein, ich liebe sie nicht, ich verehre sie nicht, ich bleibe fest gegenüber der Illusion, meine Klugheit weiß ihr zu wiederstehen: ich sehe in all dem Gerühmten nur Schwäche, Furcht und Egoismus. Wenn das Weib wie eine Wölfin und Hündin ihren Säugling stillt, so nur darum, weil diese Sekretion von der Natur angeordnet, ihrer Gesundheit unumgänglich nottut; wenn sie uns bei den verschiedenen geschilderten Leiden nützlich ist, so geschieht das mehr aus Temperament als aus Tugend, aus Hochmut oder aus Eigenliebe. Lassen wir uns nicht durch ihre Beweggründe überrumpeln; die Schwäche ihrer Organe macht sie geeigneter als uns zu dem kleinmütigen Gefühl des Mitleids, und veranlaßt sie, ganz willenlos und ohne jedes Verdienst, die Leiden, die sie vor sich hat, zu beklagen und zu trösten; ihre natürliche Feigheit nötigt sie, demjenigen, der stärker ist als sie, Dienste zu erweisen, von denen sie gut weiß, daß sie sie früher oder später benötigen wird. Aber keine Spur von Tugend oder Uneigennützigkeit in alledem, nichts als Egoismus und Trieb. Es ist eine empörende Albernheit, ihre Bedürfnisse für Tugenden auszugeben und in etwas anderem als in ihrer Schwäche und ihrer Furcht die Motive dieser schönen Handlungen zu suchen, über die wir uns in unserer Verblendung täuschen; und weil ich das Unglück habe, bei einem Volke zu wohnen, das roh genug ist, sich nicht zu diesen großen Grundsätzen aufschwingen zu können, das es nicht wagt, das lächerlichste aller Vorurteile abzuschaffen, soll ich mich der Rechte entschlagen, die mir die Natur über dieses Geschlecht verleiht! Nein, nein, meine Freunde, das ist nicht gerecht; ich werde mein Betragen verdecken, da es so sein muß; doch werde ich mich im Stillen für die albernen Hindernisse der Gesetzgebung entschädigen; und da werde ich meine Frau behandeln wie es mir behagt, wozu ich das Recht in den Gesetzen des Weltalls, in meinem Herzen, in der Natur finde.«

»Meiner Treu, mein Onkel,« sagte Bressac, der während des ganzen Vortrages an einem hübschen Knaben, den er von hinten bearbeitete, bewies, wie sehr er Gernandes Ansichten über die Frauen billigte, »jetzt glaube ich, daß Ihre Bekehrung unmöglich ist.« »Ich würde auch niemandem raten, sie zu versuchen,« erwiderte der Graf, »der Baum ist zu alt, als daß er sich biegen ließe, in meinem Alter kann man auf der Bahn des Lasters noch einige Schritte vorwärts tun, nicht so auf der der Tugend. Uebrigens bedingen meine Grundsätze und mein Geschmack mein Glück; seit meiner Kindheit waren sie alleinige Grundlage meines Betragens und meiner Handlungen; vielleicht werde ich [326] darin noch weiter gehen; ich fühle, es ist möglich, doch nie werde ich umkehren. Ich verabscheue zu sehr die menschlichen Vorurteile, ich hasse zu aufrichtig ihre Zivilisation, ihre Tugenden und ihre Götter, um ihnen jemals meine Vernügen zu opfern.«

»Meine Herren,« nahm die feurige D'Esterval das Wort, »Sie haben mein Geschlecht mißhandelt, doch heben mich die Empfindungen, zu denen ich mich stets bekannt habe, allzu hoch über seine Schwächen empor, als daß ich die wichtige Ehre seiner Verteidigung auf mich nehmen sollte. Ich bin übrigens ein Zwitter, der nach Ihrem eigenem Urteil viel mehr zu ihrem Geschlecht hält als zum weiblichen, noch besser könnten Sie sich davon überzeugen durch die Energie mit der ich die Marterungen der Gräfin betrieben habe. Ich versichere also feierlich, daß ich stets ein Mann zu sein wünsche, wenn es sich darum handelt, den männlichen Begierden und Treiben zu fröhnen.« »Ich dagegen,« sagte die kluge Justine, »werde sie fliehen wie wilde Tiere, wenn sie sich so grausamen Leidenschaften hingeben.«

Wie gesagt, erhitzten sich die durch die Szene bei Frau de Gernande gar nicht beschäftigten Geister durch dieses Gespräch vollends. »Warum,« fragte D'Esterval Gernande, »befriedigen Sie ihre Launen nicht an den hübschen Knaben, die Sie umgeben?« »Ich tat es mehrmals,« erwiderte der Graf, »aber da ich die Jungen ebenso heiß liebe als ich die Frauen verabscheue, glaube ich nur an letzteren meinen wilden Trieb kühlen zu dürfen; doch wenn Sie dies, meine Herren, ergötzt, steht es Ihnen vollkommen frei.« »Das würde mich unendlich erregen,« sagte Bressac, »schon seit einer Stunde spaziert mein Glied im Hintern eines ihrer Lustknaben, dem ich alles erdenkliche Böse antun möchte.« »Mit diesen Worten drückte Bressac dermaßen die Hoden des erst vierzehnjährigen Knaben, daß dieser schreckliche Schreie ausstieß und Tränen vergoß.« »Ueberlassen Sie mir diesen,« sagte D'Esterval, indem er sich Bressac näherte und das Gleiche tat. »Sie haben ihrer so viele, daß es auf einen mehr oder weniger gar nicht ankommt.« »Und was wollen Sie mit ihm tun?« fragte Gernande. »Opfern, ohne Zweifel,« erwiderte Bressac. »Eine recht grausame Szene, wenn Sie wollen,« sagte D'Esterval. »Gut,« meinte Dorothea, »doch müssen Justine und die Gräfin bei dem Opfer unbedingt als Priesterinnen fungieren.« »So bin ich's zufrieden,« entgegnete Herr de Gernande, »wäre aber das nicht eine kleine Marter für meine Frau, ich weiß nicht, ob sie mich dann so gefällig finden würden. Vorwärts, wir brauchen bloß zu ihr hinüber zu gehen.« »Ach Herr,« sagte die weiche Justine, »denken Sie doch [327] an den Zustand der Gräfin.« »Ich gedenke,« sagte Gernande, ihr eine kräftige Ohrfeige versetzend, »dich in den gleichen Zustand zu versetzen, wenn du dich unterstehst zu räsonnieren. Lerne, du prüde Törin,« fuhr der Büffel fort, »daß ich dir erlaube, meine Gedanken zu überbieten, wenn es deine Fantasie erlaubt, daß ich dir aber bei Todesstrafe verbiete, sie jemals abzuschwächen.« »Fliegen wir zu Ihrer Frau, Oheim,« sagte Bressac, »schauen sie mal, ich will das Opfer auf meinen Penis aufgespießt zu ihr bringen.« Der Lüstling beließ tatsächlich sein Glied im Hintern des Jungen und brachte ihn, ohne auch nur einen Moment zu erschlaffen, in das Zimmer seiner Tante, die, weit entfernt, an eine Verlängerung ihrer Qualen zu denken, sich, als die Ruchlosen ankamen, durch einen süßen Schlummer erquickte.

Hüllen wir einen Schleier über diese neuen Orgien, es bleiben uns nur noch zu viele Ruchlosigkeiten zu schildern; der Akt war überaus blutig; Madame de Gernande und Justine mußten den Spielball abgeben; der hübsche kleine Lustknabe starb nach Verlauf von vier Stunden, nachdem er sein ganzes Blut verloren hatte. 27

»Wo bin ich,« sagte sich schließlich Justine nach Verlauf einiger Wochen; »welchen Dienst hat mir Bressac erwiesen, als er mich in dieses Haus brachte? Das Scheusal! Er wußte wohl, daß er mein Unglück bewirkte, sonst hätte er sich nicht um mich gekümmert.« So beständig von den Gewissensbissen, im Verbrechen leben zu müssen und der Verzweiflung, ihre Herrin nicht retten zu können, gemartert, siechte das arme Mädchen dahin, erschöpfte ihren Geist im Plänemachen und konnte keine ersinnen, die sie beide so einem Unglück und Leid hätten entziehen können.

»O Justine! du wirst noch neue Persönlichkeiten im Schloß einziehen sehen,« sagte ihr eines Tages Frau de Gernande, die endlich einsah, daß das arme Mädchen vertrauenswürdig war. »Wen den?« »Herrn de Verneuil, einen anderen Onkel deines Quälgeistes Bressac, einen Bruder meines Gatten; er kommt regelmäßig zweimal des Jahres mit Frau, Sohn und Tochter her.« »Umso besser,« meinte Justine, »sie werden wenigstens in dieser Zeit Ruhe haben.« »Ruhe? Ach Liebe, ich werde noch tausendmal mehr gequält werden. Diese zwei Reisen bedeuten für mich nur Qualen und Unglück; meine Leiden verdoppeln sich, ein auf's Rad Geflochtener erduldet dann nicht so viel [328] wie ich. Höre Justine, ich will dir entsetzliche Geheimnisse enthüllen, die dich werden erbeben machen.

Herr de Verneuil, meine Liebe, ist noch wüster und ausschweifender, noch verbrecherischer und grausamer als sein Bruder; er ist eine rasende Bestie; die außer ihren Leidenschaften nichts kennt und die – wie ich glaube – die ganze Welt opfern würde, wenn sie das ihren ruchlosen Genüssen dienlich hielte. Verneuil ist jünger wie mein Mann, er zählt fünfundvierzig Jahre, er ist nicht so dick, aber sehniger, viel stärker und hat ein viel abschreckenderes Antlitz, er ist ein Satyr, ja Justine, ein Satyr in jeder Hinsicht. Das Gewisse ist an ihm gigantisch; es scheint, die Natur wollte ihn für das entschädigen, was sie seinem Bruder entzogen hat; dazu ist er unermüdlich, dieser Frevler vermöchte zehn Frauen zu zerreißen. Seine zweiunddreißig Jahre zählende Gattin ist eines der denkbar schönsten Wesen; sie besitzt kastanienbraune Haare, ihre leichte, schmiegsame Taille ist vergleichbar der der Venus; ihre seelen- und gefühlvollen Augen haben einen Ausdruck ohnegleichen; ihr Mund ist vollendet schön, ihr Fleisch fest, voll und bewundernswert weiß; ihre ganze Person ist ein Muster von Anmut und Feinheit; aber gewiß besitzt sie eine robuste Natur, daß sie seit achtzehn Jahren den bizarren und ausschweifenden Launen standhält, deren Opfer sie tagtäglich ist.« – »Ist es möglich, daß es ein barbarischeres Wesen auf Erden gibt als Herrn de Gernande?« – »Du wirst selbst urteilen, Justine; ich möchte, daß du den ganzen Schrecken der Ueberraschung erlebst; lasse mich die Personen, die wir erwarten, weiter schildern: Viktor, der Sohn des Herrn de Verneuil, zählt sechzehn Jahre; er ist das Abbild seiner Mutter; es gibt nichts hübscheres, frischeres, feineres und zierlicheres; nur eine Person wetteifert mit ihm an Schönheit, seine Schwester Cecilie, die etwa vierzehn Jahre alt ist; man könnte sagen, daß die Götter selbst sie bilden wollten, um den Menschen einen möglichst großen Begriff ihrer Macht zu geben; eine niedliche Gestalt, zugleich süße und belebte Gesichtszüge, wundervolle Haare, die schönsten Zähne; sie könnt neben ihrer Mutter für das schönste Wesen auf Erden gelten. Nun, Justine, diese Frau und ihre beiden schönen Kinder sind tagtäglich die Opfer der Grausamkeit dieses Scheusals; Viktor vielleicht weniger, weil das Gift des Beispiels und der Verführung sein Herz nur allzusehr verdorben hat.« – »O Himmel! Sie machen mich erbeben ... ein Vater, der seine Kinder verdirbt! Ach, darf ich über diese Gräuel staunen, die ich so lange darin gelebt habe.« – »Ach, das dürfte alles von dir Gesehene in den Hintergrund drängen,« sagte Frau de Gernande. »Dieser Frevler begnügt sich nicht [329] mit der Blutschande, mit der er sein Familienleben befleckt; ganz andere Frevel.« – »Was tut er denn?« – »Die schönsten Personen beider Geschlechter werden sorgsam aus den reichsten und vornehmsten Klassen ausgesucht und sind die Opfer, die durch Geschicklichkeit und Geld seiner Geilheit anheimfallen; der Wüstling ist in Bezug aufs Alter so anspruchsvoll, daß er einen Gegenstand, der die sieben Lebensjahre, die er zur Bedingung macht, nur um einen Monat überschreitet, sofort zurückschickt; du begreifst, Justine, was alles diese Kinder von einem geistig und physisch so scheußlichen Wesen zu erdulden haben. Mehr als die Hälfte ist nie zu retten; die grause Gewissheit dieser schrecklichen Folgen ist eine der süßesten Freuden der frevlerischen Wollust dieses Ruchlosen; hundertmal hörte ich ihn sagen, daß er nicht den ganzen Genuß auskoste, wenn er nicht darauf rechnen könne, daß sein gigantisches Glied die Rose, die seine Brutalität öffnet, für immer welk mache. Zweimal so reich wie sein Bruder, infolge einer vorteilhaften Heirat in den Kolonien und verschiedener, höchst einträglichen Geschäfte, sind die Summen, die er infolgedessen auf seine schauerlichen Vergnügungen verausgaben kann, märchenhaft. Die Kinder rekrutieren sich aus allen Provinzen und werden mit großen Kosten auf sein Schloß Verneuil gebracht, das zehn Meilen von hier gelegen ist, und in dem er seit langem sich festgesetzt hat. Einige dieser Gegenstände werden ihn seiner Gewohnheit gemäß sicherlich begleiten; du wirst sehen, Justine, ob je ein entsetzlicherer Mensch auf Erden gelebt hat.«

Unsere Waise, erschreckt durch das Gehörte, folgte wie gewöhnlich der Stimme ihres Herzens und suchte gleich den nächsten Tag am Morgen den Marquis de Bressac auf. »Mein Herr,« sagte sie aufgeregt zu ihm, »man droht uns mit einem Zuwachs, der recht unheilvoll für meine arme Herrin ist, wissen Sie, um was es sich handelt und vermögen Sie Vorkehrungen dagegen zu treffen?« »Ich bin unterrichtet,« entgegnete Bressac, »es ist ein zweiter Oheim, ein Bruder meiner Mutter gleich Gernande, den ich nie gesehen habe und von dem es heißt, er sei sehr liebenswürdig und geistvoll.«

»Ach, Herr, alle diese Leute von Geist sind gefährlicher als die andern, da sie alle ihre Ausschweifungen geschickt zu beschönigen verstehen, überlassen sie sich ihnen mit weniger Skrupeln, gegen sie ist man schutzlos.

Es werden jetzt vier Frevler ersten Ranges in diesem Schlosse vereinigt sein und es werden Schaudertaten vollbracht werden.« »Ich hoffe so,« sagte Bressac, »nichts ist so köstlich, als wenn ich mehrere Freunde von gleichem Geschmack und Geist finde, man teilt sich gegenseitig Gedanken [330] und Triebe mit, die Begierden der einen werden durch die Ausschweifungen der andern angefacht, man steigert, übertrumpft, man ermutigt sich, die Resultate sind köstlich.« »Sie sind schrecklich für meine arme Herrin.« »Aber welches Interesse hast du denn an ihr? Wann wirst du endlich aufhören, die Närrin deines Herzens zu sein? Wenn zufällig ein Komplot gegen meine Tante geplant würde, würdest du nicht, wie im Falle meiner Mutter, dein Leben riskieren, um sie zu verteidigen? Ach! Entsage endlich einmal diesem guten, besser, dummen Charakter, der dir bis jetzt so wenig geholfen hat, sei egoistischer und also klüger, kümmere dich nur um dich selbst und höre endlich auf, die Leiden der andern zu mildern und auf dich zu nehmen. Was geht dich das Leben oder der Tod dieser Frau an? Was habt ihr denn gemein? Wie bist du doch töricht dir solche phantastischen Bande zu schaffen, die nur dein Unglück bewirken werden? Verhärte deine Seele, wie wir es getan haben, suche daraus Freuden zu schöpfen, was jetzt dein Herz beunruhigt.

Du wirst bald, so wie wir, vollendet stoisch werden und aus dieser Empfindungslosigkeit wird dir eine Menge neuer Freuden erblühen, die weit köstlicher sind als die, welche aus der unheilvollen Gefühlsduselei ihren Ursprung nehmen. Glaubst du denn, ich hatte nicht in der Kindheit ein Herz, gleich dem deinen?

Aber ich habe es ertötet, durch diese wollüstige Härte aber entdeckte ich den Quell einer Unzahl von Ausschweifungen und Genüssen, die mehr wert sind als meine Schwachheiten.« »Ach, Herr, man ist zu allem fähig, wen man derart die Stimme seines Herzens erstickt.« »Gerade so soll es sein, erst wenn man so weit ist, genießt man wahrhaft, ich bin erst glücklich, seitdem ich kaltblütig alle Verbrechen begehe. Als meine Seele, noch in einer Rinde, sich erst allmählich zu der Höhe, auf der sie jetzt schwebt, emporschwang, ließ ich mich, wenn ich meinen Trieben allzu freien Lauf ließ, von dummen Skrupeln quälen. Ich habe sie bekämpft, ich wurde mir über meine Irrtümer klar, erst jetzt kannte ich das Glück. Man macht aus seiner Seele was man will, vermittelst der Philosophie, was uns in der Kindheit erbeben machte, wird im reifen Alter Gegenstand unserer größten Freuden.« »Wie? Sie wollen mich überzeugen, daß Sie den entsetzlichen Muttermord, den Sie vor meinen Augen begingen, nicht bereuen?« »Selbst zehn Mütter hätte ich nacheinander in der gleichen Art geopfert. O Justine, dieses Verbrechen reicht noch nicht an die Hôhe meiner Seele heran, dazu bedürfte es weit anderer. Kurz, was immer dem Gegenstand deiner Besorgnis zustoßen mag, so denke ja nicht daran mit Gernande davon zu sprechen.«

[331] Sein Herz aus Stein, versteht die Gefühlsseligkeit nur wenig und du könntest dabei schlecht abschneiden. Wenn Verneuil ankommt, so verhalte dich mit ihm: sei sanft, zuvorkommend und geistreich, verbirg sorgfältig die dummen Regungen deines Herzens. Ich werde ihm Gutes von dir berichten, vielleicht kann dir diese Bekanntschaft vorteilhaft werden.

Vier Lustknaben traten in diesem Augenblick an Bressac heran und beendigten ein Gespräch, das wenig nach Justinen's Geschmack war, so daß sie sich über die Unterbrechung freute. »Bleibe, wenn du willst,« sagte ihr Bressac, während er seine Knaben küßte und ihre Hosen herabließ. »obgleich du ein Weib bist, sehe ich dich doch gerne bei meinen Wollustakten, du kannst mir sogar dabei behilfllich sein.« Aber die schamhafte Justine, die bei derlei Gräueln nur gezwungen mit Hand anlegte, zog sich seufzend zurück und sagte zu sich: »O mein Gott! Was ist der Mensch, wenn er der Sklave seiner Triebe wird, bergen die Wälder Nubiens wildere Bestien als solche Leute?« Sie kehrte traurig zu ihrer Herrin zurück, um ihr von der Fruchtlosigkeit ihrer Unterhandlungen zu berichten, da sagte ihr einer der Alten, Herr de Gernande verlange sie zu sprechen, da er ihr etwas mitzuteilen habe.

»Justine,« sagte der schreckliche Schloßherr, »weßhalb benachrichtigst du mich nicht, daß hier Intriguen gesponnen werden?« »Ich weiß nichts davon.« »Ich werde sie dir also enthüllen,« sagte Gernande, ohne das geringste Zeichen von Erregung auf seinem bösen Gesichte.

»So höre, daß Dorothea in meine Frau vernarrt ist und daß sie mich um die Erlaubnis gebeten hat, heute Vormittag einige Stunden bei ihr zu verbringen. Ich habe meine Zustimmung gegeben, aber ich will diese Vergnügungen überraschen. Du mußt mich in dein Kabinet neben der Ottomane verstecken und ich will durch ein Fenster zuschauen, was diese Erztribade eigentlich mit meiner keuschen Gattin vor hat.«

»Aber haben Sie schon probiert, ob man durch dieses Fenster sehen oder hören kann?« »Ei ja, jeden Tag, ich verberge mich daselbst, um die Klagen zu vernehmen, die sie gegen mich vorbringt, um mich daran zu ergötzen.«

Unsere Heldin. die vernünftigerweise sich hiebei nur unterordnen konnte, begab sich sofort mit Gernande in das erwähnte Kabinet, Dorothea, die nichts ahnte, begab sich zur Frau de Gernande, die von diesem Besuche höchst überrascht war.

Die herrschsüchtige, hochmütige D'Esterval, die ebenso grausam war wie ihr Gatte und der man vollständige Aktionsfreiheit gegeben hatte, begnügte sich nicht, wie [332] leicht einzusehen, mit platonischer Liebe. Eine der Alten geleitete sie, mit dem Auftrag, die unglückliche Gräfin zu veranlassen, sich allen Wünschen der Messaline zu fügen. Sie mußte gehorchen. Das entkleidete Opfer war bald in Tränen aufgelöst, während sie ihre Reize preisgab. Man kann sich die Raserei Dorothea's nicht vorstellen, solcher Taumel ist nicht zu beschreiben. Ihr Geschlecht ganz vergessend, gab sich die stolze Tribade schamlos allen männlichen Ausschweifungen und Tollheiten hin. Das war nicht mehr Sappho in den Armen der Damophile, das war Nero mit Tigelein.

Alle männlichen Geilheiten und Leidenschaften, alle Ausschweifungen der grausamsten Wollust wurden von diesem wüsten, entarteten Scheusal ins Werk gesetzt. Sie tat und ersann alles, um ihre schamlose Wollust zu befriedigen, Justine's arme Herrin wurde durch diese Szene mehr ermüdet als von denen ihres Gatten. »Teufel,« sagte Gernande, während er sich von Justine lecken ließ, »das ist köstlich, noch nie hat mich etwas derart erregt.

Ich liebe diese Dorothea rasend, hätte ich ein solches Weib, ich hätte sie nie zum Opfer gemacht. Ach, sauge, Justine, sauge ..., bestrebe dich, mein Sperma im gleichen Moment zum Fließen zu bringen, wie das dieser Schelmin.« Aber Gernande's Begierden, angeregt, ohne befriedigt zu werden, führen nicht zum ersehnten Erfolg, die D'Esterval begann bereits zu ermatten, bevor der an ihren Freuden Schmachtende sein Ziel erreichte.

Angeekelt von ihrem Genusse, betrachtete sie die Gräfin voll Verachtung, beschimpfte sie und gab ihr wiederholt zu verstehen, ihr Gatte sei zu gut, weil er sie so lange leben lasse, sie lästerte die Reize, an denen sie sich berauscht hatte, erniedrigte und verhöhnte sie und ging hinaus, wobei sie bemerkte, sie würde ihrem Gatten raten, bald einen festen Entschluß bezüglich einer so verächtlichen Frau zu fassen.

Kaum war Dorothea aus dem Zimmer der Gräfin hinausgegangen, als Gernande mit Justine eintrat; nur unter dem Vorwande, daß er den Besuch überrascht habe, überhäufte er die Unglückliche mit bösen Flüchen und Drohungen. Diese verteidigte sich so gut als möglich. »Man hat meine Türe geöffnet,« sagte sie weinend; »eine meiner Alten, zu der ich Vertrauen hatte, hat mir diese Frau herbeigebracht; es war mir unmöglich, mich vor ihren Zumutungen zu schützen ... ich hätte sie zurückgewiesen, wenn es mir möglich gewesen wäre.« Aber Gernande, der nur Gelegenheit zu einer Szene suchte, die er sich auf diese seiner falschen Seele höchst zusagende Weise verschaffte, verurteilte seine Frau sogleich zum [333] Aderlaß; das von dem Vorhergehenden höchst aufgeregte Scheusal stach sie sofort in beide Arme und die Scham. Diesesmal verzichtete er auf Männer und begnügte sich mit Justine; die Unglückliche erschöpfte sich in Versuchen, ihn ergießen zu machen. Der grausame Unhold beherrschte seine Entleerung und verstand es geschickt, erst dann das Sperma zu ejakulieren, wenn er seine Frau ohnmächtig erblickte; diese Sitzung war eine der barbarischesten, die Justine je sah.

Kaum war der Lüstling in sein Gemach zurückgekehrt, als sich im Hof Wagengerassel vernehmen ließ. Es war Herr de Verneuil mit seiner Familie. Herr de Gernande ließ seiner Frau sogleich die Nachricht davon zukommen. Gerechter Himmel! In welchem Zustande befand sie sich, als sie diese Katastrophe erfuhr! Justine wurde zugleich beauftragt, die neuen Gäste zu empfangen.

XV. Kapitel.
Porträt der neuen Personen. – Neuartige Orgien.

Der erste Wagen war eine sechspännige deutsche Berline, in der sich Herr und Frau de Verneuil mit ihren Kindern, Cécile und Victor, befanden, der zweite war eine große Kalesche, besetzt von einer sehr schönen vierzigjährigen Frau, ihrer Tochter, einem prächtigen zweiundzwanzigjährigen Geschöpf, und zwei sechs-und siebenjährigen Kindern. Diese letzteren von de Verneuil. Der kleine Knabe hieß Lili, das Mädchen Rose, es war ein herziges Pärchen. Zwei Jünglinge, zwanzig bis zweiundzwanzig Jahre alt, gebaut wie Herkules und schön wie Amor, nehmen die beiden anderen Plätze ein und trugen die Bezeichnung: Kammerdiener des Herrn de Verneuil.

Die Damen und Kinder wurden rasch in ihre Appartements untergebracht und zogen sich dahin zurück; Gernande geleitete Verneuil zu d'Esterval, wohin sich Bressac begeben hatte, um diesen Besuch zu empfangen. »Hier ist ein prächtiger Neffe, den du nicht kennst,« sagte Gernande zu seinem Bruder, »umarmen Sie sich, meine Freunde, wenn man sich so ähnlich sieht, ist man von jedem Kompliment dispensiert. Die liebenswürdige Person, die Sie hier gesehen – damit wies er auf d'Esterval – ist ein Freund meines Neffen, der ihn zu mir begleitet hat. Er ist ein Mensch, in dessen Haus zu schlafen ich dir nicht raten würde; denn er bringt jeden um, der zu ihm kommt ... Nun also, bist du zufrieden mit der Gesellschaft, die ich dir gebe?« – »Entzückt!« sagte Verneuil, [334] d'Esterval umarmend; dieser stellt ihm sogleich seine Frau vor, und versichert, daß diese, obwohl ein Weib, es mit dem frevelhaftesten Manne aufnehmen kann. – »Das ist prächtig, meine Freunde,« sagte Verneuil, »ich sehe, daß wir in einer so charmanten Gesellschaft einige recht angenehme Tage verbringen werden.« Vier Lustknaben traten sogleich ein, sich zu erkunden, ob Herr de Verneuil nicht ihrer Dienste bedürfe. »Ah! Gewiß!« sagte Verneuil, »die Fahrt hat mich erhitzt; schon seit zwei Stunden erigiere ich teufelmäßig; überzeugen Sie sich!« Damit legte er auf den Tisch ein erschreckend dickes und langes Glied. »Wohlan, Kinder, gehen wir daran! Diese Herren werden nichts dagegen haben, daß ich ein wenig Sperma abgebe, bevor ich näher mit Ihnen bekannt werde.« – »Gestatten Sie meiner Frau, Ihnen behilflich zu sein,« sagte d'Esterval; »niemand ist geschickter als sie, ihre Phantasie wird Sie ergötzen.« – »Gerne!« sagte Verneuil; »ich wäre auch nicht abgeneigt, das Mädchen, das uns empfangen hat, dazu zu nehmen ... Wer ist sie denn?« – »Sie heißt Justine,« antwortete Bressac; »sie ist eine Tugendheldin, eine ganz gefühlvolle Person, deren Moral und Mißgeschicke mit unseren Grundsätzen den merkwürdigsten Kontrast bilden. Gernande hat sie als Gesellschaftsfräulein seiner Gemahlin angestellt; sie weinen, beten und trösten sich, während wir sie quälen.« – »Ah! köstlich! köstlich! Lasse dieses Mädchen heraufkommen, Bruder, ich werde sie gebrauchen!« – »Aber Onkel,« sagte Bressac, »es scheint mir besser zu sein, zu Frau de Gernande hinüberzugehen; alles, was Sie kitzeln kann, findet sich dort vereinigt; Ihre Entladung wird dann vollkommen sein.« – »Mein Neffe hat Recht,« sagte Verneuil, »aber er weiß nicht, daß mir mehr als alles andere daran gelegen ist, seine Bekanntschaft zu machen. Zugleich zieht er ihn in ein Kabinett, küßt ihn, läßt seine Hosen herab, liebkost ihn, tätschelt seinen Arsch, reibt sein Glied, sodomiert ihn und läßt sich von ihm bearbeiten, ohne daß er nur einen Tropfen Sperma verliert. Dann kehrt er zur Gesellschaft zurück und lobt seinen Neffen über die Maßen.« »Schaut nur, in welchen Zustand er mich versetzt hat,« sagte er, auf seinen gen Himmel dräuenden Penis weisend, den er während des Gespräches rieb, »ich würde jetzt Gott den Vater ficken, wenn er da wäre. Gehen wir, Bruder, nun zu deiner Frau; ich will Dorothea, Justine und zwei Lustknaben mitnehmen, das wird mir genügen. Mein Sperma ist schon da – (dabei zeigte er auf einen Tropfen an der Harnröhrenmündung) – es bedarf nur der leichtesten Bemühung, um es zehn Fuß weit [335] zu schleudern. Beinahe hätte ich in den After meines Neffen entleert, aber das Dreckloch ist so weit.« – »Frühstückst du vorher?« fragte Gernande. »Nein, wir haben vor unserer Ankunft gespeist; ich habe es nötiger, meine Phantasie zu beschmutzen, als zu essen; wir wollen das Verlorene nachher schon einbringen.«

Justine, von ihrem Herrn zu Frau de Gernande geschickt, teilte Herrn Verneuil mit, daß ihre Gebieterin trotz der Entkräftung, in die sie durch den Verlust von sechs Bechern Blutes vor einer Stunde versetzt worden war, sich dennoch dem Willen ihres Gatten unterwerfe und die Gesellschaft zu empfangen bereit sei. – »Ah! ah! du hast zur Ader gelassen!« sagte Verneuil, »desto besser; mich freut es ungemein, sie in diesem Zustande zu sehen. Kommen Sie her, Mädchen,« sagte er zu Justine, sie schürzend, um ihre Hinterbacken zu greifen, »kommen Sie nur her; ich bin sehr neugierig auf Ihren Arsch, ich glaube, er ist hübsch. Meine Herren – er wandte sich an Gernande, Bressac und d'Esterval – ich lade Sie ein, indes zu meiner Frau zu gehen; Verzeihung, wenn ich Sie ihr nicht vorstelle; aber seien Sie überzeugt von ihrer Willfährigkeit; genieren Sie sich nur ebenso wenig, wie ich mich geniere.«

»Also,« sagte Verneuil, als er bei der Gräfin, begleitet von seinen Lustnaben und einer Alten, im schamlosesten Zustand der Welt eintrat. »Sie erregen noch immer das Mißvergnügen meines Bruders? Er beklagt sich unaufhörlich über Sie und immer muß ich ihm helfen, Sie zur Vernunft zu bringen. Sehen Sie hier eine Zeugin Ihres schlechten Betragens – er wies auf Dorothea – die mir bestätigt, daß Sie Dinge tun, die man mit den ärgsten Martern bestrafen müßte, würde mein Bruder weniger auf die Stimme des Herzens und mehr die der Gerechtigkeit hören; vorwärts, entkleiden Sie sich.« Justine vollführte den Befehl und entblößt ihre schamhafte Herrin sofort den frechen Blicken des Frevlers. »Entkleidet euch gleichfalls,« damit wandte er sich an Justine und Dorothea, »namentlich aber verhüllt eure Scham. Ihr, meine schönen Kinder – sagte er zu den Lustknaben – leget nun eure Hosen ab; die übrigen Kleider könnt Ihr anbehalten, da sie euch nicht schaden; ich liebe alles, was mich an ein Geschlecht erinnert, das ich vergöttere; hätten die Frauen männliche Kleider, ließe ich sie vielleicht nicht entkleiden.« – Alle gehorchten, nur Justine leistete einigen Widerstand; aber ein schrecklicher Blick des fürchterlichsten und abschreckendsten Menschen, den sie je gesehen hatte, machte sie rasch gehorchen. Verneuil läßt [336] Justine und die Gräfin am Rande des Kanapees niederknien und ihre Hintern ihm zuwenden, während er Dorotheas Arsch besichtigt. »Teufel,« sagt er zu ihr, »Sie sind zum Malen. Sie haben den Leib eines schönen Mannes; ich liebe rasend diesen Flaum, ich küsse ihn mit Vergnügen! Ich bete diesen braunen Teint Ihrer Aftermündung an, er weist auf Gebrauch hin. Schieben Sie die Backen auseinander, damit ich meine Zunge hineinstecke; oh, ist das aber weit! Wie schätze ich diesen authentischen Beweis Ihrer Entartung; Sie lieben es, wenn man Sie von hinten bearbeitet. Sie vergöttern den Penis im Arsch, es gibt ja auch nichts darüber; hier sehen Sie meinen Hintern, er ist ebenso, ganz weit.« Dorothea küßte entzückt Verneuils Arsch und leckte ihn begierig. »Sie gefallen mir unendlich,« fuhr Verneuil fort, »Sie müssen bloß, um mir vollends den Kopf zu verdrehen, meinen Vorschlag akzeptieren; wenn Sie ihn nicht erfüllen, bewirkt Ihre ganze Kunst nicht meinen Samenerguß. Sie sind reich, wie man sagt, in diesem Falle muß ich Sie bezahlen; wären Sie arm, würde ich Sie bestehlen. Sie dürfen sich mir nur für eine sehr hohe Summe zur Verfügung stellen. Sie müssen diesen Vorbehalt Ihrem Gatten verbergen und mich versichern, daß Sie die Summe, die ich Ihnen geben werde, bloß für Ausschweifungen verwenden; vor allem müssen Sie mir schwören, auch nicht einen Thaler für gute Werke auszugeben, kurz, daß Sie damit nur Verbrechen belohnen. Was sagen Sie zu meiner Leidenschaft?« – »Sie ist eigenartig; aber glauben Sie mir, daß ich philosophisch genug veranlagt bin, um nicht in Erstaunen zu geraten. Ich nehme Ihren Vorschlag an; ich werde mich nur umso lieber mit Ihnen unterhalten und schwöre Ihnen hoch und heilig, Ihr Geld nur für Ausschweifungen auszugeben.« – »Auf Ruchlosigkeiten, Madame, auf Ruchlosigkeiten!« – »Auf die entsetzlichsten!« – »..Nun gut, Madame, hier sind fünfhundert Louis, sind Sie zufrieden?« – »Nein, das heißt nicht zahlen.« – »Ah, Köstliche! Entzückende!« rief Verneuil. »Da sind noch weitere tausend; Sie sind die liebenswürdigste Frau, die ich je gesehen habe. Ah! Hure! ich triumphiere, du gehörst jetzt mir. Knaben, reibet mein Glied, während ich den Hintern dieser Metze tätschle; Ihr, Opfer, bleibt unter meinen Augen. Ei, Madame, etwas stößt das Taschentuch zurück; ich glaubte eine Scham zu bedecken und entdecke ein Glied. Teufel, welch ein Kitzler! Entfernen Sie die Hülle rasch! Da Sie mehr Mann als Frau sind, steht mir die Illusion frei; Sie brauchen nichts zu verbergen.« Der Wüstling rieb und [337] leckte diesen Auswuchs, der großartig genug war, um die Besitzerin in den Zustand zu versetzen, mit Erfolg die Rolle eines Mannes zu spielen. »Sie müssen ausschweifend im ärgsten Grade sein,« meinte Verneuil; »Sie dürften alle unsere Geschmacksrichtungen teilen.« Zugleich senkte er drei Finger in ihren Arsch, wodurch sich die Klitoris sofort aufstellte, so daß Dorothea einen Lustknaben zu bearbeiten wünschte. Verneuil ist ihr dabei behilflich und packt kräftig die Hinterbacken der Messaline, während sie stößt. »Soll ich Sie quälen?« fragte er sie; »die Opfer frage ich nicht, wohl aber Sie.« – »Tun Sie mit meinem Arsch, was Sie wollen,« entgegnet Dorothea; »er wird alles erdulden.« Verneuil kneift ihre Hinterbacken, so kräftig, daß die Hure sogleich entladet. »Nun also,« fuhr er fort, da er sie schwelgen sah, »geben Sie zu, daß nur die Qual die Ejakulation beschleunigt? Henker oder Opfer, ich kenne nur diesen einen Weg zum Erfolg.« – »Und um diese Hintern, die Sie hierher gestellt haben, bekümmern Sie sich gar nicht?« – »Der Zustand, in den ich sie versetzen werde, wird Ihnen bald das Gegenteil beweisen,« entgegnete Verneuil. Er näherte sich ihnen und sagte: »Sehen wir, welche der beiden Frauen mutiger ist.« Er kneift zugleich in grausamer Weise die rechte Brust der Gräfin und die linke Hinterbacke Justinens. Obgleich sich seine Nägel fest in die letztere vergruben, hielt sie doch stand; nicht so Frau de Gernande. Der Ruchlose hatte ihre Brustwarze derart gequetscht, übrigens fühlte sie sich so schwach, daß sie fast in Ohnmacht fiel. »Göttlich!« sagte er zu Dorothea, der er Mund und Kitzler leckte und das Arschloch rieb, »das ist köstlich! Diese Zuckungen liebe ich bis zur Raserei. Und Sie, Madame, geraten Sie in Hitze, wenn Sie leiden sehen?« – »Wie Sie sehen,« erwiderte die Tribade und zeigte ihre vom Sekret ihrer Scheide triefenden Fingerspitzen; »ich glaube, wir handeln nach fast gleichen Grundsätzen.« – »Ich wiederhole, Madame, nur der Schmerz bewirkt den Erguß.« – Der Hurenkerl erigierte, zwischen den Lustknaben und Dorothea stehend, wie der Stier neben der Färse. »Dummes Geschöpf!« schrie er und packte mit einer Hand seine Schwägerin, mit der anderen eine mehrfach geflochtene Peitsche, die er stets in der Tasche hatte, »verzagtes Ding, du verstehst also nicht zu leiden? Nun, du sollst für deine Schwäche bestraft werden!« Er steckte sein geiles Glied in Justinens Hand und befiehlt ihr, es zu reiben, während Dorothea, die er mit einer zweiten Peitsche versieht, ihn, während er die Gräfin stäupt, geißeln muß; die Lustknaben müssen [338] indes ihre Hinterbacken seinen Blicken darbieten. Der Akt beginnt. Peitschen und gepeitscht zu werden war eine der heftigsten Leidenschaften Verneuils; dreiundzwanzig Minuten lang saust sein kräftiger Arm über den schönen Hintern der Gräfin; sie ist zerfetzt von der Mitte des Kreuzes bis zu den Fersen; ihm geschieht desgleichen. Das Blut spritzte nach allen Richtungen; nichts war so merkwürdig, als diese Mischung von Flüchen auf der einen, von Klagen und Schreien auf der anderen Seite. Allzusehr mit ihrem Auftrage beschäftigt, um die Stimme ihres Herzens zu hören, rieb Justine aus Leibeskräften das enorme Glied Verneuils, ohne es zu wagen, um Gnade für ihre Herrin zu bitten. Sie hätte ihr gerne die schrecklichen Hiebe erspart, wenn sie es vermocht hätte, aber sie begann allzugut die Unbeugsamkeit dieser Verbrecherseelen einzusehen, als daß sie es versucht hätte, diesen zu erweichen. Da bemerkt Verneuil ihre Ungeschicklichkeit im Reiben. »Was ist's denn mit dieser kleinen Hure?« fragte er, sich ihrer bemächtigend! »ha, Hure, ich will dich lehren, ob man ein Glied wie das meinige so reibt.« Er steckt es in Dorotheas Hände, und überläßt es ihr, schneller oder langsamer, je nach dem Kitzel, den er empfindet, zu reiben, während er die süßen, feinen Hinterbacken unserer interessanten Justine aus Leibeskräften drischt.

