Silvans Bibliothek
oder
Die gelehrten Abenteuer

Praetereas si quid non facit ad stomachum!

Mart.


Silvan kehrte nach drei unangenehmen akademischen Jahren in den Schoß seiner Familie und seiner Bauern, zum Herzeleide aller Hasen und Rebhühner, zurück und hatte kaum bei den auserlesensten ländlichen Feierlichkeiten, unter Abfeurung eines Mörsers, den Tilly auf seinem Rückzuge aus Sachsen in dem Dorfe zurückgelassen, und des sämtlichen Gewehrs aus der großväterlichen Rüstkammer, sich den Eid der Treue schwören lassen, als er schon den Antritt seines Regiments durch eine merkwürdige Tat verherrlichte. Er hatte sich auf der Akademie von verschiedenen Leuten sagen lassen, daß unter allen Möbeln eines Hauses eine Bibliothek die kostbarste und ansehnlichste sei und daß alle französische und englische Standespersonen, die ihre Geburt durch Verstand und Wissenschaft adelten, dergleichen auf ihren Landgütern aufzustellen pflegten; er beschloß augenblicklich, eine seinem Stande so gemäße Pracht nicht zu verabsäumen, und gelobte bei sich den Penaten und Laren sei nes Ritterschlosses, [9] sie nach einer glücklichen Zurückkunft mit einer Bibliothek zu beschenken.

Der Zufall begünstigte sein Gelübde. Einer seiner Vorfahren hatte aus dem nämlichen Grunde, der itzt seinen Abkömmling zum Ankaufe einer Bibliothek antrieb, sich genötigt gefunden, eine weitläuftige Orangerie anzuschaffen, und da der Ort unter einem sehr unfreundlichen Himmel lag, der kaum zu Korn und Erdbirnen die erforderliche Wärme hergeben wollte, so wurde er in die zweite Notwendigkeit gesetzt, ein dauerhaftes wohlverwahrtes Gewächshaus für ihren Winteraufenthalt zu erbauen. Es geschah; ein großes geräumiges steinernes Gebäude wurde errichtet und an seinen Wänden mit den sinnreichsten Emblemen und andern Zieraten geschmückt, die die schönen Geister der ganzen dasigen Gegend aufzutreiben vermochten; denn jedem, der während der Arbeit den Bauherrn besuchte, wurde die Verbindlichkeit aufgelegt, auf der Stelle ein Gemälde zu erfinden und es auf der Stelle nach seiner Anweisung ausführen zu lassen. Das Ganze bekam also einen gemischten Charakter von Unsinn und Einfalt, der es zum possierlichsten Originale der ganzen Malerwelt machte. Jakobs Himmelsleiter mit auf und nieder hüpfenden Engelchen figurierte neben einer Bellone, die mit aufgeblasnen Backen in eine Trompete stieß, an deren fransenreichen Banderole das Wappen des Besitzers prangte; gleich darauf folgte auf einem meergrünen Grunde eine Schweinsjagd mit Figuren in Lebensgröße; Orpheus in spanischer Tracht, wie er mit den lieblichen Tönen eines Hackebrettes große aufgehäufte Malter Brennholz hinter sich drein lockt; eine Tischgesellschaft, die den Geburtstag des Besitzers feiert, unter welcher mitten vom Tische ein stattlicher Schweinskopf hervorleuchtet, dessen Stirne der vergoldte Name desjenigen ziert, dem zur Ehre die Feier angestellt war; Jupiter mit dem Donnerkeile neben einer dicken[10] runden halbnackenden Viehmagd, der ihr gebietender Herr einen Kuß rauben will – weil dieses letzte Gemälde etwas obszen ausgefallen war, so hatte der Künstler auf ausdrücklichen Befehl, statt einen Vorhang vorzuziehn, die unehrbaren entblößten Teile mit den Fingern verwischt; der übrige große Raum war dem Stammbaume gewidmet, der in der Gestalt eines Palmbaums sich bis zu einem sternenvollen eisgrauen Himmel erhub und mit seinem Schatten eine Menge kleiner Gänschen erquickte, die ihre Eltern zu einem fischreichen Teiche führten, in welchem Karpfen und Hechte, nach Boileaus Ausdrucke, zum Fenster heraussahn.

Silvans Vater hatte, von einem ökonomischen Geiste beseelt, viel triftigere Bewegungsgründe in sich wahrgenommen, die ihm den Verkauf der Orangerie anrieten. Sie wurde verhandelt, und jenes herrliche Denkmal der Kunst, das Gewächshaus, blieb, um die Unkosten des Abtragens zu ersparen, müßig stehn.

In einem solchen Zustande fand es Silvan und hatte es den Tag nach seiner Rückkehr von der Universität kaum erblickt, als ihm sein Gelübde einfiel, und stehendes Fußes wurde der Schluß gefaßt, das unbeschäftigte Haus zu einem großen Endzwecke anzuwenden. Es wurde in zwo Hälften zerteilt: die eine zum Pferdestalle, die andere zur Bibliothek bestimmt. Man schaffte hurtig Bretter herbei, baute eilfertig Re-positorien, strich sie mit dem schönsten Himmelblau an und vergoldete jede Kante; in kurzer Zeit war die Behausung der Bibliothek instand gesetzt und alles zur Aufnahme der Gäste, die darinne herbergen sollten, zubereitet. Die schönen funkelnden Repositorien machten Silvanen ein so inniges Vergnügen, daß er beinahe darüber vergaß, zu wessen Ehren sie erbaut waren, nicht viel fehlte, so bekamen sie gar eine andere Bestimmung; doch endlich siegte sein alter Vorsatz: sie blieben, was sie sein sollten, und es wurde wirklich einem alten [11] Kandidaten, der die sämtliche junge Herrschaft vom Hause auf der lateinischen Folter herumgetummelt hatte und itzt als ein Emeritus des Hofmeisterlebens bis zur ersten Vakanz gefüttert wurde, der ernstliche Auftrag gegeben, aus allen Enden der Welt Bücher zusammenzukaufen; ihr Inhalt mochte sein, welcher es wollte – Sprache, Gegen stand, Alter, alles galt gleich –, wenn sie nur von einer Statur waren, wie sie die Höhe erfoderte, die der Tischler den Fächern zu geben beliebt hatte, in welchen sie aufgenommen werden sollten, und eine anständige reinliche Kleidung trugen, daß sie sich doch vor honetter Gesellschaft sehen lassen konnten.

Diesen zwo Bedingungen gemäß brachte der Kommissionar vor allen Dingen seine eigne Sammlung von Predigten, Postillen, Kommunionbüchern und andern ähnlichen Schlages hinein, weil sie so allerliebst in die Fächer paßten, als wenn sie dafür gewachsen wären. Darauf wanderte er aus, und was das erforderliche Maß hielt, wurde eingehandelt.

Eine drollichte Gesellschaft mußte auf solche Weise innerhalb vier Wänden zusammenkommen – so bunt, so gemischt, als sie auf keiner Redoute zu finden sein kann! – Eine Exegesis der Offenbarung drückte einen Anakreon in Quart, weil sie beide einerlei Länge hatten; Gellert verlor sich bescheiden unter der »Europäischen Fama«; Semler lag an Götzens Busen; Crusius umarmte Wolffen; Voltaire drängte sich an Beaumellen; Wieland wurde von zwo jungen philoso-phischen Abhandlungen über die Schultern angesehen; auf Geßnern lehnte sich ein teutsches Staatsrecht; Gleim und Jacobi wurden von einer ungeheuren Konkordanz mit Füßen getreten – weil der Foliant um etliche Zolle niedriger war als sein Nachbar, hatte man ihm, um alle Unregelmäßigkeit zu vermeiden, jene beiden Dichter untergelegt, die girrend unter dem dickbauchichten Körper ach! und oh! seufzten; doch [12] [15]wurden sie endlich aus der Sklaverei befreit und zu einer würdigern Stelle erhoben.

Die possierliche Vermischung hatte wenigstens den Nutzen, daß sie, wie das Grab, Leute in Nachbarschaft brachte, die sich im Leben ohne Balgereien nicht so nahe hätten kommen können, und zum ersten Male wohnten hier Gelehrte aus allen Fakultäten und Wissenschaften nebst Genies und schönen Geistern ohne Verachtung, Neid, Eifersucht und Zänkerei in friedlicher Eintracht untereinander; denn bekanntermaßen sondert man sie in andern Bibliotheken, zu Verhütung alles Unfugs, sorgfältig voneinander und läßt wenigstens nicht zween aus verschiedenen Fächern in eine Nachbarschaft geraten, die bald in die feindseligste Verachtung ausbrechen würde.

Insofern war Silvans Plan der vollkommenste in seiner Art: Er knüpfte das so lange zerrißne Band der Freundschaft zwischen allen Gelehrten zusammen. Doch das Schicksal muß seine Freude an gelehrten Faustkämpfen finden – ein höchst elender Geschmack! – Die Einigkeit hatte nicht vierzehn Tage gedauert, als der ganze Büchersaal in völligem Aufruhre war – alles stürmte, alles tobte!

Die Schuld war freilich wohl den Einwohnern des selben nicht allein beizumessen, sondern vielmehr der tückischen Schadenfreude eines finstern mürrischen Geistes, der über den ganzen polizierten Erdkreis herrscht und gerade wie die Götter Homers, die, wenn es ihnen am Zeitvertreibe und guter Laune fehlt, ein Tiergefechte unter den Menschen veranstalten und sich herzlich darüber freuen, daß die Menschen solche gute Narren sind und sich so hübsch zum Spaß und Kurzweile gebrauchen lassen – der, sage ich, gerade wie diese Majestäten des homerischen Himmels auf seinem bleiernen Throne sitzt und nichts tut, als daß er, wenn ihn die Langeweile einschläfern will, große und kleine Menschenkinder, [15] von jedem Stande und Berufe, mit einem zischenden Tone zusammenhetzt, auf welche Losung die guten Seelen niemals ermangeln, sich tapfer herumzubalgen, zu raufen, mit dem Degen, der Feder und allen Waffen, die nur in dem Zeughause der Rache und Feindschaft anzutreffen sind, sich bis auf den Tod ohne Schonung herumzuschlagen und dadurch jenem heimtückischen Geiste ein Späßchen zur Zeitverkürzung zu verschaffen. Man gibt diesem Tyrannen verschiedene Namen, doch der allgemeinste unter allen ist – der Geist der Kleinigkeit. Sein Reich ist so ausgebreitet, und seine Macht wird so allgemein anerkannt, daß er sich als den unumschränktesten Monarchen unsers ganzen Planetens betrachtet. Auf der Ottomane oder dem Sofa in dem Visitenzimmer sitzt er unter den Damen, bläst ihnen die ganze ärgerliche Chronik der Stadt in die Ohren, zieht ihre Lippen in ein spöttisches Lächeln über eine schiefe Frisur, hält Buch und Rechnung über Eroberungen, die sie nicht gemacht haben, oder streut statt der Schlummerkörner die einschläfernden Geschichtchen ihrer Küche und ihrer Domestiken auf sie hernieder. Er thront in den dicken Locken des Kanzelredners und tritt seine Lunge wie der Kalkant die Blasebälge, wenn er Ketzer oder Heterodoxe widerlegt; er nährt sich von Akten, seine Speise sind juristische und philosophische Di-stinktionen, seine köstlichste Delikatesse sind Varianten und notae variorum, Scholien und Glossen. Sein Tisch ist täglich mit den auserlesensten Floskeln des Kanzleistils, mit den schönsten teutschen Titulaturen in der besten Ordnung besetzt; sein ergötzendstes Schauspiel sind Prozessionen, langweilige Komplimente, einschläfernde Reden und Schulchrien, einfältige Intrigen der Liebe und der Politik, nebst dem ganzen Hof- und Staatszeremonielle, und er hat sich am trefflichsten ergötzt, wo er am öftersten gähnte. Er ist in der moralischen, politischen, gelehrten Welt, was in der physischen [16] die Luft ist: allgegenwärtig, alles durchdringend, zu fein, um von gewöhnlichen Augen gesehn zu werden, und auch dem besten Gesichte entwischt er oft. Jedermann wird von seinem Einflusse regiert, und wehe dem Verwegnen, der sich ihm widersetzt und ihn eine seiner Stellen zu entwenden sucht! Man muß ihn kennen, fühlen, wissen und – schweigen. Die meisten Bewohner unsers Erdballs beten ihn demütig als eine unbekannte Gottheit an und sind von einer schwachherzigen Gefälligkeit gegen seine Befehle so sehr angesteckt, daß sie es höchst verwegen finden würden, wenn ein ehrlicher Mann wohlmeinend sich die Freiheit nähme, ihnen ihre Torheit ganz nackt, ohne alle schimmernde Lumpen der Phantasie, mit welchen sie diesen Götzen anputzen, zum verdienten Spotte hinzustellen. So sei es dann! – Aber da die Herrschaft jenes unseligen Geistes so ausgebreitet ist, so ist es um desto weniger ein Wunderwerk, daß auch in Silvans Bibliothek sein Ansehn so viel vermochte. Im Vertrauen gesagt – viele feine Köpfe versichern, daß er überhaupt nirgends so eifrige Verehrung genießt als unter den Gelehrten; er ist ihr Götze, sagen sie; und – was ich im allergrößten Vertrauen sage! – unsre Nachbaren behaupten mit der frechsten Verwegenheit, daß nirgends seine Altäre so überall und von so aufrichtigen Opfern rauchen als in unserm lieben teutschen Vaterlande, das jederzeit neben den größten Gelehrten die größten Pedanten gezeugt hat. Auch tat der böse Geist wahrhaftig weiter nichts, als daß er mit seinem Stabe an die Türe von Silvans Bibliothek klopfte, ein einziges unverständliches Wort hermurmelte, und sogleich gerieten alle Bände im Büchersaale in eine stoßende Bewegung; kein einziger blieb ruhig, und wer es sein wollte, wurde durch die Unruhe seines Nachbars mit fortgerissen.

