541. Emstek.

a.

Im Drantumer Esche lag bislang ein Hügel, etwa 150 Schritt im Umfange und gegen 25 Fuß hoch, welcherLünzhopsberg oder Hexenberg genannt wurde (218i, 219n). Vor 40 Jahren wird darüber berichtet: »Im Innern des Berges befinden sich sehr große Steine, in schönster Ordnung an und aufeinander gemauert, sodaß unzweifelhaft des Menschen Kunst und Fleiß dabei tätig gewesen sind. Einige glauben, daß dies Mauerwerk ein Überbleibsel aus der Heidenzeit und mit samt dem Hügel zum Götzendienst benutzt sei (Opferstätte), andere meinen, daß hier ehemals eine Windmühle gestanden habe, wozu der Berg wohl gelegen scheint, und erzählen von einem spukenden Müller, der dort gewohnt habe: 182s.« Der Berg ist 1906 abgetragen. Große Kieselsteine, Urnenscherben waren das Ergebnis (neolithisches Steingrab). Der Berg war schon früher durchwühlt.

b.

In einer Niederung südostseits des Emsteker Esches, auf der Grenze zwischen der Emsteker und Drantumer Mark, sieht man noch den von mehreren Gräben und Wallresten eingeschlossenen Burgplatz des ehemaligen Gutes Fischwinkel. Darüber erzählt man sich folgendes: Der Besitzer dieser Burg war auch Eigentümer der Niemanns Stelle und des Zehnten in Drantum. Er wirtschaftete aber so schlecht, daß er bei seinem Tode seinen hinterlassenen Kindern, zwei Töchtern, seinen Nachlaß stark verschuldet hinterließ. Aus Mangel an Mitteln und körperlichen Reizen blieben diese ehelos, wurden alte Jungfern und unfähig, ihren Unterhalt zu erwerben. Sie [341] boten daher den Bauern in Drantum den dortigen Zehnten unter der Bedingung an, daß diese ihnen dafür bis zu ihrem Tode den Lebensunterhalt gäben. Die Bauern lehnten ab. Die Not wurde schließlich so groß im Hause der Geschwister, daß sie ein Schaf stahlen, um ihren Hunger zu stillen. Der Diebstahl führte zu einer Untersuchung. Um allen Verlegenheiten ein Ende zu machen, boten die Fräulein dem Kloster Malgarten den Drantumer Zehnten, überhaupt ihr ganzes Besitztum an. Dies wurde angenommen, und die beiden Jungfern siedelten nach Malgarten über, nachdem die Untersuchung infolge einer Abmachung mit dem Bestohlenen aus der Welt geschafft war. In Malgarten sind sie bis zu ihrem Lebensende verpflegt worden. Die Burg verfiel und der Burgplatz wurde wieder Markengrund.

Nicht weit von Fischwinkel liegt die ehemaligePoggenburg, deren Besitzer dort wiedergehen soll. Einige haben an der Stelle einen großen schwarzen Hund gesehen.

c.