Ein Instrument, mit dem sie während der unter Lüstlingen zugebrachten Zeit gegeißelt worden war, hatte ihr derartige Schmerzen bereitet; jeder Striemen drückte sich mindestens eine Linie tief ins Fleisch und hinterließ, außer einem entsetzlichen Schmerz, so blutige Spuren, als ob man sich eines Messers bedient hätte. Sofort ist sie ganz wund. Sodann lehnt Verneuil die beiden Opfer Bauch an Bauch aneinander; beständig von Dorothea gerieben, peitscht er sie ein zweitesmal, aus Leibeskräften bald die eine, bald die andere stäupend. Die Gräfin, von dem dreimaligen Blutverlust erschöpft, wankt, verliert das Bewußtsein, fällt und reißt Justine mit sich; beide liegen nun auf der Erde und schwimmen in ihrem Blute. Verneuil stürzt sich alsbald auf seine Schwägerin und bringt sie wieder zu Bewußtsein durch eine neue Quälerei, die, so natürlich sie auch ist, dennoch die Unglückliche durch das Mißverhältnis zwischen ihren und des Angreifers Organen zerreißt. »Peitschen Sie mich! Peitschen Sie mich!« ruft Verneuil Dorothea zu; »lagern Sie Justine auf mein Kreuz und zerfetzen Sie uns beide?« Von Dorothea vollendet bedient, noch mehr aber infolge der Monstrosität dieses Aktes schäumt der alte Faun; er stößt Gotteslästerungen [339] aus und unter lauten Schreien entladet er sich; er beweist seiner Umgebung, daß die Natur, die ihn in Bezug auf sein Glied besser versorgt hat, wie seinen Bruder, ihm auch, sowohl was die Menge des Spermas als auch das Maß seines Taumels betrifft, den Vorzug gegeben hat.

»Nun, Madame,« fragte er Dorothea, »wie finden Sie meine Ausschweifungen?« – »Prächtig,« erwiderte diese, »doch dachte ich nicht, daß Sie in die Scham ficken.« – »Ich ficke überall hin, mein Engel; wenn nur mein ungeheures Glied verwundet oder zerreißt, ist es mir gleichgiltig, was ich bearbeite.« – »Doch geben Sie dem Hintern den Vorzug?« – »Sie werden mich doch nicht dadurch beleidigen wollen, daß Sie daran zweifeln? Soll ich, um Sie zu überzeugen, einen Knaben von hinten ficken?« – »Nein, lieber mich, wenn Sie mich überzeugen wollen; da, ficken Sie!« Der Wüstling gerät bald in Erektion und steckt sein Glied tief in ihren After. »Quälen Sie doch diese zwei Frauen, während ich Sie sodomiere, ich bitte Sie inständigst,« sagte Verneuil. Die Metze läßt sich das nicht zweimal sagen; während sie bearbeitet wird, gräbt sie ihre krummen Nägel tief in das Fleisch der Gräfin und Justinens. Beide entladen sich, indes die Opfer weinen; während sie ergießen, beißen sie die Zunge der Lustknaben, die sie liebkost haben, daß sie blutet.

»Jetzt genug,« sagte Verneuil zu Dorothea. »Sie sind ein prächtiges Geschöpf; bald wollen uns wir wieder ergötzen.« – »Ich werde Ihnen alle möglichen Genüsse verschaffen,« sagte Dorothea; »je mehr wir uns kennen lernen, desto mehr werden wir – ich hoffe – an uns Gefallen finden.«

Beide suchten wieder die Gesellschaft auf. Justine blieb mit ihrer Herrin allein.

Die anderen waren während dieser Szene auch nicht untätig geblieben; aber nicht so fix wie Verneuil und nicht so eilig im Samenverlust, hielten sie erst bei den einleitenden Akten, als Verneuil und Dorothea herbeikamen. D'Esterval, Bressac und Gernande waren bei Frau de Verneuil. Die drei Frevler hatten diese arme Frau entkleiden lassen, ohne ihr Zeit zu geben, sich von der Reise zu erholen. Der grausame Gernande überredete seine Schwägerin zu einem Aderlaß, der sie sehr erfrischen würde. Man machte sich eben daran, als Verneuil und Dorothea eintraten. Die hübsche Frau de Verneuil, bereits nackt, zeigte sich von ungewöhnlicher Schönheit, höchst regelmäßig gebaut, frisch und anmutig wie die Göttin der Schönheit. Doch das, was bei anderen Mitleid und Bewunderung, erregt hätte, trug ihr noch mehr[340] Schmähungen und Verachtung von Seiten der Lüstlinge, insbesondere des Bruders, ein. Nach einer sehr genauen Prüfung der Schönheiten dieser herrlichen Frau, nahmen die Beschimpfungen und Mißhandlungen ihren Anfang. Bressac und d'Esterval schonten sie ebensowenig wie Gernande; das unglückliche Opfer wurde nacheinander gezwickt, gebissen und geohrfeigt; die schöne Haut ihres Halses und ihrer Hinterbacken wurde an mehr als zwanzig Stellen gequetscht; sie mußte abwechselnd Mund. Scham und Arsch preisgeben; des ersteren bemächtigt sich Gernande, d'Esterval der zweiten, Bressac des letzteren; Verneuil bearbeitet nochmals Dorothea von hinten und entladet ein drittesmal, während er die Hinterbacken seines Neffen beständig streichelt.

»Dinieren wir jetzt, Freund,« sagt Verneuil, zu seinem Bruder; »wir müssen uns wieder einmal stärken. Die Trunkenbolde kommen – wie es heißt – erst mit dem Glase in der Hand zu Bewußtsein, ebenso natürlich die Wüstlinge mit dem Gliede in dem Hintern; die Bestimmung ist erfüllt, beklagen wir uns nicht.« Nach einem überaus reichlichen und erlesenen Mahle löste sich die ganze Gesellschaft während einer Promenade auf; Gernande befahl Justine, ihm in ein Gartenhaus zu folgen, wo er mit ihr sich in ein Gespräch einließ.

Er verlangte zunächst einen genauen Bericht über das, was sein Bruder mit seiner Frau getan hatte; da aber Justine nur oberflächlich die Vorgänge streifte, befahl er ihr, alles mit der größten Genauigkeit zu schildern. Justine tat dies. Sie beklagte sich darüber, daß sie ebenso hart behandelt wurde wie Frau der Gernande. »Laß mich einmal sehen!« sagte der Graf, und amüsierte sich im höchsten Grade bei dieser abscheulichen, grausamen Prüfung. »Aber meine Frau,« sagte der Bösewicht, »ist doch wenigstens nicht so mißhandelt worden?« – »Ganz ebenso!« – »Ah, gut, ich wäre böse, wenn mein Bruder diese Hure geschont hätte.« – »Sie verabscheuen sie also, mein Herr?« – »Unendlich, Justine. Ich werde sie nicht lange behalten, denn nie sah ich eine Frau, die mir mehr Abscheu einflößte; aber weißt du auch, daß Verneuil ein noch viel größerer Wüstling ist als ich?« – »Das ist wohl schwer möglich.« – »Es ist doch so; die göttlichen Freuden der Blutschande, verschönt durch die der Grausamkeit, sind seiner verderbten Seele am teuersten. Du weißt nicht, welches sein Hauptgenuß ist?« – »Kinder, die Peitsche, Greueltaten.« – »All das ist nebensächlich; die Blutschande ist seine größte Freude. Du wirst ihn morgen diesen Frevel auf fünf oder sechs [341] verschiedene Arten betreiben sehen. Dieses schöne Weib, das du für die Kammerfrau der Frau de Verneuil hältst und die etwa vierzig Jahre zählt, ist eine unserer Schwestern, eine Tante Bressacs, die Schwester seiner Mutter, deren durch ihren eigenen Sohn verursachten Tod du so lange beweint hast. Unsere Familie, liebe Justine, ist die des Oedipus; es gibt keine Art des Verbrechens, die nicht in ihr verübt wurde. Wir verloren unsere Eltern im Kindesalter; böse Leute behaupteten, wir hätten zu ihrem Tode beigetragen; das war wohl möglich; wir erlaubten uns so viele Schelmenstreiche, daß dieser wohl auch darunter sein konnte. Wir hatten drei Schwestern; die eine, die vor dem Tode unserer Eltern geheiratet hatte, wurde von Bressac ermordet; die zweite fiel unseren Freveltaten zum Opfer; die dritte siehst du hier; wir verheimlichten ihr ihre Abstammung. Auferzogen wie eine Magd, brachte sie mein Bruder nach seiner Heirat bei seiner Frau unter; sie heißt Marceline. Die junge Person, die du gleichfalls für eine Dienerin der Frau de Verneuil hältst, ist eine Tochter der Marceline und meines Bruders, also zugleich seine Tochter und seine Nichte. Sie ist die Mutter der beiden Kleinen, die du bewundert hast, und gleichfalls meinem Bruder gehören. Beide sind wohl noch jungfräulich; doch will Verneuil dem hier ein Ende machen; wenn er sich an dem Mädchen ergötzt, so genießt er zugleich seine Tochter, seine Enkelin und seine Nichte. Nichts erfreut ihn so, als diese Auflösung aller chimarischen Bande; das ist sein höchster Genuß; doch da er sich nicht begnügt, sie bei seinen illegitimen Kindern zu zerreißen, tut er es auch bei seinen ehelichen.« – »Ich wußte es, mein Herr.« – »Aber du solltest erst sehen, wie er seinen Sohn erzieht, wie er ihn nach seinem Beispiel alle sozialen Institutionen über den Haufen zu werfen heißt. Du wirst sehen, wie dieses Kind seine Mutter behandelt, wie er alle religiösen und moralischen Vorurteile mit Füßen getreten hat. Er ist köstlich, ich bete ihn an: ich wollte heute Nacht bei ihm schlafen, doch will der Vater, daß er sich für morgen ausruhe.« – »Für morgen?« – »Ja, morgen feiern wir ein großes Fest, den Geburtstag meiner Frau; vielleicht werden wir wünschen, daß die Parzen den Lebensfaden zerreißen ... Wer weiß? Selbst Gott, an dessen fabelhafte Existenz du glaubst, könnte nicht die Phantasie solcher Frevler, wie wir sind, erraten.« – »Ach Herr,« rief Justine unruhig aus, »wäre ich nur so glücklich, mich bei Ihren geplanten Orgien verschont zu sehen! Haben Sie denn nicht genug Leute, und bin ich nicht vollständig unnütz?« – »Nein, nein,[342] deine süße Tugend ist für uns wesentlich; aus der Mischung dieser reizenden Eigenschaft und der Laster, die wir ihr entgegenstellen, erblüht uns der herrlichste Genuß. Uebrigens wird die zärtliche, liebe Herrin deiner Hilfe bedürfen ... Du mußt dich einfinden, unbedingt!« – »Ach, welche Last, an so viel Ruchlosigkeiten teilzunehmen! Wissen Sie wohl, daß es keine schauerlichen gibt, als die des Herrn de Verneuil? Seine eigene Familie derart zu verderben!« – »Ich frage dich, Justine, was das ist: eine Familie? Was verstehst du unter diesen heiligen Banden, die von den Toren als die Bande des Blutes bezeichnet werden?« – »Ist es nötig, eine solche Frage zu beantworten? Kann es ein Wesen auf Erden geben, das diese Bande nicht kennt und ehrt?« – »Dieses Wesen existiert: ich bin es. Sei überzeugt, daß wir unseren Eltern nicht mehr schulden, als sie uns.« – »Mein Herr,« antwortete Justine lebhaft, »ersparen Sie mir alles, was Sie darüber sagen könnten; ich bin vertraut mit diesen Sophismen, doch keine hat mich überzeugt. Wenn die Blutschande, eines der größten Verbrechen, die der Mensch begehen kann, die Grundlage der Genüsse Ihres Bruders ist, so ist und bleibt er das ruchloseste und in meinen Augen schuldigste Wesen der Welt.« – »Die Blutschande ein Verbrechen! Ach sage mir, wie eine Handlung, die auf der einen Hälfte unserer Erdkugel berechtigt ist, auf der anderen verbrecherisch sein kann? Fast in ganz Asien und im größten Teile Afrikas und Amerikas heiraten Vater, Sohn, Schwester, Mutter usw. durcheinander; gibt es aber eine süßere Verbindung als diese? Eine, die schöner die Bande der Liebe und der Natur verknüpft? Nur aus Furcht, daß solche Familien zu mächtig werden könnten, haben unsere Gesetze in Frankreich die Blutschande als Verbrechen gestempelt; aber hüten wir uns, die Gesetze der Natur mit denen der politischen Berechnung zu verquicken! Selbst wenn ich einen Augenblick dein soziales System mir gefallen lasse, frage ich dich, wie es möglich wäre, daß sich die Natur solchen Verbindungen entgegensetzt? Kann es in ihren Augen etwas Heiligeres geben, als die Mischung des verwandten Blutes? Hüten wir uns: wir sind verblendet in Bezug auf die Gesetze der Natur; die brüderlichen oder kindlichen Gefühle, sobald sie sich auf verschiedene Geschlechter erstrecken, sind nichts als geile Gelüste. Möge ein Vater oder Bruder, die ihre Tochter oder Schwester vergöttern, in die Tiefe ihrer Seelen blicken und sich vorurteilslos über ihre Gefühle befragen, sie werden sehen, ob diese unendliche Zärtlichkeit etwas anderes ist, als [343] die Lust, zu ficken; sie mögen ohne Bedenken ihrem Triebe gehorchen, sie werden bald merken, welche Freuden sie empfinden. Nun frage ich, wessen Hände dieses Uebermaß an Wollust schaffen? Doch die der Natur! Wenn dem aber so ist, ist es vernünftig, zu sagen, daß solche Handlungen sie verletzen könnten? Verdoppeln und verdreifachen wir diese Blutschande so gut wir können ohne jede Furcht; je näher uns der Gegenstand unserer Begierden steht, desto mehr werden wir uns seiner Reize erfreuen.«

»So entschuldigt Ihr alles, Ihr Leute von Geist,« entgegnete Justine; »doch wenn euer unglückseliges Talent eure Leidenschaften auf dieser Welt entschuldigt, an dem schrecklichen Tage, da Ihr vor dem Weltherrn werdet erscheinen müssen, wird Ihnen kein so nachsichtiger Beistand zur Verfügung stehen!« – »Du predigst in der Wüste,« erwiderte Gernande; »unbestreitbaren Wahrheiten setzest du Gemeinplätze entgegen. Schau mal, ob meine Lustknaben bereit sind und führe sie in mein Gemach; ich werde mich bald zurückziehen; gehe, und bereite deinen kleinen Verstand und deine großen Grundsätze auf die morgigen erstaunlichen Ausschweifungen vor.«

Frau de Gernande erwartete unruhig und erschöpft Justine, um sie wegen einiger Einzelheiten der Vorbereitungen des folgenden Tages zu befragen. Unsere Heldin glaubte, ihr nichts verbergen zu dürfen. »Ach!« sagte die unglückliche Gattin, und ihren Augen entströmten Tränenfluten, »morgen ist vielleicht der letzte Tag meines Lebens; ich muß auf alles gefaßt sein, wenn diese Barbaren sich zusammentun. Ach, Justine, wie gefährlich sind die Menschen ohne Moral, ohne Zartgefühl, ohne Grundsätze!«

Indessen bereitet sich ein jeder für die Nacht vor und glaubt durch die wüstesten Ausschweifungen die nötigen Kräfte für die noch schrecklicheren des folgenden Tages zu finden. Verneuil schlief mit Dorothea, Gernande zwischen zwei Lustknaben. d'Esterval mit Frau de Verneuil und Bressac mit einem Kammerdiener seines Onkels.

Am nächsten Tage bereiteten die Alten den schönsten Salon des Schlosses vor; der Fußboden wurde mit einer sechs Zoll dicken, mächtigen Matratze bedeckt, die einen Teppich bildete, auf dem zwei bis drei Dutzend Polster umherlagen. Eine große Ottomane war im Hintergrunde des Salons angebracht; rings umher liefen so viele Spiegel, daß alles, was vorging, tausend- und aber tausendmal zurückgeworfen wurde. Auf Rolltischen aus [344] Ebenholz und Porphyr, die allenthalben standen, lagen alle zur Wollust dienenden Geräte: Ruten, Klopfpeitschen, Ochsensehnen, Nadeln, Fesseln aus Hanf und Eisen, Godmichés, Condome, Spritzen, Pomaden, Essenzen, Zwickzangen, Scheeren, Dolche, Pistolen, Giftbecher, alle möglichen Stimulantien und verschiedene sonstige Marter und Giftinstrumente; all das war reichlich vorhanden. Auf einem enormen Buffet gegenüber der Ottomane, am anderen Ende des Salons waren in Hülle und Fülle die schmackhaftesten und erlesensten Speisen symetrisch aufgestellt zu sehen; die meisten konnten warm bleiben, ohne daß man die Wärmequelle bemerkte. Karaffen aus Bergkristall befanden sich zwischen dem sächsischen, und japanischen Porzellan, das diese Speisen enthielt und waren mit den besten Weinen und den seltensten Likören gefüllt. Eine Unmenge Rosen, Nelken, Jasmin, Maiglöckchen und andere noch köstlichere Blumen gestalteten diesen Tempel der Wollust vollends schön und wohlriechend; alles war hier vereinigt, um für den ganzen Tag die Geilheit und die Sinnlichkeit zu befriedigen.

Im Hintergrunde des Saales befand sich, künstlerisch in einer Wolke dargestellt, das Bild des angeblichen Gottes des Weltalls in Gestalt eines Greises. Eine zweite Ottomane befand sich unterhalb dieser Wolke; darauf lagen die verschiedenen Attribute aller Religionen der Erde, wie Bibeln, der Koran, Kruzifixe, geweihte Hostien, Reliquien und andere Dummheiten dieser Art, Sechs Kabinette schlossen sich an den Salon und boten denjenigen, die sie benützen wollten, ungestörte Stätten für besondere Vergnügungen; daneben waren hübsche Garderoben mit Waschbecken und Sitzwannen. Eine schöne Terrasse mit Orangenbäumen, mit einem Zeltdach und Jalousien versehen, schloß sich gleichfalls an den Salon an und ermöglichte dadurch, frische Luft zu schöpfen; ein großer Erdwall umgab sie und konnte durch seine Tiefe für immer die Materie, die durch die Frevler bei ihren scheußlichen Orgien zerstört wurde, bergen; eine Vorsicht, die beweist, wie sehr diese Wüstlinge das Verbrechen liebten und wie sie stillschweigend entschlossen waren, es ganz kaltblütig zu begehen.

Punkt zehn Uhr morgens begab sich die Gesellschaft in das vorbereitete Lokal, jeder in ein anderes Kostüm gehüllt, das wir genauer schildern wollen.

Frau de Verneuil war nach Art der Sultaninnen in Konstantinopel gekleidet, was ihr wunderbar stand.

Cécile, ihre reizende Tochter, erschien als Murmeltier [345] maskiert, wodurch sie die Geilheit im höchsten Grade weckte.

Der junge Viktor trug die Attribute Amors.

Marceline stellte eine Wilde dar.

Ihre Tochter Laurette trug ein einfaches Gazehemd, das mit großen Lilabändern gefällig an den Hüften und den linken Busen geknüpft war; dadurch wurde eine ihrer Brüste und die Hälfte ihrer Hinterbacken sichtbar. Da sie ihre beiden hübschen Kinder fast nackt an der Hand führte, glich sie der Göttin der Jugend, umgeben vom Spiel und vom Lachen.

Frau de Gernande erschien in dem interessanten Kostüm der Opfer, die man im Tempel der Diana schlachtete; sie hätte für Iphigenie gelten können.

Justine erschien als Kammerzofe, mit nackten Armen; sie war mit Rosen geschmückt und ihre schöne Taille trat gut hervor.

Dorothea zeigte sich im Kostüm, das von den Malern der Proserpina beigelegt wird; es entsprach ganz ihrem Charakter und war von feuerrotem Satin.

Die sechs hübschesten Lustknaben Gernandes stellten Ganymeds dar.

John und Constant, Verneuils Kammerdiener, erschienen als Herkules und Mars.

Verneuil, d'Esterval, Bressac und Gernande trugen rote Seidengewänder, die sich eng an ihre Haut anschmiegten und sie vom Nacken bis zu den Füßen bekleideten. Zwei kunstvoll vorn und hinten angebrachte runde Oeffnungen ließen ihre Hinterbacken und ihr Glied frei. Sie waren stark rot geschminkt und trugen auf dem Kopfe einen leichten, brennroten Turban. Sie ähnelten den Furien.

Vier sechzigjährige Alte wurden, als spanische Matronen gekleidet, zum inneren Dienst zugelassen, worauf die Sitzung ihren Anfang nahm.

Alle standen aufrecht in einem Halbkreis, als die Meister im Saale erschienen. Alle knieten nieder, sowie sie diese erblickten. Dorothea schreitet auf sie zu und sagt ihnen folgendes:

»Illustre und hohe Herren, alle Subjekte, die Sie hier sehen, warten nur auf Ihre Befehle. Sie werden bei allen die größte Unterwürfigkeit, die vollständigste Ergebung, die höchste Willfährigkeit finden. Befehlen Sie also Ihren Sklaven, unumschränkte Gebieter dieser Stätten; verlangen Sie es und wir werden vor Ihnen im Staube liegen, um Ihre Aufträge zu erwarten oder zu fliegen, um Ihren Wünschen zuvorzukommen. Vermehren Sie die Zahl [346] Ihrer Lüste, lassen Sie Ihren Trieben und Leidenschaften den freiesten Lauf; unser Können, unser Dasein, unser Hab und Gut, alles gehört Ihnen; Sie können über alles verfügen. Schwelgen Sie im Gedanken an die Ruhe, mit der Sie hier genießen werden. Kein Mensch auf Erden würde es wagen, Ihre Genüsse zu stören; Ihre ganze Umgebung wird sie nur noch lebhafter gestalten. Ueberschreiten Sie also alle Schranken; scheuen Sie vor nichts zurück. Die traurigen Vorurteile des Pöbels können und dürfen so mächtige Wesen nicht hindern; Ihre Gesetze sind die des Universums; Sie sind die einzigen Götter, die man anbeten darf. Mit einem einzigen Worte können Sie uns vernichten, mit einer Geste uns in Staub verwandeln; aber selbst wenn Sie dies täten, würden wir Sie noch mit unserem letzten Hauch erhöhen, lieben und ehren.«

Nach diesen Worten verbeugt sich Dorothea, saugt die vier Gliede und bittet um die Erlaubnis, ihren Arsch lecken zu dürfen; dann zieht sie sich schweigend zurück und wartet der Befehle.

»Mein Freund,« sagte Gernande zu seinem Bruder, »dieses Fest wird deinetwegen gefeiert, du hast alo hier zu befehlen; gewiß stimmt mein Neffe zu; unser Freund d'Esterval, dem wir ein anderesmal das Verfügungsrecht anvertrauen werden, wird es heute dir gerne überlassen.« Alle geben ihren Beifall zu erkennen. Verneuil, mit der höchsten Macht betraut, setzt sich also auf eine Art Thron, der auf einer mit einem purpurroten, goldgefransten, Sammetteppich bedeckten Estrade sich befindet. Sowie er sitzt, kommen die Frauen, die Mädchen, die Kinder, die Knaben und die Alten unterwürfig herbei und reichen ihm nach dreimaliger Kniebeuge ihre Hintern zum Küssen. Hierauf begeben sie sich nach einander zu den drei Freunden, die auf den den Thron umgebenden Fauteuils saßen und mit jeder Nahenden nach Belieben umgingen. »Wenn es Sie während dieser ersten Runde,« sagt Verneuil, »gelüsten sollte, an einigen der sich Ihnen darbietenden Gegenstände energischere Maßregeln vorzunehmen, so schließen Sie sich sofort in ein Kabinett ein, um nicht die Ordnung zu stören; ist dann Ihre Leidenschaft gekühlt, dann führen Sie die Person wieder in die Versammlung zurück.« Bressac macht als erster davon Gebrauch; er kann die reizenden Hinterbacken seines Vetters Viktor nicht nackt sehen, ohne weiter zu gehen; er zieht ihn in eines der Kabinette, indes d'Esterval, von Cécile begeistert, mit ihr seinen heißen Trieb befriedigt. Gernande tut desgleichen mit Laurette. Verneuil zieht [347] sich mit Marceline und den beiden Kleinen zurück, während Dorothea, der man alle Rechte der Männer eingeräumt hatte, sich mit Constant einschließt.

»Meine Freunde,« sagt Verneuil, nachdem er wieder seinen Platz eingenommen hatte, »da das offene Bekenntnis der Geilheiten, denen man sich hingegeben hat, das Feuer der Begierden nur noch mehr entfacht, so wünsche ich, daß ein jeder über alle wollüstigen Handlungen, die er soeben vorgenommen hat, mit lauter Stimme und möglichst detailliert Rechenschaft ablegt. Reden Sie, Gernande; Ihre Freunde werden Ihnen folgen. Vergessen Sie namentlich nicht, möglichst unverhüllte, klare Schilderungen zu geben und die technischen Ausdrücke zu verwenden; verdecken wir schamhaft die Tugend, das Verbrechen möge immer offen hervortreten.«

Gernande erhebt sich. »Ich habe mich,« sagt er, »mit Laurette eingeschlossen; ich habe ihr den Mund und das Arschloch geleckt; sie hat mein Glied gesaugt, während ich ihre Achselhöhlen leckte; ich habe ihre Arme, fest gesaugt und habe ihr sechs Schläge auf den Bauch versetzt, deren Spuren Sie noch jetzt sehen dürften; dann hat sie meine Hinterbacken geküßt, worauf ich sie gezwungen habe, meinen Arsch zu lecken.« – »Haben Sie erigiert?« – »Nein!« – »War der geile Kitzel lebhaft?« – »Mäßig.« – »Hat sich Ihre Phantasie für stärkere Dinge erhitzt?« – »Oh, ich wünschte entsetzliche Gräuel.« – »Warum haben Sie solche nicht ausgeführt?« – »Sie hätten den Gegenstand der Gesellschaft geraubt; ich wollte dieser ihren Genuß bewahren.« – »Werfen Sie sich zu Gernandes Füßen und danken Sie ihm für seine Güte, Laurette.« – Sie tut es, worauf Bressac an die Reihe kommt. Er sagt:

»Ich habe mich mit Viktor eingeschlossen, und ich habe in seinen Mund gefickt; im Moment, da mein Glied seine Lippen verließ, habe ich seine Zunge gesaugt; dann habe ich seinen Arsch geleckt und ihn sodomiert.« – »Haben Sie ihm ins Gewissen geredet?« – »Außerordentlich; alle Tugenden habe ich ihm ausgeredet, jedes Laster habe ich ihm als schätzenswert hingestellt.« – »Wie stark war Ihre Wollust?« – »Sehr heftig.« – »Haben Sie Samen ergossen?« – »Nein.« – »Hat es Sie nach Aergerem gelüstet?« – »Gewiß!« – »Haben Sie beim Ficken Gott gelästert?« – »Sehr!« – »Ist Ihr Glied rein oder unrein aus dem After des Jünglings herausgekommen?« – »Es war voll Koth.« – »Warum haben Sie es ihm nicht ablecken lassen?« – »Ich habe es getan.« – »Haben Sie dann seinen Mund gesaugt?«

[348] – »Ja.« – »In welchem Zustande ist Ihr Glied?« – »Wie Sie sehen, steif.« – »Lasset es von einem Lustknaben in diesem Zustande erhalten.«

»Nun ist die Reihe an Ihnen, d'Esterval.« – »Ich habe Céciles Scham geleckt, habe mein Glied eingeführt und habe das durch diesen Akt ergossene Sekret gesaugt; dann habe ich ihren Mund geleckt und ihre Hinterbacken geküßt, auf denen sie die Spuren von sechs wohlapplizierten Schlägen sehen.« – »Haben Sie sie von hinten bearbeitet?« – »Nein, ich habe sie verschont.« – »Hat es Sie nach dem Arsch gelüstet?« – »Ja.« – »Ist Ihr Sperma geflossen?« – »Nein.« – »Hat dieses Mädchen Sie stark erregt?« – »Außerordentlich.« – »Hat Sie Ihren Hintern geküßt?« – »Sie hat ihre Zunge hineingesteckt.« – »Haben Sie Ihr Glied in ihren Mund gesteckt?« – »Wiederholt.« – »In welchem Zustand ist Ihr Glied?« – »Steif.« – »Wählen Sie wen, um es so zu belassen.«

»Jetzt kommt Ihr dran, Dorothea!« – »Ich habe mich von Constant bearbeiten lassen.« – »In den Hintern?« – »Ja.« – »Hat er gut erigiert?« – »Famos.« – »Hat er sich darin entladen?« – »Nein.« – »Wohin hat er denn ergossen?« – »Ich habe sein Sperma verschluckt.« – »Haben Sie seinen Arsch geküßt?« – »Ja.« – »Hat er Ihren Kitzler gesaugt?« – »Ich habe ihn in seinen Hintern gesteckt.« – »Haben Sie Aergeres gewünscht?« – »O, hundertmal.«

»Jetzt ist die Reihe an mir, meine Freunde,« sagte Verneuil, sich erhebend. »Sie haben mich mit meiner Schwester Marceline und ihren zwei Enkeln, den Früchten meiner Blutschande mit der Tochter meiner Schwester, hinausgehen sehen. Nun, Marceline hat mich gepeitscht, ich habe den Arsch meiner Enkelkinder geküßt und mein Glied zwischen ihre Schenkel geschoben, dann habe ich meine Schwester sodomiert.« – »Haben Sie ergossen?« fragte Gernande. – »Nein.« – »Haben Sie Ihren Hintern küssen lassen?« – »Ja.« – »Hat man Ihr Glied gesaugt?« – »Ja.« – »Ist Ihr Sperma geflossen?« – »Nein.« – »Wonach gelüstete es Sie?« – »Nach Gräueln.« – »Versprechen Sie uns, solche zu vollführen?« – »Gewiß.«

»Nun wollen wir uns mit ernsteren Dingen befassen,« sagte Verneuil. »Ein jedes von uns (Dorothea, Sie sind immer inbegriffen, Sie sind würdig, unter die Männer zu zählen), ein jedes soll auf dieses Papier seinen Wunsch in Bezug auf Geilheiten schreiben und unterzeichnen. Die fünf Billette werden in einen Kelch geworfen, den eine [349] der Alten herumträgt. Zehn Personen, die ich bezeichnen werde, müssen, immer je zwei, ein Billett ziehen. Jedes Paar wird dem Unterzeichner des Billetts, das es gezogen hat, zufallen und den darauf geäußerten Wunsch befriedigen. Nur der Zufall soll über die Behandlung der Paare entscheiden, die immerhin arg genug sein muß, um dem Gegenstand Schreie zu entlocken.

Frau de Gernande und ihre getreue Justine werden das erste Billet ziehen.

Frau de Verneuil und Laurette das zweite; Marceline und Lili das dritte; Cécile und Rose das vierte; eine der Alten und der hübscheste Lustknabe das fünfte.

Sie sehen, daß ich bei Viktor eine Ausnahme mache: die Handlungen, die Sie ihn beständig werden vornehmen sehen, machen ihn eher würdig, unter den Handelnden, als den Leidenden zu figurieren.«

Die fünf Billette werden beschrieben; eine Alte wirft sie in eine Urne und stellt sich auf die Ottomane unter das Symbol des höchstens Wesens, worauf die einzelnen Paare nacheinander ziehen und mit lauter Stimme das ihnen zufallende Los verlesen müssen.

d'Esterval hat den Wunsch geäußert, die Hinterbacken fest zu zwicken und das Arschloch und den Kitzler zu beißen. Frau de Verneuil und Laurette fallen ihm zu.

Bressac erklärt, er wolle sodomieren, die Brüste kneifen und gewaltige Ohrfeigen geben; Frau de Gernande und Justine gehören ihm.

Dorothea will mit einer Nadel die empfindlichsten Körperstellen stechen und auf das Gesicht scheißen. Die Alte und der Lustknabe sind für sie bestimmt.