Dies war dem eklen Geiste nicht genug, er verlangte ein reizender Schauspiel und hatte ausdrücklich beschlossen, [17] sich diesen Tag an einer Ergötzlichkeit zu vergnügen, deren er seit langer Zeit nicht hatte habhaft werden können. Die Klotzischen Streitigkeiten und die Arlekinaden aller derer, die sich vor einigen Jahren unter uns berühmt zanken wollten, hatten seinen Geschmack etwas verwöhnt, und er war gegenwärtig mit keiner Lustbarkeit zufrieden, wenn sie nicht auf jenen Ton gespannt war. Daher gähnte er und konnte es unmöglich dabei bewenden lassen, solange die stummen Bände bloß aufeinanderstießen, sich drängten; ein so maschinenmäßiges Wackeln war für ihn ein nicht weniger langweiliger Anblick als dem erhabnen Statilius jedes Buch. Langeweile macht sinnreich; Statilius zählt, wenn er zu gähnen anfängt – welches jedesmal nach der dritten Zeile geschieht –, die großen Anfangsbuchstaben der Kapitel, und jener feindselige Geist besann sich, daß er auch ein Zaubrer ist, und machte ohne Verzug Gebrauch von seinen Kräften, um dem Spielchen mehr Anziehendes zu geben.

Er verwandelte durch ein geheimnisvolles Wort aus der kabbalistischen Gelehrsamkeit jedes Buch in seinen Autor, in Figuren von der Größe, in welche Milton seine Teufel zusammenschrumpfen läßt, um sie, ohne zu lügen, sämtlich ins Pandämonium quartieren zu können – eine komische Gesellschaft von Zwergfiguren! Hier guckte ein mürrisches, hagres Dichtergesicht aus einem Stutzerkleide, dort eine witzlose, geistleere Miene aus einer ehrwürdigen Perücke; hier sah ein Köpfchen, klein wie an einem Embryo, aus einem ungeheuren reichen, mit Flittergolde verbrämten Talare hervor, dort stund die schelmischste arglistigste Figur im schwarzen Rocke, Mantel und Überschlägen; da ein stolzer Schwachkopf in der Kutte des Strafpredigers, da ein leeres Gehirn im buntscheckichten Wams eines Freigeistes; oben saß ein Quacksalber mit einem langen, keilförmigen Titel [18] statt des Schildes auf der Brust, neben ihm ein theologischer Klopffechter, der in einer Hand statt des Spießes das System schwenkte, in der andern statt des Schildes die Bibel hielt; an seiner Seite stand eine Apothekerbüchse, die ein paar aufwallende, gärende Flüssigkeiten in sich enthielt, mit einer darauf gemalten Menschenfigur und einer quer darüber laufenden Aufschrift: Der Philosoph C ... – unmittelbar daran lehnte ein aufgedunsner Körper, mit juristischen Phraseologien so ausgestopft, daß sie aus allen Öffnungen hervorquollen, auf seinem Schoße saß ein wohlbeleibtes Männchen mit einem Titel statt des Lorbeerkranzes um die Stirn, unter welcher die undenkendste Miene eines Handwerksmannes saß, mit einer Feder in der Hand, die die Aufschrift hatte: Sic itur ad honores; um ihn lagen einige Truppe Philosophen und Dichter, die der Stolze, wie kriechende Insekten, verächtlich von Zeit zu Zeit übersah, um sie seine Größe fühlen zu lassen, und dann die Nase rümpfte, welches sie ihrerseits reichlich erwiderten. Auf einem Nachtstühlchen saß Quasimodogenitus und ließ sich, wie ein zärtliches Turteltäubchen, von einem Amor mit Mandeln und Rosinen speisen; ein Kritikus rieb neben ihm mit einer Drahtbürste die Politur und den Glanz von verschiedenen Büchern weg; ein anderer aus dieser Klasse maß mit Meßschnure und Winkelmesser Trauerspiele und Lustspiele, Romane und Gedichte aus und schüttelte unaufhörlich wie ein Beseßner mit dem Kopfe. – Im Winkel eines Faches saß ... und suchte die Krümmungen auf, die die Donau hundert Jahre vor Christi Geburt gemacht hatte, schnitzte Männerchen aus Holz von verschiedener Gestalt, strich sie an und stellte sie nach ihren Farben in genealogischer Ordnung; ein anderer, der mit pathetischem Tone die Abenteuer des Sem, Ham und Japhet erzählte, lachte heimtückisch über die ganze Reihe seiner Nachbarn, besonders über diejenigen, die ihm keinen Reverenz machten, er [19] sahe dabei so plump höhnisch aus, daß sein Gesicht schon eine höchst unangenehme Nachbarschaft war. Den größten Trupp machte ein Haufen feierlicher genieloser Geschöpfe, mit der finstersten Maske der Gravität auf dem Gesichte, mit der steifsten Ernsthaftigkeit im ganzen Betragen, in altfränkischer Kleidung; ein jedes darunter hatte eine Aufschrift auf der Brust, die den Namen seiner Grimasse anzeigte: Gründlichkeit, Demonstration, Tiefsinn, Melancholie, philosophischer Geist – ach, wer könnte das ganze Register von Namen herzählen, die sich die gelehrte Grimasse gegeben hat? – Delassare valent Fabium loquacem.

Auf einem solchen Fuße stunden die beiden Armeen, die itzt aufeinander anrücken sollten; ein Krieg zwischen Fröschen und Mäusen kann keinen komischern Anblick geben. Die Streiter waren schon so abgerichtet, daß sie, wie ein Paar Kampfhähne in England, kaum auf das Schlachtfeld traten, als sie schon mit Tumult und Lärmen sich anfielen. Der Aufruhr war so außerordentlich heftig und stürmisch, daß der präsidierende Geist ein Kopfweh davon bekam und in der größten Eilfertigkeit dem Spaße ein Ende machte, um sich nicht das Gehirn zersprengen zu lassen. Er stellte also durch ein Machtwort den Frieden wieder her – aber wie lange? – Die Heere zerstreuten sich wohl, balgten sich aus Furcht für Mißfallen nicht mehr; aber ein jeder Kämpfer fand, da seine Hände ruhen mußten, ein so gewaltiges Jucken in der Zunge und den Lippen, daß er ohne Unterlaß brummte und schnurrte wie ein zänkisches Weib, das gern zanken möchte und doch fatalerweise von ihrem kaltblütigen Manne kein einziges Mal gereizt wird; die ganze vorige Tapferkeit hatte sich in die Lippen gezogen, und die wackelten und wackelten! – daß endlich die Gottheit, die die Aufsicht führte, sich mitleidig entschloß, ihren Bewegungen und Konvulsionen der Lunge Luft zu machen, ehe sie zersprang. Er rief: »Redet!«, [20] und die trübste Miene heiterte sich bei diesem Befehle auf.

Das Gebot wurde befolgt, aber so tumultuarisch, daß der Kopf des Geistes nichts dabei gewann, als daß ihn vorher ein unverständliches Feldgeschrei und itzt vernehmliche Worte zerspalteten: Es war nur ein Tausch von Beschwerlichkeiten. Sie redten alle zugleich, jeder wollte den andern überschreien, jeder redte ein andere Sprache, jeder in einem hastigern Tone die ganze Tonleiter der Polemik hindurch, daß der Geist ungeduldig und voll Verdruß seinen bleiernen Kommandostab auf die Erde warf und laut ausrief: »Geht zum Teufel, ihr Schwätzer!« – Augenblicklich ward alles still.

Die tiefste Stille herrschte in dem ganzen Saale, aber nur auf einige Zeit. Bald störte sie ein Geschwirre, mit welchem hie und da ein paar Nachbarn sich ins Ohr zischelten, erst in einzelne laute Töne und dann in ein völliges lautes Gespräch ausbrachen. Am vernehmlichsten war die Unterredung zweier Figuren, worunter eine in eine braune römische Toga gehüllt war, an deren Säumen statt der Prätexta ein ansehnlicher Streifen Papier prangte, mit Kompilationen aus der Alten und Neuen Welt beschrieben; der andre trug ein schlechtes gewöhnliches Kleid, aber über der rechten Schulter hing ein Fragment von dem Mantel des Diogenes. Jener schüttelte gewaltig mit dem Kopfe, agierte alle Gebärden und Stellungen durch, die Cicero einem Redner in der Toga vorschreibt, und schien einen geheimen Kummer gegen seinen Gesellschafter auszuleeren, der ihn mit einem spöttischen Lächeln anhörte.

»Estne haec gens togata?« rief jener endlich laut und pathetisch aus, indem er ein hastiges Rückpas machte und ein armes Dichterchen, das hinter ihm stand und sich mit fröhlicher Geschäftigkeit aus properzischen, catullischen, ovidianischen [21] Phrasen ein allerliebstes Püppchen auspolsterte, zu Boden warf, daß er, sein Mädchen in dem Arme, über zehn Fächer auf die Erde herunterkollerte.

»Deutsch! wenn ich bitten darf!« unterbrach ihn der andre gelassen. –

»Sind das Gelehrte«, fuhr jener fort, »die itzt hin und wieder auf Kathedern sitzen, die Gründlichkeit unter die Füße treten und currente lingua etwas herschnattern, das sie Philosophie nennen? – Wo ist die goldne Zeit –«

»Lieber Mann, ereifern Sie sich nicht! Wir wollen friedlich ein Wörtchen miteinander sprechen. Was Sie goldne Zeiten zu nennen belieben, heiße ich eiserne.«

»Eiserne! Welche Lästerung!« – Der Geifer quoll ihm hervor.

»Ja, nicht anders! Von Ewigkeit her sind zween Menschen selten einer Meinung gewesen, und folglich können wir es ebensowenig sein: es ist eine Folge unserer Natur. – Wir wollen uns also vertragen; duldenSie, daß ich jene Zeiten eisern und nicht golden nenne, und ich verspreche Ihnen heilig, es ebenso gelassen zu ertragen, daß Sie sie golden und nicht eisern nennen.«

»Wissen Sie aber auch, welche ich meine?« –

»Ja, ja! – Da man gewisse festgesetzte Phrasen auswendig lernte und sie getreulich von Menschen zu Menschen fortpflanzte; da es in jeder Wissenschaft eine Orthodoxie und eine Ketzerei gab und wie bei der Religion zur Schande unsrer Zeiten noch itzt geschieht, 1 jede Partei diejenigen Ketzer schalt, die nicht ihrer Meinung waren, jede Partei allein, mit Ausschließung aller übrigen Menschenkinder, die Wahrheit [22] zu besitzen glaubte, wo man nicht denken, sondern glauben mußte; waren solche Zeiten golden oder eisern?« –

»Und was sind solche Zeiten, wo man so viel und so unsinniges Zeug denkt wie in den gegenwärtigen, wo man alles verkehrt?« –

»Sachte! Was verkehrt man? – Sind Sie Liebhaber von Fabeln? Die Alten haben ja auch Fabeln geschrieben; also werden Sie wohl geruhn, eine aus meinem Munde anzuhören. Wenn ich Ihnen mein Fabelchen erzählt habe, so frage ich Sie noch einmal – was verkehrt man? – und dann bitte ich mir gewisse Antwort aus.

Als Prometheus«, fing er an zu erzählen, »das erste Dutzend Menschen aus seinen schöpfrischen Händen ließ, so hielt er eine Anrede an sie, um sie von ihren künftigen Geschäften und ihrer Bestimmung zu unterrichten. – ›Lieben Söhne‹, sprach er – denn den männlichen Teil redte er zuerst an –, ›ich habe in euch Maschinen erbaut, die an Sonderbarheit alles übertreffen, sich nie völlig selbst kennen und doch vortrefflich ihre Wirkungen verrichten sollen. Ich stelle euch auf diesen Planeten und in euern Kopf einen Spiegel, auf welchen alle die Stückchen Elemente, die Jupiter hier rings um euch herum in der Figur von Bäumen, Steinen, von Luft, Wasser, von Vögeln, Hunden, Schafen und andren Dingen zusammengeballt hat, ein Bild werfen sollen, in welchem sich viele Verbindungen, Trennungen, Stöße – kurz, eingroßer Teil von den Veränderungen dieser um euch schwebenden Elemente abbilden sollen. Keiner unter euch, keiner unter eurer ganzen Nachkommenschaft – keiner unter allen den Spiegeln, die jemals Bilder von diesem Erdkreise auffangen, wird dem andern völlig gleich geschliffen sein: Eine Sache wird nie in einem völlig gleich abgemalt stehn wie in dem andern, und doch werden alle Geschöpfe, die mit einem solchen Spiegel versorgt sind, so handeln, als wenn auf eines[23] jeden Fläche die nämliche Vorstellung erschiene. Jenem auffangenden Spiegel gegenüber habe ich ein andres Glas von herrlicher Wirkung gestellt, ein Zauberglas, das von jenem den ganzen Vorrat von Bildern nach der Reihe aufnimmt und durch eine leichte zufällige Drehung, durch einen unmerklichen Schein jenes Spiegels augenblicklich alles in sich selbst wieder zum Vorschein bringt, was jemals in ihm gleichsam zur Verwahrung niedergelegt wurde. Noch habe ich hier in einem Behältnisse verschiedene kleine Teilchen hingelegt; sobald eins darunter auf euern Zauberspiegel springt, so wird eine Abbildung in ihm stehen; sie sollen in genaue Verwandtschaft mit der Zunge treten, sie soll ihr Werkzeug sein, ihr Überlieferer an andre euresgleichen. Mitten in euch habe ich ein Element gelegt, den feinsten unteilbarsten Teil des ganzen elementarischen Stoffes, aus welchem euer Körper und alles um euch herum zusammengesetzt ist, das Letzte, das nach aller Verwandlung, Zusammensetzung, Veränderung in dem Stoffe dieser Welt übrigbleibt, das selbst keiner Auflösung fähig ist – dieses Element soll die Aufseherin, die Regiererin von euch, sie soll euer Ich sein, das in sich alles vereinigt und von dem alle eure Handlungen Wirkungen sind, das von jenen Spiegeln annehmen muß, was sie ihm vorstellen, und oft Vorstellungen auf sie hinwerfenmuß, oft freiwillig hinwirft. Wie jene Spiegel nicht in euch allen auf gleiche Art geschliffen sind, die Sachen nicht auf gleiche Art abbilden, wie das, was ihr Worte nennen sollt, jene Teilchen, die ich der Zunge zu Gebietern gab, niemals ein bestimmtes Bild allein, sondern eine schwankende Mischung von verschiedenen, die sich wie die Farben des Regenbogens ineinander verlieren, in euern Spiegel hervorrufen werden, so sollt ihr nie dasselbe Ding auf dieselbe Art sehen und doch oft dasselbe auf dieselbe Art zu sehen glauben. –

Doch, so wahr ich Prometheus bin! – Ich habe eine Torheit [24] begangen! Ich wollte euch unterrichten, was ihr tun sollt, und ich lehrte euch, wie ihr es tun werdet. Wohlan! Hier gebe ich einem jeden unter euch ein Glas; reiset aus! Nach einem Jahre soll euch dieser Platz wieder vereinigen: Dann erzählt einander, was ihr gesehn habt!‹ –

Darauf stellte er sie, einem jeden nach einer andern Richtung, hieß sie fortwandern, und sie gingen.