Höltinghausen war einst von Kriegsleuten ausgeplündert worden. Da kamen plötzlich wieder Soldaten, versammeln sich in Metten Haus und verlangen, daß man ihnen zu essen und zu trinken gebe. Die Bauern beteuern, daß es an allem und jedem fehle. Die Soldaten erklären, sie wären müde vom Marsch und wollten deshalb ein Stündchen schlafen. Wäre nach ihrem Erwachen nichts herbeigeschafft, so würden sie das ganze Dorf in Brand stecken. Danach legten sie sich in einer Reihe auf dem Stroh nieder, das auf ihr Verlangen Metten Bauer auf der Diele ausgebreitet hatte. Die verzweifelten Leute traten zusammen und überlegten, was zu machen sei. Schließlich beschlossen sie, sie wollten eine lange Leiter über die Schläfer legen, dieselbe mit ihren Körpern belasten, um so die Quälgeister zu erdrosseln. Gesagt, getan. Die Soldaten fanden ihren Tod unter der Leiter, und ein Wagen wurde rasch herbeigeschafft, um die toten Leiber fortzubringen zum Verscharren, bevor nach den Verschollenen Nachforschungen angestellt würden. Unterwegs erwachte einer der Krieger wieder zum Leben, ließ sich vom Wagen heruntergleiten und bat ein erwachsenes Mädchen, das dem Wagen mit einem Spaten folgte, um Schonung. »Ei was!« rief dieses, »Eier in de Pannen, dann komet dar kine Küken ut!« und schlug mit ihrem Gerät den Soldaten vollends tot. Eine Untersuchung brachte später die Bauern auf die Folter, förderte [342] aber nichts zutage, weil sie alle beharrlich leugneten. Aber ihr lebelang haben sie die Nachwirkungen der Folter durch Reißen in den Gliedern bei Änderung des Wetters verspüren können. Vgl. 507a.

Höltinghausen soll seinen Namen daher erhalten haben, daß in früheren Zeiten dort in einem Hause das Holzgericht abgehalten wurde (Holt-Thing-Hus). – Die Eingesessenen behaupten, es habe dort früher eine adlige Burg bestanden. Man will vor einigen Jahren die Fundamente bloßgelegt haben. Drei Bauern werden als die Abkömmlinge des letzten Junkers bezeichnet, Claus, Albers und Otten. Sie wohnen auf den alten Burggründen.

d.

Die Gemeinde Emstek ist in einem früheren Kriege eine Wüstenei geworden. Die Einwohner haben ihre Heimstätten verlassen und sich in der Gegend von Oldenburg aufgehalten. (Die Sage verdankt ihr Entstehen wohl einer Notiz im Emsteker Taufbuch, wonach dieses von 1631 bis 1651 in der Grafschaft Oldenburg wegen Kriegswesens aufbewahrt worden. Aus Cloppenburg hatte man die kostbaren Kirchengeräte vor dem Feinde gerettet dadurch, daß man sie in der Stadt Oldenburg verwahrte.)

e.

In Westeremstek sind früher alle zehntpflichtig gewesen an das Kapitel in Wildeshausen, der Zeller Hoyer allein ausgenommen. Als alle Eingesessenen zur Gerichtsstätte gegangen sind, um den Zehnten dem Kapitel zu verschreiben, hat sich auch Hoyer dahin aufgemacht, aber unterwegs ist ihm der eine Holzschuh entzwei gegangen. Er hat somit umkehren müssen, um den zerbrochenen mit einem neuen zu vertauschen. Als er dann wieder auf dem Wege gewesen, sind ihm die übrigen Bauern entgegengekommen und haben ihm berichtet, daß die Zeit zur Verschreibung bereits verstrichen sei. So ist Hoyer frei ausgegangen.


Vgl. 527a, 508e.

f.

In Halen ist eine Kapelle. Als 1699 in Großenkneten der katholische Gottesdienst aufhörte, sollen hierher die kirchlichen Geräte gebracht sein. – Wenn die Emsteker früher die Halener necken wollten, dann sagten sie, letztere steckten ihre Hunde, wenn sie zur Draußenarbeit gehen und das Haus verlassen wollten, mit dem Hinterleibe zwischen zwei hinter dem Hause eingeschlagene Pfähle, die oben weiter auseinanderständen als unten. Die Hunde bellten dann unaufhörlich und hielten Diebe und Bettler fern. Vgl. 543a.

[343] De ropen Kerl bei Repke: 184h. De ropen Kerl von Goldenstedt nach dem Desum: 181a. Auf dem Wege nach Vechta spukt es: 185a. Wiedergänger: 183u. Mann ohne Kopf: 183u. Schwarze Kunst: 204bb. Katze als Spuk: 220a. Fresen Schlatt: 183l.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 541. Emstek. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-364D-5