Gernande erklärt, er werde sechs leichte Einstiche mit seinen Lanzetten vornehmen und sich lecken lassen. Cécile und Rose sind sein Anteil.

Verneuille kündigt Geißelung bis aufs Blut an. Marceline und Lili fallen ihm zu.

Am Fuße des Sofas, neben dem göttlichen Symbol, hatte man sich beraten; ebendort erfüllte sich das Los der Opfer.

Bressac ist der einzige, der bei der Ausführung seinen Samen verliert, und zwar in den Hintern Justinens, wobei er die arme Gräfin derart ohrfeigt, daß ihr die Tränen aus den Augen fließen.

Diese verschiedenen Szenen haben, wie leicht denkbar, alle Kleidungen zum Verschwinden gebracht, so daß man nur mehr Nacktheiten gewahrte.

[350] »Jetzt,« schrie Verneuil, »müssen wir meine Frau quälen. John und Constant strecken diese Unglückliche auf der Erde aus; ein jeder soll sie nach den Eingebungen seiner ruchlosen Phantasie martern. Sie, Cécile, meine und ihre Tochter legen sich auf die heilige Ottomane (die obenerwähnte war damit gemeint); die Genüsse, die Ihre Reize bieten, werden die Folterknechte Ihrer Mutter belohnen. Ich werde den Preis je nach der Energie, mit der man meine Frau gequält hat, zuerkennen. Viktor, legen Sie sich neben Cécile, um denen, die Ihr Geschlecht vorziehen, süßere Freunden zu gewähren.« Er wies dann auf seine Frau auf der einen, auf seine beiden Kinder auf der anderen Seite und rief: »Mut, Freunde! hier ist das Opfer, hier der Lohn!« Marceline steht neben ihm und reibt ihn; zwei Lustknaben bieten ihm ihre Hintern. Dann geht es los.

Gernande ist der erste; seine ruchlose Lanzette macht fünfzehn Einschnitte leichter Art in das schöne Fleisch der Unglücklichen; dann wirft er sich auf Viktor und läßt sich von ihm lecken.

Dorothea folgt ihm und drückt so stark den Busen der Frau de Verneuil, daß sie schauerliche Zuckungen hervorruft; dann stürzt sie sich auf Cécile und ergießt auf deren Nase.

D'Esterval reißt dem Opfer Haare aus und sticht ihre Schamlippen blutig; er ergießt sich in Viktors After.

Bressac versetzt seiner Tante mächtige Faustschläge ins Gesicht; sie blutet; er sodomisiert sie, reißt ihre Ohren, daß sie fast auseinandergehen, und fickt in den Arsch des reizenden Viktors.

Jetzt naht Verneuil. Wie leicht denkbar, schont er seine Frau nicht; er schlägt, kneift und quält sie, worauf er in dem schönen Arsch Céciles seine Glut stillt.

»Nun, Viktor,« sagte er zu seinem Sohn, »sehen wir mal, wie du deine Mutter behandelst. Bewundere diesen Verwandten, der nicht so lange die seinige schonte; o Bressac! ermutigen Sie Ihren Neffen, Ihnen eines Tages nachzuahmen!« Der junge Viktor ist bereit. Der grausame, brutale Vater befiehlt ihm, die eigene Mutter zu insultieren; seine eigene Schwester soll ihm als Lohn winken. Ach! der junge Knabe überläßt sich nur allzu willig den Ruchlosigkeiten, die man von ihm zu fordern wagt; man braucht ihm nicht erst Vorschriften zu geben. »Schöne Mama,« sagt der kleine Lüstling, »ich weiß, was Sie in Verzweiflung versetzt; fügen Sie sich darein, daß ich es tue. Wenden Sie mir Ihren schönen Arsch zu, damit ich ihn auf jede Weise, die Ihnen nicht behagt, genieße.« Da war jeder Widerstand nutzlos.

[351] Die Alten umringten das Opfer und hätten es unbedingt sofort gepackt, wenn es sich den geringsten Widerstand erlaubt hätte. Viktor, mit einem Bündel Ruten versehen, wagte es, seine schändliche Hand gegen seine Mutter zu erheben. Von Gernande, Bressac, d'Esterval und Dorothea ermutigt, peitscht das Scheusal, ein würdiger Rivale Bressacs, seine Mutter aus Leibeskräften. Ist es glaublich? Verneuil reibt das Glied seines Sohnes, um ihn noch mehr anzuregen, indeß er sein Weib festhält. Der kleine Wüstling, höchsterregt und trotz der Greuel, die ihn schänden, schöner wie Amor, schreit: »Mein Vater! ja, ja, halte sie fest, während ich sie von hinten ficke.« Der gefällige Verneuil fixiert das Kreuz seiner Frau und steckt das Glied seines Sohnes sorgfältig in den Arsch seiner zarten Hälfte. So vollzieht sich die Blutschande, indeß der frevlerische Vater auf tausend Wegen die schamlosen Genüsse des ruchlosen Sohnes steigert. »Wie wirst du dir jetzt deinen Lohn holen?« fragte Verneuil Viktor; »wird deine Erschöpfung das erlauben?« – »Erschöpft? ich?« fragt der Spitzbube, indem er bewies, daß der Anlauf, den er genommen hatte, seine Waffe nur geschärft habe, »sehen Sie mal zum Teufel diesen Penis; sollte er nicht imstande sein, das gleiche der Schwester anzutun, wie der Mutter? Ich will den Kot, den ich im Hintern meiner Mutter aufgefischt habe, in den Arsch der Tochter verpflanzen; nichts Köstlicheres gibt's als das.« Damit stürzte er auf Cécile los und wendet sich ihrem Hintern zu. Der Schelm will schon an die Arbeit gehen, als Verneuil die Gier seines Sohnes zügelte; er bat ihn, einen Moment zu warten, damit mehr Ordnung in seine Genüsse komme. Cécile kniet auf dem heiligen Sopha und weist voll und ganz den doppelten Pfad der Freuden. Verneuil bahnt sie, dann führt er seinen Sohn ein. Laurette wird rittlings auf Céciles Kreuz gesetzt und bietet ihren niedlichen Arsch den Küssen des Jünglings dar. Rechts und links locken verführerisch zum Streicheln die Hintern der Frau de Gernande und der Frau de Verneuil. Verneuil sodomisiert seinen Sohn und läßt sich von ihm desgleichen tun. Bressac, d'Esterval, Gernande und Dorothea, trunken von diesem Schauspiel, umringen jene; der erste sodomisiert einen Lustknaben, der zweite wird von Marceline gerieben, deren Hinterbacken er kneift, der dritte läßt sich von Lili lecken, die vierte von Constant ficken. Nach kurzer Zeit erreichen alle ihr Ziel; Fluten von unreinen, sodomistischen, blutschänderischen Samen ergießen sich vor den Augen des Ewigen, den man deshalb aufgestellt hat, um ihn zu beschimpfen; infolge der Erschöpfung sehen sich die Wüstlinge genötigt, sich zu kräftigen.

[352] Man nähert sich dem Buffet. Die Pasteten, Schinken, Geflügel und Rebhühner werden zerschnitten, die Flaschen entkorkt, alles wird aufgezehrt; aber bald darauf ruft die anspruchsvolle Göttin von Cythera alle ihre Anhänger zu ihren verlassenen Altären zurück.

»Meine Freunde,« sagte Verneuil, seinen Platz wieder einnehmend, »wir haben soeben das Los wegen unserer Genüsse zu Rate gezogen; ich bin der Meinung, wir sollen jetzt das höchste Wesen über den gleichen Gegenstand befragen. Hier steht er, der die Zukunft kennt; ich befehle also einem jeden, das Glied in der Hand haltend sich vor ihm aufzupflanzen und ihn vermittelst der Formel, die am Fuße seines Trones geschrieben steht, zu befragen. Das höchste Wesen, dessen Stellvertreter ich hier bin und dessen Befehle ich heute morgens erhielt, wird Ihnen durch ein Billet antworten, dessen Inhalt Sie ausführen werden. Sie erinnern sich wohl, daß der Stil der Bestimmungen Gottes stets ein wenig unklar ist; Sie müssen also nachhelfen, die Absicht erraten und demgemäß handeln. Die Art, wie Sie sich eben aufgeführt haben, Viktor, beweist mehr denn je, daß Ihr Platz unter uns ist; Sie werden daher nicht mehr Opfer sein, außer wenn es Ihnen Vergnügen bereitet. Beginnen Sie, Gernande, befragen Sie Gott.« Gernande liest in der vorgeschriebenen Haltung folgende Worte mit lauter Stimme herunter:

»Verächtliches Abbild des lächerlichsten Phantoms, dem nur im Bordell eine Stätte gebührt, der du nur dazu gut bist, die Freuden des Arsches zu regeln, was muß ich tun, damit ich wieder in Erektion gerate? Lasse es mich wissen; ich werde deine Vorschriften ausführen; doch erkläre ich feierlich, daß ich nur darin dir gehorchen will; zu fest begründet sind meine Verachtung und mein Haß, zu gewiß sind sie, als daß ich mich dir je in anderen Dingen unterwerfen könnte.«

Kaum hatte Gernande diese Worte gesprochen, als eine Rolle weißer Seide aus dem Munde des Ewigen zu seinen Füßen geschleudert wurde. Er rollt sie auf und liest folgendes: »Nimm deine Schwägerin und deine Schwester Marceline; gehe mit ihnen in ein Boudoir; dort wirst du das Blut mischen und das Sekret trinken.«

Gernande schließt sich sogleich ein. Alle andern taten desgleichen, nachdem ihnen ihre Befehle zugekommen waren.

Bressac kommt als zweiter dran; er liest die gleiche Formel herunter, worauf die Rolle herabfällt. Darauf stand: »Nimm zwei Lustknaben und kennzeichne sie.«

Es folgt Dorothea; die Rolle besagt: »Die Gernande [353] und Constant sollen dir folgen; werde zugleich der Henker der einen, die Hure des andern.«

D'Esterval liest: »Nimm Cécile und Lili; schone die letztere, überhäufe dafür die erstere.«

Verneuil: »Justine und John gehören dir; setze dein Geheimnis mit der ersteren aufs Spiel, damit der zweite dich rächt, wenn man dich zurückweist.«

Viktor beschließt: »Nimm zwei Lustknaben und zeige dich würdig deines Vaters.«

Die Unmöglichkeit, jedem der Handelnden in sein Kabinet zu folgen, wird uns bei unseren Lesern entschuldigen, wenn wir uns nur auf die Vorgänge beschränken, an denen unsere Heldin beteiligt war.

»Justine,« sagte Verneuil, nachdem er sich mit ihr eingeschlossen hatte, »lassen wir einen Moment diesen Knaben in die Garderobe treten und höre mir aufmerksam zu. Die Stimme Gottes, des Herrn der Welt, hat mir zugerufen, ich könne dich in mein Geheimnis einweihen; ich will es tun; treibe damit keinen Mißbrauch, trachte, daß ich mein Vertrauen nicht bereuen muß.

Ich kann dir, meine Liebe, nicht verbergen, daß du etwas an dir hast, das mir außerordentlich gefällt. Mein Bruder findet bei dir Geist, aber zu viel Prüderie; lasse ab von ihr, da sie deinen Reizen Abbruch tut. Verzichte auf deine dumme Religion und Tugend, durcheile mit mir den dornigsten Pfad des Verbrechens. Gib deine Zustimmung, auf mein Gut zu kommen, dann ist dein Glück gemacht; aber wenn du es annimmst, bedarf es unendlichen Mutes, Hingabe, gänzlicher Resignation ...« – »Ach, Herr, um was handelt es sich denn?« – »Um ein Greuel. Zunächst, mein Kind, sei überzeugt, daß es keinen größeren Frevler auf Erden gibt als mich; keiner treibt es im Verbrechen und der Grausamkeit weiter als ich. Um meine perversen Gelüste ohne soviel Risiko wie die gewöhnlichen Uebeltäter zu befriedigen und um meine Opfer durch eine ungeheuerliche Ruchlosigkeit, die alle meine Sinne unsagbar erregt, zu vermehren, bediene ich mich eines Pulvers, das demjenigen sofort den Tod verursacht, der es einatmet oder verschluckt. Dieses Pulver rührt von der Addadwurzel her, die in Afrika 28 wächst, aber auch bei uns gezüchtet werden kann. Das daraus gewonnene Gift ist so heftig, daß eine sehr kleine Dosis schon sehr rasch den schmerzhaftesten Tod herbeiführt. Du kannst dir, meine Liebe, gar nicht vorstellen, welche unglaubliche Zahl von Opfern auf diese tückische Weise zugrunde gegangen ist. Aber da der, welcher dem Verbrechen huldigt, nach immer höheren [354] Zielen strebt, beschäftige ich mich, wenig befriedigt von der Zahl der Individuen, die mir zum Opfer fallen, mit einem Mittel, das mein Feld erweitern soll. Doch um dabei Erfolg zu haben, bedarf ich einer Hilfe. Ich habe meine Blicke auf dich gerichtet; mit diesem Höllenpulver (dessen Namen habe ich ihm gegeben) müßtest du die Städte durcheilen und dieses Gift verteilen; ich würde das beispiellose Glück genießen, deine Frevel den meinen beizugesellen und sie als die meinigen zu betrachten, da sie ja mein Werk sind.« – »Wie! mein Herr, solche Greueltaten? ...« – »Bewirken meine süßesten Freuden. Wenn ich mich dieser Handlungsweise hingebe, werden zunächst meine Geister unglaublich angeregt, was daraus ersichtlich ist, daß sogleich mein Sperma abgeht, ohne daß ich sonstiger Hilfe bedarf.« – »Ach, Herr, wie beklage ich Ihre Umgebung!« – »Nein, meine Frau, meine Kinder, meine Dienerschaft laufen keine Gefahr, sie bieten mir andere Freuden, die ich ohne sie entbehren müßte. Aber im übrigen ... ehrgeiziger als Alexander, möchte ich die ganze Welt verwüsten und sie mit den von mir Ermordeten bedecken.« – »Sie sind ein Scheusal; Ihre Entartung wird sich durch diesen neuen Anreiz nur noch verdoppeln und die geheiligten Wesen, die Sie heute noch schonen wollen, werden bald auch geopfert werden.« – »Du glaubst, Justine?« fragte Verneuil, ihren Hintern tätschelnd und seinen durch ihre Prognose höchst erregten Penis in ihre Hand drückend. – »Ich bin davon überzeugt.« – »Und wenn dem so wäre, mein Engel, würde ich damit ein so großes Verbrechen begehen?« – »Ein schreckliches, ein entsetzliches; und werde ich nicht sobald auch Ihnen zum Opfer fallen?« – »Niemals, du wärest mir zu kostbar, zu nötig dazu.« – »Ach, ich würde nur umso früher geopfert werden, wenn ich Ihr Anerbieten annähme. Das Klügste, was ein Frevler tut, ist, seine Komplizen unschädlich zu machen; von allen seinen Freveln ist zweifellos dieser der annehmbarste.« – »Ich will deinen Einwurf rasch abfertigen. Du wärest im Besitze meines Pulvers, hättest also die gleichen Rechte auf mein Leben, wie ich auf das deinige.« – »Ach, Verneuil, nur die Waffen, die sich in den Händen des Lasters finden, sind gefährlich; wenn die Tugend sie einen Augenblick besitzt, bedient sie sich ihrer nur dazu, um sie denjenigen zu rauben, die damit Mißbrauch treiben.« – »Also du glaubst, mein Kind, es wäre ein großes Uebel, sich auf diese Weise zu befriedigen?« – »Es wäre der abscheulichste aller Frevel, denn diese Art des Mordes ist die tückischeste und die gefährlichste, da man sich gegen sie nicht wehren kann.« – »Da du von meinem Bruder belehrt worden bist,« erwiderte Verneuil, »werde ich dir nicht wiederholen, [355] was er und die anderen Philosophen, bei denen du dein Leben zugebracht hast, dir über die Nichtigkeit des angeblichen Verbrechens, nämlich des Mordes, gesagt haben; ich will mich nur darauf beschränken, dir verständlich zu machen, daß von allen Arten des Mordes die, welche nicht mit Blutvergießen verbunden ist, die sicherlich am wenigsten schreckliche ist. Tatsächlich mußt du mir zugeben, daß, wenn etwas bei der Verrichtung von seinesgleichen abstößt, die Gewaltsamkeit es ist, mit der man gegen ihn vorgeht, und das Blut, das man vergießt, kurz das Schauspiel seiner Wunden. Bei der Vergiftung geht alles glatt vor sich; keine Gewalttätigkeit; der Tod tritt vor Ihren Augen die verurteilte Person ganz leise an, fast ohne daß Sie es ahnen. O Justine! Das Gift ist ein köstliches Ding; wieviel Dienste hat es schon geleistet! wie viele Menschen schon bereichert! von wieviel unnützen Leuten die Welt gereinigt! wieviel Tyrannen hat es schon aus der Welt geschafft! Gesetzt den Fall, man möchte die Ketten des Despotismus, die Tyrannei eines Vaters, eines Gatten, eines ungerechten Herrn brechen, gelingt dies nicht am sichersten durch Gift? Wäre dieser kostbare Saft dem Menschen nicht nötig, hätte die Natur ihn uns geschenkt? Gibt es eine einzige Pflanze, die für uns unbrauchbar wäre, eine einzige, deren Gebrauch sie uns nicht unserem Wunsche gemäß gestattete? Verwenden wir sie also alle ohne Wahl für die Bedürfnisse, die dieselbe Natur uns einflößt; die einen mögen unsere Kräfte erhalten und vermehren, die anderen uns von den Säften befreien, deren Ueberfülle unserer Gesundheit abträglich ist, wieder andere mögen die Individuen beseitigen, die uns schaden oder zur Last fallen; all das ist in der richtigen Ordnung. Die Natur bietet und schreibt es zugleich uns vor; nur die Toren wollen es nicht verstehen und stoßen es zurück oder legen es falsch aus.«

»Aber, mein Herr,« sagte Justine, »nie sprach mir Ihr Bruder von dergleichen Greueln.« – »Er bat eben eine andere Art, Böses zu tun, und hält sich daran. Jeder verletzt die Gesetze, die Religion und die gesellschaftliche Sitte nach seinem Belieben; man soll jedem seinen Geschmack lassen.« – »Nun, Herr, ich beklage Sie wegen des Ihrigen und erkläre zugleich feierlich, daß ich ihn nie fördern werde.« – Das unglückliche Mädchen wußte nicht, wie sehr diese Weigerung den Erzlüstling reizte. Verneuil geht von der Geilheit rasch zur Wut über: »Wohlan,« sagte er, »da die Verführung nichts nützt, so soll mich wenigstens die Gewalt befriedigen; wende mir deinen Arsch zu, der mich reizt.« Das Scheusal packt, küßt und beißt ihn, und befiehlt Justinen zu scheißen ... Das zitternde Opfer gehorcht; [356] sie glaubt dadurch, daß sie seine lüsternen Wünsche befriedigt, ihren Quälgeist zu befriedigen. Verneuil unterzieht den Kot einer genauen Betrachtung, atmet seinen Geruch ein und schlingt ihn hinab ... »Reizendes Mädchen,« sagt er, sich erhebend, »Sie haben mir einen köstlichen Genuß verschafft, dem wenige gleichkommen, ich muß gestehe, daß ich den Kot über die Maßen liebe. Aber ich glaube, in Ihrer Schuld zu sein, wenn ich mich nicht revanchiere; haben Sie also die Güte, meinen Platz einzunehmen, ich werde dafür an Ihre Stelle treten; was Sie mir gaben, Justine, Sie werden es zurückbekommen; Sie werden meinen Kot essen, wie ich den Ihren.« – »Großer Gott! es wird mir übel!« – »Teufel, das ist mir gleichgiltig; füge dich sofort, du Hure, oder ich lasse dich von dem Mann halten, der auf meine Befehle wartet; und wenn du Dirne mich dazu nötigst, so kannst du dich auf das äußerste gefaßt machen.« – »Tun Sie, was Sie wollen; es ist mir unmöglich, mich zu einer solchen Infamie herzugeben.«

John erscheint alsobald: er war mit zwei Pistolen bewaffnet, deren eine er Verneuil übergibt; beide setzen die Mündung der Waffe auf Justinens Schläfen. Die Unglückliche, ganz erschrocken, nimmt die anbefohlene Stellung ein. »Halte sie fest,« sagte Verneuil zum Diener, indem er sich rittlings auf den Busen unserer Heldin setzte, »öffne ihr den Mund mit dem Lauf deiner Pistole, wenn sie es nicht gutwillig tut; kein Mitleid mit einem ungehorsamen Mädchen.« Ach! alles geht nur zu sehr nach Wunsch des Ruchlosen. Er tastet mit dem Arsch, ob er genau über Justinens Gesicht sitzt; nachdem er das konstattiert hat, gibt er seine Geschützsalve ab und füllt den Mund des armen Mädchens mit dem ekelhaften Stoffe. »Das ist nicht genug,« sagte er, sich erhebend, um sein ruchloses Werk zu betrachten, »sie müssen es verschlingen.« Justine wird von neuem bedroht. Was bewirkt nicht die Angst? Die Unglückliche gehorcht; aber ihr Inneres dreht sich um, man sieht, daß sie das Hinabgewürgte mit Zinsen herausgeben wird. Ist's glaublich? Kann man sich eine hinreichend richtige Vorstellung von der zügellosen Leidenschaft dieses Schamlosen machen, um die Scheußlichkeiten zu verstehen, denen er sich hingibt? Verneuil ließ sich während der obigen Szene beständig von John reiben und rieb ihn gleicherweise; jetzt legt er seinen Mund an den Justinens, um im Augenblick, da er sie sich erbrechen sieht, das abscheuliche Zeug aus den Eingeweiden seines Opfers in die seinigen überzuführen. »Dessen bedurfte ich, um zum Resultate zu kommen,« sagte er zu John. »Vorwärts, Hure, deinen Hinteren! du weißt, ich habe diesen [357] schönen Arsch noch nicht versucht; ich will ihn ficken.«

Von John unterstützt, gelingt ihm die Sache bei dem Zustand von Unwohlsein, in dem sich Justine befindet, leicht. So gewaltig Verneuils Glied auch ist, infolge der Heftigkeit, mit der er vorgeht, und Justinens Wehrlosigkeit verschwindet es bald. »Gut, ich habe sie,« sagte er; »bearbeite mich jetzt von hinten, lieber John, tue mir so, wie ich dieser Hure.« Es geht los; aber unsere unglückliche Heldin ist weit davon entfernt, vorauszusetzen, wohin die Grausamkeit des Scheusals steuert. Sie lag in ihrer ganzen Länge auf einem Kanapee. Verneuil setzt plötzlich eine Feder in Aktion; das Kanapee stürzt in die Tiefe, zwanzig Fuß hinab, und Justine fällt in ein großes Bassin mit Eiswasser, das für sie vorbereitet ist. In diesem Moment ejakuliert Verneuil; seine Hand bewirkt vollends den Erguß. »Teufel!« brüllt er, »sie entwischt mir.« Das Sperma, mit dem er sonst den Hintern des Opfers bespült hätte, fließt in dicken Strahlen auf das Wasser, mit dem die Unglückliche kämpft. »Lasse Sie herausfischen!« sagt Verneuil phlegmatisch zu John, der sich eben in seinen Hintern entladen hatte, »schnell, sonst könnte die Hure ertrinken, wir brauchen sie aber noch; sonst würde ich sie, meiner Treu, drin lassen.«

Nach dieser schönen Heldentat kehrt er in den Salon zurück. Gernande, Bressac, d'Esterval, Viktor und Dorothea traten daselbst fast gleichzeitig ein. Sie schilderten einander voll Interesse die Genüsse, die sie eben gekostet hatten. In jedem Kabinet waren ähnliche Schelmenstreiche ausgeführt worden; da alle Falltüren besaßen, hatten sich alle Frevler, die damit vertraut gemacht worden waren, ihrer bedient. Aber die Resultate waren verschiedener Art. Einer der Lustknaben Bressacs, den dieser bearbeitete, war in den Abort gefallen und man wußte nicht, wie ihn herausbefördern. Dorothea hatte die Gernande auf die Aeste von Brombeersträuchern fallen lassen. Die hübsche Cécile, die wegen ihrer Jugend mehr geschont wurde, war von d'Esterval auf Matratzen geworfen worden und kam mit der bloßen Angst davon. Viktor ließ einen der Lustknaben, die ihm anvertraut worden waren, in angezündeten Spiritus fallen, so daß der Unglückliche den Feuertod sterben zu müssen glaubte. Gernande, der die Verneuil von hinten gefickt hatte, ließ sie auf dreißig angezündete Kerzen fallen, die sie mit ihrem Leib verlöschte. Die Opfer erschienen gebadet und erfrischt bald wieder, worauf man einen allgemeinen Plan entwarf.

»Ich fühle mich besser im Zuge denn je,« sagte Verneuil, »je mehr ich auf der Bahn der Wollust fortschreite, desto größer wird meine Erregung. Der Samenverlust ermüdet [358] nur die gewöhnlichen Menschen; mich reizt er und treibt mich zu neuen Akten der Wollust; je mehr ich ergieße, desto stärker wird meine Wollust. Leget Euch auf dieses große Kanapee, die Knie an den Rand gestemmt, und enthüllet mir Eure Hinterbacken. Mädchen, Knaben, Frauen, alle, alle müssen in Teufels Namen heran, ausgenommen diese beiden Kleinen (er wies auf Rose und Lili); ich behalte sie mir für eine andere Gelegenheit vor.« Es wird so arrangiert, daß die Geschlechter abwechseln. Als erster zeigt Bressac seinen Hintern dem Onkel. Dann kam Marceline; sowie sie sein Opfer in Empfang genommen hat, ergreift sie ein Rutenbündel und folgt ihrem Bruder, indem sie ihn peitscht. Der höllische Verneuil übergeht keinen; er sodomisiert die Männer und die Alten mit dem gleichen Eifer wie die Mädchen und die Knaben. Er gelangt endlich zu Gernande, ohne ergossen zu haben, und bearbeitet ihn. »Alter Schuft,« sagte er zu ihm, »wenn ich ergießen wollte, geschähe es sicher in deinen wüsten Arsch hinein; denn schon lange macht er mich erigieren; aber neue Genüsse locken mich, daher muß ich mich zurückhalten.«

Nun sagt er zu seinem Sohn: »Schau mal, Viktor, deine Mutter und deine Schwestern; willst du sie nicht ein wenig quälen? Tue doch nach meinem Beispiel und sodomisiere sie alle drei.« Das sittenlose Kind, von seinem Vater angeleitet, befolgt den Rat, indeß Verneuil ihn ebenfalls bearbeitet. Der Wüstling läßt sich Ruten reichen, stürzt auf die drei Opfer los und stäupt sie bis aufs Blut. Dann überreicht er die Ruten seinem Schüler und sagt ihm: »Peitsche deine Mutter, haue deine Schwestern; schone sie nicht, namentlich fürchte nicht, die Natur zu verletzen. Die Lasterhaftigkeit hat das Vergnügen jenseits der bekannten Schranken gesetzt; man kann es nur dann genießen, wenn man die Grenzen, die die Natur nach der Ansicht der Dummköpfe uns angeblich gesetzt hat, überschreitet. Kein Vergnügen ohne Frevel. Ah! wie haben sie für unsere Genüsse gesorgt, diese törichten Gesetzgeber, die sich anmaßten, den Menschen Gesetze vorzuschreiben; sich um sie nicht scheren und alle zu übertreten, darin liegt einzig die Kunst, zu genießen. Lerne diese Kunst kennen und durchbreche alle Schranken.« – »Papa,« sagt der kleine Schuft und drischt seine Mutter aus Leibeskräften, »du weißt, ich bitte dich schon lange um die Erlaubnis, Mamas Busen peitschen zu dürfen; gewähre mir diese Gunst und du sollst sehen, wie mein Glied steif wird.« Alle geraten in feurige Begeisterung; tausend Küsse drückt Bressac dem Knaben auf, der ihm so ähnelt; Gernande wünscht, daß seine Frau sich zu Frau de Verneuil geselle. [359] »Als Tante,« sagt der Wüstling, »hat sie, wie mir scheint, Rechte auf die Wüstheit dieses teueren Neffen.« Die beiden Opfer müssen niederknien und den Rücken an den heiligen Divan lehnen; das barbarische Kind, von allen mit Vergnügen betrachtet, schlägt, ohne die verhängnisvollen Launen eines so gefährlichen Gelüstes zu erwägen, gleichgiltig auf beider Busen los. Dieses Schauspiel versetzt die Gesellschaft in Hitze. Bressac sodomisiert d'Esterval, dieser einen Lustknaben; Gernande saugt das Glied Johns und das Constants, während Marceline ihn peitscht; Dorothea ergreift Justine und bearbeitet deren Hintern mit ihrem Kitzler. Indessen fällt Frau de Verneuil, auf die der Frevler rasend losschlägt, in Ohnmacht; das Scheusal aber vergißt sich so weit, das heiligste Gesetz der Natur zu profanieren, und wagt es, den blutbedeckten Schoß, dem er das Leben verdankt, mit seinem Sperma zu besudeln.

Indessen war es bereits spät am Tage und die Kräfte begannen sich schon zu erschöpfen; man beschloß also, um sich wieder zu stärken, noch einige Pasteten zu verzehren und einige Flaschen Champagner zu trinken. Dann wollte man das Standbild Gottes befragen, um zu erfahren, auf welche Weise man die für die Beendigung nötige Kraft wieder erlangen könne.

Nachdem die Bäuche gefüllt und die Köpfe in Hitze geraten waren, ließ Verneuil seinen Hintern dreimal vom Ewigen küßen und fragte ihn dann, wodurch er glaube, daß man wieder neue Kräfte schöpfen könne. – »Durch besondere Martern,« erwidert das göttliche Standbild. »Jeder möge sich in sein Kabinet zurückziehen und sich der Instrumente bedienen, die er daselbst vorfindet. Sie, Gernande, bemächtigen sich der Frau de Verneuil, Sie, Verneuil, Ihrer Tochter Cécile, d'Esterval soll Frau de Gernande, Dorothea, Laurette und Marceline mit sich nehmen; Viktor soll sich, von Constant unterstützt, mit Justine einschließen.«

Da wir bloß unsere Heldin beobachten wollen, so ist es uns unbekannt, zu welchen Martern die übrigen verdammt wurden. Unsere unglückliche Justine fand in dem ihr bestimmten Kabinet ein Marterinstrument vor, wie es bei den italienischen Henkern gebräuchlich ist. Bloß mit dem Steiß befestigt, schwebte ihr übriger Leib ganz frei und lastete mit seinem ganzen Gewicht auf jenem kitzlichen, schwachen Körperteil; die Folge war ein so starker Schmerz, daß ein höchst merkwürdiges sardonisches Lachen auf ihrem Gesichte erschien. Das Vergnügen, das Viktor dabei empfand, war unbeschreiblich. Der kleine Frevler beließ sie fast eine halbe Stunde in dieser Lage, während er sich von Constant reiben ließ; dann lief er [360] seinen Vater zu holen: »Ich weiß nicht,« sagte er zu ihm, »zu welcher Marter du deine Tochter Cécile verdammst; aber ich schwöre dir, daß es keine köstlichere geben kann als die, welche ich an Justine anwendete; ich bitte dich inständigst, wende sie auch bei meiner Schwester an.« Verneuil, dem nichts genügte und der nicht genug Genuß fand an den schrecklichen Schmerzen, die er Cécile durch eine entsetzliche Folterbank, auf die er sie gesetzt hatte, verursachte, bindet sie los und führt sie zur italienischen Schraubenmaschine. »Wir müssen sie hier ficken,« sagte Verneuil zu seinem Sohne. Alle beide begehen diesen Frevel, der eine fickt in die Scham seiner Tochter, der andere in Justinens Arsch, und beide entladen sich zu gleicher Zeit, während sie die schon von dem Marterinstrument gebrochenen Opfer fortquälen.

Jetzt nahte der große Augenblick. Bis dahin hatten die beiden Kinder Verneuils und seiner Tochter Laurette sozusagen in Untätigkeit verharrt. Das große Ereignis des Tages sollte nun das Pflücken der Erstlinge der beiden schönen. Kinder sein. Alles erhöhte die Freude Verneuils an diesem köstlichen Vorgange; die Kleinen waren noch ganz jung, worauf das Hauptgwicht lag, sie waren zugleich seine Kinder und Enkelkinder. Welch köstlicher Genuß für einen Mann, dessen Hauptvergnügen die Blutschande war! Sie werden also nacheinander ihm vorgeführt; die Mutter, Laurette und Frau de Verneuil mußten die Opfer festhalten. Viktor wurde beauftragt, die Wege zu befeuchten und das Glied des Vaters in die Wollustpfade seines Bruders und seiner Schwester einzuführen.

Während dieser Vorbereitungen vergnügt sich Verneuil mit passiver Sodomie. John und Constant bearbeiten ihn nacheinander; Justine muß ihm indeß den Mund saugen und das Glied reiben. In wenigen Minuten belebt unsere Heldin den schlaffen Penis von neuem; die beiden kräftigsten Ohrfeigen, die sie je erhalten hat, werden der Preis ihrer Bemühungen. In höchster Erregung stürzt sich das Ungetüm auf das kleine siebenjährige Mädchen. Zunächst hat er es auf den Arsch abgesehen. Viktor führt mit unglaublicher Geschicklichkeit das erschreckende Glied seines Vaters in das kleine Loch ein; aber trotz aller Bemühungen, die sich beide geben, will die Sache nicht gelingen. Das festgehaltene Opfer kann indeß keinen Widerstand leisten, so daß seine Besiegung unvermeidlich wird; infolge von Pomade gelingt es dem Ungeheuer, einzudringen. Marceline ersetzt bald Laurette im Halten des Kindes. Um für den Vater den Genuß seiner Tochter noch köstlicher zu gestalten, läßt sie ihn die wundervollen Hinterbacken eines Kindes küßen, das ihm noch um einen [361] Grad näher steht als das sodomisierte. Viktor, der jetzt nicht mehr benötigt wird, bearbeitet seinen Vater von hinten und stelt auf diese Weise Verneuil zwischen die beiden Ergebnisse seines Hodens. Aber die Grausamkeit dieses blutschänderischen Menschen, die keinen Moment ohne Nahrung sein kann, verlangt, daß Gernande vor ihm Marceline, das heißt die Großmutter derer, die er sodomisiert, stäupe; Gernande, dessen blutige Gelüste wir kennen, wünscht, um das Blut früher fließen zu sehen, den dicken Arsch dieser Frau nur mit einer Klopfpeitsche mit Eisenstacheln zu dreschen. »Es wäre mir angenehm,« sagt Verneuil, beständig fickend, »wenn d'Esterval, um mich vollends zu erregen, den Hintern meiner Frau in der Stellung, in der sie sich jetzt befindet, gewaltig peitschte.« – »Könnte ich,« fragt Bressac, »nicht den gleichen Dienst Lauretten erweisen? Da sie eine ähnliche Haltung ein nimmt, könnte ich sie ebenso packen.« – »Gewiß!« erwidert Verneuil, »aber Dorothea soll Viktor mit ihrem köstlichen Kitzler bearbeiten.« – »Gut,« sagt John, »ich will Dorothea sodomisieren.« – »Angesichts Ihrer aller will ich, wenn's erlaubt ist, Justine von hinten bearbeiten,« erklärt Constant. – »Unter der Bedingung,« entgegnet Verneuil, »daß du dich mit Lustknaben umgibst, die mir ihre Hinterbacken zum Küßen darbieten.« – »Nichts leichter als das,« sagte eine der Alten, indem sie alles anordnet; »wir aber,« erklärte sie, auf ihre drei Gefährtinnen weisend, »wir wollen umherlaufen und Sie mit Rutenhieben noch mehr anregen.« – »Nein, nein,« sagte Verneuil, »ich ziehe es vor, daß sie über mir stehend sich hoch schürzen; ich will, daß die Falten ihrer alten Aersche mit den Schönheiten, die ich vor mir habe, den für die richtige Wollust angenehmsten Kontrast bilden. Ihr werdet scheißen, Ihr Huren, versteht Ihr? Ihr müßt laute und leise Farze fahren lassen, während mein Sperma fließt.« Nach diesen Verfügungen pflückt das Scheusal, das wunderbar erigiert, beide Blumen nacheinander. Das grause Projekt des Ungeheuers geht bald in Erfüllung; die arme kleine Rose verbirgt ihre Schande weinend am Busen ihrer Mutter.

