99. Hackelberg jagt.

1.

Hackelberg jagt Nachts zwischen 11 und 12 Uhr in der Luft. Er hat viele Hunde bei sich, die ein laut Gebelle machen, wozwischen er selbst seinen Ruf toho! erschallen läßt. Am Böllenberge zwischen Stöckheim und Moringen hat man ihn oft gehört; eben so auf dem Bleichanger bei Edesheim.

2.

Bei Wiershausen ist ein kleiner Eichenwald, welcher Hackelberg heißt. Wenn der Nordwestwind scharf durch die Bäume weht, so sagt man: Hackelberg läßt sich hören.

3.

Am Saume des Waldes bei Bilshausen läßt sich Hackelberg hören, alle sieben Jahre kommt er herum.

4.

Bei der Krummenwasser-Mühle zieht der wilde Jäger in der Dämmerung durch die Luft und ruft sein hô! hô! Mit dem Gewehre über der Schulter ist er oft daselbst gesehen. Wenn er zieht, so kann man ihn wohl Stunden weit hören, so gewaltig »klappert er mit den Schuhen«. Er schreit auch den Leuten nach.

5.

Bei Golmbach ist ein Berg, wo der wilde Jäger jagt. Als ihm einst ein Bauer nachgerufen hatte, schlug er diesem die Mütze ab. Sogleich fing das Gesicht des Bauern an zu schwellen, und am andern Tage war er todt.

6.

Hackelberg läßt sich nur im Walde hören.

7.

In Kreiensen jagte einst Hackelberg mit seinen klaffenden [72] Hunden – es mochten ihrer wol dreißig sein – durch ein Haus, dessen vordere und hintere Thür offen standen, unter furchtbarem Lärm hindurch.

8.

Hackelberg hält seinen Umzug im Juni, etwa in der Mitte des Monats, und zwar in einer bestimmten Nacht.

9.

Hackelberg reitet auf einem weißen Schimmel durch die Luft. Er hat zwei große Hunde bei sich, welche bellen.

10.

Hackelberg soll, wenn er durch die Luft dahin zieht, ein feuriges Aussehen haben.

11.

Hackelberg jagt die Hexen Nachts durch die von zusammengewachsenen Aesten gebildeten Löcher. Daher rührt das »Zirpen« in der Luft.

12.

Als einst Hackelberg bei Eimen vorüber zog, begegneten seine Hunde den Spinnerinnen aus dem Dorfe und schüttelten sich so um diese herum, daß ihnen der Regen die Kleider und die Spinnrocken ganz naß machte.

13.

Im Ahlkenberge hüteten Nachts Jungen die Pferde und hatten sich um ein Feuer herum gelagert, als Hackelnberg durch die Luft daher kommt (fört) und seinto hô ruft. Die Jungen rufen ihm nach to hô! da wirft Hackelnberg ihnen einen Pferdeschinken herunter, mitten ins Feuer hinein, daß die glühenden Kohlen ihnen um die Köpfe fliegen. Dabei hören sie die Worte: wenn jî mêe jâget, söll' je âk mêe frëten.

14.

Ein anderes Mal hüteten wieder Jungen dort die Pferde, als Hackelnberg vorüber kam und rief. Ein Junge wollte ihm schon nachrufen, doch da fiel ihm noch zur rechten Zeit ein, daß, wenn er ihm to hô nachriefe, Hackelnberg dann rufen möchte: hest du mêe raupen, sau sast du âk mêe fören und ihn mit sich in die Lüfte nehmen würde.

15.

Bauern hüteten Nachts auf dem Anger die Pferde. Sie hatten sich ein großes Feuer angezündet und sich um dasselbe gelagert. Da vernahmen sie mit einem Male ein gewaltiges Sausen und Brausen und sahen etwas durch die Luft daher ziehen, was wie ein gewaltiger Vogel aussah. Zu gleicher Zeit erscholl in der Luft der Ruf hô, hô! Einer von ihnen rief spottend nach hô, hô! erhielt aber, als das Geräusch gerade über ihnen war, eine derbe Ohrfeige. Die Pferde waren schon vorher unruhig und wild geworden und hatten sich nach allen Seiten hin verlaufen, jetzt liefen aber auch die Hüter voll Angst davon. [73] Als sie am andern Morgen wieder zu der Stelle gingen, fanden sie das Feuer ganz aus einander gerissen und weithin verstreut; auf der Feuerstelle aber lag ein Pferdeschinken.

16.

Als die Fichten auf dem Moosberge im Sollinge gepflanzt wurden, blieben die Arbeiter über Nacht draußen und zündeten sich ein Feuer an. Da kam Hackelberg durch die Luft daher gezogen. Die Arbeiter riefen ihm half part zu, und er warf ihnen einen Pferdeschinken ins Feuer.

17.

Einst hütete ein Schäfer am Saume des Rotenkircher Waldes, als in der Nacht Hackelberg unter furchtbarem Getöse mit seiner Jagd durch die Luft gezogen kam. Als der Schäfer nun dem Hackelberg Schimpfwörter nachrief, kehrte dieser um und kam auf ihn zu. In seiner Angst flüchtete der Schäfer und legte sich unter elf Hürden, weil er gehört hatte, daß Hackelberg durch eine ungerade Anzahl von Dingen (Brettern, Stöcken u. dgl.) nicht hindurch schlagen könne. Wirklich schlug Hackelberg auch durch zehn der Hürden; die elfte aber leistete Widerstand und blieb ganz. So kam der Schäfer noch glücklich davon.


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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 99. Hackelberg jagt. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BCA5-5