Noch ehe sie ihn verließen, rief er ihnen zu: ›Dies sei euer und eurer Nachkommenschaft Geschäfte! Ein jeder wandre einen größern oder kleinern Teil dieses Planeten durch, sehe und sage, was er gesehn hat!‹

Nach einem Jahre kamen sie an den Ort ihrer Ausreise insgesamt zurück. Sie erzählten getreulich, was sie gesehn hatten; einige waren einander begegnet, einige Zeit miteinander gegangen, und so friedlich ihr Bericht anfing, so unruhig und stürmisch wurde er, als er an den Zeitpunkt kam, wo sie in Gesellschaft gereist waren. Ein jeder wollte andre Gegenstände, andre Begebenheiten gesehn haben, ob sie gleich alle eins gesehn hatten. Ein jeder stritt für seine Meinung und fand es höchst unbegreiflich, daß jemand eine andre haben konnte. Endlich wurde das Wortgezänke zum Fauststreite; sie faßten einander bei dem Halse, jeder wollte seinen Nachbar bestrafen, daß er nicht mit ihm übereinstimmte; in der Hitze des Kampfes verrückte sich bei einem jeden der Gesichtspunkt der Streitigkeit, und je mehr sich die Nägel mit dem Blute des Gegners färbten, je begieriger wurde man, ihn zum Geständnisse zu bringen, daß er unrecht habe, je mehr schlug einer auf den andern zu, um ihn zu zwingen, seiner gefaßten Meinung zu entsagen und die seinige anzunehmen, und zwar im völligen Ernste, weil jedes die seinige für die einzige Wahrheit hielt.

Indem sie mit dem heftigsten Zorne wüteten, näherte sich ihnen Prometheus und erschrak nicht wenig, als er seine [25] neue Schöpfung dem Untergange so nahe fand. Er brachte sie durch das nämliche Mittel, wodurch sie sich wechselsweise hatten überzeugen wollen, von ihrem blutigen Scharmützel zurück und hörte ihre Beschwerden an: Ein jeder legte den andern zur Last, daß er die Wahrheit nicht von ihm habe annehmen wollen.

›Lieben Kinder!‹ sprach endlich Prometheus, ›die Wahrheit! O wie wagt ihr es, auf dieses Vorrecht der Götter Anspruch zu machen! Nur den Göttern ist es verstattet, in dem Spiegel jener ewigen Göttin alle Dinge zu sehn, wie sie sind, und ihr sollt durch die Gläser, die ich euch gab, jede Sache sehn, wie sie euch durch euer Glas scheint. Kein Wunder, daß alleein Ding sahn und es doch einem jeden anders schien; denn jedes Glas ist anders geschliffen: manches verkleinert, manches vergrößert, manches ist hell, manches trübe. – Doch ich merke wohl, ich muß ferneres Blutvergießen verhüten; der größte Haufe eurer Nachkommen soll ohne diese Gläser in beständiger Dämmerung die Welt durchwandeln; nur einigen wenigen unter ihnen mögen ihrer anvertraut werden, sie sollen die übrigen lehren, was ihre Augen mit Hülfe der mitgeteilten Waffen entdeckt haben; die übrigen sollen ihnen glauben und durch Gewohnheit und Unterricht unmerklich zum Glauben gebracht werden und sich einbilden, gesehn zu haben, was sie doch nur lernten. –

Itzt trennt euch zum zweiten Male! In einem Jahre sprechen wir einander wieder.‹

Sie gingen, und jeder begab sich nach Prometheus' Anordnung in eine besondere Höhle. Hier setzten sie sich nieder, und von selbst, ohne daß sie wollten, stellten und ordneten sich die auf ihrer Reise gesehenen Dinge in Reihen und Klassen; aus den gesehnen Begebenheiten erwuchsen allgemeine Grundsätze und Regeln, und nach Verlaufe des anberaumten Termins erschien ein jeder auf dem Sammelplatze mit einer[26] fertigen Theorie in seinem Kopfe; allein da jeder verschiedene Dinge auf seiner Reise gesehn, jeder das, was alle sahen, auf eine besondre Art gesehn hatte, so trafen ihre Theorien so wenig zusammen als ihre vorjährigen Berichte; in einigen Grundsätzen waren sie eins, in andern himmelweit voneinander. Da sie aber durch die empfindliche Schiedsrichterkunst des Prometheus und ihre Wunden scheu geworden waren, so blieb es für dieses Mal bei dem Wortwechsel, über welchem sie ihr Befehlshaber antraf.

›Abermals im Zanke!‹ rief er, als er ankam. ›Ich lasse euch noch ein Jahr Zeit, um eure völlige Probe abzulegen.‹

Dieses Jahr brachten sie damit zu, daß sie eine neue Reise taten und unterwegs versuchten, Anwendungen von ihren gefundnen Regeln und Grundsätzen zu machen. Aus verschiednen Regeln mußte auch eine Verschiedenheit der Anwendung entstehen. Sie versammelten sich, und waren sie jemals uneinig gewesen, so waren sie es itzt. ›Wenn du das tun willst, so mache es so‹, sagte einer. – ›Nein, mache es so‹, sprach der andre und ebenso der dritte und die übrigen.

Prometheus versorgte sie mit Baumrinden und steinernen Griffeln und gebot ihnen, sich noch einmal in die Höhlen einzukerkern. Sie taten es: Ein jeder brachte seine Beobachtungen, seine Theorie, seine praktischen Regeln in Ordnung, grub sie in die Baumrinden und gelangte mit seinem System zu Ende des Jahres an dem Sammelplatze an. – Himmel, welche Verschiedenheit, als sie lasen! Da diese letzte Arbeit Mühe gekostet hatte, so wollte jedermann um soviel weniger seine Mühe vergeblich verschwendet haben; man bestand hartnäckig darauf, allein das wahre System zu haben, und es kam abermals zu Schlägen. Sie prügelten sich so lange, bis jeder seine Baumrinden und sein System an dem andern entzweigeschlagen hatte.

Indem kam Prometheus dazu, sahe die Trümmern der Systeme, [27] Trümmern von Haaren, die sie sich ausgerauft, Trümmern von Menschenfleische, das sie sich ausgerissen hatten; zween von den Fechtern lagen tot auf dem Boden, und die übrigen waren schon im Begriffe, einander die Kehle zuzudrücken.

›Ihr Elenden!‹ schrie Prometheus, voller Besorgnis, daß seine neue Schöpfung sich sogleich selbst wieder zerstören möchte, und setzte seine schiedsrichterlichen Fäuste in Bewegung, die noch Lebenden vom Untergange zu erretten. Sie sanken alle kraftlos auf den Boden; einem hing das ausgeschlagne Auge blutend über die Backen herunter; dem zweiten war das Gesicht von den Nägeln zerfetzt wie die Hinterkeulen eines tätowierten Otahiten; dieser war ohne Nase und jener ohne Ohren – genug, der arme Prometheus konnte die verunstalteten Werke seiner Hände nicht ohne Mitleid und Unwillen ansehn. Er wurde so grimmig, daß er sich zweimal schon gefaßt machte, den Rest seiner Schöpfung mit einer guten Keule vor den Kopf zu schlagen, um nicht durch ihre künftigen Händel sich, ihren Urheber, entehrt zu sehn; doch ein Gedanke von Vernunft und Überlegung brachte ihn jedesmal von seinem Vorhaben zurücke. Er hieß sie endlich aufstehn und sprach aus einem Überreste von Rache über sie und ihre Nachkommenschaft den Fluch: ›Nie müsse eure Nachkommenschaft dahin gelangen, ein allgemeines vollkommnes System der Kenntnisse aufzubauen, die ihnen ihr Aufenthalt auf diesem Planeten darbietet; ewig sollen sie sammeln und verlieren, ein jeder dem andern erzählen, was er mit Mühe von der Oberfläche der Dinge aufgelesen hat, und nie -‹, hier verstummte er, ergriff seine vier Söhne, stieß sie von sich und befahl ihnen, so weit zu laufen, als sie ihre Füße tragen würden, ohne sich jemals zu begegnen.«

Der Erzähler dieser Geschichte wollte eben, seinem Versprechen gemäß, die Frage, was verkehrt man nun? – wiederholen, [28] als dem Kompilator, der sie angehört, nicht verstanden und drum für eine alberne Fratze gehalten hatte, ein Männchen lachend über die breiten Schultern sah und lispelnd fragte: »Wissen Sie auch, was folgt?« – Der dicke Kompilator nahm so vielen Platz vom ganzen Fache ein, daß jener nicht, ohne Gefahr zu fallen, um ihn herumgehn und dem Erzähler der Geschichte auf sein Verlangen den Verfolg davon mitteilen konnte. Er nahm also hurtig die klügste Entschließung und kroch ihm durch die weit ausgebreiteten Beine. Darauf fing er, nachdem er seine Federmütze wieder in Ordnung gesetzt hatte, mit Verwunderung an:

»Sie wissen also den Verlauf nicht! -Jene vier fortgejagten Wandrer marschierten unaufhörlich fort. Das halbe Dutzend Mädchen, das Prometheus nebst ihnen hervorgebracht hatte, war indessen von der ersten Zeit ihrer Existenz an herumgeirrt, um etwas aufzusuchen, das ihnen nach der Foderung ihres Gefühls fehlte. Sie stießen einzeln auf ihre laufenden vier Brüder, und jede fühlte sich befriedigt, als sie den gefunden hatte, den sie fand; die beiden übrigen, die für die umgebrachten Märtyrer der Systeme bestimmt waren und also ewig umherwandelten, ohne das Verlangen ihres Herzens sättigen zu können, verwandelte eine erbarmende Göttin in Nachteulen, und sie, nebst ihren sämtlichen Nachkommen, tragen noch den Schmerz der ewigen Ehelosigkeit auf dem Gesichte, sie fliehen vor Scham das Tageslicht, und ihr Geschlecht wurde der finstre Vogel der Gelehrsamkeit, weil die ersten desselben, durch die unglückliche Systemsucht der für sie bestimmten Liebhaber, um Männer, Leben und Menschheit gebracht wurden.«

»Aber die verheirateten Jünglinge?« –

»Die Verheirateten? – gaben System, Theorie und alles auf und vergnügten sich aufs herrlichste mit ihren gefundenen Weibern, ohne den Fluch des Prometheus eben zu empfinden. Sie tändelten, [29] küßten, schäkerten und schäkerten sämtlich eine starke Nachkommenschaft heran. Nach einer langen Folge von Generationen führte der Zufall einige auf den Platz, wo die Brüder ihrer Vorfahren die Wahrheit ihres Systems mit dem Tode besiegelt hatten. Die Fragmente der zerschlagnen Baumrinden hatten wegen der magischen Kraft, die ihnen Prometheus mitteilte, sich die verfloßnen Jahrhunderte hindurch unversehrt erhalten; sie lagen mit ihren Aufschriften in dem nämlichen Zustande, in welchem sie hingeworfen worden waren. Sie fühlten eine geheime Sympathie, einen Zug nach diesen kostbaren Resten, huben sie auf, verwahrten sie heilig; sie wurden von Sohn zu Sohne überliefert; einer änderte hie und da einen Griffelzug, setzte hie und da einen hinzu, die Hauptsache blieb; man machte Abschriften; die Originale gingen verloren, bei jeder neuen Abschrift wurden, oft in der Absicht zu verbessern, oft aus Unwissenheit, oft aus Ungeschicklichkeit, Veränderungen gemacht und – Herr Doktor, das sind unsre Systeme – nur Fragmente, abgeschriebne Fragmente, die unter verschiedenen Veränderungen herumwandern, aus denen das Genie zuweilen ein neuscheinendes zusammensetzt oder auch von jenem Platze, wo das erste Blut dem System zu Ehren floß, ein bisher noch un-gesehnes herholt.« –

»Aber so fragte ich doch recht – bei einer solchen Bewandtnis –, was verkehrt man da?« – sagte jener, der zuerst die Erzählung angefangen hatte. »Und die Antwort darauf ist nichts!« sprach dieser, der sie geendigt hatte. –

»Nur denen verkehrt man etwas, die sich ein System kompiliert haben und es für die einzige Wahrheit halten.« –

Der Kompilator, der noch hinter ihm stund und dies für einen Stich hielt, der seine Ehre verwunden sollte, gab ihm bei jenen Worten von hintenzu eine Ohrfeige vom ersten Range und setzte seinen Arm zu einer zweiten in Bereitschaft, [30] als jener sich hinter seinen Nachbar schlich und Lärm blies. Weil die Nachbarschaft der witzigen Köpfe ihm die nächste war, so erschien auf sein Geschrei ein ganzer Trupp derselben, tanzend und singend, und rief wie betrunkne Musensöhne ein elendes, geschmackloses Pereat; nur einer, mit einer hervorstechenden vielversprechenden Miene, gebot ihnen zu schweigen, und sie gehorchten.