Lili tritt an ihre Stelle. Alle Stellungen werden geändert; aber die gleiche Geilheit kennzeichnet sie, die gleichen Ruchlosigkeiten finden dabei ihre Befriedigung. Die Krisis nähert sich ihrem Ende; unglaubliche Gotteslästerungen zeigen sie an. Verneuil entladet wie ein Stier und wünscht, nachdem er sein Glied aus dem Hintern seines Enkels herausgezogen hat, Justine möge es vom Kote reinlecken. »Tritt an meine Stelle,« sagte er zu Viktor, »ficke meine beiden Kinder, mein Sohn; ich fühle noch die [362] Kraft in mir, dich während dieser Zeit von hinten zu bearbeiten, vorausgesetzt, daß meine Frau mein Arschloch leckt, während ich das gleiche mit meiner Schwester tue.« Neue Gruppen bilden sich behufs dieser Ausschweifungen; nach einigen Minuten der Ruhe und Erholung schreitet man zum letzten Akte dieser köstlichen Orgien.

Gerechter Himmel! Mit was für Greueln werden sie endigen! Ein großer Fauteuil mit fünf Plätzen ist derart aufgerichtet, daß die, welche auf ihm sitzen, sich den Rücken zukehren; er steht in der Mitte des Salons. Bressac, Gernande, Verneuil, d'Esterval und Dorothea setzen sich darauf. Jeder nimmt einen Lustknaben zwischen seine Beine. John, Constant und Viktor laufen rings umher. Ein Kreis umgibt diesen großen Fauteuil, der nur eine Fußbreite von jenem entfernt ist; er wird gebildet von der Verneuil, der Gernande, Justine, Laurette, Marceline, Cécile, Lili, Rose und den vier Alten, die man sich entkleiden hatte lassen; alle diese Unglücksmenschen halten sich bei der Hand. In dieser Stellung sollen alle an beiden Armen auf Wunsch Gernandes zur Ader gelassen werden; das soll vierundzwanzig Springbrunnen ergeben, deren Fluten auf die im Fauteuil sitzenden Frevler sich ergießen werden. Die beiden traurigen Gattinnen wollen gegen diese grausame Ausschweifung Einwendungen erheben; sie werden ausgelacht und man geht ans Werk. Verneuil will den Genuß noch erhöhen. »Ich wünsche«, sagt er, »daß mein Sohn Viktor eigenhändig seine Mutter und seine Schwestern zur Ader läßt.« – »Er hat nie eine Lanzette in der Hand gehabt,« lamentiert Frau de Verneuil. – »Desto besser,« antwortet Gernande boshaft, »gerade das ist uns recht. Der junge Viktor, voll Eifers, auch bei diesem Frevel mitzutun, versichert, daß er es ebenso gut machen werde wie sein Onkel. Die Operation beginnt; Herr de Gernande erhebt sich und trifft die Anordnungen. Viktor arbeitet vor den Augen seines Lehrers, der boshaft sein Glied reibt, damit er infolge seiner wollüstigen Erregung ins Zittern gerate und eine Wunde setze. Gernande vollendet die Operation; die Blutstrahlen quellen fast gleichzeitig aus allen Armen hervor. Der Chirurg nimmt wieder seinen Platz ein; die fünf Lüstlinge ergötzen sich blutbespritzt an dem Schauspiel, indeß sie sich von ihren Lustknaben lecken lassen; Viktor läuft, Ruten in der Hand haltend, rings umher und verhindert durch seine Hiebe, daß die Opfer ihr Bewußtsein verlieren.«

Nichts gleicht der Frechheit, mit der dieser vom Teufel Besessene auf alle Aersche losschlägt; Bruder, Mutter, Schwester, keiner wird von seinem kräftigen Arme verschont. Indessen sind die im Innern des Kreises [363] sitzenden Wüstlinge sowie die Lustknaben, mit denen sie sich vergnügen, ganz von Blut bedeckt; desgleichen John und Constant, deren Glied sie reiben; es war noch nie in solcher Fülle geflossen. In diesem Moment wankt Cécile und fällt trotz aller Bemühungen derjenigen, die neben ihr stehen, sie zu halten. – »Ah!« sagte Verneuil, dessen Glied sich durch diesen Anblick gewaltig steifte, »Sapperlot! ich wette, daß meine Tochter verloren ist; das kleine Närrchen wird sie unrichtig geöffnet haben: so ist er ein Schwestermörder geworden; ein ganz hübsches Probestück.« – »Das ist ziemlich gewiß,« meinte Gernande. – »Ah! Sacrament!« sagte der Jüngling, indem er das Gesicht seiner sterbender Schwester mit seinem Sperma begoß, »Herrgott, nie habe ich solchen Genuß verspürt.« Jetzt wurden alle Arme eilig verbunden. Frau de Verneuil wirft sich vernichtet über den Körper ihrer Tochter und bedeckt ihn mit Tränen und Küßen. Man machte einige Belebungsversuche, doch bewiesen sie sich als vollständig unnütz, daher man sie auch bald aufgab. Verneuil, der über diesen Verlust ganz getröstet war, da niemand weniger als er sich um einen Gegenstand kümmerte, namentlich, wenn er davon schon übersättigt war, fragte seinen Sohn, ob er es absichtlich getan habe. – »O nein,« sagte der Erzschuft, »seien Sie, lieber Vater, überzeugt, hätte ich ein Opfer aussuchen können, so wäre es Ihre Frau Gattin gewesen ...« Alle brechen in ein Gelächter aus. So erzog man diesen jungen Missetäter; so machte man ihn unmerklich mit den scheußlichsten Freveln vertraut. – »Sacrament,« sagt d'Esterval, »ich bin trostlos, daß dieses hübsche Mädchen so früh hin wird; ich hatte die Absicht, sie von hinten zu ficken.« – »Ist denn keine Zeit mehr dazu?« fragt Bressac. – »Himmel, du hast recht,« sagt der Wirt; »man soll sie mir halten.« – »Lieber Freund,« sagte Verneuil, »ich werde Ihnen diesen Dienst erweisen, zum Dank für alle die, welche Ihre liebenswürdige Frau mir erwiesen hat.«

Zugleich ergreift er seine sterbende Tochter und hält sie d'Esterval hin, der sie sogleich sodomisiert. Ein jeder der Missetäter will sich nun auf Grund seines Geschmackes ähnliche Grausamkeiten erlauben; man kann sich gar nicht vorstellen, welche Scheußlichkeiten diese Ungeheuer bis zum letzten Moment an dem unglücklichen Mädchen vollführten. Das grausamste Volk, die wildesten Menschenfresser hätten nicht solche Schandtaten, solche Grausamkeiten ersinnen können. Endlich gibt sie ihren Geist auf; die Erdhügel an der Terrasse, die wir früher erwähnt haben, verhüllten für immer das grausige Verbrechen, das mit solcher Frechheit, solcher Raserei war verübt worden.

[364] Ach, welch eine Leidenschaft ist die Wollust! Wenn Sie die köstlichste ist von allen, die die Natur uns eingibt, so ist sie zugleich wohl auch die stärkste und geführlichste.

Von Mattigkeit erschöpft, begab man sich schließlich zu Bette. Aber Verneuil, der allsogleich aus einer neuen wollüstigen Vorstellung frische Kräfte schöpfte, wollte durchaus die Nacht bei seiner Tochter Laurette zubringen, die ihn von allen Anwesenden am meisten zu erregen vermochte. Jeder folgt seinem Beispiele; Justine genießt die Ehre, Dorotheas Bettgenossin sein zu dürfen, die nicht satt wird, ihre Gelüste an jener zu befriedigen.

[365][367]

Vierter Band

Vierter Band.

[367][369]

Die ausschweifende Gesellschaft unterhielt sich den nächsten Tag an neuen Niederträchtigkeiten, als wenn die schrecklichste aller Grausamkeiten am vergangenen Tage nicht begangen worden wäre.

Rosa und Lilly mußten an diesem Tage und an den beiden nächsten alle Einfälle dieser Ungeheuer über sich ergehen lassen. Blos Gernande, der in seiner Schwester Marcelline vernarrt war, tauchte sie mindestens zehnmal, während dieser beiden Tage in Blut und ergötzte sieh daran, die rote Flüssigkeit mit seinem Munde aufzufangen. »Es scheint mir,« sprach Bréssac, »mein Onkel, daß das seine Reize für sich hat, wenn man das Blut liebt, muß man sich daran sättigen.« Jeder begann nun diese Behauptung zu erproben und selbst Dorothé verschluckte das Blut massenhaft. Diese Greueltaten wurden durch Spaziergänge unterbrochen, während dieser Bréssac ein schönes, vierzehnjähriges Mädchen entdeckte und es alsbald entführte.

Dieses Geschenk wurde von der Gesellschaft freudig aufgenommen und es gab keine Qual die man nicht an dieser Unglücklichen erprobte. Man sprach gerade eines Abends über den hübschen Zufall dieser Entdeckung, als Mme. de Gernande sich äußerte: »Glauben Sie, meine Herren, daß, wenn die Verwandten dieser Unglücklichen ebenso mächtig wären wie Sie, sie die Vergehen nicht verfolgen würden, die sie an dem Mädchen begingen. Nun wenn aber das Elend in dem sie sich befinden, der einzige Grund ist, daß sie Sie in Ruhe lassen, sind Sie nicht Verbrecher, wenn Sie damit Mißbrauch treiben?«

»Mein Freund,« sprach Verneuil zu seinen Bruder, »wenn meine Frau gewagt hatte, solchen Unsinn zu schwätzen, hätte ich sie niederknieen und von einem Lakaien auspeitschen lassen, aber da Mme. nicht mir gehört, will ich mich begnügen, ihren Einwurf in nichts zu zermalmen.«

»Das ist vorzüglich,« erwiederte der Schloßherr, »aber da ich nicht solider sein will wie mein Bruder, wird es sich die Gesellschaft gefallen lassen müssen, daß Mme. de Gernande die an sie gerichtete Rede in einer schmerzlichen Stellung anhört. Ich verdamme sie also dazu, sch auf alle Viere zu stützen und den Hintern in die Luft zu [369] strecken. Zwei Kerzen sollen ihr die Haut an diesem empfindlichen Körperteil verbrennen.«

Von allen Seiten erscholl Beifall, Mme. de Gernande nahm ihre Stellung ein und Verneuil begann: »Nehmen wir vorerst an, als unerschütterliche Grundlage aller Systeme, daß es in den Absichten der Natur liegt, daß eine Menschenklasse der anderen durch ihre Schwäche und Minderwertigkeit unterworfen sei. Wenn also das Opfer dieser schwächlichen Klasse an gehört, so tat der Opfernde nichts Schlimmeres, wie der Besitzer eines Bauern Gutes, der sein Schwein tötet. Wollten Sie aber an meinem obersten Grundsatz zweifeln, so bitte ich Sie die Weltgeschichte zu durchlaufen, um zu sehen, daß jedes Volk seine verachtete Kaste besaß. Die Juden bildeten die der Aegypter, die Heloten die der Griechen, die Parias die der Brahmanen und die Neger die Europas. Nur ein Mysantrop wie Rousseau konnte behaupten, daß alle Menschen von Geburt aus an Kraft und Rechten gleich sei. Aber wie könnte der Zwerg, der vier Fuß und zwei Zoll hoch ist, sich mit einen Mustermenschen vergleichen, der den Wuchs eines Herkules hat? Könnte man nicht ebenso gut sagen, daß die Mücke dem Elephanten ähnelt.

Kraft, Schönheit, Wuchs und Beredsamkeit waren die Tugenden, die in der Kindheit der Menschheit Einfluß verschafften. Eine Familie, ein Flecken der sich verteidigen mußte, wählte bald aus seiner Mitte das Wesen, daß die meisten oben beschrieben Fähigkeiten besaß. Dieses erwählte Oberhaupt suchte sich unter den Schwächeren Sklaven aus und opferte sie mitleidslos seinen Interessen und Leidenschaften hin. Wer zweifelt daran, daß, als die Gesellschaften entstanden, die Nachkommen dieser Oberhäupter, obwohl ihre Kraft oder ihre moralischen Eigenschaften, nicht mehr denen ihrer Vater ähnelten, die Macht den noch weiter besaßen. Das ist der Ursprung des Adels, der schließlich einsah, daß es nötig sei, die ursprünglichen Eigenschaften weiter vorzutäuschen und schließlich notwendigerweise oder aus Ehrgeiz grausam wurde. So war es unter einem Nero, einem Tiberius, einem Helliogabale, einem Wenzelslaus, einem Ludwig XI. u.s.f. Sie erbten eine ihren Vorfahren übertragene Macht und mißbrauchten sie für ihre Leidenschaft. Hatte jedoch dieser Mißbrauch schließlich Folgen? Zweifellos weniger wie wenn die Macht eingeschränkt worden wäre, denn der Mißbrauch hielt die Herrschaft aufrecht, während durch die Verminderung der Gewalt, die Völker in einen Anarchiezustand gefallen wären.

Nun gut, sprechen die Dummköpfe die eine unmögliche Gleichheit vertreten. Wir können die physische und moralische Ueberlegenheit einiger Wesen über andere nicht [370] leugnen. Aber geben Sie wenigstens zu, daß alle Geschöpfe vor dem Gesetz gleich sind. Das werde ich wohl bleiben lassen. Wie wollen Sie das ein Wesen, daß von der Natur die Veranlagung zum Verbrechen und gleichzeitig die Fähigkeiten dazu erhalten hat. Wie wollen Sie, daß diese Wesen nach demselben Gesetze abgeurteilt werden, wie dasjenige, daß sich nur zur Tugend hingezogen fühlt, wäre dieses Gesetz gerecht, das die beiden Menschen mit derselben Strafe belegen würde? Nein, nein, meine Freunde, das Gesetz ist nur für das Volk da, das gleichzeitig schwach und in der Mehrheit ist. Unter der Adelsherrschaft ist Frankreich groß geworden und Rom war nie mächtiger als in der Zeit da der Despotismus seine Blüte hatte. Derjenige, der also seine Kräfte nicht gebrauchen will, ist ein Dummkopf, der dieses Geschenk der Natur nicht verdient. Wir tun also kein Unrecht, meine Freunde,« fuhr Verneuil fort und kam damit auf den Gegenstand seiner Rede zurück, »wenn wir dieses Geschöpf allen Launen der Geilheit unterwerfen. Wir haben es entführt und können mit ihm machen was wir wollen, da wir die Stärkeren sind.«

Unsere Leser können sich leicht vorstellen, daß derartige Redensarten, bei den in diesem Buche vorgeführten Leuten wirken mußten.

Mme. de Gernande wurde trotz ihrer Schmerzen verurteilt, in derselben Stellung zu verbleiben und an ihr, sowie an dem neuen Opfer wurden alle möglichen Versuche, das Blut hervorquellen zu lassen, angestellt. D'Estoroul behauptete nun, daß es genußreich sein müsse, währenddessen zu ficken und er machte auch den Versuch. Die anderen ahmten seine neue Leidenschaft nach und bald war Mme. de Gernande mit Wunden bedeckt. Man tat schließlich soviel mit dem unglücklichen Kind, daß es mit Cäcilie vereint werden mußte. Man begrub es neben sie und bald begannen neue Verbrechen, die Köpfe unserer Kannibalen zu erhitzen.

Nach einem Diner, an dem man die ungeheuerlichsten, geistigen und körperlichen Ausschweifungen begangen hatte, stellten Gernande und Verneuil die Behauptung auf, daß das Blut Cäciliens und des anderen hingeopferten Mädchens den unterirdischen Göttern nicht genüge und daß unbedingt noch ein Opfer erforderlich wäre. Bei diesen Worten schauderten alle Frauen. Unsere unglückliche Justine, auf die mehrere deuteten, begann sich unwohl zu fühlen, als Gernande der Gesellschaft vorschlug, daß man das Opfer nach der Vorzüglichkeit der Arschbacken aussuchen solle. Durch folgende Sophismen stützte er seinen Vorschlag: »Diejenige die den schönsten Popo, hat uns notwendigerweise am häufigsten zum Entladen gebracht. Das Geschöpf [371] aber, daß uns am häufigsten erregt hat, muß jetzt am meisten unseren Abscheu verdienen, daher müssen wir uns seiner entledigen.« »Nein,« sprach Verneuil, »das wäre parteiisch. Wir müssen das Los entscheiden lassen.« Man schrieb also die Namen Justines, der Frauen Vernande und Verneuil, dann den Marcelaines, Laurette und Rosas auf Zetteln und warf sie in eine Urne. Bressac zog neugierig einen davon heraus und las den Namen der Mme. de Gernande. »Ich hätte wetten können,« sprach kaltblütig der Mann, »der Himmel war mir gegenüber immer gerecht. Nun, meine zarte Freundin,« sprach er und näherte sich seiner unglücklichen Frau, »nun, mein Herzchen, nur Mut. Es ist ein schlimmer Augenblick, den du zu verbringen haben wirst, denn wir werden dich furchtbar quälen, aber das wird auch aufhören, Sie werden bald in den Schoß der Natur zurückkehren, die Sie so liebt. Im übrigen ist es doch für Sie besser, Sie sterben gleich, als daß Sie sich, ein langes Leben hindurch, von mir quälen lassen.« Und der grausame Gatte hätte vielleicht noch seine unglückliche Frau verspottet, wenn der blutrünstige Verneuil sich nicht rasch auf das Opfer gestürtzt hätte, um sich an den Zuckungen der Angst zu ergötzen. Der Verbrecher bestieg das Opfer von vorne und küßte den Mund, aus dem nur Klagen und Beschwörungen hervorkamen. »Warte ein wenig,« sprach Gernande zu seinem Bruder, »du mußt dich an ihr von vorne befriedigen, Bressac von hinten, ich in ihrem Mund, D'Estaral und Victor unter ihren Achseln. Bei der Arbeit wollen wir ihre Qualen ausdenken. Man gebe mir Schreibzeug, damit ich meinen Einfall niederschreibe«, und die fünf Verbrecher zeichneten ein jeder ihren Urteilsspruch auf und um das Maß der Grausamkeit vollzumachen, mußte Justine, die ihre Herrin außerordentlich liebte, das Verlesen vornehmen. Ach, kaum konnte das arme Mädchen die barbarischen Worte stammeln. Aber, da man sie mit dem selben Tode bedrohte, folgte sie schließlich und begann zu lesen. Die Gernande hatte kaum ihr Todesurteil gehört, als sie sich ihren Henkern zu Füßen stürzte. Aber Mitleid war bei derartigen Seelen nicht zu finden. Man verlangte vorerst von dem Opfer, daß es mit lauter Stimme Gott und die Menschen um Verzeihung für die begangenen Verbrechen bitte. Die arme Frau tat alles, was man von ihr wollte und die Quälereien begangen.

Verneuil machte den Anfang. Justine und Dorothea halfen ihm. Er quälte das Opfer durch zwei Stunden und im Augenblick einer Krise entleerte der Wüstling in den Hintern Justines, während er von der D'Esteral gepeitscht wurde.

Nun kam Viktor an die Reihe, der von Laurette [372] und Mme, de Verneuil bedient wurde. Mme. Verneuil empfand einen Augenblick lang einen unüberwindlichen Abscheu, den ihr Sohn unglücklicherweise bemerkt. Das kleine Ungeheuer ergriff nun eine Stahlnadel, mit der er die Arschbacken seiner Tante bearbeitet hatte und stieß sie, unter Schmähungen, seiner Mutter in die Brust. Die Gesellschaft wurde aufmerksam, der Fall schien ernst zu sein und auf die Anklage ihres Sohnes hin wurde die Mutter zu vierhundert Peitschenhieben verurteilt. Alsbald wurde der Urteilsspruch auch ausgeführt und nachdem die arme Mme. de Verneuil am ganzen Körper ausgepeitscht war, setzte der kleine Verbrecher die Quälereien an seiner Tante durch drei Stunden hindurch fort.

Nun bemächtigte sich Gernande seiner Frau. Er stach sie mit einem schmalen Messer und verlor schließlich seinen Samen in den Mund eines Knabens, indem er den letzten Stoß gegen das rechte Auge der Unglücklichen ausführte.

D'Esterval übertraf alle durch seine Quälereien. Er entlud in die Scheide Justinens, indem er sie dabei heftig an den Brüsten riß. Als das Opfer in die Hände Bressacs gelangte, konnte es sich kaum noch halten, trotzdem hatte es noch die Kraft sich zu den Füssen Gernandes zu werfen und ihn vom Neuen um Gnade zu bitten. Der aber blieb unbeugsam und ergötzte sich höchstens an den Zuckungen der Angst. »Komm Justine,« sprach er, »kitzle mich an dem Gesicht deiner Herrin.« »Mein Freund,« sprach nun Verneuil, »man müßte es peitschen.« »Darauf Kot entleeren,« entgegnete Viktor. »Es ohrfeigen,« sprach D'Esterval. »Es mit Honig einschmieren und Wespen darauf lassen,« fuhr Dorothea fort. »Ein wenig Geduld,« sprach Germande, »hat jeder Lust das zu tun, was er vorschlug?« »Ja.« »Nun denn, ich liefere sie euch aus, meine Freunde.« Alle diese verschiedenen Greueltaten wurden ausgeführt und nach einem elfstündigen qualvollen Leiden verschied dieser Himmelsengel, dem es nur vergönnt war, einen Augenblick lang die Erde zu zieren.

Würde man es glauben, der Körper dieser schönen Frau wurde in die Mitte der Tafel gelegt und um sie herum stellte man die Gerichte auf. »Lasset uns ficken, Freunde,« sprach Bréssac, nachdem man sich erfrischt hatte und fuhr in den schmierigen Hintern Viktors hinein. D'Esterval bemächtigte sich Mme. de Verneuil's, die ihn seit einiger Zeit stark zu beschäftigen schien, während Verneuil sich an D'Esterval's Frau für die Hörner rächte. »Einen Augenblick,« sprach Gernande, »bevor wir zu weiteren Taten schreiten, muß ich den Ueberfluß, der in meinen Gedärmen herrscht, ein wenig ableiten.« »Dazu brauchen sie nicht hinauszugehen, Onkel,« sprach Bréssac, [373] »wollen sie sich nicht vor uns die Erleichterung verschaffen?« »Wie, Sie wollen wirklich zusehen,« fragte Gernande. »Gewiß, wir wollen nichts dabei verlieren.« »Gut, dann werden Sie zufrieden gestellt werden,« fuhr Gernande fort, indem er seinen ungeheueren Hintern den Zuschauern zuwandte. Vier Lustknaben umgaben ihn alsbald, von denen ihm der eine den Nachttopf hielt, der zweite hielt eine Kerze direkt an das Loch heran, damit die nötige Helligkeit herrsche und der dritte leckte ihm das Glied und der vierte hielt ein sehr reines Handtuch in der Hand und küsste ihm den Mund, Gernande stützte sich auf zwei der Knaben und drückte halb gebeugt. Als endlich die ungeheuere Masse von Kot erschien, die Gernande von sich zu geben pflegte, mußte der Knabe, der den Topf hielt, das Exkrement lobpreisen. »Der schöne Dreck!« rief er aus, »ah mein Herr, der herrliche Kot, sie scheißen entzückend.« Als er fertig war, tritt der Lustknabe mit der Serviette heran und reinigte mit seiner Zunge den Hintern, während der, der den Topf hielt, ihn Gernande zur Prüfung unter die Nase steckte. Der Mund des Leckenden wurde inzwischen mit Urin angefüllt und nachdem die vier Lustknaben mit ihrer Beschäftigung fertig waren, stellten sie sich noch an, Zunge, Glied und Arschloch des Wüstlings zu lecken.

»Teufel,« rief Bréssac aus, der immer Viktor bearbeitete. »Ich habe noch niemals so wollüstig scheißen gesehen. Ich werde mir angewöhnen, mich dabei auf dieselbe Art zu benehmen.« Nun verließ D'Esterval den Hintern. Mme. de Verneuil's näherte sich ihrem Manne und fragte ihn: »Warum willst du nicht deine Frau dahin schicken, wo deine Schwägerin ist.« »Ah, ah,« sprach Verneuil und bestieg die Frau des Fragenden von hinten. »Bringt dich denn dieser Gedanke in Erregung.« »Du siehst es,« erwiderte D'Esterval und zeigte sein hineinstürmendes Glied, »ich versichere dich, daß der Tod dieses Lumpenweibes mich außerordentlich erregen würde.« »Nun mein Freund, dann willige ich gerne ein, stelle aber daran zwei Bedingungen. Die erste ist die, daß du mir deine Frau nach herabtreten mußt und die zweite, daß die Qual, die du meiner Gattin bereitest, ausgiebig sei.« »Abgemacht,« riefen D'Esterval und Dorothea gleichzeitig. »Aber auch ich will eine Bedingung stellen,« sprach D'Esterval, »ich verlange von dir Cäcilie als Frau. Es wird für mich ein Genuß sein, die Tochter zu heiraten, wenn meine Hände noch vom Blut der Mutter bedeckt sind.« »O Vater!« rief Cäcilie schaudernd aus, »könntest du einwilligen mich auf diese Art zu opfern?« »Warum nicht,« antwortete Verneuil, »und da du Widerstand bezeigst unterzeichne ich bereits den Ehekontrakt. [374] D'Esterval sie haben mein Wort. Ich bitte sie, bilden sie dieses junge Mädchen ein wenig aus.« »Gewiß, Potztausend« antwortete Bréssac, »wo könnte ich mich mit dem Mord besser befreunden, wie in einem Hause, in dem man täglich tötet.« »Ich verlange aber ein Trinkgeld bei dem Handel,« fuhr er fort. »Das wäre.« »Ich bitte sie, Onkel, mir ihren Sohn Viktor abzutreten. Ich liebe diesen jungen Mann närrisch. Vertrauen sie ihn mir für drei Jahre an und seine Erziehung soll eine tadellose sein.« »Er könnte nicht in besseren Händen sein,« antwortete Verneuil, »er möge dir gleich werden, das ist der beste Wunsch, den ich für ihn hegen kann. Hauptsächlich mußt du ihm seine Schwächen austreiben. Stärke ihn in deinen Grundsätzen, mache seine Seele unvergänglich und flösse ihm Haß für die Frauen ein.« »Niemand anderer könnte ihm diese Dinge besser beibringen,« sprach Justine, »das arme Kind, wie schade.« »Das will ich nicht behaupten,« unterbrach Dorothea lebhaft. »Herr de Bréssac ist der beste Erzieher, den ich kenne und wenn ich zehn Kinder hätte, würde ich sie ihm alle anvertrauen.« »Und ich gehe also leer aus?« fragte jetzt Gernande. »Nein,« antwortete Verneuil, »ich wollte die Justine entführen, lasse sie dir aber. Ich gebe alle meine Pläne bezüglich ihrer auf und du sollst nicht allein bleiben, Bruder.« »Ihr wollt mich also alle verlassen?« fragte Gernande. »Ja, morgen,« entgegnete D'Esterval. »Nun, dann muß ich mich in mein Schicksal fügen,« fuhr Gernande fort, »ich will mich aber beeilen eine neue Frau zu nehmen, damit wir bald eine Orgie begehen können.«

Man zog sich zurück. D'Esterval führte Mme. Verneuil in ein gut verschlossenes Zimmer, das neben dem Verneuil's lag. Gernande nahm Cäcilie, Rosa, Justine und zwei Lustknaben mit sich, während Verneuil Marcelline und Dorothea für sich beanspruchte.

Was nun geschah war fürchterlich. Bréssac und Viktor waren heimlich zu D'Esterval hineingeschlichen und dieser sowie sein Freund Bréssac ergötzten sich daran, die Mutter durch das Kind quälen zu lassen. Man kennt den Charakter dieses kleinen Ungeheuers zu gut, um nicht sicher zu sein, daß er bei der ihm aufgetragenen Rolle großes Vergnügen empfand. Einige Stunden blieb Verneuil in Unkenntnis über die Tätigkeit seines Sohnes und wir werden bald sehen, wie er davon erfuhr. Vorerst aber wollen wir von der sonderbaren Haube sprechen, mit der man das Opfer bekleidet hatte. Da man wußte, daß die Wollust Verneuils nur bei den Schreien seiner Frau erwachen würde, hatte man mit ihrer Mundöffnung einen Trichter in Verbindung gebracht, derart, daß jeder Schrei, dem Brüllen eines Ochsens [375] ähnelte. »Teufel, was ist das?« fragte Verneuil, als er diese Musik hörte, »was machen denn diese Leute, daß sie so gröhlt?« Schließlich nahmen die Schreie ab und statt dessen hörte man das Gestöhn des entladenden D'Esterval. »Er ist fertig,« sprach Verneuil und ergoß gleichfalls seinen Samen in den Hintern Dorotheas. »Ich hin jetzt Witwer.« »Ich glaube auch,« entgegnete die liebenswürdige Gattin D'Esterval's, »aber es bleibt uns das Bedauern nicht gesehen zu haben.« »Vielleicht hätte ich weniger Vergnügen dabei gefunden,« antwortete Verneuil, »indem ich meine Fantasie sprechen ließ, habe ich mich bedeutend mehr aufgeregt. Aber jetzt geh hinein, Dorothea, ich höre deinen Mann noch keuchen, bitte ihn, daß, er dich auf dem Leichnam meiner Frau von John besteigen läßt und wenn du dann, naß vom Samen und dem Blut meiner Frau, zurückkehren wirst, will ich dich von hinten besteigen. Einen Gefallen mußt du mir aber tun, daß du im Augenblick der Krise laut schreist: ›Verneuil, Verneuil du bist Witwer und hast Hörner aufgesetzt bekommen. Mein Mann hat eben deine Frau ermordet.‹ Nicht wahr, mein Engel, du wirst das tun und du sollst auch die Folgen dieses Ausrufes sehen.« »O Verneuil, welch eine Fantasie,« rief Dorothea aus, »welch ein Kopf.«

Wie groß war das Erstaunen Dorothées als sie sah, daß Bressac und Victor an dem eben begangenem Verbrechen mitschuldig waren.

Man winkte ihr, sie möge nichts verraten und statt John's steckte Victor sein Glied in den Hintern. Im Augenblick des Entladens begann der kleine Schuft zu schreien: »ich bin es Vater, der deine Frau getötet hat und ich habe dir Hörner aufgesetzt.« Bei diesen Worten konnte Verneuil sich nicht länger halten. Er stürzte in das Zimmer D'Estervals und angesichts des Leichnams seiner Frau, bestieg er seinen Sohn. Bressac bearbeitete seinen Onkel und hatte gleichzeitig John's Glied in sich und Marcelline peitschte und ermutigte alle Teilnehmer dieser furchtbaren Orgie, die sich bis zum Tagesanbruch hinzog. 29

Man kann sich leicht vorstellen, daß man sich bloß trennte, um sich zu versprechen, bald wieder zusammen zu kommen.

Gernande verbrachte einige Tage auf dem Schlosse seiner neuen Gattin und führte sie dann in sein eigenes ein.

[376] Mme. de Volmire konnte ihre Tochter nicht begleiten, sie war zu sehr vom Rheumatismus geplagt.

Um diese Zeit dachte Justine von neuem an die Flucht und sie hätte auch sogleich ihren Gedanken ausgeführt, wenn sie nicht darauf gehofft hätte, unter der zweiten Gemahlin glücklicher zu werden, wie unter der ersten. Fräulein de Volmire war neunzehn Jahre alt, viel schöner als ihre Vorgängerin und wußte Justine derart zu fesseln, daß sie beschloß, sie um jeden Preis zu retten.

Es waren bereits sechs Monate, daß der niederträchtige Gernande sein sanftes und entzückendes Weib durch alle seine Launen quälte. Die ganze Satansbande war wieder versammelt, neue Grausamkeiten begannen und Justine zögerte nicht länger. Sie entdeckte sich ihrer Herrin und bezeugte ihr offen den Wunsch, sie zu befreien.

Es handelte sieh darum, die Mutter von allem zu unterrichten und ihr die Grausamkeit des Grafen vor Augen zu führen. Fräulein de Volmire zweifelte nicht daran, daß ihre Erzeugerin alsbald herbei eilen würde, um sie zu befreien. Aber was dann? Sie waren so sorgfältig behütet. Justine die gewohnt war Hindernisse zu nehmen, maß mit den Augen die Höhe der Terasse ab.

Sie betrug kaum dreißig Fuß. Anderweitige Hindernisse scheinen nicht da zu sein und Fräulein de Volmire, die bei Nacht angelangt war, bestätigte dies. Unsere tapfere und aufrichtige Freundin beschließt also den Sprung zu wagen. Volmire schrieb ihrer Mutter einen rührenden Brief und bat flehentlich um Hilfe. Justine steckte den Brief in ihren Busen, umarmte die teure Freundin und ließ sich hinuntergleiten. Wie aber wurde ihr, als sie bemerkte, daß sie sich nicht im Freien befand, sondern sich ringsum hohe Mauern erhoben. Was sollte nun aus ihr werden? Was sollte man von ihr denken, wenn man sie an diesem Orte treffen würde? Würde der Graf nicht alles erraten und würde sie nicht kaltblütig hingeschlachtet werden? Eine Rückkehr war unmöglich.

Volmire hatte die Leinentücher, die ihr beim Herabgleiten behilflich waren, wieder hinaufgezogen und an die Türen kennte sie nicht klopfen, um sich nicht zu verraten. Es fehlte wenig und die arme Justine hätte sich kopflos ihrer Verzweiflung überlassen. Endlich erwachte der Tag und der erste der ihr zu Gesicht kam, war der Graf selbst. Er war ausgegangen, um kleine Knaben einzufangen, denen er erlaubt hatte, in seinen Park Zweige aufzulesen. Er zerriß gerade die Arschbacken eines dieser Unglücklichen, als seine Augen auf Justine fielen. Er glaubte ein Gespenst zu sehen und zog sich hastig zurück. Jedoch Justine erhob sich zitternd und warf sich zu seinen Füßen. »Was machen [377] Sie da,« fragte der Menschenfresser »Oh, mein Herr, strafen Sie mich, ich bin schuldig,« die Unglückselige, sie hatte vergessen den Brief ihrer Herrin zu zerreißen. Gernande beargwöhnte sie, fand die verhängnisvolle Schrift, überflog sie und befahl Justine ihm nachzufolgen. Sie kehrten durch eine unterirdische Stiege in das Schloß zurück, in dem die größte Stille herrschte. Der Graf öffnete ein Verließ und warf Justine hinein. »Unverständiges Mädchen,« sprach er zu ihr, »ich hatte dir doch gesagt, daß du mit dem Tode bestraft werden würdest. Bereite dich also vor, morgen nach Tisch werde ich dich ins Jenseits befördern.« Das arme Geschöpf stürzte sich von neuem dem Barbaren zu Füßen. Der aber ergriff sie an den Haaren, zerrte sie zwei oder dreimal im Gefängnis herum und warf sie schließlich an die Mauer.

»Du würdest verdienen, daß ich dir sofort die Adern öffne,« sprach er im Hinausgehen, »und wenn ich dein Ende verzögere, geschieht es nur um es grausamer und schrecklicher zu gestalten.«

Man kann sich nicht vorstellen, wie qualvoll die folgende Nacht für Justine war. Man muß selbst unglücklich gewesen sein, um sich die Angst einer zum Tode Verurteilten vorstellen zu können. Ueber die Art ihrer Qualen in Ungewißheit gab sie sich hunderterlei Vorstellungen hin. Beim leisesten Lärm glaubte sie ihren Henker zu hören und ihr Blut erstarrte. Unsere Heldin befand sich sechsunddreißig Stunden in dieser Lage, als die Türen sich öffneten und Gernande erschien. Er war allein und in seinen Augen funkelte Wut.

»Sie kennen,« sprach er, »den Tod, der sie erwartet. Ihr Blut muß in Absätzen herausströmen und ich will ihnen dreimal im Tag zur Ader lassen.« Und das Ungeheuer ergriff einen Arm Justines, stach sie und verband die Wunde um Justine für neue Qualen aufzusparen. Kaum war er aber zu Ende, als man lautes Schreien hörte: »Mein Herr, mein Herr, kommen Sie so rasch als möglich,« rief einer der Alten, »Madame stirbt und sie will Sie noch sprechen, bevor sie ihre Seele aufgibt.«

Wie immer man auch an Verbrechen gewöhnt sein mag, im Augenblick, da es sich vollzieht, erfährt man doch einen Anfall von Schrecken. Gernande stürzte verwirrt hinaus und vergaß die Türen zu schließen. Justine zog aus diesem Umstand Nutzen und so geschwächt sie auch war, es gelang ihr aus ihren Kerker zu entfliehen und den Hof zu überschreiten. Bald befand sie sich auf der Landstraße, ohne von jemand bemerkt zu sein.

