Georg Wickram
Gabriotto und Reinhart
Ein Schöne vnd doch klägliche History / von dem
sorglichen anfang vnd erschrocklichen vßgang / der
brinnenden liebe / Namlich vier Personen betreffen /
zwen Edle Jüngling von Pariß / vnd zwo schöner
junckfrawe vß Engelandt / eine des Künigs
schwester / die an der eines Graffen
tochter. Allen junckfrawen ein
gůte warnung fast
kurtzweilig zů lesen.

1. Wie ein ritter von dem künig vertryben ward

[191] 1.
Wie ein ritter, genant Gernier, an des künigs holf zů Franckreich umb seiner frumbkeyt willen von dem künig vertryben ward.

Zů der zeit, als künig Ludolffus zů Franckreich mit gewalt regiert, auch in grosser tyranny gegen allem seinem volck robet, sich begab, das ein arm man für den künig fälschlich dargeben ward, also das in der künig on all sein entschuldigen und verantwortung wolt lassen tödten. Des ein frummer ritter an seinem hoff vernummen hat, welcher genant was Gernier vom Hag, der sich schnell zů dem künig fůget, anfieng den künig mit züchtigen worten zů straffen, in vermeynt von solchem übel zů wenden. Von wegen solicher straff der künig in grossen zorn gegen dem ritter fallen thet, wiewol der ritter zůvor nit der kleinest an des künigs hoff gewesen was; noch dannocht sich der künig also hart wider in entrüstet, das er dem ritter Gernier gebodt, sein land mit leib und gůt inn monats frist zů raumen. Davon der ritter erstmals etwas unmůts empfieng, jedoch zůletst im fürnam, des künigs gebott entlich nachzůkummen.

Der ritter Gernier hat einen son, der was genant Gabriotto, ein jüngling von zechzehen jaren, ein fast schöner, geradner, züchtiger jüngling. Zů dem sein vatter Gernier kam, mit trawriger stymm anhůb und sprach: ›O du mein allerliebster son, nit lang ist, du deiner můter beraubt wardest, welche [191] gott dem herren gefallen hat zů im in sein reich zů kummen; unnd nun in kürtze auch deines vatterlandts beraubt werden můst, wo du dich anderst mit deinem vatter das ellendt zůbawen nit widern wilt. Dann ich dir warlichen sag, so ich die statt Pariß nit in monats frist rammen thet, ich warlich ein ungenedigen herren und künig haben würt. Darumb, mein allerliebster son, dieweil du sichst mich umb mein trewen dienst kein ander belonung empfangen haben, dann mich meines vatterlandes zů verweisen, wöllest dich auch willig darein ergeben und mit mir, deinen vatter, an ander fürsten höffsziehen, umb dienst zů werben. Wer weißt, wo uns gott unser glück vorbehalten hat!‹

Als Gabriotto, der jung, seinen vatter also reden hort, nit wol wissen mocht, ob Gernier, seinem vatter, solcher red ernst wer, mit lachendem mund zů seinem vatter sprach: ›Ach mein allerliebster vatter, ich kan nit gedencken, das dise wovt im ernst von dir geredt werden. Jedoch sey im, wie es wöll, wo dich gott und das gelück hinleyten, mir nit müglich ist von dir zů kummen, alldieweil mein seel und leib bey einander wonen. Doch bitt ich dich, lieber vatter, mir den grundt deiner redt offenbaren wöllest.‹ Der ritter sei nem son alle ding nach der leng zů wissen thet, demnach anfieng und sprach: ›Mein liebster son, dieweil du sichst, das dein můter gott ergeben ist und wir bed nun zůmal kein sundern freünd inn allem Franckreich haben, darumb, mein allerliebster Gabriotto, solt du wissen, das mein will und gemůt nit ist, den künig umb einicherley genad zů bitten, dieweil ich doch mit schulden solchen undanck nit verwürcket noch verdienet hab. Ich aber hoff, der künig sein unbillichen zorn, so er zů mir tragen thůt, zůletst selb erkennen werd.‹

Als der edel Gabriotto seinen vatter gehört, auch alle ursach zůmal vernummen hat, einen schweren seüfftzen von seinem hertzen gon ließ und sagt: ›Die ungnad, hertzlieber vatter, so dir von dem künig widerfert, mich nit wenig befrembdt.

Dann so ich bedenck, inn was gnaden du allwegen an dem künigklichen hoff gewont hast, mich nit genůg verwundren kan des stimpfflingen umbwendens, das ich aber als gott dem allmechtigen heymsetzen will. Du solt auch wissen, hertzlieber [192] vatter, das ich dir alle zeit willig und gehorsam sein will, als ich es dann nach göttlichem gebott schuldig bin, wiewol mich in meinem hertzen die edel und schöne statt Pariß seer rewen thůt, in deren ich so wol und schön erzogen ward von dir, auch meiner allerliebsten můter, deren gott genad, bey deren grab ich gern mein leben enden wolt.‹

›O mein liebster son‹, sprach der ritter Gernier, ›du machest mich mit diesen worten ingedenck des edlen Römers Marei Coriolani, welcher auch umb seiner wolhandlung willen auß Rom in das ellend verjagt ward, sich zů der Römer feynden schlagen thet, bey welchen er sich der maßen halten kundt, das sye in zů einem obersten fürer unnd hauptmann machten. In solchem ampt er den Römern grossen abruch thet, sye der maßen engstiget, das sye sich verwegen můsten, dio statt auffzůgeben. Durch vil und mancherley weg an in versůchten, wie sye in mit gůten worten abweisen möchten; aber alles umbsunst was, wiewol er von Marco Minutio seines vatterlands zům dickern mal ermanet ward, wie er bedencken solt die gräber seiner altvättern, die in Rom weren, und das er noch sein můter, weib unnd kind in der statt Rom hette, auch das im vil in der statt Rom beschenen wer.‹ Zůletst im Marcus Coriolanus antwurt und sprach: ›O mein allerliebster Minuti, ich bekenn mich alles des, so du mir hie fürgehalten hast. Dann die gräber meiner altvättern in der statt Rom seind; wie möcht ich aber an einem ort mein wonung haben, da ich nit in eeren als meine altvättern leben möcht, und da der grecht von dem schalck, der weiß von dem thoren täglich undergetrucket würdt! Darumb ich mir ein ort für mein vatterland erwölen will, da man das gůt vor dem bösen erkennen thůt, unnd da der rhat dem pöfel nit underwürfflich sein darff.‹ Mit disen und andern worten sich Marcus Coriolanus von Minucio redet, sich auch keines wegs erweichen lassen wolt, das er mit seinem hör abzieg. Zůletst die Rhömer Marci můter, weib unnd kinder an in schickten, die ihn nach langem bitten darzů brachten, das er mit seinem hör abzog; aber in die statt Rom wolt er nit mer. Derselb Marcus Coriolanus mir nit wenig trost gibt, die statt meines vatterlands zů verlassen. [193] Darumb du, mein allerliebster son, betrachten wöllest den grossen unbill, so uns von dem künig yetz begegnet, welchs uns gnůgsam ursach gibt, uns ein ander vatterland zů erkiesen. Dann ich mich warlich gleich so wol alle die von Pariß nymmer erweichen lassen wolt hye zů bleiben, es käme dann mein müter, weib und kind, das doch nit müglich ist zů geschehen; dann sye vor langem mit todt abgangen seind.

Da nun der jüngling Gabriotto das ernstlich fürnemmen seines vatters vernam, wol verstund, sein vatter seinem versprechen nachkummen würd, gab er sich willig darein, seines vatters willen zů vollstrecken, wiewol im sein hertz nit wenig davon beschwert ward; dann er einen getrewen gsellen zů Pariß hat, der was genant Reinhart, umb denselben im am meysten zů klagen was. Als er sich nun seinem vatter gäntzlich ergeben hat, urlaub von im nam, Reinhart, seinen liebsten gsellen, sůchen gieng.

2. Wie Gabriotto seinem gsellen Reinhart thut wa er hin beger

2.
Wie Gabriotto seinem gsellen Reinhart seines vatters fürnemen zů wissen thůt, und wie ihm Reinhart verspricht, mit ihm zů ziehen, wa er hin beger.

Traurig und übel zů můt was Gabriotto, als er von seinem vatter gangen was; ye lenger er der freündtschafft unnd trewe seines gesellen Reinhardts nachgedencken ward, ye mehr in sein wegscheyden bekümmern thet. Von stund an gieng, da er Reinhart vermeynt zů finden, das dann nach seinem willen geschach. Er fand ihn auff einem lustplatz, da er mit andren seines gleichen den ballen schlagen thet, des sye beyd ein sunder freüd hetten, so sye den ballen schlůgen. Gabriotto sich aber damals des ballen nit annam, mit manchem seüfftzen und traurigem angesicht Reinhart, seinen gsellen, ansehen [194] ward. Des Reinhart bald vernam, zů im gieng und sprach: ›Vie dem, Gabriotto? Woltest nit auch ein hoffrecht mit dem ballen erzeygen? Sag mir, was meynet dein trawriges angesicht?‹ Gabriotto zů im sprach: ›Mein anligen, Reinhart, du von mir vernemmen solt, so du dich anderst nit verdrießen laßest unnd ein klein mit mir da dannen gohn wilt.‹ Reinhart nit lenger verziehen wolt, seinen mantell umbwarff; von stund an mit Gabriotto zů der statt hinauß uff einen lustigen anger giengen, sich under einer linden bey einem kůlen brunnen zůsamen satzten.

Gabriotto anfieng und sprach: ›Mein allerliebster brůder und gsell, du solt wissen, du allein ein ursach meines trawrens bist. Dann du wol weyst, in was liebe und freündtschafft wir allzeit gegen einander gestanden seind, die sich aber nun zůmal (gott erbarms!) enden will, wiewol das nit mit meinem willen absicht.‹ Hiemit im den willen seines vatters gäntzlich entdecket. Da nun Reinhart vernam die ursach seines liebsten gesellen, darumb er dann also betrübt was, Reinhart anfieng und sprach: ›Mein allerliebster Gabriotto, du solt wissen, ehe dann du mir die ding halb erzalt hast, ich mein rechnung schon volligklichen beschlossen hat. Du weyst mich hie zů Paryß vatter und můterloß wonen; und wiewol ich in Pariß erzogen und erboren bin, noch laß ich mich beduncken, so du allein nit werest, wolt ich gleich als mer anderswo als hie mein leben schließen. Dann mir der pfennig nit mer hie zů Pariß gilt als an einem frembden ort. So hab ich mein hab und gůt fast in zinß unnd gilte, die ich dann, so ich will, in kurtzer zeit zů barem gelt machen. Damit ichs leichtlich nach meinem willen bringen mag, war mich lust. Darumb, mein allerliebster Gabriotto, wöllest allen unmůt meinethalb zůruckschlagen. Dann ich dir versprich bei dem todt meines vatters, nymmer von dir zů weichen, es scheide dann mich oder dich der todt; und dabei soll es beston krefftigklich. Und so erst dise fürgenummen reiß beschicht, so lieber es mir sein soll. Vermeynest du, mir müglich sein solt, zů Parciß zů wonen, so du an einem andren ort von mir werest? Nein, on zweyffel nimmer beschehen würt. Dann ich weder hie noch an einem andren ort on dich sein will.‹

[195] Gabriotto seines gesellen red wol vernummen hat. Wer was frölicher dann Gabriotto! Von newem einander trew und freundtschafft gelobten, auffstunden, mit einander in die statt giengen. In dem die zeit des nachtmals kummen was; mit einander das nachtmal sampt Gernier, Gabriotten vatter, namen, von vil und mancherley sachen under dem nachtmal zů red wurden.

3. Wie Gernier der ritter, Gabriotto und Reinhart rahtschlagten

3.
Wie Gernier der ritter, Gabriotto und Reinhart das nachtmal mit einander nemmen unnd iren sachen nachzůkummen rahtschlagten.

Wol zů můt was Gabriotto, als er vernam, das Reinhart, sein gesell, mit im auß Pareiß an andre herrenhöff ziehen wolt. Sobald er zů seinem vatter kam, im alle verloffne sachen zů wissen thet. Des der vatter nit minder freüd nam, Reinhart freündtlich batt, seinem zůsagen nachzůkummen. ›Edler ritter,‹ sprach Reinhart, ›ehe dann morgen die sonn zů genaden kumpt, ir sehen solt, weß gemüts ich sey. Dann so mir gott der allmechtig gesundtheyt verleicht, ich mich minder von meinem fürnemmen wenden laß, dann sich das wasser zů berg laßt treiben.‹

Mit solchen worten der tisch bereyt was; wasser über die händ namen, zů tisch sich nydersatzten, mit dancksagung gott dem allmechtigen frölich anhůben zů essen. Gernier erst alls seins unmůts vergessen thet, in ihm selbs gedacht: ›Nun weyß ich, wo mich das gelück mit solchen zweyen schönen jünglingen hinbringt, nit lang stohn würt, ich mit sampt inen dienst bekummen soll.‹ In solchen gedancken die beden jüngling ansehen thet. Des Reinhart bald warnam, den ritter fraget, was er in solchem seinem sehen gedacht hat. Dem Gernier der ritter antwurt: ›Mein allerliebster Reinhart, des solt du dich nit verwundern. Dann ich in mir selbs meinen alter betracht hab, dargegen ewer beder vermůgliche jugendt; dabey gedacht, wo wir drey mit einander hinkummen, wir bald dienst haben werden; dann euch bed mein alter und mich ewer beyder [196] jugendt fürbringen würdt. Ich holl auch, wir alle drey noch zů hoben eren und würden kummen werden.‹

Gabriotto anhůb und sprach: ›Mein allerliebster vatter, ich bitt, uns sagen wöllest, wo doch dein fürnehmen zů dem ersten hinstand zů reysen.‹ Der vatter anhůb und sprach: ›Mein son, wer wol der Portugaleser sitten und wesen zů erkunden, darnach das künigreich Schotten zů besehen, wo euch solche reyß nit zůwider sein wolt, demnach uns in Engelandt an des künigs hoff zů Lunden dienst zů sůchen; dann ich dem selben künig viel gůts hör verjehen. Welcher aber eunder euch ein bessers meynt zů erkiesen, mag das auch nach seinem willen anzeygen.‹ Reinhart, der ein freüdiger jüngling was unnd nit wenig lust hat vil ding zů erfaren, anhůb unnd sprach: ›Edler ritter, ich laß mich beduncken, wie ir vast wol geredt haben. Darumb ich mich keines andren anschlags underston will. Dann so Gabriotto meines gemůts ist, würt im diser noch ander weg nymmer zů weit noch schwer sein; dann so ferrer ir zichen, so lieber mirs sein soll.‹ Gabriotto der anschlag auch nit minder gefallen thet.

Mit solcher red das nachtmal volendet haten, auffstunden, in einen schönen lustigen garten, die speiß abzůtewen, spacieren giengen, demnach zů bett sich niderlegten, die nacht mit gůter rhů vertreiben theten.

4. Wie die ritter Gernier sein hab und gut zu barem gelt machet

4.
Wie die ritter Gernier sein hab und gůt auff offnem marckt vergantet und zů barem gelt machet.

Nit mit wenig freüden Gerniers, Gabriotto unnd Reinharts der nechst tag kummen thet. Als sye nun von dem bett uffgestanden waren, mit einander zů kirchen giengen, nach dem den morgenymmbis mit grossen freüden volbrachten. Demnach der ritter Gernier all sein hab und gůt feyl bodt, alles auff offnem marckt verkauffet; des gleichen thet auch [197] Reinhart, der jung edelmann. Nit lang stund, ir gůt mit nutz vertriben hatten, ein schöne barschafft zůsamenbrachten.

Semlichs dem künig für kam, im grossen rowen bracht, das er Gernier, den ritter, mit solchen ungnaden angefaren hat, zuhandt einen seiner diener nach dem ritter schicket. Der ritter dem gebott des künigs gehorsam was, bald vor ihm erscheinen thet. Sobald in der künig ersehen ward, mit auffgehabnem finger und lachendem mund dem ritter trewet. ›Gernier,‹ sprach der künig, ›ich het mich nymmer zů dir versehen, du meine wort also inn gantzem ernst auffgenummen haben soltest, wiewol ich dir daran keins wegs unrecht gib; dann du mein gebott als ein gehorsamer hast wöllen vollbringen. Das aber nymmer von dir noch mir gedacht werden soll, so du anderst fürter an meinem hoff beleiben wilt. Du solt dich auch nit irren lassen, das du all deine ligenden güter verkaufft hast; dann ich dich von wegen deines dapffern und standthafften gemüts mit andern und bessern güttern versehen will und dir die von meinem eygnen gůt bezalen.‹

Gernier, der ritter, dem künig mit grossem fleiss zůgehört hat. Als nun der künig sein red geendt hat, der ritter anfieng und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, der gnaden und gůthat, so mir von ewer majestet verleihen würdt, ich mich nymmer genůgsam bedancken mag. Dann ich mich gegen euch, meinem allergnedigstcn herren, versündt hab und dannocht ein semlichen gnädigen herren und künig an euch sind. Nun aber mir umb solche schuld ein bůß auffgelegt ist, die ich mir gäntzlich fürgenummen hab zů volziehen; dann ich ye meiner gelübt genůg thůn will oder darumb sterben. So ich dann solche gelübt vollbracht han, will ich mich der yetzigen zůsagung trösten, hoff auch, wo ich nachgens meinen gnädigen herrn den künig umb dienst bitten würd, ich wider einen genedigen herren finden solt. Nunzůmal aber langt mein freündtliche bitt an euch, mein herren den künig, wöllendt mir ein gnädig urlaub geben, dieweil es ye keinen andren weg haben mag.‹

Semliche wort der ritter allein darumb mit dem künig redt, damit er mit lieb von im kummen möcht; sein synn und gemüt aber nit was, wider in Franckreich zů kummen, ihm wer [198] auch leydt gewesen, solt er lenger darinn gewohnt haben. Da nun der künig verstund, das sich Gernier von seinem fürnemmen nit wolt lassen wenden, den ritter nit mer bitten wolt; dann wol wust als an im umbsunst sein; er můst sich auch des vor all seinem volck seer schamen, das er den, so er mit grossem zorn seines landt verwisen, yetzund wider an seinem hoff zů bleiben bitten solt; doch anfieng und sprach: ›Dieweil ye dein gefallen, edler ritter, nit sein will, alhie au dißem hoff zů bleiben, so ist doch mein beger, du wöllest mir deinen son Gabriotto hie lassen, damit du dester mer verlangen habest vider in Fraukreich zů keren.‹

Hernier, als er den künig vernummen het, in im selbs gedacht: ›O künig, an deinem hoff weder ich noch mein son nimmer beleiben wöllen unnd noch vil minder herkummen, so uns anderst gott von dir hilfft.‹ Wider anhůb und sprach: ›Ach gnädiger herr, ich bitt euch, ihr wöllend mich solches begerens erlassen; dann mein will unnd meynung allzeyt gewesen ist, vor unnd ehe ihr nach mir geschickt hand, das ich nit lang von disem hoff beleiben wolt, sunder ein reyß thůn durch ettliche künigreich mit sampt meinem son Gabriotto, demnach wider an euch, meinen gnädigen herren, supplicieren unnd umb gnad unnd dienst zů bitten, des ich mich gantz zů euch versehen hab. Darumb ist mein bitt, ihr wöllend mir unnd meinem son sampt dem, so mit uns ziehen würt, ein sicher paß unnd geleyt durch ewer künigreich geben, deßgleich ein eerlichen abscheydt, damit uns nit durch arge nachreder ettwas uneerlichs zůgemessen werden möcht, und uns das auch auff das fürderlichest verschaffen zů geschehen, damit wir uns dann auch dester fürderlicher herfügen mögen.‹

Der künig den ritter nit lenger auffhalten wolt, zůhandt schůff, im ein sicher und frey geleydt zů geben. Er schanckt im auch ein fast kostliche kette, desgleich ein schon pferdt, welches der ritter als zů danck annam, in ihm selb gedacht: ›Künig, die schencken mögend an mir nichts verfahen. Wann du mir schon einen theyl deines künigreich schaucktest, du würdest mich bei dir nit behalten.‹ Nach dem urlaub von dein künig unnd seinen fürsten nam, die all gemeinlich ihn bitten theten bald widerzůkummen. Nyemandts an des künigs [199] hoff was, so nit leydt empfahen thet von des ritters abseheyd.

Der ritter sich zů hauß füget, seinen son und Reinhardt in seltzamen gedancken bei einander sitzen fand; dann sye in grossen sorgen stunden, der künig würd den ritter Gernier nit von im ziehen lassen. Sobald syo aber in kummen sahen, zůhandt aller sach, so sich zwischen im unnd dem künig verloffen hat, underricht wurden.

Als nun die nacht vergangen und der ander tag wider kummen was, Gernier und sein son, Reinhardt und ein knecht und ein bůb sampt zweyen maulthieren, so inen ir barschafft kleinot und was in lieb was, trůgen, mit einander sich der morgenfrü in der küle auffmachten, zů der statt Pariß hinauß ritten. Als sye nun ein kleinen weg davon kummen waren, Gernier, der ritter, sich mit seinem pferdt umbwandt, anhůb und sprach: ›Nun bewar dich gott, du edle und wol erbawen statt Pariß, in deren ich meine jungen tag verschlissen hab und aber yetzund in meinem alter von dir ziehen můß. Gesegen euch gott, ihr schonen züchtigen frawen in der statt, welchen ich all mein tag mit höchstem fleiß gedienet hab! Gesegen euch gott, ir eerlichen burger zů Pariß, die mich von jugendt auff in hohen ehren gehalten handt! Gott wolt, ir mit einem andren künig versehen weren! Ich solt mich in ewigkeyt nymmer von euch gescheyden haben; dann ich mein begräbnus, auch all mein ältern bei euch verlassen můß.‹

Hiemit machet der ritter ein creütz über die statt unnd reit da mit seiner gesellschafft den nechsten durch Frankreich auff Engelandt zů. Yedoch was ir anschlag, zůvor das künigreich Portugal zů besehen, auch ander umbligende lender, die ich von kürtze wegen underlassen will zů erzalen, dieweil sye nichts sunders in Portugal verhandelt haben.

5. Wie der ritter Gernier mit seiner gesellschafft dienst bei dem künig funden

5.
Wie der ritter Gernier mit seiner gesellschafft auß dem künigreich Portugal in Engelandt schiffet und all drey dienst bei dem künig funden, wie nachstoht.

In was rüstung die drey sampt einem knecht und bůben [200] zu Pareiß außgeritten seind, haben ihr wol vernummen. Ihr hand auch gehört, wie sye den ersten weg in Portugal schifften, dergleich ander umbligende ort und grentzen besichtigten. Kein gefallen an disen orten hatten zů beleiben, von ungeschicht an ein port der Portugaleser kamen, da ein mechtig gallee auß Engelandt mit gewandt hinkummen was. Der patron, demnach und er sein schiff entladen unnd widerumb darauff geladen hat, so seins fůgs was, nit lenger verziehen wolt, den nechsten in Engelandt ihm fürnam zů faren, dieweil er gůten wind vorhanden sach. Zů dem der ritter mit seiner gesellschafft kam, sich auff die gallee verdingten, in kurtzer zeit mit gůtem windt das künigreich Engelandt erreichten, des sye all frölich und wol zůmůt waren. Dann in ir gemůt und hertz allein in Engelandt gestanden was, daselbs sye sich niderzůlassen willen hatten, als auch geschach, wie ir hören werdt.

Dann zůmal sich von ungeschicht fůget, das der künig von Engelandt ein edle junckfraw, so in der küngin frawenzimmer gewesen, versorgt hat, ir ein eerliche hochzeit zůrichten ließ, darauff er vil frembder herren geladen hat. Denen zů lieb er einen turnier außrůffen ließ, doch nit weiter dann in vier, fünff meilen wegs; yederman, so sein bests thůn wolt, darzů erlaubt was. Semlichs der ritter Gernier alles durch seinen wirt bericht ward, das im dann ein sundere freüd bracht. Zůhandt sich, Gabriotto und Reinhart alle drey geleich mit rossz und harnasch und weer zůrichten ließ.

Als nun der tag der hochzeit yetz vorhanden was und yederman auff die schrancken und platz erschinnen was, Gernier mit sampt Reinhart unnd Gabriotto in ganz grün kleydt auch ihre rossz mit schonen grünen parschen bedeckt waren, also höfflich geritten kamen, das mencklich wunder ab ihnen nam; wiewol sye von nyemandts erkant waren, dannocht von wegen ires zierlichen wandels inen all, die zůgegen stunden, gůts verjehen theten. Der künig personlich ir mit fleiß warnam, den turnier nit gantz auß warten mocht, seinen marschalck zů Gernier, dem ritter, schicket, das er zů im kummen solt.

Zůhandt der marschalck zů dem ritter kam, in freündtlich [201] hat, er im sagen solt, von wannen und wer er wer. Der ritter im zůhandt mit züchten antwurt und sprach: ›Ich bin genant Gernier, ein ritter auß Franckreich geboren, und bin darumb her in Engelandt kummen, ob ich mit sampt disen meinen allerliebsten dienst bei dem künig finden möcht.‹ Der marschalck von des ritters worten nit wenig freüd empfangen hat, zů dem ritter Gernier sprach: ›Ir sond sunder zweiffel sein, edler ritter, ir werd von meinem herren, dem künig, als ewers begerens gewert; dann im zůvor ewer wesen gefallen hat.‹

Mit dem sye zů dem künig naheten. Gernier von seinem gaul abstund, dem künig mit züchtiger reverentz entgegen gieng, vor im nyderknyet. Der künig in zůhand hieß auffston. Der marschalck dem künig yetz schon des ritters namen und herkummen kürtzlich entdeckt hat. Des der künig im grose freüd nam, anfieng, zů dem ritter Gernier sprach: ›Das ich nach dir gesandt hab, edler ritter, dich nit frembd nemmen soll. Dann das in gůter freündtlicher meynung beschehen ist, allein das ich gern wissen wolt, von wannen du her in unser künigreich kummen seiest oder wohin dein reyß sich weiter erstrecken wölle. Darzů solt du wissen, das mir dein üstung sunderlichen wol gefallen thůt.‹

Gernier dem künig mit züchten auff sein fragen antwort unnd sprach: ›Allergenädigster herr, meinen namen ich mit geneygtem willen ewer küniglichen majestet anzeygen will. Ich bin genant Gernier von Pariß, do ich dann lang zeit an dem küniglichen hoff gedient; unnd aber mich zůletst der künig unverdient neiden und hassen ward, mir sein künigreich gebodt zů raumen, doch als umb unschuld.‹ Dem künig damit all verloffen sachen zů wissen thet, und damit er in seiner sach kein zweiffel het, er im den abscheyd, so er in Franckreich von dem künig empfangen hat, wisen thet, dem künig auch seinen son und Reinhardts nammen und herkummen anzeyget.

Des der künig alles wol verstanden hat, anfieng unnd sprach: ›Edler ritter, dieweil dich nun das glück also her in Engelandt getragen, wer mein meinung, du ein zeitlang hie an dem holf beleibest, freüd und kurtzweil mit uns hettest, damit du dir [202] deinen unmůt eins theils ringern würdest‹. Der ritter anhůb und sprach: ›Allergenedigster künig, es wer wol mein will und meynung, allzeit bei ewern gnaden zů bleiben, wo ich und Gabriotto, mein son, sampt Reinhart, meinem lieben und gůten freündt, dienst bei ewern gnaden haben möchten; dann wir ye darumb her in ewer künigreich kummen seind. Hierinn ich ewer gnad demütigklich bitten will, uns gnediglichen auffzůnemmen.‹ Mit disen worten der ritter sein red endet.

›Gernier, edler ritter,‹ sprach der künig, ›wo dir mit den deinen gefallen will bey mir zůbleiben, ich dich mit sampt deinem son und wer dir liebt, zů grossem danck auffnemmen will; dich auch nit minder an meinem hoff eerlichen halten, dem du in Franckreich gehalten worden bist.‹ Der ritter dem künig grossen danck saget. Demnach sampt seinem son Gabriotten unnd Reinhardts so ritterlich und wol an dem küniglichen hoff hielten, das in alles hoffgesind günstig unnd holdt wardt.

Was nun für freüd und kurtzweil sich verlieff auff der hochzeit, ich durch kürtze willen underlaß zů schreiben; yedoch will ich etwas melduug davon thůn, damit ihr vernemmen, wie sich der zweyer jungen Frantzosen glück unnd unfal ein ursprung genummen hat. Dann es sich mit allerersten auff diser hochzeit ein anfang mit irer lieb geschach.

6. Hie werdt ir die liebe Philomenas vernemmen

6.
Hie werdt ir vernemmen, wie sich die liebe in Philomena gegen Gabriotto entzündt hat, dorgleich wie Rosamunda zů dem jüngling Reinhart anfieng lieb zů tragen.

Mit was kurtzweil sich die hochzeit angefangen und geendt hab, langweil nem zů erzalen. Dann da ward mancher sper zerbrochen, auch mancher dapfferer mann zů der erden gerandt. Reinhart und Gabriotto sich auch ritterlich auff dem [203] turnier brauchten; dann ihn von mengklichem der preiß geben ward. Da nun das stechen ein end nam, der künig dem ritter Gernier zů ihm růffet, im befalch die zwen jungen mit im gehm hoff zů bringen; des im Gernier zů thůn versprach.

Als sye nun von iren geülen gestigen waren, die iren knechten zů verwaren empfelhen thetten, ir harnasch bald abzugen, sich mit kostlichem gewand anderst anlegten. Alle drey mit einander gen hoff giengen; Gernier von den zweyen jünglingen ahne gieng, dem sye beyd in grosser zucht nachvolgten. Wer sye sach, wol sprechen mocht, dise zwen jüngling nit menschen, sunder engel sein, die nit ir schöne allein zieret, sunder ihr züchtiger wandel allen andren an dem küniglichen hoff weit übertreffen thet.

Als sye nun zů hoff kamen, der künig sampt seinen fürsten und herren yetz in dem küniglichen sal waren, dem dantz zůsahen. Gernier, Gabriotto und Reinhart yetz auch in den küniglichen sal kamen, dem künig sampt andren fürsten ir reverentz theten. Der künig Gernier freündtlich empfahen thet sampt den zweyen jungen, sye inn frantzösischcr sprach fraget, wie in das engelsch landt gefiel. Dem Gabriotto züchtig antwort und sprach: ›Allergenädigster herr künig, ewer landt uns auß der maßen wol gefelt. Gott ewer mayestet lang in gesundheyt bewaren wöll, damit ir ewer künigreich in solchem stadt regieren mögen!‹ Der künig vil und mancherley gespräch mit Gernier, Gabriotto und Reinhart hat.

In dem der dantz wider angefangen ward. Reinhart einen des künigs diener fraget, ob man sich der welschen dantz auch zů hoff gebrauchet. ›Sicher ja,‹ sprach der diener. Der künig die wort des ritters ein wenig vernummen hat, sich zů im wandt. ›Ritter,‹ sprach er, ›hastu nit lust zů dantzen? Mich wundert deins sons Gabriotto und Reinhardts, als jung sye seind, das sye also müssig ston mögen, und doch so vil frawen und junckfrawen zůgegen seind, so grossen lust zů dantzen hetten.‹ ›Allergnädigster künig,‹ sprach Gernier, ›wir seind des dantzes, so man sich hie gebraucht, ungeübt; so aber yemandts den frantzösischen dantz anfieng, ich so alt nimmer bin, ich wolt mich auch denen züchtigen frawen zů dienst eins dantzes underston.‹ ›Warlich,‹ sprach der künig, [204] ›den nechst künfftigen dantz ir sampt ewern sönen versehen solt. Dann mein gemahel, die küngin, des fast wol kan: der gleich mein schwester Philomena den nit anderst übt, dann ob sye ein geborne Frantzösin wer, sampt einer irer junckfrawen Rosamunda, die des welschen dantz ein meysterin ist.‹

Als nun der dantz ein end nam, der künig den spileüten befelhen ließ, den welchen dantz zů machen, als dann geschach. Der künig die alt küngin nam, sye dem ritter Gernier zůfüret, im befahl, den dantz mit ir zů thůn. Der ritter die küngin lieblichen umbfahen thet, dem künig der grossen eren dancket. Demnach der künig Reinhart und Gabriotto mit im füret zů den schönen junckfrawen, dem Gabriotto sein Schwester, die jung künigin, befahl mit ir zů dantzen, deßgleich dem Reinhart eines graffen dochter, Rosamunda genant, den dantz befehlen thet. Also Gabriotto unnd Reinhart, die beyde ihren junckfrawen freündtlichen umbfiengen, das sye leyder zů einer unglücklichen stunden angefangen hatten. Warumb ich aber das sprich, ir nachend wol vernemmen werden. Dann sobald Gabriotto die junckfraw Philomena umbfangen hat, sye beyde zů stund ein brinnendes feür durchgon thet, in solcher liebe gen einander entzündt wurden, das mit keinen worten außgesprochen werden mag. Der dantz yetz mit grossen freüden angefangen ward Alle die, so in dem sal waren, den dreyen Frantzosen mit grosser begierdt zůsehen thetten; dann ihn nyemandts mit behenden und schönen springen geleicht. Des inen auch die schönen junckfrawen sunder freüd namen. Gabriotto der junckfrawen Philomena manchen lieblichen blick gab, herwider sye im, welche dann den dantz fast zierten. Was soll ich schreiben von der grosen freüd, so die zwey liebhabenden menschen hatten, wiewol keins dem andren sein lieb öffnen dorfft, sunder die lange zeit verborgen an iren hertzen tragen můsten, biß sich zůletst das glück über sye erbarmen thet, wie ir nacher wol vernemen werdt.

Als nun der dantz yetzundt mit grossem leydt der zweyer, Gabriotto und Philomena, ein end nam, der künig sich sampt seinem hoffgesind das nachtmal zů nemmen bereiten thet, das wasser über die händ namen, das nachtmal mit grossen freüden durch mancherley gespräch vollbrachten. Gabriotto der jüngling[205] von ungeschicht an einem tisch saß, da er die junckfraw Philomena mit steten augen auschen mocht, ir schöne, hoch bedencken ward. Die junckfraw, so ir ein augenblickle werden mocht, Gabriotten mit inbrünstiger liebe anschawen thet, in ihr gedacht: ›O Gabriotto, du edler jüngling, wie hat dich die natur so mit unaußsprechlicher schöne begäbet! Wol der junckfrawen, so dein liebe mittheylt würdt!‹ Mit solchen gedancken die junckfraw den ymmbis verdrib.

7. Wie Gabriotto sich an dem küniglichen holl üben thet

7.
Wie Gabriotto sich an dem küniglichen holl mit vil und mancherley kurtzweil üben thet, davon der künig im grosses wolgefallen nam.

Gabriotto, demnach und die hochzeit vergangen was, sich von newem anhůb in mancherley kurtzweil zů richten als mit dem ballen schlagen, springen, steynstossen; dann er in semlicher behendigkeyt ein sunder geübter jüngling was. In kurtzer zeyt er und Reinhart das gantz hoffgesind auff einen andren weg richten theten, gleich als ob sye von dem schlaff aufferwachet; dann davor nirgendt von zů sagen wußten dann von essen und trincken. Als nun der künig solche übung von seinem hoffgesind sehen ward, der grosse freüd empfahen thet, in kurtzer zeyt einen lustigen platz, so hinden an dem palast was, verordnet, welcher mit schönen grünen linden allenthalben besetzt, darunder ettliche kalt quellende brünnlein fast lustig entspringen thetten, davon dann ein laut klingendes bechlin den platz allenthalben durchfeüchten thet. Denselben lustplatz der künig mit einer mauren umbfahen ließ, seinem hoffgesind darauff alle freüd erlaubt zů treiben. Sobald dann die jungen herren, so zů hoff waren, ire dienst vollbracht hatten, sye sich zůhandt auff den geordneen platz fůrgeten, da sye sich, wie oben gemeldt, aller kurtzweil üben unnd brauchen theten. [206] Nun was der platz gelegen, wie ihr gehört hand, hart hinden an dem palast. Also wann junckfraw Philomena in ihrem gemach was, mocht sye allenthalben auß einem grossen feuster darauff sehen. Davon sye dann zů manchemn mal größlich erfreüdt ward, so sye iren allerliebsten Gabriotten darauff sehen thet, dem dann alles das, so er anfieng, baß dann den andren anstund; nit minder Reinhart, der im dann fast an allen dingen gleichen thet. Desselben Rosamunda auch nit minder acht hett, sich aber keinswegs gegen nyemandts mercken ließ, so lang biß ihr Philomena ir liebe öffnet.

Die junckfraw Philomena eines tags mit Rosamunda an irem fenster lag, mit begirigem hertzen nach Reinhart, dem jüngling, sehen ward, in ir selb gedacht: ›O allmechtiger gott, wer es müglich, Reinhart von Rosamunda also lieb gehabt wer, alls Gabriotto von mir lieb gehalten ist, herwider sye uns beyden gleiche lieb triegen, wie möcht uns zů beyden seyten mer freüd verluhen werden! Dann ye eins dem andren sein anligen öffnen möcht; dann Rosamunda vil ding on allen argwon zůwegen bringen möcht.‹

Rosamunda das unbeweglich ansehen der junckfrawen Philomena wargenummen hett, ir zůstund in gedancken kam, sye dem jüngling liebe trieg, einen schwören seüfftzen von ihrem hertzen gon ließ. Des die junckfraw Philomena acht nam, zů Rosamunda sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, ich bitt, mir die ursach deines seüfftzens entdecken wöllest. Dann warlich on merckliche ursach nit beschenen ist.‹ ›Genedige junckfraw,‹ sprach Rosamunda, ›die ursach ewers steten hinab sehens das gewesen ist. Ich bitt euch aber, mich yetzundt weiter fragen wöllen. So sichs aber mer begeb, ich euch das nit verhalten wolt.‹ Die junckfraw Philomena nit weiter fragen wolt, wiewol sye es fast gern gewißt het Damit aber sye ir liebste junckfraw nit bekümmert, sye es underließ, hinfürter all ir sinn und gedancken nach dem jüngling Gabriotto keret. Deßgleich Rosamunda klaget iren Reinhart; dann gänzlich meinet, Philomena gen im in lieb entzündt wer. Also bed ir zeit in gedancken verdriben.

8. Wie Gabriotto enten beysen mit einem seinem falcken reit

[207] 8.
Wie Gabriotto enten beysen mit einem seinem falcken reit, dem vogel mit verhengtem zaum nachrandt; indem sein pferdt mit im einen schweren fall thet, also das er von Reinhart, seinem gsellen, für todt auffgehaben, selb ander in eines armen fischers hauß trůg, wider ein wenig erlabten.

Die zwen edlen jüngling nit minder hertzlich verlangen nach den zweyen schonen junckfrawen hatten, wiewol keiner dem andren sein lieb zů wissen thet. Sich eines tags begab, das sye bed auff ein entenbeysen ritten, da sye ein meuge der enten antraffen, auch ettlich von iren falcken zů der erden gefellt wurden. Das so lang triben, ire falcken zůlletst urdrützig wurden. Gabriotto sein falck abzoch, weit in dem feld sich auff einen hohen baum niderlicß. Dem Gabriotto also schnell mit seinem pferdt zůrennen thet, au einen weyten trucknen graben kam, vermeynt sein pferdt hinüberzůsprengen. Das im aber fehlt; dann sein pferdt sich anstieß, schwerlich mit dem edlen jüngling zů der erden schlůg, also uff im ligen, der also in omacht nichts von im selb wissend ligen blib.

Reinhart, welcher im von ferren nachreit, in yetz gantz auß seinem gesicht verloren hett; deshalb im nichts gůts einfiel, seinem rossz die sporen gab, sampt einem knecht, so bei im was, dem fůßschlag nach rannten. In kurtzer zeit an das ort kamen, da sye den edlen Gabriotto mit schweyßendem angesicht, beschlossnem mund und tödtlicher farb under seinem schweren gaul ligen fanden. ›O des grossen leydts,‹ sprach Reinhart, ›du mein allerliebster brůder, wie ist dir das gelück auff disen tag so widerwertig gewesen!‹ Mit dem sye das pferdt von im zugen, in auffhůben, in aber nit anderst dann einen erstorbnen menschen erkannten. Erat fieng Reinhart bitterlich an zů weinen und klagen. ›Ach, ach,‹ sprach er, ›mein allerliebster Gabriotto, der unseligen stund, das wir ye in Engelandt [208] kummen seind! Ach des schandtlichen vogels, so dich zů solchem harten fall geursacht hat! Ach, das ich nit disen fall für dich gethon hab, wie mirs joch gieng! Dann on dich leben mir ein schwere unnd harte sach sein würdt. O du mein süser Gabriotto, sich mich doch noch einmal an, deinen lieben unnd getrewen gresellen und freündt!‹

Mit dem im der knecht sein gewant allenthalben auffgeschnitten hat und Reinhart, so best er mocht, trösten thet. In dem Gabriotto ein wenig uffblicket, Reinhart seinen gesellen vor im ston sach, mit einem schweren seüfftzen und schwacher stimm zů im sprach: ›O mein brůder Reinhart!‹ Da Reinhart Gabriotten wider reden hort, sein hertz im von freüden in seinem leib auffhupffet; sich gegen seinem gesellen keret und sprach: ›Bis getröst, mein allerliebster Gabriotto! Ich bin bei dir, will auch nymmer von dir weichen, dieweil ich leb.‹ – ›O Reinhart‹, sprach Gabriotto, ›ich bitt, gib mir zů trincken! Anderst ich můß hie den todt leiden.‹ Reinhart an dem ort weder wasser noch wein gehaben mocht, in aber mit krefftigen wurtzen, so er bei im hat, erlabet.

Nun was nit weit von dem ort ein armes hüttlin, in welchem ein arm alt mann, ein fischer, sein wonung hat. Reinhart sein knecht bald dahin schicket, wasser oder wein zů bringen, im auch befehlen thet, zwo stangen und stro, so er das gehaben möcht, mit im zů bringen. Der knecht bald uff sein pferdt saß, dem armen heüßle zůranndt, anklopffet. Die fischerin zů im herauß kam; deren er freündtlich zůsprach, sye umb einen trunck wein bitten thet, ir anzeygendt, warzů er den haben wolt. Dem die fraw zůhandt antwort und sprach: ›Ach mein gůt freündt, ir sond mir glauben, dieweil ich in dem hauß gewont hab, nit zwirend wein darein kummen ist. Das ist dannocht von andren leüten, so sich zu zeiten verspät hatten, beschehen.‹ ›Gute fraw‹, sprach der knecht, ›wo ir ye den wein nit gehaben mögen, mir ein trunck wassers zůstellen.‹ ›Das bin ich willig zů thůn.‹ Damit sich schnell in das hauß füget, dem knecht wasser unnd brodt bringen thet. Weiter, als er straw unnd zwo stangen an die fraw begeret, ir auch anzeyget, worzů er das haben wolt, sye im zůhandt ein tragberen, darauff sye dann zů zeiten irem mann die liechergarn [209] auff das wasser tragen halff, bringen thet, im ettlich gůte küssen, so gůt sye es vermocht, dem knecht nachtrůge, an das ort bekam, da der ellendt Gabriotto noch gantz ellend unnd schwach sein leyd klaget, offt an sein allerliebste Philomena gedencken ward.

Als nun des fischers weib den ellenden Gabriotto also schweißig und omechtig ligen fand, groß mitleiden mit im hat, erbermblichen anhůb zů weinen. Reinhart das wasser von dem knecht nam, Gabriotten, so best er mocht, ihm sein angesicht weschen thet, Gabriotto seinen mund, der ihm aller voll gerunnens blůts was, schwencket. Also namen sye den edlen jüngling, legten in uff die mistperen mit küssen und irem gewandt, darauff also in die ellend wonung des armen fischers trůgen, da ihn die fischerin erst mit einer warmen brůgen laben thet. Reinhart seinen knecht in die statt nach einer rossboren schicken thet.

Sich von ungeschicht begab, das Gernier ders ritter zů hoff bei dem künig in dem frawenzimmer was. Der knecht bald nach im fraget, zů im gewisen ward. Der ritter in nit so bald ersehen hat, im sein hertz nichts gůts saget; zů dem knecht gieng, ihn fragt, wie es im, Gabriotto, und Reinhart gangen wer auff dem entenbeysen. Der knecht im zůstund all sach entöffnet. Davon der ritter seer bekümmert ward, zů dem künig kam, ihn umb ein rosszbor bitten. Zůhandt der künig wissen wolt, wie und wem er die brauchen wolt. Gernier im des knechts bottschafft zů wissen thet. Davon der künig seer bekümmert ward, zůhandt schůff, ein rosszbor mit linden küssen und decke zů bringen, auch seinem leibartzet befelch gab, mitzůfaren unnd dem jüngling nach seinem besten fleiß rhat zů thůn. Das alles nach des künigs befelch beschehen thet.