Er erkundigte sich nach der Ursache der Unruhe. »Hier, der Mann«, rief der Beleidigte, der die Ohrfeige empfangen hatte, »dieser aufgeblasene Kompilator, hat mich wie einen Unwürdigen behandelt, mich, der ich unendlich mehr Genie und gesunden Menschenverstand besitze, wovon ein Gran seine ganze Plunderkammer von kompilatorischer Gelehrsamkeit aufwiegt.« – »Sie haben recht«, zischelte ihm der Heerführer der witzigen Köpfe zu, ohne daß es der ehrwürdige Gegner hören sollte, der aber doch etwas davon erschnappte und darum hastig fragte: »Wie, der elende Unwissende hat recht? – Was! was sagen Sie da?« –

Eilfertig lief jener auf ihn zu. – »Sie wissen, wie hoch ich Ihre Gelehrsamkeit schätze; Ihre letzte Schrift war ein Meisterstück, voll herrlicher Zitaten und auserlesener Blumen der Wissenschaft.« – »Was kümmert mich das? Das versteht sich von selbst!« er widerte der Kompilator. »Ich will wissen, ob ich nicht recht habe! Und gleich« – hier wollte er seinen Lobredner bei dem Kragen fassen, aber er war unsichtbar geworden.

»Herr«, sagte er zu dem Manne, der über die erhaltne Ohrfeige nachdachte, und griff ihn bei der Brust fest an, »Herr, sagen Sie, daß ich recht habe, oder –«

»Wie ist mir das möglich?« sagte der andre schüchtern. »Ich bin ja Ihr Gegner, den Sie vorhin –«

»Nu, so kommen Sie! wir wollen kompromittieren« – und so riß er ihn mit sich fort. – »Der Mann dort soll unser Schiedsrichter sein. – Hören Sie, da! Habe ich nicht recht?« –

[31] Der Aufgerufne war einer von den Quartiermeistern des deutschen Parnasses, einer, der die sämtlichen Truppen des Apolls in Regimenter und Kompanien verteilt und Buch und Register darüber hält. Sobald er merkte, daß man ihm die Ehre der Entscheidung zugedacht habe, ward er ungemein freudig, rollte geschäftig seine Listen auf. – »Mit Erlaubnis, wie heißen Sie?« – Der Name wurde ihm genennt; er suchte, er suchte. – »Nein! Sie sind kein schöner Geist.« –

»Ach, Narr! ein schöner Geist! ein Gelehrter bin ich, ein großer Gelehrter!« –

Der Literator, ohne ihn zu hören, fuhr in seinem Suchen fort und sprach, als jener schon weg war: »Wenn ich nur wüßte, unter welcher Fahne Sie stehen, so sollten Sie gleich erfahren, ob Sie recht haben!« – Aber er blieb ohne Antwort und rollte deswegen bedächtig seine Listen wieder zu.

Kläger und Beklagter nahmen ihren Weg zu einem andern Richter und glaubten ihn in einem Manne gefunden zu haben, der ernsthaft in tiefem Nachdenken da saß. Die Parteien trugen ihre Sache vor. »Was ist besser«, fragte der Mann mit der Ohrfeige, »Gelehrsamkeit oder polierter Menschenverstand?« –

»Punkt!« rief der Richter, an den sie sich gewandt hatten, und machte einen mit dem Bleistifte aufs Papier. Darauf fing er an, von seinem Papiere abzulesen:

»Als Minerva aus Jupiters Kopfe hervorgegangen war, wurde sie von ihm der übrigen Götterschaft vorgestellt, und jedermann bewunderte und liebte sie als ein muntres gesprächiges Mädchen, als die liebenswürdigste unter allen Göttinnen; selbst Juno, so eifersüchtig sie sonst gegen jede Schönheit, jede lobenswerte Eigenschaft war, wenn sie jemand außer ihr besaß, konnte sich nicht enthalten, sie mit einem nachdrücklichen Kusse ihrer Gewogenheit zu versichern. Kein Gott im ganzen Olympe, der sie nicht anbetete! keiner, [32] der nicht von ihr lernte! Sie sprach mit einnehmender Freundlichkeit und nichts als gesunde Vernunft; was sie sprach, riß durch eine gewisse innerliche Kraft zum Wohlgefallen hin; es gefiel und überzeugte, weil es gefiel. Auch Mo-mus hatte nichts an ihr zu tadeln, als daß man ihr nicht widerstehen könne – so galant wurde seine Satire! Auf ihrem Gesichte lebte eine ernste gesetzte Heiterkeit, ein weises Lächeln auf den Lippen und in jedem Zuge des Gesichts; sie war sicher zu gefallen und bemühte sich also nicht darum; sie schimmerte nicht, denn sie wußte, daß sie reizte; sie wollte nicht einnehmen, denn sie wußte, daß sie entzückte; gleichwohl war in ihrem ganzen Betragen nicht die mindeste Spur, daß sie ihre Vollkommenheiten kannte. Ihr Selbstzutrauen war das edle Selbstzutrauen der großen Seele, nicht die blinde Zuversichtlichkeit des Stolzes. Sie sagte offenherzig, was sie dachte, und dachte nichts, was sie nicht sagen zu können glaubte. In der Wahl ihrer Freunde und Lieblinge war sie ekel: niemand erwarb ihre Gunst, der ihr nicht glich, den nicht wenigstens die Hälfte der Vortrefflichkeiten zierte, die er an ihr bewunderte; er mußte aus Überzeugung bewundern, wenn er ihre Bewunderung gewinnen wollte. Im kurzen wurde, ihr Freund sein, zum sichern Kennzeichen, daß man etwas wert war; jeder Gott beeiferte sich um die Ehre dieses Kennzeichens, und nur wenige erlangten es.

Die Unglücklichen, die davon ausgeschlossen wurden, denen also ihr Unwert so gut als an der Stirne gezeichnet stund, sannen auf Mittel, sich einem solchen Schimpfe zu entziehn. Sie beredeten eine von den Untergöttinnen, die der angebeteten Minerva zur Dienerin gegeben war, auf die Reden ihrer Gebieterin achtzugeben, alles, auch das geringste, getreulich zu merken, es aufzuschreiben, auswendig zu lernen, welches sie ihrerseits mit den Reden und Handlungen ihrer glücklichen Nebenbuhler ebenso hielten. Es geschah, und da [33] beide Teile einen genugsamen Vorrat gesammelt zu haben glaubten, so wurde die Aufwärterin mit allem möglichen Schmucke, falschen Diamanten, geschliffnem Glase – kurz, mit allem schimmernden Putze behängt, um den Mangel der Schönheit und des Reizes zu verbergen. In diesem blendenden Staate zeigte sie sich den Göttern; alle, die von ihrer Gebieterin verwiesen waren, liefen ihr zu, um vor ihren Füßen zu seufzen; dazu gesellte sich ein noch größrer Haufe von solchen, die ihre eigene Meinung so sehr bei sich selbst erniedrigte, daß sie nicht einmal das Herz hatten, auf Minervens Gunst einigen Anspruch zu machen. Sie krochen aus ihren Winkeln hervor, machten dieser geschmückten Marktschreierin ihre Aufwartung, wurden von ihr willig aufgenommen, so, daß ihre Wohnung in kurzem ein Asylum für den elendesten, schlechtesten Haufen und wie der Hain des Romulus mit Scharen angefüllt wurde. Auch liebten sie ihre Freunde so feurig als das kleine Häufchen von Minervens Anbetern; da die meisten unter jenen Leute mit stumpfem Gefühle und trockner Einbildungskraft waren, so mußten sie notwendig an dem bescheidnen stillen Reize Minervens weniger Geschmack als an dem ankündigenden prahlerischen gehäuften Putze ihrer Dienerin finden. Diese Betriegerin wurde stolz auf ihren Beifall und bekam endlich gar Neigung, Minerven um ihr ganzes Ansehn zu bringen.

Das Projekt gefiel ihrer Eitelkeit doppelt: teils, weil falsches Verdienst das wahre nie neben sich dulden kann, ohne sich erniedrigt zu fühlen, teils, weil sie allein alsdann die ganze Götterschaft zu Bewunderern zu haben hoffte.

›Leihe mir dein Haus!‹ sprach sie eines Tages zu Minerven. ›Ich habe ein großes Fest zu geben, und das meinige hat zu wenig Platz.‹Jene weigerte sich; diese wurde aufgebracht.

Sie dachte auf Rache; doch versuchte sie ihren Anschlag noch einmal durch Bitten; es gelang ihr; das Fest wurde gegeben. [34] Nach Endigung desselben verlangte die Besitzerin des geliehenen Hauses, daß sie wieder ausziehn sollte; sie schickte Boten über Boten; ›komm und vertreibe mich nebst meinen Freunden!‹ war die Antwort. Die beleidigte Göttin ging mit ihren Lieblingen, sich ihr Recht mit Gewalt zu verschaffen; aber wie konnten sie der ungleich größern Schar widerstehn, die das Haus besetzt hielt? – Alle Zugänge waren verschlossen, verriegelt, verrammelt. Sie mußte vor der Tür mit ihrem Häufchen stehenbleiben und noch obendrein sich von ihrer ungerechten Vertreiberin aus dem Fenster wie die schlechteste, niederträchtigste Gassendirne behandeln, schmähen, verachten, beschimpfen lassen. Sie ergrimmte und wollte einbrechen; aber der ganze Trupp der Feinde stürzte sich heraus und trieb sie mit Prügeln, Steinen, Stangen und Spießen fort. Einige wenige ihrer Helfer wurden gefangengenommen, andre gingen treulos von ihr zu den Siegern über, aber der größte Teil blieb ihr treu. Traurig ging der Rest in das kleine Häuschen zurück, das vorhin der Marktschreierin gehörte, und tröstete sich nebst der betrognen Göttin mit der Gerechtigkeit ihrer Sache.«

Der Mann legte sein Papier zusammen, und seine Erzählung wurde geschlossen. – »Wissen Sie den Verlauf Ihrer Erzählung?« fing der an, der mit dem Kompilator von dem Richterstuhl des Erzählers gekommen war. – »Ich will ihn erzählen; hören Sie nur!« –

»Aber woher können Sie den Verlauf einer Geschichte wissen, die meine Erfindung ist?« – fragte der Schiedsrichter.

»Woher? – Sie müssen wissen, daß ich der allgemeine Fortsetzer aller Schriften bin, die ihre Verfasser aus Überdruß oder weil sie erschöpft waren oder aus andern Ursachen unvollendet ließen. Ich weiß ihren Stil, ihre Manier, alles aufs genaueste nachzuahmen, und man müßte ein verzweifelter Kenner sein, wenn man den meinigen unterscheiden [35] wollte. Sobald die erwartete Folge eines Buchs nur um eine Messe außen bleibt, so ist ein gewinnsüchtiger Buchhändler an der Hand, der sich eine Fortsetzung von mir schmieden läßt, und selten widerfährt mir das Unglück, daß nicht der größte Teil des Publikums es als das echte Werk des wahren Verfassers bewundern sollte; bringen gleich etliche vorwitzige Kunstrichter endlich alle Leser von ihrem Irrtume zurück, was schadet's? – L'admiration du moment – der erste Taumel des Beifalls ist doch meine. – Sie sollen gleich einen Versuch hören.

Nicht lange genoß die unglückliche Göttin diesen elenden Trost; bald wuchs die Unverschämtheit ihrer stolzen Über-winderin so stark an, daß sie ihre ehmalige Gebieterin auch sogar aus diesem Zufluchtsorte verdrängen wollte. Sie hatte Lust, sich selbst für Minerven auszugeben, und mußte also die wahre entfernen, deren Gegenwart ein zu deutlicher Beweis wider ihren Betrug gewesen wäre und sie alles ihres Kredits hätte berauben können.

Sie stiftete deswegen ihre Verehrer an, sie mit guter Manier beiseite zu schaffen. Sie brachen des Nachts in Minervens Wohnung ein, schleppten die schlummernde Göttin heraus und übergaben sie dem hülflosesten Zustande.

Tages darauf berief die Unglückliche ihre Freunde zusammen, um sie in ihre Rechte wieder einzusetzen; ein Teil davon, als er sah, wie weit es gekommen war, machte weitläuftige Entschuldigungen und verhielt sich neutral; ein anderer war so treulos, sie nicht mehr erkennen zu wollen; kaum zween oder drei blieben ihr getreu. Sosehr sie von Hülfe entblößt war, so wagte sie es doch, mit dem Beistande dieser wenigen sich von der unrechtmäßigen Unterdrückung zu befreien. Sie wollte ihre Sache vor dem Throne des Jupiters führen; doch ihre Feindin hatte ihr durch tausend Mittel den Weg verlegt. Sie tat von Zeit zu Zeit Versuche; niemals [36] [39]konnte sie durchdringen; sie mußte sich sogar öffentlich in das Gesicht eine Betriegerin schelten lassen, die ihre triumphierende rechtmäßige Überwinderin aus Neid und Stolz zu verdrängen suche. – ›Bin ich nicht Minerva, die leibliche Tochter des großen Jupiters? Ist jene nicht eine Betriegerin, die mich durch die boshafteste List und Gewalttätigkeit aus meinen gerechten Besitzungen vertrieben hat?‹ – Man lachte und kehrte ihr den Rücken zu, und wo man weniger höflich, verachtete, stieß, warf, peitschte man sie fort.

Es war ihr nichts übrig, als daß sie geduldig sich ihrem grausamen Schicksale überließ, von fremder Wohltätigkeit lebte oder sich in die tiefste Einsamkeit mit ihren übrigen Freunden begab, um daselbst Leben und Schmerz zugleich wegzuseufzen. Sie wählte das letzte, ohne zu bedenken, daß sie aus unsterblichem Blute herstammte.

Ihre Unterdrückerin brüstete sich indessen mit ihrem schändlichen Triumphe; sie wurde angebetet und mißbrauchte die leichtgläubige Ehrfurcht ihrer Diener so sehr, daß sie alle in Furcht und Zittern versetzte. Sie gebot, wäre es gleich das unsinnigste Zeug gewesen – man mußte schlechterdings gehorchen oder für den Ungehorsam büßen.