Voll von Dankbarkeit für ihren eingebildeten Gott, schritt sie tapfer weiter und bei Anbruch der Nacht kam [378] sie an eine Hütte, die bereits sechs Meilen vom Schloß entfernt war.

Da sie ihre Herrin für tot hielt und den Brief an die Mutter nicht mehr besaß, verzichtete sie auf die Hoffnung. Volmire nützlich zu sein und brach am nächsten Morgen nach Lyon auf.

Nach acht Tagen langte sie an, sie ruhte sich in der Stadt aus und beschloß nach Grénoble weiter zu reisen, wo, wie sie sich einbildete, sie zweifellos ihr Glück machen würde. Wir aber wollen einmal betrachten, was ihr inzwischen zustieß.

XVII. Kapitel.

Justine überließ sich einen Augenblick lang ihren trüben Gedanken, als ihr eine Zeitung in die Hand fiel. Sie las darin mit Erstaunen, daß Rudin, jener niederträchtige Mensch, der sie so grausam bestraft hatte, soeben von der Kaiserin von Rußland als Leibarzt erwählt worden war. »Großer Gott,« rief sie erstaunt aus, »so ist es also in meinen Schicksale geschrieben, daß ich nur Beispiele von belohntem Laster und bestrafter Tugend sehen soll. Nun denn, er möge triumphieren, der Verbrecher, da es die Vorsehung will und du Unglückliche dulde, dulde ohne dich zu beklagen. In deinem Herzen herrscht Ruhe, während in dem jener Verbrecher die Gewissensbisse ihren Sitz aufgeschlagen haben.« Die Arme sie wußte noch nicht, daß es für derartige Seelen keine Gewissensbisse gibt.

Unser interessantes Mädchen befand sich aber noch nicht am Ende ihrer Dulderjahre und sie mußte noch einige Beispiele von belohntem Laster sehen.

Sie beschäftigte sich gerade mit ihrer Abreise, als ein in Grün gekleideter Lakai ihr eines Abends folgendes Schreiben überbrachte und sie um Antwort bat:

Jemand, den Sie falsch verdächtigen, brennt danach Sie zu sehen. Beeilen Sie sich, ihn aufzusuchen. Die betreffende Person kann Ihnen vielleicht Aufklärung geben, die Sie von Ihrem Irrtum befreit.

»Woher kommen Sie mein Herr,« fragte Justine den Lakai, »ich kann Ihnen erst antworten, wenn ich weiß, wer Ihr Herr ist.«

»Er heißt Saint-Florent, Fräulein, er hat Sie früher einmal in Paris kennen gelernt und Sie haben ihm, wie er behauptet, Dienste geleistet, die er unbedingt belohnen möchte.

Jetzt steht er an der Spitze eines großen Handelsgeschäftes und ist im Besitze eines Vermögens, das ihm in die Lage versetzt, seine Pläne mit Ihnen zu verwirklichen.«

Justinens Entschluß war bald gefaßt. Wenn dieser Mann, so dachte sie, keine guten Absichten hätte, würde [379] er mir nicht auf diese Art und Weise schreiben. Zweifellos bereut er seine Niederträchtigkeiten und erinnert sich an die Bande die uns vereinigen. Oh, zweifellos, er hat Gewissensbisse und ich würde mich gegen das höchste Wesen vergehen, wenn ich sie nicht mildern wollte. Ich bin übrigens nicht in der Lage eine Hilfe, die sich mir bietet, zurückzuweisen. Dieser Mann will mich überdies in seinem eigenen Hause empfangen und er wird sich wohl hüten, sich nochmals vor seinen Leuten gegen mich zu vergehen.

Auf Grund dieser Ueberlegung beschied Justine den Lakaien, sie werde sich am nächsten Tag um 11 Uhr die Freiheit nehmen, seinen Herrn zu begrüßen. Sie legte sich ins Bett, war aber mit dem, was ihr dieser Mann zu sagen hätte, so sehr beschäftigt, daß sie kein Auge schließen konnte. Endlich am nächsten Tage machte sie sich auf den Weg. Ein prachtvolles Haus, eine Unmenge von Dienern sowie die demütige Aufforderung dieser reichen Kanaille, alles dies brachte sie eben in Verwirrung, als derselbe Lakai, der sie besucht hatte, sie in ein dunkles Kabinett führte, in dem ihr früherer Peiniger sie erwartete. Saint-Florent erhob sich nicht, sondern gab ein Zeichen, daß man ihm allein lassen möge, und lud Justine ein, sich zu setzen. »Ich habe Sie sehen wollen, meine Liebste, sprach er, mit dem frechen Ton der Ueberlegenheit, nicht, weil ich glaube gegen Sie ein großes Unrecht begangen zu haben, aber ich erinnere mich, daß Sie in der kurzen Zeit, während welcher wir beisammen waren, viel Geist gezeigt haben. Dessen werden Sie für meinen Vorschlag auch bedürfen, sollten Sie annehmen, so steht Ihnen mein Vermögen zur Verfügung, im gegenteiligen Falle erhalten Sie natürlich nichts.« Da Justine etwas erwiedern wollte, fuhr Saint-Florent fort. »Lassen wir das Geschehene ruhen. Sie waren jung und hübsch, Justine, Sie waren meine Nichte, wir befanden uns in einem Wald, Sie besaßen die Blume der Unschuld und ich habe Sie eben vergewaltigt.« »Vielleicht wollen Sie mir aber sagen, warum ließen Sie mich ohne Hilfsmittel auf einer gefährlichen Straße inmitten der Nacht zurück.« »Ah, Justine, die Gründe hiefür würde ich Ihnen vergeblich zu erklären trachten. Sie hatten mich verpflichtet Justine, Sie hatten mir geholfen meine Fessel zu lösen, mit einem Wort, Sie hatten Anrecht auf meine Dankbarkeit. Giebt es aber für eine Seele, die der meinen gleicht, einen triftigeren Grund zu allen erdenklichen Verbrechen?« »Mein Herr, welche Grausamkeit.« »Lassen wir das jetzt, mein Kind, und kommen wir auf den Gegenstand zurück, weswegen ich Sie sehen wollte.«

Die außerordentliche Neigung für Jungferschaften hat mich noch nicht verlassen. Es ist mit ihr ebenso wie mit [380] allen anderen Leidenschaften, je mehr man altert, desto stärker werden sie. Jeden Tag benötige ich zwei Kinder zur Opferung. Habe ich mich an ihnen befriedigt, so müssen diese Geschöpfe aus der Stadt verschwinden, ich könnte die Freuden des nächsten Tages nicht rein genießen, wenn ich daran denken müßte, daß mein Opfer von heute, noch dieselbe Luft mit mir atmen, das Mittel mich ihrer zu entledigen ist einfach. Würdest du es glauben, Justine, das die Langnedoc und die Provence durch mich bevölkert wird. 30

Eine Stunde, nachdem diese kleinen Mädchen mir gedient haben, werden sie von meinen Handelsleuten eingeschifft und dann mit Kupplerinnen von Nîel, von Montpellier, von Toulouse, von Aix und Marseille verkauft. Dieser Handel entschädigt mich reichlich für meine Selbstkosten und befriedigt gleichzeitig meine anderen Hauptleidenschaften, die Wollust und die Geldgier. Es ist mir aber zu anstrengend, immer neue Objekte zu entdecken und zu verführen, außerdem will ich, daß sie alle aus den Asylen des Elends stammen. Ich lasse daher alle diese Zufluchtsstätten unbarmherzig durchstöbern, und man macht sich keinen Begriff davon, wie reichhaltige Ernte sie mir geben. Ich gehe aber noch weiter. Ich trachte durch meinen allmächtigen Einfluß in der Stadt, die Preise der Lebensmittel in die Höhe zu treiben, damit neue Opfer in meine Arme strömen. Trotz aller Mühe jedoch bedarf ich einer jungen intelligenten Frau, die die Pfade des Unglückes beschriften hat, und dadurch fähig ist, die Elenden besser zu verführen. Ich besaß eine derartige Frau, allein sie starb. Man kann sich nicht vorstellen, wie weit diese Frau ihre Niederträchtigkeiten trieb. Dieses Wesen sollst du ersetzen, meine Teuere. Du sollst zweitausend Taler jährliches Einkommen haben und vier Weiber sollen deinen Befehlen gehorchen. Antworte Justine, aber laß dich nicht von Hirngespinsten zurückhalten, dein Glück zu machen, wenn die Hand des Schicksals »es dir darbietet.«

»O mein Herr,« erwiederte schwankend Justine, »wie können Sie derartige Grausamkeiten erfinden und wie können Sie mir zumuten, daß ich Ihnen dabei helfe. Grausamer Mann, wären Sie nur zwei Tage unglücklich, Ihr Herz würde sich ändern. Gerechter Gott, nicht nur, daß [381] Sie mit dem Elend Mißbrauch treiben, Sie wollen es noch vermehren, und um ihre Begierde zu befriedigen, welche Grausamkeit. Die wildesten Tiere sind nicht herzloser.« »Du täuschest dich, Justine, es giebt nichts, was der Wolf nicht anwenden würde, um das Lamm in seine Falle zu locken. Diese Listen werden uns von der Natur eingegeben, die Woltätigkeit aber nicht. Ich frage Sie also nochmals, wollen Sie meinen Vorschlag annehmen oder nicht?« »Ich weise ihn natürlich zurück,« erwiederte Justine, und erhob sich, »o ich bin arm mein Herr, trotzdem fühle ich mich reich, weil mich die Gefühle meines Herzens entschädigen.« »Hinaus,« sprach kaltblütig der abscheuliche Mann, »und daß Sie mir nicht schwatzen, ich würde Sie sonst an einen Ort bringen, wo Ihnen das unmöglich fallen würde.«

Nichts ermutigt die Tugend so, wie wenn das Laster sie fürchtet. Mutvoller, als sie selbst es gedacht hätte, versprach Justine Verschwiegenheit zu bewahren, wenn man ihr das geraubte Geld zurückgeben würde. »Sie müssen daran denken, mein Herr, daß das Geld mir gerade jetzt unentbehrlich ist,« sprach sie. Allein das Ungeheuer erwiederte, daß es an ihr läge, wenn sie etwas verdienen wolle, und daß er nicht im geringsten die Verpflichtung in sich fühle, ihr zu helfen. »Nein, mein Herr, erwiederte sie mit Festigkeit, ich möchte tausendmal eher zugrunde gehen, als mein Leben um diesen Preis zu verkaufen.« »Und ich,« entgegnete Florent, »ich gebe nicht gern mein Geld jemanden, der es nicht verdient. Trotzdem Sie mir mit großer Frechheit geantwortet haben, will ich Ihnen noch eine Viertelstunde Bedenkzeit geben.« »Ich werde auf keinen Fall ihren niederträchtigen Leidenschaften dienen,« entgegnete Justine frostig, »übrigens verlange ich von Ihnen kein Almosen, sondern daß, was Sie mir schulden, und daß Sie mir auf die schandloseste Weise gestohlen haben. Behalte es, grausamer Mann, aber denke daran, daß ich dadurch das Recht erwerbe, dich zu verraten.«

Nur hätte Justine daran denken müssen, daß die Tugend auch dann nicht glücklich ist, wenn sie eine derartige Sprache führt. Saint Florent klingelte, der Kammerdiener erschien, und »hier ist ein kleines Geschöpf,« sprach er, daß mich ehemals bestohlen hat, ich müßte Sie hängen lassen, wenn ich meine Pflicht erfüllen wollte, trotzdem jedoch will ich ihr das Leben retten und nur um die Gesellschaft von ihr zu befreien, will ich sie zehn Jahre lang in unserem Zimmer gefangen halten.

Lafleur bemächtigte sich alsbald Justinens, die durchdringende Schreie ausstieß. Saint-Florent sprang wütend auf, verband ihr den Kopf, und fesselte ihre Hände, dann half er seinem Diener, und die beiden stießen nun die Unglückliche [382] in ein vollkommen abseits gelegenes Zimmer, in dem ihre Klagen ungehört verhallten.

Sie befand sich noch keine Stunde darin, als Saint-Florent mit Lafleur wieder erschien. »Nun,« fragte dieses Ungeheuer an Geilheit, »wollen Sie es noch wagen, sich meinen Begierden zu entziehen.« – »Der Wunsch ist der gleiche geblieben, und meine Kräfte haben sich nicht geändert.« – »Desto besser,« erwiderte Saint-Florent, »so werde ich also gegen ihren Willen handeln und das wird mein Vergnügen erhöhen. Ziehen Sie diese Hure aus. Ah, ah,« sprach Saint-Florent, als er das verhängnisvolle Zeichen bemerkte, »es scheint, als ob meine teure Nichte nicht immer zu tugendhaft gewesen ist, wie sie uns einreden will und diese verräterischen Spuren klären uns vollkommen über ihr Betragen auf.« – »In der Tat, mein Herr,« setzte Lafleur fort, »diese Bestie kann sie entehren, ich rate Ihnen also, wenn Sie sich an ihr befriedigt haben, sie in einen Kerker zu werfen.« – »Hören Sie mich an, mein Herr,« rief jetzt Justine, »bevor Sie mich verdammen.« Und das arme Mädchen erklärte ihr ganzes Mißgeschick. Jedoch ein so unschuldiges Gesicht Justine immer machte, Saint-Florent spielte doch den Ungläubigen und wiederholte seine höhnischen Bemerkungen. Justine stand nackt da und wurde nun von den beiden Männern in roher Weise zugerichtet. Jedoch alle ihre Bitten, alle ihre Kämpfe waren umsonst, sie war wehrlos und mußte nachgeben. »Weißt du,« fragte der Herr seinen Vertrauensmann, »ob für mich ein kleines Mädchen vorbereitet ist?« – »Gewiß, mein Herr, die Stunde hat bereits geschlagen und Sie wissen, wie pünktlich man Sie bedient.« – »Hole sie mir,« sprach er, und während der Diener hinausging, vollführte der Wüstling Dinge, die man kaum beschreiben kann. Das Ekel spuckte in die Mitte des Zimmers und zwang Justine, seinen Speichel aufzulecken. Sie weigerte sich, jedoch Saint-Florent faßte sie, drückte ihr den Kopf hinab und rief aus: »Verfluchtes Geschöpf, warum kommst du mir nicht mehr entgegen, du wirst noch ganz andere Dinge begehen, sobald mein Opfer da ist.« Und alsbald erschien das angekündigte Mädchen. Es war ein achtjähriges Kind, das sich in einem derartigen Zustand befand, daß bei seinem Anblick nur das Gefühl des Mitleids rege wurde. »Entkleide dieses Mädchen,« sprach Saint-Florent zu Justine, »aus deinen Händen will ich sie empfangen. Du, Lafleur, kitzle mein Glied,« und der Schamlose betastete die Arschbacken seines Vertrauten, indem er sich von ihm wichsen ließ. »Ebne den Weg,« fuhr er jetzt zu Justine gewandt fort, »befeuchte die Scheide dieses kleinen Mädchens mit deiner Zunge und trachte das Speichel drin bleibt.« Die nun folgenden Schreie, Tränen und Klagen konnten unseren Wüstling nicht zurückhalten, das Opfer zu begehen. Lafleur legte sich aufs Bett, zog Justine an sich und [383] begann sie von vorne zu bearbeiten, indem er auf diese Art und Weise ihren Hintern den Angriffen Saint-Florents preisgab. Mit einer langen Stahlnadel bewaffnet, ergötzte sich der Barbar daran, die schönen Arschbacken unserer Abenteurerin zu stechen. Bei jedem Stich spritzte das Blut hervor. »Nun wollen wir von hinten ficken,« sprach er nach einiger Zeit, »du drehe Justine um, ich will meine Kleine umdrehen,« Der Befehl wurde ausgeführt und auf diese Weise die Scham Justines den Nadelstichen preisgegeben. »Teufel,« rief Saint-Florent, »welch ein Vergnügen, in eine Scham zu stechen, während man einen Arsch fickt. Was sagst du dazu, Lafleur?« – »Ich würde sie spicken wie eine Gans,« und alsbald wurden sämtliche Körperteile Justines dieser Peinigung unterworfen. »In dem Zustand, in dem sie sich jetzt befindet, will ich ihr die Ehre antun, sie nochmals zu ficken,« sprach Saint-Florent und verließ den Hintern seiner Jungfrau, um in die Scheide Justines hineinzufahren. »Ah,« sprach er und preßte sich auf sein Opfer, »ich liebe es, mich auf diese Art und Weise an einer Frau zu befriedigen,« und nun wurden die Arschbacken des kleinen Mädchens dem eigenartigen Vergnügen mit der Nadel unterzogen. »Eh, eh,« rief er aus, »man gebe mir Messer, Dolche, Pistolen, ich will töten, ich will massakrieren, ich will meine ganze Umgebung ermorden,« und erst nachdem sich die Hoden des Rasenden entleert hatten, gewannen die Opfer einige Ruhe, um sich ein wenig zu erholen.

»Justine,« sprach Saint-Florent nach einigen Augenblicken, »ich habe Ihnen schon gesagt, wie wichtig es zu meiner Befriedigung gehört, daß die Opfer meiner Wollust verschwinden, sobald ich mich an ihnen befriedigt habe. Wollen Sie mir schwören, Lyon sofort zu verlassen. Nur unter dieser Bedingung gebe ich Ihnen die Freiheit zurück. Sollten Sie um sieben Uhr noch in der Stadt sein, so können Sie auf ewiges Gefängnis rechnen.«

»Herr, seinen Sie versichert, öffnen Sie die Tür, Sie werden mich in Ihrem Leben nie wiedersehen,« und das arme Mädchen verließ eiligst ein Haus, in dem man es so grausam behandelt hatte, lief nach der Herberge und verließ in einigen Stunden die Stadt. »Oh Himmel,« rief sie dabei aus, »welche Verderbtheit das Ungeheuer begeilt sich an den Tränen der Unglücklichen.«

Justine war bald außerhalb der Stadt, aber es schien, als ob jeder ihrer Schritte von einem unglücklichen Abenteuer gefolgt sein müsse, und als ob alle tugendhaften Empfindungen ihrer schönen Seele schlecht belohnt werden müssen.

Kaum hatte sie zwei Meilen zu Fuß zurückgelegt, als eine alte Frau mit schmerzvollem Gesicht an sie herantrat, und sie um ein Almosen bat. Weit entfernt, so hart zu sein, wie sie es eben gesehen hatte, zog sie sogleich ihre Börse heraus, um der [384] Frau einen Taler zu geben; allein das geschickte Wesen hatte di Maske des Alters nur vorgetäuscht, um Justine in die Falle zu locken und griff nunmehr hastig nach der Börse, faßte sie, gab Justine einen Faustschlag in den Magen und verschwand im Gehölz. Justine eilte der Diebin nach, erreichte sie und fiel mit ihr in eine Fallgrube, die durch Blätterwerk versteckt war.

Sie fiel beträchtlich tief und fand ein weites unterirdisches Gewölbe, das schön und bequem möbliert war. »Wer ist dies, Seraphine,« fragte ein dicker starker Mann, der vor einem Feuer saß. – »Ein kleines betrogenes Ding,« antwortete die Diebin, »sie ist mir nachgelaufen, weil ich ihr Geld gestohlen habe und wir sind gleichzeitig herabgefallen. Dieses Mädchen kann uns nützlich sein, Kapitän, und es tut mir nicht leid, daß ich ihr begegnet bin.« – »In der Tat, sie sieht nicht übel aus,« erwiderte der Anführer und ließ Justine herantreten, »und sollte sie selbst nur den Vergnügungen unserer Truppe dienen, so wäre dies immerhin etwas.« Und Justine wurde alsbald von Männern, Frauen und Kindern jeden Alters umgeben. Bald sah sie ein, daß sie sich in ziemlich schlechter Gesellschaft befand.

»Ist es nicht indiskret, mein Herr,« fragte sie zitternd den Anführer, »wenn ich Sie bitte, mich über diese Persönlichkeiten hier aufzuklären. Ich höre Sie über mich verfügen, herrschen denn die Gesetze, die Regeln der Schicklichkeit hier nicht ebenso wie auf der Oberfläche der Erde?« – »Iß vorerst von diesem Kuchen, Herzchen,« antwortete der Anführer, »und trinke ein Glas Wein, dann wirst du erfahren, wer die Leute sind, bei denen du bist und welche Aufgabe du zu erfüllen haben wirst.« Unsere Heldin war durch diese nette Anrede ein wenig beruhigt und setzte sich mit aufmerksamer Gespanntheit hin.

»Die Leute, in deren Mitte dein Stern dich führt,« sprach der Hauptmann, nachdem er zwei Prisen Tabak genommen hatte, »sind das, was man Bettler nennt. Wir verstehen es so gut, das Mitleid der Leute zu erwecken, daß wir dadurch das ganze Jahr hindurch in Luxus und Wohlhabenheit leben können. Wenn es kein Mitleid gibt, gibt es auch keine Lüge, die man leichter im Menschen erregen kann. Einige Klagen, einige Wunden, ein abstoßendes Kleid, alles das führt die Seele dem Mitleid zu. Sieh einmal diese Verkleidungen an, diese Kräuter, die uns entstellen 31, diese Kinder, deren wir uns bedienen, um Mütter zu rühren. Unser Vorgehen ist jedoch manchmal durch die Umstände verschieden bedingt; wenn wir uns als Schwächere fühlen, sind wir demütig und kriechend, sind wir die [385] Stärkeren, benehmen wir uns frech.« – »Aber Sie töten wenigstens nicht, meine Herren,« unterbrach teilnahmsvoll Justine. – »Gewiß, meine Teure,« erwiderte der Anführer, »wenn man uns Widerstand leistet, machen wir nicht viel Geschichten, häufig werden Sie auf dem Wege, auf dem sie hergekommen sind, Leute ihr Leben verlieren sehen; sollen wir Ihnen vielleicht die Möglichkeit lassen, sich zu beklagen und uns zu verderben? Trotzdem jedoch sind wir weder Diebe noch Mörder von Beruf, unser einziges Handwerk ist die Bettelei. Es ist sicher, mein teures Mädchen, daß Ihr hübsches Aussehen, meine Kameraden verleiten wird, alle ihre Begierden an Ihnen zu befriedigen. Wenn das erste Feuer erloschen ist, wollen wir Ihnen eine Stellung anweisen, sollten Sie sich geschickt benehmen, werden Sie in die erste Reihe vorrücken, gefällt Ihnen aber unser Handwerk nicht, werden wi Sie allein zu jenem Dienst verwenden.«

Die ganze Truppe klatschte dieser Rede Beifall und man befahl Fräulein Justine, sich sofort zu entkleiden, um vorerst dem Oberhaupt und dann der übrigen Truppe zur Befriedigung zu dienen. Kaum hatte die unglückliche Justine diesen Befehl aussprechen hören, als sie sich weinend vor die Füße der Sprechenden warf und sie anflehte, sie von diesen Niederträchtigkeiten zu verschonen. Allein ein kräftiges Gelächter war die einzige Antwort, die sie erhielt.

»Schamvolles Kind,« sprach der Anführer, »wie konntest du glauben, daß diejenigen, die sich damit spielen, das Mitleid anderer zu erregen, die Schwäche haben, selbst solchen Empfindungen zugänglich zu sein? Merke dir, daß unsere Herzen hart sind wie die Felsen, die uns als Dach dienen. Gehorche, Schurkin, dein Widerstand könnte mit Gefahren für dich verbunden sein.« Justine fand keine Antwort mehr und bald wurde sie in nacktem Zustand von allen Anwesenden liebkost. Plötzlich bemerkte der Sohn des Anführers das verhängnisvolle Zeichen. »Was ist dies, Jungfrau?« fragte eines der Glieder des Senats. »Da du durch dieses Mal mit uns auf der gleichen Stufe stehst, scheint es mir, als ob es nicht recht gewesen wäre, die Spröde zu spielen.«

Justine erzählte nun ihre Geschichte, aber man glaubte sie ihr ebensowenig wie bei Saint-Florent und verscherte ihr, daß ihr dies kleine Unglück im Ansehen in der Truppe nicht schaden werde. »Mein Kind,« sprach der Anführer und entblößte eine seiner Schulter, auf der ein ähnliches Zeichen sichtbar wurde, »du siehst, wir ähneln uns und ich will noch bemerken, daß derartige Zeichen in unserem Stand Auszeichnungen sind. Wir haben noch dreißig hier, die ebenso bevorzugt wurden. Vorwärts, folge uns, schöner Engel,« fuhr das [386] Oberhaupt fort und zog Justine in eine abgesonderte Höhle. »Ich und diese Greise hier, wir wollen das Terrain sondieren.«

Die Sechzigjährigen, an der Zahl sechs, führten Justine in einen Raum, in dem ewige Lampen brannten, und dessen Boden mit weichen Matratzen belegt war. Es war das Boudoir dieser Herren. »Justine,« sprach einer der Greise, »geben Sie sich vorerst unserem Anführer hin, wir wollen dann der Reihe nach ihn ablösen.«

Gaspard ergriff Justine, allein er war zusehr abgenützt, um sich an ihr befriedigen zu können und er entlud ihr zwischen die Brüste.

Raymond, der folgte, hatte in der großen Welt gelebt, es war ein alter Pariser Ladendieb. Er leckte den Samen seines Mitbruders auf, ließ sich von Justine den Hintern lecken und entlud schließlich in ihren Mund.

Gareau war Priester gewesen und hatte sich die jesuitischen Neigungen bewahrt. So fickte er also Justine im Hintern und schrie wie ein Teufel, als er fertig wurde.

Ribert. verlangte, daß Justine ihn kitzle, während er sie ohrfeigen wollte.

Vernol war ebenso bösartig wie sein Kamerad, nur hatte er die Leidenschaft, an den Ohren zu reißen.

Mangin leckte den Hintern, indem er onanierte. Als er aber Gareau nachahmen wollte, verlor er unter Wehklagen seine Kräfte.

»Vorwärts, Kinder,« sprach das Oberhaupt, als er mit seinen Adjutanten zurückkehrte, »sie taugt etwas, aber laßt ein wenig Ordnung walten, jeder möge der Reihe nach antreten.«

Da acht bis zehn Männer anwesend waren, die sich nur an Knaben ergötzten, und fünf oder sechs Frauen, die nur Sappho huldigten, hatte unsere Heldin mit ungefähr dreißig Personen beiderlei Geschlechts zu tun. Obwohl ziemliche Ordnung herrschte, hatte die Unglückliche doch ungemein viel zu erdulden, jedoch Justine blieb immer gefällig, immer Sklavin, immer unglücklich und gab sich zu allem her, obwohl ihr Herz dagegen stimmte. Nach genossenem Vergnügen führte man sie zu einem Waschbecken, wo sie sich reinigte. Dann setzte man sich zu Tisch und die Konversation bewegte sich über die eben genossenen Freuden. Man trank viel und die Gesellschaft benahm sich ziemlich solid. Der Exjesuit Gareau näherte sich Justine: »Sie haben,« sprach er leise, »den schönsten Popo der Welt. Ich habe kaum Zeit gehabt, ihm genügend zu huldigen, folgen Sie mir nach; wenn alle schlafen, wollen wir in einem Winkel plaudern.«

Verlassen, wie Justine war, fühlte sie sich glück lich, daß ein Wesen für sie Interesse bezeugte. Sie blickte den Mann an, der zu ihr sprach und da er anständig aussah, stieß sie ihn [387] nicht zurück. Der neue Liebhaber unserer Heldin führte sie in eine kleine Zelle, nachdem sich beide gesetzt hatten, begann folgendes Gespräch:

»Im Augenblick, da ich Sie gesehen habe,« sprach Gareau, »haben Sie mir sofort Interesse eingeflößt, Ihre entzückende Gestalt, kündet mir Geist an, Ihre Reden eine gute Abstammung und ich bin für mich überzeugt, daß das Mal, das Sie tragen, nur durch unglücklichen Zufall Sie getroffen hat. Ich verberge Ihnen nicht, mein Engel, daß ich Sie mit Kummer in unserer Gesellschaft gesehen habe; wenn Sie den Beruf dieser Leute nicht ebenfalls ausüben, fürchte ich, daß sie Sie töten könnten, wenn sie Ihrer satt sind. In dieser peinlichen Lage sehe ich für Sie nur ein Mittel, und das besteht darin, sich mit mir gut zu verhalten, damit ich Ihnen eines Tages den Weg zur Freiheit weisen kann.« – »Aber, mein Herr,« fragte Justine, »da Sie Interesse an mir nehmen, werden Sie mir doch nicht zur Flucht verhelfen.« – »Ich werde Ihnen nachfolgen, Justine, glauben Sie denn, daß ich für diesen Beruf hier geboren bin? Geldgier, Faulheit und Wollust sind die Ketten, die mich fesseln. Ich gewinne gerne Geld, ohne mich weiter darum bemühen zu müssen, aber ich hoffe, daß Sie einen Unterschied zwischen mir und diesen Leuten herausfinden, denn ich werde sie früher oder später doch verlassen und wir wollen dann ein gemeinsames Leben führen. Im übrigen, wenn Sie öffentlich erklären, daß Sie mit mir leben wollen, werden Sie davor bewahrt bleiben, sich jedem dieser Schufte täglich hinzugeben.« – »Nun denn, mein Herr, ich willige ein. Ich liefere mich Ihnen aus, wenn Sie mir feierlich versprechen, daß ich nicht gezwungen werden soll.« – »Ich schwöre es Ihnen,« sprach Gareau, »und will das Gelübde mit Ihrem Hintern besiegeln.« Seufzend gab sich Justine hin und der geschickte Jesuit fuhr so sanft hinein, wie es nur einem Jünger des Ignatius möglich ist.

»Jetzt aber wollen wir zurückkehren,« sprach er, nachdem er sich befriedigt hatte, »eine längere Abwesenheit könnte Argwohn auf uns werfen.«

Unsere Wüstlinge erzählten sich gerade Geschichten. Justine und Gareau setzten sich an das Feuer und beim Abendessen erklärte unsere Heldin, daß von allen Anwesenden Gareau allein ihr Vertrauen zu gewinnen gewußt habe. Der Anführer fragte Gareau, ob ihm dies passe, und nachdem dieser bejaht hatte, betrachtete man Justine allgemein als seine Frau.

Allein Gareau hatte, als er Justine seine Hand und seinen Schutz anbot, nicht aufrichtig gesprochen und die erste Nacht, die sie zusammen verbrachten, überzeugte Justine bald, daß sie nicht allein seine Gunst genoß. Einer der jungen Männer legte sich in der Nacht zwischen die Beiden. »Wer ist dies,« fragte Justine, »ist das Ihr Versprechen?« – »Ich sehe, es ist mein [388] Unglück,« antwortete Gareau, »von meiner liebenswürdigen Gattin nicht verstanden zu werden. Ich habe Ihnen gesagt, daß Sie Unterstützung, Ratschläge und liebevolle Aufnahme finden werden, nicht aber, daß ich enthaltsam bin. Sie müssen sich schon damit abfinden, daß wir häufig zu Dritt sein werden.« Während nun der Erzjesuit den Mann von hinten vornahm, verlangte er von Justine, daß sie das Glied des jungen Mannes lecke; so wurde ihr Entgegenkommen auf die Probe gestellt.

Einige Tage vergingen ohne weitere Ereignisse und Justine schien immer mehr das Vertrauen ihres Mannes zu gewinnen. Trotzdem war es ihr nicht möglich, ihn zu leiten, sondern sie mußte sich von ihm lenken lassen.

»Bald,« sprach eines Tages ihr Beschützer, »bald wird ein Dritteil unserer Leute, die sich auf dem Lande befinden, zurückkehren. Eine neue Abteilung wird ausgesandt werden, ich werde mich melden und Sie müssen mir nachfolgen; wenn wir einmal erst aus diesem schrecklichen Loch heraus sind, wollen wir nie mehr einen Fuß dahin zurücksetzen. Wir wollen uns in ein entlegenes Dorf flüchten und dort ruhig leben.«

»Oh, wie sehr gefällt mir dieser Plan,« rief Justine entzückt aus, »bringen Sie mich aus diesem Schlund weg, mein Herr, und ich schwöre Ihnen, daß ich Sie in meinem Leben nicht verlassen will.« – »Ich verspreche Ihnen, Sie herauszubringen, Justine, aber ich knüpfe daran eine Bedingung.« – »Und die ist?« – »Daß Sie die Kasse dieser Verbrecher mitstehlen und sie dann anzeigen.« – »Gut, die Kasse stehlen, das geht noch, aber sie bestrafen lassen, oh Gott, dazu werde ich niemals meine Einwilligung geben.« – »Nun denn, dann bestehlen wir sie einfach, dann soll aus ihnen werden, was da will.«

Wir haben den lebhaften Wunsch, den Lesern immer den Charakter unserer Heldin so klar zu zeigen, wie er war. Wir müssen also berichten, daß der Grund, weshalb sie in den Plan einstimmte, der war, daß sie dem Anführer der Truppe ein Geständnis machen wollte, um dann die Gnade des Schuldigen und ihre eigene Freiheit zu erwirken. Nach einigen Tagen kam eines der Mitglieder der abwesenden Abteilung an und berichtete, daß seine Kameraden zurückkehrten. Sofort versammelte sich das nächste Detachement und Gareau erhielt einstimmig den Oberbefehl über die kleine Armee.

Justine bat nun den Anführer um eine geheime Audienz, und als sie allein mit Gaspard war, entdeckte sie ihm ihre Geschichten, die jener viel besser wußte, wie sie selbst. »Vertrauensseliges Mädchen,« sprach der Hauptmann, »Gareau hat sich über Sie lustig gemacht und Sie sind in eine Falle geraten. Ihr Mitbruder hat Ihnen drei Dinge vorgeschlagen, uns zu bestehlen, uns anzuzeigen und zu flüchten, Sie gestehen nur den Diebstahl zu, Sie haben die Anzeige zurückgewiesen, die Flucht [389] aber in Ausführung bringen wollen. Das ist mehr als genug, Sie ordentlich bewachen zu lassen. Sie lieben unser Handwerk nicht und wir sind sicher, daß Sie es niemals beherrschen werden. So müssen wir Sie bloß als unsere Hure und Sklavin hier behalten und in beiden Fällen müssen Sie mit Eisenketten angeschmiedet werden.« – »Oh, mein Herr,« rief Justine aus, »wie, dieses Ungeheuer ...« – »Er hat Sie verraten und seine Pflicht dabei getan.« – »Aber er sprach doch von Liebe und zärtlichen Gefühlen.« – »Wie haben Sie glauben können, daß in einem Mitglied unserer Bande derartige Gefühle entstehen können? Gareau hat sich über Sie lustig gemacht, meine Tochter, er hat Ihnen Ihr Geheimnis entreißen wollen. Das möge Ihnen als Lehre für ein andermal dienen, für diesesmal unterwerfen Sie sich dem Schicksal, das Ihnen Ihre tugendhafte Unschuld bereitet hatte.«

Alsbald wurde Seraphine gerufen und Justine ihr übergeben. »Sie werden sie nicht einsperren,« sprach das Oberhaupt, »dürfen sie aber nicht aus dem Auge verlieren und haften mir mit Ihrem Kopfe für sie.«

Diese Seraphine, von der wir unseren Lesern endlich ein Bild geben müssen, war eine sehr hübsche dreißigjährige Frau, die mit einer ganz ungemeinen Geschicklichkeit begabt war. (Man erinnert sich noch an die Art und Weise, wie sie Justine täuschte.) Sie war von einer derartigen Sittenverderbtheit, wie man sie selten findet.