Nun mocht das unsteht und wanckelmůtig gelück der edlen junckfrawen Philomena den unfal des jünglings Gabriotto nit verhalten, damit sye im ihr mitleiden het mögen entziehen. Dann sye von Gernier dem ritter alle wort, so er mit dem künig geredt, vernummen hat; derhalben sich von stund an mit Rosamunda in ir gemach füget, anfieng bitterlichen zů weinen und klagen. Die junckfraw Rosamunda ein frembde sach nam des schnellen klagen und weinens der junckfrawen. [210] Wiewol sye sah ir die sach schwer anligen, noch ließ sy sye ungefragt, also stillschweigend mit ir anhůb zů weinen.

Philomena sprach: ›O du mein allerliebste Rosamunda, wiewol du zůgegen gewesen bist, als ich die ursach meiner klag vernummen hab, noch ist dir das alles verborgen; dann ich allein darauff merckung hat. Ich glaub, so du die ursach meines weinens und klagens wissen möchtest, du dein klag noch minder underlassen würdest. Damit ich aber dich mir ein gesellin meiner klag mach, ich dir semlichs entdecken můß. Du solt wissen, das auff heüt dem edlen jüngling Gabriotto ein mercklicher unfal zůgestanden ist, das es warlich sorglich umb sein leben stohn würt.‹ Der junckfrawen damit alles, das sye von dem ritter Gernier gehört hat, anzeyget.

Sobald Rosamunda den unfal, so Gabriotto begegnet, von Philomena vernummen hat, fast groß mittleiden mit ihm hat, erst anfieng erbermbklich zů klagen; dann sye wol wußt, das Reinhart ein harte zeit ihm umb seines gesellen unfal nemen würd.

In dem Gernier und der knecht zů seinem liebsten son Gabriotto kummen waren, welcher seinen fall zům theil verklagt het, wiewol noch gantz unvermüglich seines leibs. Der vatter groß mitleiden mit seinem son Gabriotto hat, so er bests mocht, in trösten thet. Alsbald in auff die rosszbor lůden, gen Lunden fůrten, da ihm von dem künig ein sunder gemach ingeben ward, darein Gabriotto mit allem dem, so ihm seines leibs halben nodt was, versehen ließ. Die weil Philomena unnd Rosamunda ir stetes klagen unnd trawren fůrten, so lang sye vernamen, Gabriotto seines falls nit tödtlichen schaden nemmen würd.

9. Wie Philomena mit ir selbs zu raht gieng

9.
Wie Philomena mit ir selbs zů raht gieng von wegen der lieb, so sye zů Gabriotten tragen thet, auch wie sye an Rosamunda begert, dem jüngling einen ring zů bringen.

Wenig růg hat Philomena, die junckfraw, stetigs an iren [211] liebsten Gabriotto gedencken ward, solang sye vernam, er wider zů seinen krefften kummen wer, anfieng in ihr selb zů bedencken die liebe, so sye zů im tragen, zů ir selbs sprach: ›O du mein allerliebster Gabriotto, wie magst du mich also on dein wissen und gedancken also mit unaufflößlichen banden peinigen und kräncken! Ich weiß, wo dir semlichs zů wissen wer, du würdest von hertzen dich erfrewen. Wie mag ich dir aber solche liebe zů wissen thůn, damit du mich nit dest ringer achtest? Dann solt ich dir mein liebe entdecken, du würdest mir das für einen grossen frevel achten; dann sich keiner junckfrawen gezimmen will, sich also unverschampt gegen einem jüngling selb feyl zů bieten. Nun weyß ich dannocht, wo Gabriotto wissen solt, in was liebe ich entzündt, er würd solche nit umbsunst an mich begeren, sunder mich seiner liebe auch theilhafftig machen.‹

Also Philomena manchen frembden anschlag ma chet, dadurch dem ritter ir liebe zů wissen käm, schnell nach Rosamunda, irer heymlichen junckfrawen, schicket. Die sich nit lang saumet, zů ir kam. Die junckfraw Philomena anhůb und sprach: ›O Rosamunda, darumb ich nach dir geschicket hab, du nit wunder haben solt. Dann aller mein trost und hoffnuug zů dir stat; dann du mir in meinem leiden allein ein nothelfferin sein magst. Dir ist unverborgen der schwer fall, so Gabriotto gethon hat. Nun aber mag ich nit erfaren, wie sich sein krankheyt schicken will, weiß auch das durch niemant zů erfaren, dann allein durch dich. Das müßt also beschehen. Ich hab in mir ein raht funden, so on allen argwon beschehen mag und aber Gabriotto mein liebe dadurch geöffnet würd. Du solt wissen, Rosamunda, das ich ein fast kostlichen steyn hab in einem kleinot versetzet, welcher den krancken sunderliche grosse krafft gibt. Dasselbig kleinot ich dir geben will, das solt du meinem allerliebsten Gabriotto geben, im dabei sagen, das ich ihm das kleinot sampt dem steyn auß sunderlicher liebe schicke, im darbei die krafft des steyns anzeygen, auch das ich so groß mittleiden mit im in seiner kranckheyt trag.‹

Rosamunda, die junckfraw, etwas sorg hat, der junckfrawen gebott zů vollbringen, derhalben anhůb, zů Philomena sprach: [212] ›O allerliebstw junckfraw, ir sond wissen, das ich euch allzeit zů dienen geneigt wer und mich kein ding auff erden nimmer beschweren solt. In dem fal aber mich warlich sorg und angst umbgehen thůt, mich auch ewer liebe gegen Gabriotto tragend nit genůg verwundern mag, dieweil ir wol wissen in von einem schlechten ritter geboren sein, und aber ir von künigklichem stammen herkummen. Wie wolten ir euch gegen ewerem brůder, dem künig, verantworten, so er semlicher sachen von euch innen würd? Warlich er in grossen zorn wider euch fallen würd. Darumb mein raht were, ir euch semliche liebe von hertzen schliegen.‹

Alsbald Rosamunda ihr red vollbracht hat. Philomena mit einem schweren seüfftzen anhůb und sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, ich bitt, mich nit so hart betrüben wöllest und mir meinen allerliebsten Gabriotto nit also weren lieb zů haben; dann du mir kein grösser leydt gethůn magst. Wie möcht ich in doch von hertzen schlagen, so ich sein schöne und adelich geberdt bedencken thů! Warlich ich mich des nymmer underston will. Sag mir, liebe junckfraw, wurden nit bei den alten die künig von den edlen zů küniglichem stammen erwölt und gezogen? Ja nit allein von den edlen, sunder von den dapffern und weydlichen burgern zů künigen erwölt worden seind. Darumb ich sprich, das der jüngling Gabriotto wol einer künigin wirdig ist. Mein allerliebste Rosamunda, ich bitt dich, nit semliche hertigkeyt gegen mir üben wöllest. Hast du anderst ye liebe empfunden, so bedenck, was schmertzen ich dir geberen würd, so ich dir das, so dir lieben thet, understünd zů leyden! Gabriotto mir warlich auß meinem hertzen nymmer kummen würdt, dieweil ich leb. Darumb, mein aller liebste Rosamunda, mir dein fründtliche hilff nit entziehen wöllest und nach meinem willen dem jüngling Gabriotto diß kleinot bringen wöllest. Daran du mir ein sunder wolgefallen thůn würst.‹

Rosamunda, der jungfrawen, die sach so gantz widrig was, nit wissen mocht, wes sich in den dingen zů halten wer; yedoch zůletst sich willig begab, der junckfrawen Philomena gebott zů vollbringen, also sprach: ›Allerliebste junckfraw, wiewol mich forcht unnd schrecken, so ich trag von wegen [213] meines herren des künigs, hinder sich ziehen thůt, noch bezwingt mich die grosse trewe unnd lieb, so ich zů euch trag, das ich mich keinswegs mer understand ewern gebotten zů widerstreben. Darumb, mein allerliebste junckfraw, bin ich gäntzlich bereyt, ewerem gebott ein geniegen zů thůn.‹

Von semlichen worten Philomena nit wenig trost empfahen thet, ihrer angefangnen lieb yetzundt vermeynt ein sicheren anfang zů haben, der junckfrawen den ring oder kleinot gebethet, sie also zů dem jüngling schicket, sye freündtlich balt, die sach nach dem aller besten ußzůrichten.

10. Wie Rosamunda dem jüngling einen köstlichen ring bracht

10.
Wie Rosamunda dem jüngling einen köstlichen ring bracht auß befelch der junckfrawen Philomena.

Die junckfraw Rosamunda mit grossen sorgen beladen was, in ir selbs vil und mancherley gedencken ward, was grosser sorg ir des künigs halb darauff stünde; yedoch nach langem irem gedencken sich heymlich on all ander ire junckfrawen zů des jünglings gemach füget, züchtiglichen anklopffet. Sich von ungeschicht begab, das der jüngling Gabriotto gantz einig was, allein sein allerliebster gesell Reinhart bei im saß, der in dann nymmer verlassen thet. Als nun die beden jüngling das züchtig anklopffen vernummen hatten, nit gedencken mochten, wer sye also besuchen wolt. Reinhardt bald auff stund, der junckfrawen die thür öffnet. Die nit wenig freüd von disem portner empfahen thet, auch nit minder freüd Reinhart von ir zůkunfft empfieng; noch mocht ir keins mit dem andren kein wort gereden, solichs alls ir grosse liebe, die mit unmeßlicher freüd unnd scham vermischet was. Also mit einander in des jünglings kammer bekamen, welcher yetz von seinem beth auffgestanden was, auff einem sessel in der kammer sitzen thet. Die junckfraw Rosamunda in mit züchtigen worten grüsset. Der jüngling sich solcher zůkunfft nit genůg [214] verwundren mocht, mit züchtigen worten der junckfrawen danck saget.

Rosamunda, als sye yetzt von dem jüngling empfangen was, auff semliche form anhůb zů reden unnd sprach also: ›Edler jüngling, ir sond euch nit verwundren ab meiner zůkunfft; dann ich zů euch als ein vertrawter bott geschickt bin von Philomena, meiner allergnädigsten junckfrawen, die dann also groß mitleiden mit euch hat, das ich euch das nun zůmal nit erzalen mag. Damit aber ir ein waren ernst an meiner junckfrawen spüren mögen, so hat sye mir befohlen, euch diß kleinot zů bringen, in welchem ein sunder köstlicher steyn verfaßt ist, der euch dann zů ewer kranckheyt nit wenig nutzet unnd zů gesundtheyt fürdern mag. Darumb, edler jüngling, so nemendt hin dise gab, welche euch auß sunder lieb geschickt würdt!‹

Gabriotto sampt seinem gesellen Reinhart dise sach ein seer frembd ding was. Beyde nit wenig freüd davon empfiengen, also das der jüngling Gabriotto alles seines schmertzens yetzt gantz vergessen thet, mit auffgehabnem frölichem angesicht zů der junckfrawen sprach: ›Wolgeborne züchtige junckfraw, der gnaden, so mir heüt von meiner allergenädigsten junckfrawen beschicht, ich mich nymmermer genůgsam bedancken mag. Gott wolt aber, ich mich in ihrer gnaden dienst nach allem irem willen fleissen möcht! Ich mich warlich in keinen weg sparen wolt. Der allmechtig gott wöll sye vor allem leyd und übel bewaren und mir genad geben, ir nach irem gefallen zů dienen! Dann ich von disem tag an sunderlich in iren dienst begeben will.‹

Nach disen worten die junckfraw urlaub von dem jüngling nam, sich wider zů Philomena füget, ir alle verlassne sachen zů wissen thet, des sye nit wenig freüd empfieng. Von tag zů tag die liebe sich in inen beyden meret, deßgleichen auch die liebe Rosamunda gegen Reinhart wachsen thet, also das in kurtzer zeit dise alle vier keins des andren halben keinen zweyffel der liebe halben tragen dorfft. Als nun Rosamunda die junckfraw von den zweyen jungen gegangen was, sye mancherhand zů red wurden, in grossen freüden die zeit vertriben. Gabriotto sich yetz gantz frisch und gesund schlief, [215] wiewol im noch nit gantz vergessen was der schwer und hart fall, so er erlitten hat, im also außwarten můst, bis sich sein sach mit hilff der artzet seins zerfallnen leibs halben zů gůtem end schicket.

11. Wie die beyde junckfrawen ein gespräch mit einander haben

11.
Wie die beyde junckfrawen ein gespräch mit einander haben, und wie Rosamunda die junckfraw Plilomena mit züchtigen worten straffet, doch zůletst sich freündtlich mit einander vertragen.

Nun habt ir gnůgsam verstanden, wie sich Philomena, die junckfraw, gegen irem liebsten Gabriotto gehalten hat, dadurch er dann genůgsamlich irer liebe bericht worden ist. Solicher trost in so größlich erfrewen thet, das er in kurtzer zeit zů allen seinen verlornen krefften kummen und yetz wider gen hoff mit andren gon ward. Alsbald nun Rosamunda des jünglings innen ward, sye sich schnell zů Philomena der junckfrawen füget, also sprach: ›Frewendt euch, allerliebste junckfraw! Dann heüt zů tag hat der edel jüngling Gabriotto den ymmbis mit andrem hoffgesind zů hoff besessen. Des sond ir on zweyffel sein; dann ich in mit meinen augen personlich gesehen hab.‹

Philomena, als sye solche wort vernam, anhůb von freüden zů erbidmen, lang auff ir selb stund, kein wort reden mocht, zůlegt anhůb und sprach: ›O du mein allerliebste junckfraw Rosamunda, wie mag ich mich ymmermer gegen dir semlicher trew und freündtschafft bedancken! Dann du mir zů aller zeit mein hertz mit frölicher botschafft erfrewest. Darumb ich dir billich ein eerlich bottenbrodt schuldig bin zů geben.‹ Sollichs geredt sye ein schon halßbandt von irem halß nam, Rosamunda, der junckfrawen, umb iren halß legen thet ›Nimm hin,‹ sprach sye, ›du mein getrewe rhatgeberin, dises halßband, und nit wöllest es verschmahen! Dann du noch vil mer von mir warten sein solt.‹ Die junckfraw Rosamunda die eerlich schenck mit grossem danck annam, der [216] junckfrawen Philomena damit versprach, ir alle zeit mit geneygtem willen zů dienen.

Under andren bede von dem jüngling Gabriotto zů red wurden. Philomena sprach: ›Ach mein allerliebste junckfraw Rosamunda, wie mag doch ein semlichs ymmermer beschehen, das mich der jüngling Gabriotto so gäntzlich mit seiner lieb gefangen hat! Ich glaub nimmermer, das Tristrant die schöne Ysald also mit grosser liebe umbgeben hab, dergleich er gegen ir in semlicher inbrünstiger lieb entzündt gewesen sey, als sye das unglückselig trunck inen beden unwissendt getruncken hatten. Ich glaub auch nit, das junckfraw Bianceffora gegen Florio, des künig Pfelice son, grösser huld und liebe getragen hab, als ich dem edlen jüngling tragen thůn, wiewol Florio und Bianceffora mancherley ellend, leiden und trübsal umb irer liebe willen erlitten haben.‹

Auff semliche wort Rosamunda antwort und sprach: ›Mein allerliebste junckfraw, ich bitt, mir meiner red verzeihen wöllendt; dann ich ye nit gedulden mag, ich můß dise zwo edlen liebhaberin mit höchstem fleiß versprechen, wiewol ich ewer liebe keinswegs verwerffen will. Die liebe aber der züchtigen beden liebhabenden menschen, nammlich Bianceffora und irs Florio, nit außzůsprechen ist; das mögendt ir mir bekennen. Was widerwertigkeyt hat doch ye gemügt ir beder lieb außdilcken! Hat nie die züchtig junckfraw von wegen irs liebsten Florions vil und mancherley anstöß erlitten, als ir der künig Pfelice, des jünglings vatter, einen vergifften pfawen, den sein marschalck bereyt hat, befahl fürzůtragen! Solichs der schönen junckfrawen verborgen was; der künig, der von solcher verräterey wol wußt, dergleichen thet, als ob er grosse freüd darab nem. Als aber das gifft an dem pfawen befunden ward, die unschuldig junckfraw mit grossem rumor zů dem küniglichen palast hinaußgetriben ward, in einen finstern kercker verhütet, unlang darnach als ein schuldige des vergifften pfawens zů dem feür verurtheylt, mit grosser ungestüme von den schergen auff die halßstatt gefürt ward, in grossen engsten nichts anders [217] dann des grimmen todts warten was; yedoch in solchem leyd ires liebsten Florions nye vergassz, welcher sye auch, wiewol er weder von seinem vatter noch seiner allerliebsten junckfrawen erkant ward, auch also unerkannt wider hinweg reyt, von dem todt mit ritterlichem kampff erlösen thet. Was mocht ir aber semliche erlösung gehelffen, dieweil sye unlang darnach von dem künig fälschlich verkaufft ward in Alexandria, auff einem mechtigen thurn lang zeit verspert sein můst. Semlichs aber den künig Pfelice gar seer rewen ward; dann sobald Florio, sein son, vernam sein Bianceffora verkaufft sein, zůhandt vatter und můtter verlassen thet, und einer eerlichen gesellschafft mancherley inseln durchschiffet, sein liebste Bianceffora mit grossem fleiß sůchet, die er nach erlittnen schiffbruch und ander vil gefar zůletst in Alexandria auff den thurn finden thet, mit grosser sorg seins lebens und mancherley erdachten list sich zůletst in einem rosenkorb under den schönen rosen verborgen zů ir auff den thurn an einem seil ziehen ließ. Das unstet wanckelmütig glück aber inen nit lang solcher freüd vergünnen mocht. Dann er in kurtzer zeit hernach von dem herren des thurns bei seiner allerliebsten Bianceffora funden ward. Also bede nacket an einem seil ab dem thurn gelassen wurden, ein lange zeit allermencklich zům gespött alda hangen můsten, darnach in ein gross feür gebunden. Dann im der herr des thurns nichts anders mit in fürgenummen hat, dann das sye also ellend bei einander verbrennen müsten. Aber nit geschehen mocht von wegen eines köstlichen rings und steyns, so der jüngling an seinem finger hat, des krafft all flammen des feürs löschen thet. Als nun der herr des thurns semlichs ersehen, hat er sye beyd heraußgenummen unnd nach langem erfaren, das Florio sein naher freünd gewesen ist, die zwey zůletst also zamen geben und grose freüd mit in gehabt. Nun sagend mir, edle junckfraw, habt ihr ye dergleichen liebe ersehen, die also biß in den todt bestanden? – Nit minder die schöne Ysald iren liebsten Tristrant von hertzen geliebt hat. Dann als er von eim vergifftem schoß verwundt und allein seiner allerliebsten Ysalden hillf unnd artzney begeret, so groß verlangen nach ir hat, das er zůletst vor grossem leyd on alle hilff [218] sternem thet. Da aber seiner liebsten Ysalden kundt gethon ward, sye zůhandt zů seinem todten leichmam kam, also mit grossem weinen unnd klagen irem allerliebsten nachfolget. Darumb, junckfraw Philomena, ich nimmer glauben mag, ewer lieb der iren geleichen, ir hetten sye dann auch durch semliche weg versůchet und probiert.‹

Mit disen worten die junckfraw Rosamunda ir red endet. Als nun Philomena die junckfraw solche wort verstanden, hůb sye an und sprach: ›O junckfraw Rosamunda, ich bitt, wöllest mich solcher wort erlassen und mir mein liebe, so ich meinem liebschen jüngling trag, nit minder schetzen dann dise, so du mir nach der leng erzalt hast‹. Dann warlich solt du mir glauben, ich von wegen meines lieben jünglings nit min der dann dise leyden wolt unnd mich auch keinswegs sperren, in den tod mit im zů gon. Du solt auch sicher sein, so im sein kranckheit, so er newlich erlitten hat, zů dem todt gereycht hett, du mich nit einen tag nach im hettest bei leben mögen behalten. Gott wolt, sein hertz, und gemüt nach mir stünd, als das mein sich nach im senet und kräncket! Mich solt kein freüd noch leyd nymmer von ihm entziehen, gleich so und als Bianceffora an ihrem liebsten Florio standthafft bliben ist.

Rosamunda sprach: ›Junckfraw, wo ihm also ist, wie ihr gesagt hand, ich euch nit minder dann dise obgedachten in ewig lieb schätzen thů. Doch wer mein raht, ir euch die lieb nit so gantz beherschen ließen; dann wo ir flamm mit gewalt auffgat, ihm gar kümmerlich widerstanden werden mag.‹

›O mein liebe Rosamunda,‹ sprach die junckfraw Philomena, ›ich bitt dich, wöllest dich solicher wort nit mer gegen mich gebrauchen. Dann so offt du mir der ding gedenckest, du mir ein scharpff schneidend schwerdt in mein hertz stossest. So unmüglich ist das wasser gegen berg auffzůrichten, so unmüglich ist mir meinen liebsten jüngling zů erleyden.‹

Die junckfraw Rosamunda, als sye marckt die ding vergeben sein, ließ sye von solchen worten unnd gedacht ir der keinswegs mer und sprach: ›Allerliebste junckfraw, ich bitt, mir solicher red verziehen wöllend. So versprich ich euch bei [219] meiner trewe, euch semlicher wort nymmer zů gedencken, sunder allzeit nach ewerem willen zů leben.‹

Des Philomena wol zůfriden was, ir auch alles, so sich verloffen hat, verziehen und vergeben thet. Nach dem mancherley von dem jüngling unnd Reinhart, seinem gesellen, zů red wurden, so lang das Philomena an ir verston thet, das die junckfraw Rosamunda auch in liebe gegen dem jüngling Reinhart entzündt was, wiewol sye nit dergleichen thet, alls wann sye solcher ding bericht wer, so lang biß ihr Rosamunda selbs eröffnen thet, wie ihr nachgonds hören werden.

12. Wie Philomena aber mit ir selbs ein gspräch haltet

12.
Wie Philomena aber mit ir selbs ein gspräch haltet, eins theils in eyfer gegen Rosamunda fallen thet.

Nach disen dingen die liebe Rosamunda gegen dem jüngling Reinhart größlich zůnam, wiewol sye gegen nyemandts dergleichen thet, so lang biß sich zůletst begab, das sye es nit mer verbergen mocht. Nit minder die junckfraw Philomena manchen seltzamen gedancken trůg, ir zům offtern mal fürnam, dem jüngling ir liebe selbs zů öffnen, wo sye nit grosse scham davon entzogen hette.

Als sye nun von Rosamunda, der junckfrawen, sich einig und verlassen sah, fieng sye mit ir selb an auff semlich meynung zů reden: ›Philomena, was gedenckest du, das du also mit einbrünstiger liebe gegen einem jüngling dich einlassest unnd doch nit wissen magst, ob du von im lieb gehalten seyest oder nit! Warumb sag ich, mich nit wissen von dem jüngling lieb gehabt werden! Hab ich sein nit genůgsam gezeügnüs von meiner junckfrawen Rosamunda! Was gewisse gezeügnüß hab ich dann von ir empfangen? Das sye sprach, der jüngling sich von stund an in seinem angesicht entferbt het, welches angesicht, zůvor mer todt dann lebendig erschinnen, was yetzundt als mit bleicher und roter farb sich erzeygen. Wie soll aber semlichs verstanden werden? Vielleicht ist die verkerung beschehen von übrigem zorn oder von grosser scham; oder aber würt Rosamunda mer von im geliebt dann ich. Das [220] mag aber auch nit auß semlicher ursach beschehen sein; dann zorn einem krancken menschen vorab kein fröliche farb in seinem angesicht geberen thůt sunder ein bleyche tödtliche farb mit züsamen gebissenem mund, mit wider und für sprintzenden augen und zitterem leib. So bin ich des auch gewissz, das er kein semliche liebe zů Rosamunda als zů mir tragen thůt. Sunst er sich der halben wort nit dörffen gebrauchen, vilmer würd er gesagt haben: Junckfraw Rosamunda, sagendt Philomena, das sye ir liebe selbs behalt, und gebendt ir mir die ewer dafür! Deßgleich wo in scham darzů geursacht, het er gantz sich solicher freündtlichen wort nit mögen gebrauchen, wie mir dann Philomena bekannt und gesagt hat. Darumb ich dann seiner liebe gantz sicher unnd gewissz bin. Nun warumb gib ich im das nit gründtlich zů verstohn, damit er meiner liebe auch ungezweyffelt sey? Wamit soll ich ihm aber das zů wissen thůn? Wie mag es mit fůgen beschehen? Gaht mir denn ab an dinnten, federn und papyr? Das wer aber ein seer unverschamptes ding einer junckfrawen, das sye ir liebe einem ritter so auß freflem můt zů wissen thet. Wie soll ich im dan mein lieb entdecken? Das soll beschehen durch fügliche weg, darinn kein unzucht gespürt werden mag, als wie also das ich mich zů zeiten frölich gegen dem jüngling erzeygen thů, etwann ein frölichen blick zůschiessen lassen, bei weilen auch mit hertzlichen seüfftzen gegen im gebar. Das alles im ein gnůgsame anzeygung meiner liebe gegen würt, so er anderst, als mir nit zweiffelt, ein rechter liebhaber ist.‹

Mit solchen seltzamen gedancken Philomena, die junckfraw, manche nacht ongeschlaffen vertreiben thet, so lang biß sie gantz ungezweyffelt wust, das sye der jüngling in gleichem fal lieb hat.

13. Wie Philomena und Rosamunda mit schönen blümlin und fatzanetlin wurffen

13.
Wie Philomena und Rosamunda zů iren allerliebsten jünglingen mit schönen blümlin und fatzanetlin wurffen, als die zwen jüngling auff dem lustplatz mit[221] steynstossen und ander kurtzweil sich übten, dabei sye erst ir lieb gegen inen tragen erkanten.

Nun handt ir gehört, wie Philomena die junckfraw vil und mancherley gedancken nach dem jüngling Gabriotto hat. Deßgleichen der jüngling nit mit minder schmertzen der junckfrawen halb beladen was, ihm auch täglichen nachsinnet, wie er sich in der junckfrawen dienst schicken, damit er ir huld nach seinem begeren erwerben möcht. Dann im noch nit gar kundt was, mit was liebe Philomena gen im entzündt was, wiewol er sein zům theil von der junckfrawen Rosamunda bericht was, nam im damit für, wie das er selb mit fleiß auff der junckfrawen sitten unnd geberdt acht haben wolt, als er auch thet, wie ihr nachgandts hören werdt.

Nit lang vergieng, der jüngling von all seiner kranckheyt genaß, wider zů seinen vermüglichen krefften kam. Demnach sich nit lang saumet, sich wider mit aller kurtzweil auff dem lustplatz dumlen thet, namlich mit dem ballen, springen, den steyn stossen etc. Des selben junckfraw Rosamunda bald wargenummen hat, zů stund irer junckfrawen Philomena das zů wissen thet. Die dann seer grosse freüd davon empfieng, sich sampt Rosamunda in ir gemach füget, in welchem sye nach allem irem willen auff den obgemelten platz sehen mocht. Des dann der jüngling sunderlichen warnam, sich vil mer dann vor an das ort füget sampt Reinharten, seinem liebsten und vertrewten gesellen, welcher zům theil von allem handel wissen trůg.

Nach dem unlang sichs an einem tag begab, das die beyden jüngling allein auff dem lustplatz ihr kurtzweil übten, in dem Philomena mit irer liebsten freündin auch an ihr gewonlich ort kummen waren. Als sye nun nyemandts dann die zwen jüngling sehen thetten, sye mit ettlichen wol schmackenden blümlin auff guldin schnier gebunden zů ihnen hinab wurffen, under andrem aber die junckfraw Philomena mit einem schönem unnd wol gemachen fatzanetlin den jüngling Gabriotten auff sein achsell warff, als er underhalb dem fenster die hinabgeworffnen blůmen auffgehaben hat.

[222] Ein solchs im ein gnugsame anzeygung der junckfrawen liebe geben thet; im fürnam, der junckfrawen on allen verzug zů schreiben unnd ihr sein hertz zů öffnen, wiewol er nit gedencken mocht, durch was mittel ers zůwegen bringen möcht. Als nin Gabriotto sampt seinem gesellen den ganz yetz gantz wol gelernet hatten, auch fürthin keins andren dings mer dann der zweyer junckfrawen zů red wurden, die junckfraw Rosamunda kundt auch ir liebe keinswegs mer vor Philomena verbergen; dann sye irs an allen weisen und geberden ansah. Des dann Philomena wol zů můt was, vermeynt, sye irer liebe dest baß ein genügen thůn möcht, als auch geschach, wie ir nachgandts wol bericht werden solt.

14. Wie die beyden jüngling mancherley gespräch mit einander hatten

14.
Wie die beyden jüngling mancherley gespräch von wegen der liebe mit einander hatten, und wie Reinhart seinen gesellen vor solcher liebe warnet.

Der jüngling Gabriotto sich nun gäntzlich beduncken liess, er wer yetz gantz sicher unnd ungezweyffelt der liebe an Philomena; deshalben er im entlich fürnam, der junckfrawen zů schreiben. Er gedacht auch an die trew und liebe seines allerliebsten brůders und gesellen Reinharts und setzt im für, seines rahts darinn zů pflegen. Mit solchen gedancken beladen er sich schnell zů im füget.

Reinhart seines gesellen grosse freüd nam, in zůhandt füget, wie all sein sachen stünden. Des im Gabriotto mit kurtzen worten zů verston gab, demnach anhůb und sprach: ›Mein allerliebster brůder und freünd, mir ist noch nit vergessen der trew und liebe, so ich all mein tag von jugendt auff an dir befunden hab; namlich als du mich und meinen vatter wegfertig vernamest, du dich freywillig deines vatterlandts begeben thetest und mit uns her in Engelandt bekamest; nachgons, als ich den unglückseligen ritt meinem falcken nach thet, ich warlich dazůmal aller hilff halben verdorben wer, [223] wo du allein nit gewesen werest. Die weil ich nun bißher und allweg nichts anderst dann brüderliche trew an dir befunden hab mag ich dir ye mein yetzigen anschlag nit verhalten und will auch hierinn deines getrewen rahts pflegen. Du solt wissen, mein lieber Reinhart, das mich mein gnädige junckfraw Philomena mit irer liebe so gantz gefangen hat, das mir nit müglich ist lenger zů harren, ich můß ir semlich meine lieb öffnen. Nun kan ich in mir selb nit befinden, in welcherley weiß ich das nach dem allerfüglichsten zůwegen bringen möcht, damit die sach still und heymlich beleiben möcht. Darumb ist mein fleissig bitt und beger an dich, wöllest mir hierinn deinen getrewen raht geben und mir ein füglichen weg anzeygen. Dann ich sunder zweyffel weyß, das mir Philomena ir liebe nit versagen würt.‹

Da Reinhart seinen gesellen also reden hort, was grosser schrecken im davon enstund, nit zů schreiben ist. Dann er die liebe seines gesellen uff das tieffest erwegen thet, dargegen das herkummen der junckfrawen Philomena, das sye von küniglichem stammen geboren was und aber Gabriotto, sein gesell, ir an geburt nit geleichen möcht. Anfieng mit seinem gesellen uff soliche meynung zů reden: ›Gabriotto, mein liebster freünd, mich hat vor langem sorg und angst deinenthalben begeben; wann ich vor langer zeit die yetzigen ding besorgt hab, als dir Rosamunda die junckfraw in deiner kranckheit die reiche schenck von Philomena bracht, und noch vil mer, als mir nechst vergangnen tagen den ballen schlůgen, da sye also mit einem reichen düchlin nach dir werffen thet. Das alles mir sorg und schmertzen deinethalben geschaffen hat. Du hast den verstand dermaßen wol, das du erwegen magst dein und der junckfrawen herkummen. Was grosser sorg meynest du dir darauß erfolgen würd, so sein mein allergnädigster herr unnd künig innen wüd? Fürwar dein leib darob zů grundt gon můß, das mir warlich nit wenig schmertzen bringen würd; ja ich vil lieber den todt leiden wolt, dann dir etwas leyd sehen zůhanden gon. Sag mir doch, mein Gabriotto, was du doch ymmermer für ein außflucht haben, so semlichs der künig von dir gewar würde? Ich bitt dich, mein allerliebster Gabriotto, wöllest bedencken die alten historyen unnd [224] erwegen, was doch ye für freüd von solcher liebe entsprungen sey. Bedenckest du nit den trawrigen außgang der beder liebhabenden menschen, als dann was Thisbe und Pyramus? Wie lang vergundt inen doch das unstandthafftig gelück, ir liebe zů gebrauchen? Fürwar eine kleine zeit; dann als sye yetzund der hoffnung waren, sich mit einander zů ergetzen, wurden sye beyde mit unzeitigem todt irer hoffnung entraubet. Was hat Jason umb sein leben bracht? Allein das er sich der liebe underzogen hat. Und ob schon die sorg des lebens hie nit bedacht würdt, solt im doch einer ein warnung lassen sein das unstet und wanckelbar gemüt der weiber und bedencken, wie so mancher trewer mann so listiglich von ihn verfürt unnd betrogen würt, deren ich dir manchen auß alten historyen anzeygen wolt. Dann sobald sich ein mann der liebe underwürfflich machet, ist er sein selb nimmer gewaltig; er verleirt zůmal stercke unnd weißheyt, ja kein gottsforcht mer in im bleiben thůt. Wer hat Samson seiner sterck, Salomon seiner weißheit, David seiner gottsforcht mer beraubt dann weiber? Wo hat Hercules seine waffen mer von im gethon und weibliche kleyder sampt der weiblichen werck sich underzogen, dann da in ein weib darzů gereytzt und geursacht hat! Ja sye machend nit allein den man zů eim weib, sunder zů unvernünfftigen thieren, wie du, als mich duncket, mir erwann in Franckreich ein fabell von der Circes gesagt hast. Wer die liebe Achillis gegen der Polixena nit also groß gewesen, wer nit also verräterlich in dem tempel erschlagen worden sich sprich auch, het sich Paris der liebe Helene entziehen künden, die mechtig statt Troja wer nit in semlich zerstörung kummen. Was sag ich aber von den alten! Du sichst doch yetzundt bei unsern zeiten nit wenig angst und nodt darauß erfolgen. Sag mir doch, mein Gabriotto, hastu mer von einer semlichen verborgenen liebe gehort als von der tochter Tancrede, Sigißmunda genant? Wiewol sye ir liebe also heymlich sunder allen argwon brauchten, noch kam es zů letst darzů, das es dem vatter kundt ward, der dann so bald verschůff, den jüngling Gwissgardum in still zů fahen, und nach langem klagen gegen der tochter befahl, den edlen jüngling zů erwürgen, im sein hertz außschneiden, welchs er seiner [225] tochter in einem guldenen kopff zůschicket, ir damit zů wissen thet, das hertz Gwisszgardi darinn wer. Des sye mit frölichem angesicht empfieng, nach dem so kläglich darob anhüb zů weinen und klagen, das sich die umbstender des seer verwundern tethen; dann inen allen semlichs verborgen was. Aber nach langer red, so sye mit dem vatter hat, sye ir ein vergifftes tranck, vor und ee zůbereyt, zů iren handen nam, das unerschrockenlich ußtranek, also mit grossem schmertzen iren geyst auffgeben thet. So ist dir auch die kurtze freüd on zweyffel nit verborgen, so die zwey liebhabenden menschen zů Senis, namlich Eurialus und Lucrecia, gehabt hand. Deren geschichten ich dir noch mancherley erzalen wolt, wo ich dich nit besorgt verdrießlich damit zů machen. Damit aber du nit in solche gfar gesetzet werdest, ich bitt, da wöllest dich von semlicher liebe entziehen. Dann on zweyffel nit minder sorg darauff zů haben ist, dann disen von nöten gewesen wer, so ich dir nach der leng erzalt hab.‹

Mit solchen worten Reinhardt seiner red ein end gab. Der jüngling seinem gesellen auff sein red ein gůte zeit nit antwort geben wolt, zůletst anfieng und sprach: ›Ach gott, Reinhart, mag ich kein andren raht dann einen solichen von dir gehaben, so rewt mich, das ich mich ye gegen dir meiner liebe halb hab lassen mercken; dann ich mich des nymmermer zů dir versehen het. Ich sag dir aber, das soliche warnung gar nichts an mir verfahen mag. Dann als wenig sich die, so du mir erzalt hast, irer liebe hand mögen entziehen, als wenig mir auch solchs müglich sein würt, so lang biß ich meinem begeren ein genügen thů. Dann mein liebe also gefundiert ist, das sye weder der todt noch ander übel scheyden würt. Ich wolt mich fürwar selig schetzen, so ich wißt, mir von wegen der allerschönsten junckfrawen der todt zůston solt. Darumb, mein allerliebster Reinhart, dieweil du mir doch deinen getrewen raht nit mittheilen wilt, so wöllest mich doch nit understohn von semlicher meiner liebe abzůwenden.‹

15. Wie Reinhart seinem gesellen einen weg anzeygt

15.
Wie Reinhart seinem gesellen einen weg anzeygt, dadurch [226] er seiner liebsten junckfrawen sein lieb zů wissen thůn möchte.

Reinhart die antwort seines gesellen mit allem fleiß vernummen hat, in im selb gedacht: ›Allmechtiger gott, mag ich dann ye mit meinem rhat gegen meinem gsellen nichts anders verfahen, dann das ich sorgen můß, mir uß einem fründ einen feind zů geberen, wolhin so will ich mich doch fleissen und im ye nach meinem vermögen ein weg anzeygen, durch den er sein sach auff das verborgenlichest zůwegen bringen mög.‹

Anhůb und sprach: ›Dieweil ye, Gabriotto, du dein sach also gesetzt hast unnd ich [mich] gen dir umbsunst arbeyten sih, so bitt ich dich doch, du meinen worten noch einmal zůhören wöllest. Ich sprich, wo Philomena, die junckfraw, dir an geburt gleich wer, ich mich keins wegs darwider gelent haben, dieweil aber sye eines künigs tochter unnd aber du nit also hoher geburt bist, můß man warlich die sach mit grosen sorgen underston. Du solt wissen, wo mich nit solich ursach davon entziehen thet, ich hett mir warlich auch ein junckfraw mir zů einem bůlen außerwölt. So ich aber bedenck mich ir nit gemeß sein, entzich ich mich des, so fast ich ymmer mag, wiewol mirs auch hart anligt. Du solt auch wissen, das ich nit minder hoffnung hab, ich sey von ir lieb gehabt, als du von deiner Philomena. Ich gedenck aber auch herwiderumb, sye möcht mich also verwenen unnd mich zilleicht understohn an das seil, da nit wenig narren angebunden seind, verknipffen; dann sye möcht villeicht ein andren lieber han, und müst ich allein ein verwenter liebhaber sein. Ist dir nit ingedenck die handlung unsers gsellen Bruno, der, nit lang ist, sich mit einer burgerin diser stat vertädigt und vermeynt, er allein von ir lieb gehalten wer, ließ sich gegen ir in allem dienst willig finden. Da was kein sparens nit, so lang er zůletst den, so sye im zů allerzeit verschworen, allein bei ir in irem gemach fand. Da was erst zeit nachzůlassen und denen zů glauben, so vor langem davon gesagt hatten. Dise und ander ursachen mich warlich zům dickern mal davon entziehen. Damit du aber nit meynest, ich mich gantz wider dich setzen wöll, so will ich dir hie einen füglichen unnd heymlichen weg[227] anzeygen, in welchem du die sach am basten zů wegen bringen magst; und das můß aber also, zůgohn. Dir ist unverborgen, das die junckfraw Philomena zům offtern mal, so wir den ballen schlagen, in ihrem palast oben an dem fenster ligt unnd die junckfraw Rosamunda gewonlich bei ir, die mir dann auch nit wenig lieben thůt. Nun sichstu, das wir offt allein an das ort bekummen unnd sunst nyemandts dann wir vier zůgegen seind. So lůg und mach dir ein ballen, den andren unsern ballen geleich; darein verneg einen brieff; was dir dann angelegen ist, magst du den junckfrawen darinn zů wissen thůn. So du dann uns allein umb die weg sichst, magst du ihr wol den ballen zůschlagen und ir zůsprechen, das sye ihn zerschneiden soll. Das bedunckt mich der sicherest weg sein, so ymmer erdacht werden möcht.‹

Gabriotto der raht seines gesellen nit wenig trost gab: im auch entlich gedacht nachzůkummen, sich zůhandt sampt seinem gesellen in sein gemach füget, sich nidersetzten. Reinhart einen ballen nam, die an einem ort uffschneid. Gabriotto anfieng einen brieff zů schreiben auff soliche meinung lautendt:

›Mit was gedürstigkeyt, allergnädigste junckfraw, ich mich understand euch, meiner allerliebsten junckfrawen, zů schreiben, ir nit wunder haben solt. Dann mich das band der liebe gegen euch dermassen gebunden und gefangen hat, das mir nit möglich ist euch das lenger zů verhalten, wiewol ich mich nit wirdig schetz, von einer so hochgebornen junckfrawen liebgehabt werden; dann ich euch an geburt und schöne nymmer geleichen mag, dieweil ir von küniglichem stammen und ich nur von einem schlechten edelman geboren bin. Koch dannocht hoff ich, ihr mein hertzlichs liebhaben nit verschmahen unnd mich für eweren armen diener auffnemen. Gott wolt, müglich wer, das ir mein liebe recht erkannten! Hiemit sind gott in sein hůt befohlen.‹

Der jüngling Gabriotto den brieff nam, er vernegt in wol in den ballen, so sein gsell Reinhart auffgeschnitten hat. Nach dem sye mancherley mit einander zů red wurdent, der jüngling seinem gsellen Gabriotto anfing zů bekennen die liebe, so er Rosamunda, der junckfrawen, tragen thet. Des im Gabriotto einen gůten můt nam, anhůb und sprach: ›Ach mein lieber[228] Reinhart, wie mochtest du doch in deinem in hertzen gedencken, mich von solicher meiner fürgenummener liebe zů wenden, dieweil du dich doch selbst mit solchen banden weyst behafft sein! Nun sag mir umb aller freundtschafft willen, ob du anderst meyntest dir etwas widerswertigs davon zů kummen.‹

Reinhart anhüb und sprach: Gabriotto, ich bekenn mich dir einen freffel begangen haben, dieweil ich [dich], wie du sprichst, meynet davon abzůwenden, davon ich mich doch keinswegs entziehen mag. Dann du solt wissen, ich mir zům offtern mal fürgenommen hab, weg und steg zů vermeiden, da ich meynt Rosamunda zů finden. So sich dann von ungeschicht begab, da ich irer schöne ingedenck ward, iren züchtigen wandel befrachtet, wie mocht ich dann mein fürnemmen erstatten! Ja! keinswegs, sunder ich mich mit fleiß fůgen thet, da mir die junckfraw zů sehen werden mocht. Sobald ich iren dann ymmer vorsichtig ward, so meynt ich nit mir grösser freüd zůgestanden sein möcht. Derhalb ich mich auch dest offter mit fleiß auff dem schönen lustplatz hab lassen finden; dann ich gewissz die junckfraw an Philomena fenster finden thet, wie du dann selbs zům dickern mal gesehen hast, so uns die junckfrawen mit kräntzen und wolschmackenden blümlin zůwurffen.

›Ich bekenns‹, sprach Gabriotto, ›und frew mich auch des aus gantzen hertzen, das du auch in dem netz gefangen bist, in dem ich yetz lang zeit gelegen bin.‹ Mit solchen worten die zwen ir zeit vertriben.

16. Wie Gabriotto seiner liebsten Philomena ein brieff schreibt

16.
Wie Gabriotto seiner liebsten Philomena ein brieff schreibt, welchen er ir in einem ballen zůwarff, den sye mit grossen freüden einpfahen thet.