Die Vertriebne konnte in ihrem erniedrigten Zustande auf keinen Verteidiger rechnen noch viel weniger selbst sich zu der Herzhaftigkeit erheben, ihre gekränkten Ansprüche geltend zu machen. Nach einer langen Verbannung, als der Gram ihr beinahe ihren eignen Wert unfühlbar gemacht hatte, ergriff einen ihrer Getreuen plötzlich ein edler Unwille; sein Feuer begeisterte die übrigen, und sie beschlossen, bis vor den Thron des Jupiters zu dringen und ihm zu entdecken, welche niederträchtige Betriegerin er itzt für seine Tochter erkenne. Ihr Anschlag gelang. Sie schlichen in das Schlafgemach des Vaters der Götter und Menschen und fanden [39] ihn, als er eben, den Kopf voll goldner verliebter Bilder, auf dem Sofa lag und von einem nächtlichen Besuche bei der schönsten Tochter Nereus' ausruhte. Er war in der herrlichsten Laune und darum desto geschickter, sich der leidenden Unschuld anzunehmen; seine Tochter, sosehr sie der Kummer entstellt hatte, besaß noch mächtige Reize genug, um ihm zu gefallen und das Bild seiner geliebten Nereide in ihm zu erneuern; ohne Beweis und Gegenbeweis erkannte er sie für seine Tochter und versprach ihr Hülfe. Er setzte sich es ernstlich vor; allein sein vorhabender Liebeshandel beschäftigte ihn zu sehr, als daß er Zeit und Muße zu einer kräftigen Unterstützung übrigbehalten konnte. Indessen wohnte doch Minerva in seinem Palaste, und jeder, der dem Jupiter die Aufwartung machte, tat ihr, wenigstens um des Jupiters willen, die nämliche Ehre an. Die Anzahl der wahren, überzeugten Verehrer nahm allmählich auch zu; aber gegen den überlegnen Haufen der entgegengesetzten Partei war ihr Trupp doch nur ein Chor Reichstruppen gegen eine große preußische Armee.«

»Sie haben meine Geschichte wahrhaftig gut geendigt«, fing der Schiedsrichter an; »ich bin zufrieden; aber können Sie meine Erfindung enträtseln? – Meine Geschichte ist die Geschichte der Gelehrsamkeit und des Menschenverstandes.« –

»Ei«, rief sein Fortsetzer, »das vermutete ich wohl! – Herr Gegenpart! Herr Kompilator! Wir sind entschieden!« –

Wo war der edle Mann? – Weit, weit fortgelaufen! Seine Einbildungskraft war viel zu sehr vertrocknet und von der Last seiner Wissenschaft daniedergedrückt, als daß er eine solche Erdichtung hätte anhören und etwas mehr als die Schale daran finden sollen: Der Kern muß solchen Herren in natura bloß nackt hingelegt werden, oder sie wissen ihn nicht zu entdecken; – es ekelte ihn für einer solchen unschmackhaften [40] Speise, er ließ gern seinen Gegner den Prozeß gewinnen und rennte in der Mitte jener Erzählung mit Brummen und Kopfschütteln davon.

Sein zurückgelaßner Gegner, der die Ursache dieser plötzlichen Verschwindung nicht merkte, glaubte, daß ihn das Bewußtsein seines Unrechts die Flucht angeraten habe, eignete sich den Sieg über ihn zu und wurde so mutig, seine Freude in ein lautes Triumphgeschrei ausbrechen zu lassen, welches eine Menge Neugierige um ihn her versammelte. – »Was gibt's? Was ist's?« waren allgemeine Fragen.

Unter allen drängte sich eine Figur mit einer spruchreichen Miene am nächsten zu dem Triumphierenden und fragte ihn mit abgemeßnem Tone um die Ursache seines Lärms, und als er sie von ihm vernommen hatte, rief er aus:

»Sie haben recht! Wir wissen zu wenig, weil wir zu viel wissen.«

»Welchen Sinn deckt diese Worthülle, Biedermann?« fragte ein kurzes, untersetztes Männchen, das in dem Korbe eines Arzneikrämers ägyptische, chaldäische und hebräische Rätsel und Sentenzen, große Büchsen voll von einer Mixtur, die die EngländerNonsense nennen und hier Philosophie überschrieben war, nebst vielen Gläsern, mit schwarzer Galle, dickem hypochondrischem Blute und Dampfe aus dem Schlunde des Delphischen Orakels angefüllt, am Halse trug, welches alles zusammen eine große Aufschrift an der einen Seite des Korbes unter dem Titel »Laune« ankündigte. –

»Welchen Sinn deckt diese Worthülle, Biedermann?« fragte er. – »Den richtigsten und unrichtigsten!« erwiderte jener.

»Wie gehe das, ehrlicher Freund?«

»Den richtigsten – wer ihn versteht, den unrichtigsten – wer ihn nicht versteht.«

– »Hab manchen Narrn schon gehört! – Sprich deutlich! Laß nicht in die Mäander des Witzes [41] dich herumwirbeln! Noch spiel mit deinen Hörern auf Senecas Grabe die blinde Kuh!«

»Ei, ei, Herr Ritter! Sagen Sie das sich selbst! Eine Lehre, die ihr Urheber selbst ausübt, ist ihrer zwei wert.«

»Was soll mir das, witziger Spitzkopf? – Wir wissen zu wenig, weil wir zu viel wissen! – Hör ich die Worte, stutzt mein Verstand; krabbeln um ihn herum wie Ratten und Mäus wie im Tuche, das dem heiligen Apostel vom Himmel heruntergelassen wurde, voll reiner und unreiner Tierlein.«

»Pah! Das ist ein Ton! – Lieber Mann! Eine Dose Nieswurz ist eine herrliche Blutreinigung für Kopf und Stil. – Doch die Erklärung ist die Krücke der Gedanken; ohne sie hinkt oft der schönste; wohl! Sie sollen eine bekommen! – Wir wissen zu wenig, weil wirzu viel wissen: Gute und schlechte Köpfe vor uns haben entdeckt, eingehandelt, angesammelt; das ganze Warenlager ist angefüllt, und niemand hat das Verzeichnis davon ganz inne. Die Gelehrsamkeit ist gegenwärtig ein weitläuftiges Behältnis von ausgegrabnem Erze: Kupfer, Gold, Eisen, Silber – alles übereinandergehäuft; es muß geschieden und so lange geläutert werden, bis das Hauptmetall reiner Menschenverstand, reine Vernunft, übrigbleibt – dieser Stein der Weisen, der letzte Zweck des philosophischen Alchimisten! – Wir wissen zu wenig – denn wir haben diese allgemeine reine Vernunft noch nicht gefunden; wir wissen zu viel- denn wir sind noch mit der Menge unbearbeiteter Materialien überhäuft. Wir müssen verlieren, um zu gewinnen; wir müssen wegwerfen, um zu erlangen; vergessen, um zu lernen; beschneiden, um die Säfte des Wachstums zu konzentrieren; Blut lassen, um desto gesünderes zu bekommen. – Wissen Sie die Begebenheiten des Königs Midas?«

»Was braucht's Begebenheit? Was kümmert mich der langohrichte Midas, weidlicher Antithesenmann? – Weiß [42] ohne Midas, was denkst. Noch sitzt auf dem Grabe der Vorwelt manch nasweiser Sohn des Teuts und grabt aus ihren modernden Gebeinen das Mark, daß die Nägel ihm schmerzen, und hat er herausgeholt den eiternden Rest, hält er verdrossen die Naslöcher zu vorm kostbaren Qualm und ruft: ›Herr, er stinket schon!‹«

Der andere Interlokutor konnte sich über dieses witzige Phantasieren so wenig des Lachens enthalten, daß er sich umdrehen und den Schwärmer in seinem Paroxysmus von Fieberhitze zurücklassen mußte. Bei der etwas flüchtigen Umdrehung stieß er auf einen langen, hagern Körper, der durch die schnelle Bewegung der Luft zugleich in einem kleinen Wirbel herumgerissen wurde. Als er wieder zu einem festen Stande gelangte, faßte er jenen, der ihm die Bewegung mitgeteilt hatte, ernsthaft bei der Hand. »Ich hörte Sie gegen jenen Aberwitzigen der Begebenheiten des Königs Midas gedenken; ist etwa ein neues Manuskript vom Könige Midas bei der neulichen Durchsuchung der pomptinischen Sümpfe gefunden worden? Hurtig sagen Sie mir das, daß ich darüber schreibe!«

»Ich weiß nichts vom Manuskripte noch von der Durchsuchung der pomptinischen Sümpfe.«

»Die ist gewiß, so gewiß, als die Sonne aufgeht, geschehn. Sie wollen – ich merk's wohl – zuvorkommen und behalten die Nachricht für sich. Offenbaren Sie mir alles! Ich schreibe darüber, und Sie sollen die Ehre haben, daß Ihr Name in der Vorrede als der Name des Mitteilers genennt wird.«

»Wenn es nun wäre, wollten Sie die Reise daran wenden?« »Beileibe! – Es ist genug zu wissen, daß es gefunden ist.« »Und ohne es gesehn zu haben?« – »Weiß ich viele Bogen davon vollzuschreiben! Ich habe von Kameen, von Basreliefs, von Onyxen, Achaten, vom Ringe des Polykrates und dem Kasten des Cypselus umständlich geschrieben, ohne eins mit[43] Augen erblickt zu haben. – Ist vielleicht gar ein Stückchen murrhinum gefunden worden? Ich behaupte zum voraus, daß es eine Scherbe von den murrhinis et onychinis ist, quibus Eliogabalus minxit – und an Beweisen soll mir's, so wahr ich lebe! nicht fehlen. Wenn man nur erst mit sich einig ist, was man behaupten will, so ist es unendlich leicht zu finden, wodurch man es behaupten kann; das müßte mir ein verzweifelter Autor in einer toten Sprache sein, dessen Worte sich nicht so künstlich drehen ließen, daß gerade der Sinn dar-inne liegt, den ich eben brauche.«

»Wenn Sie die Denksäule Ihres Ruhms aus Scherben von des Heliogabalus Nachttöpfen aufzurichten gedenken, so dauern Sie mich; denn man hat keine einzige noch gefunden, sowenig als ein Manuskript von der Geschichte des Königs Midas.«

»Woher haben Sie aber Ihre Geschichte? – Aus einem bekannten alten Autor ist sie nicht; denn diese weiß ich auswendig, und aus einem alten muß sie doch sein.«

»Warum das?«

»Was wüßten denn die Neuern, wenn sie es nicht aus den Alten lernten? – Kein gescheiter Gedanke, kein gescheiter Ausdruck, den sie nicht aus jenen Lehrern der Weisheit haben!«

»Ja, Sie sind nicht der erste, der dies gesagt hat – aber wenn Sie erlauben – die Meinung ist Vorurteil, Pedanterei, Mangel an Philosophie, an Kenntnis des menschlichen Geistes; man muß die Geschichte des menschlichen Geistes nur mit halbem blinzendem Auge übersehn haben, um ein so schiefes Urteil zu fällen.«

»Recht!« schrie hinter ihm ein andrer, der das Gespräch mit angehört hatte. »Hören Sie meine Meinung davon! Alle diese Kritikaster, diese gelehrten Handlanger werden sich nicht die Mühe geben und über Sachen denken, die etwas [44] mehr als Silben sind. – Die Alten sind vortreffliche Schriftsteller, doch nicht die vortrefflichsten, und da alle Vortrefflichkeit in dieser Welt relativ ist, so waren sie es für ihre Zeiten mehr, für die unsrigen weniger; neuere vortreffliche Schriftsteller, die nicht bloße Nachbeter und Nachäffer der Alten sind, müssen also vortrefflicher für uns als die vortrefflichsten Alten sein. Wenn ich billig bin, so setze ich sie, im allgemeinen betrachtet, in dem, dessen Schönheit von Zeiten und Sitten nicht abhängt, einander gleich, und wenn ich den Alten etwas zum voraus lasse, so sind es etliche Grane Originalität mehr – weil der Zufall das Stückchen Erdenkloß, aus welchem sie bestunden, sich tausend Jahre früher zum Leben entwickeln ließ. Wer seinen Becher unter hielt, als der erste Tropfen der Hippokrene aus dem Parnaß hervorquoll, hat vor denen, die hundert Jahre nach ihm ihr Wasser aus dem indes entstandenen Bache schöpften, gewiß keinen andern Vorzug, als daß er es hundert Jahre früher trank, und wer weiß, ob durch die Wirkung der Luft und die Ausdünstung das Wasser unter der Zeit nicht wohlschmeckender geworden ist, dahingegen das erste, was hervordrang, mineralischer sein konnte. – Und noch nehme ich den Neuern nicht alle Originalität, selbst da, wo sie ihnen schlechterdings nicht zuzukommenscheint. Shakespeare hatte Stellen, wo ein gelehrter Kommentator mit griechischen und lateinischen Sprüchelchen sonnenklar beweisen könnte, daß sie nichtsein sind, und doch ist es noch sonnenklarer, daß er sie weder Lateinern noch Griechen stehlen konnte, weil er ihre Sprache nicht wußte. – Les beaux esprits se rencontrent. – Nichts ist leichter, als daß zwei Kleider von ähnlichem Stoffe und ähnlicher Farbe einerlei Nuancen in gewissen Augenblicken bekommen und daß bei zween Geistern von ähnlicher Konstitution unter der Menge Ideen, die der Zufall in sie hineingeworfen hat, zween oder mehrere zusammengeraten, die [45] schon einmal in einem andern Kopfe zusammengetroffen sind; keiner bekömmt sie vom andern, sondern beide vom Zufalle. – Die Ideen, sagt ein platonischer Schriftsteller, die in dem ewigen Verstande, diesem allgemeinen Behältnisse alles dessen, was Idee heißt, verwahrt liegen, verteilte der Aufseher der Welt unter die vernünftigen Geschöpfe der verschiedenen Planeten; jeder Planet empfing eine gewisse Anzahl, die er nicht übersteigen kann. Auf dem unsrigen – denn die Geschichte der übrigen ist uns unbekannt – wurde die Aufsicht über das für uns bestimmte Paket dem Zufalle anvertraut. Er streute sie aus und befruchtete mit ihnen die Keime aller menschlichen Geister; und was können also menschliche Geister tun? – Eine gewisse mitgeteilte Quantität von Ideen auf verschiedene Art zusammensetzen. – Einerlei Ideen haben wir alle, die Elemente unsers Denkens sind so gewiß in allen Geistern die nämlichen als die Elemente einer amerikanischen und norwegischen Pflanze; nichts macht unter Geistern den Unterschied, als – die größre oder kleinere Anzahl, die der Zufall ihm von der ganzen Masse der für das menschliche Geschlecht bestimmten Ideen mitzuteilen beliebte, und die mehrere oder geringre Mannigfaltigkeit ihrer Zusammensetzungen. – Worinne können nun die Alten von den Neuern unterschieden sein? – Die Antwort geben Sie sich selbst!« –