Gareau brach ein helles Gelächter aus, als er Justine mit ihrer Wächterin zurückkehren sah. »Was hältst du von diesem Gänschen?« fragte er Seraphine. – »Sie ist noch ein Neuling,« antwortete diese, »man muß es ihrem guten Glauben zugute halten.« – »Wie,« fragte Gareau, »wird sie nicht mit dem Tode bestraft werden?« – »Ah, Verbrecher, das wolltest du,« sprach Justine, »deshalb täuschtest du mir Gefühle von Liebe vor.« – »Liebe, Liebe, Seraphine, was sagst du zu dieser Jungfrau, die sich einbildet, daß man ihr Liebe schuldet, weil man sie im Hintern gefickt hat.« – »Sie ist jetzt in meiner Obhut,« sprach Seraphine, »und ich verspreche dir, daß sie mir nicht auskommen wird.« – »Ich hätte es lieber, wenn sie bei den Toten läge,« antwortete das Ungeheuer, indem es sein Glied in den Hintern eines Knaben steckte.

Nunmehr wurde Justine mit den niedrigsten Aufträgen betraut. Mit einem Wort, sie wurde die Sklavin der Seraphine. Man kündigte in den unterirdischen Gewölben durch einen Zettel an, daß Justine nicht mehr die Geliebte Gareaus sei und sich infolgedessen jedem, der nach ihr begehrte, hingeben müsse. Das Hübsche an der Sache war, daß als erster Gareau selbst erschien. »Komm, Schurkin,« sprach er, »wenn ich dich [390] auch irregeführt habe, liebe ich doch deinen Hintern, komm, bevor ich weggehe, will ich ihn noch einmal bearbeiten.«

Schließlich brach Gareau mit seinen Kumpanen auf und die zurückkommende Abteilung zog ein. Justine hatte also bald eine ganze Anzahl neuer Personen über sich und besonders das Oberhaupt dieser Truppe quälte Justine aufs Aeußerste. Roger, einer der größten Verbrecher, besaß im geschlechtlichen Verkehr Eigenschaften, die nicht ganz geeignet waren, Sympathien einzuflößen. Das Ekel pflegte in die Mitte eines Zimmers zu scheißen und das betreffende Weib mußte eine Stunde lang in diesem Kot herumlaufen. Er selbst war mit einem ungeheuren Hammer bewaffnete und peitschte während der Zeit den ganzen Körper des Weibes. Wenn er aber die Worte: »Friß Hure« aussprach, mußte das arme Opfer den Kot verschlucken und dabei selbst in seinen Mund scheißen. In diesem Augenblick begann sein Samen sich zu entladen. Sein Taumel wurde aber erst vollständig, wenn er Blut fließen sah oder einige Glieder zerbrechen konnte.

Inzwischen hatte man Bilanz gemacht und gefunden, daß die neue Truppe an Almosen nahezu siebenmalhunderttausend Pfund mitgebracht hatte. »Oh, Teufel,« rief Gaspard aus, »es lebe die christliche Barmherzigkeit. Wie geistvoll war derjenige, der diese erhabene Tätigkeit als Tugend bezeichnete, ohne ihn könnten wir heute nicht leben. Fahren wir fort, Freunde, den Priestern Unterstützungen zu zahlen, um die menschlichen Herzen aneifern zu lassen. Niemals noch werden wir unser Geld angelegt haben wie auf diese Weise.« 32

Plötzlich öffnete sich die Falltüre und spie einen vierzigjährigen, gut gekleideten Mann herab, der vorerst wortlos, nach einem Augenblick der Ruhe aber fähig war, sein Mißgeschick zu erzählen. Der Wanderer hatte, um ein natürliches Bedürfnis zu befriedigen, sich in ein Gesträuch zurückgezogen und die Erde war unter seinen Füßen gewichen, sein mit Gold beladenes Pferd mußte einige Schritte weit von dem Erdloch entfernt sein und so sprach er: »Hat mich mein Schicksal in die Hände von Räubern fallen lassen, dann müßt Ihr euch beeilen, den Schatz in Sicherheit zu bringen. Habt Ihr aber keine bösen Absichten mit mir, dann bringet mich rasch wieder auf die Erde.« – »Dich auf die Erde bringen?« fragte Roger und hielt eine Pistole gegen den Mann gerichtet. »Ah, Verbrecher, deine Augen werden niemals wieder die Sonne sehen.« – »Was sehe ich, großer Gott,« rief der Reisende aus, »bist du es, Roger, du, mein Bruder, den ich sozusagen an meinem [391] Busen ernährt habe, du, mein Freund, dem ich zweimal das Leben gerettet habe, du, der mir mit einem Wort alles schuldet? Oh, wie danke ich dem Himmel, dich an diesem düsteren Ort zu finden. Wer immer diese Leute sind, wenn du mir als Beschützer dienst, werden sie mir nichts antun.« – »Der Schlag soll mich treffen,« rief Roger aus, »wenn es etwas gibt, das mich milder stimmen könnte und hättest du mir tausend Leben gerettet, Verbrecher, ich würde dir nicht dankbar sein. Wisse, Kindrich, daß in unseren Seelen jedes andere Gefühl als das des Interesses erstickt ist, und daß, solltest du mir selbst tausendmal größere Dienste geleistet haben, ich dich nicht schonen würde.« Zwei Pistolenschüsse streckten alsbald den Bruder nieder. Kaum war dies geschehen, als Seraphine mit dem Gepäcke des Reiters ankam. »Das ist ein entzückendes Abenteuer,« sprach Gaspard, der bereits die Beute zählte und mehr als hunderttausend Franks vorfand. Der Brudermord Rogers fand viel Beifall in der Truppe, aber gar keinen Widerspruch. Die unglückselige Justine wurde beauftragt, den Leichnam zu verscharren und wir überlassen es den Lesern, sich auszudenken, wie sehr die genannten Vorfälle geeignet waren, ihren ohnehin starken Haß gegen die Truppe noch zu vermehren. Die Freude, die man über den glücklichen Fang hatte, bewirkte, daß man den ganzen Abend nur daran dachte, sich zu erfreuen. Eine Orgie wurde veranstaltet, bei der alle Frauen und Knaben nackt erscheinen mußten. Justine war beauftragt, zu servieren.

Kapitel XVIII.

Trotz des Zustandes der Demütigung, in dem die unglückliche Justine gehalten wurde, fand sie doch in Seraphine eine Schützerin, die, da sie sie ihren Freuden zuzog, der Unglücklichen einige Milde zuteil werden ließ. »Mein Engel,« sprach sie eines Tages, »ich fürchte, daß ich dir nicht genug Vertrauen einflöße, da du bereits von einem meiner Kameraden hintergangen worden bist. Ich schwöre dir aber, daß ich dich nicht täusche, und daß mein Mund die lauterste Wahrheit spricht. Man verlangt von mir in Lyon für einen Kaufmann ein junges Mädchen, seine Neigungen sind allerdings seltsam, aber er bezahlt sie dafür reichlich. Der Mann, von dem ich spreche, ist gottlos, er wird dich, während man die Messe vor ihm liest, bearbeiten, und zwar mit einer Hostie, während der messelesende Priester dich gleichfalls mit einer Hostie besteigen wird.« – »Wie furchtbar!« rief Justine aus. – »Ja, ich habe mir wohl gedacht, daß bei deinen Grundsätzen ein solcher Vorschlag Widerstand finden würde, aber ist es nicht besser, als hier zu bleiben?« – »Gewiß.« – »Nun denn, dann entscheide[392] dich.« – »Ich bin's bereits,« antwortete Justine mit ein wenig Gewissensbissen, »mache mit mir, was du willst.« Seraphine eilte nun zu Gaspard, hielt ihm vor, daß die Strafe Justines schon genug lang dauere und daß man die Truppe nicht länger der Dienste eines Mädchens berauben dürfe, daß Justine draußen mehr taugen würde wie im Innern der Erde. Die Gnade wurde gewährt. Man gab Justine noch gute Lehren und nach einem fünfmonatlichen Aufenthalt in dieser scheußlichen Höhle erhielt sie endlich die Erlaubnis, ihrer Beschützerin nach Lyon zu folgen. »Großer Gott,« rief Justine aus, als sie die Sonne wiedersah, »ein Werk der Barmherzigkeit, und ich werde durch fünf Monate lebend begraben; weil ich versprochen habe, ein Verbrechen zu begehen, löst man mir meine Ketten. O Vorsehung, erkläre mir doch deine unfaßbaren Wege, sonst müßte sich mein Herz aufbäumen.«

Unsere zwei Reisenden machten in einem Gasthaus halt, um zu frühstücken. Justine sprach kein Wort, dachte aber trotzdem immer an ihre Befreiung. »Madame,« rief sie aus und wandte sich an die Wirtin, eine ziemlich hübsche, gutmütige Frau, »oh, Madame, ich beschwöre Sie, mir Ihre Hilfe angedeihen zu lassen. Das Geschöpf, mit dem Sie mich sehen, zwingt mich, ein Haus aufzusuchen, in dem meine Ehre verletzt wird. Ich habe ihr das Versprechen gegeben, um einer Bande von Schuften zu entgehen, die mich gefangen hielten. Ich bitte Sie, ihr beizubringen, sie möge keine Ansprüche an mich stellen und dann behalten Sie mich bis morgen bei sich, damit ich meinen Weg für mich einschlagen kann.« »Verbrecherin,« rief Seraphine wütend aus, »bezahle mich wenigstens.« – »Ich schwöre beim Himmel, daß ich nichts schulde, zwingen Sie mich nicht, Seraphine, mich deutlicher auszudrücken.« Seraphine erschrak und verschwand fluchend. Justine verbrachte achtundvierzig Stunden bei der liebenswürdigen Wirtin und am Morgen des dritten Tages brach sie reich beschenkt auf, indem sie die Richtung nach Vienne einschlug, um darüber hinaus nach Grenoble zu gelangen.

Justine wanderte traurig vor sich hin, als sie in einem Feld rechts von ihrem Wege zwei Reiter sah, die einen Mann mit ihren Pferden zerstampften, um dann mit verhängten Zügeln davonzureiten. Dieses furchtbare Schauspiel rührte sie zu Tränen. »Ach!« sprach sie, »der Mann ist noch mehr zu beklagen als ich. Ich bin mindestens gesund und kräftig, aber wenn dieser Unglückliche nicht reich ist, was soll aus ihm werden?« So sehr auch Justine mit ihrem Mitleid Unglück gehabt hatte, sie konnte doch dem heftigen Wunsch nicht widerstehen, näher zu treten und dem Manne zu Hilfe zu eilen. Sie lief auf ihn zu, ließ ihn ein wenig Weingeist einatmen, zerriß dann ihr einziges Gepäckstück, ein Hemd, um das Blut des [393] Unglücklichen zu stillen, und schließlich sah sie ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt. Obwohl der Mann zu Fuß reiste und mäßig gut gekleidet war, schien er ihr doch ziemlich vornehm zu sein. Er besaß Ringe, eine Uhr, Dosen, die allerdings durch sein Abenteuer stark mitgenommen waren. »Wer ist,« sprach er, als er wieder zu sich gekommen war, »der Engel, der mir hilft? Und was kann ich tun, um ihm meine Dankbarkeit zu beweisen?« Die unschuldige Justine, die noch immer glaubte, daß man sich durch Wohltaten eine Seele verpflichten könne, begann nun ihre Unglücksfälle zu erzählen. Er hörte mit großem Interesse zu, und als sie mit ihrem letzten Abenteuer zu Ende war, rief der sonderbare Mensch aus: »Wie bin ich glücklich, mich für alles dankbar erweisen zu können was Sie mir angetan. Hören Sie, Fräulein, vielleicht bin ich in der Lage, Ihnen behilflich zu sein.«

»Man nennt mich Roland, ich besitze ein sehr schönes Schloß, das fünfzehn Meilen von hier in den Bergen liegt. Ich lade Sie ein, mir zu folgen, und damit dieser Vorschlag Ihr Zartgefühl nicht verletze, will ich Ihnen gleich mitteilen, wieso Sie mir nützlich sein können. Ich bin Junggeselle, habe aber eine Schwester, die ich leidenschaftlich liebe und die bei mir in der Einöde wohnt. Ich bedarf jemandes, der sie bedient. Diejenige, die bisher diesen Stelle innehatte, verloren wir und ich biete Ihnen nunmehr diesen Posten an.« – Unsere Heldin dankte vorerst ihrem Schützer und fragte ihn dann, wieso es käme, daß er ohne Bedienung reise, und warum er von den Spitzbuben so behandelt worden sei. »Ich habe seit einigen Jahren die Gewohnheit, so wie Sie mich hier sehen, nach Vienne zu reisen. Ich tue dies für meine Gesundheit und aus Ersparnis. Nicht daß ich arm wäre, im Gegenteil, aber Sparsamkeit schadet nie. Was die beiden Männer betrifft, die mich verletzten, so sind es zwei Kerle, denen ich vergangene Woche hundert Louis in Vienne abgewann. Sie gaben mir ihr Wort, mich zu bezahlen und da ich sie heute daran erinnerte, haben mich die Verbrecher derart zugerichtet.« Unsere teilnahmsvolle Reisende gab ihrem Bedauern nochmals Ausdruck, als Roland ihr vorschlug, aufzubrechen. »Dank Ihrer Sorgfalt fühle ich mich ein wenig besser und in zwei Meilen Entfernung liegt ein Haus, wo wir Pferde finden können.«

Justine war vollkommen entschlossen, die Hilfe, die ihr der Himmel bot, anzunehmen. Sie stützte Roland während des Gehens und tatsächlich langten beide nach einem Marsch von zwei Meilen bei einer Herberge an, in der sie ehrsam zusammen zu Abend aßen. Roland empfahl sie nachher der Wirtin und am nächsten Tage erreichten unsere Reisenden auf zwei Mauleseln die Grenze der Dauphiné. Da die Reisenden noch ein großes Stück vor sich hatten, übernachteten sie in Virieux und [394] am nächsten Tage setzten sie ihren Marsch in derselben Richtung fort. Gegen vier Uhr nachmittags langten sie am Fuß des Gebirges an. Da die Wege fast ungangbar waren, empfahl Roland dem Mauleseltreiber, Justine nicht zu verlassen, und alle drei drangen in die Schluchten ein. Unsere Heldin, die keine Spur eines Weges mehr fand, konnte sich einer Unruhe nicht erwehren. Roland sprach kein Wort. Dieses Schweigen erschreckte unser unglückliches Mädchen noch mehr, als sie endlich am Rande eines furchtbaren Abgrundes ein Schloß liegen sah. Kein Weg schien dahin zu führen. Der, den unsere Wanderer gingen, langte trotzdem nach vielen Windungen bei dieser furchtbaren Behausung an, die mehr einer Zufluchtsstätte von Dieben, als dem Aufenthaltsorte von ehrlichen Leuten ähnelte.

»Hier ist mein Haus,« sprach Roland, und da Justine Erstaunen merken ließ, daß er in solcher Einsamkeit wohne, antwortete er ihr rauh: »So paßt es mir!« Diese Antwort verdoppelte die Befürchtungen unserer Unglücklichen, aber da sie nicht mehr zurück konnte, hielt sie sich still. Roland stieg von seinem Maultier herab und befahl Justine, das Gleiche zu tun. Dann bezahlte er den Maultiertreiber und verabschiedete ihn. Da dieses Vorgehen Justine von neuem beunruhigte, fragte Roland sie in sanftem Tone: »Was haben Sie, Justine? Dieses Haus ist an der Grenze der Dauphiné gelegen, es gehört noch zu Grénoble.« – »Schön, mein Herr, aber wie ist es Ihnen eingefallen, sich in einer so verlassenen Schlucht festzusetzen?« – »Das kommt daher, daß die Bewohner nicht sehr ehrliche Leute sind,« sprach Roland; »es wäre sehr leicht möglich, daß Sie von ihrer Beschäftigung nicht sehr erbaut wären.« – »Ah, mein Herr, Sie machen mich schaudern, wohin führen Sie mich?« – »Ich führe dich zur Falschmünze, deren Oberhaupt ich bin,« sprach Roland und erfaßte den Arm Justinens, um sie über eine kleine Fallbrücke zu führen. »Siehst du diesen Brunnen?« sprach er, als sie im Hofe angelangt waren, »diese vier nackten, angeketteten Frauen, die das Rad drehen, sind deine Genossinnen; wenn du täglich zehn Stunden dieses Rad gedreht und alle meine Launen befriedigt haben wirst, erhältst du sechs Unzen Schwarzbrot und eine Schüssel Linsen. Auf deine Freiheit mußt du verzichten, die wirst du nie wieder erlangen; wenn du sterben solltest, wird man dich in das Loch, das du neben diesem Brunnen siehst, werfen und du wirst damit das Los vom zweihundert anderen Schurkinnen teilen, die bereits darin liegen.« – »Oh, großer Gott,« rief Justine aus und warf sich Roland zu Füßen, »erinnern Sie sich doch, daß ich Ihnen das Leben gerettet habe und daß Sie mir Dankbarkeit versprochen haben und mich zu belohnen. Ist das, was Sie tun, gerecht?« – »Was verstehst du unter dem Gefühl der Dankbarkeit, mit dem du mich zu fesseln glaubst,« fragte Roland, »was tatest du, als du mir zu Hilfe eiltest? Zwischen der Möglichkeit, [395] deinen Weg fortzusetzen, und der, zu uns zu kommen, hast du die letztere gewählt, weil dein Herz dich so geleitet hat. Du empfandest also dabei eine Befriedigung. Woher, zum Teufel, nimmst du also die Verpflichtung, daß ich dir dankbar sein soll? Zur Arbeit, Sklavin, zur Arbeit!« Bei diesen Worten wurde Justine auf Befehl Rolands von zwei Knechten erfaßt, unsanft entkleidet und an ihre Arbeit geführt. Roland trat nochmals an sie heran. Er betastete sie überall und, verhöhnte sie grausam, als er das demütigende Zeichen des grausamen Rombeau bemerkte. Dann bewaffnete er sich mit einem Ochsenziemer und versetzte ihr sechzig Schläge auf den Hintern. »So wirst du immer behandelt werden, Schurkin, wenn du deine Pflicht vernachlässigst,« sprach der Niederträchtige und rieb sein Glied an den Blutstropfen, die aus den Wunden floßen. »Du bist noch nicht am Ende deiner Leiden und ich will, daß du hier alle raffinierten Arten der Grausamkeit kennen lernen, wirst!« Dann ließ er sie allein.

Sechs finstere Höhlen dienten den Unglücklichen während der Nacht als Schlafraum. Man band also Justine und ihre Genossinnen los und sperrte sie in diese Löcher ein, nachdem man ihnen ihr karges Abendessen aufgetragen hatte.

Unsere Heldin war kaum allein, als sie sich den Gedanken über ihre furchtbare Lage hingab. »Ist es möglich,« sprach sie zu sich, »daß es Menschen sind, die so hart sind, daß sie das Gefühl der Dankbarkeit in sich ersticken?« Sie hing eben diesen Gedanken weiter nach, als plötzlich die Türe ihres Kerkers sich öffnete und Roland hereintrat, um an ihr alle seine Launen zu befriedigen, und welche Launen waren das, gerechter Gott! Aber wir wollen die Geduld unserer Leser nicht mißbrauchen und einen Schleier über diese neuen Grausamkeiten ziehen; haben wir ihren Geist nicht schon genug durch niederträchtige Schilderungen beschmutzt?

Am nächsten Tage prüfte Justine genauer ihre Umgebung. Ihre vier Genossinnen waren Mädchen von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren und obwohl sie durch das Elend und die Arbeit entstellt waren, zeigten sie dennoch Spuren von großer Schönheit; die jüngste namens Suzanne war sogar noch schön zu nennen. Roland hatte sie in Lyon ihrer Familie durch ein Heiratsversprechen entführt und sie in dieses furchtbare Haus gebracht. Sie war seit drei Jahren der Gegenstand, auf den sich alle Grausamkeit des Ungeheuers richtete. Durch die Schläge mit dem Ochsenziemer war ihre Haut runzelig und hart wie die einer alten Kuh geworden. An ihrer linken Hüfte hatte sie einen Schanker und in ihrem Muttermund befand sich ein Abszeß; alles das war das Werk des niederträchtigen Roland. Von ihr erfuhr Justine, daß sich der Schuft in nächster Zeit nach Venedig begeben wollte, um dort sein falsches Geld anzubringen. Alles sollte von diesem großen Streich, den er dort ausführen wollte, abhängen. »Ach!« sprach Justine, als sie von diesem Unternehmen erfuhr, »ich hoffe, daß die Vorsehung einmal gerecht sein wird. Sie wird ein derartiges [396] Ungeheuer nicht mit Erfolg krönen und wir werden alle gerächt werden.«

Mittags ließ man den Unglücklichen zwei Stunden Ruhe, die gleichzeitig zum Speisen benutzt wurden. Nach Verlauf dieser Zeit band man sie von neuem an und ließ sie bis in die Nacht arbeiten. Ihre Nacktheit diente dazu, Roland bessere Gelegenheit zum Schlagen zu geben. Im Winter erhielten sie eine Weste und eine Hose, die rückwärts derart geöffnet war, daß ihre Körper nicht minder allen Angriffen Rolands ausgeliefert waren. Acht Tage vergingen, ohne daß Roland erschien. Am neunten Tage kam er, um nach der Arbeit zu sehen, und da er fand, daß Justine und Suzanne das Rad zu wenig kräftig drehten, gab er einer jeden fünfzig Schläge mit dem Ochsenziemer.

In der darauffolgenden Nacht trat der Niederträchtige bei Justine ein, um ihre Wunden besser betrachten zu können. Der Schuft küßte sie zuerst, und da ihn diese Vorarbeiten sehr erregten, steckt er ihr bald sein Glied in den Hintern, dazwischen stach er ihr in den Busen und richtete Worte an sie, die die Natur zum Schaudern gebracht hätten. Als er endlich entladen hatte, benutzte Justine den Augenblick, ihn um Gnade zu bitten. »Mit welchem Recht,« antwortete Roland, »forderst du, daß ich deine Ketten lösen soll; vielleicht deshalb, weil ich mich eben an dir befriedigt habe? In dem, was ich tat, war von Liebe keine Rede. Sieh mein Glied an, Justine, ich habe die feste Absicht, dich zu ermorden, und daher ragt es steif in die Luft; nur das Verbrechen bringt einen Wüstling, wie ich es bin, in Geilheit, und alles, was nicht verbrecherisch ist, ist langweilig.« – »Was Sie da sagen ist schauderhaft,« erwiderte Justine, »aber unglücklicherweise habe ich bereits Beispiele davon erlebt.« – »Ich könnte dir noch tausende aufzählen, wenn dies einen Sinn hätte.« Bei diesen Worten schlang Roland einen Strick um den Hals Justinens, und während er sie von hinten bearbeitete, zog er den Strick so fest zusammen, daß sie das Bewußtsein verlor. Und das Ekel zog sich, ohne sich um die Folgen zu bekümmern, ruhig zurück.

So verging ein Jahr, während dessen drei Mädchen hingeopfert wurden. Stets fand sich Ersatz, aber wie erstaunt war Justine, als sie diejenige sah, welche die Stelle einnahm? Es war Madame Delisle, die interessante Wirtin, bei der sie sich von dem niederträchtigen Weibe getrennt hatte, das sie in Lyon prostituieren wollte. »Oh, Madame,« rief Justine aus, als sie sie sah, »Sie, die die Natur so sanft und so gut geschaffen hat, Sie hat nun auch dieses grausame Schicksal ereilt! Oh, belohnt der Himmel so die Keuschheit, die Gastfreundlichkeit, die Wohltätigkeit und alle die anderen Tugenden der Menschen.«

Die Reize Madame Delisles erhitzten Roland derart, daß er sie noch am selben Abend besuchte. Man kann sich leicht vorstellen, daß er sie nicht mehr schonte, als Justine, und so wurden [397] die beiden durch das gemeinsame Unglück noch fester aneinander gekettet. »Oh, liebenswürdige Frau,« sprach Justine, als die Delisle ihr die ausgestandenen Greuel schilderte, »was gäbe ich darum, wenn ich Ihnen die Wohltaten, die Sie an mir begangen haben, erwidern könnte; aber ach, in bin selbst unglücklich und kann Ihnen zu nichts nützen. Wie würde ich mich beeilen, Ihre Ketten zu brechen, wenn ich selbst frei wäre, aber ich glaube, jede Hoffnung ist unnütz und wir werden diesen Ort niemals mehr verlassen.« – »Der Niederträchtige,« sprach die Delisle, »er hat mich blos so behandelt, weil er mir Geld schuldet; seit drei Jahren macht er in meinem Hause ungeheure Zechen ohne mich jemals zu bezahlen. Letzthin lud er mich zu einem Spaziergang ein, im Walde lauerten uns zwei seiner Leute auf, sie banden mich und schleppten mich auf einem Maulesel hieher.« – »Und ihre Familie?« – »Ich habe nur ein Kind, das noch in jungen Jahren ist. Mein Gatte starb vergangenes Jahr und überdies bin ich Waise. Das Ungeheuer wußte alle diese Dinge wohl, sonst hätte er den Streich nicht gewagt. Ah, was wird aus meinem unglücklichen Kinde werden? Ich habe diesen Schuft gebeten, mich wenigstens schreiben zu lassen, aber auch das hat er mir nicht gestattet!« Und Tränen rannen aus den schönen Augen dieses interessanten Geschöpfes. – »Und hat er sich an Ihnen ebenso befriedigt, wie an allen anderen Opfern?« forschte Justine weiter, und statt aller Antwort zeigte das verschämte Geschöpf Justine ihren Hintern. – »Ah, ich bin noch ganz zerrissen,« sprach sie, »oh, mit welchen Lastern ist dieses Scheusal begabt!«

So lagen die Dinge, als in dem Schlosse bekannt wurde, daß der Streich Rolands gelungen sei. Das war das neue Beispiel, das die Vorsehung Justine vorführte. Nochmals besuchte Roland Justine. »Beruhige dich,« sprach er diesmal, »du hast nichts zu befürchten.« Und als sich die Türen geschlossen hatten, fuhr er fort: »Teures Mädchen, nur dir allein im Hause wage ich mich anzuvertrauen. Ich habe wohl an die Delisle gedacht, aber so anständig sie scheint, ich halte sie für rachsüchtig und meiner Schwester hingegen ziehe ich dich vor.« Voll Ueberraschung bat Justine Roland, sich näher zu erklären. »Höre,« sprach der Wüstling, »mein Glück ist gemacht, allein ich könnte bei der Ueberführung meines Geldes überfallen werden, und wenn das der Fall ist, dann habe ich den Strick zu erwarten. Ich bin überzeugt, daß dieser Tod sehr süß ist, aber da die Frauen, an denen ich die ersten Todesängste auf diese Weise erprobte, mir niemals die Wahrheit gesagt haben, so möchte ich an meiner eigenen Person das Experiment machen. Ich möchte wissen, ob bei dieser Todesstrafe tatsächlich eine Ejakulation eintritt; wenn ich mich einmal überzeugt haben werde, daß dieser Tod nur eine Spielerei ist, werde ich nur umso kühner dem Schicksal trotzen, denn nicht das Ende meines Lebens erschreckt mich, ich fürchte die Qualen eines grausamen Todes und möchte nicht beim Sterben leiden.« [398] – »Oh, mein Herr,« sprach Justine, »trotzdem lieben Sie es, die anderen zu quälen.« – »Nicht trotzdem, sondern gerade eben deswegen. Stellen wir also einen Versuch an. Du sollst alles an mir tun, womit ich dich gequält habe. Ich werde auf diesen Schemel steigen, mich nackt ausziehen, du wirst das Seil um meinen Hals schlingen, während ich mich dabei kitzle, dann, sobald du an mir einen Ständer siehst, wirst du den Schemel zurückziehen und ich werde aufgehenkt bleiben. Du wirst mich solange daran hängen lassen, bis du entweder Schmerzensäußerungen sehen wirst, oder einen Wollusterguß. Im ersteren Falle wirst du das Seil sofort abschneiden, im zweiten Falle wirst du die Natur handeln lassen und mich erst ablösen, wenn ich entladen habe. Nun, Justine, ich lege mein Leben in deine Hände, deine Freiheit und dein Glück sollen der Preis deines guten Betragens sein.« – »Oh, mein Herr,« erwiderte Justine, »dieser Vorschlag ist seltsam.« – »Nein, nein, ich will es,« erwiderte Roland und legte seine Kleider ab, »aber führe dich gut auf.« Wozu hätte Justine noch zögern sollen, war Roland nicht Herr über sie? Und wie immer seine Absichten waren, die Justinens waren rein.

Roland begann mit der einleitenden Handlung und das Gespräch fiel auf die Delisle. »Diese Person ist nicht so viel wert wie du,« sprach er, »sie ist nicht so interessant, wenn sie weint, und ich quäle sie weniger gerne wie dich. Sie wird daran glauben müssen, Justine, sicher.« – »So zahlen Sie also Ihre Schulden, mein Herr; ist es so nicht am besten?« – »Vorwärts, laß mich deine Arschbacken küssen, Justine und sei sicher, daß ich die Delisle töten werde!« Und bei diesen Worten schwang sich Roland auf den Schemel Justine band nun seine Hände und schlug das Seil um den Kopf. Bald bedrohte das Glied Rolands den Himmel und er gab Zeichen, daß Justine die Unterlage fortziehen möge. Würde man es glauben, auf dem Gesichte Rolands zeigten sich blos Zeichen von Wonne und bald spritzten Fluten von Samen gegen die Decke. Als alles vorbei war, eilte Justine hinzu, um das Seil zu lösen. Roland fiel ohnmächtig herab, aber dank Justinens Pflege kam er bald wieder zu sich. »Oh, Justine,« sprach er, als er die Augen öffnete, »man kann sich diese Wonne nicht vorstellen. Jetzt trotze ich dem Schwerte der Themis. Du wirst mich für sehr undankbar finden,« sprach er zu Justine dann und band ihr die Hände am Rücken fest, »aber was willst du, mein Engel, in meinem Alter bessert man sich nicht mehr. Du hast mir das Leben geschenkt, teures Wesen, und ich will jetzt das deine haben. Du hast das Los Suzannes beklagt, nun denn, du sollst es teilen.« Justine weinte, stöhnte, aber Roland hörte nicht auf sie. Er öffnete das verhängnisvolle Verließ, schlug ihr ein Seil um die Arme und ließ sie dann zwanzig Fuß tief in diese Gruft hinab. Man kann sich die Schmerzen Justinens nicht vorstellen. Was sah sie! Berge von Leichen, deren Geruch allein schon töten konnte. Roland ließ nun Justine an einem Stab hängen, der [399] durch die Höhlung quer durchlief, und währenddessen kitzelte er sich sein Glied. »Vorwärts,« rief er aus, »befiehl deine Seele Gott, Hure! Im Moment meiner Entladung wirst du in den Abgrund stürzen! Ah, ah, es kommt mir schon!« Und Justine fühlte sich von einer Sintflut überschwemmt, ohne daß das Ungeheuer das Seil durchschnitten hätte. Er zog sie wieder hinauf. »Nun, hast du Furcht gehabt?« fragte er sie. »Ich habe mich blos an deinen Tod gewöhnen wollen. Sei sicher, daß du auf diese Art sterben wirst.« Man ging nun wieder hinauf. »Großer Gott,« dachte sich Justine, »ist dies die Belohnung für alles was ich diesem Scheusal getan habe?«

In der nächsten Nacht suchte Roland Justine auf. Die Unglückliche warf sich ihm zu Füßen. Sie beschwor ihn lebhaft, ihr die Freiheit wiederzugeben, damit sie nach Grénoble kommen könnte. »Nach Grénoble gewiß nicht, du würdest uns dort verraten.« – »Nun denn, mein Herr,« sprach Justine und begoß die Knie des Verbrechers mit Tränen, »dann gelobe ich Ihnen, niemals hinzugehen, und um Sie davon zu überzeugen, flehe ich Sie an, mich nach Venedig mitzunehmen. Vielleicht finde ich dort mildere Herzen wie in meinem Vaterlande.« – »Du sollst nicht einen Groschen von mir als Hilfe erhalten. Alles was Mitleid und Dankbarkeit betrifft, ist meiner Seele so fremd, und wenn ich dreimal so reich wäre, als ich es bin, würde ich einem Armen keinen Thaler geben; das sind meine Grundsätze, Justine, von denen ich niemals abweichen werde.« – »Oh, mein Herr, diese Grundsätze sind hart; würden Sie ebenso sprechen, wenn Sie niemals reich gewesen wären?« – »Gewiß, Justine.« Bei diesen Worten warf sich der grausame Roland auf Justine, unterzog sie noch einmal seinen Scheußlichkeiten, die sie mit Recht verabscheute. Diesmal glaubte sie, erwürgt zu werden. Jedoch plötzlich hielt die Bestie inne, was in Justine einen Schauder hervorrief. »Ich bin ein Tor, daß ich mich zurückhalten lasse,« sprach er, »ist es nicht Zeit, daß die Hure an die Reihe kommt?« – Bei diesen Worten ging er hinaus und versperrte den Kerker. Man kann sich die Unruhe nicht vorstellen, in der die Unglückliche zurückblieb. Nach einer Viertelstunde öffnete sich der Kerker wieder; es war Roland mit seiner Schwester. »Folget mir,« sprach Roland aufgeregt. Im tiefsten Schweigen ging man zum verhängnisvollen Verließ. »Mit Euch ists vorbei,« sprach dann der Menschenfresser, »Ihr werdet das Tageslicht nicht mehr sehen.« Bei diesen Worten ergriff er ein Rutenbündel und peitschte seine Schwester, während einer vollen Viertelstunde am ganzen Körper und hauptsächlich am Bauch. »Im wievielten Monat der Schwangerschaft bist du?« rief der Barbar. – »Im sechsten; ah, mein teurer Roland, warte wenigstens bis meine unglückliche Frucht das Licht der Welt erblickt hat.« – »Nein, nein, ich will, daß du mit deiner Frucht zusammen umkommst; aber beunruhige dich nicht,« fuhr der Verbrecher fort und band seine Schwester mit ausgespreizten Schenkeln auf eine [400] Holzbank. »Ich will den Balg ausreissen und sofort einen neuen einpflanzen.« – Oh, großer Gott, der Niederträchtige, das scheußliche Ungeheuer öffnete mit einem Skalpel den Bauch seiner Schwester, riß ihr die Frucht heraus und spritzte dann seinen glühenden Samen in die Oeffnung. »Nun kommst du daran,« sprach er zu Justine, »allein ich will deine Schmerzen noch größer machen. Ich will dich an die blutenden Ueberreste meiner Schwester anbinden und dich mit ihr in die Gruft der Toten hinablassen. Dort sollst du von den Ratten, der verpesteten Luft und dem Hunger umgebracht werden. Aber wie, welche Vergeßlichkeit, eine deiner Freundinnen atmet noch! Warte, warte, ich will sie holen gehen!« Das Ungeheuer eilte hinaus und ließ sein trauriges Opfer allein mit der sterbenden Frau. Die gefühlvolle Justine trachtete vergeblich, Hilfe zu bringen, es war schon zu spät. Bald erschien auch Roland mit der Delisle.

Tausende Liebkosungen gingen den Grausamkeiten voraus und dann fuhr er bald in den zerrissenen Bauch des einen Weibes und in den Mund des anderen und in den Hintern der dritten, schließlich ergriff er die Delisle, hing sie auf, stieg ihr dann auf die Schulter und versetzte ihr Fußtritte auf den Kopf, um das Seil fester anzuspannen. Dann nahm er den Leichnam ab, band ihn mit Justine und dem seiner Schwester zusammen, öffnete die Gruft und schickte sich an, die drei Körper hinabzulassen. »Vorwärts, Justine,« sprach er, »es ist Zeit, daß wir uns für immer trennen. Verblendetes Mädchen, hier hast du die Frucht deiner Tugend! Wäre es für dich nicht besser gewesen, mir nicht zu Hilfe zu eilen? Jetzt aber wollen wir Abschied nehmen auf immer, wir werden uns niemals wiedersehen.« Bei diesen Worten ließ er die Körper hinabgleiten, entlud noch einmal und der Stein schloß sich.