In kurtzer zeit hernach begab sich eins tags, das Reinhart und Gabriotto allein auff dem schönen lustplatz zůsamen kummen waren und nyemands dann sye allein den ballen mit einander schlůgen. Sich nit lang verzog, Philomena mit Rosamunda an das gewonlich fenster kamen, dem ballenschlagen [229] zůzůsehen. Als sye aber nyemandts dann der zweyer jüngling gewar wurden, aber nach irer alten gewonheyt anhůben mit schönen kräntzen nach inen zů werffen. Gabriotto des werffens bald wargenummen hat, seinen krantz zůhanden nam, mit züchtigen geberden sich gegen Philomena danckbar beweisen thet; seinen gemachten ballen zůhanden nam, den ein mal oder drey hoch in den lufft schlagen ward, demnach zů der junckfrawen Philomena fenster hineinschlůg, zu der junckfrawen sprach: ›Allergnädigste junckfraw, nemmendt hin den ballen und lond in umb kein ding unzerschnitten!‹

Die junckfraw, welche mit sundrem fleiß des jünglings red warnam, wol verstohn kundt, die sach nit umbsunst geschehen wer, den ballen mit grossen freüden auffhůb, in freündtlich an ir brüstlin trucket, demnach in auffschneiden thet, des brieffs, so darinn was, bald warnam, in zů handt auffthet, den in gegenwertigkeyt irer vertrewten junckfrawen lesen thet, mit grossen freüden zů Rosamunda sprach: ›Nun sichst du mein allerliebste Rosamunda, das mein liebe gegen meinem allerliebsten Gabriotto nit umbsunst gewesen ist. Darumb frew dich mit mir, mein liebe freündin!‹

›Ach gott‹, sprach Rosamunda, ›wie mag ich ein gleiche freüd mit euch haben, dieweil ich nit wissen mag, ob mich Reinhart auch lieb haben will oder nit, oder ob er mich villeicht zů einer liebhaberin zů gering achtet.‹ – ›Biß getröst‹, sprach Philomena, ›dann du in kürtze aller sorgen entladen würst. Ich sich, das dich Reinhart ob allen andren liebet; und so du auff seine geberdt acht bettest, du müste mir solchs selbs bekennen. Dann fürwar ich sein acht genummen hab, wo es im als güt werden mag, er dich von gantzem hertzen anblicken thůt und doch so gantz züchtiglichen, das nit müglich ist im ein solchs abzůmercken.‹

Von disen worten Rosamunda nit wenig trost empfahen thet, das ir die junckfraw also zůgesagt hat, sich deshalb mit der junckfrawen Philomena größlich erfrewen thet. Als nun Philomena den brieff nach irem willen gelesen, sye sich zůhandt [230] nidersetzt, dem jüngling ein anderen brieff auff solche meynung schreiben thet:

›Mein hertzliche liebe, edler jüngling, füg ich dir zů wissen. Was grosser freüden mir dein schreiben bracht hat, ich dir nimmermer erzalen mag. Fürwar mich hertzlich erfrewen thůt, so ich vernummen hab, dich also grosse liebe zů mir tragen. Das du aber meynest dich nicht würdig sein mich lieb zů haben, solt du in keinen weg gedencken. Dann dein züchtiger wandel, edels gemüt meiner liebe wol würdig ist, ich geschweig deiner schöne, welche den Hector von Troy weit übertreffen thůt, dergleich den Absalon mit seiner schöne übertriffet, ja sye mer den englen dann menschen sich vergleichet. Darumb, mein allerliebster Gabriotto, schlag zůruck alle solche gedancken und glaub meinen worten! Fürwar mich nye mer freüd umfahen thet, dann da ich deines brieffs zům ersten mal ansichtig ward. Doch klag ich, das du nit wissen magst, wie lieb ich dich hab; ich aber hoff, du in kurtzer zeit ein solchs von mir erfaren solt, so uns anderst das gelück nit mit widerwertigem fal begegnen thůt. Edler jüngling, ich bitt dich, so du mich anderst lieb hast, du wöllest mir zů wissen thůn, ob doch Rosamunda auch von deinem gsellen Reinharten gehuldet werd. Wo dem also wer, so sag ich, das wir unser lieb on alle sorg zů end bringen wolten. Hiemit ich dich, edler jüngling, gott dem herren in seinen schirm befehlen will.‹

Als nun die junckfraw Philomena den brieff geschrieben: hat unnd den auff das geschmeydigst zůsamen gelegt hat, sye in mit fleiß wider in die ballen vernegen thet, sich zůhandt wider an das fenster füget. Des der jüngling Gabriotto bald ersehen hat, sich nit lang saumet, zů dem fenster kam, ob er doch etwas von Philomena vernemmen möcht. Die junckfraw im den ballen wider hinabwarff, also sprach: ›Nimm hin, jüngling, den ballen, unnd wie du mir befahlst, also thů ihm.‹

Der jüngling Gabriotto ein klein von solcher red erschrack; dann er vermeynt, die junckfraw den ballen nit auffgethon hette; sich also schamrot von dannen machet an ein heymlich: end, da sein nyemandts acht nam, den ballen auffschneid. Als er den brieff ersehen thet, von gantzem hertzen erschrecken thet: dann in geducht, solichs sein brieff wer; in willen aus [231] zů zerreißen. Als er in yetz schon fasset, befand er das papyr dicker sein, dann seins gewesen was: in zůhandt uffschloß, der junckfrawen geschrifft erkennen thet. Allererst ward sein hertz mit lausentfaltigen freüden umbgeben; den brieff zům offtern mal lesen thet, in auch als offt zů tausent malen kusset. Sieh wider zů Reinharten, seinem gsellen, füget, der ihn so bald nit ersehen hat, an seiner gestalt vermarckt, im ein frölich bottschafft worden wer. Gabriotto im alle sach zů verston gab und namlich den letsten inhalt seines brieffs. Des im Reinhart auch sunder freüd nam, dann wol gedacht, ein solich nit on ursach beschehen sein, als es dann was. Dann ihm der jüngling Reinhart wol gedacht, das Rosamunda die junckfraw Philomena darzů bewegt bet. Darumb er sich dann eylend mit Gabriotto berahtschlagen thet, mit was fůgen er der junckfrawen ein semlichs zů verston geben wolt, damit er von nyemandts gegen ir verdacht werden möcht.

17. Wie Philomena dem hoffgesind ein kleinot ußgab

17.
Wie Philomena dem hoffgesind ein kleinot ußgab, mit dem ballen darumb zů schlagen.

Eines tags sich begab, das die junckfraw Philomena mit irem frawenzimmer für die statt auff einen schönen anger spacieren giengen und mit iren vil des künigs hoffgesind, unter denen was auch Reinhart unnd Gabriotto. Als sye nun an das lustig ort kummen waren, die junckfraw Philomena, welche allzeit ein wolgefallen an irem allerliebsten jüngling nemen thet, – damit sye in aber mer dann die andren preisen möcht, gedacht sye ir, den jungen edlen ein gab außzůgeben, mit den ballen die zů gewinnen. Dann sye wußt Gabriotto also geschickt und behend mit sein, das im nyemandts an dem hoff geleichen mocht. Das, so die junckfraw außgab, was ein reiche schnůr, mit goldt und perlin meysterlich geschmuckt, also das sye ein graff mit ehren wol bet mögen [232] tragen. Philomena schuff die zu hencken an ein schöne grüne linden, da sye ihr dann iren sitz sampt iren junckfrawen außerkoren hat. Die jungen edlen, welcher an der zal bei dreissig was, sich allzůmal nach irem besten vermögen darzů schickten: dann ein yeglicher die gab understund zů erlangen. Da sah man manchen behenden jüngling dem ballen entgegenspringen, gleich als wann er gellogen wer, und dann den ballen mit seiner band von im weisen so behendt, das man im nit bald genůg hett mögen zůsehen. Wie vil aber deren waren, noch ward keiner under in, so dem jüngling Gabriotto mit behendigkeyt, weiß und geberden geleichen mocht. Des Philomena ir sunder grosse freüd nam, dieweil sye menigklich frawen und junckfrawen dem jüngling den preiß geben hort.

Reinhart sich auch nach allem seinem vermögen brauchet unnd zů aller zeit der junckfrawen Rosamunda warnam, die im nit minder eüglin zů tausent malen schiessen ließ; den jüngling in solch gedancken setzt, das er sein selbs gäntzlich vergessen thet und, als im einer seiner gesellen den ballen zůschlůg, er in solchen gedancken im den ballen meynt wider zůschlagen, in aber gegen Rosamunda schlagen thet. Des er von hertzen seer erschrack, auch von allen andren seinen gesellen größlich verlacht ward: ihn damit bewegten, das er sich denselben tag des ballens nit mer underziehen wolt. Also schamrot zů Rosamunda sich füget, sye mit züchtigen worten freündtlich bitten ward. Die junckfraw, die yetzund sampt Philomena ein klein von der linden unnd den andren junckfrawen gangen waren, Reinharten mit mancherley schimpffworten umbtriben, der in zů aller zeit zůchtiglichen antworten kundt.

Zůletst Philomena anhůb und sprach: ›Fürwar, Reinhart, ir mir auff dißmal nit mer schuldig seind. Dann ir euch mit ewerem mißschlagen ein ursach genummen haben, mit Rosamunda zů reden, welchs euch, als mich bedunckt, mer freüd geberen thůt, dann der ballen.‹ Der jüngling Reinhart sich von wegen der wort Philomena seer schamen ward, zůchtiglichen anhůb und sprach: ›Ach allergnädigste junckfraw, es ist nit on; mir ein semlichs grosse freüd bringen thůt. Wiewol ich wol dencken mag, alles umbsunst sein, noch muß ich [233] bekennen, mir grösser freüd nit bekummen möcht, dann so ich wißt ein diener sein einer semlichen wolgebornen züchtigen schönen junckfrawen, als dann mein gnädige junckfraw Rosamunda ist.‹

Philomena sprach: ›Reinhart, so ich wissen möcht, dir semlicher wort ernst sein, und das du nit deinen spott mit uns treiben thetest, ich dir warlichen etwas zů wissen thůt wolt, davon dir grosse freüd bekummen möcht.‹ Der jüngling anhůb unnd sprach: ›Ach gnädige junckfraw, des sond ir sunder zweyffel an mir sein. Dann ich mich des nimmer gegen euch underston dörfft, als ir mir vertrewen, ja das ich mich spottwort gegen euch oder der junckfrawen Rosamunda gebrauchen solt; dann ich michs gegen einer mindern nye unterstanden hab. Ich sprich wie vor, mir grösser freüd nymmer zůston möcht, dann so ich wisst einer solchen schönen junckfrawen zů dienen, also das ir meine dienst angenem weren. Sagend mir doch, ob sich ein jüngling auch seliger schctzen möcht, dann in einem solichen stand, wie ich euch angezeygt hab!‹

Philomena also sprach: ›Nun wolan, Reinhart, so biß du des sunder zweyffel, das dich junckfraw Rosamunda vor lang von gantzem gehuldet hat; darumb du dich sein billich erfrewen magst.‹ Die junckfraw Rosamunda zugegen stund, allen worten von Philomena der junckfrawen geredt zůhort; derhalb sie sich in irem angesicht entferbet, das sye ein klein roßlechter ward, das dann ir ein sunder zier gab.

Reinhart sprach zů der junckfrawen Rosamunda: Wolgeborne junckfraw, dieweil ir mich dann zů einem diener nit verschmahen wend, demnach Philomena mit mir geredt hat, so bitt ich euch mit höchstem fleiß, ir wöllend mich in keinem dienst nymmer sparen und mir zů aller zeit gebieten, euch zů dienen. In allem, so ewer gefallen ymmer sein mag, ich mich nymmer in keinen weg sparen will.

Die junckfraw Rosamunda dem jüngling seiner red mit grossen freüden zůgehört hat, anhůb und sprach: ›Edler jüngling, ewer trostlich zůsagen mich von gantzem hertzen erfrewet; und wiewol ich mir fürgenummen hat, euch semlichs zů verbergen und mein liebe, so ich euch lang zeit getragen hab, nit zů öffnen, so mag ichs doch nymmer geleügnen, dieweil[234] euch Philomena deren zům theyl bericht hat. So wissen, das ich euch fürthin für meinen lieben bůlen halten will. Damit aber mir yetzund nit den falschen zungen ursach geben, etwas args wider uns zů gedencken, wöllend wir auff dißmal genůg davon geredt haben. Den nechsten tag aber, so ihr mir auff dem platz mit ewerem gsellen Gabriotto allein zů gesiecht kummen, will ich eich den unsprung meiner liebe in gschrifft anzeygen. Darumb gond nun zůmal mit freüden wider zů ewerer gsellschafft und schaffend euch freüd und kurtzweil mit inen! Dann uns die zeit lenger nit vertragen will bei einander zů bleiben.‹ Der jüngling mit züchten urlaub von den beden junckfrawen nam, frölich und wol zů můt von dannen gieng.

Gabriotto das lang gespräch mit fleiß wargenummen hatt, kaum gewarten mocht, das er allein zů seinem gsellen käm, damit er vernemmen möcht, was doch Rosamunda mit im geredt hett. In dem sich begab, das man dem schimpff yetzt ein end gab. Alle, so zůgegen waren, Gabriotto den preiß gaben. Des im dann Philomena von hertzen günnet, ihn bald zů ir kummen schůff. Der jüngling das mit grossen freüden volstrecket. Als er nun zů Philomena kam, sye mit züchtiger reverentz grüssen thet, dem die junckfraw zůhandt züchtiglichen danck saget, anhůb und sprach: ›Edler jüngling, ich glaub, euch ein sundere gnad von gott verleyhen sey, dann euch yederman auff disen tag den preyß geben thůt. Darumb ir dann billich mit disem kleinot sollen begabt werden.‹ Im mit solichen worten die schon und wolgemacht schnůr zů seinen handen geben thet, die er mit grossen freüden von deren, so ihm ob allen weiben liebet, empfieng.

Dem nach yedermann wider heym zoch. Reinhart und Gabriotto under allen andern die frölichsten waren, aus der ursach Reinhart von seiner Rosamunda einen sichern trost empfangen hat, Gabriotto von seiner liebsten junckfrawen Philomena ein reiliche gab. Darumb sye sich dann billichen mer dann der andren keiner erfrewen mochten; deßgleichen die beyden junckfrawen mit grossen freüden wider an den küniglichen hoff kamen.

18. Hie würt Reinhart von seinem gesellen zu red gestelt

[235] 18.
Hie würt Reinhart von seinem gesellen zů red gestelt der junckfrawen Rosamunda halben.

Gabriotto noch in gedancken hat das freündtlich gespräch, so sein gsell Reinhart mit Rosamunda der junckfrawen gehabt. Darumb als sye yetzund an ort und end kummen waren, da sye sich gantz einig wußten, Gabriotto anhůb und sprach: ›Mein lieber Reinhart, ich bitt dich, so du anderst ein recht und war vertrewen zů mir hast, du wöllest mir sagen, was die junckfraw Rosamunda mit dir geredt hat, als du den heütigen tag bei ihr gestanden bist.‹

Reinhart anhůb unnd sprach: ›Mein Gabriotto, du bedörffest mich nit also hoch ermanen; dann du weyst mich allzeit in allem vertrawen gegen dir ston. Ich hab mir auch zůvor fürgenummen, dir ein semlichs nit zů verhalten. Du solt wissen, das mich heüt zů tag Rosamunda, als ich mit andren den ballen schlůg, mit so inbrünstiger liebe entzündt hat, das ich zum theil nit wissen mocht, was ich thet: sye mit solichen gedancken ansah und meynet, meinem gsellen die ballen zůzůschlagen. In solchem ansehen schlůg ich der junckfrawen ir den ballen zů. Des mich zůhand grosse scham umbgeben thet; von stund an mich zů Rosamunda füget. Des Philomena bald warnam; als ich nun Rosamunda mit gantzem fleiß darfür betten thet, fieng mich die junckfraw Philomena mit schimpfflichen worten an zů kützlen, als ob ich mit fleiß Rosamunda den ballen zůgeschlagen hette, mich darbey irs gunsts zů mir tragen underrichten ward. Des mich grosse freüd umbgeben thet, in dem mich zů Rosamunda, der junckfrawen, keret, die freündtlich batt, sye mich für einen diener nit verschmahen solt. Des sye mir zůhandt versprach, auch nit leügnet, das sye mir vor langem ir huld gern zů wissen gethon hette, aber umb minder nachred willen sye mich batt, das ich wider zů meinem gesellen keren solt, demnach wolt sye den[236] nechsten tag so sye mich und dich allein hinden an dem palast finden möcht, mir ir liebe zů thůn. Darauff ich mit gantzen fleiß harren will.‹

Was grosser freüd Gabriotto von seines gsellen red empfieng, nit wol zů beschreiben ist. Dann er vor langen nichts auff erden mer beren thet, dann das Rosamunds von Reinharten auch lieb gehalten, auch dermaßen Rosamunda ihm liebe tragen thet. Das alles nun vorhanden was, wie ir dann solichs wol vernummen hand.

19. Wie Rosamunda iren liebgehabten Reinharten ir liebe zu wissen thut

19.
Wie Rosamunda iren liebgehabten Reinharten ir liebe zů wissen thůt durch einen brieff in einem meyen verborgen.

Nun was das begeren der zweyer par, namlich Philomena und Rosamunda, dergleich Reinharts und Gabriotten, yetz gantz nach irem willen ergangen und nun der anfang nach irem beduncken schon gemacht. Aber es mocht in nit also nach irem willen zů end gon; dann das schmeichlend gelück, welches uns also lieblich anlacht, aber zůletst mit bitterem angesicht sich von uns keret, dasselb in zůletst auch ein bitteren unnd trübseligen außgang geberen thet, wie ir dann ein solchs eygentlich in diser History bericht werden solt. Das lassen wir berůgen und sagen fürthin, mit was gescheidigkeyt dise ir liebe einander geöffnet, auch wie sye die ein lange zeit heymlich getragen haben, biß zůletst die sach anfieng außfindig werden; da můsten sye sich ein wenig ihrer liebe entziehen, wiewol das auch zů beden seiten mit grossem leyd geschehen thet, wie ihrs dann wol hören werdt.

Als sich nun begab nach kurtz vergangnen tagen, das Reinhart und Gabriotto aber auff dem vil gemelten lustplatz ir kurtzweil mit dem ballen unnd ander kurtzweil sůchten, [237] doch mer darumb, das inen ir liebsten junckfrawen zů gesicht kummen möchten, sich von ungeschicht füget, das die junckfraw Philomena in irem gemach allein was. Wiewol sye Rosamunda warten was, noch forcht sye, Reinhart unnd Gabriotto vor der junckfrawen zůkunfft abweg gon würden, oder aber würd sich das ander hoffgesind zů inen auff den lustplatz fügen; derhalb Philomena in grossen sorgen was. Wie sye nun also mit mancherley gedancken beladen was, so kumpt Rosamunda gantz stillschweigend an die thür ires gemachs, mit züchten anklopffet. Philomena das klopffen irer gespielen zů stund erkennen ward, mit grossen freüden die kammerthür auffschlossz. ›Ach gott‹, sprach sye, ›mein allerliebste Rosamunda, wie hast du mich so ein lange zeit mit schweren gedancken dein lassen warten, dieweil ich deinen liebsten Reinharten also offt mit begirigem hertzen nach dir herauff an das fenster sehen sah, und er aber deiner nit sichtig werden mocht. Deshalb ich in marckt mit trawren umbgeben sein.‹

Rosamunda nit erwarten mocht, biß Philomena ihr red zů end bracht, von stund an an das fenster gieng, daran sye iren allerliebsten Reinharten meynt zů finden. Der dann seine augen auch stetigs gegen dem vil gemelten fenster keren thet, der zůhandt seiner allerliebsten junckfrawen an dem fenster ansichtig ward; des ihm von stund an sein hertz von freüden in seinem leib auffhupffet. Rosamunda anhůb, zů Philomena sprach: ›Junckfraw, ir sond meines anssenbleibens nit so groß wunder haben; dann mich nodtwendige geschefft davon entzogen hand, mir nit müglich was eh herzů kummen; aber mein hertz zů allen zeiten an disem fenster gewesen ist‹. Mit dem gered der junckfrawen Philomena ein schönen zůsamen gebundens meylin wiset, in welchen sye einen brieff mit subtilem list verborgen hat, ir damit den inhalt des brieffs wissen thet, den ich hie von kürtze wegen underlassen will.

Rosamunda dem jüngling ein worttzeichen gab. Des er bald wargenummen hett, sich behend unden an das fenster füget. Die junckfraw im das meylin hinabwarff, also sprach: ›Jüngling, der meyen würt euch offenbaren das, so mir vergangens tags nit müglich was zů sagen.‹

Als nun Reinhart den brieff mit grossen freüden in dem [238] schönen meyen verborgen Gabriotten seinem gsellen bracht und noch kein gedencken hat, das etwas gschrifft darinn verborgen wer, zů seinem gsellen sprach: ›Mein allerliebster Gabriotto, sag mir doch, ich kan mich der wort, so ich von Rosamunda gehört hab, nit verston. Dann sye sagt, diser meynen würd mich berichten des, so sye mir vor nit mit worten hett mögen anzeygen.‹ Der jüngling Gabriotto den meyen in sein hand nam, in hinden und fornen mit gantzem fleiß besehen thet, anhůb unnd sprach: ›O du geschwinde lermeysterin, dein kunst und behendigkeit nit außzůsprechen ist.‹

Reinhart sah seinen gsellen an und gedacht: ›Was meynet er doch mit semlichen worten?‹ Also sprach: ›Gabriotto, sag, wie soll ich dise deine wort verston? Was lermeysterin meynst du?‹ – ›Das will ich dir sagen‹, sprach Gabriotto, ›ich meyn die mächtig und gewaltig liebe, deren doch kein heymlicher weg verborgen ist. Sih zů, mein Reinhart, durch disen meyen würst du bericht der trew unnd liebe, so du von Rosamunda, deiner liebsten junckfrawen, wertig bist.‹

›Das můst du mir anderst dann in einem solchen weg zů verston geben‹, sprach Reinhart, ›dieweil doch diser meyen mir nichts anderst dann den lieblichen geruch geben thůt.‹ – ›So nymb in‹, sprach Gabriotto, ›und bind in auff an seinem styl! So würstu mir aller meiner red gewunnen geben.‹

Erst verstund Reinhart, wie es die junckfraw gemeynt hat; er saumpt sich nit lang und brach die blůmen von einander, da fand er ein subteiligs briefflin in dem styl des meyens mit einer kleinen geschrifft, in dem er allen willen seiner allerliebsten junckfrawen verstund. Die freüd, so Reinhart von semlichem kleinem briefflin nam, also groß was, das mir nit müglich ist die zů erzelen. ›Nun‹, sprach Reinhart, ›mag ich mich wol mit dir, mein allerliebster Gabriotto, erfrewen, dieweil ich mich weyß von der schönsten junckfrawen geliebt sein, so in der gantzen welt wonen thůt. Ich sag auch, das mir bede zů einer glückseligen stund auß Franckreich geritten seind unnd noch zů einer glückseligen stunden in diß künigreich kummen, dieweil uns das glück mit zweyen solchen schönen und züchtigen junckfrawen versehen hat, als kein mann auff erden nye versehen ward. Dann da ist kein zweiffel [239] mer zů haben, so wir uns dermaßen halten, und das wir den orden der ritterschafft erlangen, uns die beden junckfrawen zů rechter ehe werden. Was würt man dann in Franckreich sprechen, so man vernemmen würt dich eines künigs schwester und mich eins graffen tochter zům weib haben! Warlich sich noch manig jung edelman des hoffs und eines vatterlandts verziehen würt unnd sich auch an andren höffen understohn ehr zů erwerben.‹

›Dein meynung‹, sprach Gabriotto, ›fürwar nit zů verwerffen wer, wo die also gantz richtig hinaußgieng. Aber ich sag dir, Reinhart, es sei dann das wir die sach heymlichen und verborgenlich halten, mir dadurch in grosse angst und nodt gesetzt werden mögen, also das wir unsers leib und gůt darob besorgen müsten. Aber so du meinem raht folgen wilt, wend wir on alle sorg unser beder angefaugne liebe zů gůtem glückseligem end bringen.‹ – ›Des biß sunder zweiffel,‹ sprach Reinhart, ›ich mich nymmer keins andren rahts mer trösten will dann des deinen.‹

In solchem gespräch die beden jüngling ein lange zeit verharren theten, so lang biß die zeit des nachtmals kummen was, welchs sye mit freüden namen, demnach zů beth giengen, die nacht mit süssem schlaff vertreiben theten.

20. Wie die liebe Reinhart zu Rosamunda trug

20.
Wie die liebe, so Reinhart zů Rosamunda trůg, durch einen neidigen ritter geöffnet ward.

Die liebe dieser liebhabenden menschen so krefftiglichen zünam, das sye zů beiden seiten kein rechte freüd nit gehaben mochten, wo eins des ander nit sehen mocht; kein ander begeren hatten, dann sich einmal allein bei einander zů finden. Nun was an des künigs hoff nyemandts, dem semliche lieb kundt war oder so sein ye wargenummen hett, dann ein ritter, welcher der junckfrawen Rosamunda lang zeit heymlich lieb [240] getragen hat, aber nye kein gnad bei ihr hekummen mocht. Der ritter war genant Orwin, eins freüdigen und dürstigen gemüts, sein hertz im allein stund auff unfriden, zanck und hader anzůrichten; es was auch sein grosse freüd, so er sich mit eim zancken und hadren mocht. Deshalb er zům dickern mal ein lerrmann an dem küniglichen hoff anbracht, darumb ihm dann Rosamunda ir huld nit geben wolt. Als sich nun der ritter Orwin umbsunst fechten meynet, gedacht er ihm, womit er doch der junckfrawen möcht ein leyd beweisen.

Eines tags sich begab, das Rosamunda in einem garten gantz einig spacieren gieng; von ungeschicht Reinhardt auff einem gang an dem palast spacieren gieng, darab mocht er in den schönen garten sehen. Rosamunda in zůstund erblickt hat, im freündtlich zůsprach. Des Reinhart zůhand wargenummen hat, zů Rosamunda in den garten kam. Die ihn freündtlich empfieng, sye ihre schneeweisse händlin zůsamen verschliessen thetten, ein freündtlich gespräch mit einander hatten, ein yegliches dem andren sein anligen zů wissen thet, wiewol nichts anders dann alle zucht von ihnen begünnet ward. Nun begab sich, das Orwin, der ritter, auch auff dem summergang yetzund spacieren gieng, die zwey liebenden menschen in dem garten ersehen thet. Des im sein hertz von zorn erbrann, sich hinder sich an die wandt lenet, gern gesehen het, das die zwey etwas unerlichs mit einander fürgenummen hetten. Das aber nit geschah, sunder ein züchtig urlaub von einander namen. Als nun Orwin ersah, das sein meynung umbsunst was, er sich mit eim gebrecht herfürmachet unnd schrey hinab zů der junckfrawen: ›Junckfraw Rosamunda, mich beduncket, so ich mit meinem nammen Reinhart hieß unnd nit Orwin, ir würdend euch genädiger gegen mir beweisen. Aber damit ich mich gegen euch verschuldt hab, das ir mir also ungenädig seind, kan ich wol gedencken, das macht allein, das ich mich nit also in weibische händel als Reinhart schicken kan. Dann mein ding nit ist mit den ballen umbzůgon.‹

Da die junckfraw den unsinnigen ritter mit solchen fräffeln worten vernam, sye von gantzem irem hertzen seer erschrecken thet, stillschweigen von dannen schied. Reinhart ein klein vor der junckfrawen hinweggangen was, darumb er [241] die wort von dem ritter nit gehört hat. Des dann junckfraw Rosamunda wol zů můt was: dann sye in sorgen stůnd, wo er solche wort verstanden hett, nichts gůts davon bekummen wer. Darumb sye ir fürsetzt, dem jüngling semlichs zů verschweigen.

Orwin, der ritter, welcher yetz ein gantz unrewigs hertz überkummen hat, in steten gedancken was, womit er doch der junckfrawen ein unrhů zůrichten möcht. Nun was an des künigs hoff ein edler und wolgelerter bappagay, der die englisch sprach seer wol kundt reden. Der vogel hangt in mitten des küniglichen palasts, also das alles hoffgesind den vogel üben mocht und kurtzweil mit im treiben. In dem erdacht der ritter Orwin einen fundt und listigen weg zů finden; er lůgt täglich, wo er zů dem vogel allein kummen möcht, das er mit zucker und ander leckeriger kost, so dem vogel angnem was, gerist war, des nun der pappagay an ihm gantz gewont. Und so er dann dem vogel der ding gab, sprach er allweg darzů: ›Orwin, Rosamunda hat dich nit, sunder Reinharten lieb.‹ Das treib er so vil mit dem pappagey, das er die red gäntzlich von im gewonet.

Als nun der ritter vernam, das der pappagey, der vogel, an disen worten nit manglet, entzoch er im den schleck und kam nit mer allein auff den palast, sunder so er wußt allermeyst volck darauff sein, lůgt er, das er sich nit weit von dem vogel stellet. Sobald in dann der vogel erblicket, fieng er mit lauter stimm an zů schreyen und sagt: ›Orwin, Rosamunda hat dich nit, sunder Reinharten lieb‹. Das sprach er einmal [oder] sechs auff einander. So dann der falsch ritter den gewenten vogel erhort, nam er sich an, als ob er sich der red des vogels ser beschamet, und gieng allweg damit von dem palast. So dann der pappagey den ritter sah hinweg gon, hůb er noch fester an zů schreyen unnd meynt, sein entzogenen schleck damit zů bekummen.

Das geschrey des vogels bald vor dem künig erschall, der zůhandt schůff, das man den ritter zů ihm kummen hieß, des er zůhandt willig was.

21. Wie der künig den falschen ritter zu dem pappagey furt

[242] 21.
Wie der künig den falschen ritter zů dem pappagey fůrt, der vogel gleich wie andre mal den ritter ansprach.

Orwin gedacht in im selbs: ›Was mag doch news vorhanden sein, darumb der künig nach mir schicket?‹ Sich nit lang saumet, zů dem künig kam, der in zůhand bei seiner handt nam, auff den palast fůrt, da der pappagey hangen thett. Der vogel den ritter so bald nit erblicket, sein alt geschrey wider anhůb, des im der künig von hertzen genůg lachet. Der ritter, sich gleich wie andre mal schamhafft beweisen thet. Der künig zů im sprach: ›Warlich, ritter, mich kan nit gnůg verwundren, das dich die vogel also ansprechen unnd dir die liebe der junckfrawen also abkünden, die aber einem andren zůsprechen.‹ Der ritter Orwin dem künig antwort und sprach: ›Allergnädigster herr künig, das, so mir diser vogel anzeygt, ist mir nichts angelegen; dann er auß unwissenheyt semlicks thůt. Wiewol ich bekenn, das mich die junckfraw, so er mir nennt, in keinen gnaden auffnemen will, aber ob sye Reinharten lieb hat, mir verborgen ist.‹ Der künig, welchem des vogels red grosse freüd bracht, die sach also in einem schimpff auffnam.

Als nun Orwin hinweggangen was, meynt der künig, der vogel solt sich solcher wort mer gebrauchen, ein gůte zeit bei im stund, aber nichts mer von ihm vernemen mocht. Das ihnen zům theil argwenig machet; zůhandt nach dem, so des vogels gewonlich warten můst und im desgleichen sein speiß bracht, schicket. Alsbald er zů im kam, sprach der künig: Sag mir, hastu auch deßgleichen wort von dem pappagey vernummen? Im damit die obgemeldten wort anzeyget. ›Allergnädigster herr‹, sprach der vogler, ›so mir gott helff, ich der wort keins nye von im gehört hab.‹ Alsbald der künig das vernam, in ihm selb gedacht, die sach solt nit recht zůgon. ›Sag mir aber‹, sprach der künig, ›möchtest du auch den vogel [243] ettwas lernen reden, so du an in begeren thetest?‹ – ›Ja, gnädiger herr‹, sprach der diener, ›on zweyffel‹. Der künig sprach: ›Wie müst aber solchs zůwegen bracht werden?‹ Der diener sprach: ›Dem wolt ich also thůn. Ich wolt mich der wort alle zeit, so ich im die speiß geb, gebrauchen; die würde dann der vogel also von mir fassen und mich denmach sunderlich mit semlichen worten ansprechen.‹ – ›Das möcht also sein‹, sprach der künig; ›wolan, ich will den sachen recht thůn; dann ich will ye erkunden, von wem der vogel die wort gelert hab.‹

Nun wußt Rosamunda gantz nicht von dem handel. Als es nun was umb vesperzeit, ließ der künig sein volck zůsamen berüffen in den palast, außgenummen ritter Orwin, dem befahl er ettlich geschefft in der statt außzůrichten, damit er nit zů solcher berüffung erscheinen thett biß zů seiner zeit. Als nun das volk gar nach bei einander was, so dann gemeinlich zů hoff täglichen wonten, der künig zů dem jüngling Reinhart kam, in bei seiner handt nam, zů dem pappagey füret und thet das darumb, ob doch Reinhart an des vogels worten ein ursach were. Der pappagey sich aber deren keins hören ließ, sunder andre seine fantasyen, damit er täglich gewon was umbzůgon, für sich treiben thet.

Der künig erst mercklichen uff den ritter Orwin zweiffeln thet. Demnach ließ der künig sein schwester Philomena auch in den palast berüffen sampt irem frawenzimmer. Die junckfraw nit lang verzoch, mit iren junckfrawen züchtiglich gegangen kam, dem künig ir reverentz beweisen. Als in nun der künig dancket unnd sye auch mit freüden empfangen hat, hůb er an unnd sagt: ›Mein liebe schwester Philomena, nit verwunder dich ab dem, so ich nach dir geschicket hab! Dann es umb einer schimpfflichen ursach willen beschehen ist; dann unser vogel hie zůgegen deiner junckfrawen eine mit einem lieben bůlen versehen will. Nun laß ich mich aber beduncken, der vogel sey mit listen darzů gewenet. Das zů erfaren ich nach allem meinem hoffgesind hab geschicket, vernimb aber gegen keim, so der vogel solcher wort gebrauch, dann einem allein, der dann zůhandt auch kummen würt.‹

Der künig noch kaum außgeredet hat, der ritter Orwin [244] in den küniglichen palast kam. Alsbald nun der vogel sein ymmer wargenummen hat, fieng er an unnd sprach: ›Orwin, Rosamunda hat dich nit, sunder Reinharten lieb.‹ Das treib er lang und vil, wolt auch sunst kein ander wort nit reden. Nun bedarff nyemandts fragen, ob Rosamunda ab semlichen worten erschrocken sey oder nit; ich sprich aber, das sye dermaßen erschrack, das sye keinem lebendigen menschen mer gleich sah. Der künig des mit fleiß warnam, anhůb und sprach mit schimpfflichen worten: ›Junckfraw Rosamunda, ich sih wol, die zeit erfordert euch mit einem mann zů versehen. Dann so ewer vatter daran seümig ist, so wend euch doch die vögel in einem solchen bedencken.‹ In dem sich zů dem ritter Orwin keret, also sprach: ›Ritter, du solt wissen, das ich an deinem falschen anrichten kein gefallen nit hab. Dann ich wol verstand, der vogel also von dir gelert worden ist, das dann einem ritter nit seer wol zieret. Magst du dich sunst mit keinen andren an der junckfrawen rechen dann in disem stuck, so hettest du es auch wol mögen erlassen. Mir ist unverborgen, das dich Rosamunda nit hulden will; darumb ich ihr nit feind bin. So bedarffest du dich deiner ritterschafft nit überhaben unnd dich ettwas mer beduncken sein dann Reinhart. Unnd damit du aber sehest dir den jüngling an allen dingen gleich sein, so will ich in auff disen tag von wegen seiner tugendt zů ritter schlagen sampt seinem gsellen Gabriotto, dir auch darbey gesagt haben, wo ich semlichen auffsatz mer von dir vernimm, du solt an ehr und gůt gestrafft werden. Des wissz dich zů halten!‹

Der ritter von der red des künigs in grossen schrecken kam und wußt im auch gantz kein antwort darauff zů geben; dann er endtlich meynet, er der sach ein gantz vollkummen wissen trůg; darumb er dann also schamrot vor allem hoffgesind ston můst. Die junckfraw Rosamunda aber wol abnemen kundt, wavon ir die sach zůgericht was, in grossen freüden stund, das ihm der künig also über den kamm gefaren thet.

22. Was anschlags die beyden junckfrawen haben

[245] 22.
Was anschlags die beyden junckfrawen haben, von iren allerliebsten rittern vil zů red wurden.

Als nun Orwin also von dem künig die kapp empfangen hett, er sich schamrot in mitten des hoffgesinds stellet. In dem der künig gebott, zwey ritterlicher schwester zů bringen, das alsbald nach seinem willen volstreckt ward. Der künig die beden jungen mit eygner handt zů ritter schlůg, in die ritterlichen schwerter umbgürtet, darnach zů seinen räthen und allem hoffgesind sprach: ›Ir mein allerliebsten, es soll sich nyemandts verwundren, das ich dise zwen edlen herren alhie zů ritter gschlagen hab, so doch iren keiner ein solichs mit seiner handt bewert und erlangt hat. Ich sprich aber, das mich ir weiß und wandel nymmermer betriegen mag, sye werden, wo es zů beweisen kumpt, sich nit minder zů der sach schicken, dann ander gethon hand.‹ Des sye dem künig bed versprachen zů thůn.

Diß, so der künig au den beyden jünglingen begangen hat, menglichen lobet, in auch beden der ehren wol gunten, allein Orwin, der allein daran ein ursach was und meynet Reinharten einen unglimpff auffzůdrechen, da schůff er im, das er im an ehren und wir den gleich gehalten würd. Diß alles Philomena und Rosamunda gesehen und gehört hatten, die nit minder freüd in iren hertzen empfiengen, dann so es ihnen zůhanden gangen wer.

Als sye nun urlaub von dem künig namen, seind die beden junckfrawen in geheim in Philomena gemach gangen, sich also einig in grossen freüden zůsamen gesetzet, angefangen von iren zweyen jungen rittern zů reden. Philomena mit erst anfieng und sagt: ›Ach mein Rosamunda, sag mir, was gedachtest du, als der verflůcht vogel anhůb und sagt, wie du Reinharten also für den ritter Orwin liebtest?‹ – ›O gott‹, sprach Rosamunda, ›so ir mein wargenummen hetten, ir mich sunder zweyffel nit einem menschen, sunder einem ungefasszten höltzenen bildt vergleicht hetten. Noch wie grosser schrecken mich umbgeben thet, noch frewt mich von hertzen, das der [246] vogel Orwin, den ritter, also vor allem hoffgesind beschammet unnd ihn auch nachgons mein herr künig also mit fräflichen worten anfaren thet. Was grossen freüden mir aber bracht, als ich unser allerliebsten zů ritter schlagen sah, ich nymmermer erzelen mag.‹ Philomena sprach: ›Dir ist gleich geschehen wie mir. Dann ich warlichen glaub, mir nymmer grösser freüd zůhanden gohn werd, es sey dann sach, das ich mich bei mainem allerliebsten Gabriotto on alle sorg wonen seh. Ich sprich auch, das ich ihm unnd keinen andren sinn auff erden haben will. Das ist mein endtlich fürnem wort und meynung, davon mich nichts auff erden dann der todt scheiden mag.‹ – ›Warlich‹, sprach die junckfraw Rosamunda, ›das ist auch, das ich mir vor langem hab fürgenummen. Es sey doch meinem vatter und můter lieb oder nit, so will ich mich ehe aller mann auff diser erden verziehen und mich in einen ewigen unnd keüschen stand begeben, eh dann ich einen andren dann in haben will. Ach gott, wie möcht ich mir doch einen andren mann auff erden gefallen lassen dann meinen allerliebsten ritter, welcher mein hertz und gemüt mit warer lieb gefangen und gebunden hat!‹

Philomena sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, es were uns warlich von nöten zů betrachten, in welchen weg wir doch unsern allerliebsten rittern und liebhabern glück in iren newen orden wünschen möchten. Darumb so bitt ich dich du wöllest hierinn das best rathen und gedencken.‹ Rosamunda anhůb und sprach: ›Mein liebe junckfraw, der weg ist gůt Boden; unnd so ihr meins rahts pflegen wend, so wend wir morgen zů tag die sach nach unserm willen zů end bringen.‹ Philomena sprach: ›Deinen raht will ich fast gern von dir hören. Sag mir den bald, eh dann ich stirb!‹ Rosamunda anfieng und sprach: ›Allerliebste junckfraw, ich raht, das ir morgen, so das mal vollendet ist, nach unsern beden rittern schicken in ewer frawenzimmer in beisein aller ewer junckfrawen und dann inen nach unserm gefallen glücks wünschen. Und so wir in dann ettwas zů sagen hand, möchte das wol sunder allen argwon beschehen. So ir und ich an unser gwonlichen statt sitzen bleiben, so wißt ir, das uns der andren junckfrawen keine möcht gehören, was wir doch beyde mit [247] unsern rittern reden; dann die andren junckfrawen zů weit von uns sitzen.‹

Der raht Rosamunda von Philomena gelobt ward, also sprach: ›Warlich, Rosamunda, du hast mir mit deinem raht fast wolgefallen; darumb ich dir dann trewlich volgen will. Noch eins aber mich gedaucht; dieweil uns villeicht die zeit nit vertragen würt nach unserem willen mit den beyden jungen rittern zů reden, wer mein meynung, wir schreiben inen unser yegliche, was ir zů willen wer; das möchten wir ihn dann gantz verborgenlichen zůschreiben, das sein nyemandts ynnen werden möcht.‹ – ›Das widerraht ich‹, sprach Rosamunda, ›dann der jungfrawen seind vil und nit all eines sinns. So dann eine, so uns widerwertig wer, ein semlichs warnem, möcht uns unser freüd in leyd und trawren verwendt werden. Ich hab in mir weyt einen andren raht erfunden; das ist: ihr wissendt, das sich die beyden ritter fast auff das federspil gelegt haben und noch thůndt; so weyß ich, das unser erzettin durch das gantz jar turteltauben erziehen thůt. Wann wir nun der deüblin ein par zůwegen bringen, so will ich mit Reinharten den mornigen tag verschaffen, das er mit seinem vogel hinden an mein gemach reiten můß mit seinem falcken. So er mir dann nach dem deüblin schießt, will ich in zůhanden nemen und im die dauben geben unnd damit etzen. So das geschehen ist, will ich ihm under seinen flüglen einen brieff mit listen anhencken, das es in dannocht an seinem fluck nichts schaden noch hindren můß. Diß alles ich den ritter underrichten will, damit er sich weyßt zů halten.‹

Der sinn und weg der junckfrawen Philomena fast wol gefallen thet, anhůb und sprach: ›Rosamunda, ich kan mich deiner wunderbarlichen anschleg nit gnůgsam verwundern. Unnd so ich dich nit so wol von jugent auff erkannt bett, du möchtest mich gedencken dich die ding lang zeit gebraucht haben.‹ Als nun die junckfrawen iren anschlag gemacht, sye urlaub von einander namen, biß an den mornigen tag die sach berůgen ließen.

23. Wie die beyden junckfrawen iren rittern glück wünschten

[248] 23.
Wie die beyden junckfrawen iren allerliebsten rittern glück wünschten, inen auch iren heymlichen anschlag zů verstohn gaben.

Als nun des andren tags die zeit kummen was, in deren die beyden junckfrawen ihren anschlag ein genügen thůn wolten, und yetzůndt der morgenymbiß vollendet was, Philomena einen edler knaben, so allzeit in dem frawenzimmer was, nach Gabriotten unnd Reinharten, den beyden jungen rittern, schicken thet. Als sye nun die bottschafft venummen hatten, sye von stund an zů den junckfrawen in das frawenzimmer kamen. Die zůhandt freündtlich von iren liebsten junckfrawen empfangen wurden, sich mit züchtiger reverentz gegen den schönen junckfrawen beweisen thetten.

