162. Hünensteine.

1.

Auf der Grewenburg (Grêweschen borg), einem Berge bei dem Dorfe Banterode, wohnte ein Hüne. Einst wollte die Burgfrau einen Feldstein (kiserling) von der Bramburg nach ihrer Burg tragen und nahm ihn in ihre seidene Schürze; allein auf dem Backenberge rissen die Bänder an der Schürze und der Stein blieb liegen. Dieß ist der etwa dreißig Fuß hohe Backenstein.

2.

An dem Wege von Einbeck nach Odagsen, in der Nähe des Reinser Thurms, liegt ein großer Feldstein. Daran knüpft sich folgende Sage. Ein wandernder Riese verspürt im Schuh ein Sandkorn, welches ihn drückt; da setzt er sich nieder, um zu ruhen und schüttet zugleich den Schuh aus. Das Sandkorn, welches er bei dieser Gelegenheit ausgeschüttet hat, ist jener Feldstein, de wite stein genannt.

3.

Am Wege von Salzderhelden nach Rittierode liegt ein großer Feldstein, wohl so hoch wie ein Schrank. Diesen Stein hat ein Riese, weil er ihn drückte, aus dem Pantoffel genommen und ihn vom Heldenberge aus über die Leine hinüber dahin geworfen.

4.

In Hildesheim heißt eine Straße vor dem Dammthore »der Stein.« Man hat sie von einem großen Steine so genannt, der an der Ecke dieser Straße seit Menschengedenken liegt. Einige sagen, ein Riese habe hier das »Sandkörnchen« aus seinem Schuh geschüttet, andere aber meinen, der Böse hätte den gefährlichen Stein nach dem gegenüber liegenden Martini-Kirchthurm geworfen und glücklicher Weise gefehlt.

5.

Auf dem Sensensteine haben in früheren Zeiten Hünen gewohnt. Nun wollten andere Hünen (vom Sichelnstein aus?) den Thurm der Burg in Stücke werfen und schleuderten deshalb eine Menge von Steinen gegen ihn. Dieß sind die sog. Hünensteine, [146] welche in dem Thale, worin ein kleiner Bach, die Niest, fließt, sowie in der ganzen Escheröder Feldmark zahlreich umher liegen. Zum Theil sind sie in die Erde gesunken, zum Theil liegen sie auf der Oberfläche; auf einem von diesen sind die fünf Finger eines Hünen abgedruckt.

6.

Oberhalb des Kahlenberges bei Dahlheim liegen zwei große Steine, ein größerer und ein kleinerer, welche von zwei Riesen dahin geworfen sind; der größere würde kaum auf mehreren vierspännigen Wagen fortgeschafft werden können. Diese Steine sind auf folgende Weise dahin gekommen. Ein Riese, welcher mit der Escheröder Gemeinde in Feindschaft lebte, ging mit seinem Sohne auf den Berg und warf von da einen großen Stein nach Escherode hinüber, um damit die Kirche des Dorfes zu zerschmettern: doch der Stein war nicht mit voller Kraft geworfen und fiel deshalb viel zu früh, etwa auf der Hälfte des Weges nieder, wo er liegen geblieben ist; die fünf Finger des Riesen haben sich dem Steine tief eingedrückt. So wie aber der Riese den Stein aus der Hand geworfen hatte, stürzte er todt nieder. Aus Zorn über seines Vaters Tod warf dann der junge Riese, der noch lange nicht erwachsen war, einen andern Stein dahinter her, welcher wohl um die Hälfte kleiner war, als der erste, aber auch dieser verfehlte sein Ziel und fiel im Felde nieder.

7.

Ein Hüne wohnte auf dem Hohen-Hagen; dieser wollte einst einem andern, der auf den Gleichen wohnte, das Fenster im Thurm einwerfen. Zu dem Ende nahm er einen Stein etwa 11/2 Fuß lang, 1 Fuß breit und1/2 Fuß dick. Doch der Stein entglitt zu früh seiner Hand und erreichte so die Gleichen nicht, sondern fiel im Leinebusche bei dem zu Ohlenhusen gehörenden Vorwerke Heißenthal nieder. Hier ist er liegen geblieben und man sieht noch die Eindrücke von den fünf Fingern des Hünen daran.


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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 162. Hünensteine. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BCEF-1