»Und diese soll vermutlich zum Vorteile der Neuern ausfallen?«

»Zum Vorteile keiner Partei! – Die Alten hatten schlechte Schriftsteller wie wir; es sind von dem Zufalle, diesem Despoten des Ruhms, vortreffliche und mittelmäßige Schriften aus ihrem Zeitalter aufbehalten worden; ihre besten Schriftsteller haben gute und weniger gute Schriften hinterlassen, und selbst an ihren besten Produkten ist nicht alles gut – nämlich das nur verstanden, was unter allen Himmelsstrichen und [46] Völkern gut und schön ist! –vorausgesetzt, daß es ein solches Schöne und Gute gibt, das, wo nicht Illusion, doch an Anzahl wenigstens sehr gering ist. – Was einem Griechen oder Römer nur als einem solchen gefiel, kann kein Deutscher oder Franzose beurteilen – wohl aber sagen, daß ihm, als Deutschen, als Franzosen, ungleich mehr in den Neuern als in den Alten gefällt. – Widersinnig ist es also, die Alten zu Göttern erheben wollen, die allein das Vorrecht hatten, ohne Fehl und Makel zu sein, ein elendes Vorurteil, das sich unter den Gelehrten, wie die Märchen unter den Ammen, fortpflanzt, das jedermann nachbetet, und der am meisten, wer am wenigsten selbst darüber gedacht hat. Ein Artikel aus der geheimen Rockenphilosophie der gelehrten Welt, die so stark und ungleich stärker ist als die Rockenphilosophie der Spinnweiber! – So gewiß ist es, daß der Mensch -Mensch bleibt im flanellnen Unterrock und dem seidnen Jupon, in verstutzten Haaren und der Allongenperucke, im Korchete und der Robe, unter der Pelzmütze und dem Doktorhute; allenthalben ist Vorurteil sein Tyrann, nur in verschiedner Gestalt – und nirgends so häufig als unter Gelehrten.« –

»Herr, Sie reden frisch von der Leber weg!« rief einer ihm über die Schultern zu.

»Ja«, antwortete er, indem er sich zu ihm kehrte, »das ist meine Art! Ich kündige allen Vorurteilen allgemeine Fehde an: Wo ich eins erblicke, schwillt mir gleich Blut und Galle auf; ich fühle mich mit Tapferkeit begeistert, wie ehemals ein tapfrer Ritter, wenn er einen Drachen sah; mein ungestümes Feuer reißt mich hin, ich muß zuschlagen, ich muß kämpfen, ich muß die Wahrheit sagen oder ersticken und dann – à bon entendeur salut!« –

»O um des Himmels willen«, sagte der andre, »reden Sie nicht laut, daß niemand sich umsieht und gewahr wird, daß ich neben Ihnen stehe!« –

[47] »Warum das?« –

»Sie sprechen zu frei, und wenn man hörte, daß ich mit Ihnen rede, könnte man leicht auf den Argwohn kommen, mich in Ihrer Klasse zu suchen, und, behüte der Himmel! man könnte glauben, daß ich so frei gesprochen habe.« –

»Wäre Ihnen das Schande?« –

»Bewahre! so viele vornehme, reiche, gelehrte Leute zu beleidigen! Ihnen die Wahrheit zu sagen –«

»Die sie sich selbst niemals sagen und doch höchst nötig zu wissen brauchen!« –

»Nur sachte! Ich bitte Sie inständigst! – Wer wird denn mehr Verstand und Einsicht besitzen wollen als diese Großen, Vornehmen, Reichen, Gelehrten, Geehrten« –

»Elender, ist denn groß, vornehm, reich, gelehrt, geehrt sein mit Verstand und Einsicht besitzen eins? Sie denken sklavisch, niedrig, klein, wenn Sie so denken.« –

»Ich flehe Sie, ich beschwöre Sie, nur sachte! Leise! Sie bringen mich noch ins Unglück.« –

»Du feiger Hase! So will ich denn schreien, daß alle Ohren im Himmel und auf Erden davon erklingen sollen: Du bist ein feiger, niedriger, kleiner, nichtswürdiger Geist! Ein Mann ohne Kopf, weil du kein Herz hast!« –

Wirklich rief er auch diesen Panegyrikus in einem so lauten Tone aus, daß wenigstens der ganze Saal davon erzitterte, wenn die Erschütterung gleich nicht seinem Versprechen gemäß zum Himmel reichte. Alles kam haufenweise auf ihn zugelaufen, um den Mann zu sehn, der seinem Nebenchristen so deutlich und verständlich sagen könne, wieviel er wert sei. Die zudrängende Menge wuchs so stark an und machte den Platz so enge, daß das schüchterne Männchen, das er der öffentlichen Beschimpfung bloßstellen wollte, die Gelegenheit erwischte, sich wegzustehlen, ob er gleich von dem Wahrheitsager fest bei dem Rocke gehalten [48] wurde. Er entkam glücklich und versteckte sich, als man ihn aufsuchte, hinter Reineken den Fuchs, auf welchem Gottsched, statt eines Sessels, in lang ausgestreckter Majestät dasaß.

Durch diesen Zulauf, der eigentlich nur eine Befriedigung der Neubegierde sein sollte, wurde der Wahrheitsager, weil er ihn für Beifall hielt, so heftig angefeuert, daß er sich vornahm, seine strafpredigende Tapferkeit auch an der Menge zu versuchen, deren Aufmerksamkeit ihn itzt in seinem vorgeblichen Berufe aufmunterte. Im Grunde wurde er wahrhaftig, wie er sich einbildete, von dem ganzen Zirkel um ihm herum bewundert, seine mutige Freimütigkeit gelobt und der ganze Mann für einen großen Geist, weil er solche feine, vortreffliche Bemerkungen fremder Fehler zu machen wüßte – und für einen edeldenkenden Menschenfreund ausgegeben, weil er bittre Wahrheiten ganz ohne Scheu und Furcht aus dem Herze heraussagte. Wenn der gute Wahrheitsager nach keiner größern Ehre gegeizt hätte, als deswegen gelobt worden zu sein, weil er seinen Zuhörern und Zuschauern das edle Vergnügen verschaffte, einen ihrer Mitbrüder einige Zeit unter sich herabzusetzen, so hätte er froh und zufrieden mit dem eroberten Anteile von Lob und Bewunderung in der Stille sich wegbegeben sollen; aber so wählte er eine unglückliche Partie: Sein Ruhm sollte wachsen, und er schwand ganz weg.

»Ihr lacht«, rief er seine Zuhörer an, »über die Verspottung dieses Elenden, der meinen Händen entwischt ist? – Habt ihr mehr Herzhaftigkeit, die allgemeinen tyrannisierenden Vorurteile, diese hundertköpfichten Drachen, zu bestreiten? – Gewiß nicht! denn ihr schleppt selbst ihr Joch. Wollt ihr zur Ehre unsers Jahrhunderts nicht an euch selbst den Anfang machen, euch aus einer Leibeigenschaft herauszuarbeiten, die nur eine Begleiterin der Barbarei sein darf?« – [49] Der Kreis seiner Zuhörer fing allmählich an zu schmelzen. –

Er fuhr ungehindert fort: »Beherrscht euch nicht allgemein die barbarische Verachtung, mit welcher jedermann die Wissenschaft, die Geschicklichkeit erniedrigt, die nicht die seine ist? – Wie niedrige Handwerker, die, auf das Interesse ihrer Innung eingeschränkt, mit kurzsichtigem Blicke das allgemeine Band der Nützlichkeit übersehen, das sie insgesamt an die menschliche Gesellschaft knüpft, verachtet der Philosoph den Rechtsgelehrten, der Rechtsgelehrte den Dichter, der Dichter den Rechtsgelehrten, der Mann von Geschäften den Gelehrten vom Handwerke, was dieser seinerseits reichlich erwidert – kurz, schätzt nur Mitglieder seiner Klasse und verschmäht mit handwerksmäßigem Ekel alle, die nicht dazugehören.« –

Der Zirkel seiner Zuhörer bekam hier eine so große Verminderung, daß kaum noch eine einfache Reihe übrigblieb. –

Demungeachtet setzte er seine Rede mutig fort: »O legt ein Vorurteil ab, das euch den untersten Ordnungen der Menschheit gleichsetzt, euch, die ihr so gern über alle erhaben sein wollt! Bedenkt, daß der Mensch nicht bloß darum auf diesen Planeten gepflanzt ist, um zu wissen und zu sammeln, was Geschöpfe seiner Art vor ihm dachten, empfanden, taten. Nein, ihm wurde dieser große Garten zu bewohnen gegeben, um aus den allenthalben ausgestreuten Keimen des Vergnügens die Pflanze der Glückseligkeit aufzuziehn, und weil kein Gewächs sich in so viele Gattungen und Arten teilt als dieses, so sind auch eine unendlich vielfältige Menge von Wartungen nötig, um eine jede nach der Anlage des Bodens, wo sie wachsen soll, ziehen zu können, und gewiß, der Stoff unsrer Erdfläche kann nicht so mannigfaltig, so abwechselnd sein als die Anlagen menschlicher [50] Geister; das wißt ihr insgesamt, und doch achtet ihr diesen Willen der Natur nicht, sondern mit pedantischem Stolze –«

Plump! fiel der ganze Rest seines Auditoriums über ihn her, sobald er nur die letzten zwei Worte ausgesprochen hatte, warf ihn zu Boden und prügelte ihn mit vereinten Fäusten weidlich durch; darauf gingen sie gravitätisch fort und ließen ihn liegen.

Er war übel zugerichtet und brauchte höchst nötig einen kleinen Trost, den ihn die feste Überredung, um der Wahrheit willen gelitten zu haben, reichlich verschaffte. Er setzte sich in eine bequeme Positur und erzählte sich zur Stillung seiner Schmerzen folgende Fabel:

Der Affe besaß ehmals das Talent der Nachahmung in einem viel höhern Grade als gegenwärtig; alle Handlungen und Gebärden der Tiere drückte er in der komischsten Kopie aus. Jupiter hatte ihm ausdrücklich diese Geschicklichkeit mitgeteilt, um durch seine lächerlichen Vorstellungen die zufälligen Fehler seiner Geschöpfe zu bessern, die er sich ohne eine neue Schöpfung nicht zu heben getraute.

Der abgeschickte Grimassierer trat sein Amt an; er agierte dem Löwen die plumpen Manieren des Kameles, dem Tiger den stolzen Ernst des Löwen, dem Esel die grinsende falsche Freundlichkeit des Tigers, dem Pferde die stupide Langsamkeit des Esels, dem Panthertiere den Übermut des Rosses auf sein Geschlecht – einem jeden den Fehler des andern vor, und er wurde von jedem bewundert, belacht, geliebt. – Der Affe ist das klügste Tier der Schöpfung, sprach jedermann, das besserndste, lehrreichste Geschöpf!

Endlich geriet er, um seiner Pflicht alle Genüge zu tun, auf den Anschlag, eine Universalkur mit dem ganzen Tierorden vorzunehmen. Er stellte sich auf einen Berg und berief alle zu dem Schauspiele zusammen. Niemand, der außenblieb! Niemand, [51] der sich nicht die angenehmste Unterhaltung versprach!

Der Schauspieler stellte das Fehlerhafte, das Lächerliche einer jeden Tiergattung mit der lebhaftesten Pantomime vor: Niemand lachte, alles wurde ernsthaft. – Er glaubte, seine Aktion sei zu matt, und gab ihr mehr Leben: Man wurde bis zum Sauersehn ernsthaft. Er spannte alle Nerven seines Talents an, und man ging allmählich gar fort.

Bei einer zweiten Vorstellung war die Zahl der Zuschauer um ein großes vermindert, bei der dritten noch mehr, und bei der vierten war gar niemand.

Unter Tieren war seine Nützlichkeit vorbei; er wagte sich an den Menschen, ging die nämliche Stufen durch und hatte die nämlichen Schicksale, ausgenommen nur, daß er gleich bei der ersten allgemeinen Versammlung mit blutendem Gesichte und zerschlagner Hirnschale, neben seiner Schaubühne liegend, zurückgelassen wurde.

Kaum waren seine Wunden geheilt, als ihn seine komische Laune von neuem überfiel; von allen Klassen der Geschöpfe war er bewundert, verachtet und gemißhandelt worden, niemand war übrig als Jupiter selbst, den er zufälligerweise, da er eben um Stoff für seine Satire verlegen war, auf einem seiner verliebten Kreuzzüge antraf. Er trat zu ihm, spielte dem verwunderten Zeus seine ganze ärgerliche Liebeschronik vor, der Gott sah ihm ernst zu und sagte endlich: »Du brauchst dein Talent nicht mehr; ich sehe, daß meine Kreaturen nichts besser dadurch werden« – und sogleich schränkte er seine Fähigkeit in die engen Grenzen ein, die ihn noch itzt zum bloßen elenden Nachäffer machen.

Der Gedankenstrom des Wahrheitsagers war ihm ohne seine Überlegung von selbst in dieser Richtung herabgelaufen, und er stutzte nicht wenig, als er in seiner Fabel eine Moral erblickte, die niederschlagender als tröstend für ihn sein [52] mußte. Er hub sich bedächtig auf und schöpfte daraus die gute Warnung, in seinem Predigen der Wahrheit etwas vorsichtiger zu verfahren. Mit diesem Vorsatze begab er sich auf den Weg, denn sein tätiger Geist verstattete ihm keine längre Ruhe.