Philomena anhůb und sprach: ›Ir edlen ritter, darumb wir bede nach euch gesandt haben, sond ir euch nit befrembden lassen. Dann es auß keiner andren ursach beschehen ist, ir wissendt, was die ursach ist, das ir zů dem ritterlichen schwerdt kummen seindt. Darzů wir euch beden als glück wünschen thůn. Das aber ir, die beyd von wegen meiner lieben Rosamunda dahin kummen, euch also undankbar beweisen und deren, so gäntzlich ein ursach ist an dem handel, noch kein danck beweisen hand, kan ich zů meinem theil nit sagen, bin auch von Rosamunda, meiner junckfrawen, darzů erbotten worden, euch beyden ein semliche meynung fürzůhalten, und begeren hierauff von euch ein antwort zů hören.‹ Die schimpfflichen wort, so Philomena mit den beyden jungen rittern geredt hatt, Rosamunda ein klein schamrot machten; darumb sye nit der antwort von inen warten wolt; dann Philomena das alles on ir geheyß geredt hat. Rosamunda anhůb und sprach: ›Ir jungen edlen ritter, ich wünsch euch zů tausent malen alles heyl. Das aber junckfraw Philomena euch hie also mit schimpfflichen worten ansůchet, bin ich sunder zweyffel, ir das wol verstanden, wie sye es gemeynet.‹ [249] Gabriotto der erst was, so auff solche wort antwort gab, anhůb unnd sprach: ›Allergnädigsten junckfrawen, wir dancken euch zůvor der ehren, so ihr uns gunnen, die wir doch unverdient zů solchen ehren gezogen seind. Wo sichs aber über kurtz oder lang zůtragen würd, das wir unsern stand beweren solten oder müßten, wolten wir uns dermaßen halten, das wir unstraffbar gegen menglich sein wolten. Das vertrawen hand wir zů gott und unsern feüsten. Das wir aber uns dermaßen also undanckbar gegen junckfrawen Rosamunda gehalten und erzeygt hand als gegen deren, von dennher der erst ursprung unnd anfang unser ritterschafft ist, bitten wir demütiglich uns semlichs zů vergeben; dann es aus keiner verachtnüß, sunder auß lauter unwissenheyt beschehen ist.‹ – ›Wolan‹, sprach Philomena, ›dieweil ir dann beyde der stangen begeren, könnend wir euch der gnaden nit abschlagen. Doch bitt ich euch mir meiner red verziehen; dann ich sein von Rosamunda gantz keinen befelch gehabt hab unnd das allein für mich selb dargeben, damit ich mein junckfraw vor euch beyden schamrot machen möcht.‹

Reinhart, der ritter, anhůb und sprach: ›Allergnädigste junckfraw, ich laß mich beduncken, die red in schimpfflicher weiß von euch beschehen sein. Ihm ist aber dannocht wol halb, wie ihr angezeygt haben. Dann warlich, wo der ritter Orwin mein gnädigen herren nit also in zorn mit dem pappagey bewegt hett, wir weren noch nit zů dem schwert kummen. Doch frewt mich, das der vogel bekannt hat, junckfraw Rosamunda mir mer liebe trag dann dem ritter Orwin, als ich auch sunder zweyffel glaub unnd halt.‹ – ›Ir sond sein auch‹, sprach Rosamunda, ›sicher und on allen zweyffel sein, das ir mir nit allein vor dem ritter lieben, sunder vor allen mannen auff erden. Des frew ich mich von hertzen, welches hertz ir zů allen zeyten in waren und rechten trewen finden werden.‹

Als nun die junckfrawen also bei den edlen jungen rittern gestanden waren, sye, die junckfraw Philomena, sye beyd bey iren händen nam, zů obrist des sals auff einen banck zů ir sitzen hieß, des sye beyd gůtwillig waren. Also Rosamunda zů ihrem ritter und Philomena zů dem ihren sitzen thet. Die junckfraw Rosamunda anhůb unnd sprach: ›Ihr edlen ritter, [250] dieweil uns gott und das gelück also vergnunnet hat mit einander zů reden, des wir dann lange zeit begert hand, so sprich ich von wegen meiner junckfrawen unnd mein, das wir euch beyd dermaßen außerkoren hand, das uns nyemandts dann der todt auß diser welt scheyden můß. Wiewol sye ein küngin und ich eins graffen tochter, so sagen wir doch beyd von wegen ewers tugendtsamen unnd edlen gemüts, ihr unser wol wirdig seind. Deshalb ihr euch auch dermaßen gegen uns halten wöllen; dann wir zů rechter ehe keiner andren gemeinschafft ingon wöllen.‹

Wer mag doch beschreiben die groß freüd, so dise beyden jüngling umbgeben thett, als sye verstunden sich also größlich von den junckfrawen lieb gehalten sein, das sye ir zů rechter ehe begerten! Gabriotto anhůb und sprach: ›O allergnädigsten junckfrawen, wir armen ritter schetzen uns nit so wirdig, das wir euch, demnach ihr werdt seind, dienen mögen. Dieweil aber ihr uns ye ein solchen grossen trost geben, wie mögend wir den ymmermer gegen gott und euch verdienen!‹ – ›Diß lond yetzund bleiben‹, sprach Rosamunda, ›unnd vernemendt mich, was ich für einen rahtschlag in mir hab!‹ Also anhůb zů erzelen die meynung von der dauben und dem falcken. Des sye wol und mit gantzem fleiß wargenummen hatten, kümmerlich des andren tages erwarten mochten, von den beden junckfrawen urlaub namen, von dannen giengen, mit grossen freüden ir gespräch biß in die finster nacht vertriben.

24. Wie die junckfrawen iren rittern die ursach irer liebe wissen thundt

24.
Wie die beyde junckfrawen iren rittern durch listige weg die erst ursach irer liebe zů wissen thůndt, und die ritter auff dem weydwerck geritten seindt.

Gar wenig schlaffen kam disen beyden in irem sinn, mit grossem verlangen des zůkünfftigen tags erwarten můsten. Alsbald nun der sonnen glantz den morgenstern seinen schein benummen und verdunckelt hat, unnd yetzund iren spreißigen kopff hinder den hohen gipfflen herfürrag, die beyden jungen [251] ritter von irer rhů auffstunden, irem fürnemmen ein end zů geben sich rüsteten mit allem, so in zu dem federspil und weydwerck dienstlich was, wiewol in die fasandt, reyer und räpphüner nit so vil anlagen als das unschuldig turteldeüblin, das dann schon zů solchem schimpff verrathen was.

Die jungen ritter den tag so mit grossen freüden nit erlebt hatten, Philomena und Rosamunda gleich so vil freüd davon empfiengen; so bald den tag nit ersehen hatten, auffstunden. Philomena ihrer Rosamunda mit grosser begier warten thet, die nit lang außen was, zů der junckfrawen Philomena gemach sich füget, gantz still anklopffet. Die junckfraw on alles rumor die thür so heymlichen auffschloß, das ihr eygene kammerein des nit warnam. Philomena die kammer in still wider verriglen thet, sich in ein heymlichs stüblin, so in ihrem gemach was, setzten, anfiengen einen brieff zů schreiben, in welchem sye den beyden jungen rittern den anfang unnd erst ursach irer liebe zů wissen thetten (welches lange weil nem zů schreiben, auch verdrießlich wer zů hören, dieweil ir sein nach der lenge vornen her bericht seind). Als nun der brieff vollendet, ein yede junckfraw ir underschrifft an den brieff schreiben thett, auch mit beden bittschieren verschliessen thetten.

Als sye nun semlichs vollendt hatten, Rosamunda anhůb und sprach: ›O gott, ich bitt dich, wöllest heüt den botten, so disen brieff füren soll, in sicherem und rechten weg geleyten, dieweil du doch erkennest uns ein erliche liebe zůsamen tragen, in deren kein falsch noch betrug nymmer gespürt werden soll. O herr, schaff, das diser brieff nyemandts anders dann disen zweyen edlen rittern zůhanden kumm! Des wir dich von gantzem hertzen bitten wöllen.‹ Als nun Rosamunda die wort vollendt, sprach sye: ›O mein allerliebste junckfraw, ich můß euch bekennen, das mich, dieweil und wir die beyden ritter anfiengen lieb zů haben, nye mer sorg unnd angst umbgeben hat. Dann so ich betracht, was grosser gfar uns uff disem handel stat, so umbgibt mich forcht allenthalben; [252] dann ich weyß mich allein an dem ein anfengerin und ursach sein, dieweil ich mit erst den raht mit dem falchen geben hab.‹ – ›Ach gott‹, sprach Philomena, ›womit bekümmerst du dich doch, das du dir ein semlich forcht auffladest bevor meinethalb! Ich bitt dich, schlag semlichs als zůruck unnd hab meinenthalben gantz kein unmůt! Und ob sich schon begeb, das der falck mit dem brieff zů meinem brůder, dem künig, käm und er mich darzů beschicket, mir das also fürhalten würd, so wolt ich mich unerschrockenlich darstellen und im die sach gantz bekennen. Wolt er dann ye meynen, meinem ritter ettwas schmach anzůlegen, und in mit einicherley underston zů straffen, müste er warlich die händ mit erst an mich legen. Und ob aber ein seehlisches nit von im beschech, wolt ich mich warlich mit eygner hand in gleichem straffen, wie mein allerliebster ritter gestraffet würd. Des ich aber hoff alles vermitten bleiben soll.‹

Die junckfraw Rosamunda von der trostlichen red Philomene ettwas hertz empfahen thet, anfieng unnd sprach: ›Allerliebste junckfraw, ir sond keinswegs gedencken, das ich meiner person halb einicherley entsetzens hab. Dann ich, wie ihr sprechen, von meines ritters wegen den todt in keinerley weg fliehen wolt; wie möcht ich doch ymmermer on in leben, dieweil ich ihm mein hertz für eygen geben hab! Es müst mich aber ymmer rewen die schönen und züchtigen jungen ritter, so in ettwas übels zůhanden gon solt, ja vil mer, dann so es mich selb belangen würd. Dann gewiß were es, so ewer brůder diß brieffs sichtig würd, es warlich mißlich umb uns zůgohn dörfft. Dieweil ihr mich aber, allerliebste junckfraw, also mit dapfferem unnd unerschrockenlichem hertzen trösten seind, wie möcht ich dann die sach mit verzagtem gemůt underston! Eh will ich darumb leiden alles, das mir gott unnd das gelück zůsendet.‹ – ›Das thů frölich‹, sprach Philomena, ›unnd laß dich gantz nichts daran verhindren!‹

Mit disen worten sye auffstunden. Philomena kamerin sich erst anlegt; als sye Rosamunda ansichtig ward, kundt sye sich nit gnůg verwundren, wie sye hineinkummen was, yedoch nit fragen wolt. Also Rosamunda urlaub nam, irem geschäfft nachgieng, zůhand in ihr kammer kam, zů vilmalen das fenster [253] auffsperret und besehen thet, ob sye doch ires ritters nit ersehen möcht.

Nit lang stund, die beyden jungen herren on alle andre gesellschafft geritten kamen, ire falcken zůhanden fůrten. Die junckfraw das deüblin bald under iren laden setzt. Der ritter dem falcken sein haub abzoch, ihm die dauben under dem fenster weiset. Der falck sye bald ersehen hat, darauff schossz, in seine klawen grimmiglich erwischet. Die junckfraw dem vogel züsprach, welcher ihr mit willen erwartet. Sye inen zůhanden nam, der ihr gantz williglich vergunt mit im zů handlen. Die junckfraw ihm den brieff an sein gefessz band, inen, als er die dauben yetzundt gar gfressen hat, wider in das fenster trůg. Der ritter mit seinem lůder dem falcken zů im rüffet, der sich nit lenger saumet, wider zů seinem herren geflogen kam, den brieff on alles übel seinem herren bracht. Der mit grossen freüden den brieff von seinem gefessz nam, seinem gsellen den vogel zů den seinen gab, anhůb den brieff auffzůschliessen, seinem gsellen und im selb den brieff zů vilmalen lesen thet. Darnach dem weydwerck mit grossen freüden nachhangten, biß sye nach irem willen ersettigt waren, frölich und wol zů můt wider heym zů hauß geritten kamen.

25. Wie die junckfrawen einer ertzettin ir liebe zu wissen thundt

25.
Wie die junckfrawen einer der künigin ertzettin ir heymliche liebe zů wissen thůndt, irs raths und hilff darinn begeren.

Nit lang nach disen dingen begab sich, das Philomena und auch Rosamunda allein bei einander waren. Philomena anhůb aber von irem allerliebsten ritter zů reden unnd sagt: ›Rosamunda, mein allerliebste, geb doch gott einmal das glück, das uns mit unser allerliebsten rittern ein geniegen sein möchte unnd aber ein semlichs on alle sorg beschehen möcht. Fürwar ich darumb gern leiden wolt etwas, so mir übel bekäm, ich sprich schier, ich wolt mich hernach nit widern zů sterben. Nun aber ist uns allein solchs nit müglich zůwegen zů [254] bringen, wir müßten dann einen gehilffen darzů haben. Darnach laß uns mit löchstem fleiß bedencken!‹

Rosamunda sprach: ›Mein liebe junckfraw, mein begeren warlich auch dermaßen gericht wer, das wir uns einmal allein bei unsern allerliebsten rittern möchten finden. Das ir aber sprechen, uns ein gehilffen von nöten sein, beduncket mich warlichen ein fast sorgliches ding sein, kan auch darzů gar keinen raht nit finden. Sagend mir doch, wem wolten wir unser sach so gar vertrawen, da uns nit zwyfaltige sorg in alleweg umbgeben würd! Dann nyemandts an disem hoff wonet, so gern ettwas wider ewern brůder, den künig, handlet. So will uns auch nit gebüren, die ding ausserhalb dem hoff anzůfahen. Wo wir aber yemandts finden möchten, so uns in gantzen trewen meynet, es müßt aber ein weib unnd kein mann sein; dann sunst wer aller anschlag umbsunst.‹

Philomona sprach: ›Rosamunda, die ding ich alle wol ermessen kan. Aber mich gedaucht, ich mir ein vertrewte person an disem hoff finden solt; unnd das ist mein ertzettin, so allweg sich freündtlich gegen mir in allen trewen erzeyget hat; ich hab sye auch all mein tag nye in einem stuck ungerecht gegen mir befunden. Nach deren, meynt ich, wolt ich schicken unnd ir die sach von weitem erkleren. So ich dann ein antwort von ihr bringen möcht, wolt ich bald an ir vernemen, wes sinns oder willens sye wer.‹

Rosamunda sprach: ›Liebe junckfraw, es möcht villeicht also sein. Die ertzettin aber auch vil bei meiner frawen, der künigin, wonet, gegen deren sye sich etwann möcht hören lassen, darauß uns dann zůvor der gröst unraht entstohn möcht.‹ – ›Dem will ich wol vor sein‹, sprach Philomena, ›dann ich mich dermaßen gegen ihr will hören lassen, das sye ettwas von den beyden rittern [nit] vernemmen mag, so lang ich ihrer trewe gantz gewissz bin. Deßhalb, mein Rosamunda, du on allen zweifel sein solt unnd gang hin, heyß mir die fraw kummen! Dann mir endtlichen vor ist, sye werd sich nach allem unserm begeren halten.‹

Die junckfraw Rosamunda wol zůfriden was, schnell hingieng, da sye die ertzettin wußt zů finden, die dann in irem gemach was. Als nun Rosamunda ir der junckfrawen Philomena [255] bottschafft zů wissen thet, die zůstund bereyt was, zů Philomena kam. Die sye mit grossen freüden empfahen thet sye zů ir nidersitzen hieß, anhůb und sprach: ›Mein allerliebste Laureta, darumb ich nach dir hab geschicket, will ich dir kürtzlich zů verston geben. Das ist allein beschehen, das ich deines raths pflegen mög. Du solt wissen, das ich mit einem schweren [ge]dancken beladen bin, davon mich nyemandts dann du oder der todt entladen mag. Und so du mir dein hilff und trost entyiehen thůst, will ich mich williglich dem todt angesicht deiner augen ergeben. Darumb, mein allerliebste Laureta, mir dein hilff unnd trost nit entziehen wöllest.‹ Damit Philomena stillschweygend hertziglich anhůb zů weinen.

Als nun Laureta, die ertzettin, der junckfrawen red vernam, sye ein groß bedauren mit ir haben ward, anfieng und sprach: ›Gnädige liebe junckfraw, nit völlend einsmals also erschlagen sein, sunder entdeckend mir ewer anligen; will ich mich mit allem fleiß darein schicken. Dann mich kein ding auff erden beschweren soll, damit ich euch berathen und beholffen sein wißt, unnd ob ich schon mein leib unnd leben darumb verlieren solt. Des sond ihr euch zů mir in allen trewen versehen.‹ Philomena sprach: ›Mein liebste Laureta, ich hab dich nye anders dann in waren und rechten trewen befunden; darumb ich dann yetzund auch meinen besten trost auff dich gestelt hab. Aber ich besorg, so du mein anligen vernemen werdst, du dich nit darzů begeben, wiewol die sach an ihr selbs nit so sorglich ist.‹ Laureta anhůb und sprach: ›Ir sond, allerliebste junckfraw, nit lenger verziehen unnd mir ewer anligen entdecken. Ihr sond sehen, das ich mich in keinen weg sparen will, sunder meinen dienst unverzogenlich an euch beweisen.‹

Als nun Rosamunda fraw Laureta also reden hort und ir aber Philomena nit antwurt geben wolt, hůb sye an und sprach zů Philomena: ›Liebe junckfraw, dieweil euch fraw Laureta mit semlichem trost und zůsagen so vil versprochen und zůgesagt hat, so wolt ich mich nit so lang bedencken, sunder ir mein anligen zů wissen thůn, damit die gůt fraw nit also in zweiffel wer.‹ Philomena anhůb unnd sprach: ›Mein allerliebste Laureta, mich hat vor langer zeit ein edler ritter mit züchtiger [256] unnd eerlicher liebe umbfangen, und hab seydher nye mögen also vil zeit haben, in deren ich doch mich mit einem freündtlichen gespräch mit im het mögen ergetzen, wiewol ich des in keinen andren weg beger, dann was mit zucht und ehr beschehen mag; das will ich dir allhie versprechen und zůsagen. Nun bist du allein die, so mir ein semlichs zůwegen bringen mag. Darumb du dich, mein allerliebste Laureta, gegen mir gnädiglich beweisen wöllest unnd mich nit also in sinnen und verlangen lassen umbkummen.‹

Als nun fraw Laureta das frembd begeren von Philomena vernam, sye sich nit gnůgsam verwundren mocht, ein klein weil also ungeredt auff ir selb stund, darnach anfieng und sprach: ›Ich kan mich, allerliebste junckfraw, ewers begerens halb nit gnůgsam verwundren, das ir sagen euch also größlich mit liebe gegen einem ritter entzündt sein, dieweil ir doch noch wol funden, so euch gleich an geburt unnd küniglichem stammen weren. Yedoch bekenn ich, was ich euch versprochen hab, das will ich euch trewlich halten, so es anders ewern ehren unverletzlichen zůgon mag. So zeygendt mir den jüngling an, will ich verschaffen, das ir nit ein tag, sunder manchen on alle sorg bei einander wonen mögen.‹ Die junckfraw von den worten Laureta mercklichen trost empfieng, zůhand auffstund, ir umb iren hals fiel, also sprach: ›O du mein getrewe fründin, wie mag ich dir ewiglich semlicher gůthat vergelten, dieweil du mir also hertzlichen trost versprechen thůst! Ich versprich dir auch in warer und rechter trewe, das ich den ritter und er mich in allen züchten unnd ehren lieb habe.‹

›Nun wolan‹, sprach Laureta, ›dieweil ich dann ein semlichs von euch verstand, des auch sunder zweiffel keinen mangel mer hab, so mercken auff meinen anschlag, so ich in mir selb bedacht und für den unsorgsamsten weg ansih! Ir müssendt gleisen und euch annemen, als ob ihr mit ettwas kranckheyt beladen werendt. In dem mögendt ir on menglichs yrrung allein in ewerem gemach allein bleiben. In dem will ich mich gäntzlich ewer underziehen unnd bei euch bleiben. So sich dann begeb, das man zů hoff den ymbiß nemme, wolt ich den ritter on alle yrrung mit mir zů euch bringen. Darzů müssen [257] ihr ewer kammermeysterin auch gen hoff mit ewerem frawenzimmer zů essen schicken, damit ihr die ding gantz verborgen bleiben. Dann so wolten ich unnd Rosamunda uns einen gůten můt mit euch nemmen. Es müßte uns auch an gůter speiß hieram nichts manglen; dann ich die nach aller notdurfft weyß zů überkummen unnd zů bereyten.‹

Rosamunda den anschlag Laurete vast tobet, der auch junckfrawen Philomena nit minder gefallen thet. Laureta anhůb unnd sprach: ›Junckfraw, auff welchen tag ihr das haben wölt, so zeygendt mir das an! Ihr sond nun auch den ritter zů erkennen geben, damit ich ihm den anschluss öffnen mög.‹ Junckfraw Philomena anhůb unnd sprach: ›Laureta, dir ist der tugendtlich unnd edel ritter Gabriotto, als ich meyn, wol bekannt. Das ist der, so mir ob aller welt lieben thůt. Denselbigen sampt seinem gesellen Reinharten solt du auff den mornigen tag zů mir bringen. Du aber die weil alle ding, so du uns meynest nodtwendig sein, bekummen solt.‹ Mit disen worten sye Laureta ein summe gelts in einem seckel geben thet, darumb sye dann alle notdurfft zůwegen bringen möcht.

Laureta versprach, irem befelch trewlich nachzůkummen; damit urlaub von Philomena nam, wider in ir gemach gieng. Demnach Rosamunda lang zeit bei Philomena gewesen was, mancherley gespräch mit einander hatten, zůletst auch ein abscheyd machten, von einander giengen, biß schier die zeit kam, das man zů dem nachtmal gon solt. Wider zůsamenkamen, mit grossen freüden gen hoff kamen, das nachtmal mit andren junckfrawen vollbrachten, demnach ein kleine weil in dem garten nach irer gewonheyt spacieren giengen, zůletst sich zů bett niderlegten, den zůkünfftigen tag mit grossen freüden erwarten thetten.

26. Wie Laureta understund der junckfrawen begeren zu vollbringen

26.
Wie Laureta understund der junckfrawen begeren zů vollbringen.

Laureta, demnach sye von Philomena abgescheyden was, sye sich nach aller notdurfft bewerben thet mit kostlicher [258] speiß unnd tranck, so sye ankummen möcht, alles in ihr eygen gemach tragen thet. Als nun der mornig tag kummen was und sich menglich zů hoff dem morgen finden ließ (dann ein yeder da seines diensts außwarten můst), Laureta gedacht, wie sye zů Gabriotto, dem ritter, kummen möcht, also nach ihm gon thet. Nit lang stund, sye Reinharten ersehen ward, in ir selb gedacht genůg sein, wann sye das Reinharten kund thet, dieweil doch die junckfraw befohlen hatt, die beiden ritter miteinander zů kummen. Als nun Laureta zů Reinharten kam, sprach sye: ›Edler ritter, wissen ir mich nit zů weisen, wo ich den ritter Gabriotto find?‹ – ›Fürwar‹, sprach Reinhart, ›ich glaub in noch nit auffgestanden sein, oder verhart aber sunst also lang in seinem gemach. Dann ich im hieher gezielt hab, da er mich auch gwißlich in kurtzer zeit sůchen würt.‹

Als nun Reinhart noch nit außgeredt hat, so kumpt der ritter dorther gon, welchen Laureta ehe dann Rein hart ersehen hat. Darumb Laureta anhůb und sprach: ›Fürwar, so sich ein ding schicken will, so můß es ye einen anfang gewinnen. Dann ir beyd, so ich gern bei einander gehabt hett, yetzundt schon zůsamen kummen.‹ In dem Reinhart seines gesellen auch wargenummen hat; des im grosse freüd bracht, dann im ettwas der Laureta halben vor was. Als nun Gabriotto zů in beyden kummen was, in ein gůten tag gebotten hat und sye im yetzt gedanckt, Laureta anhůb unnd sprach: Ihr edlen ritter, ir werdt heüt zů tag meiner junckfrawen Philomena gast sein, die mich dann nach euch außgeschicket hat. Darumb so vernemendt, was ich euch sagen würd! Sobald es umb die zeit würt, das man zů hoff geblosen hat, so gedencken, das ihr für meinem gemach euch lassen finden. Unnd so wir dann meynen sich das gantz hoffgesind gesetzt haben, so will ich euch verborgenlich in meiner junckfrawen kammer unnd gemach bringen, also das sein kein mensch innen werden soll.

Wer mag da außsprechen die grosse freüd, so disen beyden jungen rittern zůgestanden sey, als sye vernamen, das sye mit iren allerliebsten junckfrawen, bey denen sye doch also ein lange zeit nye hatten eingetroffen, so lang [259] bleiben, das doch eins sich mit dem andren gnůgsam ersprächen hett mügen, das sye aber yetzund gantz gewiß waren! Der ritter Gabriotto anhůb und sprach: ›Ach mein allerliebste fraw Laureta, mit was gůthat mögen wir doch ewiglich beschulden, das ir uns beyden also ein fröliche bottschafft bringen! Wir bedancken uns des größlich gegen Philomena der junckfrawen, nachgend gegen euch, das ir so demütig gewesen seind und uns ein solche bottschafft verkündet. Gond hin und sagend meiner junckfrawen, das wir zů allen zeiten ir in dem und andren gebotten willig und gehorsam sein wöllen!‹

Laureta urlaub von den jungen rittern nam, sich wider zů Philomena füget, anfieng, als sye ir die sach verkündt hat, ein kostlich malzeit zů bereyten, deren die junckfraw Rosamunda, so best sye mocht, behilfflich was.

27. Wie die beyden jüngling bei ihren liebsten junckfrawen sassen

27.
Wie die beyden jüngling in grossen freüden bei ihren liebsten junckfrawen sassen, den ymbiß mit inen namen.

Mit gantzem fleiß Reinhart unnd Gabriotto der zeit erwarten theten, da man zů hoff anhůb zů blasen. Als das nun geschach, sye sich zů fraw Laureta gemach fügten, welche der beyden ritter warten thet. Als sye nun darkamen, die thür offen funden, bald hineinkamen, die fraw Laureta sye freündtlich empfahen thet, dieweil Philomena in ihrem gemach saß. Als nun ir kammermeysterin nach irer gewonheyt kam, die junckfraw in das frawenzimmer zů füren, Philomena zů ir sprach: ›Gond hin zů den junckfrawen und sagend, das ich nit wolmögend sey! Darumb ihr in freüden leben und mich diß tags unbekümmert lassen! Ir bedürffendt auch heüt nit mer zů mir kummen; dann fraw Laureta unnd Rosamunda bei mir bleiben werden, die mir dann meine geschefft wol außrichten werden. Darumb ich euch heüt gantz erlauben will.‹ [260] Die kammermeysterin wol zů můt was, von dannen schied, den junckfrawen iren befelch zů wissen thet.

Als nun Laureta meynet, das yederman ob tisch saß, fůrt sye die beyden jungen ritter mit ir in der junckfrawen Philomena gemach, die sye gantz frölich und aller irer angenummenen kranckheyt entladen funden. Philomena anffstund, ihren Gabriotto mit iren armen umbfahen thet, dergleichen Rosamunda iren allerliebsten Reinharten freündlichen umbfieng, davon inen allen vieren grosse freüd kummen thet. Nit lang hernach Laureta das essen über tisch trůg, das vast könstlich und wol bereyt was; den ymbiß mit grossen freüden anhůben. Laureta, welche ein frölich weib was, den beyden jungen rittern mit iren schimpfllichen worten vil freüd machet: dergleich Philomena unnd Rosamunda sich nach aller nothdurfft yede mit irem ritter ersprachet. Das aber sye als mit einander redten, lange weil zů beschreiben nem; es mag aber ein yeder liebhaber unnd liebhaberin ein semlichs betrachten, was sich für red und freündtlicher antwort von zweyen begeyt, so einander in rechter warer liebe hulden.

Under andren aber Philomena anhůb und sprach zů irem ritter Gabriotto: ›Edler ritter, demnach und ir nechstvergangenen tagen von mir bericht worden seind, dem ist also; es soll und můß auch also steiff und stet bleiben, das semlichs nyemandts dann der todt wenden soll. Des band euch hie mein trew zů einem pfand.‹ Damit sye im ir schneeweißes händlin bieten thet. Der ritter der junckfrawen einen schönen kostlichen ring zů einem waren unnd festen wortzeichen gab, den sye zůhand von im nam. Laureta anhůb und sprach: ›Also sih ich wol, junckfraw Philomena, auch nit bei einem krancken, sunder bei einem hirat sein.‹ Darauff Philomena sprach: ›Laureta, liebe freündin, lond euch unser willen nit betrüben! Dann fürwar das, so mir yetzund handlen, vor langem durch brieff unnd andren angefangen ist. Darumb ir euch darab gantz nit entsetzen dörffend, als ob ir ein ursach daran sein solten.‹ Laureta sprach: ›Gnädige junckfraw, ich beger nit mer von gott, dann das er ewer fürnemmen, anfang, mittel und end nach dem allerbesten und glückseligsten schicken wöll. So ir mir aber all verziehen wollen, will ich euch nach meinem [261] besten beduncken einen raht anzeygen. Wo ir dem also nachkummen, bin ich der hoffnung, euch nymmer übels davon bekummen soll.‹ – ›Sag an, mein allerliebste Laureta! Alles, so dich gůt beduncket, wir dir warlichen mit allem unserem vermögen volgen wöllen.‹

Laureta anhůb und sprach: ›Junckfraw Philomena, dieweil sich die sach mit euch unnd dem ritter also weit verloffen hat, so wer mein raht, ir das auff das heymlichst unnd verborgenlichest zů halten. Dann warlich, sobald des mein herr der künig innen werden solt, ihr in grossen sorgen stohn müsten, desgleich ewer geliebter ritter in grosser gfar seins leibs und lebens sein würd. Damit aber ir mit der zeit on alle sorg zůsamenkummen möchten, so müßt sich der ritter zů allen zeiten freündtlich gegen dem künig, ewerem brůder, halten und lůgen, das er allweg des morgens der erst bei ihm unnd der letst von ihm wer unangesehen der andren diener. Ob sye in schon darumb hasseten, so dörfft doch keiner dergleichen gegen im thůn. Auch so mer der künig verstohn würd, das er von andren dienern umb seiner dienst willen geneidet würd, so mer er im gnaden zů ihm ziehen würd. So sich dann begeb, das ettwann ein graffschafft ledig würd, so möcht ihn dann der künig von wegen seiner dienst damit begaben; als ich dann vor mer erlebt hab, das mein herr künig einen von beürischem geschlecht zů einem edelman gemacht, demnach zů ritter geschlagen, zůletst hat er in gegräfft, und stat darauff, er in bald zů einem hertzogen machen würt. Wann sichs dann mit ewerem ritter allso begeb, des ich dann von hertzen begeren bin, dann so möcht man durch mittelpersonen die sach zů gůtem end bringen.‹

Der raht Laureta den beyden zůmal wol gefallen thet, wiewol sye meynten, die zeit sich lang verweilen würd, eh dann es darzů kummen möcht. Also sye nun den ymbiß mit disen und andren vil worten in grossen freüden vertriben hat[ten] und Laureta den tisch yetz auffgehaben hat, so ersicht Gabriotto ein schachbrett an der wand hangen, zů der junckfrawen sprach: ›Junckfraw Philomena, seind ir auch des spils in dem schoch bericht?‹ – ›Ja, sicher‹, sprach Philomena, ›hand ir sein lust zů ziehen?‹ – ›So es, junckfraw, ewer gefallen [262] wer unnd uns die zeit auch so lang vergnunnen wolt bei einander zů bleiben, ich sein ein groß gefallen hett.‹ – ›Ach‹, sprach Philomena, ›edler ritter, ir sont euch gantz nichts besorgen. Dann ich euch nit urlaub geben will, biß das man am abent das nachtmal zů hoff besessen hat; sunst wer euch nit wol müglich on yrrung von hinnen zů kummen.‹ Der ritter das schochtafelbrett von der wand nam, welches alles von kristallin unnd jaspis vertheylet was; die steyn aber waren lauter helffenbeyn und schwartz bilsenhornen, mit subteiler meysterschafft außgraben. Philomena und Gabriotto also anhůben in dem Graben schoch zů ziehen; Laureta ihn mit fleiß zůsehen wollte, in dem sich Reinhart unnd Rosamunda ein klein neben sich auff einen banck zůsamen setzten, damit sye auch nach dem gefallen mit einander reden kundten. Unnd gleich als Philomena stete trew unnd liebe ewig zů leisten versprochen hatt also auch Rosamunda irem allerliebsten ritter versprach und besagt, der ir auch ein schönes kostliches kleinot zů einem hafftgelt gab. Laureta, welche aller gescheidigkeyt voll was, die sach auch wol verstohn kundt, aber keineswegs dergleichen thet, als ob sie es verstanden hett. Philomena und Gabriotto also die zeit in dem schoch ein gůte zeit vertriben. Also die vier lieben den gantzen tag mit freündtlichem gespräch und ander freüd, doch alles so züchtig und erlich, das es nit zů glauben ist, [vertriben].

Als nun der tag vergangen und die zeit kam, das man zů tisch geblasen hat, Laureta die beden ritter durch sicher und verborgene weg von dannen trieb. Die sich mit grossem unwillen von iren allerliebsten junckfrawen scheyden můsten, einander freündtlich umbfahen thetten, von dannen giengen, zů hoff kamen, sich mit andren des künigs hoffgesind zů tisch nidersetzten, das mal mit grossem unmůt vollbrachten; lieber bei iren allerliebsten junckfrawen gewesen weren, aber wol gedencken kundten, das es nit wol geschehen möcht; darumb ire hertzen zům theil in friden setzten, nach dem nachtymbiß mit einander zů betth giengen.

28. Wie der künig argwenig gegen Reinharten und Rosamunda werden thet

[263] 28.
Wie der künig bei dem rosenstock argwenig gegen Reinharten und Rosamunda werden thet, auch wie Gabriotto den preiß auff dem turnier behielt.

Dieweil sich nun unter andrem vil und mancherley verlieff mit disen zweyen edlen rittern und iren lieben junckfrawen, das als nit von nöten ist zů schreiben, als sich nun das glück anhůb von inen zů wenden unnd ir heymliche liebe an wolt sahen außbrechen, begab sich einest in dem meyen, das die künigin dem künig einen schönen unnd wolgestalten son geberen thet. Davon der künig unnd als hoffgesind mit grossen freüdenn umgeben warde, allenthalben in der statt freüdenfeür entzündt wurden dem jungen künig zů ehren. Als nun das kind zů tauff mit grosser reyligkeyt getragen ward unnd geteüffet, der künig in aller statt auff allen plätzen gelt under das volck werffen ließ. Darnach der künig einen mechtigen hoff außrüffen ließ in allem seinem land, darauff er alle fürsten unnd herren berüffen thet. Der hoff ward angestelt auff den achtzehenden tag des brachmonats, damit sich sich yeder nach seinem gefallen darzů ordnen unnd rüsten möcht. Es was auch angesehen, das die künigin dieweil auß der kindtbett käm.

Sobald nun die beyden junckfrawen von dem hoff vernummen hatten, wol gedachten, ire ritter sich auch darzů rüsten würden. Deshalben sie inen mittler zeit yede ein schöne liberey machen ließ. Die junckfraw Rosamunda irem ritter einen schönen und köstlichen roßenstock von berlin und goldt nach dem allerbesten sticken ließ, welchen er hinden und fornen auch an seinem harnasch köstlichen hat lassen malen, und den köstlichen roßenstock auff seinem helmlin füret. Seinem rossz ließ er machen ein vertheilte seydene decken rosseinfarb und weiß und allenthalben mit rechten nateurlichen roßen behencken; und wo die decke weiß was, da hatt er der allerschönsten roten roßen daran lassen hefften, so er sie gehaben mocht; wo aber das feld rot, was es mit den weissen roßen behencket.[264] Darzů was sein keyrißrock von gleicher farb von gůtem kermessein, roseinenrot und weiß unnd auch allenthalben mit roßen gleich der decken behangen. Das dann also schon unnd lustig anzůsehen was, das menglich sich darab verwundret. Er hatt auch hinden unnd vornen an seiner brust einen reimen umb sein leibery also gesichriben: ›So gott will, das eim geligt, der mey im vil der roßen bringt.‹

Philomena aber irem ritter ein fliegend hertz mit einer guldenen kron auff sein helmlin befal zů füren, dergleichen hinden und vornen an seiner brust ein ballen mit einem reimen darumb also lautendt: ›Groß freüd ich in meim hertzen trag, als trawren in den lufft ich schlag.‹ Sein rosse, was bedeckt mit einem schneeweißen seidig tůch oder decken, darinn allenthalben von roten kermessein hertzen darauff gehefft waren. So was sein keürißrock ein schwartzer kermessein, an dem an allenthalben ballen gestickt waren.

Als nun die zeit kummen was unnd yetz allenthalben auff das hochzeit kummen waren, da ward keiner kurtzweil vergessen. So lang der küniglich hoff weret, můst yederman frölich sein, es wer jung oder alt; dann es der künig also haben wolt. Als nun die hochzeit bei vier tagen geweret hatt unnd der künig meynet, das die frembden herren, so ettwann weither geritten waren, yetzund wol gerůgt hetten, deßgleichen ihre pferdt, da ließ der künig ein kurtzen turnier außrüffen, auff welchem sich ein yetlicher nach seinem besten vermögen brauchen möcht, doch kein ander kleinot noch gab da erlangen solt. dann das im die frawen unnd junckfrawen preiß und ehr nachsagen solten und in mit einem krantz begaben; den solten sie nach ihrem gefallen so köstlich machen, als sie wolten. Das gebott des künigs für die junkfraw Philomena kummen was. Als sie das vernam, mit raht der künigin und andren ihren junckfrawen einen überauß köstlichen krantz machet. Daran nun der künig nit ein klein gefallen hat, aber nit haben wolt, das der krantz auff der ban gezeygt würd, so lang biß das stechen geendt ward, unnd damit nit mancher nach der reiligkeyt des krantz unnd auff geyt trachtet: allein wolt er wissen, welcher under ihn den preiß von frawen kennt, um frawen begert zů erwerben.

[265] Als nun der bestimpt tag kummen was, ein lustiger platz darzů verordnet, so zůnechst vor der statt was, aller mit schrancken umbgeben und reynem sand überschüttet was. Ein herolt sampt einem trummeter menglichen zů dem stechen verkundten, allenthalben in der statt umbritten zů allen herbergen, da die frembden herren, ritter und knecht in lagen. Deren keiner gern der hindrest sein wolt, sich also fürderlich auff die ban schickten. Eh dann die stund kummen was, alle die, so zů dem turnier geschickt waren, in den schrancken auff iren geulen hielten, nicht mer warten theten dann des künigs und seiner räht, dergleich der frawen und junckfrawen, denen es bald kundt gethon wand. Die auch nit lang verziehen theten, an das ort bekamen, dahin sie dann verordnet waren. Als nun der künig mit sampt seinen räthen einen semlichen wol geordneten zeüg sah, deren dann ein erbare summ was, sich nit gnůg vervundren kundt (dann inen gar bei die schrancken zů eng gewesen weren) und vorab, als er sah manchen alten ritter unnd graffen und freyen, die er dann an ihren harnasch und liberey erkennet. Das im dann der künig ein sundere grosse freüd nam unnd seinem herolten befalch außzůschreien, wie ihr dann hernach hören werden.

Da sich nun die frawen unnd junckfrawen ein yede nach irem stand und wirden gesetzt hatten, der herolt anhůb auff semliche meynung außzůschreyen: ›Hochgebornen, strengen, edlen, vesten, mein allergnädigster herr der künig laßt euch allen gebieten und einem yeden in sunderheyt, wer der sey, so ein keib gegen einem andren hette, der soll hie keinen neid oder hassz brauchen, sunder freündtlich unnd lieblich einen sper oder so vil in lust den frawen und junckfrawen zů gefallen zerbrechen. Welcher aber ye seinen haß und neid nit erlassen möcht, dem gebeüt ich auß befelch meines allergnädigsten herren des künigs, still zů halten und von der ban ungerennt hin unnd abweg zů reite, so lieb im des künigs huld sei. Darauff heben an in dem namen gottes, wann ir wöllen!‹

Als nun der herolt außgeredt hat, da kamen ettlich, so zů den schrancken verordnet waren, die ordneten, das ye vier zůsammen rennen sollten; dann ihr nit mer dann vier [266] in den schrancken platz haben mochten. Als nun auff der einen seyten sich viere mit iren speren herfür gethon hatten, under denen was der ritter Orwin, derselb fůrt auff seinem helmlin einen abgestimpfften besen, den ersah Gabriotto, von stund an sich gegen im herfür machet; Reinhart allzeit neben seinem gsellen reiten thet. Als sie nun zů bey den seyten eingelegt hatten, die hertrummen mit gantzer macht auff allen beyden seyten der schrancken erthonten, das es eim durch seinen gantzen leib gon thet, die acht ritter mit mannlichem gemüt zůsamen rannten; ein yeder meynt des andren mächtig sein. Indem sie nun zůsamen kamen, Gabriotto den Orwin mit semlicher macht traff, das er in des ersten ritts zů boden gerannt hett, wo er nit von ungeschicht sich an einem, so neben im rannt, enthalten hett. Also er sich in grossen zorn auff seinem hengst enthielt zů end der schrancken reyt sein sper wider zů seinen handen nam, dem ritter Gabriotto wider begegnet, welcher in mit solcher geschicklichkeyt traff das er von seinem gaul zů der erden fallen můßt. Darzů Gabriotto sein sper zu stucken hoch in die lüfft zersprenget.

Des stolzen ritts meniglich warnam. Philomena unnd Rosamunda die libery deren beyden jungen ritter wol erkannten, aber sunst keine erkennen mochten; gern gewifä hetten, wer der ritter mit dem besen gewesen wer, dem Gabriotto so seüberlich abgekert hat. Der künig selb den ritter Gabriotto nit erkennen mocht, zůletst ein reitknecht fragen thet, wer der ritter mit dem fliegenden hertzen wer. Der im zůhandt antwort gab: ›Allergnädigster herr, es ist Gabriotto, der jung ritter.‹ – ›Fürwar‹, sprach der künig, ›sein wesen mir nit übel gefalt‹. Er fragt weiter nach dein mit dem rosenast; der ward im angezeygt, es wer Reinhart, der ander jung. Davon der künig ettwas unwillens empfieng, sich doch keineswegs nit mer annam: aber von stund an in ein argwon gegen dem ritter fiel, das im Rosamunda, die junckfraw, ein semliche libery angezeygt oder villeicht hett machen lassen. Daher dann der erst unwillen kam von dem künig gegen dem ritter.

Als nun das stechen den gantzen tag geweret hat unnd yetz yederman wider zů hauß geritten, dem ritter Gabriotten von menglich der preiß geben ward: dann keiner des [267] tags auff die ban kummen was, so sich den tag so mannlichen unnd ritterlichen gegen manchem gehalten hat. Das wir yetzund umb kürtze willen underlassen wend unnd sagen, wie sich der dantz des abendts angehaben hat, auch in was gestalt dem ritter Gabriotto das kleinot, so er gewunnen hatt, zůgetheilt ward.

29. Wie Gabriotten der krantz geben ward

29.
Wie Gabriotten der krantz geben ward, so er auff dem turnier erlangt hat, wie der künig Gabriotten den vordantz mit Philomena gab unnd zů red stalt seines gesellen halben.

Ir hand gehört, wie der ritter sich so mannlichen auff dem stechen gehalten hat. auch wie im von frawen unnd junckfrawen der preiß gemeynglich geben und zůgetheilt ward, des nun Philomena grosse freüd in irem hertzen bringen thet. Der künig verschůff durch seinen trummeter und herolten, das sie in der statt umbritten unnd alle frembden herren, ritter und knecht an den küniglichen hoff zů dem nachtymbiß laden solten: das dann alsbald nach dem küniglichen befelch geschach.

Da nun die zeit kam, das menglich zů hoff erscheyn, da ward mancherley seytenspil gehůrt, so lang biß man zů tisch saß. Der künig verschůff, das der ritter Gabriotto an den nechsten tisch bei seinem tisch gesetzt ward deßgleichen Reinhart und Gernier, Gabriotten vater, welcher sich den tag auch weydlich gedummelt hat. Der künig dem ritter Gabriotten vor allem seinem hoffgesind den preyß gab. Als nun der nacht ymbiß vollbracht ward und man yetz die tisch auffhaben wolt, der künig zů seiner schwester Philomena sprach: ›Schwester, nun sag an. wem meynest du, das du den krantz geben wöllest? Dann es noch bei disem abendt geschehen soll. Deshalben bedenck du dich! Welchem du ihn under allen herren geben würst, der soll und můß den ersten dantz mit dir haben.‹ Die junckfraw Philomena sprach: ›Allerliebster herr [268] und brůder, wem wolt ich in billicher geben dann dem, so von frawen und junckfrawen der preiß geben würt?‹ – ›Recht unnd wol hast du geredt‹, sprach der künig, ›verschaff, das der krantz bracht werd! Dann man würt zůhand den dantz anfahen.‹

Die junckfraw ir kammermeysterin nach dem krantz schicket, die der junckfrawen gebott gehorsam was. Als sie in nun bracht hatt, der künig in zů seinen handen nam. ›Sicher‹, sprach der künig, ›dem krantz an köstlichheyt nit vil manglet. Wol dem, so ein solcher zů theil würft.‹ In dem ward der dantz angehaben. Philomena den schönen wolgemachten krantz nam, mit grossen freüden zů Gabriotten kam, also sprach: ›Junger ritter, nemendt hin den krantz, so euch von frawen und junckfrawen gemeynlich zůgesprochen ist von wegen ewers dapffern und adelichen gemüts!‹ Der ritter von grossen freüden aller in seim angesicht entferben thet, die gab von seiner allerliebsten junckfrawen nam, sie freündtlichen umbfahen ward, das in dann zů beyden seiten unmeßliche freüd bringen thet. Demnach den dantz mit züchten anfiengen. Alle, die da zůgegen stunden, sich der beyder schöne nicht gnůgsam verwundren mochten. Die andren herren, frawen unnd junckfrawen auch anhůben zů dantzen, also der dantzpalast mit einem schönen dantz erfüllt was.

Als nun der erst dantz ein end nam, der künig dem jüngling ritter Gabriotto befalch, die andren nachgonden dåntz nach seinem gefallen außzůtheylen, das er nach des künigs befelch nach allem seinem vormögen vollstrecket. Als nun die hoffspileüt den andren dantz auffmachten, der ritter die junckfraw Rosamunda nam mitsampt einer andren edlen junckfrawen, die Rosamunda Reinharten, seinem gesellen, befahl, die andren einem jungen graffen.

Nun hat der künig sunder acht genummen, wem der ritter Rosamunda zůfüren wolt. Als er nun sah, das er sie Reinharten bracht ward, noch mer in argwon gegen inen beyden fallen thet, zůhand dem ritter Gabriotten wincket, zů im sprach: ›Ritter, ich bitt dich, mir des, so ich dich fragen will, ein rechten waren bescheyd geben wöllest. Sag mir, ist dir ettwas von der liebe wissen, so Reinhart zů der junckfrawen Rosamunda [269] tragen thůt, so zeyg mirs an! Dann ich ein groß gefallen in dem ritter hab; unnd so ich sein liebe recht erkannt, verhoff, ich wolt zůwegen bringen, das under in ein rechte ehe beschlossen werden solt.‹ Der künig aber solche wort auß lauterem falschen hertzen redt; dann er wußt die beiden ritter einander so liebhaben, das ir keiner wider den andren reden mocht, wo er gedencken mocht, dem andren ettwas args darauß zů erwachsen. Darumb der künig also gegen dem ritter gleiset; es was aber sein fürnemen, wo er erfaren möcht das Rosamunda von Reinharten liebgehabt würd; er er wol in seines hoffs unnd gantzen künigreichs verwisen haben.