Oh, unglückliche Justine, da warst du nun, die einzig Lebende inmitten von Toten! »Großer Gott,« rief sie aus, indem sie ihre furchtbare Lage übersah, »gibt es in der Natur ein Wesen, das mehr zu beklagen wäre als ich? Verlasse mich nicht, mein Gott, und gib mir die Kraft, meine Verzweiflung zu ertragen. Nichts, was du tust, ist ohne Zweck, nur ist dieser für mich nicht faßbar. Ich übergebe dir, mein Gott, diesen leidendurchwühlten Körper, aber nimm meine Seele zu dir, die noch ebenso rein ist, wie damals, als ich sie von dir empfing!«

Im ganzen weiten Raum war blos eine kleine Lampe angebracht. Sie benützte das schwache Licht dazu, sich der Toten zu entledigen. Schließlich gelang ihr das auch, dann warf sie einen Blick auf ihre Umgebung. Zahllose Leichen lagen um sie herum, darunter eine, die den gleichen Tod gestorben zu sein schien, wie er Justine erwartete. Sie stand fast aufrecht, gegen die Mauer gelehnt, und auf ihrem Gesicht sah man noch die Todeszuckungen und die Qualen des Hungers.

[401] Justine befand sich nun bereits fünfzehn Stunden an diesem ekelhaften Ort, die Lampe brannte schon lange nicht mehr und die Unglückliche wartete schweigend, bis es dem Ewigen gefallen würde, sie zu sich zu rufen. Da plötzlich hörte sie Lärm. Sie horchte auf. Es war keine Täuschung. Der Stein hob sich. »Es ist nichts,« sprachen Männer- und Frauenstimmen durcheinander, – »Sie täuschen sich,« schrie Justine mit allen ihren Kräften, »ein unglückliches Opfer atmet an diesem Schreckensort! Erbarmet Euch ihrer und helfet mir!« – »Wie, Justine?« sprach eine Frauenstimme. – »Sie selbst; befreien Sie sie aus ihrer grausamen Lage, in die sie unser gemeinsamer Herr gebracht hat!« – »Es ist nicht mehr unser Herr,« sprach die Stimme einer Frau, in der Justine ihre frühere Genossin erkannt hatte, »der Himmel hat uns von ihm befreit.« – Alsbald wurde eine Leiter hinabgelassen und bald befand sich Justine in dem entsetzlichen Gemach Rolands. Ihre Kameradin umarmte sie, während die beiden Männer ihr hastig erzählten, daß Roland endlich aufgebrochen sei und daß der neue Herr des Hauses jetzt Delville sei, ein sanftmütiger, anständiger Mensch, dessen erste Arbeit darin bestand, alle Winkel zu durchstöbern, um die Grausamkeiten seines Vorgängers wieder gut zu machen.

Voll Freude und Hoffnung kehrte Justine in das Schloß zurück. Man pflegte sie, stärkte sie und verlangte von ihr ihr letztes Abenteuer zu hören. Sie erzählte es und noch am selben Abend schlief sie wie ihre Genossinnen in wunderschönen Zimmern.

Nach zwei Monaten teilte Delville, der Nachfolger Rolands, dem Hause die glückliche Ankunft seines Genossen in Venedig mit. Er genoß also trotz aller seiner Verbrechen vollkommene Freuden.

Eines Tages, als alles im Hause still war (unter der Herrschaft dieses guten Herrn geschahen selbst die verbrecherischen Handlungen des Falschmünzens in anständiger Weise) und die unglückliche Justine daran dachte, wie sie das Haus verlassen könnte, wurden die Türen plötzlich eingeschlagen, und ehe noch die Bewohner an ihre Verteidigung denken konnten, war das Haus mit sechzig berittenen Leuten besetzt. Es blieb nichts übrig, die Bewohner mußten sich ergeben. Man band die Aermsten an die Pferde und brachte sie nach Grénoble. »So erwartet mich also das Schaffott in dieser Stadt, in der ich mein Glück zu machen hoffte,« sprach Justine zu sich, »oh ihr Ahnungen, wie habt ihr mich betrogen.«

Mit den Falschmünzern wurde kurzer Prozeß gemacht und alle zum Tode durch Erhängen verurteilt. Als man das Zeichen an Justinens Körper sah, fragte man sie gar nicht weiter aus und sie sollte eben wie die anderen behandelt werden, als sie sich noch zuletzt an einen berühmten Richter, an einen aufgeklärten Philosophen wendete, dessen Weisheit und Wohlhabenheit seinen Namen in goldenen Lettern in den Tempeln der Themis leuchten [402] lassen werden. Er hörte sie an, und da er von der Aufrichtigkeit der Unglückseligen überzeugt war, würdigte er ihr ein wenig mehr Aufmerksamkeit, wie seine Kollegen taten. Herr S ... wurde selbst der Anwalt Justinens. Die Klagen des armen Mädchens wurden erhört und unsere interessante Heldin wurde von der Anklage vollkommen freigesprochen. Endlich glaubte Justine das Morgenrot des Glückes aufleuchten zu sehen. Sie glaubte am Ende ihrer Leiden zu sein, der Himmel schien ihr zu lächeln, als es der Vorsehung gefiel, ihr zu beweisen, daß sie noch immer dieselben Absichten mit ihr habe.

Kapitel XIX.

Beim Verlassen des Gefängnisses mietete sich Justine in einem ziemlich netten Gasthofe ein. Ihre Absicht war es, dem Rate des Herrn S. zu folgen und einige Zeit in Grénoble zu verbringen, um hier Stellung zu finden. In diesem Gasthofe aß sie an der Table d'hôte und am zweiten Tage nach ihrer Ankunft bemerkte sie, daß sie von einer sehr kräftigen Dame, die man Baronin nannte, besonders aufmerksam beobachtet wurde. Justine glaubte sie wiederzuerkennen und bald traten die Beiden auf einander zu wie zwei Personen, die sich kennen, aber nicht wissen woher. »Täusche ich mich, mein Fräulein,« sprach die Baronin, »oder sind sie nicht das Mädchen, das ich vor zehn Jahren aus der Conciergerie rettete und erkennen Sie nicht in mir die Dubois?« Wenig angenehm berührt von dieser Entdeckung, antwortete Justine doch mit großer Höflichkeit. Da sie aber mit der geschicktesten Schurkin Frankreichs zu tun hatte, war es ihr unmöglich, zu entschlüpfen. Schwach, wie gewöhnlich, ließ sich Justine verlocken, mit dieser Frau in ihr Zimmer zu gehen, um ihr ihre Erlebnisse zu berichten. »Meine teure Freundin,« erwiderte die Dubois, nachdem sie sie angehört hatte, »ich muß dir schon mitteilen, daß meine Laufbahn ganz verschieden war von der, die du einschlugst; mein Glück ist gemacht und alles, was ich besitze, steht dir zu Diensten. Sieh,« sagte sie und öffnete eine Kassette voll mit Gold und Diamanten, »das sind die Früchte meines Fleißes; wenn ich der Tugend so ergeben gewesen wäre, wie du, wäre ich bereits eingesperrt oder aufgehängt.« – »Oh, Madame, wenn Sie dies alles nur Verbrechen verdanken,« erwiderte Justine, »so werden Sie es nicht lange genießen, denn die Vorsehung ist immer gerecht.« – »Ein Irrtum,« erwiderte die Dubois, »glaube ja nicht, daß deine fantastische Vorsehung jemals deine Tugend beschützt; aber ich sehe, deinen Verstand werde ich niemals erobern können, so laß mich wenigstens dein Herz besitzen, ich bedarf deiner, verweigere mir nicht deine Hilfe. Hier sind tausend Louis, sie sollen dir gehören, wenn der Streich gelungen!« Die kluge Justine, die nur ihrem Wunsche. Gutes zu tun, gehorchte, fragte sofort, worum es sich handle. [403] »Ich will es dir sagen,« antwortete die Dubois, »hast du den jungen Kaufmann aus Lyon bemerkt, der seit vier oder fünf Tagen neben uns speist?« – »Dubreuil?« – »Gewiß! Nun, er ist in dich verliebt, er hat es mir anvertraut, dein bescheidenes, sanftes Aussehen, sowie deine Tugend halben ihn entzückt. Dieser romantische Liebhaber besitzt achtmalhunderttausend Francs in Gold und in Papieren, und bewahrt es in einer Kassette unter seinem Bett. Ich werde ihm mitteilen, daß du mit ihm außerhalb der Stadt zusammenkommen willst, du wirst ihn eine zeitlang vom Hause entfernt halten und ich werde ihn während dieser Zeit bestehlen, werde aber nicht flüchten. Die Beute soll bereits in Lyon sein, wenn ich noch in Grénoble bin. Trotzdem werde ich bald abreisen, du wirst mir nachfolgen und die tausend Louis erhältst du an der Grenze.« – »Ich willige ein,« erwiderte Justine, entschlossen, den jungen Mann zu warnen. »Aber bedenken Sie,« fuhr sie fort, um die Verbrecherin zu täuschen, »daß wenn Dubreuil in mich verliebt ist, ich aus ihm viel mehr Nutzen ziehen kann, wenn ich mich ihm hingebe.« – »Vorzüglich.« erwiderte die Dubois, »das nenne ich eine gute Schülerin; nun denn, da hast du das Doppelte,« sprach sie und stellte Justine ein Billet aus. – »Gut,« erwiderte Justine, »aber ich bitte, es nur meiner Schwäche und Armut gutzuschreiben, wenn ich mich von Ihren Verlockungen verführen lasse.« – »Wie du willst, nur bediene mich gut und du sollst auch mit mir zufrieden sein.«

Justine, in ihren Plan vertieft, begann noch am selben Abend Entgegenkommen zu zeigen. Bald erriet sie die Gefühle, die der junge Mann für sie besaß. Sie war in einer verzweifelten Lage; einerseits war sie fest entschlossen, das verlangte Verbrechen nicht zu begehen, andererseits wieder widerstrebte es ihr, die Dubois zu verraten, denn sie war ihr noch für die mutige Lebensrettung dankbar.

An dem dem Spaziergang vorhergehenden Tage lud die Dubois Dubreuil und Justine ein, in ihrem Zimmer zu speisen. Nachdem das Mahl vorüber war, stiegen, die beiden jungen Leute hinab, um den Kutscher, der den Wagen bespannte, anzutreiben. Da die Dubois nicht mitgegangen war, befand sich Justine allein mit ihrem Liebhaber. »Mein Herr,« sprach sie hastig zu ihm, »besitzen Sie in diesem Gasthofe jemand, dem Sie Vertrauen schenken können?« – »Jawohl, einen jungen Geschäftsfreund, auf den ich mich wie auf mich selbst verlassen kann« – »Nun denn, mein Herr, dann sagen Sie ihm, er möge Ihr Zimmer nicht einen Augenblick lang verlassen, während Sie mit mir spazieren fahren.« – »Aber ich habe doch den Schlüssel zu diesem Zimmer! Was bedeuten diese Vorsichtsmaßregeln?« – »Sie sind nötiger als Sie denken, mein Herr; ich beschwöre Sie, handeln Sie so, wie ich Ihnen sage, oder ich gehe nicht mit Ihnen aus. Die Frau, bei der wir speisten, ist eine Schurkin, sie hat unsere gemeinsame Ausfahrt nur arrangiert, um Sie besser bestehlen zu können; beeilen [404] Sie sich, sie beobachtet uns, sie ist gefährlich. Bis wir im Wagen sind, will ich Ihnen alles weitere erklären.« Dubreuil befolgte den Ratschlag Justinens. Er drückte ihr die Hand, um sich bei ihr zu bedanken, gab seine Befehle und man fuhr ab. Unterwegs erzählte Justine das ganze Abenteuer, belehrte auch ihren jungen Liebhaber über das unglückliche Erlebnis, durch das sie mit der Dubois zusammengetroffen war. Der ehrliche und zartfühlende Dubreuil bezeigte die lebhafteste Dankbarkeit für den erwiesenen Dienst, er erkundigte sich teilnahmsvoll nach der Lage Justinens und machte ihr den Antrag, ihr so gut als es ihm möglich sei, zu helfen, »Ich bin glücklich, das Unrecht gutmachen zu können, das Ihnen durch das Schicksal zugefügt wurde, mein Fräulein,« sprach er. »Ich bin mein eigener Herr und hänge von niemandem ab. Ich befinde mich auf der Reise nach Genf, um dort die Summen anzulegen, die Ihr guter Ratschlag mir gerettet hat. Sie folgen mir dorthin nach und wir wollen nach Lyon als Brautleute zurückehren.«

Ein derartiges Anerbieten war Justine zu angenehm, als daß sie es ausschlagen hätte können; trotzdem glaubte sie es nicht annehmen zu dürfen, ohne Dubreuil von allem zu erzählen, was ihn diese Tat bereuen lassen hätte können. So plauderten die Beiden und befanden sich fast zwei Meilen weit von der Stadt entfernt, als plötzlich Dubreuil ein Unwohlsein empfand. Er übergab sich mehreremale und mußte schließlich nach Grénoble zurückkehren. Man trug ihn in sein Zimmer und ein Arzt wurde geholt. Gerechter Gott, der unglückliche junge Mann war vergiftet Justine eilte erschreckt in die Gemächer der Du bois. Die Niederträchtige war abgereist. Unsere Heldin flog in ihr eigenes Zimmer, der Schrank war aufgesprengt und ihr geringes Besitztum gestohlen. Kein Zweifel, die Dubois war die Urheberin all dieser Verbrochen. Sie war bei Dubreuil eingetreten und, ärgerlich darüber, dort jemanden zu finden, hatte sie sich an Justine gerächt. Schon beim Speisen hatte sie den jungen Mann vergiftet, damit sich der Unglückliche mehr mit seinem Leben als mit seinem Schatze befaßte. Ueberdies rechnete die Verbrecherin darauf, daß Justine der Tat verdächtigt werde. Unser armes Waisenkind kehrte zu Dubreuil zurück, der sich nur mehr mit Gott beschäftigte und im Begriff stand, seine Seele auszuhauchen. Er bat noch, Justine nicht zu verfolgen und starb. Kaum hatte er die Augen geschlossen, als sein junger Geschäftsfreund Justine zu beruhigen trachtete, indem er von diesem letzten Vermächtnis erzählte. Justine ihrerseits erzählte alles, was ihr zugestoßen war, Valbois. Er beklagte sie, riet ihr aber dringend, um sich jedem Verdachte zu entziehen, zu flüchten. »Das Unglück, das Sie bei dieser Hilfeleistung empfunden haben, würde mich ermuntern, etwas für Sie zu tun, aber ich beginne erst Handel zu treiben; ich bin noch jung und bin verpflichtet, der Familie Dubreuil Rechnung über sein Vermögen abzulegen. Gestatten Sie mir also, [405] daß ich mich auf einen kleinen Dienst beschränke, den anzunehmen ich Sie bitte. Hier sind fünf Louis, ferner führe ich Sie einer ehrlichen Geschäftsfrau aus Chalons-sur-Saons, meiner Vaterstadt, zu. Sie kehrt dorthin zurück, wenn sie von Lyon kommt und ich übergebe Sie ihrer Obhut. Madame Bertrand,« fuhr Valbois fort, und stellte Justine vor. »Hier ist das ganz junge Mädchen, von dem ich mit Ihnen gesprochen habe. Sie wünscht eine Stellung zu finden und ich bitte Sie, sich ihrer anzunehmen, wie wenn es meine Schwester wäre. Adieu, mein Fräulein,« fuhr Valbois fort und bat Justine, sie umarmen zu dürfen. »Madame Bertrand bricht morgen auf, lassen Sie es sich gut gehen und hoffentlich werde ich Sie in meiner Heimatstadt sehen.«

Die vornehme Handlungsweise des jungen Mannes entlockte Justine Tränen. Sie stimmte allem zu und zog sich dann zurück.

Es war noch nicht spät, das Bedürfnis, frische Luft zu atmen, hatte Justine an das Ufer des Iseri geführt, und wie gewöhnlich führten ihre Gedanken sie weit fort. Ein kleines Wäldchen fesselte ihren Blick und sie setzte sich ein wenig nieder, um zu träumen. Plötzlich wurde sie von drei Männern erfaßt. Der eine legte ihr die Hand auf den Mund und die beiden anderen warfen sie in einen Wagen, der sogleich davonfuhr. Drei Stunden vergingen in rasender Fahrt, ohne daß einer der Briganten Antwort auf die zahlreichen Fragen Justinens gegeben hätte. Obgleich es Nacht war, hatte man doch die Vorhänge herabgelassen und Justine konnte nichts sehen.

Endlich langte der Wagen vor einem Hause an. Die Tore öffneten und schlossen sich alsbald wieder. Ihre Führer stießen sie durch mehrere dunkle Gemächer und ließen sie schließlich in einem schwach erleuchteten Zimmer allein. »Hier bleibe,« sprach einer der Briganten mit rauher Stimme, »du wirst bald Bekanntschaft wieder finden.« Und die Schufte verschwanden, indem sie die Tür sorgfältig verschlossen. Im selben Augenblick öffnete sich eine andere und Himmel! wer trat ein? Es war die Dubois, die Dubois selbst, dieses abscheuliche Ungeheuer, das nach Rache dürstete. »Kommen Sie, entzückendes Mädchen,« sprach sie, »empfangen Sie den Preis der Tugend, der Sie sich auf meine Unkosten ergeben haben. Ah, Schurkin, ich will dich lehren, mich zu verraten!« – »Ich habe Sie niemals verraten,« erwiderte hastig Justine, »nein, niemals, erkundigen Sie sich nur.« – »Hast du dich nicht dem Verbrechen, das ich plante, widersetzt, hast du es nicht verhindert, unwürdiges Geschöpf! Du mußt bestraft werden, Hure, du mußt es!« Und bei diesen Worten preßte sie ihr die Hand so heftig, daß die Finger krachten. Man trat in ein prunkvolles, hell erleuchtetes Gemach ein. Auf einer Ottomane lag halb ausgestreckt der Bischof von Grénoble, der Besitzer des Hauses, in einem Kleid von violettem Taft. »Gnädiger Herr,« sprach die Dubois und führte ihm Justine vor, »hier ist das junge [406] Mädchen, das sie begehrten, das junge Mädchen, von dem ganz Grénoble sprach, mit einem Wort die berühmte Justine, die mit der Falschmünzerbande gehenkt werden sollte und wegen ihrer Unschuld, ihrer Tugend freigesprochen wurde. Wenn sie gehenkt werden soll,« sprach er zu mir, »so zahle ich tausend Louis dafür, wenn ich mich vorher an ihr befriedigen kann.« – »Sie ist gerettet, hat sie nun weniger Wert?« – »Viel weniger,« sprach der Prälat und rieb sein Glied unter dem Hemd. »Der Hauptgenuß bestand darin, daß sie nachher gehenkt werden soll.« – »Ich habe mein Möglichstes dazu beigetragen, aber dieser verfluchte S. mit seiner altväterischen Gerechtigkeit hat alle meine Pläne zerstört.« – »Was liegt daran, jetzt ist sie hier und jetzt sind Sie Herr über sie.« – »Ja! Das ist nicht dasselbe. Es ist so wonnevoll, sich des Schwertes des Gesetzes zu bedienen, um derartige Schurkinnen zu opfern. Aber sie ist hübsch, deine Justine.« Dann wandte er sich an sie selbst. »Wie alt sind Sie, mein Kind?« – »Sechsundzwanzig Jahre, gnädiger Herr, und ich bin sehr unglücklich.« – »Du bist unglücklich, wie mein Engel, dem wollen wir ein Ende machen. In vierundzwanzig Stunden sollst du nicht mehr unglücklich sein, nicht wahr, Dubois?« Und aus dem unheilverkündenden Gelächter entnahm Justine, daß sie sich nochmals bei einem Wüstling befand, dem es grausame Freude bereitete, anderen Schmerzen zu erzeugen. In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, die Dubois ging hinaus und brachte ein junges Mädchen aus Lyon herein, das wir nun beschreiben werden.

Eulalia war kaum sechzehn Jahre alt und besaß das Gesicht einer Jungfrau. Bleich, mit großen, schwarzen Augen, wohlgeblidetem Busen, war sie ein Meisterwerk der Natur. Ihr Hinterer war der schönste, den man sehen konnte. Ihr Vorderteil war durch einen leichten Flaum beschattet.

»Oh, gnädiger Herr,« rief das schöne Mädchen aus, als sie ihren Verfolger erkannte, »so haben Sie mich also getäuscht! Sie versicherten mir, ich soll in den Besitz aller meiner Güter gelangen und nun führen mich Verbrecher in dieses Haus, damit ich hier entehrt werde.« – »Hm, ja, das ist schauderhaft, nicht wahr, mein Engel,« und bei diesen Worten zog der Verräter Eulalia fest an sich, und in diesem Augenblick konnte Justine die furchtbaren Folgen der Geilheit dieses Mannes bemerken. Sein Glied wuchs derart, daß unsere Waise es mit beiden Händen nicht mehr umfassen konnte. Die beiden Opfer mit der Dubois und dem Bischof gingen nun in ein Nebengemach, um sich dort zu entkleiden; beim Eintreten gewahrten sie einen dicken, fünfundvierzigjährigen Abbé mit aufgeschwollenem Aeußern. Er lag auf einem Kanapee und las die »Philosophie im Boudoir«. – »Sieh,« sprach der Bischof, »welche schöne Opfer heute abend die Dubois gebracht hat, sieh diese erhabenen Arschbacken, Abbé!«

Justine und Eulalia mußten ihre Hintern vom Abbé prüfen lassen, der sie betastete und dabei nachlässig sagte: »Ja, sie sind [407] nicht einmal so schlecht, sie sind wohl der Mühe wert, ausgepeitscht zu werden.«

Nun wurde Eulalia kniend auf das Schaffott gebunden, der scheußliche Bischof fing an, ihr Gesicht zu peitschen, zu ohrfeigen, ihr auf die Nase zu spucken, daß ihr Gesicht schließlich so aussah, wie wenn ein Bienenschwarm sie gestochen hätte. Damit nicht genug, begannen sie, auf ihren regungslosen Körper Kot zu entleeren, bis ihr Kopf fast unter der angehäuften Masse verschwand. »Vorwärts,« fuhr er darauf fort, »beichten Sie, kleines Mädchen, und bereiten Sie sich auf den Tod vor!« Die Unglückliche näherte sich dem Abbé, der mit einem Kruzifix in der Hand aufmerksam die unschuldigen Geständnisse anhörte, während die Dubois ihn kitzeln mußte. »Oh, ehrwürdiger Vater,« beendigte das arme Mädchen ihre Beichte, »Sie sehn, wie rein mein Gewissen ist, ich habe nicht den Tod verdient.« Allein diese Worte, so rührend sie anzuhören waren so sehr entflammten sie unseren Bischof. Der Beichtvater trug Eulalia auf das schreckliche Schaffott, langsam, um die Todesangst zu verlängern, senkte sich das Beil und unter Blutbächen fiel der Kopf hinten in den bereitstehenden Kübel.

Oh, Gipfel der Grausamkeit und des Schreckens, der blutdürstige Bischof fuhr fort, sich an dem leblosen Körper aufzuregen und bearbeitete den blutenden Körper von hinten. »Vorwärts,« sprach er, »weil wir jetzt gerade dabei sind, möge Justine daran kommen« – »Oh, gnädiger Herr,« unterbrach ihn hier die Dubois, »diese Todesqual ist für sie zu mild; wissen Sie keine furchtbarere?« – »Beruhigen Sie sich. Dubois, Sie werden zufrieden sein.« Nun fuhr der Prälat fort: »Dann müssen Sie jene teuflische Maschine aufstellen, Abbé, die brennt, schneidet und gleichzeitig die Knochen zerbricht. Wir bedienten uns ihrer vor acht Tagen, als wir jenes wunderschöne Mädchen hatten.« – »Ich weiß, was Euer Ehrwürden meint,« »antwortete der Abbé,« »aber die Vorbereitungen dazu dauern etwas lange.« – »Nun denn, dann werden wir währenddessen zu Abend speisen. Ist es dir recht so, Dubois?« – »Gewiß, gnädiger Herr.« Und während der Abbé die neuen Folterinstrumente vorbereitete, ging man in den Speisesaal. Welche Schwelgereien folgten nun, aber hätte sich Justine darüber beklagen sollen, da ihr dadurch das Leben gerettet wurde? Vom Wein und den Speisen zu Tode ermattet, fielen der Bischof und die Dubois nach dem Essen nieder; kaum sah unsere Heldin diese Gelegenheit, als sie hastig den Mantel und den Rock ergriff, den die Dubois eben abgelegt hatte, eine Kerze in die Hand nahm und rasch die Stiege hinuntereilte. Das Haus war von Dienerschaft entblößt, nichts stellte sich ihr entgegen, und nach einigen Schritten befand sie sich in Freiheit. Den ersten Weg, der sich ihr darbot, schlug sie ein, der glücklicherweise nach Grénoble führte. In der Herberge schlief man noch. Justine trat leise ein und suchte hastig das Zimmer Valbois [408] auf. Er erwachte, konnte aber die Eintretende nicht erkennen. »Was wünschen Sie, was bedeutet das?« – »Ach, mein Herr,« und die zitternde Justine erzählte ihre Erlebnisse. »Sie können die Dubois verhaften lassen,« fuhr sie fort, »das Ungeheuer ist nur einige Meilen von hier. Ich will Ihnen den Weg weisen.« – »Oh, Justine, sie sind sicherlich das unglücklichste Mädchen, das es auf der Welt gibt, aber bleiben Sie weiter so tugendhaft, Sie sehen ja, daß die Hand des Himmels Sie immer errettet. Wir wollen die Dubois nicht weiter verfolgen, sondern lieber das Unrecht, das sie Ihnen zugefügt hat, gutmachen.« Eine Stunde nachher kam eine Schneiderin, um Justine zwei neue Kleider zu machen, und eine Wäschehändlerin brachte ihr Hemden. »Sie müssen aufbrechen,« sprach nun Valbois zu ihr, »die Bertrand rechnet darauf.« – »Oh, tugendhafter junger Mann,« rief Justine aus und fiel Valbois zu Füßen, »möge der Himmel Ihnen eines Tages lohnen, was Sie an mir getan!«

So verließ Justine Grénoble, und wenn sie dort auch nicht das Glück gefunden hatte, das sie erhoffte, so hatte sie doch dort mehr Leute als je gefunden, die sich ihrer annahmen.

Kapitel XX.

Justine und ihre Beschützerin reisten in einem kleinen Karren, der von einem Pferd gezogen wurde. Im Hintergrunde des Wagens lagen die Waren der Madame Bertrand und auch ihre kleine fünfzehn Monate alte Tochter war dort untergebracht, für die Justine herzliche Zuneigung gefaßt hatte.

Die Bertrand war eine ziemlich unangenehme Frau. Argwöhnisch, geschwätzig, langweilig und beschränkt. Bis Lyon ging alles gut. Aber während der drei Tage, während welcher die Bertrand ihre Geschäfte erledigen mußte, hatte Justine eine Begegnung, die ihr unerwartet kam. Sie spazierte nachmittags auf dem Rhonequai mit einem Mädchen aus der Herberge als sie plötzlich den ehrwürdigen Vater Antonin de Sanct-Marie Debois begegnete, der nunmehr Prior seines Ordens war. Der Mönch trat an sie heran, und nachdem er ihr leise Vorwürfe wegen ihrer Flucht gemacht hatte, forderte er sie auf, in seine Wohnung mitzukommen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, angezeigt zu werden. Dann wandte er sich an die Begleiterin Justinens und sprach: »Kommen Sie auch mit, wir wollen Euch Beide gut bezahlen. Wir sind unser Zehn und wir versprechen Euch jeder einen Louis, wenn Ihr Euch unseren Launen unterwerft.« Wie man sich leicht denken kann, wies Justine diese Vorschläge zurück. Schließlich, da der Mönch sah, daß nichts- weiter nütze, erbat er sich blos noch die Adresse, und um sich seiner zu entledigen, gab ihm Justine eine falsche. Er schrieb sie in sein Notizbuch auf und empfahl sich mit der Versicherung, man werde bald von ihm hören.

[409] Justine erklärte beim Heimwege, so gut sie es konnte, die Geschichte dieser unglücklichen Begegnung. Aber möglicherweise war die Magd ärgerlich darüber, durch zu große Tugendhaftigkeit eines großen Gewinnes beraubt zu sein, kurz, sie schwatzte der Bertrand alles aus. Der Mönch wurde nicht mehr gesehen und man brach auf.

Die erste Nacht verbrachten unsere beiden Reisenden in Villefranche. Sie langten gegen sechs Uhr abends an und legten sich sofort schlafen, weil sie für den nächsten Tag eine größere Reise vorhatten. Es waren noch keine zwei Stunden vergangen, als sie plötzlich durch einen furchtbaren Rauch aufgeweckt wurden. Rasch sprangen sie auf und – gerechter Gott! Von allen Seiten hörten sie Mauern einstürzen, Gläser klirren und Menschen heulen. Inmitten der Flammen wußten sie keinen anderen Ausweg, als zu flüchten; allein bald erinnerte sich Justine, daß ihre Beschützerin vergessen hatte, ihr Kind zu retten. Rasch eilte sie in das Zimmer zurück, ergriff das kleine Mädchen, eilte über schwankende, glimmende Balken zurück, nachdem sie ihre kostbare Last herabgleiten hatte lassen. Von allen Seiten bedrohten sie die Flammen und sie wäre umgekommen, wenn ihr nicht eine Frau zu Hilfe geeilt wäre, die sie auf den Armen hinaustrug und in einen Postwagen warf; auch ihre Retterin setzte sich hinein. Ihre Retterin, großer Gott, diese war die Dubois. »Verbrecherin,« sprach die Megäre zu ihr und drückte ihr einen Pistolenlauf an die Schläfe, »ah, Hure, ich halte dich, diesmal wirst du mir nicht entgehen, Bestie!« – »Oh, Madame, Sie hier?« rief Justine aus, – »Alles, was hier geschah, war mein Werk,« erwiderte die Dubois, »durch eine Feuersbrunst habe ich dir dein Leben gerettet, durch eine Feuersbrunst wirst du es verlieren! Ah, ich hätte dich bis in die Hölle verfolgt, um dich wieder zu erlangen. Ich wollte dich den Feuertod sterben lassen oder dich besitzen. Nun habe ich dich und bringe dich in ein Haus zurück, das du in Unruhe und Verwirrung versetzt hast. Der ehrwürdige Bischof hat geschworen, daß es für ihn keine Qualen gebe, die groß genug wären, um dich zu bestrafen. Nun, Justine, wie denkst du jetzt über die Tugend? Wäre es nicht tausendmal besser gewesen, alle Kinder des Weltalls verbrennen zu lassen, als sich dem auszusetzen, was dir nun geschah, weil du eines retten wolltest?« – »Oh, Madame, was ich tat, ich würde es noch immer tun.« – »Oh, Justine, es ist noch Zeit, du kannst noch bereuen. Willst du meine Gehilfin werden? Bist du noch nicht genug für deine Tugend bestraft worden? Nochmals, Justine, willst du meine Gehilfin werden? Wir können einen herrlichen Streich zusammen ausführen. Der Prälat, zu dem wir fahren, wird nur von einem Diener beschützt. Der Mann, der vor unserem Wagen vorausläuft, du und ich, Justine, wir sind dann drei gegen einen. In dem Hause ist mehr als eine Million versteckt, ich weiß es. Wähle nun zwischen dem Tod und diesem Verdienst.« – »Nein, Madame, [410] hoffen Sie nichts.« – »Nun denn, dann wirst du sterben. Ja, du wirst sterben, hoffe nicht, deinem Schicksal zu entgehen.« – »Was liegt daran, ich werde von meinen Leiden befreit sein.« Bei diesen Worten stürzte sich das grausame Tier auf unser armes Mädchen und behandelte es auf die grausamste Art.

Man befand sich gerade in der Dauphiné, als sechs Reiter mit verhängtem Zügel auf den Wagen zukamen und den Kutscher zwangen, stehen zu bleiben.

Als die Dubois bemerkte, daß es sich um Gendarmen handelte, trat sie keck auf sie zu und fragte sie, mit welchem Rechte sie eine Frau ihres Ranges gefangen genommen hätten. »Wir haben nicht die Ehre, Sie zu kennen,« sprach der Anführer, »wir wissen aber, daß Sie in Ihrem Wagen eine Unglückliche haben, die gestern eine Herberge in Villefranche in Brand gesteckt hat.« Dann wandte er sich an Justine. »Wir täuschen uns nicht, hier ist ihr Signalement; haben Sie die Güte, sie uns auszuliefern und uns mitzuteilen, wieso es kommt, daß eine so hochachtbare Frau wie Sie in Gesellschaft eines solchen Weibes getroffen wird.«

»Nichts einfacher als das,« antwortete das gewandte Weib. »Ich wohnte gleich ihr in jener Herberge in Villefranche, als ich inmitten der Verwirrung meinen Wagen bestieg, warf sich dieses Mädchen mir entgegen, indem sie mein Mitleid anflehte und mich bat, sie mit nach Lyon zu nehmen. Mehr meinem Herzen als der Vernunft gehorchend, gab ich ihren Bitten Folge. Während der Fahrt bot sie mir ihre Dienste an und unvorsichtigerweise nahm ich sie an. Das soll mir eine Lehre sein, künftighin wieder mein Mitleid mißbrauchen zu lassen. Hier ist sie, meine Herren, Gott bewahre mich davor, sie noch weiter beschützen zu wollen.« – Justine wollte sich verteidigen und die wahre Schuldige nennen, allein ihre Vorwürfe wurden nur als Verleumdungen angesehen, und die freche Dubois verteidigte sich nur mit einem verächtlichen Lächeln.

Der Anführer las ihr die Beschuldigung der Bertrand vor. Nach ihr hätte unsere Waise das Feuer angelegt, um sie zu bestehlen. Justine hätte das Kind in das Feuer geworfen, um durch den Schmerz des Verlustes jeden anderen Gedanken zu ersticken. Mit einem Wort, die Bertrand hatte nichts außeracht gelassen, um Justine ins Unglück zu stürzen. Umsonst verteidigte sie sich. Die einzige Antwort, die der Anführer gab, bestand darin, daß er ihr Ketten anlegte. »Aber, mein Herr,« wagte sie trotzdem zu sagen, »wenn ich meine Genossin in Villefranche bestohlen hätte, müßte man ja das Geld bei mir finden.« Diese Verteidigung erregte nur Gelächter. »Sie werden schon noch Komplizen gehabt haben,« sprach man zu ihr. In diesem Augenblick kam der Dubois ein teuflischer Gedanke. Sie erinnerte sich an den Körper Justinens und sprach zu dem Anführer: »Mein Herr, wenn dieses Mädchen schuldig ist, dann ist es sicher nicht ihr erstes Vergehen; untersuchen Sie sie, wenn Sie zufällig auf ihrem unglücklichen Körper [411] etwas finden.« Und der Anführer begann Justine zu entkleiden, als das arme Mädchen, sich seinen Angriffen widersetzend, ausrief: »Einen Augenblick, mein Herr, diese Untersuchung ist unnütz, Madame weiß wohl, daß ich dieses abscheuliche Zeichen habe, auch kennt sie die Ursache davon.« – »Ich hätte nicht geglaubt,« sprach die grausame Dubois, »daß meine Anregung einen derartigen Erfolg hätte, aber da mich dieses Geschöpf zu beschuldigen scheint, will ich gerne mit ihr vor den Richter treten.« – »Dieser Gang ist vollkommen unnütz, Frau Baronin, wir bitten Sie um Verzeihung, Sie so lange aufgehalten zu haben.« Unsere unglückliche Weise wurde also gebunden, auf ein Pferd gesetzt und die Dubois bestieg ihren Wagen wieder.

»Oh, Tugend,« rief Justine aus, als sie sich in dieser peinvollen Lage sah, »wie sehr wirst du von dem Verbrechen verfolgt und beleidigt.«

Bei der Ankunft in Lyon wurde Justine als Brandstifterin. Hure, Kindesmörderin und Diebin in den Kerker geworfen.

Die Dubois erzählte dem Bischof alles, was geschehen war. Dieser schickte sofort den Abbé nach Lyon mit neuen Anklagen gegen das junge Mädchen. Man beschuldigte sie, den Geistlichen bestohlen zu haben, und dieses neue Vergehen trug wesentlich dazu bei, ihren Prozeß zu beschleunigen.

Unsere interessante Abenteuerin war zu sehr an das Unglück gewöhnt, und so gab sie sich einem stummen, tränenlosen Schmerz hin. Jedoch, da es natürlich ist, daß jedes leidende Geschöpf alles mögliche versucht, um dem Abgrund zu entgehen, kam Justine plötzlich Pater Antonine ins Gedächtnis. Wie klein auch die Hilfe sein mochte, die Justine von ihm erwartete, sie konnte sich doch nicht des Wunsches erwehren, ihn zu sehen. Er erschien und tat so, als ob er Justine nicht erkenne.