Er ging, und gleich stieß seinem aufmerksamen Beobachtungsgeiste eine Gesellschaft von seltsamen Figuren auf, die sich mit den bewundernswürdigsten Kapriolen sehen ließen: Hier tanzte einer auf dem Kopfe, dort schwenkte sich ein andrer in einem Rade, der drehte sich mit verbundnen Augen auf einer Degenspitze herum, jener lief mit bloßen Füßen über ein glühendes Eisen, einer schwatzte einen altfränkischen Jargon unter den possierlichsten Konvulsionen, ein andrer machte Seifenblasen und haschte darnach; auf einem Gerüste, das dem Theater eines Zahnarztes nicht unähnlich sah, lagen ein Haufen Harlekine, die deutschen Wörtern Kopf und Schwanz mit den Zähnen abrissen, mit großen Holzsägen die Vokalen heraussägten und die Wunde mit einem Apostrophe überklebten. –

»Himmel!« rief der Wahrheitsager glühend, »was macht dieser Haufe?« –

»Wir machen Originalwörter!« schallte ihm entgegen.

»Und was ihr!« sprach er wie versteinert zu einem Truppe, der in schwarzen Kleidern herumschlich, mit Blut und Eiter besprützt, große Henkersschwerte an der Seite und Pokale voller Gift in den Händen, die sie einander taumelnd zutranken. –

»Was macht ihr?« –

»Trauer- Blut- Mord- Henkerspiele; unsre Nahrung ist Gift; jeder von uns muß täglich einen solchen Becher voll auf die Gesundheit aller derer ausleeren, die wir in unsern Schauspielen umgebracht haben. Wir haben in einem Jahre in unsern Dramen die ganze Geschichte gewürgt, und kein [53] Mann von einiger Beträchtlichkeit ist ehemals gehängt oder geköpft worden, den wir nicht noch einmal auf dem Theater vom Leben zum Tode gebracht haben. Um den Zuschauer nicht die Augen ganz trocken weinen zu lassen, so machen wir unsre Personen meistens zu solchen Schurken und Teufeln, daß es niemanden sehr dauern kann, wenn solche schändliche Brut haufenweise niedergemetzelt wird. Wir wollen es in kurzem dahin bringen, daß kein Mensch, der Geschmack und menschliche Empfindungen hat, vor Furcht und Schaudern einen Fuß in ein deutsches Schauspielhaus setzen soll.« –

»O ihr Könige und Fürsten Deutschlands!« rief der Wahrheitsager mit erhabnen Händen, »laßt doch jeden eurer Untertanen die Hälfte seines Ackers mitNieswurz besäen!« – Auf ähnliche Arten war ein ganzer Trupp beschäftigt, wovon jeder den andern durch gefährlichere und sonderbarere Sprünge und größre Narrheiten zu übertreffen suchte. Ein Mann stand neben ihnen und klatschte unter den heftigsten freudigsten Ausrufen ihnen seinen Beifall zu.

»Lieber Herr«, fragte der Wahrheitsager, »was für Luftsprünger sind das, die Sie mit Ihrem Beifalle so freigebig beehren, und wer sind Sie?« –

»Ich – nenne mich Rezensent H ... und bin ein Ästhetiker, und diese Herren – sind Originalgenies, dieSie nicht durch jene verwegne Benennung beleidigen sollten – Sie, der Sie ohne die mindeste Originalität gerade auf zwei Beinen wie alle Menschen einhergehn!« –

»Und was ist Ihre Verrichtung bei diesen –«

»Ich habe acht«, fiel ihm der Rezensent ein, »und sobald ein neuer Stern an dem Horizonte der Originalgeister aufsteigt, so verkündige ich mit lauter Stimme: Sehet, abermals ein Originalgenie, abermals ein Stern der ersten Größe!«

»Sie sind also der Türhüter bei dem Himmel der Originalgeister [54] und lassen vermutlich den am liebsten hinein, der Sie am stärksten in die Augen schlägt –«

»Wie verstehn Sie das?« fragte der andre etwas hitzig. »Ist das ein Tusch? – Herr, ich habe meinen Studentendegen noch – wenn Sie viel schwatzen! – Morgen um 9 Uhr in dem Büschchen –«

»Nicht zu hitzig, liebes Kind! – Die Waffen des Gelehrten sind Vernunft und Räsonnement, weder Degen noch Pasquille noch Grobheiten noch Persiflagen; diese gehören Narren und elenden Köpfen. – Kommen Sie! Lassen Sie uns über Ihr Amt räsonieren! – Sie sind der Taxator der Originalität? – Was nennen Sie ein Original? – Ich kann Ihnen aus gültigen Gründen beweisen, daß die Originalität ein eben so schwankendes, relatives Ding ist als Neuheit, Schönheit und alle andere Dinge dieses Planetens – eine Idee, deren Gestalt in jedem Kopfe ändert, der sie beherbergt!« –

»Sie sind ein wunderbarer Mann! – Hat nicht jedermann das Wort im Munde?« –

»Und eben darum die wenigsten im Verstande! – Gestehen Sie mir! Für Sie ist derjenige original, der Sie, wie ich vorhin sagte, am schärfsten in die Augen schlägt – oder, mit gewöhnlichern Worten, der Ihnen den meisten Staub in die Augen wirft!« –

»Den will ich sehn, der mir das beweisen soll! – Mein Herr, Sie hätten Ursache, etwas bescheidner zu sein.« –

»Geben Sie mir ein Beispiel! Denken Sie so bescheiden von sich, daß Sie sich irren können, und wenn ich Ihnen bewiesen habe, daß Sie sich geirrthaben, so will ich so bescheiden sein und kein Wort mehr hinzutun. – Zur Sache! – Wie wird das Genie gebildet? – Die Natur gibt einem Menschen ein Gehirn, begabt mit einem lebhaften Vermögen, Ideenanzunehmen und sie häufig, schnell, mannigfaltig zusammenzusetzen, und stimmt alle Nerven, alles, was nur mit den Verrichtungen [55] des Genies in einer Verbindung steht, auf einen Ton, der sie befördert, erleichtert, beschleunigt. Von der Zeit an, wo ein solches Gehirn unter der Bedeckung eines Hirnschädels an die Luft hervorkömmt, wird es mit Ideen angefüllt; je schneller, je leichter, je häufiger dieser Vorrat eingesammelt wird, je hurtiger, vielfacher, ungewöhnlicher die Ideen zusammengesetzt werden, desto mehr Genie ist das Gehirn. – Woher empfängt es aber seine Ideen? – Ich weiß nur zween Kanäle: entweder von den Gegenständen und Begebenheiten um ihn, das heißt aus eigner Erfahrung, oder aus Büchern, aus der Erfahrung andrer. Alle Zusammensetzungen, die das Genie mit den empfangnen Ideen vornehmen kann, sind im Grunde Kopien von den verschiedenen Arten der Zusammensetzung, in welcher wir unsre Ideen durch jene zween Kanäle erhielten. Jedes sogenannte Originalbild des Dichters, jeder Charakter, jede Situation, jede Begebenheit in den Werken des theatralischen Schriftstellers, hat im Grunde in der Erfahrung des Verfassers oder in einem von ihm gelesenen Buche etwas Ähnliches, wonach es gebildet ist, ist im Grunde eine Nachahmung. – Was ist nun original? – Eine solche Zusammensetzung der Ideen, solche Charaktere, Situationen und Begebenheiten, wovon derjenige, der sie liest, die Urbilder nicht weiß, deren Nachahmungen sie sind; also muß derjenige Schriftsteller für den Leser original sein, der seine Erfahrungen nicht kennt und seine Bücher nicht gelesen hat, und da gegenwärtig die Bücher dem Genie meistens die Muster zu seinen Zusammensetzungen hergeben, so nennen Sie und andere denjenigen original, der Bücher gelesen hat, die Sie nicht gelesen haben. Also muß diese Benennung einem Schriftsteller bei diesem Leser zukommen, bei jenem nicht, und gleichwohl befehlen Sie allen Lesern, diesen oder jenen für einen Originalgeist zu halten? – Nach meinem Begriffe können Sie das nicht: Die Originalität ist ein [56] solches Eigentümliche in den Zusammensetzungen der Ideen – denn nur hierinne kann ein Gehirns von dem andern etwas Eigentümliches haben –, das keinem bekannten Muster gleich ist; allein mir ist bekannt, wasIhnen nicht bekannt ist, und Sie wissen vieles, wasich nicht weiß; in vielen Fällen können Sie folglich einen Mann original zu nennen würdigen, wo ich es nicht kann. Habe ich das Vorbild, nach welchem ein Skribente sich bildete, so aufmerksam studiert als er und nur zur Hälfte seine Talente, so verringert sich seine Originalität schon um ein Großes.«

»Wenn aber alles Nachahmung ist, was nennen Sie da Nachahmung?«

»Wo der Vorsatz nachzuahmen so merklich ist, daß jeder nur mittelmäßig Belesner sein Urbild erkennt, wo die nämlichen Zusammensetzungen der Ideen ohne Eigentümlichkeit übergetragen sind. Doch ist auch hier eine große Vorsicht in der Beurteilung nötig. Die Verschiedenheit der großen Genies scheint unendlich zu sein, aber weit gefehlt! Nirgends so viele Ähnlichkeiten als unter ihnen! Alle ihre Unterschiede sind Unterschiede der Nuancen, im Grunde sind sie alle eins. Die vorzüglichste Eigenschaft derselben ist eine gewisse Biegsamkeit, eine Fähigkeit, wie Chamäleone alle Farben anzunehmen; diese Biegsamkeit allein macht, deucht mich, hauptsächlich den Unterschied des Grades zwischen Genie und Genie, wenn einer stattfindet. Ein Autor kann also mit einem andern auf ähnlichen oder gar gleichen Wegen seine Muster eingesammelt haben, und sie werden beide eine ähnliche Farbe bekommen, daß der undenkende Haufe, der nach dem ersten Anblick urteilt, und oft auch gescheite Leute, die jenes nicht wissen oder bedenken, geradezu dem spätern mit dem Namen des Nachahmers brandmalen, obgleich dieser den ältern, mit dem er Ähnlichkeit hat, nicht mehr als alle andre Menschenkinder studieret, sondern gelesen hat; aber die [57] ursprüngliche Ähnlichkeit seiner Anlagen bekam durch diese Lektüre einen Stoß, eine Wendung, die sie vielleicht ohnedies erst später erhalten hätten, alles, was der spätere dem erstern in so einem Falle zu verdanken hat!« –

»Wie es scheint, mein Herr, wollen Sie alles umkehren und in allem klüger sein als andre.« –

»Nein, das eben nicht! Nur das sagen, was mirscheint. – Ich wollte euch, ihr Herren, eine Menge solcher parties hon-teuses an euren ästhetischen und literatorischen Formularen zeigen.« –

»Herr, keine Injurien! Oder –«

»Geduld, liebes Kind. Nur ein paar Wahrheiten! – Wie lange habt ihr euch mit den Wörtern – Geschmack, schöne Natur, das Wunderbare, episch, Handlung – und einem ganzen Schwarme andrer herumgeschleppt, wobei der größte Teil so wenig einenette Idee hatte als der gemeine Kopf bei Wiedergeburt, Erleuchtung und Berufung! Nichts sind es als Worte, mit einem bißchen Phantasie aufgestutzt, die wie blutlose Gespenster aus Kopf in Kopf, aus Mund in Mund herumwandeln! Eure schönen Ästhetiken sind meistens nichts als Örter, wo sich jene Phantome, wie die wahren Gespenster auf den Kirchhöfen, versammeln, wo sie zu Hause sind.«

»Herr, bedenken Sie, daß so viele große philosophische Köpfe daran –«

»Gearbeitet haben? – Das weiß ich! –

Aber wen betriegt die Einbildungskraft leichter als den großen philosophischen Kopf, der von ihr allein lebt und ohne sie ein elender Wortspalter ist?« –

»Wollen Sie ein so festes Gebäude umstoßen?«

»Nein, ich nicht; gern sage ich, was dem Gebäude fehlt, aber einzustoßen, einzureißen – bewahre mich der Himmel! Geschehn wird es sicher, dafür stehe ich Ihnen.«

[58] »Sie haben wunderliche Grillen!«

»Weil wir doch einmal in ein ernstes Gespräch geraten sind, so hören Sie nur noch ein paar von meinen Grillen, wie Sie es nennen! – Ist es nicht das ewige Lied aller Zeiten und Völker gewesen, wo der Verstand zu allgemeinen Wahrheiten aufstieg, daß man bis zum Himmel erhub und einige Zeit darauf bis in die Hölle warf; das folgende verdrängt das vorhergehende, nicht durch seine Güte, sondern durch seineNeuheit. Jedes Zeitalter sieht mit stolzem Mitleide auf das vorhergehende und empfängt das nämliche Mitleid von dem folgenden. Die Gebäude des Verstandes sind, wie die Nester der Vögel, nur so lange gut, als darauf gebrütet wird. Wir bauen wie die ägyptischen Könige für die Ewigkeit, und sehr oft erleben wir doch selbst das Ende unserer unsterblichen Werke.«

»Alles umsonst! Unser erleuchtetes Jahrhundert –«

»Leben Sie wohl! Für heute habe ich Ihrem Nachdenken genug Beschäftigung gegeben. Künftig ein mehreres!« –

Sie trennten sich voneinander, und mit einem höhnischen Lachen sahe der Ästhetiker dem Manne nach, dessen ungereimte Grillen er nicht verdauen konnte, und bedauerte ihn herzlich, daß ein so hübscher Mann auf solche wunderliche Meinungen verfallen wäre – das heißt in planem Deutsch, daß er etwas behauptete, was er nicht begreifen konnte.

Fest von der Richtigkeit seiner Gedanken überzeugt, ging der Wahrheitsager weiter und fand eine ganze Gesellschaft von verschiedenen Figuren, die alle in ihren Mienen und Gestikulationen Beschwerde und Klage ausdrückten. Sie hatten sich in einem Zirkel gelagert, und er drängte sich nahe an sie, um sie zu behorchen.