Der ritter Gabriotto dem künig mit wolbedachtem můt antwort auff sein frag geben thet, also sprach: ›Allergnädigster herr künig, davon mich ewer mayestet gefragt hat, ich gantz kein wissen trag. Wo aber lützel oder vil an der sach wer, ich glaub, mein gsell Reinhart mir nichts daran verhalten würd.‹ Der künig die bescheyden antwort des ritters in im selbs loben můßt, anfieng und sprach: ›Wolan, ritter, dieweil du ein semliche meynung in dir hast, so laß recht die sach also bei dir bleiben! Dann ich im auch nit weiter nachfragen will.‹ Also dem ritter befalch, nach seinem willen den dantz weiter zů versehen.

Mit grossen freüden der abent biß in die finster nacht vertriben ward, biß die zeit kam, das yederman der růg begert. Urlaub von dem künig namen; yeder an sein herberg an sein rhů gieng, biß der ander tag kam.

30. Wie der künig ettlichen befelch gab, Reinharten nachzuspehen

30.
Wie der künig ettlichen seines hoffgesinds befelch gab, Reinharten nachzůspehen; das aber herr Eberhart von der Lilien nit gehelen wolt, vil seiner gsellen davor warnet.

Als nun die hochzeit ettlich tag geweret hat unnd nun ein end nam, die fürsten unnd herren alle wider zů hauß zogen. Dem künig der argwon des ritters halb noch nit auß des künigs hertze was; in im gedacht, ettlich seines hoffgesinds anzůrichten, [270] das sye mit alllem fleiß dem ritter zů allen zeiteil nachgon solten unnd mit ernst warnemen, wo sie den ritter bei der junckfrawen ston schen oder ander zeychen an im mercken můchten, das sie ihm ein semlichs unverzogenlich zů wissen thun solten. Des sye ihm gemeynlich zůsagten.

Nun was under disen einer, genant Eberhart von der Lilien, ein weydlich jung edelman. Als sie von dem künig gangen waren, er in im selb bedencken ward den gwalt der liebe unnd sagt damit also zů ettlichen under seinen gsellen: ›Ir mein allerliebsten herren und eydsverwanten, ich můß bekennen, das wir all, demnach uns unser eyd weisen thůt, unserm allergnådigsten herren dem künig schuldig seind, seinen gebotten gehorsam zů sein. So ich aber hindersich gedenck, so weyß ich, ewer keiner ist, er hat den gwalt der liebe empfunden, mit was starcken ketten unnd banden er zwey zůsamen verknipffet. Solten wir uns nun underston, dem ritter der meynung nachzůgon unnd sein liebe also von im erfaren, dem künig die anzeygen? Daucht mich fürwar ein unrechts ding sein. Bevor, so dem ritter ettwas args darauß erwachsen solt, werend wir ye verrůter an im worden. Nun betracht ein yeder, so im ein semlichs begegnen würd, was gfallens er darinn haben wolt. Darumb wer mein raht unnd enttliche meynung, wir wolten dem künig in dem won lassen, als ob wir dem ritter tåglich nachstrichen. Ich sag aber zů meim theyl, wo ich in bei der junckfrawen sind, ich mich ein andren weg wenden will und gleich thůn, als ob ich nichts seh, es geschehe mir doch darumb, was es wöll.‹

Die red, so herr Eberhart gethon, den andren allen wolgefiel, ihm auch dergleichen zů thůn versprachen. Also hůb einer an under in allen und sprach: ›Fürwar, der raht des herren von der Lilien mir gantz wolgefallen hat. Dann im fürwar also ist, wie er anzeygt. Ich bekenn mich, das ich auch ettwann zů frawen unnd junckfrawen liebe getragen hab. Solt mir dann einer oder mer auff solche meynung nachgezogen sein, ich wolt eiin sein halß abgestochen haben. Yedoch noch eins zů betrachten ist. Ihr wissend, da [271] uns der befelch von dem künig ward, unser noch vil mer gewessen seind, unnd nammlich die, so yetzund nit zůgegen seind. Den allen ist wol mit semlicher verråterey, namlich dem Orwin, der warlich an dieser sach, glaub ich, die grůßt ursach ist, als ir noch all in frischen gedechtnus haben, wie er den pappagey underricht hat. Derhalb von nöten sein will, das unser einer den ritter mit subteilen worten vor semlichem warnet. Darzů mich keiner besser duncket dann der von der Lilien; dann er sein sunderlich mer kundtschafft hat dann unser keiner.‹

Eberhart zů seinen gsellen sprach: ›Lieben herren nnd gůten freůnd, eh bin willig dem ritter ein semlichs anzůzeygen, damit ihm nichts args darauß erwachs, wiewol mir von seiner lieb mir gantz nichts zů wissen ist. Ich will mich aber dermaßen gegen im mit worten halten, das im kein verdruß davon bekummen soll.‹ Des sie in allsamen yetlicher in sunderheyt freündtlich bitten warden, das in herr Eberhart versprach. Also von einander yeder seinen geschefften nachgieng.

31. Wie herr Eberhart von der Lilien Reinharten trewlich warnet

31.
Wie herr Eberhart von der Lilien Reinharten trewlich warnet, sich vor des künigs auffsatz zů hüten.

Eberhart von der Lilien mit gantzem fleiß betrachtet, wie er sein red mit dem ritter anfahen wolt, damit er ie zů keinem verdruß annem. Nit lang zeit vergieng, das er [und] der ritter mit einander auff eim entenbeysen allerhand zů red wurden. Als nun den von der Lilien zeit daucht mit dem ritter, anhůb und sprach: ›Herr Reinhart, ich hett wol ettwas vor lang im sinn gehabt mit euch zů reden, unnd hat sich aber nye als auff dißmal wöllen schicken. Darumb so bitt ich euch zůvor, so ich etwas mit euch reden würd, das euch zůwider wer, ihr wůllend mirs vergeben; dann es auß lauter warer und rechter trew beschicht. Es hat sich [272] begeben vergangner zeit, das unser allergnådigster künig unser ettlich zůsamen hat lassen berůffen und uns ettwas fürgehalten, das euch dann, wo es also wer, wie im der künig fürnimpt, zů grossem schaden dienen würd. Darumb so hahd unser ettlich mit einander beratschlagt, euch freündtlicher meynung zů warnen.‹

Reinhart die wort mit grossem verwundren zů hertzen nam, nit wissen mocht, was er doch wider den künig misszhandlet hett, kein gedencken hat, das im der künig der junckfrawen halb auffsetzig sein solt. Zů dem von der Lilien sprach: ›Lieber herr, ich bedanck mich auffs höchst gegen euch, auch andren, so nun in solchem fall gedencken, mich vor meinem übel understohn zu warnen. Ich kan aber warlich nit wissen, womit ich mich doch gegen meinem herren dem künig verschuldt hab, das er semlich auffseher auff mich bestelt hat. Ich bitt aber euch, wöllend mir ein sollichs offenbaren, damit ich mich dest baß wiß zů hüten. Dann es möcht ein solche sach sein, so ich villeicht on alles wissen thet unnd ein semlichs nit für unrecht schätzet.‹

Der von der Lilien anhůb und sprach: ›Herr ritter, ich will euch die meynung des künigs nit verhalten. Es ist mein herr der künig in einem solchen argwon gegen euch, das er gäntzlich glaubt und haltet, ir unnd Rosamunda die junckfraw seiendt in liebe mit einander vereinbart; davon will er sich gantz nit lassen abwenden. Darumb, edler ritter, euch von nöten ist solchs zů wissen. Dann so ir ettwann von ungeschicht bei der junckfrawen stunden zů reden unnd dann in dem gegen dem künig versagt würden, ir möchten dardurch in groß leiden unnd leyd kummen, das mir dann von gantzem hertzen leyd wer.‹

Der ritter von der red ein solchen grossen schrecken empfieng, das er kaum auff seinem rossz mocht bleiben, ein gůte zeit also ungeredt fürreit, zůletst anhůb unnd sprach: ›O neid und hassz, o du schandtlicher böser klaffer! Ach gott, wer mag doch der sein, so mich also gegen meinem herren dem künig also fälschlichen dargeben hat! Nun můß mich ymmer rewen, das ich Engelandt all mein tag ye ersehen hab. O schöne unnd tugendtliche junckfraw, was werden ihr gedencken, so ihr ein semlich red von mir und euch hören [273] außgon! Ir mögen wol sagen, das ich euch zů allem unglück in diß künigreich kummen sey, dieweils ir vormals auch in einem solchen gewert, mit mir gewesen sind, als der, schalckhafft vogel mir durch falsche underweiser solcher ding auch zůlegen wolt. Gott wöll, ich mich mitlerzeit an solchen meinen widersächern gerechen mög.‹ Demnach zů dem von der Lilien sprach: ›Edler herr, ich sag euch zů dem höchsten danck ewer getrewen und brüderlichen warnung. Ich hoff auch zů gott, er wird mir die gnad geben, semliche gůthat um euch zů beschulden.‹

Mit dem gespräch also der statt zůritten. Dem ritter Reinharten seer we zů můt was; mit grossem verlangen er warten můßt, das er zů seinem allerliebsten Gabriotten käm, das er im sein ellend anzeygen unnd klagen möcht unnd seines gůten rahts darinnen pflegen, des er dann sunst von nyemandt begeret.

32. Wie Reinhart seinem gesellen von der freündtlichen warnung sagt

32.
Wie Reinhart seinem gesellen sagt von der trewen unnd freündtlichen warnung, so im der von der Lilien gethon hat.

Alsbald nun Reinhart von seinem pferdt gestanden, in stiffel und sporen seinen allerliebsten Gabriotten sůchen gieng. Den er in kurtzer zeit finden thet, mit einem trawrigen angesicht unnd schweren seüfftzen anhůb unnd sprach: ›O mein allerliebster brůder und freündt, das groß verlangen, so ich nach dir gehabt hab, ich dir in keinen weg erzalen mag. O gott, wie oflft hab ich [dich] diß tags zů mir gewinschet, damit ich dir mein grosses ungefell, so mir entgegen ist, het mögen entdecken! O du mein allerliebster brůder und trewer rahtgeber, nun ist mir erst von nöten deines rahts zu pflegen; dann mirs, dieweil wir auß Franckreich zogen seind, übler nye ergieng.‹

Der ritter Gabriotto von seines gsellen worten einen solchen grossen schrecken empfieng, das er im darauff nit wol kundt antworten; dann er nit gedencken mocht, was ihn [274] doch zů solcher schweren, klag verursachet. Yedoch zůletst anhůb und sprach: ›Mein allerliebster Reinhart, mich wundert nit ein klein, womit du umbgangest. Was ursacht dich doch zů einer solchen schweren klag? Ich bitt, mirs anzeygen wöllest, damit ich auß dem zweiffel kumm.‹ – ›O mein allerliebster Gabriotto, du solt wissen, das ich nit unbillich ein solche klag vor dir füren thůn; dann mirs warlich trübsäliger nit ergon möcht. O Gabriotto, es ist an dem, das ich mein allerliebste Rosamunda wider allen meinen gedanck meyden můß. Dann ich warhafftig zeügen hab, das mein herr der künig auff mich ettlich seiner diener bestelt hat, so uff mich warten und gon sollen; unnd wo sye mich in einicherley weg betretten mögen, sollendt sye im das on allen verzug anzeygen. Darumb, mein Gabriotto, wöllest mir hierinnen raten, weß ich mich halten soll!‹

Als nun Gabriotto seines gesellen wort gäntzlich verstanden hat, kam ihm in gedanken die frag, so der künig an in gethon hat, anhůb uund sprach: ›Warlich, Reinhart, es ist nit lang verschinnen, das mich unser gnädigster herr zů red stalt und mich ernstlich von deiner und junckfraw Rosamunda lieb fragen thet. Darauff ich im kein antwort gab, dann das mir von semlicher liebe gantz nichts zů wissen wer. Ein semlichs der künig also bleiben ließ und mich nit weiters fragen thet. Das aber ich dir nit hab wöllen sagen, hat mich auch nit von nöten gedaucht sein. Wo im aber also wer, wie du mir anzeygest, fürwar ein grosse sorg darauff ston würd; dann ich hiebei wol abnimm, das der künig solche frag uß einem lauteren falsch gethon hatt. So hab du nun zůmal dein selb gewalt und meyd, so fast du magst, weg und steg, so sich die junckfraw gebrauchet! Begeb sichs dann weiter, das der künig frag hernach haben würd, also das man den auffsatz zů vil besorgen müßt, so will ich dir aber in ander weg mit meinem raht beholffen sein.‹

Der betrübt Reinhart, welcher mit schwerem gemüt beladen was, seinem gesellen versprach, seines raths zů pflegen, wiewol im schwer was, seine liebe junckfraw also zů verlassen. Yedoch ihm fůrnam, der junckfrawen zů schreiben und ir den brieff bei der ertzettin verborgenlich zů schicken, die dann solcher lieb wol wissen trůg.

33. Wie Reinhart zu frawen Laureta kam

[275] 33.
Wie Reinhart zů frawen Laureta kam, ihr sein leyd zů wissen thůt, irs getrewen rahts darinn begeret.

Reinhart mit gantzem bekümmerten hertzen von seinem gsellen gangen was, manchen schweren gedancken hat, heymlich in sein gemach gieng, nidersaß, auff solche meynung anhůb einen brieff zů schreiben:

›Mein hertz, sinn und gemüt, hertzliebste junckfraw, allzeit bei euch bleiben würt, und ob schon der klaffer mit seinem falschen list uns noch einmal so widerwertig wer. Ir sond wissen, mein allerliebste Rosamunda, das uns das glück nun zůmal gantz widrig ist. Unnd ist das die ursach, es hat mein allergnädigster herr der künig ein mercklichen argwon auff uns beyde geworffen, also das er Gabriotten von unser liebe ernstlich befragt hat, sich aber an seiner antwort nit beniegen lassen, uns aber zů einem auffsatz vil seiner diener bestellt, welche tag und nacht uff uns warten sollen. Wie sie uns dann bei einander finden ston oder gon, so sollend sye das dem künig zůstund anzeygen. Darumb, mein außerwölte Rosamunda, ir zů keinem verdruß annemmen sollen, so ir mich nit als vor gegen euch befinden. Dann wiewol mein weiß und geberd sich endren unnd verkeren, so soll doch mein hertz nymmermer von euch wenden, so lang uns der allmechtig beiden unser leben verlihet. Hiemit, allerliebste junckfraw, wöllend mein nit minder ingedencksein; dann ich ewer zucht und schöne in mein hertz gebildet hab. Gott bewar euch vor allem trübsal!‹

Als nun der ritter disen brieff geschriben hat, ihn auch nach aller noturfft verschlossen, ist er wider gangen, seinen allerliebsten Gabriotten zů sůchen. Die zwen edlen ritter umb kürtzung willen ihrer langen weil auffgesessen sind, mit iren falcken nach ir gewonheyt zů feld ritten, ein lang zeit nichts anders reden kundten dann von iren liebsten junckfrawen. In dem einen schönen fasandt antraffen. Reinhart mit seinem falcken dem fasandt so lang nachvolget, biß er in zů der erden stieß. Des der ritter ettwas můtiger ward, im zůhandt fůrnam, den fasandt [276] seiner allerliebsten Rosamunda zů schicken, wie er das doch zůwegen bringen möcht. In dem wider zů seinem gsellen kam, der sich des fasandts auch erfrewen thet; wider mit einander der stadt zů ritten. Reinhart seinem gsellen seinen anschlag entdecket, ihm auch sagt, wie er der junckfrawen Rosamunda einen brieff geschriben hett, in raths fraget, durch welcherley weg er doch Rosamunda den brieff überantworten und zůstellen solt. Gabriotto im antwort und sprach:

›Lieber Reinhart, ich glaub, die sorg, so darauff stat, du selbs wol ermessen kündest. Darumb wer dir von näten fleissig in der sach zů handlen, damit ein semlichs dem künig nit zů wissen würd. So du aber meinem raht volgen wilt, můst du die sach dermaßen angreiffen, dich heymlich und still zů Laureta fügen und ir den fasant befehlen Rosamunda zů bringen. Du magst ir auch den brieff, davon du mir gesagt hast, wol vertrawen. Dann du weyst, sie unser beyder lieb gůt wissen tregt; derhalben du dich irenthalben nit besorgen darffest.‹

Reinhart seines gesellen raht wol verstanden hat, im mit fleiß understund nachzůfolgen, von stund an weg sůchet, damit er zů Laureta kummen möcht. Nit lang stund, seinen fasandt nam, den brieff im mit listen under sein flügel verbergen thet, in zůhandt Laureta bracht, die er nach seinem begeren allein fand in ihrem gemach sitzen. Als er sye nun mit freündtlichen worten gegrüßt hat, sich zů ir nidersetzt, anhůb und sprach: ›Fraw Laureta, ihr sond euch meiner zůkunfft keinswegs verwundren. Dann mein hertz dermaßen zů euch geneigt ist, das ich weyß, mir niemants dann ir in meinen nöten hilfflich sein mag dann allein ihr.‹ Mit dem fraw Laureta all sein leyd zů wissen thet, sie damit bat, junckfraw Rosamunda den brieff zů antworten sampt dem gfangnen vogel. Des alles sie im trewlich versprach, damit den fasandt und brieff nam, das biß zů seiner zeit verwaren thet.

Als nun fraw Laureta die junckfraw Rosamunda on alles fehlen allein wußt zů finden, nam sie den fasandt und bracht in Rosamunda der junckfrawen, also sprechend: ›Rosamunda, edle junckfraw, ewer ritter, so euch ob allen junckfrawen lieb hat, der schickt euch disen vogel, unter welches flüglen ir seines trübsals ein gnůgsamen bericht finden werdt.‹ Die junckfraw[277] Rosamunda den vogel mit grossem danck von fraw Laureta empfahen thet, den brieff mit grossen freüden auffschloß, ihn aber sobald nit anhůb zů lesen, mit tausentfaltigem leyd umbgeben ward, nit wußt, wovon doch semlicher auffsatz erwachsen wer. ›O glück‹, sprach sie, ›wie hast du mich in einem augenblick so gar aller meiner freüden beraubt und mir all mein trost und hoffnung benummen! Weh dem, der sich gäntzlich auff dich meynt zů verlassen! Dann du mit hönnigsüßem anfang deinen underthonen begegnen thůst, aber mit gifft unnd gallen deinen außgang beweisest. Nyemandts auff erden dir getrawen soll. Das hast du an mir unnd meinem allerliebsten ritter verschuldet.‹ Mit solchen und andren, worten Rosamunda sich lang zeit klagen thet, auch irer klag kein end gab, so lang sie von Philomena getröst ward.

34. Wie die beyden ritter vor der statt spacieren gon

34.
Wie die beyden ritter von ungeschicht vor der statt spacieren gon, und ein nigromanticus zů in kam, sie beyd mit iren nammen nannt und ansprach für schůlgesellen.

Nit lang darnach begab sich eines tags, das Reinhart und Gabriotto mit einander vor der statt spacieren giengen, einander ir anligen und leydt klagten. Wie sye nun also in einem ernstlichen gespräch sind und nyemandts kein achtung haben, so kumpt zů in ein mann von viertzig jaren in einem seltzamen frembden kleyd, der hebt an mit in zů reden und spricht: ›Reinhart und Gabriotto, ir beyden jungen ritter auß Franckreich, gott der allmechtig verleih euch gesundtheyt und krafft! Er geb euch auch alles das, so ir an in begeren!‹

Die beyden jungen herren sich nit genůgsam von diser frembden red verwundren mochten, den gůten mann ansahen, welcher in frantzösischer sproch mit in geredt hat, auch sye beyd mit iren nammen genent hat. Zůletst fieng Reinhart an und sprach: ›Gůter freündt, wer du bist, ist uns beyden verborgen. Deine wort aber gend zeügnüß von dir, das du uns alles gůts gunnest. Gott wöll, uns nach deinen worten geling.

[278] Aber so es dir nit zůwider wer, wolten wir deinen nammen und herkummen gern wissen.‹

Der gůt mann zů ihn sprach: ›Ir jungen edlen ritter, ich bin genant Valentin von Pariß und hab ewer beder, dieweil ihr jung gewesen, gůte kundtschafft gehabt. Das aber ihr mich yetzund nit mer erkennen mögen, ist kein wunder nit. Dann ich, dieweil ihr knaben von zehen jaren gewesen sind, von Pariß kummen bin unnd hab seydher mein zeit in der nigromantzey vertriben, auch manchen ferren und weiten weg gezogen, biß ich der kunst nach meinem willen ein geniegen erfaren hab.‹

›O Valentin‹, sprach Reinhart, ›dieweil du einer solchen kunst bericht bist, so möchtest du uns beyden wol zů steür kummen; dann ich offt unnd vil von solcher kunst hab hören sagen.‹ – ›Junger ritter‹, sprach Valentin, ›so meines bleibens allhie wer, wolt ich euch in allem dem, so ich kündt, steüren und euch zů statten kummen. Das ir aber vermeynendt euch ein semlichs zů underrichten, mir in einer solchen kurtzen zeit nit müglich sein mag. So mich aber der weg auß Portugal wider in diß künigreich tragen thůt, will ich euch zů dienst, so lang es euch gefallen thüt, bei euch bleiben unnd euch, so vil ihr fassen mögen, underweisen.‹

Des im die beiden ritter danck sagten. Yedoch fieng Reinhart an und sprach: ›Mein Valentin, dieweil du uns yetzund in solchem fal nit geweren magst, so bitt ich doch eines dings, so es dir anderst zů wissen ist, du wöllest mich lernen ein geschrifft schreiben, so nyemandts lesen kan dann der, dem ich das offenbar.‹ – ›Das will ich thün‹, sprach Valentin. Damit zeygt er dem ritter an ettliche materien, damit man auff tůch oder papyr schreiben möcht, und aber nit zů lesen wer dann in einem lauteren brunnenwasser. Des ihm Reinhart grossen danck saget. Er braucht auch nachgonds semliche kunst zům offteren mal gegen seiner allerliebsten Rosamunda, dergleich Gabriotto gegen Philomena, seiner geliebten junckfrawen. Demnach [279] Valentin urlaub von inen nam; ir keiner hernach vernam, wo er hinkummen wer.

35. Wie Reinhart künig in dem frawenzimmer funden ward

35.
Wie Reinhart von dem künig in dem frawenzimmer: funden ward, was der künig mit im redt.

Als nun Reinhart ein lange zeit mit trauren unnd klagen vertreiben thet, sich eines tages begab, das er mit seinem gselmit Gabriotten in das frawenzimmer gieng. Da sie Philomena mit allen iren junckfrawen funden sitzen, nit wenig freüd empfiengen, allein das sie einander ansehen solten. Als aber nun die falschen zungen, so dem edlen Reinharten täglich auffzetzig waren, ein semlichs vernummen hatten unnd namlich der falsch Orwin, welcher dem ritter zůvor neidig und auffsetzig war, derselb zů stund wargenummen hat, das Reinhart in dem frawenzimmer was, derhalben er sich bald zů dem künig füget, anhůb und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, so mich ewer küniglich mayestet nit sunderlich verdencken wolt, ich euch warlich anleytung geb, damit ir Rosamunda und iren Reinharten bei einander funden.‹

Der künig anhůb und sprach: ›Orwin, du solt dich keins argen zů mir versehen; dann ich dir und manchem meinem diener solchen befelch geben hab. Darumb sag mir nur trostlich, wo ich den ritter finden mag!‹ – ›Gnädiger herr‹, sprach Orwin, ›es ist nit lang, ich ihn sampt seinen gsellen Gabriotten in das frawenzimmer gon sah; darinn ich sye zů vil malen unnd nun ein gůte zeit hab sehen sitzen und namlich Rosamunda und Reinharten ihr gesprech mit einander treiben.‹

Der künig von zorn in seinem angesicht erbrann, sich zůhandt in das frawenzimmer fügen thet, da er nach des ritters sag die beyden jungen ritter finden thet. Der künig sich mit grimmigem angesicht gegen dem ritter Reinharten keret, anhůb und sprach: ›Einem jungen ritter, Reinhart, als du bist, will nit gebieren, sein zeit also stetigs bei frawen und junckfrawen zů vertreiben. Ich rieht, du stündest solcher sachen, so du vor dir hast, mussig; anderst ich sag dir, du würst [280] größlich dein schaden thůn.‹ Mit dem sich umbwandt, von dannen gieng, im zůhandt fürnam, den ritter von seinem hoff zů verschicken, wo er Gernier nit besorgt hett zů verlieren.

Als nun Reinhart von des künigs worten nit ein kleinen schrecken empfangen hat, dergleich die beyden edlen junckfrawen, den worten ernstlich nachtrachteten, in grossem leyd stunden; die beyden jungen ritter urlaub von den junckfrawen uamen, von dannen schieden, nit wußten, was in in der sach zů thůn wer. In dem im der künig fürnam, mit dem ritter Gernier zů reden von wegen Reinharten, des jungen ritters.

36. Der künig beschicket ritter Gernier, Reinharten zu straffen

36.
Der künig beschicket den alten ritter Gernier, befilcht im, Reinharten mit worten zů straffen seiner liebe halben, so er zů Rosamunda treyt.

Der künig nach disen geschichten im ein gantz unrüigs hertz machet, der liebe des ritters stetigs nachgedacht, im fürnam, mit Gernier dem ritter zů verschaffen, das der jüngling von im mit worten gestrafft würdt, damit er von seiner liebe abstind; also schůff den alten ritter für in zů kuramen.

Sobald der ritter zů dem künig kam, der künig anhůb auff solche meynung mit im zů reden: ›Du weyst sunder zweyffel, Gernier, wie du in meinen hoff kummen bist, auch nun ein zeit lang eerlich und wol gehalten; also, wo du die warheyt bekennen wilt, nit klagen magst. Du weyst auch, seydher der zeit ich deinen son Gabriotten sampt Reinharten, seinen gesellen, zů ritter geschlagen, hab mir die sunderlich für ander mein hoffgesind erwölet, und so sie mir beyde fürthin also dienen wöllen, ich sye sunder zweyffel mit der zeit hoch begaben. Nun aber, Gernier, solt du wissen, das sich Reinhart gegen einer junckfrawen in lieb dermaßen entzündt hat, das ich sorg, er werd ihm dar durch groß unrhů anrichten und dardurch mein huld und gnad verlieren. Dann [281] die jünckfraw, so er lieb hatt, im an geburt zů hoch ist; dann sie ist eines mechtigen graffen tochter; deshalben ihr nit zimmen will, einen schlechten ritter zů haben. Nun aber laß ich mich beduncken, das stetig anhalten des ritters hab die junckfraw dermaßen dahin bracht, wo die sach nit bald fürkummen wer, sie weder stammen noch nammen bedencken würt und sich wider aller irer freünd willen mit dem ritter vertieffen, welches im dann nit zů gůtem erschiessen möcht. Dieweil nun aber die junckfraw mir an meinen hoff dermaßen vertrawt ist, das ich sye nach meinem besten vermögen bewaren soll, so ist mein bitt, Gernier, an dich, du wöllest unverzogenlich mit dem ritter reden und in von semlicher liebe abwenden, damit im nit mercklicher unraht daraus entstand. Daran thůst du mir sunderlich groß gefallen.‹

Gernier, der die wort des künigs wol verstanden hat, mit grossem schrecken umbgeben ward, als er den künig also hat hören reden; nit wol wust, was er darauff antworten solt, zůletst anhůb und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, der red, so ich von eweren gnaden bericht bin, mich nit gnůg verwundren kan, dieweil ich nye an Reinharten ein solichs gespürt hab. Yedoch, demnach ir mir, allergnädigster herr, befohlen hand, will ich ernstlichen fleiß ankeren und, ob gott will, die sach in kurtzer zeit dahin richten, das sich ewer gnad hierinn keinerley weg bekümmern soll.‹ – ›Das thů‹, sprach der künig, ›dann mich der ritter nit wenig dauren würd, solt im ettwas leydts zůhanden stossen.‹

Mit den worten Gernier von dannen schied, Reinharten, den jungen ritter, sůchet, mit schweren gedancken beladen was; dann im Reinhart, der ritter, also lieb was, als wer er sein son gewesen.

37. Wie Reinhart von dem ritter Gernier gestrafft würt

37.
Wie Reinhart von dem alten ritter Gernier mit züchtigen worten gestrafft würt, Reinhart bekennt im, das Rosamunda sein eelich gemahel sey.

[282] Als nun Gernier mit bekümmertem hertzen den jungen ritter sůchen gieng, nit lang stund, das er Reinharten fand; zů dem er sprach: ›O gott, Reinhart, mein allerliebster freünd, ich hett mich nymmermer zů dir versehen, das du uns also einen ungenädigen künig gemacht hettest. Ach, das ich in Engelandt ye kam, dieweil ich meinen herren den künig also in grossem zorn gegen uns bewegt sind! Was aber die ursach sey, du on allen zweyffel gůt wissen tregst.‹

Der jung ritter von der schnellen straff ettwas schrecken empfieng, lang nit gedencken mocht, was doch den alten ritter zů semlicher straff bewegen thet. Yedoch zůletst gedacht, es nichts anders sein würd, dann das er der junckfrawen Rosamunda grosse liebe trieg, anhůb und sprach: ›Gernier, allerliebster vatter unnd freünd, die warnung und straff, so mir hie von euch fürgehalten würt, mir gantz verborgen ist, warurmb doch ein semlichs beschehen thů. Dann ich mich keinswegs gegen dem künig also verschuldt hab, das wir darumb all drey ein ungnädigen herren haben solten.‹

Gernier sprach: ›O Reinhart, du meynst villeicht, dem künig dein liebe nit wissen sei, so du zů einer junckfrawen, so in der jungen künigin frawenzimmer ist, tragen thůst. Ich sag dir aber sicherlich, das mein herr der künig aller sachen gůt wissen tregt; von wem im aber das gesagt sei, mir verborgen ist. Ich sag dir auch, allerliebster Reinhart, so du nit von solcher deiner liebe abstohst, dir würt fürwar vil leyds darauß erfolgen. Darumb biß ermant aller trew und liebe, so wir ye und ye zůsamen gehabt hand, und stand von deinem fürnemmen! So dann der künig eins solchen innen würt, würst du on zweifel einen gnädigen herren und künig haben.‹

Reinhart nit lenger verziehen mocht, dem alten ritter auff seine wort antwort und sprach: ›Das, so mir hie von euch fürgehalten würt, ich neymmer leugnen mag; ich würd mich auch davon kein forcht noch trewen lassen wenden. Dann so unmůglich ist dem wasser, so zů thal rinnt, seinen fluß zů wenden und das gegen berg zů richten, also unmüglich ists mich von meiner allerliebsten Rosamunda zů bringen. Mir ist unverborgen, das der künig solcher meiner liebe wissen tregt: dann er mir vor langem nachspeher hat lassen heimlich nachgon [283] unnd mich auch nit lang vergangen selbs mit rauchen worten angefaren, als er mich bei meiner allerliebsten Rosamunda sitzen fand, dabei Gabriotto auch gewesen ist. Was mögendt aber semliche rauche wort an mir verfahen, dieweil ich mir von wegen meiner liebsten junckfrawen den todt zů leiden nit zů schwer acht! Darumb, allerliebster ritter, alle straff an mir versaumpt ist. Eh wollt ich willig in den todt gon dann mein allerliebste junckfraw also zů verlassen.‹

Gernier, der gůt alt ritter, nit wenig unmůts von des jungen ritters red empfahen thet, anhůb und sprach: ›Fürwar Reinhart, yetz willt du deinem zůsagen unnd versprechen nit nachkummen. Dann als wir mit einander auß Franckreich zogen seind, da begabest du dich in mein straff und versprachest, mir auch in allweg gehorsam zů sein als deinem vatter. Yetzundt aber bist du eines andren gesinnet, wie du dich dann mit worten gegen mir beweisest, dieweil du mein warnung und straff also gering achtest, unnd dir dannocht so vil gefar darauff stoht. Wie woltest mir erst in einem mindern gehorsam sein! Mich wundert warlich nit klein an dich, Reinhart, das du dein ritterlich gemůt dahin richtest, also das du dich umb liebe willen, so du zů einer junckfrawen tragen thůst, understohst in den todt und andere gefar zů begeben. Fürwar, ein semlich fürnemmen den orden der ritterschafft nit wol zieret. Dann du fürwar mer zů gespött kummen würst, so es andre ritter von dir erfaren, dann das du darduch ettwas rhůms erholen würdest. Derhalben ich dich nachmals, mein allerliebster Reinhart, gebetten haben will, du wöllest von solchem deinem fürnemen abston, damit du in des künigs hulden bleiben magst.‹

Als nun Reinhart den alten ritter gehört hatt, hůb er an und sprach: ›O Gernier, liebster freünd unnd vatter, ich mag dir deiner trew nymmermer vergelten; dann ich wol spür, mir das in aller trew beschehen thůt. Das ich mich aber meiner liebe entschlagen solt, so wiß, das ichs weder in meinem gewalt noch gemüt haben mag. Darzů wißt ichs auch gegen gott nymmermer zů verantworten; dann so ich ye die warheyt bekennen můß, so ist Rosamunda mein allerliebster gemahel, welcher ich die göttlich eh versprochen hab, des sye mir noch [284] ich ir in keinen weg nymmermer abred sein werden. Hiemit, Gernier, lieber freünd, wöllest dich nit weiter bekümmern, diweil doch die sach zů spat angefangen ist.‹

Gernier, der gůt alt ritter, von den worten so im Reinhart fürschlůg, so seer erschrack, das er sich kaum auff seinen beynen erhalten mocht. Vor grossem schrecken kein wort mit dem ritter reden kundt, mit trawrigem ahgesicht von im schied, seinen son Gabriotten süchet, welchem er die sach verborgen sein meynet, im fürnam, seines gesellen meynung zů entdecken unnd seines rahts darinn zů begeren.

38. Wie Gernier, Gabriotten das fürnemmen Reinharts zu wissen thut

38.
Wie Gernier, der alt ritter, seinem son Gabriotten das fürnemmen Reinharts zů wissen thůt; Gabriotto bekennt seinem vatter, er aller sach ein anfenger sei, auch wie er Philomena die er versprochen hab; davon der alt ritter in ein zwyfach leiden kam.

Ir hand gehört, mit was leyd Gernier, der frumm alt ritter, umbgeben was; seinem son Gabriotten sein leiden vermeynt zů klagen, im was aber verborgen die heymlich lieb, so sein son zů der junckfrawen Philomena tragen thet, deßgleich das im seines gsellen liebe mer dann keinem menschen kundt was.

Sobald nun Gernier zů seinem son kam, mit trawrigem angesicht unnd bekümmertem hertzen anhůb mit im zů reden unnd sprach: ›O Gabriotto, mein allerliebster son, ich mag wol sprechen, das wir zů einer unseligen stund in Engeland kummen seind, dieweil sich das glück also mit ungestümem lauff gegen uns gewendt hat. Weh mir, das ich an den küniglichen hoff ye kummen bin!‹ Gabriotto von seines vatters wortten ettwas bekümmert ward, nit gedencken mocht, was in doch zů semlicher schnellen klag ursachet, also sprach: Allerliebster vatter, die ursach deiner klag ist mir gantz verborgen. [285] Wo es aber dein gefallen wer, wolt ich die gern von dir vernemmen.‹

Der alt ritter hůb an und erzalet seinem son alles: das sich mit dem künig und Reinharten, seinem gesellen, verloffen hat. Alsbald nun Gabriotto seinen vatter gehört, hatt er im behend geantwort und also zů im gesprochen: ›Mein hertzlieber vatter, ich bitt, mir meiner antwort, verzeihen wöllest und mir vergeben, so ich ettwas wider dich gethon hab, mir auch durch gott vergeben wöllest unnd dem gewalt der liebe solche ding zůmessen, welchem vil mannlicher trewer leüt underwürfflich gewesen seind. Ich bitt dich, lieber vatter, du wöllest meinem gsellen sein liebe nit so gantz für übel auffnemmen; dann ich warlich ein große ursach seiner liebe bin; unnd so ich nit angefangen hett lieb zů haben, fürwar Reinhart gegen Rosamunda nymmer in liebe entzündt wer. Du solt auch wissen, lieber vatter, das ich nit minder gegen Philomena in liebe behafft bin dann mein gsell Reinhart gegen. Rosamunda; ich hab mich auch nit weniger mit ihr verpflicht. Darumb, mein hertzlieber vatter, wöllest mir mein freffelheyt verzeihen und mir hierinn ein vätterlichen raht geben, wes ich mich hinfürt halten soll, dieweil ich doch spür, das unser lang verborgene lieb außbrechen will.‹

Mit was schmertzen der gůt frumb alt ritter umbgeben ward, mir nit müglich ist zů beschreiben, dieweil er seinen son vernam mit vil mer sorglicher liebe beladen sein dann Reinharten. O gott‹, sprach Gernier, ›mein son, wie hast du; mich so gantz in angst und nodt versteckt! Ach das ich nit in Franckreich bliben bin, dieweil ich doch einen genädigen künig hett mögen haben; so wer ich doch semlicher grossen unnd schweren sorg entladen. O mein son, du hast die sorg, so darauff stat, noch nye genůgsam bedacht, dieweil der künig also schweerlich gegen Reinharten ergrimmpt ist. Was würt er dann thůn, so er vernommen würt, das du im zůruck sein eigene schwester understohst zů empfůren? Warlich da würt kein ander hoffnung sein, dann das wir all drey von dem künig getödt werden. O mir armen ritter! Vil weger wer mir on ein son gewesen sein, dann eines semlichen schweren urtheils zů erwarten.‹

[286] Als der jung ritter seinen vatter alsü betrübt sah, wolt er nit lenger mit seinem trost verziehen, anhůb und sprach: ›Mein hertzlieber vatter, nit wöllest dir die sach dermassen zů hertzen fassen. Dann warlich soltu mir glauben, wo du meinem raht folgen wilt, wöllendt wir on alle sorg der sach zů gůtem end kummen und nit also in grossen sorgen ston, als du dann meynest. Darumb, so dirs geliebt, will ich Reinharten, meinen gesellen, berůffen und im mein anschlag entdecken. So mir dann Reinhart volgen würt, wend wir dem künig in kurtzer zeit allen seinen argwon benemmen.‹

Der alt ritter anhůb unnd sprach: ›O mein son, wo dir ein semlicher raht zů wissen wer, so wolt ich wol sprechen, du werest nun zůmal mit mer vernunfft dann ich begabet. Dann mich warlich sorg und angst dermaßen umbgeben hat, das mir nit můglich ist einicherley darinn zů rathen. Darumb, mein son, wöllest unverzogenlich nach Reinharten, deinem gsellen, schicken, damit mir mein leyd eins theils benummen werd.‹

Gabriotto sich nach seines vatters worten nit lang saumen thet, seinen gesellen beschicket, im sein anschlag in beiwesen seines vatters entdecket, wie ihr hernach vernemmen werdt.

39. Wie Gabriotto seinem gesellen seinen anschlag öffnet

39.
Wie Gabriotto seinem gesellen seinen anschlag öffnet; wiewol das schwerlich zů vollbringen was, noch verwilliget Reinhart, damit ein ärgers vermitten blieb.

Als nun Gabriotto seinem vatter die sorg eins theils bennumen hat und yetz nach seinem gesellen geschickt hat, welcher sich nit lang saumen thet, zů seinem allerliebsten gsellen kummen was, seines gsellen vatter in grossem trawren bei im finden thet, wol gedacht, was die ursach seines berüffens sein würd, Gabriotto anhůb und sprach: ›Reinhart, [287] darumb ich nach dir geschickt hab, solt du dich nit verwundren. Dann es nit umbsunst beschehen ist; dann ich warlichen förcht, unser heymliche liebe, wöll außfindig werden. So dann semlichs bescheh, würd uns warlich nit ein kleine sorg darauff stohn. Dieweil aber die sach noch nit ganz lautbrecht ist, möcht man noch wol weg finden, damit wir beyde. on argwon bei dem künig wonen möchten, das aber in kein andren weg beschehen mag, dann wie ich dir, Reinhart, hie zů verston geben will. Du můst dich erstmals begeben, ein zeit lang auß Engelandt zů reysen, es sei ein jar oder mehr, ye nach gstalt der sach, doch mit dem bescheyd, das du und ich beyd urlaub von dem künig begeren, uns auch durch kein mittel noch weg bereden lassen, an disem hoff zů bleiben. Dann ich weyß, der künig nit nachlassen würt, uns du durch bitt understan zů behalten. Sobald er dann unser ernstlich fürnemmen sehen und hören würt, er sich gäntzlich von seinem argwon keret. Wiewol mir diser mein anschlag schwerlich zů volbringen würt, dannocht zwingt mich die liebe, so ich zů meiner liebsten junckfrawen trag, das mir kein weg zů ferr, kein arbeit zů schwer sein soll, damit ich hernach dest unforchtsamer bei meiner liebsten junckfrawen wonen mag. Wer weyßt, in mitler zeit sich begeben mag, das villeicht der künig abgoht oder uns gott durch ander weg helffen mag, dardurch. wir unserem begeren on sorg zů end kummen.‹

Als nun der jung und edel ritter Reinhart seinen gsellen also hort reden, in mit einem grimmen gesicht anblicket, zů im sprach: ›O Gabriotto, nun erst erkenn ich, mit was liebe. du gegen deiner junckfrawen umbgeben ist. Fürwar dein liebe sich nit dermaßen enden will, wie du offt unnd dick gesagt hast. Ich mag nit gelassen dich der ding zů erinnern, wiewol dein vatter zůgegen ist Wie offt hast du dich aller not begeben umb deiner junckfrawen willen zů leiden, auch mit deim schreiben deiner junckfrawen offt verheyßen, du wöllest, so es die nodt erfordert, den todt von iretwegen zů leiden, wo es zů schulden kumb. Nun aber begerst du der flucht, und ist doch nyemandts, so dir nachjaget; dann ich weyß, das der künig in keinen weg argwenig gegen dir ist Laßt du dich anfechten, das mir der künig also auffsetzig ist, dieweil es [288] mich doch gantz nichts irret, wie woltest du erst thůn, wann du. als ich gegen im stindest? Fürwar, ich glaub, du von dem ersten anrennen entritten werest und dich als einen flüchtigen erst schuldig geben. Fürwar mich kein mensch des bereden soll, und solt ich wissen, das mir der todt als nach wer, als mir das leben ist. Dann mich nyemandts von meiner liebsten junckfrawen scheyden soll dann der todt.‹

Gabriotto wider anhůb und sprach: Ach mein lieber Reinhart, so du mit fleiß betrachtest, was leyds dir auß deinem hiebleiben entston mag, herwiderumb was grossen glimpffs, freüd und liebs dir dein hinscheyden bringen würt, fürwar du meinen getrewen und gůten raht nit so gantz verachten würdest. Ich will dein liebe nit dermaßen urtheylen, als du die mein. So ich aber mein Philomena nit lieber hett, dann ich mich selbs hab, so sprech ich gleich wie du also, das mich kein leiden noch angst von ir bringen solt; ja ich wolt auch mein leben gleich so ring als du das dein schetzen. Sag mir aber, mein Reinhart, so sichs also begeb, das dich der künig also ließ umbbringen oder in gefencknüß werffen oder zů dem gnädigsten dich seines künigreichs verweisen thet, und dein junckfraw also deins trübsals, leiden und leyds täglich gedencken und alsbald mit ihren augen selbs sehen müßt und deiner zůkunfft kein hoffnung nimmermehr haben möcht, was freüd würt sye davon nemmen? Warlich du würst sye in ein ewigs leiden unnd kläglich leben setzen. Dasselb dir, so du sye anders lieb hast, mer anligen soll dann dein eygen übel, so dir darauß folgen würt. Dann fürwar so würt dir ein solches widerfaren, wo du meinen gůten unnd getrewen raht verschmahest. Das alles, so ich mich begeben thůn, nit darumb beschicht, das ich mir fürgenummen hab diß künigreich zů meiden, sunder das wir beyd hinach mit minder sorgen umb unsere allerliebsten junckfrawen wonen möchten. Sye würden auch sunder zweiffel solchen unsern anschlag größlichen loben, wo sye anderst des recht und gründtlich bericht wurden. Ich bin auch sunder zweiffel, das kein ferre des wegs unser liebe außleschen solt. Darzů wolten wir mein vatter allhie bleiben lassen; der möcht uns allzeit verschreiben, wie [289] es in Engelandt stünde. Herwider solt im von und keiner bottschafft manglen, das uns dann ein sundern trost und freüd bringen würd. Darumb, mein lieber brůder wöllest meinen raht nit verwerffen unnd mir an dem ort folgen. Ich weyß du würst mir noch über lang meines rahts dancken.‹

Dem alten ritter Gernier der raht seines sons fast wol gefallen thet. Wiewol im ir abscheyd auch ser zůwider was, noch redt er so vil mit Reinharten, das er zůletst verwilliget seines gsellen raht zů folgen, anhůb und sprach also: ›Wiewol ich mit mir entlich beschlossen hab, uß disem künigreich nymmermehr zů kummen, wie mirs doch gangen wer, noch dannocht müß ich bekennen, das mir ewer beyder raht nit gäntzlich mißfallen thůt. Jedoch bitt ich dich, mein lieber Gabriotto, du wöllest bedencken, wodurch wir unseren allerliebsten junckfrawen unsern willen und meynung auff das füglichest entdecken wöllen. Dann dasselb zůvor unnd eh geschehen můß, eh dann wir kein urlaub von dem künig genummen haben. Wer weyß, was rahts sye uns darinnen geben mögen, so villeicht erschießlich sein würt!‹

Gabriotto anhůb und sprach: ›Reinhart, diß und alles, so du an mich begerest, bin ich willig bereyt zů volbringen, wo du mir versprichest und in mein handt gelobest, deinem zů sagen nachzůkummen.‹ Der ritter Reinhart seinem gesellen in sein handt geloben thet, alles das zů thůn, so er im gerahten hett. Der sach der ritter Gabriotto wol zůfriden was, wiewol im sein fürgenummene reyß mehr leyd dann freüd brachte. Die sach also auff dißtmal růgen liessen, den tag volls mit andren edlen in mancherley kurtzweil und freüden vertriben. Reinhart aber seinem versprechen stätigs nachsinnet; einsteils gerewen was, das er sich so vil gegen seinem gesellen begeben hat, yedoch im entlichen fürnam, seinem zůsagen nachzůkummen.