Als sie mit dem Mönche allein war, warf sie sich ihm zu Füßen und rief aus: »Oh, mein Vater, ich beschwöre Sie, retten Sie mich aus der grausamen Lage, in der ich mich befinde!« Und nun erzählte sie ihm ihre unglücklichen Erlebnisse. Der Mönch hörte aufmerksam zu. »Justine,« sprach er dann, »siehst du nun endlich ein, daß es tausendmal besser ist, eine Schurkin und glücklich, statt tugendhaft und unglücklich zu sein? Die Dinge stehen so schlimm als möglich, ich will es dir nicht verheimlichen; der Schein ist gegen dich und heutzutage bedarf man blos des Scheines, um zum Tode verurteilt zu werden. Ueberdies habe ich erfahren, daß der Bischof von Grénoble heimlich gegen dich arbeite. Du bist also verloren, ein einziges Mittel kann dich retten. Ich stehe mit dem obersten Richter sehr gut. Ich werde ihm sagen, daß du meine Nichte bist, und er wird den Prozeß einstellen unter dem Vorwand, dich meiner Familie zu übergeben: ich werde dich entführen und dich in unser Kloster stecken, aus dem du aber, wie ich dir nicht verbergen will, in deinem Leben nicht wieder herauskommen wirst. Mit einem Wort, du sollst dort [412] meine Sklavin und die meiner Mitbrüder werden. Verstehst du mich? Entschließe dich also und lasse mich nicht zu lange auf die Antwort warten.« – »Sie sind ein Ungeheuer, ehrwürdiger Vater,« antwortete Justine, »da Sie die unglückliche Lage einer armen Waise so mißbrauchen. Ich werde also umkommen müssen, da ich mich derartigen Greueltaten niemals hingeben werde.« – »Wie du willst, mein Kind,« sprach der Mönch und schickte sich an, wegzugehen. »Die Tugend hat Sie ja bisher so reich belohnt, daß Sie Recht haben, sich ihr weiter zu ergeben. Adieu!« Und er öffnete die Tür. Mit einer ungestümen Bewegung warf sich Justine zu seinen Füßen. »Tiger,« rief sie unter Tränen aus, »öffne dein Herz meinem Flehen und stelle nicht Bedingungen, die schlimmer sind als der Tod!« Bei diesen Worten hatten sich die Schleier gelöst, die ihren Busen bedeckten und ihre Alabasterbrüste erweckten in dem Verbrecher unwiderstehliche Begierde. Der Schuft stürzte sich auf Justine, schürzte sie auf und da sie schreien wollte, stopfte er ihr ein Taschentuch in den Mund. »Oh, Teufel,« rief er aus, »wie gut haben sich deine Reize erhalten!« Er spreizte ihre Schenkel auseinander und fuhr hinein. Nachdem er sie eine zeitlang gequält hatte, setzte er sich der Unglücklichen auf die Brust, ohrfeigte sie mit seinem Glied und steckte es ihr schließlich in den Mund. »Ich erwürge dich, wenn du mich störst,« sprach er, »laß mich deinen Gaumen mit Samen übergießen, nur unter dieser Bedingung will ich etwas für dich tun!« Bald aber richtete sich die Begierde des Wüstlings nach einem anderen Orte. Der schöne Popo Justinens kam ihm ins Gedächtnis zurück. Schließlich flutete ein Strom von Samen. Diese Entladung war von schauderhaften Einzelheiten begleitet.

»Hören Sie,« sprach er, indem er sich loslöste »Sie wollen also nicht, daß ich Ihnen nützlich sei. Nun denn, dann verspreche ich Ihnen, Ihnen weder zu schaden noch nützlich zu sein. Denken Sie wohl nach, bevor Sie sprechen. Ich darf als Beichtvater sprechen, sobald es sich um ein Verbrechen handelt. Merken Sie also wohl auf, was ich jetzt dem Wärter sagen werde, sonst könnte ich Sie sofort verderben.« Er klopfte und der Wärter erschien. »Mein Herr,« sprach der Verräter, »das gute Mädchen täuscht sich, sie wollte jenen Pater Antonin sprechen, der in Bordeaux ist. Ich kenne sie nicht. Sie hat mich gebeten, ihr die Beichte abzunehmen, ich habe es getan und werde immer bereit sein, wenn man mein wichtiges Amt brauchen sollte.«

Justine blieb in Verzweiflung zurück und als sie nachdachte, kam ihr der Gedanke, Saint-Florent rufen zu lassen. »Es ist unmöglich,« sprach sie zu sich, »daß dieser Mensch nicht die Gelegenheit mit Freuden ergreifen würde, sein Unrecht gegen mich gut zu machen. Wird er mir seine Vorschläge wiederholen? Wird er die Hilfe, die ich von ihm verlange, mir um den Preis eines abscheulichen Dienstes gewähren? Nun denn, diesmal werde ich ja sagen; wenn ich einmal frei bin, will ich schon die Mittel [413] finden, einem so niedrigen Leben zu entgehen, wie er es von mir verlangt.«

Saint-Florent kam tatsächlich auf die Bitten Justinens. Unsere Heldin hätte an den Ehrfurchtsbezeugungen wohl sehen können, welche Rolle ihr Onkel in Lyon spielte. »Wie, Sie sind es,« sprach er, indem er einen Blick voll Verachtung auf sie warf, »ich dachte, es wäre eine anständige Frau, der ich von Herzen gern geholfen hätte; aber was soll ich mit einer dummen Gans, wie Sie es sind, machen? Wie, Sie sind beschuldigt, hunderte von scheußlichen Verbrechen begangen zu haben, und wenn man Ihnen vorschlägt. Ihr Leben auf anständige Weise zu verbringen, widersetzen Sie sich hartnäckig?« – »Oh, mein Herr,« rief Justine aus, »ich bin unschuldig!« – »Dann weiß ich wahrhaftig nicht, wer schuldig ist,« entgegnete der harte Mann; »als ich Sie das erstemal in meinem Leben sah, war es inmitten einer Diebsbande, die mich ermorden wollte. Jetzt finde ich Sie im Gefängnis wieder, beladen mit zwei oder drei neuen Verbrechen und auf Ihren Schultern ist noch das Andenken eines älteren.« – »Oh, gerechter Himmel, mein Herr,« erwiderte Justine, »haben Sie ein Recht darauf, mir jene Umstände ins Gedächtnis zu rufen, da ich Sie kennen lernte, und müssen nicht eher Sie dabei erröten! Ah, können Sie leugnen, daß Sie mir einige Dankbarkeit schulden? Oh, verschließen Sie mir nicht Ihre Seele, wenn bereits der Schleier des Todes mein flackerndes Lebenslicht beschattet! Nicht den Tod fürchte ich, sondern die Schande. Retten Sie mich davor, wie eine Verbrecherin zu sterben!« – »Niederträchtige Schuftin,« antwortete der Schurke, »unglückselige Hure, erinnerst du dich nicht, daß ich dir befohlen habe, niemals wieder in Lyon zu erscheinen?« – »Aber, mein Herr!« – »Was kümmern mich die Umstände, du bist einmal hier, das ist tausendmal mehr als nötig, um meine Wut zu erregen. Trotzdem jedoch will ich dir noch helfen. Dein Prozeß liegt ganz in den Händen des Herrn de Cardoville, eines Jugendfreundes von mir. Ich werde mit ihm sprechen, teile aber dir gleich mit, daß du nichts von ihm erlangen wirst, sobald du dich nicht erst seinen Begierden, wie auch denen seines Sohnes und seiner Tochter unterworfen haben wirst. Ich ermahne dich also zur äußersten Folgsamkeit. Was mich anbelangt, erkläre ich, daß es mich vor dir ekelt, aber wenn meine Freunde, die dich nicht kennen, mit dir zufrieden sind, wird man dich noch heute abholen kommen und du mußt dann deine Unschuld dadurch bezeugen, daß du dich jeder Laune hingibst; das ist der einzige Dienst, den ich dir leisten kann. Adieu!« – Saint-Florent empfahl noch dem Wärter, die Gefangene gut zu bewachen und sie nur Cardoville auszuliefern, wenn er sie abholen sollte.

Justine blieb in einem furchtbaren Zustand zurück. Wohl war genug Grund vorhanden, ihrem Schützer zu mißtrauen, aber konnte sie noch schwanken? War es nicht möglich, wenn es einmal [414] so weit gekommen war, ihre Richter zu rühren und zum Mitleid zu bewegen? Diese Gedanken bewegten ihren Geist, während sie sich ankleidete; endlich schlug die Stunde und der Wärter erschien. »Folgen Sie mir,« sprach der Cerberus, »und danken Sie Gott für die Gnade, daß Herr de Cardoville Sie empfängt.«

Justine ging nun mit dem Aufseher, der sie in die Hände zweier großer Neger übergab. Man warf sie in einen Wagen, ließ die Vorhänge herab und fuhr nun eine Strecke von Lyon fort, die zwei oder drei Meilen betragen mochte.

Als der Wagen anhielt, war das Einzige, was Justine im Lichte des Mondes bemerken konnte, der Hof eines einsamen Schlosses, der mit Zypressen umgeben war. Man führte unsere Heldin in einen schlecht beleuchteten Saal, in den nach einer Viertelstunde eine alte Frau und vier sechzehn- bis achtzehnjährige Knaben eintraten, die ein großes, schwarzes Tuch hielten. »Da Sie am Ende Ihres Lebens angelangt sind, ist jedes Kleidungsstück für Sie überflüssig, legen Sie sie also ab. Auch muß ich Ihnen die Behaarung Ihrer Scham abschneiden und dann Ihnen die Augen verbinden.« Nachdem sie ihren Worten gemäß gehandelt hatte, ließ die Alte Justine in das Totenlaken einwickeln und nach einem Salon bringen, in dem unsere Heldin stehend, mit den Händen nach oben, festgebunden wurde. Nachdem sie von mehreren Händen abgegriffen worden war, löste man die Binde von ihren Augen los und nun konnte sie die Leute bemerken, die sich an ihr ergötzen wollten.

Dolmus und Cardoville, zwei fünfundvierzigjährige Männer schienen die Hauptteilnehmer dieser Orgie zu sein. Eine junge, Nicette benannte achtzehnjährige Person, wurde als Tochter Cardovilles angesprochen, während Brimeton, ein starker Junge von zweiundzwanzig Jahren als Bruder Nicettes bezeichnet wurde. Auch die Tochter Dolmus' war anwesend, sie hieß Zulma, war vierundzwanzig Jahre alt und sehr hübsch. Der Bruder Zulmas war sechsundzwanzig Jahre alt, häßlich behaart wie ein Bär und hieß Volzidor. Die vier Knaben, die Justine gebracht hatten, hießen Julien, Larose, Fleur d'amour und Saint-Claire. Die beiden Neger waren ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt.

Alle Mitglieder dieser Versammlung umgaben Justine als ihre Binde fiel. »Weiß diese Hure, daß sie hier sterben soll, Cardoville?« fragte Dolmus. »Wie könnte sie hoffen, sich noch zu retten, da zweiundvierzig Zeugen gegen sie aussagen; allein sie hat den Wunsch ausgesprochen, in einem Hurenhaus zu sterben und dazu wollen wir ihr verhelfen.« Währenddessen umgaben Väter und Söhne die Unglückliche, indem sie sie wie Fleischer betasteten. »Wir haben schon seit langem niemanden zum Tode verdammt, dessen Schuld so erwiesen wäre,« sprach Volzidor. – »Schuldig oder nicht, du wirst auf jeden Fall verbrannt und an einem kleinen Feuer geröstet werden,« fuhr Cardoville [415] fort. – »Nun,« fragte Dolmus weiter, »hat Saint-Florent nicht Recht gehabt, uns zu sagen, daß diese Hure einen schönen Hintern hat?« – »Ja, zum Teufel,« entgegnete Cardoville, »er ist nicht zu verachten; aber jetzt wollen wir uns an dieser keuschen Schönen ergötzen. Jeder von uns nehme einen Teil des Körpers auf sich, den er quält, jeder von uns soll eine Nummer wählen und in bestimmter Reihenfolge unserem Opfer den Schmerz beibringen. Da wir zwölf an der Zahl sind, wollen wir den Schlag einer Uhr nachmachen und die zwölf Stunden mit Schnelligkeit aufeinander folgen lassen.«

Cardoville bemächtigte sich der rechten Brust, während Brunetons Sohn die Umgebung auf sich nahm; die linke Seite wurde von Dolmus und seinem Sohn eingenommen. Nicette verlangte die Clitoris, Zulma die Schamlippen. Jeder Neger erhielt eine Wade. Larose und Julien einen Schenkel und Fleur d'amour und Saint-Claire nahmen die Arschbacken. Von dieser Qual ging man zu neuen über.

Man stellte sich im Kreise auf und unsere Heldin mußte der Reihe nach zu einem jeden hingehen und die ihr vorgeschriebene Handlung begehen, während ihr ein jeder eine blutende Wunde beibringen mußte.

Dolmus riß ihr das Ohr ab, Cardoville schnitt ihr in die rechte Brust. Bruneton kratzte die linke ab. Nicette steckte zweimal ein Taschenmesser in ihre rechte Arschbacke. Volzidor kitzelte ihr mit einer spitzenbesetzten Kugel das Innere der Scheide. Larose stach in eine Ader am linken Schenkel. Fleur d'amour gab ihr einen Faustschlag auf die Nase, daß das Blut floß. Julien riß ihr mit den Zähnen ein Stück ihres rechten Schenkels ab. Saint-Claire stieß ihr ein Stilet in den Bauch. Der erste Neger verwundete die Schultern, der zweite die Weichen. Nun befahl Cardoville den Negern, Justine auf eine runde Säule derart zu binden, daß sowohl ihre Hände wie ihre Füße frei seien. Man band sie, ihre vier Glieder so weit als möglich ausgespreizt, an. Nicette ergriff eine Nadel mit einem Faden daran und begann die Scheide Justinens luftdicht zuzunähen. Nachdem sie damit fertig war, machte sie sich an die Rückseite Justinens und begann hier den Altar der Sodomie auf gleiche Art zu verschließen. »So habe ich es gern,« sprach nun Cardoville, als er die Festung gut verschlossen fand, die er einnehmen wollte. Er stieß mit unglaublicher Kraft zu; endlich lösten sich die Fäden und unter höllischen Qualen Justinens fuhr das ungeheure Glied Cardovilles ein. Nun drehte man das Opfer um und dieselbe Szene wieder holte sich, bis Justine in Blut schwamm. »Nun bin ich an der Reihe,« sprach Dolmus und band Justine los. »Ich will sie nicht zunähen, aber ich will sie auf ein Bett legen, das ihr auch nicht angenehme werden soll.« Alsbald brachte einer der Neger ein diagonales Kreuz, das ganz mit Stahlspitzen bedeckt war; darauf legte man Justine, während Dolmus sie von vorne bearbeitete. Sein Mund [416] preßte sich auf den der Dulderin und schien ihre Schmerzen einatmen zu wollen.

Nun begehrte die wütende Zulma, auf dem Kreuz gefickt zu werden; nur stellte sie die Bedingung, Justine möge über ihrem Kopf aufgehängt werden, damit das herabtröpfelnde Blut über sie fließe. Die Hure legte sich auf den Rücken, man band sie fest und alle Männer bestiegen sie der Reihe nach und alle kratzten den unglücklichen Körper auf, der über ihrem Kopf hing, um immer neue Bäche von Blut hervorquellen zu lassen; schließlich wurde der leblose Körper Justinens losgebunden. »Was wollen wir mit ihr machen?« fragte Cardoville. – »Wir müssen der Gerechtigkeit ihren Lauf lassen,« antwortete Dolmus, »sie wird ja trotzdem sterben. Bringen wir sie ins Gefängnis zurück.« – Julien versuchten also, Justine ins Leben zurückzurufen, indem er ihr die Wunden auswusch. »Nehmen Sie Ihre Kleider wieder, meine Tochter,« sprach Cardoville, »der Tag ist noch nicht angebrochen und die Männer, die Sie hergebracht haben, werden Sie wieder ins Gefängnis zurückführen.« Justine wollte sich diesen Ungeheuern zu Füßen werfen, um von ihnen eine Begnadigung zu erflehen, allein nicht nur, daß man sie nicht anhörte, die Frauen schmähten sie sogar und die Männer bedrohten sie. Sie wurde gepackt und wieder ins Gefängnis gebracht. »Legen Sie sich nieder,« sprach der Cerberus, indem er sie in ihre Zelle stieß, »und wenn Sie jemals Klage darüber erheben wollen, was Ihnen heute Nacht geschehen ist, so können Sie sicher sein, daß ich alles ableugnen würde.« – »O, Himmel,« rief Justine aus, als sie allein war, »wie sollte ich Bedauern empfinden, eine Welt, in der so viele Verbrecher leben, zu verlassen!«

Am nächsten Tage besuchte der grausame Saint-Florent Justine. »Nun,« fragte er, »sind Sie mit den Freuden zufrieden, die ich Ihnen verschafft habe?« – »Oh, mein Herr, es sind Ungeheuer!« – »Ah, ich errate, Sie haben ihnen zu viel Samen gekostet, es gibt nichts Schlimmeres wie der Ekel. Also sprechen Sie, sprechen Sie, will man Ihnen das Leben retten?« – »Ich bin verloren.« – »Hören Sie, ich will Ihnen als Freund etwas sagen. Ich weiß, daß man die Absicht hat, sie lebend zu verbrennen, es handelt sich für Sie also nicht mehr darum, freizukommen, sondern nur darum, statt verbrannt gehenkt zu werden.« – »Nun, mein Herr, was soll ich dazu tun?« – »Vorerst müssen Sie sich mir hingeben.« – »Oh, mein Herr!« – »Nun, dann werden Sie eben verbrannt werden.« Und die Unglückliche ließ, um dem furchtbaren Tod zu entgehen, mit sich alles geschehen. Saint-Florent rief den Wärter heran. »Pierre,« sprach er zu ihm, »ficke dieses Lumpenweib vor meinen Augen. Welch ein Glück für einen derartig ungeschlachten Lümmel.« Er gehorchte also und sobald der Samen des Mannes geflossen war, fuhr Saint-Florent fort: »Nun ists genug, aber bilde dir nicht ein, Hure, daß ich deinetwegen den kleinsten Schritt unternehme. Ja, sei versichert,[417] daß du verbrannt werden wirst, und ich verlasse dich jetzt nur, um die Ausführung des Urteils zu beschleunigen.« Das Ungeheuer ging hinaus und ließ das arme Mädchen in einem Zustand der Niedergeschlagenheit zurück, der dem Tode ähnelte. Am folgenden Tage kam Cardoville, um mit ihr ein Verhör anzustellen. Sie schauderte über die Kaltblütigkeit, mit der dieser Schuft die Gerechtigkeit zu beleidigen wagte. Sie verteidigte sich mit der Wärme, wie es ihrem guten Recht zukam. Allein aus jeder ihrer Verteidigungsreden wußte dieser geschickte Richter neue Anklagen wieder sie zu erheben. Kühn fragte er sie, ob sie nicht einen reichen Bürger dieser Stadt namens Saint-Florent kenne, und als Justine die Frage bejahte, sprach Cardoville: »Mehr brauche ich nicht. Dieser Herr de Saint-Florent, den Sie zu kennen gestehen, hat Sie an gezeigt, er hat angegeben, Sie in einer Bande von Räubern kennen gelernt zu haben, wobei Sie die Erste waren, die ihm sein Geld und seine Brieftasche stahlen. Ihre Kameraden wollten ihm das Leben schenken, Sie allein widersetzten sich dem. Trotzdem gelang es ihm, zu entfliehen. Außerdem bezeugt Herr de Saint-Florent, daß Sie, als Sie ihn vor einiger Zeit in Lyon besuchten, ihm eine Uhr und hundert Louis gestohlen hätten. Auch der Bischof von Grénoble und ein Benediktiner klagen Sie des Mordes, des Diebstahles und noch anderer Verbrechen an« Cardoville benützte den Augenblick der Ratlosigkeit Justinens und befahl dem Gerichtsschreiber, aufzuzeichnen, daß Justine ein umfassendes Geständnis all dieser Greueltaten abgelegt hätte.

Justine warf sich verzweifelt zur Erde und das Gewölbe widerhallte von ihren Schreien. »Verbrecher,« rief sie aus, »ich verlasse mich auf den gerechten Gott, der mich rächen wird! Du wirst den abscheulichen Mißbrauch deiner richterlichen Gewalt noch bereuen!« Cardoville klingelte, der Wärter erschien und führte die Angeklagte fort, während das Ungeheuer ruhig den Saal verließ und der Blitzstrahl verschlang es nicht.

Alles ging glatt von statten. Bald war Justine zum Tode verurteilt.

Justine überließ sich eben den traurigsten Gedan ken, als der Wärter mit geheimnisvoller Miene auf sie zutrat. »Hören Sie,« sprach er, »Sie haben mir ein Interesse eingeflößt, und wenn Sie meinen Vorschlag annehmen, will ich Ihnen das Leben retten.« – »Oh, mein Herr, um was handelt es sich?« – »Sie sehen dort jenen dicken Mann, der gleich Ihnen nur die Hinrichtung erwartet. Er ist der Besitzer einer Brieftasche, die eine bedeutende Summe enthält.« – »Nun?« – »Nun, ich weiß, daß er sich nur mit dem Gedanken beschäftigt, wie er sein Vermögen in die Hände seiner Familie kommen lassen könnte. Rauben Sie es ihm und bringen Sie es mir, dann sind Sie frei. Vor allem aber beobachten Sie Stillschweigen und Sie dürfen niemals, ob Sie nun meinen Vorschlag annehmen oder nicht, etwas darüber laut werden [418] lassen. Entscheiden Sie sich!« – »Oh Gott,« rief Justine aus, »so ist also das Glück für mich immer nur durch ein Verbrechen erreichbar. Ja, mein Herr, ich will Ihnen folgen, Sie schlagen mir zwar ein Verbrechen vor, allein ich will es dennoch ausführen, um den Frevlern, die mich umkommen lassen wollen, ein grausameres zu ersparen.«

Der Wärter zog sich zurück und schon klang jene dumpfe Glocke, die den Verurteilten ankündigt, daß sie nicht mehr lange zu leben haben. 33 Unsere Heldin beeilte sich also, an ihren Leidensgefährten heranzutreten und bald hatte sie ihm tatsächlich den Schatz geraubt. Sie eilte auf den Wärter zu, drückte ihn in dessen Hand, worauf sich bald die Pforten zur Freiheit öffneten. »Nur rasch fort,« sprach die Unglückliche zu sich selbst, als sie allein war. Die Nacht senkte sich herab und Finsternis begünstigte ihre Flucht und bald befand sie sich auf dem Wege nach Paris in der Hoffnung, dort ihre Schwester zu finden.

Es war ungefähr vier Uhr nachmittags, als sie in der Nähe von Esommes eine ungemein elegante Dame bemerkte, die mit vier Herren spazieren ging. »Abbé,« sprach diese Dame und wandte sich an einen ihrer Begleiter, »dieses Mädchen kommt mir bekannt vor. Mein Fräulein, auf ein Wort, ich bitte Sie, würden Sie mir nicht Ihren Namen sagen.« – »Oh, Madame, ich bin das unglücklichste aller Geschöpfe.« – »Aber Ihr Name?« – »Justine.« – »Justine? Wie, sollten Sie die Tochter des Bankiers N. sein?« – »Ja, Madame.« – »Freunde, es ist meine Schwester! Diese Schrammen und Narben dürfen Sie nicht täuschen, ich habe ihr ihr Schicksal vorausgesagt. Kommen Sie, mein Kind, kommen Sie auf mein Schloß mit mir. Ich bin neugierig, durch welchen Zufall ich Sie wieder getroffen habe.« – Justine schloß sich also der Gesellschaft an und als sie in Juliettens Heim äußersten Reichtum bemerkte, rief sie aus: »Wie, während ich kaum mein Leben fristen kann, genießt meine Schwester allen diesen Reichtum!« – »Du schwachherziges Mädchen, das darf Dich nicht täuschen,« erwiderte Juliette, »ich habe dir bereits alles vorausgesagt; ich bin die Bahn des Lasters gegangen und habe auf ihr nur Rosen gefunden. Du siehst aber, wohin dich deine verfluchten Vorurteile gebracht haben. Abbé,« fuhr die berühmte Schwester unserer Heldin fort, »man möge ihr anständige Kleider geben und neben uns für sie ein Gedeck auflegen. Morgen wollen wir ihre Erzählung anhören.«

Nachdem Justine erfrischt war und sich ausgeruht hatte, erzählte sie am nächsten Tage die Abenteuer, die wir eben gelesen haben. So sehr das arme Mädchen auch mitgenommen war, sie gefiel trotzdem allen Anwesenden und unsere Gesellschaft konnte sich nicht versagen, sie nach eingehender Prüfung zu loben. »Ja,« sprach einer von ihnen, der bald in der Geschichte [419] Juliettes eine Rolle spielen wird, »da sieht man wohl die Nachteile der Tugend, und hier, meine Freunde,« rief er, indem er auf Juliette wies, »hier sieht man die Vorteile des Lasters.« Der Rest des Abends wurde zur Ruhe benützt und am nächsten Tag kündigte Juliette an, daß sie ihre eigenen Abenteuer erzählen wolle, um, wie sie sagte, ihre Freunde besser beurteilen lassen zu können, wie sehr der Himmel das Verbrechen beschützt und die Tugend verfolgt. »Höre, Justine, Sie, Noirceuil und Chabert, Sie lade ich nicht ein, Dinge zu hören, die Sie bereits in allen Einzelheiten kennen; gehen Sie ein wenig aufs Land, während dieser Zeit und bei Ihrer Rückkunft werden wir uns überlegen, was wir mit diesem kleinen Mädchen anfangen werden. Aber Sie, Marquis, und Sie, mein teurer Chevalier, Sie bitte ich, mir zuzuhören, damit Sie überzeugt sind, daß Noirceuil und Chabert nicht ohne Grund behaupteten, ich sei eine der seltsamsten Frauen der Welt.«

Man ging in einen prächtigen Salon und die ganze Gesellschaft nahm auf bequemen Lehnstühlen Platz. Justine erhielt einen Stuhl und Juliette begann, auf einer Ottomane liegend, ihre Erzählung, die die Leser in den nächsten Bänden finden werden.


Ende des vierten Bandes

Fußnoten

1 So nennt man den Schriftsteller, der sich damit beschäftigt, das Leben berühmter Personen zu beschreiben.

2 Jeder Erfahrene weiß, daß man damit die Art bezeichnet einen oder mehrere Finger in das Arschloch des zu Behandelnden zu stecken. Das tut man hauptsächlich bei Greisen und verbrauchten Leuten. Es trägt zur völligen Steifung des Gliedes bei und verursacht unsagbare Lustgefühle bei der Ejakulation. Wenn man die Finger durch ein Glied ersetzt, wird das Vergnügen zweifellos unendlich lebhafter und verhält sich wie die Wirklichkeit zur Illusion. Es gibt tatsächlich kein lebhafteres Wollustgefühl, als sich während des Fickens ficken zu lassen.

3 Für diese wundervolle Neigung gibt es kein Alter. Der junge Alcibiades liebte ihn ebenso wie der alte Sokrates. Ganze Völker haben diesen herrlichen Körperteil jedem anderen der Frau vorgezogen. Und tatsächlich es gibt keinen, der mehr verdiente Gegenstand der Huldigung zu sein. Dei Unglückliche, der noch keinen Knaben gefickt, oder aus seiner Geliebten noch keinen Knaben gemacht hat! Er weiß noch nichts von der Wollust.

4 Bei allen ist die Grausamkeit entweder die Ergänzung oder das Mittel, zur Wollust. Es gibt keinen einzigen grausamen Mann, der nicht auch zugleich Lüstling gewesen ist; und umgekehrt keinen ausschweifenden Menschen, der nicht grausam wird. Im übrigen ist die Grausamkeit so wie der Schmerz nur ein Seelnzustand, der durchaus von uns unabhängig ist. Und wir sollten weder über den einen erröten, noch den anderen verherrlichen. Der Mensch strebt mit verschiedenen Mitteln nach der Glückseligkeit. Nero fand ebensoviel Lust darin, seine Opfer zu erwürgen, wie Titus darin, keinen Tag vergehen zu sehen, an dem er nicht Gutes getan hätte.

5 Diese Wahrheit ist entmutigend, sagen die Dummköpfe. Man soll sie den Menschen nicht mitteilen. Aber wenn es eine Wahrheit ist, warum sie verbergen. Es heißt die Menschen nicht lieben, wenn man ihnen so wichtige Wahrheiten vorenthält, was immer auch geschehen möge. (Anmerk. d. Verfass.)

6 Man wird sie später in der Geschichte Juliettes lesen.

7 Und das aus dem alleinigen Grund, weil die Empfindsamkeit Schwäche und die Ausschweifung Kraft bezeugt.

8 Diese Ansicht ist nicht mehr als eine griechische Sage.

9 Cherubin heißt so viel wie Ochse.

10 Machte Bièvre jemals einen, der köstlicher ist, als der, den der Nazarener zu seinen Jüngern machte. »Du sollst Petrus heißen, denn auf dich will ich meine Kirche bauen.« Und man sage noch, daß der Kalauer ein Kind unseres Jahrhunderts ist!

11 Was tun denn die Gesetze, wenn sie den Uebertreter des Gesellschaftsvertrages bestrafen? Sie rächen Sonderinteressen. Wenn aber das Verbrechen, das sie zu meinen Gunsten begehen, gleich Null ist, so muß es doch auch dasjenige sein, das ich selbst in gleicher Absicht begehe.

12 Fast alle Freudenmädchen ahmen die Leidenschaft der Männer nach, und da die Sodomie der süßeste aller Genüsse ist, ist diese Vorliebe ganz klar.

13 Eine Abhandlung darüber kann man in »Juliette« lesen.

14 »Ueberall,« sagt Bridaine in seiner interessanten »Reise durch Sizilien«, »wo die Luft stark durchsetzt ist von heißen Ausdünstungen, sind die Einwohner außerordentlich boshaft und lasterhaft.«

15 Vgl. den II. Bd.

16 Es sind hier Grundsätze nur angedeutet, die später ausführlicher erörtert werden.

17 Solche Laster nehmen an Stärke mit den Jahren zu, altern aber niemals. Man verspürt weniger Energie, sie in Taten umzusetzen, oft auch weniger Möglichkeit; aber ihr unzerstörbarer Keim ist stets der gleiche. Er wächst sogar, anstatt sich abzuschwächen.

18 Rusma, ein Mineral, findet sich nur in den Bergwerken in Galatien. Der Großherr genießt davon ein Einkommen von dreißigtausend Dukaten jährlich. Es ist sehr selten in Frankreich und wird hier mit Gold aufgewogen. Es bleibt dort, wo es angewendet wurde, keine Spur von Haar zurück.

19 Unseren Lesern dürfte unsere Gewohnheit, unnütze Bemerkungen, gleich: ›das war der Name‹, ›so hieß‹ ... usw. zu unterdrücken, auffallen. Ist es nicht klar, daß ein neuer Name derjenigen Person angehört, von der die Rede ist? Diese Auslassung überflüssiger Redensarten ist uns eigentümlich und dürfte ein Charakteristikum sein, an dem man unseren Stil stets erkennen wird.

20 Ich werde dieses System bald erörtern; vorläufig will ich mich über die Nerven äußern. Der Nerv ähnelt einem weißen, manchmal runden, manchmal platten Strang. Er entspringt in der Regel aus dem Gehirn, von wo er in Bündeln symmetrisch ausgeht; kein Teil des menschlichen Körpers bietet mehr Interesse. »Er ist äußerst merkwürdig,« sagt La Martinière, »und um so wunderbarer, als er äußerlich zu keiner Tätigkeit befähigt erscheint.« Von den Nerven hängen Leben und die Zusammenarbeit der Organe ab; desgleichen die Sinne und die Begierden, das Bewußtsein und die Gedanken, kurz, das Nervensystem ist das Zentrum der ganzen Organisation; es ist der Sitz der Seele, das heißt des Lebensprinzips, das mit den Lebewesen zugleich verlöscht, mit ihnen wächst und schwindet, und ist daher durchaus materieller Natur. Man betrachtet die Nerven als Röhren, die dazu dienen, den Willen in die Organe, in denen sie sich verteilen, und die Eindrücke der Außenwelt zum Gehirn zu leiten. Eine starke Erregung erschüttert außerordentlich das Fluidum, das in dem Hohlraum der Nerven fließt, und ruft Lustgefühle hervor, wenn diese Erregung sich in den Fortpflanzungs- oder den benachbarten Organen abspielt; daher die durch Schlagen, Stechen, Kneifen oder Peitschen erzeugten Wollustgefühle. Mit dem starken Einfluß der Psyche auf den Körper wächst ebenso die schmerzliche oder angenehme Erschütterung dieses Fluidums; daraus folgt, daß man auf Grund der Philosophie – sobald man sich über alle Vorurteile hinweggesetzt hat, – wie schon früher erwähnt, die Empfindungssphäre außerordentlich weit auszudehnen vermag. (A.d.V.)

21 Das arme Mädchen wußte nicht, daß die Ungerechtigkeit den Menschen uns beherrscht, und daß man aus seinem Herzen macht, was man will.

22 Wir werden die Ursache dieser Erschöpfung bald erklären.

23 Die Sabina ist anerkannt eines der stärksten Abtreibungsmittel, die es gibt; sie ruft den Abgang des Foetus und der Nachgeburt hervor; einige Tage gebraucht, bewirkt sie unvermeidlich einen Abortus. Sie ist ein kleiner, immergrünender Strauch, der männliche und weibliche Blüten trägt. Sie gedeiht in allen Klimaten. Man gibt sie häufig in Blumensträuße, doch verbreitet sie einen unangenehmen Geruch. Man verwendet ihre Blätter in Dekokten oder in Pulverform. In beiden Formen bedingt sie Abortus. Es wird davon in der »Juliette« die Rede sein, wo wir auseinandersetzen werden, mit welchen anderen Pflanzenarten man sie vermengt, um promptere und sicherere Wirkung zu erzielen.

24 Der berühmte Wein, vom dem Horaz singt, aus der Umgebung von Neapel.

25 Vgl. das berühmte Gastmahl des Trimalchio.

26 Aber wenn darüber kein Zweifel besteht, daß der Schuldigere der Glücklichere ist, weil seine Genüsse durch keine Gewissensbisse getrübt werden, so geht daraus hervor, daß das Verbrechen mehr zum Glücke beiträgt als die Tugend. Welch unheilvolle Folgen ergeben sich daraus für die Moralisten!

27 Es liegt viel Kunst darin, die Szenen so zu verschleiern; aber wie viele Liebhaber der unersättlichen Szene wünschten, daß man ihnen alles sage. Ach guter Gott! Wenn man sie befriedigte, was bliebe dann ihrer Fantasie überlassen?

28 In Numidien.

29 Man enthüllt die Dinge besser, wenn man sie verschweigt, schreibt Lamatrie irgendwo, man reizt die Begierden, wenn man die Neugierde aufstachelt. Das ist die Ursache, daß wir die nun folgenden Szenen nicht beschreiben.

30 Das ist kein Märchen, denn dieser Mann hat in Lyon gelebt. Er hat mehr als 20.000 Mädchen die Ehre geraubt, nachdem er sich an ihnen befriedigt hatte, schiffte man sie auf der Rhone ein und die Provinzen wurden während dreißig Jahren durch die Opfer dieses Wüstlinges bevölkert.

31 Der Löwenzahn ist das einfache Mittel, dessen sich diese Schufte bedienen, um sich zu verstellen. Sie drücken den milchigen Saft in ihr Gesicht aus, der in die Reihe der Gifte zählt.

32 Man versichert, daß dies eine List dieser Schelme sei. Sie zahlen den Pfarrer des betreffenden Ortes dafür, daß er zur Mitleidigkeit und Wohltätigkeit aneifere.

33 Dieser Brauch ist in den meisten südlichen Provinzen.


Notes
Erstdruck: Paris 1791. Druck der ersten Übersetzung von M. Isenbiel (= R. Fiedler), 2 Bde: Wien 1906.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Sade, Marquis de. Die Geschichte der Justine oder die Nachteile der Tugend. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B39D-C