Eben perorierte ein ernsthafter Mann, der auf seinem Gesichte die ganze Miene der Redlichkeit und guten Meinung in deutlichen Zügen trug. Sein Vortrag war äußerst gesetzt [59] und mäßig; nur zuweilen, wenn er über Verderben und Sitten klagte, erhub er sich zu einer gewissen Stärke. Seine Klagen betrafen meistens, wenn man sie bis auf den Grund auflösen wollte, das Übel, daß alle Menschen nicht wie er waren. Besonders führte er weitläuftige Beschwerden über die Verderbnis, die über die Theorie und Ausübung der Moral herrschte. – »Jedermann«, sprach er, »schafft sich eine Moral nach seinen Neigungen.«

»Ist das etwas Neues?« fiel ihm der horchende Wahrheitsager von hintenzu ins Wort. »Das tun Sie, das tun alle Menschenkinder.« –

Jener sah ihn steif an. – »Wie denn das, mein lieber Mann?« fragte er gelassen. –

»Wie das? – Von der Natur empfängt jeder Mensch eine gewisse bestimmte Anlage des Charakters, sein körperliches System wirkt viele Jahre auf seinen Geist, ehe ihm durch den Unterricht Ideen und Grundsätze beigebracht werden können; in diesem Zeitpunkte wird nicht nur der Grad seiner Begierde bestimmt, sondern er wird auch zubereitet, eine Art von Eindrücken leichter anzunehmen. In einer solchen Verfassung trifft ihn der Unterricht des Lehrers, der Bücher, des Umganges an; aus allen diesen drei Kanälen fließt ihm eine Menge zu, wovon aber nichts bekleibt, als was mit der Richtung harmoniert, die der Körper dem Geiste schon gegeben hat. – Der lebhafte, mit tätigen Lebensgeistern, raschem, warmem Blute ausgerüstete Körper teilt den Neigungen des Geistes die nämliche Lebhaftigkeit mit; man streue in ihm einen Samen aus, welchen man wolle, keiner wirdwahrhaftig aufgehn als derjenige, der solche Früchte trägt, die das Klima und der Boden vertragen. Wir glauben, durch unsern Unterricht Wunder zu tun, die Gemüter ganz umzukehren, Neigungen einzupflanzen, Begierden auszurotten, alles Illusion! – Ja, wir können in der Tat, wir können den lebhaftesten [60] Geist so niederdrücken, daß er eine lebendige ernste Moral zu sein scheint; aber haben wir dadurch etwas gewonnen, daß wir der Natur entgegenarbeiteten? – Und noch haben wir nicht einmal mehr getan, als einen Baum durch Stricke zur Erde gezogen, er wächst freilich nun nimmermehr völlig gerade, aber wenn wir die Banden wegnehmen, zieht er sich gewiß so viel wieder in die Höhe, als seine ersteiften Fasern zulassen. – Wählt also nicht jeder Mensch seine Moral im Grunde nach seinen Neigungen?« –

»Ich bin noch nicht davon überzeugt.« – »Auch traue ich mir die Kraft, Sie zu überzeugen, nicht zu, noch viel weniger habe ich die Absicht; nur sagen will ich, was mir scheint. – Unsre Begriffe vom Guten und Bösen, vom Begehrungswer-ten und Verabscheuungswürdigen wachsen allmählich aus der Reihe von Eindrücken empor, die der Körper und äußerliche Veranlassungen auf uns machen, also im Grunde aus unsern Neigungen, und worinne besteht die Moral als in den Begriffen, was zu fliehen und was zu begehren ist? – Noch mehr! Nicht allein von den besondern natürlichen Anlagen des Menschen hängen seine moralischen Grundsätze ab, auch der äußerliche Stand ändert sie notwendig. Ein Mann, der in der großen Welt und für dieselbe erzogen wird, hat ganz andre Ingredienzen zu seiner Glückseligkeit als der im Mittelstande und dieser andre als der in der niedrigsten Klasse; Bestreben nach Ehre, Ansehn, Gewalt muß dem ersten Tugend, den beiden andern, wenigstens dem letzten, wo nicht Laster, doch etwas Schädliches sein, weil ihnen die Gelangung dazu so erschwert ist, daß sie, ohne ihre möglichere Nützlichkeit und Vorteile zu versäumen, ihren Zweck nicht betreiben könnten. Ohne Zweifel tadelt man darum den Ehrgeiz eines Mannes, der jene Vorzüge nicht hat, da man ihn hingegen an denen nicht mißbilligt oder gar erhebt, die sie besitzen; wenigstens wüßte ich keine andre Ursache dieses [61] Urteils. – Tugenden läßt ein Stand nicht zu, die der andre fodert; man vergleiche des Grafen von Chesterfield Lehren, die er in seinen Briefen dem jungen Stanhope gibt, mit dem Unterrichte, den jeder gute, ehrliche Vater seinem Sohne, der nicht für die große Welt bestimmt wäre, erteilen müßte; jener empfiehlt im Grunde nichts als die feinste Betriegerei, die feinste Kunst zu lügen; dieser würde zu den entgegengesetzten Tugenden, zur Offenherzigkeit, zur Aufrichtigkeit und zu vielen andern ähnlichen ermahnen. Beide haben recht. Die Madam Pompadour nennt mit ihrer gewöhnlichen Freimütigkeit die Künste der großen Welt l'art de tromper; wenn sie diesen Namen verdienen, so schließt er eine Menge von den Tugenden aus, die im Verzeichnisse der Moralen als allen unentbehrlich stehen.« –

»Sie sind es auch –«

»Lassen Sie mich nur erst meinen Schluß ziehn! – Wenn die früh entstandnen Anlagen, das äußerliche Verhältnis jedem Menschen besondere moralische Grundsätze geben und auch verlangen, wenn von denen, die ihn der Unterricht aufzwingt, nur diejenigen bekleiben, die mit jenen beiden Stücken übereinkommen, was geschieht da anders, als daß jeder eine Moral nach dem Systeme seiner Neigungen bekömmt und ausübt – eure allgemeine Moral lernt und seine eigne ausübt?« –

»Aber nicht ausüben sollte!«.

»Und warum denn nicht? – Ihr Herren Moralisten fangt von hintenzu an; ihr stopft euch eine Puppe mit allen möglichen Tugenden aus, deren ihr nur habhaft werden könnt, stellt sie hin und ruft: Dieser muß man gleichen! – Wozu nützt das? – Daß Leute von guter Gemütsart nach einem Ziele laufen, wozu ihnen der Atem fehlet, und ängstlich sich quälen, wenn sie sehn, daß sie es nie erreichen werden; daß andre gar nicht in die Laufbahn der Tugend treten, weil man [62] ihnen den Weg mit so vielen Dornen verwebt. Ihr habt insgesamt etwas Romanenschwung –«

»Sie reden etwas frei, mein Herr.« –

»Das ist meine Art so: Ich sage, was mir scheint. – Warum will denn ein Moralist, das heißt, ein Mensch, dem seine Neigungen, sein Charakter, seine Denkungsart diese und keine andern Grundsätze gegeben haben, warum will dieser Gesetzgeber sein? – Er trägt nichts vor als eine Erzählung dessen, was seine Glückseligkeit ist und durch welche Mittel er und Leute von seiner Art dazu gelangen. Seine und vieler andern Glückseligkeit kann eine ernste gravitätische Miene haben, soll deswegen die Tugend und Glückseligkeit andrer nie lächeln? – Ich rede hier von Leuten, die selbst denken, nicht von solchen, die nichts als Glossatoren über hergebrachte moralische Observanzen sind, die euch zumuten, daß ihr, um tugendhaft und glücklich zu werden, eine Reise durch ein ganzes Bücherbrett voll Quartanten anstellen sollt, wo ihr bei jedem Schritte fühlt, daß euch die Reise schon einen großen Teil eures Lebens unglücklich macht, und am Ende – wißt ihr, wie seit geraumer Zeit die moralischen Bücher des Heiligen Römischen Reichs den Menschen haben glücklich machen wollen.« –

»Also wären Moralen überflüssig?« –

»Nein, nicht alle, nur solche! – Wir müssen von vorn anfangen, den Menschen durchstudieren. – Doch was mache ich? Lehren will ich nicht; das sei ferne! Die heiterste, fröhlichste Moral ist gewiß die beste, und die sauerste, trübsinnigste die schlimmste, die, wie von einer guten Moral neulich jemand verlangte, nur bittre, herbe Arzneien verschreibt; ich danke für eine solche Kur. – Auch kann ich mir unmöglich einbilden, daß derjenige, der das kleinste Insekt mit seiner vollkommnen Glückseligkeit versorgte, den Menschen allein auf diesen Planeten gesetzt haben solle, um ängstlich an sich [63] herumzuschnitzeln und sich zu beunruhigen, daß er keine Papenhovische Statue aus sich zimmern kann. Jeder Sterbliche geht itzt trotz allen Moralen den Weg, den Natur und Schicksal ihn führen, und wenn diese ihn beständig und immer auf verschiedene leiten, wie bisher, so denke ich, wird der allmächtige Ruf eines Moralisten sie gewiß auf keinen allgemeinen insgesamt bringen. – Wozu also die ewigen Klagen über Verderbnis und Sitten? Sie heißen doch weiter nichts als: Gegenwärtig haben nicht alle Menschen meine Denkungsart, meinen Charakter,meine Sitten, was ich herzlich bedaure.« –

»Sie haben höchst gefährliche Prinzipien!« brüllte ein andrer aus der Gesellschaft. –

»Ich sage, was mir scheint.« –

»Mit Ihrem verzweifelten ›scheint‹ verwirren Sie eine Menge Menschen, stören sie in ihrem Glauben –«

»Nein, das will ich nicht. Ich rate vielmehr: Wählt euch die Meinung, die euch in euren Umständen den größten Trost, die größte Zufriedenheit verschafft, diese glaubt! Dieses muß für den größten Teil der Menschen das Kennzeichen der Richtigkeit sein und vielleicht für alle, denn eure sogenannte Beweise, Gründe, und wie ihr es heißt, sind Illusionen; der Mensch, wenn er glaubt, glaubt allemal im Grunde aus Illusion.« –

»Himmel«, schrie der andre, »was für Meinungen! Fort mit dem abscheulichen Manne, der solche verdammte Sätze ausbrütet!« –

»Kaltes Blut! Vernunft! Überlegung!« schrie der Wahrheitsager. »Verwerfen Sie nicht das Ihnen Auffallende, untersuchen Sie uneingenommen und dann widerlegen oder billigen Sie!« –

»Was? Solche abscheuliche, gerade wider alle angenommenen Grundsätze laufende Meinungen!« –[64] [67] »Wenn meine Vorfahren, wenn sie die Freiheit hatten, Meinungen anzunehmen und bekanntzumachen, warum soll ich es nicht auch haben; sie sagten, was ihnen schien, und ich, was mir scheint. Das ist das allgemeine Recht der Menschheit, und wer dieses kränkt –«

»Fort mit dem Bösewichte!« – Gleich stieß er in ein Hüfthorn, das er an der Seite trug, und auf seinen hellen quäkenden Ton kam eine ganze Kuppel von allen Enden herbeigelaufen. – »Du Brüter verderblicher Meinungen!« schrie der Eiferer, »du Störer des Glaubens!« – Auf diese Losung fiel die ganze Kuppel über ihn her. Ihr Anführer wurde eine Kohlpfanne ansichtig, die Silvan in der Bibliothek zurückgelassen hatte; er wollte kurz vorher, ehe dieses bisher beschriebne Schauspiel eröffnet wurde, Büchsenkugeln gießen, doch weil ihn der Jäger zu einem erblickten Raube abrief, ließ er die Kohlen in der Begeisterung zurück und eilte der Beute nach.

Diese Kohlpfanne ergriff der Eiferer, um dem gottlosen Urheber schädlicher Meinungen die Ohren zu sengen oder, wenn es sich mit Ehren tun ließ, gar die ganze Person bei langsamem Feuer zu braten. Der Tumult war nicht gering. Der präsidierende Geist der Kleinigkeit war über den vorhergehenden, für ihn langweiligen Gesprächen eingeschlafen und wurde itzt durch den Lärm plötzlich aufgeweckt. Er fuhr auf, erblickte die glühende Kohlpfanne, erschrak in der Schlaftrunkenheit, faßte seinen Zauberstab und schlug sich unbewußt auf den Boden – husch! waren alle Autoren wieder in ihre Werke verwandelt, die Kohlpfanne stürzte herab, der gesengte Autor hinterdrein, in die Kohlen hinein, fing an zu glimmen, dampfte, platzte, brannte lichterloh. Der Geist wurde bestürzt, nahm seinen Stab und eilte voller Verwirrung davon.

Indem kam Silvan mit zween Hasen, die er in seiner Bibliothek [67] aufhängen wollte, sah die Verwüstung, die die Flammen angerichtet hatten – denn sie hatten schon die ganze unterste Reihe Quartanten verheert –, stellte sich das Unglück vor, das möglicherweise seine ganze Burg betreffen könnte, und machte Anstalten zum Löschen. Der Brand wurde gestillt, und da er seine Augen aufhub, um den ganzen Schaden zu übersehn, wurde er eine schöne hoffnungsvolle Hirschhaut gewahr, die die Seite des Repositoriums zierte, wo die Feuersbrunst wütete, und halb verbrannt, halb versengt war – nahm sich's zu Herzen und schwur einen teuern Eid, die Bibliothek von Stund an zu verkaufen und nie mit Gelehrten und Büchern, so feuerfangenden Materien, wieder etwas zu tun zu haben. Er hielt Wort und weihte den leeren Saal den Hühnern und anderm Federviehe des Ritterschlosses.

[68]

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TextGrid Repository (2012). Wezel, Johann Karl. Erzählungen. Satirische Erzählungen. Erstes Bändchen. Silvans Bibliothek oder die gelehrten Abenteuer. Silvans Bibliothek oder die gelehrten Abenteuer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A52D-C