40. Wie Reinhart seiner Rosamunda das fürnemen seines gsellen verschreibet

40.
Wie Reinhart seiner liebsten Rosamunda das fürnemen seines gsellen verschreibet, die junckfraw sich [290] fast übel davon gehebt, gäntzlich nit darinn gehellen will.

Reinhart, welcher seinem zůsagen ernstlichen nachgedencken thet, sich des andren tags heymlich vor seinem gesellen verbarg, in seinem gemach nidersaß, der junckfrawen Rosamunda einen brieff, wie er von dem zauberer Valentin gelert hat, auff einem schneweisen papyr schreiben thet auff semliche meynung von wort zů wort also lautend:

So mir, hochgeborne züchtige allerliebste junckfraw, müglich sein möcht, euch ettwas frölichs zů schreiben, wolt ich mich sunder zweiffel diser trawrigen unnd leydigen maß nit gebrauchen, damit ich euch sunder zweiffel weyß grossen schmertzen bringen würd. Dieweil mir aber, allerliebste junckfraw, nit müglich ist mein hinwegscheyden zů verhalten, so bitt ich euch, wöllend ab meinem brieff kein unmüt nemen und gedencken, was mich und meinen gsellen zů semlichen hinwegscheyden ursachet. Ir sond wissen, mein allerliebste junckfraw, das der argwon des künigs noch nit erloschen ist, sunder von tag zů tag ye mehr und mehr zůnimpt. Dann seidher er mich bei euch in dem frawenzimmer funden hat, er ein schwere grosse klag wider mich gegen dem alten ritter, meines gesellen vatter, gefürt, hat sich auch dabei hören lassen, wo er mehr dergleichen an mir spür, er wöll mich hart unnd schwerlich darumb straffen. Damit hat mich der künig also angsthafft gemacht, das ich besorg, es möcht uns durch solche practick zůgericht werden, das wir von einander scheyden müsten unnd hierinn keinen trost mer haben wider zůsamenzůkommen, das mir warlich minder dann der todt zů gedulden wer. So ir mir aber, allerliebste junckfraw, erlauben wend, will ich mich sampt meinem gsellen dahin richten, das wir in jars frist on alle sorg wider bei einander sein wöllen und dem künig damit allen seinen argwon benemen. Hiemit befilh ich mich, allerliebste junckfraw, in eweren schirm. Gott bewar euch, ein trost meines lebens!‹

[291] Als nun Reinhart dissen brieff geschriben und volendt hat und aber das papyr gantz lauter unnd weiß was, nam ers und brachts seiner Laureta, also sprach: ›Mein allerliebste Laureta, ich bitt, wöllendt meiner junckfrawen diß papyr eylens überantworten; dann sye es vast von nöten sein würt.‹ Die ertzettin nit anders meynt, dann es wer ein gantz lauters papyr, sich des verwundert, was Reinhart damit gemeynet also offen und nit zůgethon; der junckfrawen Rosamunda den brieff überantwort, die sye noch in irem gemach fand; dann es noch fast frü was. Zů ir sprach: ›Rosamunda, nemend hin, junckfraw, diß papyr! Dann als ich bericht würd, seind in sein von nöten.‹ Rosamunda, die yetz der geschrifft langest bericht was, das papyr mit grossen freüden empfahen thet zů Laureta sprach: ›Ja fürwar, liebe Laureta, ich nit venig verlangen nach disem papyr hab getragen. Darumb ich mit großem danck von euch empfah.‹ Laureta urlaub von der junckfrawen nam, von dannen schied.

Rosamunda ein beckin mit lauterem wasser nam, den schneweißen brieff darein legt, der ir bald ires allerliebsten ritters fürnemen zů verstan gab. Ach, die edel und züchtig junckfraw, so mit grossen freüden dos weiß papyr empfangen hat, yetzundt mit tausentfaltigem leyd und schmertzen umbgeben was, vor grossem leyd die geschrifft kümmerlichen zů end lesen mocht, mit manchem heyßen trehen die geschrifft ires allerliebsten ritters übergiesen thet, anhůb das gelück zů verflůchen und sprach: ›O du falsches schmeychendes gelück, wie machest du so manch kurtze freüd also schnell zergon unnd übergeißt die mit tausendtfaltigem leyd und schmertzen! Ach warumb hastu doch dem jüngling also vil schöne verlihen und zůgetheylt, dieweil du ihm die zů gebrauchen nit vergünnest! Warumb hastu mir anfencklichs zůgelassen den ritter lieb zů haben, dieweil du ihn mit solchen ungenaden von mir ziehen woltest! O Reinhart, gott wolt, du auß Franckreich nye kummen werest! So hett ich dich nye erkannt, und werest du auch von vil leiden und leyd behüt gewesen, welchs dir yetzund vilfeltig begegnen würd. O Philomena, solt dir diser anschlag. kundt sein, fürwar, du würdest auch mit tausentfaltigem schmertzen umbgeben.‹

[292] Mit semlichen worten Rosamunda ein gůte zeit vertreiben thet So lang sye meynt, Philomena allein zů finden, sye das nassz papyr zů ir nam, zů der junckfrawen gemach gieng, anklopffet bald eingelassen ward. Die junckfraw Philomena an ir gestalt wol abnam, das die sach nit nach dem glückliechsten stünd; derhalben sye grossen schrecken von der junckfrawen zůkunfft überkam.

41. Wie Philomena des ritters geschrifft lesen thet

41.
Wie Philomena des ritters geschrifft selbs lesen thet, nit minder schmertzens dann Rosamunda davon empfieng, irem ritter einen andren brieff schreibt.

Was grossen schmertzens Philomena von der junckfrawen zůkunfft überkam, nit not zů beschreiben ist; dann sye einer semlichen trawrigen zůkunfft nit an ir gewon was. Da sye nun aller sach von Rosamunda bericht ward, den brieff auch selb gelesen hett, fieng sie erbermblichen an zů klagen und weinen. ›O Gabriotto‹, sprach sye, ›solcher untrew ich mich nymmer zů dir versehen hett, also das du mich heymlich understohst zů verlassen. Ich hett wol gemeynt, du hettest mir die deinen anschlag zů wissen gethon; das mir aber gantz verborgen bliben wer, wo mich des Rosamunda nit wissen gemacht hett.‹ Als nun Philomena den ritter in irer klag vil unnd mancherley schuldiget, sye ir zůletst fürnam dem ritter zů schreiben, damit sye sein entschuldigen möcht hören. Anhůb und schreib im ein brieff also lautend:

›Wiewol ich dir, edler ritter, mein hertz und gemüt gantz für eygen geben hab, mich auch zů aller zeit eines solchen zů dir versehen, so sih ich doch wol, mein hoffnung bißher umbsunst gewesen ist. Dann ichs dabei wol abnemen mag, dieweil du mir dein hinwegziehen und heymlichen anschlag also verhalten thůst Dann so mich Rosamunda des nit underricht hett, es mir warlich noch verborgen wer. Yedoch will ich dich, edler ritter, nit gantz schuldigen, ich hab dann zůvor [293] und eh dein verantwortung auch gehört; dan mein hertz dir ye solcher ding nit vertrawen thůt. Darumb, hertzliebster Gabriotto wer mein will, das du morgen zů primzeit sampt deinem gsellen Reinharten zů mir in Laureta gemach kummen wöllest. Darumb, edler ritter, so es dir zů willen wer, so bitt ich, du wöllest dich noch heüt auff dem lustplatz in grünem kleyd sehen lassen. Wo du es aber nit thůn wilt; so laß mich; dich in schwartz bekleydt darauff ersehen; so bin ich doch alles trostes von dir beraubt, des ich dir in ewigkeyt nymmermehr getrawen will. Gott der herr geb dir mein getrewes hertz zů erkennen!‹

Die junckfraw den brieff nam, wol verschloß, irer lieben und getrewen Laureta überantwort, also sprach: ›Mein allerliebste Laureta, ich bitt, wöllest disen brieff unverzogenlich meinem ritter überantworten. Dann mir ist gesagt, wie er willen hab urlaub von dem künig zů nemmen und wider in Franckreich zů ziehen.‹ – ›Das glaub ich nymmermehr‹, sprach Laureta, ›wer doch solche red von im außschlecht! Ich weyß, er eh sein leben verlassen würt dann sich diß hoffs entschlagen, dieweil euch gott das leben verlihen thůt Aber. damit ich mich nit ungehorsam gegen euch erzeyg, will ich dem ritter disen brieff zůhand überliffern.‹

Mit dem geredt von der junckfrawen gieng, den ritter Gabriotten in des künigs capellen sampt seinem gsellen fand. Dem sie zůhand wincket, im den brieff gab, wider zů Philomena kam, ir das zů wissen thet Die sich bald in ir gemach füget, acht auff den ritter zů nemen. Dann sye wol gedacht, sobald er brieff gelesen hett, würd er sich auff den platz nach irem befelch fügen, als dann geschah.

Dann sobald der ritter den brieff gelesen hat, sich bald in gantz grün anthett, auff den gemeldten platz kam sampt seinem gesellen. Ein gůte zeit darauff spacieren giengen, biß sye irer beyder junckfrawen sichtig wurden; aber von vile der andren nichts mit ihn reden dorfften, also wider von dannen schieden. Die beiden junckfrawen zů Laureta kamen, ir all ire anschleg zů wissen thetten, des in Laureta gäntzlich verwilligen thet Die zwo betrübten junckfrawen des künfftigen tags mit grossem verlangen erwarten thetten.

[294]

42. Wie die jüngling iren junckfrawen leyd zu beder seyt klagten

42.
Wie die beiden jüngling sampt iren allerliebsten junckfrawen bei einander in fraw Laureta gemach ir leyd zů beder seyt klagten.

Sobald nun der morgen kummen was, unnd yetz die bestimpt stund kummen war, die vier liebhabenden menschen zůsamen in fraw Laureta gemach kamen, aber sich allsamen nit so frölich als andremal sich erzeygten. Der ritter Gabriotto seinem gsellen darvor alle verloffnen sachen zů wissen gethon hat, damit er sich auch dest baß wißt zů bedencken auff seiner junckfrawen red.

Also fieng der ritter Gabriotto mit erst an zů reden unnd sprach: ›Mein allerliebste junckfraw, ich bitt euch, mir meiner red gnädiglich zů verziehen, dieweil ich also unerlaubt anfah zů reden. Dann fürwar mich ewer schreiben dermassen betrübt hat, das mir nit müglich ist lenger mit meinen worten zů verziehen, dieweil ir mir zůmessen, das ich on ewer urlaub mir fürgenummen hab von euch zů scheyden. Dann warlich mir nye in mein sinn oder gedancken kummen ist; des sey gott mein zeüg. Damit aber ir, allerliebste junckfraw, des ein gewiß zeychen haben mögen, so ist mein erster anschlag nye anders gewesen, dann das ich mich sampt Reinharten ein kurtze zeit von disem hoff thůn wolten, und aber allein darumb, das der künig von seinem fürnemen abstünd. Dann er im entlich fürgenummen hat, in Reinharten meinen gesellen zů wüten, so er ihn mit einem kleinen mehr gegen Rosamunda argwenig find; darauß uns dann allen großer schaden unnd leyd zůstohm möcht. So aber ihr mir, gnädige junckfraw, nit glauben geben wöllt, so gedencken doch, wo ich willens wer nimmer in Engeland zů kummen, das mir doch schwer würd, ich wolt meinen vatter nit also hinder mir lassen; derselb uns dann allzeit bottschafft zů beyder seit thůn mag. Darumb, mein allerliebste junckfraw, so bitt ich euch von wegen aller liebe unnd freündtschafft, so ich euch trag, wöllend mir gnädiglich erlauben. Yedoch will ich die zeit zů ewerem gefallen gestelt haben und mich auch nit leuger saumen dann nach ewerem erlauben.‹

[295] Die junckfraw Philomena wol ermessen kundt, auß was ursach Gabriotto im semliche reyß fürgenummen het. Deshalben sye irs auch dest leichter sein ließ, anhůb und sprach: ›O mein allerliebster ritter so ich deiner widerfart sicher sein möcht, wolt ich dir des lieber erlauben. Wer gibt mir aber sicherung vor dem ungestůmen und wütenden mör? Wer weyßt ob dich der künig auß Franckreich wider von im lassen würt. Villeicht wird er dich zů gisel behalten, so lang dein vatter nit wider zů ihm kumpt. Dann ich zům offtern mal von dir gehört hab, wie der künig deinen vatter mit großem unwillen von ihm gelassen hab, dargegen das dein vatter so hoch behalten hab nymmer in Franckreich zů kummen. So dann dein. vatter nit zů im wolt unnd dich der künig nit lassen, so müst ich ye dein all mein tag beraubt sein. Wo aber diß alles nit wer, so möchten dich villeicht die frantzösischen junckfrewlin mit iren süsen und freündtlichen worten von mir abziehen. Dann man spricht gemeynlich, das das gegenwertig allweg angenemer sei dann das, so man erst mit grosser müh und arbeyt sůchen müß. Darumb, mein allerliebster Gabriotto, gedenck, ob mich dise stuck nit billich beschweren!‹

Der ritter anfieng und sprach: Allerliebste junckfraw, wider das erst, so ir mir fürgehalten hand, kan ich euch nit ein gewisse sicherung zůsagen. Dann so mich der allmechtig gott nit bewaren will, mag er mir wol hie in der statt mein end zůschicken. Ich getraw aber gott dem herren so wol, er werd mich yetz und zů aller zeit beleyten. Zů dem andren, aber, das ir meynendt, der künig mich nymmer von im lassen werd, darzů antwort ich, kein mensch auff erden mich nymmer erhalten mag also, das ich ewerem gebott zůwider sein wöll. Dergleichen sprechen ir, ich möcht mich die frantzösischen junckfrewlin lassen bereden oder mir ein ander lieb erwölen. O mein junckfraw, ich bitt, semliche gedancken außschlagen wöllen und mich nit achten, als ob ich solche wanckelmütige lieb trüg. Dann dieweil mir gott mein sinn und vernunfft bewaret, so würt kein ander mein hertz besitzen, dann allein ir. Dann ich euch vor allen creaturen diser welt lieben thůn; das sond ir in ewigkeyt von mir erfaren. So aber ihr, mein allerliebste junckfraw, ye nit erlauben wend, will ich gern hie bei [296] euch aller angst und nodt erwarten. Yedoch wann ir die sach im grundt erwegen, so mögendt ir ye mein meynung für die besser erkiessen.‹

Die junckfraw Philomena wol ermessen kundt, das der ritter in allem seinem fürnemen den rechten weg vor im hat Darzů bedacht sye auch den grimm ires brůders; dieweil er dem jüngling Reinharten also nachstallt, gedacht sye: Wie vil mehr würd mir mein brůder auffseher bestellen, so ich sein schwester bin! In den gedancken ir entlich fürnam, dem ritter ein jar lang zů erlauben, also sprach: ›Wo dein hertz nit anders gesinnt wer, edler ritter, ich dir ein jar lang erlauben wolt in Franckreich zů reyßen. Hiezwischen mögen sich vil ding zůtragen und verlauffen. Deshalben ich dir, Gabriotto, erlauben will, wann es dir gefalt, das du urlaub von meinem brůder, dem künig, nemen magst. Jedoch solt du von hinnen nit ziehen, du seiest dann noch einmal bei mir gewesen.‹

Rosamunda als sye die wort vernam, kläglichen anhůb zu weynen und sprach: ›O Philomena, allerliebste junckfraw, ich hatt all mein hoffnung auff ewer antwort gestellt; dann ich mich der wort, so ir geredt hand, uit versehen hett. Nun aber mag kein anders nymmermer darauß werden, dieweil ir Gabriotten ewer urlaub geben hand, dann das ich meinen allerliebsten ritter auch verlieren můß.‹

Philomena anfieng und sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, mir zweiffelt nit, du die sach baß dann ich erwegen und bedencken kanst. Ist nun Reinhart der ritter dir als lieb, als du sprichst, das ich gantz nit zweiffel, wie woltestu in dann in semlich gefar kunmen lassen, in der er sich seins leibs unnd lebens all stund besorgen müßt, und du dannocht seiner beraubt sein, deßgleich kein hoffnung in zů sehen nymmermehr haben möchtest? Darumb, mein Rosamunda, laß von deinem klagen und gedenck mich zů trösten, wie du dann allweg gethon hast!‹

Mit solchen und andren vil tröstlichen worten Philomena ihr liebe junckfraw Rosamunda bewegt, das sie auch gůtwillig sich darein ergeben thet, wiewol es von in allen mit grossem unwillen beschah, als dann gůt glauben ist. Als sye sich nun ein lange zeit mit einander ersprächt hatten, urlaub [297] von einander namen, yeglichs wider sein straß gieng. Gabriotto seinem vatter, sobald er mocht, all verloffen sachen zů wissen thet.

43. Wie Gabriotto und Reinhart ein urlaub begeren

43.
Wie Gabriotto und Reinhart an den künig ein urlaub begeren, das in der künig mit grossem unwillen zůließ, wie ir hören werdt.

Als nun Gabriotto unnd Reinhart irer allerliebsten junckfrawen halben kein sorg mehr hatten ihres fürnemens halb, begab sich eines tags, das der künig gůtter ding was, auff dem schönen lustplatz seinem hoffgesind irer kurtzweil zůsehen thet. Als es nun Gabriotten am füglichsten sein daucht, er mit sampt seinem gsellen Reinharten für den künig kam, mit züchtiger reverentz nach seines vatters underweisung anhůb mit dem künig zů reden: ›Allergnedigster herr und künig, wir armen ewer gnaden diener beyd bitten euch, ihr wölt uns gnädiglich erhören und uns nun zůmal ein freündtlichs urlaub geben. Dann wir endtlichs willens seind, einmal in Franckreich unser alt gesellschafft zů besichtigen.‹

Der künig, welchem des jungen ritters red nit wenig befrembdet, anhůb und sprach: ›Fürwar, Gabriotto, mich befrembdt nit ein wenig, ob dir deiner red ernst sei oder nit. Dann ich meynt nit, das dir so trang an meinem hoff besehenen wer, das du dir understündest einen andren herren zů sůchen, dergleichen deinem mitbruder Reinharten. Sagt mir doch, was euch zů einer solchen schnellen reyß bewegen thůt!‹

Der ritter Gabriotto weiters anhůb unnd sprach: ›Allergnädigster herr und künig, weder ich noch Reinhart umb gantz keiner ursach willen von ewern gnaden urlaub begeren, allein das wir ettlich unser freünd gern einest heymsůchen wolten. Darumb begerendt wir wie vor ein genädig urlaub von euch.‹

[298] Der künig anhůb und sprach: ›Gabriotto, ich bin sein noch gantz unbedacht, es were dann sach das dein vatter bei mir bleiben wolt und ir mir auch versprechen, in kurtzer zeit wider her zů kommen.‹ Reinhart gab dem künig kurtz antwort und sprach: ›Allergnädigster herr künig, die zeit also kurtz anzůbinden unns nit müglich ist. Dann wir auff das wenigst ein jar oder zwey in Franckreich bleiben werden.‹

Als Reinhart solche wort zů dem künig redt, gedacht der künig in ihm selbs: ›Warlich es würt nichts an der sach sein das Reinhart Rosamunda lieb tregt, dieweil er understaht zwey jar von ir hinweg zů ziehen.‹ Anhůb zu gedencken: ›Warlich es mag wol ein ursach sein, das Reinhart von meinem hoff stellet.‹ Der künig sagt: ›Reinhart, junger ritter, mir kumpt in gedancken, mit was rauchen worten ich dich vergangnen tagen angefaren hab, als ich dich bei Rosamunda in dem frawenzimmer sitzen fand. Du solt aber wissen, das mir solche wort nit in ernst heraußgefaren seind. Dergleich hab ich mit Gabriotten vatter geredt, das er dich davon ziehe. Nun aber kan ich wol gedencken, wo du also in liebe gegen Rosamunda behafft werest, du würdest dich nit also ein lange zeit begeben von ir zů sein. Darumb, mein Reinhart, wo das ein ursach deines hinwegziehens ist, so bleib frölich hie! Ich soll dir nichts mehr in dein sach reden.‹

Reinhart gedacht in im selbs: ›O gott von himmel, solt ich wissen, das wort unnd werck gleich außgiengen, mich solt das sterckst pferdt, so in Engelandt ist, nit von hinnen bringen noch ziehen.‹ Als nun der ritter Gabriotto des künigs meynung verstanden hat, ward er von gantzem hertzen erfrewt und gedacht: ›Nun wend all mein anschleg glücklich zů end gon.‹ Zů dem künig sprach: ›Allergnädigster herr, dieweil ich vernimm, das wir beid ein semlichen gnädigen herren an euch haben, so bitt ich von wegen unser beyder, ir wöllendt uns dieser reyß vergunnen. So versprich ich dagegen für mich und meinen gsellen, das wir beyd innerthalb einem jar wider in Engelandt sein wöllend. Unnd so uns müglich wer in einem monat wider zů kummen, es soll beschehen.‹

Reinhart seinen gesellen lang zeit nye also gern hort reden, dann da er im sein ziel also kurtz steckt. Der künig [299] dem jungen ritter antwort und sprach: ›Gabriotto, so dein vatter hie bleiben will, so sey euch beyden ewer reyß vergundt. Doch wöllend euch auff das firderlichest wider herfügen!‹ – ›Das soll geschehen,‹ sprach Gabriotto, ›on all irrung.‹

Damit urlaub von dem künig namen, sich mit aller nodtdurfft zů irer reyß schickten, damit ir heymfart dest ehe wider käm; dem alten ritter Gernier alles, so sich mit ihn unnd dem künig verloffen hat, zů wissen thetten. Des ihm Gernier gůten můt nam, hoffet, die sach sich noch zů dem allerbesten enden solt. Wiewol in seines sons hinwegscheyden nit grosse freüd bracht, noch meynet er ein solchs baß dann ein bösers zů gedulden. Also sich die beyden ritter zůrichteten, das sye den nechst zůkünfftigen tag darvon wolten. Dann eben zů derselben zeit ein schiff in der englischen port stund, so in Franckreich faren wolt, wie ir hernach hören werdt.

44. Wie die beyden jungen ritter urlaub namen

44.
Wie die beyden jungen ritter urlaub von iren liebsten junckfrawen namen, und was sye dem alten ritter nach irem abscheyd empfohlen hand.

Demnach und die beyden ritter all ir notdurfft, so ihn zů irer reyß notwendig was, fertig gemacht hatten, seind sye on alle forcht zů iren allerliebsten junckfrawen gangen, welche sye bei andren junckfrawen in der alten künigin palast fanden, hand also die alt künigin sampt allen andren junckfrawen gesegenet, die all gemeynlich von ires abscheyds wegen bekümmert waren.

Philomena die junckfraw bald irer vertrawten Laureta zů ir rüffet, sye zů Gabriotten dem ritter schicket, das er gedecht unnd nit von land schied, sye were dann zůvor bei im gewesen; unnd damit aber das bald geschehen möcht, so solt sye die beiden ritter in iren wurtzgarten füren; da wolt Philomena sampt Rosamunda zů ihn kummen. Laureta sich nit [300] lang saumet, zů den beyden rittern kam, inen der junckfrawen willen ansagt. Sye beyd mit ir giengen in iren wurtzgarten, da sye der junckfrawen mit grossen freüden warteten. Die junckfrawen urlaub von der alten künigin namen, beyd mit einander in den wurtzgarten zů iren rittern kamen.

Philomena so bald sie iren ritter ersach, erbermblich anhůb zů weynen und sprach: ›O Gabriotto, das ich den tag deines hinwegscheydens ye erlebt hab! Ich förcht, du werdest mein in Franckreich bald vergessen haben.‹ – ›Junckfraw‹, sprach Gabriotto, ›ich bitt euch, mich semlicher wort vertragen wöllendt; dann ihr mir mein hinfart darmit noch harter und schwerer machen. Nun seind ihr doch meiner liebe so gantz sicher, das mich wundert, was ir doch damit gemeynen. Was soll ich viel bewerens, dieweil mir mein hinwegscheyden des genůgsam bezeuget! Aber ich hoff zů gott, ehe dann ein halb jar verscheinet, ich wöll euch, mein allerliebste junckfraw, wider mit lieblichen augen ansehen. Dann ich dem künig ein solchs versprochen hab.‹

Philomena von des ritters worten nit wenig trosts empfahen thett, als sye hort, das Gabriotto sein ziel also kurtz gesetzt hat; dergleich Rosamunda nit minder freüd empfieng. Philomena die junckfraw irem ritter einen köstlichen guldinen ring schanckt. ›Nimb hin disen ring,‹ sprach sye, ›mein hertzliebster ritter; darbei biß mein zů aller zeit ingedenk! Dann so du ihn herwider bringst, so mag ich wol sprechen, das du mein nye vergessen habest.‹ Gabriotto der junckfrawen trewlich versprach, er ir zů aller stund ingedenck sein wolt, und zů einem zeychen wolt er den ring in irem beiwesen anstecken und nymmer vonseiner handt lassen kummen, es wer dann sach, das er wider zů ir käm.

Damit die beyd einander freündtlich umbfahen thetten, einander mit betrübten hertzen begnadeten; dergleich auch Reinhart und Rosamunda mit bekümmerten hertzen einander letzten und gesegneten. In dem Gernier, Gabriotten vatter, zů den zweyen jungen rittern kam in beisein irer liebsten junckfrawen, sye zů beyder seit freündtlich tröstet. Darnach die drey ritter mit einander zů dem schiff giengen.

Gabriotto zů seinem vatter sprach: ›Mein hertzliebster [301] vatter, dieweil sich unser sach also schicket, so bitt ich dich, du wöllest dich bei weilen zů unsern lieben junckfrawen thůn unnd sye in unserm abwesen trösten. Dergleich so dir zů zeiten brieff von uns werden, würstu ettlich gantz schneeweiß darunder finden. Auff welchen du dann ein rosen gemalt sihst, die gib Rosamunda; welche aber mit einer kronen gezeychnet seind, die gehören meiner allerliebsten Philomena. Darzů bitt ich dich, du wölst uns allzeit wissen lassen, wie es umb dich und unser junckfrawen stand. Das wend wir auch nach unserm vermügen thůn, wie offt wir bottschafft haben mögen.‹ Der vatter seinem son versprach, seinem begeren nachzůkummen.

In dem die zeit kam, das man zů schiff bließ. Gernier die beyden jungen gesegnet. Mit dem sye in das schiff tratten, mit grossem leyd von dannen schifften. Gernier an dem port stund, in manchen segen nachwünschet. Dergleich die beyden junckfrawen zů dem obristen in dem küniglichen palast stunden, dem schiff mit grossem jamer nachsahen, manchen hertzlichen seüfftzen und süsen segen ihn nachhin sandten, so lang biß sye das schiff nit mehr gesehen mochten. Demnach die übrig zeit mit trawren und klagen vertriben, biß sye zůletst mit irer zůkunfft wider getröst wurden. Als nun Gernier das schiff nit mehr sehen mocht, zoch er trawrig und gantz bekümmert wider gen hoff. Dann im der groß unfal, so den edlen rittern begegnen thet, gäntzlichen vor was, wie irs dann nachmals vernemen werdt. Dann in groß ungefell auff dem mör zůhanden stieß, also das sye kümmerlich mit irem leben davonkamen.

45. Wie den jungen rittern ein grosse fortun begegnet

45.
Wie den beyden jungen rittern ein grosse fortun auff dem mör begegnet, in grossen sorgen irs lebens stohn můsten.

Das unstet und wanckelmütig glück sich noch nit benügen ließ an dem schmertzlichen unnd trawrigen abscheyd, so es den zweyen edlen rittern zůgefügt hat, auch die edlen und züchtigen junckfrawen noch in vil mer leyd und schmertzen [302] setzet; dann nit lang nach dem abscheyd der edlen jüngling inen eine fast leydige und schwere bottschafft von inen kam. Wie aber das geschach, ir kürtzlich verston sollendt.

Als der jüngling Gabriotto auß Engelandt faren thet, nam er mit im zwen schöner englischer hund, welche er dem künig zů Franckreich gebracht wolt haben, im die für ein beüt verehret. Als sye aber mit ihrem schiff kamen in das möhr, entstund ein sorglicher grosser wind. Derselb das schiff mit grausamen wellen umbgeben thet, dardurch alle die, so in dem schiff waren, in grossen sorgen stunden, zům offternmal gott den allmechtigen anrůfften. Zůletst der wind das schiff dermaßen erwischet, mit gewalt an einen felsszen so mit grosser ungestümigkeyt werffen thet, also das es sich von einander reyssen můst. Alle die, so in dem schiff waren, mit grosser not in ettlich barcken, so an das schiff gebunden waren, sprungen, auch ettlich auff brittern außschwammen; dann sye nit sunders ferr an das landt hatten. Das gůt aber, so in dem schiff gewesen war, alles zů grundt gieng; allein ein yeder seiner barschafft acht nam, so im anderst so vil zeit werden mocht. Die beiden hund aber nit außschwammen, sunder sich mit kläglichem geschrey an dem felßen erhalten theten, biß sich der ungestüm wind yetz gestillet. Als nun Gabriotto sampt Reinhart mit grosser angst und nodt das landt erreycht hatten, erst an ihre hund gedachten, aber deren zů bekummen sye sich gantz verwegen thetten, deßhalben in grossen unmůt von newem kamen.

Nun aber mocht das leyd, so inen zůhanden gangen was, ihren allerliebsten junckfrawen nit verborgen bliben, damit sye auch dest mer betrübt würden. Sich von ungeschicht begab, das ein ander schiff, so in Engelandt faren wolt, noch bei den felssen anckern můst, darauff sich die gedachten hund erhůlten. Dieselben yetz der hunger bezwingen thet, das sye sich in das mör wagten, dem angeanckerten schiff zůfůren. Als ir nun der schiffherr gewar ward, mit ersten nit erkennen mocht, was es wer, so lang das er der köstlichen halßband an inen gewar ward, wol erkannt, das es hund weren, die man hoch geacht hett, was wunders sye doch dahin getragen het, inen zůhandt in das schiff halff, also mit ihm gon [303] Lunden fůrt. Das schiff so bald nit an das landt kam, die beyden hund gon hoff lieffen, mit ihren geberden sich dermassen erzeygten, das menglich gedacht, die sach nit recht umb die beiden ritter ston kündt.

Semlichs bald für den künig kam, der sich der mähr nit gnůg verwundren mocht, bald an das port schicket, ob villeicht die beyden ritter kummen weren. Als nun die, so von dem künig befelch hatten, den beiden rittern nachfragten, kundt ihn nyemandts kein bescheydt nit geben. Der schiffherr sunderlich von wegen der hund gefragt ward, der dann alle ding, wie sich die verloffen hatten, erzalet. Das ward dem künig auch verkündet, die schiffleüt für in fordern ließ.

Als sye nun beschickt und für den künig kamen, aller sach von dem künig erfragt wurden. Der künig anhůb und sprach: ›Ir herren, ich hab verstanden, wie ir heüt an unserm port ankummen seind unnd namlich zwen hund mit euch bracht, welche vor wenig tagen von zweyen unsern rittern hinweggefürt worden seind der meynung, das sye die dem künig zů Franckreich geschenckt wolten haben. Nun aber mögendt wir all nit wissen, wie es umb die beyden ritter stand, dieweil die hund kummen unnd sye nit kummen seind. Darumb ist mein beger an euch, wo ir der sach wissen trügen, wöllendt uns nichts daran verhalten, damit wir auß dem argwon kummen mögen.‹ Die kauffleüt und schiffherren gemeynlich anhůben und sagten dem künig also, wie ir dann oben gehört hand. Ihm under andren anzeygten, das sich die hund irs bedunckes die zeit her auff dem felßen erhalten hetten; dann inen sunst nit müglich gewesen wer also lang auff dem mör zů schwimmen.

Der künig zůhand befalch ettlichen seinen schiffleüten, mit parcken und andren kleinen schiffen an das ort zů faren, den felsszen zů umbfaren, auch darauff zů gon, soweit in müglich wer, mit schreien und rüffen zů versůchen, ob sye doch deren ritter keinen darauff funden. Das alles nach des künigs befelch geschehen thett; aber umbsunst was. Zůletst mit ettlichem zeüg in das mör wurffen, wol befunden, das ein schiffbruch da geschehen was. Das alles sye dem künig ansagten. Der künig nit wenig unmůt davon empfahen thet.

[304] Das geschrey gar bald dem alten ritter Gernier fürkam; bedarff auch nyemandt fragen, ob er nit tausentfeltig leyd davon empfangen hab, dieweil er seinen einigen son also ellendtlich vermeynt verloren haben. Von stund an zů Philomena der junckfrawen kam, die er mit seiner zůkunfft erstlich erfrewen thet. Als sye aber die leydig bottschafft von im vernam, so kläglichen anhůb zů weinen und klagen, das sye Gernier mit ir bewegt zů weinen. In dem Rosamunda die junckfraw von ungeschicht auch kam, in ein getrewe gesellin in ihrem leyd gab.

Philomena anhůb unnd sprach: ›O du mein allerliebster ritter Gabriotto, wie bist du so schnell gewesen zů deinem schaden zů eylen! Ach der verflůchten stund, in deren du disen raht mit dir selb beschlossen hast! Nun mag ich wol klagen den tag, in welchem ich dich mit ersten erkennt hab, dieweil ich doch ein einige ursach deines verderbens unnd ellenden tods bin gewesen. Warumb hab ich in dein hinwegscheyden verwilliget, dieweil du mir doch allen gewalt gabest! Warumb bin ich nit bei dir bliben und sampt dir und deinem liebsten gesellen umbkummen und den todt erlitten! Mein sterben solt mir nymmer also wehe haben gethon.‹ Rosamunda, als die verstund die ursach der klag irer liebsten junckfrawen, bitterlichen anhůb zů klagen iren liebsten Reinharten.

Als nun der gůt alt ritter Gernier die beiden junckfrawen so gantz kläglich geberen sah, sye, so best er mocht, anhůb zů trösten. Als er aber solchs alles befand umbsunst sein, mit betrübtem hertzen von ihn schied, täglich an das port des mörs gieng, ob er doch nirgendt gewisse bottschafft vernemen möcht, wiewol er nach der schiffleüt sag kein ander gedencken hat, dann sein son wer in dem mör versuncken. Deshalb ein lange zeit mit weynen und klagen verzeret. Deßgleich die edlen junckfrawen ein harte zeit hatten, biß sich zůletst das glück über sye erbarmet, inen all ir klag in freüd verkeren thet, wie ir es hernach gründtlich bericht werden solt.

46. Wie die ritter iren junckfrawen bottschafft thund

46.
Wie die beyden jungen ritter iren allerliebsten junckfrawen [305] bottschafft thůnd, dardurch sye von newem erfrewt werden.

Als nun Gabriotto und Reinhart yetzund in Franckreich kummen waren, ires schreckens gantz vergessen hatten und yetzund mit andren rittern und edelleüten mancherley freüd und kurtzweil sůchten, doch under andrem irer allerliebsten junckfrawen nye vergessen theten. Sich eines tags begab, das sye mit einem alten ritter auff ein halbe tagreyß von Pariß auff einen seinen sitz ritten, ettlich tag mit beyßen, jagen und fischen ir zeit vertriben. Als sye nun eines tags sich fast uff dem gejäg geübt hatten, also das sye fast müd heym kamen, das nachtmal namen; demnach die speiß abzůdewen mit dem ritter in einem schönen garten spacieren giengen.

Der jung ritter Reinhart unter andrem lust, so in dem garten war, ein schöne roßenheld ersehen thet. Im sein allerliebste junckfraw zů gedancken kam; allein sich zů dem roßenheld füget, under andern schöne roten roßen eine mit seer bleycher farb erblicket. Dieselb an einem ort stund, da sye aller rauher lufft anwehet, darzů sye die sonn mit irer hitz den gantzen tag anscheinen mocht. Der ritter von diser roßen auß der maßen seer betrübt ward, anhůb zů gedencken: ›O du mein außerwölte Rosamunda, warlich dise roß gibt mir deiner gestalt ein gnůgsame anzeygung. O gott, wiewol ich weyß, das du nun zůmal mit manchem trübseligen wind angewehet würst, dieweil dir verborgen ist, wie mirs in Franckreich goht, so würst du auch on zweyffel täglich von dem künig angeschinnen, der dann ein ursach unsers scheydens gewesen ist. Dann ich weyß, so er dich anblicket, er dich allzeit unsers scheydens ermanet, dardurch dir on zweyffel dein schöne farb, die vor alle junckfrawen übertroffen hatt, erbleychen můß.‹

Mit solchen gedancken Reinhart den gantzen abent vertreiben thet, so lang das man zů bett gieng, in solchen gedancken entschlieff. Deßhalben im ein schwerer unnd harter [306] traum zůstund; ihn gedaucht, wie er sein allerliebste junckfraw in Philomena kammer seh, unnd die beyden junckfrawen von im unnd Gabriotto redten; in dem Gernier mit trawrigem angesicht zů in käm, in yeder hand ein große kettin trüg, mit weynenden augen zů den beyden junckfrawen sprach: ›O ir züchtigen und edlen junckfrawen, mir ist leydt, das ich diß mein ampt an euch vollbringen můß.‹ Damit ein scharpff schneydendt schwert nam, die beyden junckfrawen durch ire edlen hertzen stach, aber ihnen an ihrem leben nit schaden bracht, wiewol sye grossen schmertzen davon erlitten. Demnach Gernier, der alt ritter, die kettin nam, die beyden junckfrawen zůsamen an ein grosse seulen binden thet, mit einem malhenschlossz hart zůsamen verschloß, also sprach: ›Dises schlossz und bandt nyemandts macht hat auffzůlösen dann mein son Gabriotto und Reinhart sein gesell.‹ Damit aber diß dest sicherer verhüt würd, legt er die beyden hund, so sye verloren hatten, zů in, damit, so yemandts sye von solchen banden lößen wolt, das sye von den hunden abgetriben würden. Demnach Gernier mit weynenden augen von in gieng, die züchtigen junckfrawen also in leiden unnd schmertzen behafft bei den grausamen hunden sitzen ließ, die mit jämerlicher klag ir zeit vertriben, iren lieben rittern umb hilff zůschruwen. Reinhart aber daucht sich so weyt von in sein, das er sye keinerley weg trösten mocht, wiewol ers zům dickern mal versůchet. Sich so fast in seinem schlaff übet, das er davon erwachet, den übrigen theyl der nacht mit seüfftzen unnd klagen zů end bracht.

Da nun der tag anbrach, Gabriotto auffstund; dann sein gewonheyt nit was lang zů schlaffen. Lang in der kammer hin und her gieng, das er Reinharten schlaffen meynt, in nit wecken wolt, wiewol er manchen schweren seüfftzen von im hören thet; aber alles im in dem schlaff geschehen meynet, so lang das sich Reinhart mit einem schweren unnd grossen seüfftzen auff ein seiten warff. Gabriotto des ein klein schrecken empfieng, zů seinem gsellen kam, also sprach: ›Was ist das, Reinhart? Was bedeüten die schweren und grossen seüfftzen, so du von deinem hertzen gon laßt? Ich bin lang in der kammer umbgangen, hab dich gemeynt noch mit dem schlaff beladen [307] sein, so lang biß ich das schwer seüfftzen von dir vernummen hab. Stand auff unnd laß uns kurtzweil in den grünen feldern sůchen! Villeicht würt dir dein schwermütigkeyt benummen.‹

Reinhart sprach: ›O mein Gabriotto, mein schwermütigkeyt mir mit keiner kurtzweill benummen werden mag. Ich glaub auch, wo ich dir mein anligen entdecke, du werdest sampt mir in grossem trawren ettlich zeit vertriben.‹ Gabriotto von im die ursach seines trawrens begert zů wissen. Des ihm Reinhart nit versagen wolt, die ursach seines traums im zů wissen thet, auch was im des andren tags mit der roßen begegnet wer.

Als nun Gabriotto von seinem gsellen aller sach bericht ward, in ihm selb gedacht: ›Fürwar die ursach meins gesellen trawren nit umbsunst ist. Ich glaub auch on zweiffel, diser traum nit on ursach beschehen sei.‹ Yedoch er ihm ein hertz fasset, zů seinem gsellen sprach: ›Nit also, mein Reinhart! Der sachen würt noch gůter raht funden. Stand auff, so wend wir raht sůchen, damit wir in kurtzer zeit erfaren, wie es umb unser allerliebsten junckfrawen stand, die ich on zweiffel hoff noch frisch und gesundt sein.‹

Also ließ sich Reinhart von seines gesellen worten ettwas trösten, auffstund. Mit einander giengen an ein heimlich ort; ein yeder seiner allerliebsten junckfrawen einen brieff schreyb auff gantz weiß. Gabriotto auff den seinen ein schöne vergulte kron machen ließ, Reinhart auff den seinen ein roßen, wie sye dann solchs mit Gernier dem alten ritter verlassen hatten. In disen brieff schriben sie allen unfall, so in auff dem mör begegnet was. Sye schriben auch iren junckfrawen, das sie in irem abwesen sich gegen menglich frölich solten beweisen, damit sye nyemandts ursach geben, sie zů verargwonen irs abwesens halb; baten sie auch hiemit, iren nit zů vergessen. Als sie nun nach irem willen ein schiff fanden, so in Engelandt faren wolt, sie einem getrewen kauffman die brieff überantworten mit ettlichen schönen kleinoten, so sye iren liebsten junckfrawen auß Franckreich zů einem krom sckickten; dem kauffmann befahlen, die ding dem ritter Gernier treuwlich zů überantworten. Das alles in kurtzer zeit nach [308] irem begeren vollbracht ward, wie ihr hernach hören werdt.

Als nun Reinhart und Gabriotto wider zů irem alten ritter auff sein geseß geritten waren, wider ir zeit mit mancherley kurtzweil zů vertreiben, Reinhart wider sein altes wesen anfieng. So er sich von Gabriotto verstelen mocht, an das ort kam, da die roßen stunden; acht nam, wann sich doch die farb an der bleychen roßen ändren wolt; dann er endtlich meynet, sie im sein allerliebste junckfraw bedeütet. Zůletst aber, als er sie fand gar verrisen und den butzen on bletter ston, nam er im erst ein newe fantasei für, gieng ein klein davon, setzt sich under einer linden an ein schattigs ort, fieng da an sein allerliebste junckfraw als eine, die yetzundt dem todt ergeben wer, zů klagen. Nam im auch endtlich für, da dannen nit zů kummen, sunder von seiner allerliebsten junckfrawen willen zů sterben; das dann auch beschehen wer, wo Gabriotto und der alt ritter in nit davon abgewendt hetten.

47. Wie Gabriotto seinen Reinharten einen halben tag lang verloren hat

47.
Wie Gabriotto seinen liebsten Reinharten einen halben tag lang verloren hat; derhalben er und der alt ritter in mit bekümmertem hertzen sůchten.

Gabriotto, der edel ritter, an einem tag vom morgen an seinen gesellen Reinharten verloren hat, kundt in an keinem ort finden. Zůletst in den garten kam, in bei den rosen sůchet, aber nit fand. Des er im grossen kummer nam, wider auß dem garten gieng, zů dem alten ritter kam, im sein anligen seines gesellen halb zů wissen thet. Des der ritter auch betrübt ward; von newen anhůben Reinharten zů sůchen. Aber alles umbsunst was, sich biß auff den mittag verziehen thet. Also kein ort in dem gantzen geseß was, das sye nit durchsůcht hatten, allein under der linden, so in dem garten an einem ort stund. Sye mit einander zů red wurden, sye wolten in außerhalb dem garten und hoff sůchen, ob er villeicht ettwann leg unnd schlieff.

Als sye yetz nun lang umbhergangen unnd umbsunst gesůcht hatten, sye zůletst außerhalb des gartens an das ort [309] bekamen, da Reinhart under der linden saß. Der alt ritter so nah an der mauren des gartens gangen was, das in daucht, er hett ettwas in dem garten gehört; Gabriotten zů im wincket. Stillschweygendt sich der mauren nehern thetten. In dem Gabriotto vernam, das Rosamunda genent ward; nit lenger verziehen wolt, mit dem alten ritter in den garten an das ort gieng, da sie Reinharten in grossem jamer mit schweren gedancken beladen fanden. Der ir erstmals nit warnam; dann er sein klag so gantz hertlichen fürte, das er nyemandts warnam. Gabriotto zů im under augen stund.

Des Reinhart seer erschrack; yedoch sein klag für sich füren thet, anhůb und sprach: ›O mein getrewer und lieber brůder, ich bitt, mich an meiner klag nit wöllest verhindern unnd mich also hie in meiner rhů lassen sitzen. Dann mir hinfür zů leben nit mehr liebet, dieweil ich weyß mein allerliebste junckfraw von diser zeit gescheyden sein. Des ich dann ein gewisse ursach bin; dann ich weyß sie sich nach meinem abscheyd dermaßen gekrenckt haben, das sie darumb ir edels leben hat müssen geben. Dasselb ich ir in keinen weg nymmer vergelten mag, es sei dann sach das ich auch also in trauren und klagen mein seel zů der iren schick. Zů dem hab ich mir dises ort außerlesen.‹ Mit disen worten Reinhart sein red endet.

Gabriotto nit wenig von den worten seins gesellens betrübt ward; dann er meynt, Reinhart des gewisse bottschafft hette. In im selb gedencken ward: ›O gott, ist dem also, wie Reinhart sagt, on zweyffel so ist mein allerliebste Philomena mit grossem und schweren leyd umbgeben, dieweil sie einander also lieb gehalten hand.‹ Anhůb, zů seinem gesellen sprach: ›Mein Reinhart, ich bitt dich zů dem ersten, du wöllest dir den todt deiner junckfrawen nit also schwer lassen anligen, das du darumb dein leben auch verlassen woltest. Was möcht sie dein todt gehelffen! Sag mir doch, durch wen dir solichs zů wissen worden sei! Es möcht villeicht ein andre Rosamunda und nit die dein sein.‹ – Antwort Reinhart: ›O Gabriotto, [310] ich sorg, ich sei ires todts und sterbens vil zů gewissz. Dann mich die gestalt der roßen nit betrogen hat; so ist mir auch der draum, so ich unlang gehabt hab, ires todts ein gewisse anzeygung.‹

›Hast du kein anders wissens‹, sprach Gabriotto, ›dann mit der roßen unnd dem draum, so bist du on zweyffel betrogen.‹ – ›O Gabriotto‹, sprach Reinhart, ›die verkerung der gstalt der roßen hat mich nit betrogen. Dann als ich sie mit erst in dem garten under andren rosen ston fand, kam mir gleich in mein gedancken, sie Rosamunda die junckfraw bedeüten solt. Demnach sie under andern roten roßen von tag zů tag ye mehr bleycher ward, biß sie zůletst auch irer bletter gantz beraubt worden ist, das mir das verderben meiner allerliebsten junckfrawen anzeygen thůt.‹

Antwort Gabriotto: ›Mit was dorheyt, Reinhart, du umbgast, kan ich mich nit gnůg verwundren, dieweil ich von dir vernimb, das du dich ein einige blům laßt aller deiner freüd berauben. Meynst du, ein blům in Franckreich einer junckfrawen in Engelandt zů gleichen? Ist nit das die eygenschafft einer yeden blůmen, so sie schier verderben und abrisen will, das sie zůvor ir farb verliert? Du hast mich schier gleubig gemacht. Dann ich meynt, dir wer ein gewisse bottschafft kummen, wiewol mich nit wenig verwundren thet, das mir mein vatter nit ein semlichs zůgeschriben het. Ich bitt dich, stand auff und laß uns ander kurtzweil sůchen. Woltest du dir semlich fantaseien fürnemen, so sag ich dir, möcht wol dein lieb bei lebendigem leib sterben. Was meynest, das ihr Rosamunda gedencken würd, wann sie dich in einem solchem leben wißt? Fürwar sie würd dich gleich andren für einen narren und tollen menschen achten.‹

Der alt ritter, so bei ihn was, Reinharten auch mit worten straffen ward, also sprach: ›Ritter, mir ist verborgen die ursach deiner klag und fürgenummenen trawrens. Aber soweyt ich mich nach Gabriotten red darinn bedenck, so beduncket mich warlich, du ein grosse thorheyt vor dir habest, dieweil du dir selb also von blůmen und treümen ein ursach fürnimbst. Stand auff und erweg den stand, in welchem du yetz bist, und laß die blind liebe nit also über dein ritterlich[311] gemüt herrschen! Gedenck, zů was grossen spott du kummen würdest, wo man die ursach deiner klag vernemmen würd! Es würden dich alle edlen ritter verspotten, darzů die edlen unnd züchtigen frawen und junckfrawen über deiner thorheyt můßen lachen; ja den jungen kinden möchtest du spottens nit entrinnen.‹

Mit disen und andren worten sie den jungen ritter also schamrot machten, das er nit wußt, was er darauff antworten solt; sich bekennen můßt alles sein fürnemmen ein grosse thorheyt sein, uffstund, inen beyden danck saget irer leer unnd straff. Dem ritter nit anderst was, dann wer er von dem schlaff erwachet. All drei mit einander zů feldt ritten, mit weydwerck mancherley kurtzweil triben. Demnach der alt ritter den jungen ritter Reinharten offt mit der roßenhürst schamrot machet. Also lange zeit auff dem geseß freüd unnd kurtzweil sůchten, zůletzt wider gen Pariß ritten.

48. Wie dem ritter Gernier die brieff kummen

48.
Wie dem ritter Gernier die brieff kummen von seim son und Reinharten; das er bald den edlen junckfrawen zů wissen thůt, frölich und wol zů můt seind.

Ir hand gehört, wie Reinhart unnd Gabriotto ihr zeit in Franckreich vertriben. Nun wend wir wider kummen an die schönen unnd züchtigen junckfrawen, welche keinen trost nye empfangen hatten, sunder gäntzlich glaubten, ire beiden ritter im mör versuncken weren, derhalb sie ir zeit lang in trawren und klagen verzerten.

Als sich nun das glück ir anfieng erbarmen, fügt es sich, das die kauffleüt mit gůtem wind an dem englischen port ankamen, von welchem oben meldung beschehen ist. Nit lang stund, dem ritter Gernier zů wissen kam, wie das ettlich frantzösisch kauffleüt in ihrem englischen port ankummen [312] weren. Gernier sich nit lang saumet, an das port reit, da er die kauffleüt nach aller sag finden thet, deren er ettlich, so von Pariß waren, fast wol erkannt. Zů den er sich füget, sie freündtlich empfieng, demnach fragt, ob in neüt von seinem son zů wissen wer. ›Ja sicher,‹ sprach der ein, ›vil gůts. Er hat mir auch ettlich kleinot und brieff geben, euch die zů überantworten.‹ Als der gůt alt ritter den kauffmann also reden hort, vor grossen freüden nit wußt, was er in zů antwort geben solt, nit lenger warten mocht, urlaub von inen nam.

Den beiden junckfrawen die frölich bottschafft nit lenger verhalten wolt, sich zůhandt zů Philomena gemach füget, anklopffet, von ungeschicht Philomena und Rosamunda bei einander fand: in irem alten wesen einander ir leyd klagten. Als sie aber den alten ritter also frölichs angesichts erblickten, dann es lang nit sein gewonheyt gewesen was, ettwas freüd von seiner zůkunfft empfiengen. Der in zůstund der beiden jüngling wolfart zů wissen thet; des die schönen junckfrawen mit unzalicher freüd umbgeben wurden, zůstund der brieff von dem ritter begerten. Der er aber noch keinen hat; dann sein begirdt zů groß gewesen was inen die bottschafft zů verkünden, das er die brieff und kleinot nit an die kauffleüt begeren thet.

Des die beyden junckfrawen aber seer betrübt wurden; dann sie meynten, Gernier die ding erdicht het, damit er sie von irem trawren unnd klagen wenden möcht. Deßhalb Philomena anhůb unnd sprach: ›O Gernier, mit diesem trost uns unser klagen unnd trawren nit benummen werden mag. Dann wir wol ermessen künden, warumb solchs geschehen thůt.‹ Der ritter in die red so theür behalten thet, das sie im zůletst glauben gaben; in bitten thetten, die brieff auff das fürderlichest zů überkommen. Damit aber sie der ding gewiß weren, schicket Philomena ir vertrawte Laureta sampt irer magt mit dem ritter und seinem knecht an den port, da die kauffleüt ir güter außlůden.

Als nun der kauffman, so die brieff hat, den ritter widerkummen sah, sich nit gnůg verwundren mocht, das im der ritter nit zům ersten die brieff abgefordert hat, ihm fürnam stillzůschweygen und des ritters wort mit fleiß zů vernemen. [313] Der ritter so bald nit zů im kummen was, anhůb unnd sprach: ›Herr kauffmann, hab ich nit verstanden, wie ihr ettlich brieff haben, so mir zůstanden?‹ – ›Ja‹, sprach der kauffmann, ›ich meynt aber sye wider in Franckreich zů füren, dieweil ir sie zůvor nit von mir hand wöllen empfahen und also stillschweygendt von mir gangen seind.‹ Damit im die brieff sampt den kleinotten überantwort. ›Das nempt nit zů ungnad,‹ sprach der ritter, ›dann mich also grosse freüd umbgab, als ich vernam mein son noch bei leben sein, das ich an kein brieff noch kleinot gedencken mocht.‹

Als er nun dem kauffmann mit höchstem fleiß gedanckt hat, sie auch batt nit hinweg zů scheyden, er wollt ihn vor gůt gsellschafft halten, des sie im zů thůn versprechen thetten, der ritter mit seiner gsellschafft wider heym kam, zů den beyden junckfrawen gieng, die dann sein mit grossem verlangen warteten, inen die brieff überantwort. Erst wurden sie mit grosser freüd umbgeben, von stundt an die handtschrifft irer lieben ritter erkannten. Inen auch bei disen kauffleüten wider schriben alles, das sich in irem abwesen verloffen hat, auch wie sie also lange zeit irenthalb in grossem leyd gewesen weren. Die junckfrawen demnach mit mehr freüd und kurtzweil ir zeit vertriben.

Das alles wend wir umb kürtze willen underlassen unnd sagen, was sich weyters mit Reinharten und Gabriotten in Franckreich verloffen hab. Dann es inen zůletst auch nit nach irem gefallen gon wolt, wie ir hören werdt.

49. Wie der künig in Franckreich understund die ritter zu verheyraten

49.
Wie der künig in Franckreich understůnd die beyden ritter zů verheyraten, des sie im aber gantz abschlůgen.

Lange weil nem zů erzelen, mit was freüd und leyd die beyden jungen ritter das jar zů end brachten. Sie wurden auch an dem hoff zů Franckreich wol von yederman wol gehalten. Der künig auch nit anders meynt, dann ir bleiben würd hinfür in Franckreich sein; derhalb er im fürnam, Gabriotten [314] mit einem weib zů versehen: vermeynt, so ers zůwegen bringen möcht, Gernier würd auch nit lenger in Engelandt bleiben, sunder wider in Franckreich bei seinem son wonen. Des künigs fürnemen aber gantz umbsunst was.

Eins tags er nach Gabriotten schicket, also mit im anhůb zů reden: ›Junger ritter, uns gefalt wol dein widerfart, und so es deinem vatter gefallen wolt, uns ein sundere freüd wer, so or sich auch wider zů uns füget. Damit aber dein vatter vernem, wie wol du von uns gehalten würst, so ist mein entlich will und meynung, dich mit einer wolgebornen frawen zů begaben, so auch gott mit schöne irs leibs und zeitlicher narung reichlich begabt hat.‹ Der ritter dem künig schnell antwort gab, wie sein sinn und will nit wer in Franckreich zů bleiben, sunder, so bald es ymmer sein möcht, wolt er wider in Engelandt zů seinem vatter faren. Dann er im nit lenger dann ein jar erlaubt hat; solt er dann über die zeit außbleiben, so möcht sein vatter dardurch in angst und nodt gesetzt werden. Deßhalb wer sein bitt ihm zů verziehen und in solcher anmůtung zů erlassen.

Als nun der künig des ritters willen und meynung verstanden hat, wolt er nit weiter mit im davon reden; er nam im aber für mit ettlichen jungen edlen zů reden, so der junckfrawen verwandt, im auch sunder gůt gsellschafft hielten, ob doch die selben ettwas an im vermöchten. Der künig zůhandt die gedachten jungen edlen beschicket, in sein anschlag zů verston gab, sye damit batt, das sie sich freündtlich mit dem ritter hielten, sagt in dabei vil gůts und freündtschafft zů, wo sie es zůwegen brechten. Des sye im all trewlich versprachen: wo es müglich wer, wolten sie dem ritter so liebs thůn, das er ihn willfaren müßt; sie meynten auch, es würd nit vil span haben; die junckfraw wer schon, wo sich dann der künig so freündtlich unnd gnädig gegen im erbeüt, was ihm dann weiter von nöten sein würd, dieweil in doch beyden an reichthumb nit manglet. So es sich dann schon zůtragen wolt, das er seines gsellen halb nit bleiben wolt, so müßt man Reinharten auch dermassen mit einer schönen junckfrawen versehen, damit sie beide also verhafft bleiben můßten. Diser rahtschlag dem künig wolgefiel; sie damit batt, im entlich von [315] nachzůkummen. Das sie im versprachen, also urlaub von dem künig namen, iren anschlag machten, wie sie dem ritter zůlieb gon wolten, damit sie in bereden möchten, ein weib zů nemen.

Als sie aber semlichs durch vil und mancherley sach versůchten und doch alles umbsunst gethon hatten, wie willig sie sich gegen dem ritter erzeygten, wiewol ers zů grosser freündtschafft annam, noch dannocht verfieng es nichts an ihm. Dann kein auff erden in von seiner allerliebsten Philomena wenden mocht.

50. Wie die junckfraw auß anweißung irer freünd die ritter zu gast lud

50.
Wie die junckfraw auß anweißung irer freünd die beyden ritter zů gast lůd, auch noch ein schöne junckfraw bei ir hat, welche meynt Reinharts huld zů erwerben.

Als nun der junckfrawen freünd verstunden, das sie sich umbsunst arbeyteten gegen dem ritter, erdachten sie einen andren anschlag, dardurch sie den ritter behemmen meynten, Sie giengen mit einander zů der junckfrawen, zeygten ir an des künigs fürnemen, auch wie sie den ritter nit darzů bringen möchten, ein weib zů nemmen; so hetten sie dem künig verheyßen semlichs zů thůn; wo in dann an dem ort mißlingen solt, würden sie sich vor dem künig seer schammen müßen. Derhalb ir bitt an sie wer, das sie weg sind, damit sie den ritter zů ir lied; so wolten sie dann heymlich ston und warten; wann dann die nacht anbrech und sie also allein bei im ob tisch seß, wolten sie den ritter überfallen, erstmals gütlich an in můten, das er nach irem willen leben wolt; wo er sich sein aber ye widern wolt, sie in mit gwalt darzů nöten und bezwingen.

Auff solch anmůtung die junckfraw iren freünden antwort und sprach: ›Ir mein allerliebsten brüder und freünd, mich wundert, ob euch der ding, so ir an mich begeren, ernst sei, dieweil ir wol in euch selb bedencken mögen den nachtheil, so mir in allweg darauß entston möcht. Mit erst will mir als einer junckfrawen nit gebieren, ein solchen jungen ritter zů laden, dieweil ich vatter und můterloß bin; es würd [316] mirs auch der ritter zů grosser schand messen. Zům andren, das ir meynendt den ritter also zů bededigen, würt kein weg haben, dieweil ir so vil mit ihm versůcht hand. So will ich auch nit gestatten, in mit gwalt dahin zů dringen. Was gůter tag meynendt ir ich nach solchem zwang soll bei ihm haben? Würd fürwar kein anders, dann das ich stetig von im hören müßt, er wer gezwungen mich zů haben. Solchs mir dann ein schwere harte zeit sein würd. Darumb bitt ich euch all, wöllendt mich zůvor in disem anschlag bedencken. Dann welchen weg das loß fiel, so würd ich schwerlich darunder verdacht.‹

Als nun die junckfraw iren brüdern und freünden ihren willen gantz entdeckt hat, fiengendt sie an schwerlich über sie zů erzürnen, ir auch des künigs ungnad offt under augen schlůgen, mit vil worten ir trewten sie zů verlassen. Damit sie die junckfraw dahin brachten, das sie in verwilligt irem raht zů folgen und sprach: ›Damit ich nit also gantz in ungnaden gegen euch stand, so will ich mich in ewern willen begeben, wie groß ich meinen ungewinn damit thůn würd.‹ Des nun die freünd und brüder wol zůfriden waren, der junckfrawen befahlen, so sie den ritter geladen und im ein stund angesetzt hett, so solt sie es in zwissen thůn. Das alles sie in versprach.

Als nun ir freünd von ir gangen waren, schickt sie nach einer irer vertrawten gespilen, zeygt ir die meynung an. Derselben war baß damit dann ir; deßhalben sie ir rhiet dem also nachzůkummen, dieweil ir so vil trost und zůsagung von dem künig bescheh; derselb würd ir wol vor allem unrhat sein, so es darzů käm. In dem die junckfraw anhůb zů betrachten, wie sie der sach einen anfang geben wolt. O Philomena, du edle junckfraw, solt dir diser anschlag zů wissen sein, fürwar du würdest ein newes leyd überkommen haben!

Eins tags begab sich, das die junckfraw zů kirchen gewesen was mit sampt irer gspilen. Als sie nun wider zů hauß gon will, bekumpt ir Reinhard unnd Gabriotto. Die ritter die beiden junckfrawen züchtiglichen grüßten, sie in herwider mit züchtiger geberd danckten. Die junckfraw mit schamhafftem angesicht anhůb und sprach: ›Ir edlen zůchtigen [317] ritter, so ir mir mein red nit in übel auffnemmen wolten, wer mein will ein bitt an euch zů legen.‹ Antwort der ritter Gabriotto: ›Züchtige edle junckfraw, wie möcht ein ritter oder ander mann so hartes gemüts sein, das er einer semlichen schönen junckfrawen ir bitten abschlagen solt, ich geschweyg, die zů undanck anzůnemmen!‹

Die junckfraw anhůb: ›Dieweil ich dann, edler ritter, gnad bei euch funden hab, so ist mein bitt an euch, ir wöllen den mornigen tag beyd mit mir das mal essen, damit, so euch die fart wider in Engelandt tregt, das ir auch gůts von den frantzösischen junckfrawen sagen mögt.‹ Die beiden ritter sich ab der junckfrawen nit wenig verwundren thetten, yedoch in entlich fürnamen irem begeren nachzůkummen. Gabriotto anhůb und sprach: ›Jungfraw, wir bedancken uns der willigen ehrerbietung, dieweil mirs doch nymmer verdienen künden. Damit ir uns aber nit achten als ungütig jung unverstanden ritter, so seind wir willig bereyt, ewer gebott allzeit willig zů volbringen.‹ Damit sie es der junckfrawen in ir handt versprachen, von einander schieden.

Sobald die jungen ritter von den schönen junckfrawen kummen waren, allererst anhůben zů bedencken, warumb sie von den junckfrawen geladen weren. Gabriotto anhůb und sprach: ›Reinhart, mir falt erst ein, was das freündtlich erbieten der junckfrawen bedeüten will; dann mich warlich bedunckt, ein auffsatz darinn verborgen lig. Im sei aber wie im wöll, so will ich ye meinem verheyßen statt thůn. Understaht mir dann yemandts ettwas widerdrieß zůzůfügen, er soll mich warlich nit schlaffen finden.‹ Also die beyden ritter entlich miteinander beschlusszen, irem verheyßen ein genügen zů thůn.

Als nun die zeit kummen was und die junckfraw iren freünden die stund ernennt hat, die beiden ritter nach irer zůsagung kamen. Die junckfrawen sie freündtlich empfiengen, demnach die tisch köstlich zůbereyt warden. Mit freüden zů tisch saßen, die zeit mit vil kurtzweiliger schimpfflicher red vertreiben thetten. Wiewol sich die beyde ritter ettwas besorgten, noch thett ir keiner dergleich, damit sie die junckfrawen nit trawrig machten.

[318] Als nun die zeit kam, das der junckfrawen freund zeit daucht ihrem anschlag nachzůkummen, fügten sie sich heymlich in der junckfrawen hauß mit gewerter handt. Die ritter das heymlich gemürmel eins theils horten, sich auch glimpfflich in den handel schickten, von dem tisch auffstunden, in dem sal auff und ab giengen, mit unerschrocknem hertzen ire widerpart warteten. Die sich nit lang saumpten, mit einem grossen rumor in den sal trungen. Die zwen unverzagten ritter sich zůsamen an ein wandt stalten, beyde schwerter zů iren händen namen, also sprachen: ›Ir herren, warumb ir uns also mit einem rumor überlauffen, ist uns verborgen. Darumb begeren wir von euch zů wissen, was doch ewer fürnemmen sei.‹

Ein junger, welcher der junckfrawen brůder was, anhůb und sprach: ›Ir unverschampten ritter, uns befrembdt seer, wer euch also zů meiner schwester erlaubt hat zů gon. Und namlich du, Gabriotto, ich beger sunderlich von dir zů wissen, in welcher meynung du hinnen seyest, ob du meiner schwester zů ehren begerest oder nit. Dann wo wir ein anders von dir vernemen, es solt dir on zweiffel nimmer gůt thůn.‹ Gabriotto sich kurtz bedacht hat antwort zů geben und sagt: ›Junger gůter herr, ich bin deiner schwester weder zů schand noch zů laster nachgangen, so beger ich auch auff dißmal weder ir noch keiner junckfrawen zů den ehren. Mich würt auch dein stoltze red in kein weg dahin bewegen; darnach wissendt euch all zů richten! Welcher mich aber weiters treiben wolt, der müßt sich warlich mein erweren.‹

Als nun der junckfrawen freünd den ritter also horten reden, gedachten sie inen wol, das da kein anders sein würd, oder sie müßten aber mit grossen schanden weichen. Derhalben sie gemeynlich zů iren wehren griffen, auff die gůten jungen ritter schlůgen, so best sie mochten. Gabriotto und sein gsell sich auch nit lang saumpten, ire schwerter zů beden händen namen, sich so ritterlich werten, das sie bald iren zweyen ir köpff der massen zerhackten, also das sie kaum zů dem sal hinaußgesahen zů kummen. Die ander drey noch ein kleine zeit stunden, biß einer under in von Reinharten durch sein halß gehawen ward, das er todt zů der erden fiel. Da [319] das die letsten zwen ersahen, zůhant flucht gaben. Die junckfrawen in solchem rumor auß dem hauß flůhen.

Also gieng Reinhart und Gabriotto on alle irrung auß dem hauß zů irem wirt, bezalten dem alles, so sie bei im verzert hatten. Am morgen frü ritten sie on alles urlaub auß der statt Pariß den nechsten wider auff Engelandt zů; dann sie wol gedachten, irs bleibens in Franckreich nimmer sein würd. Als nun morgens der künig vernam, das sie hinweg waren, het er die ursach gern gewißt, die er aber erst nach langer zeit erfaren thett. Hiemit im der künig wol gedacht, der ritter keiner mehr in sein landt kummen würd.

51. Wie Gabriotto und Reinhart wider in Engelandt schifften

51.
Wie Gabriotto und Reinhart in grossen freüden unnd gůtem wind wider in Engelandt schifften.

In kurtzen tagen die zwen edlen ritter wider an das mör kamen, zů allem glück ein schiff funden, welchs in Engelandt faren wolt. Daruff sie saßen, mit gůtem wind in kurtzer zeit in Engelandt ankummen thetten. Das bald Gernier dem alten ritter zů wissen kam, welcher bald ein ehrliche gesellschafft uffgetriben hat; seinem son und Reinharten mit grossen freüden entgegenritten; dann yederman irer zůkunfft fro ward. Ire allerliebsten junckfrawen auch irer zůkunfft bald innen wurden, mit grossen freüden zů obrist in dem küniglichen palast giengen, sie von weitem herreiten sahen.

Als nun Gabriotto und Reinhart von seinem vatter, auch andren herren, rittern und knechten eerlich empfangen ward, all mit einander der statt zůritten. Gabriotto seinem vatter anzeygt, wie er in Franckreich hett müsen scheyden. Demnach sye nun abgestanden waren, auff den palast miteinander giengen. Der künig die beiden jungen ritter auch mit grossen freüden empfahen thet, ihrer widerkunfft wol zů můt was. Als nun Gernier und die zwen jungen ritter ein gůte zeit bei dem künig gewesen waren, Gabriotto nach seiner liebsten junckfrawen [320] größlich verlangen ward; heymlich zů seinem vatter sprach, das er urlaub von dem künig nemmen solt, damit er zů seiner liebsten Philomena kummen möcht; des ihm der vatter bald verwilligen thet.

Also von dem künig schieden, den nechsten weg zů Laureta gemach kamen; allda vermeynten sie irer junckfrawen zů erwarten. Laureta bald den beyden junckfrawen solchs zů wissen thet. Die sich nit lang saumpten, mit Laureta in ir gmach giengen, allda sie ire allerliebsten ritter fanden, sie beid mit grossen freüden empfahen thetten. Zůsamen nidersaßen, aller verloffnen ding berichtet wurden, so sich der zeit her irs abwesens zůgetragen hatten. Des die junckfrawen mit grossem verwundren vernamen; Philomena anhůb unnd sprach: ›O mein allerliebster Gabriotto, erst nimpt mich nit mehr wunder, das ich in deinem abwesen mit solchen schweren gedancken beladen gewesen bin. Dann mir warlich die anstöß, so dir begegnet sind, täglich vor meinen augen geschwebt hand; mich auch kein nacht nye fürgangen hat, in deren mir nit ein schwerer traum deinethalb zůgestanden sei. Des alles aber mir die zwen hund mit irem widerkummen geschafft hand. Du solt auch, edler ritter, sicher und gewissz sein, wo nit dein schnelle bottschafft mich getröstet hett, du würdest mich in leben nimmer funden haben. Des mir Rosamunda ein ware zeügnüß geben würt, welche mir auch ein getrewe mitgesellin in meiner klag gewesen ist. Dann ir nit minder leyd zůgestanden wer irs liebsten ritters halb, wo er also on alle hilff uff dem wütenden mör solt den todt gelitten haben. Das alles aber gott der allmechtig fürkummen hat, dardurch gewißlich ewer wolfart mag erkennt werden, also das gott der allmechtig noch vil wunder mit euch wircken will.‹ Mit disen worten Philomena ir red endet.

Gabriotto anhůb: ›Allerliebste junckfraw, der grossen trew, so mir in meinem abwesen von euch begegnet ist, kan ich mich nit gnůgsam bedancken. Ich mag auch die freüd, so ich von ewerem lieblichen angesicht hab empfangen, nit gnůgsam außsprechen; dann sobald ich euch ymmer erblicket, mir mein langwiriges trawren, das mich, seid ich von hinnen schiffet, gekrenckt hat, mir yetzundt in einem augenblick benummen [321] ist. Mich soll auch kein trübsal noch unglück nimmer rewen, so mir auff diser fart begegnet ist, dieweil ich euch, mein allerliebste, mit meinen augen leiblich ansehen thů.‹

Mit semlichen und dergleichen worten Reinhart und Rosamunda auch ir zeit vertreiben thetten. Als sie nun alle vier nach irem willen ein gůte zeit bei einander gewesen waren, mit freündtlichem urlaub von einander schieden. Yedoch zůvor ein yetlicher seiner allerliebsten junckfrawen iren krom, so er ir auß Franckreich bracht hat, welches dann waren köstliche guldine stuck und andere schöne kleinot, davon sich dann die liebe zů beyden seiten noch mehr erheben thet.

Hie wend wir gnůg von der widerkunfft der beyden jungen herren gesagt haben unnd wöllendt weiter anzeygen, wie sie sich nachmals an dem küniglichen hoff gehalten hand.

52. Gabriotto würt von dem künig verargwönet von wegen eines rings

52.
Gabriotto würt von newem von dem künig verargwönet von wegen eines rings, so im Philomena geben hat, den die künigin an Gabriotten finger ersehen hat und das dem künig offenbart.

Als nun die edlen und züchtigen jungen ritter mit grossen freüden wider an dem küniglichen hoff woneten, auch ir altes wesen mit mancherley kurtzweil wider an die haut namen und sich yetzundt gantz selig sein meynten, begab sich von ungeschicht ein new unglück, davon sie in grösser leyd kamen dann nye. Dann sich eines tags begab, das der ritter in der alten künigin frawenzimmer von dem künig geschickt ward. Die künigin, sobald sie den ritter erblicket, ihm ir handt bod und freündtlichen willkumm sein hieß. Dann sie in, von dem an er in Franckreich gewesen was, nye gesehen hat. Als aber der ritter der künigin sein handt bodt, so ersicht sie den ring, so im Philomena die junckfraw geben hatt, an seinem finger. Davon sie in ein grossen argwon fallen thet, ir [322] entlich fürnemen was, dem künig die sach zů entdecken, als dann geschach, wie ir nachmals vernemen werd.

Die künigin gantz stillschweygendt die sach vor dem ritter verbergen thett; alsbald sie aber zů dem künig kam, hůb sie also an mit im zů reden: ›Gnädiger herr‹, sprach die künigin, ›mich nimpt nimmer wunder, das ewer schwester Philomena so lang in trawren und verlangen ir zeit hat müßen vertreiben. Dann als mich beduncken will, so hatt sie lang zeit ires lieben bůlen manglen müßen. Darumb, gnädiger herr, zů sorgen ist, wo ir die sach nit bei rechter zeit fürkummen, sie werd sich selb mit einem mann versehen, es sei euch lieb oder nit.‹

Da der künig semliche wort von seiner frawen vernam, von grossem zorn sich als sein gemüt erschütten thet, wiewol er erstlich vermeynt die künigin die red erdacht haben. Darumb er ir dann mit zornigen worten antwort gab. ›Fraw‹, sprach er, ›von wannen kummen soliche erdachte und verlimpte wort? Wamit hat doch mein schwester ein solichs umb euch verdienet, das ir sye also underston gegen mir zů vertragen? Meynendt ir nit, das ich wiß, wamit mein schwester umbgang? Ich sag euch, gedencken mir solcher nit mehr, oder ir werdent mich in grossen zorn wider euch bewegen.‹

Die künigin von des künigs worten ettwas schrecken empfieng, yedoch fieng sie an also mit dem künig zů reden: ›Allergenädigster herr‹, sprach die künigin, ›ich bitt, mir ewer gnad verzeihen wöll und mir noch ein kleines vergunnen zů reden. Dann ich fürwar auß keinem neyd reden will, sunder euch das, so ich selbs erfaren hab, anzeygen.‹ Der künig als er verstund die fraw der sach ein wissen tragen, erlaubt er ir nach irem gefallen zů reden, was ir von seiner schwester zů wissen wer.

›Allergnädigster herr‹, sprach die fraw, ›es hat sich in kurtz verschiner zeit zůgetragen, das ir einen ritter ewers hoffgsinds nach mir in mein frawenzimmer geschickt hand. Derselb einen ring an seinem finger tregt, welcher nit eins kleinen werdt ist; dann ich in lang zeit in grosser achtung gehalten hab, bis ich in ewer schwester zů einem newen jar hab geschencket Darumb, genädiger herr unnd künig, ir mir meiner vorigen red verziehen und vergeben wöllen.‹

[323] Als nun der künig von der alten küngin soliche wort verstanden hat, ist er zůhandt in einen argwon gegen Gabriotto, dem edlen ritter, gefallen, hat also nit weiters von der künigin begert zů wissen. Er gedacht ihm aber mit allem fleiß nach, durch was weg er der rechten mähr möcht innen werden. In im selb gedencken ward, die ersten ursachen gewesen weren seiner schwester trawren und klagen, das der ritter sich so lang in Franckreich gesaumpt hette. Manchen grossen unnd schweren seüfftzen von seinem hertzen gon ließ, in im selbs gedencken ward, wie oder womit er doch Gabriotten, des edlen ritters, ledig werden möcht, aber keinen weg bedencken möcht, so on argwon zůgon möcht. Dann er allweg in sorgen stund, seiner schwester würd ettwas nachtheils darauß erwachsen: entweders sie würd dem ritter nit abston, sunder mit grossem zwang, also das sein menglich müst gewar werden, oder aber würd sie underston dem ritter durch heymlich und verborgen weg nachzůfolgen, welchs ihm dann zů grossem nachtheil gedient hett. Deßhalb im der künig fürnam, sobald er der ding waren und rechten bericht empfahen möcht, wolt er underston durch heymlich practick den ritter mit gifft umbzůbringen. Als nun der künig ein semlichs böß fürnemen wider den edlen ritter erdacht, auch mit im selbs gantz beschlossen hatt, ist er eylents zů raht worden, ein reyß zů thůn durch sein gantz künigreich, darab nun alles sein volck ein groß verwundren gehabt. Warumb aber das beschehen sei, will ich euch kürtzlichen zů verston geben.

53. Wie der künig das gantz Engelandt durchreyßet mit einem kleinen volck

53.
Wie der künig das gantz Engelandt durchreyßet mit einem kleinen volck, damit er seinem fürnemmen ein genügen thůn möchte.

Der künig nach solcher angenummener reyß bald sein ordnung geben thet, mit einem kleinen volck zů Lunden außreyt, [324] Gabriotto und Reinhart aber zů solcher reyß nit haben welt; dann er in dieweil ander geschefft außzůrichten befolen hatt.

Als nun der künig in seinem landt ein ferren weg umbgeritten was und noch nyemandts sein geschefft wissen mocht, da beschickt er einen graffen, so dann auch seiner underthanen einer was. Mit dem redt er also: ›Mein allerliebster und getrewer freünd, was mich zů solcher meiner reyß verursachet, noch nyemandts dann mein eygens hertz gewißt hat; dir aber hab ich mir fürgenummen ein solichs zů entdecken. Du solt wissen, das ich an meinem hoff hab einen weydlichen unnd mannlichen ritter; und so er sich nit mit einer person an meinem hoff vertiefft hett, wolt ich in all mein tag nit von mir gelassen haben; bin auch noch des willens, in bei mir zů behalten, so lang das ich ein waren unnd rechten bescheydt seinethalben erfaren mag; welchs mir aber zů thůn gantz unmüglich ist, ich hab dann einen gůten und vertrawten freünd, so mir zů der sachen dienstlich und beholffen sein wöll. Zů solchem ich dich vor allen andren meines landts hab außerkoren; wo du mir aber an disem ort nit woltest willfaren, das du mir doch einen andren zů dem handel geschickt zůwegen bringen wöllest. Damit du aber meinen anschlag vernemmen mögest, so wiß, das ich in mir selbs beschlossen hab, sobald sich ymmer erfindet, das der ritter schuldig ist des, so man in zeücht, will ich verschaffen, das im mit gifft vergeben werden můß, damit ich ander sorgen gäntzlich entladen würd.‹

Der graff des künigs worten mit gantzem fleiß zůgehört hat, nit gedencken mocht, wamit der ritter solch übel umb den künig verschuldt hett, also stillschweygendt vor dem künig ston blib. Der künig wider anhůb und sprach: ›Gůter freünd, du darffest dich ab meiner red nit entsetzen. Dann mein anschlag fast gůt zů vollenden sein würdt, dieweil ich den handel mit höchstem fleiß erwogen hab; deßhalben du und ein yeder, sich sein underzeücht, in [kein] sorgen ston darff. Es müßt aber also angefangen werden, das sich der, so sich der sach underziehen wolt, für einen narren außgeben müßt, demnach sich allwegen umb und bei dem ritter halten, seins thůn und lassens mit gantzem fleiß warnemen, damit die heimlich unnd[325] verborgen weg des ritters erkündigen und erlernen; dann gewißlichen würt der ritter nichs vor im verbergen. Also mag ich all sein thůn unnd lassen erkunden.‹

Als nun der graff des künigs willen und meynung gantz vernummen hat, sprach er zů dem künig also: ›Allergnädigster herr und künig, ewer gnad wol abnemmen mag, das der, so die sach underston will, ettwas sunderlicher geschicklichkeyt an im haben můß, damit man ihm sein angenummene narrenweiß nit anspüren mög. Dann wiewol mir der ritter unbekandt ist, noch glaub ich, sobald er den anschlag vernemmen würd, er understünd einem sein leben zů nemmen. Dieweil ich mich dann darzů gantz ungeschickt befind, so darff ich mich der sachen gar nit underziehen. Damit mich aber ewer mayestet erkenn als ein getrewen diener, so will ich euch einen jungen, so mir nah verwandt ist, anzeygen. Derselbig zů zeiten so gantz närrisch geberen thůt, also das all die, so in nit erkennen, für einen rechten natürlichen narren halten. Er hat auch allwegen sein rüstung zů solcher seiner narrenweiß auß der maßen gůt.‹

Der künig von des graffen red größlichen erfrewt ward, ihm zůhandt befahl, den jungen graffen für ihn zů bringen in seiner rüstung. Er gebodt auch allem seinem volck sich eylens zů rüsten; dann er willens wer den nechsten weg wider gen Lunden zů reiten. Diß alles der künig allein darumb also anschicket, damit der schalcksnarr von nyemandts dann im allein erkannt würd.

Als nun der narr für den künig kummen was, vil und mancherley kurtzweil vor dem künig und dem alten graffen üben thett. Der künig groß freüd davon empfieng, in zůhandt fraget, ob er mit im gen Lunden reiten wolt; des im der obgedacht narr gäntzlich bewilligen thet. Der künig sich nit lang saumet, urlaub von dem graffen nam, im ein reiche letze ließ, den nechsten weg wider gen Lunden reiten thet. Alles sein hoffgesind nit anders glaubt, dann den ein natürlichen und gebornen narren sein, so der künig mit im heymfůrt, wiewol nach langem sein angenummene narrenweiß mit verlust seins lebens außbrach, wie ir das kürtzlich hernach vernemmen werdt.

[326]

54. [Wie der narr dem könig das gespräch vermeldet]

54.

Der künig yetz mit seinem volck wider zů landt kam, den narren, davon ir oben gehört handt, mit im bracht hett. Nyemandts anders meynet, dann es ein rechter natürlicher narr wer, derhalben alles hoffgesind vil kurtzweil mit im hatten. Nun was der narr schon von dem künig dermassen abgerichtet, das er sich zů keinem mehr gesellet dann zů dem ritter Gabriotten. Des im der ritter ein sundere freüd nam; dann im verborgen was, das ihm diser narr also nach seinem leben stellen thet. Der ritter in dermassen lieb hat, also wo er ston oder gon thett, den narren allwegen bei ihm hat.

Nun begab es sich eins tags, das Gabriotto zů seiner allerliebsten Philomena gon wolt und sich nach seiner gewonheyt mit ir ersprächen, seinen narren bei im het, der junckfrawen ir zeit mit im vermeynt zů kürtzen. Der narr aller wort, so von ihnen beyden geredt ward, mit gantzem fleiß warnam, das nachmals dem künig alles zů wissen thett. Den künig dermassen in zorn gegen dem ritter beweget, das er ihm fürnam, nach dem alten ritter Gernier zů schicken und im seinen dienst gäntzlichen abkünden; doch so ließ er es underwegen und beschicket in allein, gütlich mit ihm zů reden.

Alsbald nun Gernier für den künig kam, fieng der künig also an unnd sprach: ›Ritter, mir seind unverborgen die trewen dienst, so du mir sampt deinem son Gabriotten und Reinharten an meinem hoff vollbracht hand. Nun aber kumpt mir under andrem, wie sich dein son understand meiner schwester Philomena lieb zů tragen, und ist sein entlich fürnemmen sie zů einem ehelichen gemahel zů haben, das mich dann, wo ihm also wer, nit wenig verkleinen würd. Darumb ich dich dann zůvor gebetten haben will, die sach gegen deinem son zů fürkummen, damit ich nit ursach hab in zů straffen.‹

Gernier, der gůt alt ritter, nit wenig schrecken von des künigs red empfieng; dann im die liebe seines sons nit verborgen was, er hat auch wol von im verstanden, das im nit [327] müglich wer von seiner liebe zů lassen, dieweil er der junckfrawen die ehe versprochen hat. Darumb er nit gedencken mocht, wamit er die sach verkummen solt; yedoch zů dem künig sprach: ›Allergenädigster herr und künig, wo mein son oder ich nit thůnd alles das, so ewer küniglichen mayestet willen und gefallen ist, soll es mir von hertzen leyd sein. Ich will auch mein son nach allem meinem vermögen davon entziehen unnd straffen.‹

Mit disem geredt urlaub von dem künig nam, mit bekümmertem hertzen seinen allerliebsten son sůchen gieng, im alles, so der künig mit im geredt hat, anzeygen thett; davon Gabriotto grossen schrecken empfieng. ›Ach gott‹, sprach er, ›wer mag doch mich unnd mein allerliebste junckfraw also schandtlich verrahten haben! O du schandtliches glück, wer soll auff dich hoffen, wer soll dir vertrawen? Fürwar nyemandts. Dann so mehr du dich freündtlicher ansehen lassest, so mehr ist sich vor dir zů besorgen. Hastu mich nit langest genůg mit angst und nodt angefochten! Bin ich nit in grossen sorgen auff dem wütenden mör gewesen, darnach meines leibs halben in Franckreich in grossen gferden gestanden! Magstu je nit dolest ein genügen an meinem trübsal haben! O du mein allerliebste Philomena, nun hab ich dich doch nun dolest theür erkauffet, wo mir das glück nur dich vergunnen wolt. Ach mein liebste junckfraw, was würst du sprechen, so du solches wider uns vernemen würst! Nun bin ich doch yetzund gantz der hoffnung gewesen, alles unser leyd soll ein end haben. So sih ich wol, es will sich erst größlichen hauffen.‹

Mit solchen worten Gabriotto sein leyd klagen thett, das so hart an sein hertz trucket, das er es kümmerlich verbergen mocht. Zůletst gedacht seiner allerliebsten Philomena semlichs zů schreiben.

55. Wie Gabriotto seiner liebsten Philomena einen brieff schreibt

55.
Wie Gabriotto seiner liebsten Philomena einen brieff schreibt im beisein des narren; derselbig dem künig alle wort ansagt.

[328] Nit lang nach solchem verloffnem handel der künig den narren fraget, oh er nicht an dem ritter mercket. Dem der narr zůhandt antwort: ›Nein, nit sunders, dann das der ritter nun ettlich tag mit schweren gedancken beladen ist, manchen grossen seüfftzen von seinem hertzen lasset. Was in aber darzů ursacht, ist mir verborgen; kan auch weder mit meinen worten noch geberden den ritter wie vormals zů lachen bewegen.‹ Der künig von des narren worten wol abnemmen kundt, was dem ritter zů solchen seüfftzen und klagen bewegen thett. Darumb er dann den narren nit weiter fragen wolt; er befahl ihm aber mit fleiß auffzůschawen, was doch der ritter weiters begünnen wolt.

Des ihm der schalcksnarr versprechen thet, also von dem künig schied, den ritter Gabriotto sůchen gieng, den er noch trawrig in seinem gemach sitzen fand. Der narr seine angenummene bossen vor dem ritter treiben thet, aber gantz nichts an im verfahen wolt; stetig sein gesicht yetz über sich, dann under sich wenden thet, zůletst auffstundt, sein unsichtbare dinnten zů handen nam, seiner allerliebsten junckfrawen Philomena einen brieff schreiben thet, welches inhalt was, wie nachstat:

›Ich wünsch euch, mein allerliebste junckfraw, vil glück unnd freüd, wiewol mir des gantz wenig beschert ist. Dieweil ich in hoffnung gewesen bin, das glück werd nun zůmal an uns ein vernügen haben und mit seinen genaden handt ob uns halten, so sorg ich aber, es sei umb unser liebe nye sorglicher gestanden. Dann als ich von meinem vatter bericht bin, so ist der künig solichermassen in zorn wider mich ergrimmpt, das er understaht mich an meinem leib zů straffen. Wer aber daran schuldt tregt, mir gantz verborgen ist, kan auch auff nyemandts nit zweyffeln. Darumb, mein allerliebste junckfraw, hab ich euch die ding keinswegs wöllen verhalten, damit ir euch auch dest baß vor unsern feinden mögen bewaren. Ich beger auch hierinn mir eweren getrewen raht nit zů verhalten. Hiemit, allerliebste junckfraw, befihl ich euch in den schirm gott des allmechtigen.‹

Der ritter disen brieff also schreiben thet, den ungetrewen narren also bei im sitzen ließ, welcher der feder nach den brieff [329] gäntzlichen lesen thet, des sich aber der ritter nit zů im versehen hat. Darumb im zůletst grosses leyd zů handen gon thet, als ir es hernach wol bericht werden sollen.

Sobald nun der ritter den brieff verschlossen hatt, ist er damit auß seinem gemach gangen, den narren von im hinweggeschicket; dann er sich dannocht ettwas von im besorget. Es war aber gantz zů spat. Der narr seiner schalckheyt nach schnell gieng den künig sůchen, dem er zůhandt wortzeychen gab, dabei der künig verstund, das im der schalcksnarr aber newe mehr bracht. Deßhalben er in bei seiner handt nam, mit im allein in einen sal gon thet, nyemandts dann einen jungen kammerbůben mit im nam. Der künig nit meinet, das der bůb auff ire wort acht haben solt; es wolt sich aber ye dahin schicken, das dem verräther auch sein verdienter lon werden solt. Dann gemeynlich geschicht es, so einer einem andren ein grůben delben thůt, das er selb hinnein fallet; also disem schalcksnarren auch geschach.

Als nun der künig sampt dem narren yetzundt in den sal kummen was und der künig aller ding von dem narren bericht ward, der künig in zorn gantz gegen Gabriotten wüten thet, im zůstund den todt schweren thett, zů dem schalcksnarren sprach: ›Du hast mir bißher mit gantzem fleiß gedienet, darumb ich dir dann schuldig bin widergeltung zů thůn. Derhalben ist mein bitt, du wöllest der sachen ein end machen, damit mir der schandtloß ritter auß meinen augen kumm. So das geschicht, solt du reichlich von mir begabt werden; wills auch gantz zů deinem gefallen und willen setzen; so du wilt, magst du hie bei mir zů Lunden bleiben oder gen Idenburg zů deinem vettern ziehen.‹

Der schalcksnarr dem künig antwort unnd sprach: ›Allergnädigster herr und künig, alles, so mir ewer künigliche mayestet gebeüt, bin ich willig unnd zů vollenden. Darumb zeyg mir ewer gnad an, durch was weg ich euch zů willen werden kan; will ich mich unverzogenlich darein schicken.‹

Der künig antwort und sprach: ›Du solt wissen, das ich in künfftigen tagen ein jagen anrichten will. Hiezwischen will ich dir zůlassen bereyten ein starcken gifft, mit dem solt du einen apffel vergifften. Und wann man dann auff das gejäg [330] zeücht, so will ich vor allen andren dich dem ritter befehlen, das er acht auff dich haben soll. Sobald ich dann mit meinen andren dienern von euch kumb, so lůg du und verhinder dich mit deinem esel; so můß dann der ritter meinem befelch nach bei dir bleiben. So will ich zůvor dem ritter bescheydt geben zů einem brunnen, dabei er mich und das gantz gejäg finden soll. Sobald du dann mit im zů dem brunnen kumpst, werden ihr nyemandts dabei finden; dann ich mich mit fleiß auff einen andren weg richten will. So zeüch du dann deinen apffel herauß unnd gib ihn Gabriotten; der würt ihn dann gwißlich von dir nemmen. Alsbald aber er den von dir empfacht und im des gifftes ein kleines stücklein in seinen leib kumpt, so muß er schnell on alle hilff sterben. Er würt auch einen schritt nit von statt kummen mögen. Deßhalben du dich in keinen weg vor im besorgen noch entsetzen darffest.‹

Der narr dem künig versprechen thett, seinem befelch also nachzůkummen. Also im ernstlichen gespräch sie beyd mit einander redten, das sie des kammerbůbens gantz kein acht nit hatten; welcher allein iren anschlag gäntzlich vernummen hatt, in im selbs gedacht: ›O gott, hilff, das ich von nyemandts gesehen werd! So will ich underston den grossen mordt zů wenden.‹ In dem der künig sampt dem narren von dannen giengen, des bůben gantz kein acht nit hatten. Zůhandt der bůb nach Gabriotten dem ritter schawet, damit er im solchen falsch und verrähterei zů wissen thůn möchte.

56. Wie Gabriotto durch des künigs kammerbuben gewarnt würdt

56.
Wie Gabriotto durch des künigs kammerbůben vor dem schalcksnarren gewarnt würdt, unnd wie Gabriotto mit im selbs zů raht würdt.

Der kammerbůb allen seinen fleiß ankeren thett, damit er zů Gabriotten dem edlen ritter käm. Nit lang anstund, den ritter an einer zinnen ligen fand. Der knab zů im kam, also sprach: ›O edler ritter, wie mögendt ir also rewig hie an diser zinnen ligen und betrachten aber gantz wenig den mortlichen [331] und falschen anschlag, so wider euch erdacht und beschlossen ist!‹ Der ritter nit wissen mocht, was er doch von des jungen worten abnemmen solt, anhůb und sprach: ›Mein lieber junger, deine wort mir warlich nit klein verwundern bringen. Darumb bitt ich, mir anzeygen wöllest, was deine wort gemeynen. Ein solichs ich fast gern von dir vernemmen will.‹

›O edler ritter‹, sprach der jung, ›so ich nit in sorgen stohn müßte, das ihr mich vermelden würden, ich wolt euch warlichen ein solichen seltzamen anschlag, so wider euch ist erdacht unnd zům theyl ewer leib unnd leben berieren thůt, wo ir euch anderst nit darvor underston zů hüten.‹ Der ritter noch mehr schrecken von des knaben red empfieng, von newem anhůb unnd sprach: ›Mein lieber junger, ich bitt, mir solichen schweren anschlag wider mich erdacht nit verhalten wöllest. Hergegen versprich ich dir, dich in keinen weg zů vermelden, und solt mir schon mein leben daran stan. Daruff solt du dich frölichen verlassen. Darzů soltu von mir ein eerliche schenckung warten sein umb die trew und freündtschaftt, so mir von dir bewisen würt.‹

Der knab anhůb und sprach: ›Edler ritter, es hatt sich heüt begeben, das ich in dem königlichen sal allein gewesen bin, also heymlichen gestanden, keines dings wargenummen, so lang biß ich gehört hab den narren, so mein gnädiger herr newlich an den küniglichen hoff bracht hatt. Derselb mit dem künig so weißlich geredt hat, das ich mich größlich darab verwundert; dann ich ihn bißher für einen natürlichen narren gehalten hab. Derselbig euch gegen dem künig fälschlichen verrahten und verkaufft hat, im erst heüt einen brieff, so ir geschriben haben, von wort zů wort angezeygt, den künig dermassen in zorn gegen euch bewegt, das der künig ewern todt geschworen hat; dermassen den schandtlichen angenummenen narren mit grosser zůsagung dahin bracht, das er bewilligt hatt euch mit gifft in einem apffel zů vergeben. Darumb, edler ritter, seind gewarnt vor dem schandtlichen verrähter! Dann wie ihr hie von mir bericht seind, also und nit anderst ist im. Ir werdts auch in kurtzem selb erfaren.‹

[332] Dem ritter die sach seer frembd was; doch von des knaben worten wol abnemmen kundt, das im also was. Mit auffgehabnem angesicht also sprach: ›O gott, wie seind deine wunder so manigfaltig! Nun sih ich wol, das all mein hoffnung gar umbsunst, dieweil also schwere unnd sorgliche netz gespannen sind, denen ich in keinen weg empfliehen würd, ich woll mich dann meiner liebsten junckfrawen gäntzlich verwegen. Das mir warlichen ein schweres creütz sein würt. Dann was möcht mich helffen, das ich vor dem schandtlichen verrähter gewarnet wer und mich wol wißt vor im zů hüten! So mir doch der künig den todt geschworen hat, würt er warlichen nit abston, er hab dann seinem fürnemmen ein genügen gethon. Derhalben ich mir kein andern weg weiß, so mir sicherer sein mag, dann das ich mich hinweg mach. Wer weyßt, glück mag sich villeicht zůletst mein erbarmen und mich als meins leyds mit hauffen ergetzen. Yedoch will ich von disem hoff nit, ich hab mich dann zůvor an dem schandtlichen verräther gerochen.‹

Darumb er im fürnam der zeit, so im der kammerbůb angezeygt hat, zů erwarten, als er dann thet. Den knaben von wegen seiner getrewen warnung mit einer schenck begaben thet, im auch darumb grossen danck saget. Der knab den ritter batt, das er in keinerley weg vermelden wolt; des im der ritter von newem versprechen thet, also von einander schieden. Gabriotto manchen frembden gedancken hat, wamit er sich doch an dem schalck rechen wolt.

57. Wie Gabriotto Reinharten seines leyds underricht

57.
Wie Gabriotto Reinharten seines leyds underricht, wie im Reinhart rieht, seiner lieben junckfrawen semlichs zů offenbaren.

Gabriotto nach des knaben abscheyd Reinharten, seinen allerliebsten gesellen sůchen gieng, damit er ihm sein leyd [333] klagen möcht. Als er in nun fand unnd im sein anligen gäntzlich entdecket, Reinhart mit grossem leyd umbgeben ward, nit wissen mocht, mit was fůgen, doch der sachen zů begegnen wer. Dann das in auch der nechst weg sein daucht, wie im dann Gabriotto selbs fürgesetzt hatt, wiewol im schwer was mit im zů ziehen. Dann in die liebe, so er zů seiner allerliebsten Rosamunda trůg, hindersich zoch, wiewol seiner Gabriotto nit begeren thet; dann im sein gsell lieber in Engelandt was, damit er ihm nach seinem abscheyden embieten möcht, wie es umb Philomena, sein allerliebste junckfraw, stünd, auch was seinenthalben an dem küniglichen hoff geredt würd. Als sie nun zů beyder seit ires scheydens halben manchen frembden anschlag umbsunst machten, zůletst eins wurden, mit einander zů der junckfrawen Philomena zů gon und ir den anschlag zů wissen thůn, so über Gabriotten gemacht was.

Als sie nun nach irem begeren die junckfraw Philomena und Rosamunda an irem gewonlichen fenster fanden, die beyde von der zůkunfft irer ritter grosse freüd empfiengen; dann inen ir leyd noch gantz verborgen was. Dann Gabriotto der junckfrawen Philomena den brieff noch nit geantwurtet, darumb sie noch nichts von dem handel wissen mocht; aber nit lang anstund, sie es mit grossem leyd erfaren thett. Als nun Gabriotto und Reinhart ire allerliebsten junckfrawen ersehen hatten, sie sich nit frölichen wie andre mal erzeygten. Davon die züchtigen und schönen junckfrawen zům theil zů trawren bewegt wurden, wol gedachten, die sach nit nach irem willen stünd.

In dem Reinhart zů inen nahet, zů der junckfrawen Philomena sprach: ›Allergnädigste junckfraw Philomena, Gabriotto, der betrübt ritter, begert, wo es müglichen wer, ein klein mit euch zů reden; dann im ein seer schwere sach angelegen ist.‹ Die junckfraw Philomena dem ritter antwort: ›So sag im, das er sich gleich zů unser Laureta gemach fügen thů! Dann ich sein daselbs warten will.‹

Reinhart seinem gesellen zůhandt solche bottschafft zů wissen thet. Der sich nit lang saumet, mit Reinharten seinem gesellen zů Laureta gemach kamen, die thür auffgeschlossen [334] funden, hinein giengen, ire allerliebsten junckfrawen mit gantzem fleiß ir warten funden.

58. Wie Reinhart und Gabriotto zu iren junckfrawen ir leyd klagten

58.
Wie Reinhart und Gabriotto zů iren junckfrawen in Laureta gemach kummen, inen ir leyd klagten, und wie Gabriotto urlaub von seiner liebsten Philomena begeret.

Mit grossem verlangen Philomena ires allerliebsten ritters warten thett; Rosamunda nit minder dann Philomena ires allerliebsten Reinharten wartet, damit sie von inen vernemmen möchten die ursach ihres trawrens. Nit lang stund, Gabriotto und Reinhart mit einander kamen, sich aber nit frölich wie andre mal erzeygten, das sie zůhandt zů trawren thet bewegen.

Philomena die junckfraw nit lenger beyten mocht. Nachdem sie iren allerliebsten ritter empfangen hatt, hůb sie an und sprach: ›Ach mein allerliebster ritter, ich bitt, mir anzeygen wöllest, was doch dich zů semlichem trawren bewegen thůt. Dann ich an deiner gestalt abnimm und erkenn, das dir nit alles nach deinem willen und gefallen goht.‹

Der ritter der junckfrawen mit einem schweren seüfftzen antwort und sprach: ›O mein allerliebste junckfraw, die ursach meines trawrens nit wol ärger sein möcht; dann nichts uff erden mich zů solchem ellendt bewegen künd, dann so ich gewiß bin, euch, mein allerliebste junckfraw, zů verlassen. Nun mag es ye nun zůmal nit mehr andre weg haben, dann das wir uns gäntzlich müßen scheyden. Das mir dann mein hertz dermassen zů trawren bewegen thůt, das ich meinem leben gantz feind worden bin. Gott wolt, das ich mich an dem rechten sächer rechen möcht, der mich also fälschlich umb mein leben understat zů bringen. Das ich alles nit so seer klag, als das ich euch, mein allerliebste, meyden můß.‹

[335] Als nun Philomena den ernst von irem ritter vernam, fieng sie an bitterlichen zů weynen also kläglich, das Laureta und Rosamunda auch zů weynen und klagen bewegen thet. Gabriotto und Reinhart, so best sye mochten, sie trösten thetten. Nach langem klagen und weynen die junckfraw Philomena anhůb und sprach: ›Ach mein allerliebster ritter, wie hast du mir mein hertz mit deinen worten so gantz bekümmert, dieweil ich dich willens vernimb von mir zů scheyden. Die ursach aber, warumb das geschicht, mir gantz verborgen ist. Gott wöll, der, so schuldt daran hatt, frölicher zeit nymmer erleb, dann ich yetzundt an meinem hertzen trag!‹

Gabriotto der junckfrawen alle ding nach der lenge erzalen thet, auch wie in der knab so trewlich vor dem schandtlichen narren gewarnt hat. Er erzalet ihr auch, was er mit ihm selbs hett beschlossen. ›Dann sobald‹, sprach Gabriotto, mir der verrähter den apffel bieten und geben meynt, ›will ich in mit außgezogenem schwert dahin dringen, das er den vergifften apfel selb essen můß, demnach mich gott dem allmechtigen in seinen schirm ergeben, von land scheyden. Wo mich dann der weg hintregt, will ich mein narung und wonung sůchen und dann mein zeit in trawren und klagen biß an mein end verzeren. Darumb, allerliebste junckfraw, ich ein gnädig urlaub von euch beger, bitt euch, mein im allerbesten allzeit gedencken und nit meynen, darumb das ich mit leib von euch scheyd, das darumb mein hertz ewiglich von euch scheyden werd. Lond mich meines hinwegscheydens nit entgelten, dieweil ir doch sehen mich nit schuld daran tragen!‹

Die junckfraw von des ritters worten also grossen schmertzen empfahen thett, das sie ihm auff seine wort kein antwort geben kundt, anders nichts thett dann ire schneeweiße händ winden und kläglichen weynen. Kein trost an ir nichts verfahen noch helffen wolt, als sie da keiner andren zůversicht mer warten was dann ihren allerliebsten ritter zů verlassen. ›O gott‹, sprach sye zůletst, ›mein außerwölter ritter, ich bitt, on mich von hinnen nit scheyden wöllest, sunder mich dir ein getrewe nachfolgerin in deinem ellendt sein lassen. Dann mir nit müglich sein wirt on dich hie zů bleiben.‹

[336] Der ritter mit seiner allerliebsten junckfrawen groß mitleiden und erbermbd tragen thett, wiewol er sie in keinen weg trösten kundt. Noch dannocht ward er bedencken, was grosser gferlichkeyt inen beyden daruff stünde, so er die junckfraw also mit ihm underston solt hinwegzůfüren, anhůb also mit ir zů reden: ›Mein allerliebste junckfraw, ich bitt euch, wöllendt selbs bedencken die grosse geferligkeyt, so uns darauß erwachsen würd, so wir mit einander understünden von hinnen, zů scheyden. Wer wolt uns doch vor dem gewalt ewers brůders entschütten! Dann er zůhandt alle weg und straßen verlegen würd. So mögendt wir auch auß disem künigreich nit kummen dann zů wasser. An welche porten des mörs wolten wir uns dann wagen, da wir nit gwißlich ewers brůders volck finden werden! Wie möchten wir dann von in kummen, das sie uns nit beyd gefencklich für den künig fůrten, der uns dann sunder zweiffel fast schwerlichen straffen würd! Darumb, allerliebste junckfraw, folgendt meinem raht und geben mir ein freündtlich urlaub! So will ich an meiner statt hie lassen meinen vatter, auch meinen allerliebsten gsellen und brůder Reinharten mit der hoffnung, das glück werd sich schier über uns erbarmen, also das wir on alle sorg umb und bei einander wonen mögen. Was sich dann hiezwischen zůtregt, mag mir allweg durch sie zů embotten werden. Darumb, mein allerliebste junckfraw, mein nit vergessen wöllendt, dieweil ich mit leib nit bei euch wonen mag; dann mein hertz dannocht nymmermehr von euch scheyden würt. Damit aber ihr, mein allerliebste junckfraw, dannocht wissen mögen, wo mein meynung hin sei zů reyßen, so wissen, das ich willens bin mich in dem künigreich Portugal niderzůlassen und daselb in trawren mein zeit zů vertreiben, so lang mir wider von dem glück verleihen würt, bei euch, mein allerliebsten junckfrawen, zů wonen. Ich will auch, sobald ich ymmer in Portugal kumm, euch embieten, wie es umb mich stand, es sei doch in welchen weg es wöll. Wer es dann sach, das ich euch disen ring schickt, so seind gewiß, das ich mit todt abgangen bin. Aber dieweil ich leb, soll und würt er von meiner handt nit kummen. Nun aber mag ich nit gründtlich wissen, wann die zeit kummen würt, das ich von hinnen scheyden můß. Darumb, allerliebste [337] junckfraw, ich nun zůmal meinen abscheyd mit euch machen will. Gott gesegen euch, mein freüd, mein hoffnung und all mein trost, darzů ein auffenthalterin meiner armen seelen! Verflůcht můß der sein, so ein ursach ist an meinem kummer und leiden. Ich winsch, das er nymmer frölicher stund und tag erleben mög, dann er mir nun zůmal schaffen thůt. Wee mir, das ich mich nit nach meinem willen an im rechen soll! Verflůcht sei der tag und stund, an welchem diser falsch anschlag über uns erdacht ward!‹

Mit solcher kläglicher red der ritter sein allerliebste junckfraw dermassen von newem zů trawren unnd leyd bewegt, also das sie vor in allen in grosse omacht fallen thett. All die, so umb sie waren, bitterlichen ob ir stunden weynen und klagen. Als nun die junckfraw wider zů ihr selb kummen was, hůb sie an vor inen allen zů reden und sprach: ›O du mein allerliebster ritter, der du bist ein kron in meinem hertzen, ein ursacher aller meiner freüden, ein hoffnung meines lebens, wie mag ich ymmer frölich werden, dieweil ich deines lieblichen angesichts beraubt werden soll! O du unbarmhertziger brůder, der du mir, deiner einigen schwester, in kurtzer zeit ir leben nemmen würst, verflůcht sei die stund, in deren ich dein schwester worden bin. Gott wolt, ich eines armen ritters tochter wer, damit ich nit also von meinen freünden in hůt gehalten würd! O mein allerliebster ritter, ich behalt dir bei meiner seel, wo ich nit deines lebens besorgen můßt, es solt mich in disem Engelandt kein mensch behalten; ehe wolt ich in einer bilgerin weiß auß disem künigreich ziehen. Aber ich hoff, gott werd an unserem leyd bald ein verniegen haben unnd uns unsern trübsal in grosse freüd verkeren.‹

Das kläglich klagen und weynen der zweyer lieben nun lang zeit geweret hatt. Mit vil erbermblichen worten ir leyd klagten, zůletst urlaub von einander namen, mit grossem schmertzen iren letsten abscheyd machten; dann keins dem andren nymmermehr zů gesicht kam. Gabriotto seim vertrawten gsellen Reinharten sein allerliebste junckfraw befehlen thett, in freündtlich batt, das er sie nach seinem abscheyd trösten solt. Damit von einander schieden. Der ritter sich von stund an zůrüst, ein barschafft zůsamen macht, nyemandts [338] dann seinem knecht davon sagen thett, des angeschlagnen jagens mit grossem trawren erwartet.

59. Hie würt ein jagen von dem künig angericht

59.
Hie würt ein jagen von dem künig angericht, auff welchem Gabriotto von dem narren umbracht solt werden, welchs als widersinns außgieng; dann der narr von Gabriotten erstochen [!] ward.

Nit lang nach dem abscheyden des ritters und seiner allerliebsten junckfrawen der künig als sein hoffgesind für sich berüffen ließ, in allen ein gemeyn jagen verkünden thett, dabei gebot, das sich menglich darzů rüsten solt. Gabriotto wol gedacht, diß der tag seines abscheydens sein würd, seinem knecht empfahl, sich nach dem besten mit einem verborgenem harnasch anzůlegen, auch seinem pferdt dieselb nacht kein mangel am füter lassen; sobald dann mornigs der tag anbrech, solt er zů im in sein gemach kummen, wolt er ihm ettlich bulgen geben, dieselben solt er unverzogenlich an der Portugaleser port füren und dann seiner zůkunfft warten. Das alles thet der ritter darumb, damit er nach seinem willen möcht mit dem verrähter, so in umb sein leben bringen wolt, handlen möcht, als ir dann nachmals wol vernemmen werdt.

Als nun yederman sein ordnung geben ward, wes er sich den zůkünfftigen tag auff dem jagen halten solt, der künig dem ritter einen sundern stand in dem holtz anzeygen thett, davon nit weit zů einem brunnen was, auch nyemandts dann den ritter allein dahin schůff. Zůstund des im der ritter zůhandt verwilliget zů thůn, urlaub von dem künig nam, seinen gesellen allein auff ein ort nam, also zů im sprach: ›O mein allerliebster Reinhart, nun ist es an dem, das wir scheyden müßen, und kein anders nit sein mag. Dann der bestimmpt tag, so der künig über mich gesetzt hatt, ist der morndig tag, an dem er hofft, mein leben mit gifft zů enden.‹

[339] Dieweil nun die beyden ritter also mit einander reden, so kumpt der verrähter hinzů und meynet nach seiner gewonheit ettwas von dem ritter zů vernemmen, damit er im dest nachtheyliger sein möcht. Sobald nun der ritter den narren erblicket, sich in seinem angesicht gäntzlichen entferbet, nit so mit schimfflichen worten den narren entpfahen thet wie andre mal, sunder in gantz stillschweygendt bei im ston ließ.

Davon der narr auch sunderen grossen schrecken empfieng, von dannen zoch, zů dem künig kam, also sprach: ›Allergnädigster herr und künig, mich will beduncken, Gabriotto sei meiner angenummenen narrenweiß innen worden; von wem aber, ist mir verborgen. Dann als ich einig bei im gewesen bin, hatt er mich gar nit wie andre mal mit schimpfflichen worten angeredt. Deßhalben ich in sorgen stand, meinem fürnemmen nachzůkummen.‹

Der künig von des narren worten nit groß gefallen empfieng; doch hůb er an und sprach: ›Das sich der ritter nit in gleichem fal wie andre mal frölichen erzeygen thůt, nit zů verwundren ist. Dann ein solchs einem yeden menschen von natur angeboren ist, das er ein zeit mehr frölich dann die ander sein thůt. Dann sich etwann zůtragen thůt, das eim nit all sein anschleg nach seinem willen außgon. Dasselbig dann einen dermassen also entrüsten thůt, das er nit allzeit gleich frölichen sein mag; als mir dann auch nit zweiffeln thůt, dem ritter auch ettwann seine anschleg zůruckgon. Darumb du gantz on sorg deinem fürnemmen nachkummen magst. Daran würstu mir warlichen ein groß gefallen thůn, solt auch von mir einer reichlichen belonung warten sein. Derhalben du dich nach dem fürderlichsten dahin richten unnd schicken solt und das, so dir zů dem handel von nöten sein würt, auff den morndigen tag bei dir haben; dann es nit lengern verzug haben mag.‹

Der narr, wiewol in die sach anhůb zů rewen, yedoch versprach er dem künig sein willen zů vollstrecken; damit von einander schieden. – Der verrähter zůhandt den apffel zůbereytet und vergifftet mit einem seer starcken gifft, damit er meynet den edlen ritter umbzůbringen.

Nun was der ritter und sein allerliebster gsell noch nit [340] von einander gangen; dann sie dieselb gantz nacht bei einander bliben. Gabriotto Reinharten freündtlich batt, das er im sein allerliebste junckfraw befohlen solt lassen sein. Die gantz nacht also ongeschlaffen vertriben, so lang das der tag anbrach, einander ir leyd klagten. In dem des ritters knecht auffgestanden was, zů seinem herren kam, der im zů stund ein schöne barschafft von gold geben thett. Der knecht gantz stillschweygendt zů rossz saß, den nechsten nach seines herren befelch an der Portugaleser port reiten thet, seines herren allda ein kleine zeit warten můßt. Der sich nit lang saumet, sobald er seinem begeren zů end kummen was. –

Als nun der tag kummen was, an dem der künig seinem bösen fürnemmen vermeynt stattzůthůn, der ritter, wie ir oben gehört hand, urlaub von seinem allerliebsten gesellen nam, ihn hatt, das er nach seinem abscheyd seinem allerliebsten vatter alle sach entdecken wolt und im die ursach seines hinwegscheydens anzeygen; dann im noch alle ding verborgen was. Damit schieden die zwen getrewen gesellen von einander mit grossem jamer und leyd; es gesah auch keiner den andren nymmermehr.

Der ritter nach seinem befelch an das ort reyt, so im der künig bestimmpt hat. Der narr sich bald zů im machet, im nachfolget biß an das ort, da er meynt seinem bösen fürnemmen stattzůthůn. Als sie nun dahin kamen, der ritter anhůb und sprach: ›Nun wundret mich nit klein, was mein herr der künig damit gemeynet, das er mich an ein ort bescheydet, da weder hund noch jäger hin kummen werden. Ich glaub schier, ein betrug dahinder verborgen lig. Nun wolan, was gott will; ich hab mich gantz darein ergeben.‹

Als nun der ritter sein red mit einem schweren seüfftzen endet, der narr in grossen ängsten was, nit gedencken mocht, wie er sein sach angreiffen wolt; dann er besorget, der ritter hett von der verrähterey bericht empfangen. Also auff im selb stund, zůletst gedacht: ›Nun můß ich ye meinem verheyssen nachkummen.‹ Mit dem zoch er seinen vergifften apffel auß seinem kappenzipffel unnd sprach zů dem ritter mit erschrocknem hertzen: ›Den apffel hab ich dir behalten von gestern an unnd hab dich aber nye künnen finden, damit ich dir in geben hett.‹

[341] Der ritter, sobald er die wort von dem narren verstanden hatt, mocht er sich nimm enthalten; von stund an sein schwert zucket unnd in grossem zorn zů dem verrähter sprach: ›Du schandtlicher verrähter, umb deinen fälsch hab ich vor langem gewißt. Noch hat mich dein schalckheyt allzeit betrogen. Du bist ein ursach, das ich in ungnad gegen dem künig kummen bin; du hast zůwegen bracht, das ich von meiner allerliebsten junckfrawen scheyden můß. Darumb ich dir deinen verdienten lon mit disem meinem schwert geben will; aber du můst zůvor disen bereyten apffel, so du mir bereyt hast, selbs in deinen verrähterischen schlauch fressen, und soltest du daran erworgen. Dann hie mag dich nyemandts fristen.‹

Der narr zittern vor dem ritter stund, in mit flehen und weynen bitten ward, im zů verzeihen. Aber alles umbsunst was; der ritter anhůb und sprach: ›Nun wolan, du schandtlicher verrähter, gedenck, das du den apffel essest; oder ich will dir mit meinem schwert dein leben nemmen.‹

Da nun der schalcksnarr sah, das kein frist noch besserung da was, fieng er an und sprach: ›Mir beschicht warlich hie recht; nachdem und ich understanden hab zů thůn und an einem frummen unnd theüren ritter zů vollbringen, das würt yetzundt an mir vollendt, wie billich und recht ist. Darumb, o mein gott unnd mein herr, wöllest mir mein sünd und misszhat verziehen!‹ Damit beyß er mit gantzen krefften in den apffel. Nit lang anstund, an allem seinem leib ufflauffen und groß geschwellen thet. Als er nun befand, das sein end nahendt, hůb er an unnd sprach: ›Edler ritter, ich bitt, mir nit weiter leyd zůfügen wöllest; dann du wol sihst, das ich zů meinem todt steür genůg hab. Ich bitt dich aber, durch gott mir verziehen wöllest, damit mir gott auch meine sünd verziehe.‹ Mit dem geredt seinen geyst auffgab und von diser welt schied.

Der ritter widerumb auff sein pferdt saß, von dannen reyt, den nechsten weg an der Portugaleser port kam. Daselbs seinen knecht noch warten fand. Nun was zů derselben zeit kein schiff an dem port. Davon der ritter in ein new leyd kam, nit wußt, wie er seinen sachen ein end geben solt. Zůletst mit seinem knecht zů raht ward, auff ein klein schiff zů [342] sitzen und sich gott und dem glück zů ergeben; dann da wer kein ander flucht mehr; sobald der künig sein hinwegscheyden vernemmen, würd er im eylens nachhangen und in underston zů fahen und umbzůbringen.

Zůhandt mit einem schiffman überein kam, der im und seinem knecht ein jagschiff zůrichten solt unnd in in Portugal füren. Des im der schiffman versprach, aber nit gantz in Portugal zů schiffen; er wolt sie aber an ein ander port füren, so sie im anderst lonen wolten, da sie gwißlich portugalische schiff funden, die sie gwißlich in Portugal bringen würden, wo ihn anderst von gott wetter unnd glück verluhen würd. Der ritter des schiffmanns zůsagen wol zůfriden was, seine bede pferdt an dem port verkauffet, allein mit seinem knecht, dem schiffmann und zweyen schiffknechten sich auff das ungestimb wütende mör wagen thet, mit glückseligem wind, aber bekümmertem hertzen auß Engelandt schiffet. In kurtzer zeit an das ort kamen, da sie zwey grosser schiff auß Portugal fanden, welche yetzundt gantz ferig waren, also das sie den nechstkünfftigen tag von land faren wolten. Der ritter seinen schiffman eerlichen bezalen thet, in auch mit einer sunderen schenck verehret. Der frölich unnd wol zů můt wider heym fůr. Demnach sich der ritter anderwert verdinget, zů vollem in Portugal zů faren.

Den lassen wir also in grossem leyd dahin faren und sagen fürbaß, wie es in Engelandt an des künigs hoff ergangen sei. Als nun das jagen den gantzen tag gewert und der künig meynt, seinem bösen willen wer yetz ein geniegen beschehen, reyt er mit grossen freüden wider heym. So bald nit heym kummen was, nach dem ritter und narren fragen thet, aber von nyemandts nichts erfaren mocht. Der künig zůhandt grossen schrecken empfahen thet; dann im von stund an zů gedancken kam, wo der ritter an dem narren gemerckt hette, wes willens er gegen im gwesen wer, so würdt er ihn umbracht haben. Deßhalb der künig von stund an die ort schicket, da er den ritter und narren hinbescheyden hatte.

Als sie aber dahin kamen, nyemandts dann den narren allein todt ligen fanden, gantz groß auffgeloffen und zerschwollen, auch eins theils von dem vergifften apffel bei im; [343] aber von dem ritter mochten sie nichts erfaren. Die diener des künigs eylens wider heymkerten, dem künig alle sach zů wissen thetten. Der groß leyd umb den narren hat und noch vil mehr, als er verstand den ritter noch in leben sein, wiewol er gegen nyemandts dergleichen thett.

Hiebei wöllendt wirs lassen bleiben und wider sagen von dem trawrigen ritter Gabriotten, wie es im nach seinem abscheyd ergangen sei.

60. Wie Gabriotto in ein grosse kranckheyt auff dem mör fallen thet

60.
Wie Gabriotto in ein grosse kranckheyt auff dem mör fallen thet, und was er seinem knecht empfahl.

Mit grossem leyd der edel ritter Gabriotto uß Engelandt schiffet. Aber alles ein kleins war, biß das er anfieng seiner allerliebsten junckfrawen recht zů gedencken; sich in dem grossen schiff zwischen ettliche ballen legen thet, sein Philomena erst anhůb zů klagen und redt also mit im selbs: ›O du mein allerliebste junckfraw, ich klag die stund unnd auch den tag, aufs welchem ich deiner edlen zucht und schöne immer beraubt ward. Ach, warumb hab ich mich nit in alle gefar in Engelandt willig begeben! Was wolt mir doch der künig mehr zůgefügt haben, dann das er mich zů todt hett lassen schlagen! Ich hab den todt geflohen und bin aber im mit gantzem gewalt entgegen gezogen; das můß ich ymmermehr klagen. Dann ich wol befind, das mein leben sich bald enden würt. Ach, das mir nit also vil glück hat mögen zůston, das ich bei meiner liebsten junckfrawen gestorben wer, damit ich ires angesichts nit also lang hett dörffen beraubt sein! Verflůcht seiendt ihr grausamen wallen auff dem mör. Warumb hand ir mich nit gantz verdilcket, als ich in Franckreich schiffet, da ir mich also mit ewerem ungestümen zwirbeln umbgeben hatten! O ihr unseligen jüngling, so in Franckreich von mir erschlagen seind, warumb habendt ir mich nit mit ewern schwertern entlibet! Dann ich damals [344] in gůter hoffnung was, mein allerliebste junckfraw wider zů sehen, des ich nun zůmal gantz keinen trost mer haben darff. O des unseligen tags, an dem ich in Engelandt mit meinem pferdt also einen schweren und harten fall gethon hab unnd aber nit allda mein end hab mögen nemmen! Allda wolt ich kein sterben nit geklagt haben, sunder mit grossen freüden gestorben sein; dann ich noch nye angefangen hat lieb zů haben.‹

Mit semlichen und dergleichen worten der ritter sein leyd klagen thet, sich nyemandts trösten wolt lassen, weder essen noch trinken wolt. Davon dann seinem diener grosses leyd zůstund; thett sich zu seinem herren allein und sprach mit trostlicher stimm also: ›Ach mein allerliebster herr, was ist es doch, das euch in semlich groß leiden und leyd bringet? Was ursachet euch zu solcher köstigung, das ir euch understohn also umb ewer leben zů bringen? Ich bitt euch, ir wöllendt ein mannlich unnd ritterlich gemüt haben unnd nit also ein weibisch leben füren, damit man nit sprechen mag, Gabriotto, der edel, der unverzagt und mannlich ritter, hatt ihm selbs on alle ursach sein junges leben gekürtzet‹.

Nun wußt des ritters knecht noch nit, von weßwegen der ritter ein semliche harte und schwere klag fůrte. Das wußt der ritter wol, darumb hůb er an und sprach: ›Mein allerliebster diener, die ursach meines trawrens magst du nit wissen. Damit du aber mir glauben mögest, will ich dir semliche ursach zů wissen thůn. Dann ich mich wol befind nit lang mehr zů leben; so beger ich auch gantz keiner hilff meines lebens, dieweil ich meiner allerliebsten junckfrawen beraubt sein můß, von deren wegen ich auß Engelandt hab můßen entweichen; und aber mich seidher offt gerewen hat, das ich mich nit bei meiner allerliebsten junckfrawen enthalten hab, was mir doch darauß entsprungen wer. Gott wolt, ich den vergifften apffel, so mir von dem künig bereyt worden ist, gessen hett, damit ich meinem leben in Engelandt ein end gemacht hette! So wer ich doch von meiner allerliebsten junckfrawen geklagt worden. Die aber yetzundt nit wissen mag, wie mirs goht; das ich dann zům allermeysten klagen můß.‹

Nachdem der ritter solche wort mit seinem knecht geredt, [345] hatt er im allen handel entdecket. Davon der knecht gross verwundren empfangen, seinen herren, so best mocht, tröstet. Aber alles umbsunst was. Zůletst sprach der ritter: ›Mein allerliebster und getrewer diener, ich bitt, mich nit lenger mit deinen worten bekümmern wöllest; dann sie nicht an mir verfahen mögen. Ist aber dein gemüt in trewen gegen mir geneygt, als ich dir dann vertraw, so gewer mich meiner letsten bitt; darumb soll dir wol gelonet werden. Nimb war, wann ich meinem leben ein end geben würd, so soltu alle mein kleinot sampt dem baren gelt on aller welt einred von mir erben. Allein den ring, so ich an meinem Finger hab, den můstu wider in Engelandt füren, denselben der schönen Philomena überantworten mit sampt meinem hertzen. Das solt du mir mit eygner handt außschneiden und mit gantzem fleiß wol verwaren und palsamiern, damit du es also frisch in Engelandt bringen mögest. Das ist an dich meine letste bitt, deren du mich wol geweren magst.‹

Der knecht, als er seinen herren also reden hort, mit bekümmertem hertzen zů ihm sprach: ›Ach mein allerliebster ritter und herr, ich hoff, es sei noch nit an dem, das ir also sterben. So sichs aber ye zůtragen wolt, das ir also ellendtlich sterben solten, wolt ich nit allein das, so ir mir anzeygen, in Engelandt füren, sunder ewerem vatter als ewer verlassen gůt bringen und überantworten. Des sond ir euch in allen trewen zů mir versehen.‹

Der ritter dem diener seines erbietens freündtlich dancket, im darnach schůff dinnten und federn zů langen, einen brieff an seinen vatter schreiben thet uff soliche meynung lautendt:

Hertzlieber vatter, wiewol mich küntliche trew und liebe darzů reytzet, dich in keinen weg weder mit worten noch geschrifften zů beleyden, so wills doch yetzundt die zeit also geben dir zů schreiben, davon ich weyß, du grossen schmertzen empfahen würst. Dann wiß, lieber vatter, das diß mein letste geschrifften seind, so von deinem son Gabriotten außgon; dann sich kurtz hernach der todt mit mir vereinget hatt. Darumb, lieber vatter, ist an dich mein bitt, wöllest disem meinem trewen diener alles mein verlassen gůt willig folgen lassen unnd ihn anstatt deines sons befohlen lassen [346] sein; das ist an dich mein letste bitt. Lieber vatter, gehab dich wol und laß dich meinen todt nit krencken! Sih an, das ich in trawren und ellendt mein übrige zeit hett müßen vertreiben! Gott verleih dir und meinem liebsten brůder Reinharten ein frölicher zeit, dann ich, seidher ich auß Engelandt geschiftt, gehabt hab!

Mit disen worten der ritter sein brieff beschloß, den mit fleiß underschreib mit disen worten: Dein ellender, verjagter, trostloser, abgestorbener son Gabriotto.

Hie möcht einer sagen, warumb der ritter also geschriben hatt, dieweil er noch bei leben was. Darzů antwort ich: der ritter hatt am allerbasten entpfunden, wie im an seinem hertzen gewesen ist; als sich dann nachmals wol beschinnen hett, wie ir das gründtlich vernemmen werdt.

Nachdem Gabriotto seinen brieff verbittschet hat, gedacht er seiner allerliebsten junckfrawen auch den letsten brieff zů schreiben. Derselbig auff semliche form lautet:

Ich entbiet euch gern, mein außerwölte junckfraw, mein wolfart, das mir aber nit mehr gebieren will. Dann mich ewer schöne unnd edle liebe dermassen so schwerlichen kräncken thůt, dass ich von allen meinen krefften kummen bin und nichts mehr erwart dann des todts, der warlichen bald meinem trawren ein end geben würt. Darumb, allerliebste junckfraw, ich euch verschafft hab mein hertz zů bringen. Dasselbig mein unsichtbare seel nimmer verlassen soll. Darumb wöllendt diß mein hertz bei euch behalten und gedencken, in was trewen es euch gemeynt, mit was freüden es euch gedient und in was eeren es euch geliebt hat, da es noch in seinem leib gewesen ist. Nit schlagen im auß herberg zů geben, darumb das es nit in leiblicher gstalt bei euch wonen mag! Dann wo diß mein hertz ist, daselbs würt auch mein edle seel sein und euch beiwonen, solang mir beid zůsampt an unser verordnete wonung kummen. Darumb, mein allerliebste junckfraw, nit seind bekümmert umb meinen todt! Dann ich vil neher bei euch sein würd dann in meinem leben. Gott gesegen euch, mein außerwölte ob allen junckfrawen; der geb euch frölicher zeit und stund, dann mir seidher verluhen gewesen seind!

[347] Damit der ritter seinen brieff, welchen er mit trehen gantz übergossen hatt, zůschloss, in in ein liderins ledlin, welches mit einem silberin schlößlin gantz subteil verschlosszen was, verschliessen thet, seinem knecht befal, so er von diser zeit schied, das er dann sein hertz auch darein sampt dem ring legen solt und das Philomena der junckfrawen überantworten, den andren brieff seinem allerliebsten vatter bringen. Des im der diener versprach mit gantzem fleiss zů volstrecken, wie er dann understund; aber nit nach seinem willen ergon mocht, als irs dann nachgohns wol hören werden.

61. Wie der ellendt Gabriotto in einer port in eim stettlin verschied

61.
Wie der ellendt Gabriotto, demnach er lang auff dem mör gefaren was, in einer port in eim kleinen stettlin verschied, unnd wie in sein diener auffschneiden ließ, sein hertz wider in Engelandt fürt.

Ir hand gehört, mit was schmertzen unnd ellend der edel ritter Gabriotto uff dem mör fůr. Nach dem begab sich, das sie an landt schifften. Nit weit von dannen ein mechtig schlossz was, aufs welchem ein grosser herr sein hoff hielt; unden an dem schlossz stund ein kleines stettlin. Darinn ließ sich der betrübt ritter Gabriotto füren; dann er yetzundt von allen seinen krefften kummen was, wol entpfand, das die stund seines letsten ellendts nit ferr was. Darumb ließ er eylens die obersten desselbigen stettlins zů im brerüffen, fieng an und erzalt in sein kranckheyt und sagt also: ›Ir allerliebsten herren unnd freünd, dieweil ich empfind, das meines lebens zů disem mal nit mehr ist, so bitt ich, ir wöllendt mir in mein letsten willen nichts tragen und meinem knecht zůlassen, das er mich nach meinem todt uffschneid und mein hertz auß mir nemme, dasselbig hindersich wider füren an die ort, so ich im dann befohlen hab, auch mein verlassen gůt meinem vatter wider überantworten. Daran thůndt ihr mir ein sunder wolgefallen.‹

[348] Die herrn, so zůgegen waren, groß mitleiden mit dem ritter hatten, im zůhandt versprachen zů willfaren, yedoch die sach zůvor hinder sich an iren herren brachten, der dann auff dem obgedachten schlossz ein wonung hatt. Als er der sach vernam, sich zůhandt auffmachet, den ritter in seinem leben zů sehen.

Als er nun zů dem ritter kam, wol sah, das er nit eines schlechten herkummens was, wiewol er sein schein und adeliche gestalt gantz verloren hat. Darumb der landsherr ein groß mitleiden mit im hat, in freündtlich batt, im sein anligen und kranckheyt zů entdecken. Des im der ritter zůletst nach der leng erzalen thet, dadurch den herren bewegt, das er das zehern nit verhalten mocht; dem ritter, so best er mocht, seinen trost mittheylet; aber alles umbsunst was. Dann er im kurtz hernach in beisein des landtsherren mit lachendem mund also sprach: ›Frew dich, mein edle seel; dann du würst in in einer kleinen weil dein allerliebste Philomena sehen.‹ Nach disen worten sich gott dem herren in seinen schirm befehlen thet unnd mit frölichem angesicht seinen geyst auffgeben thet.

Alle die, so umb in stunden, groß leyd davon empfiengen. Wiewol der ritter nit lang umb sie gewonet hat, noch dannocht hat er ein solich sunder genad von gott, alle die, so in sahen, im zůhandt alles gůten gundten. Als nun Gabriotto verscheyden was, sein knecht gross leyd davon entpfangen hat, seinen allerliebsten herren mit grossem leyd klagen thet, darnach schůff, das man in auffschneyd, sein edles hertz mit grossem fleiß in das liderin ledlin balsamiert; demnach in eerlichen zů der erden bestatten ließ.

Als nun das alles vollendt was, der knecht sich wider zůricht in Engelandt zů schiffen, aber nit nach seinem begeren schiff finden mocht; dann er ein gůte zeit allda verharren můßt, allen tag zů seines herren grab gieng, in von newem anfieng zů klagen, so lang das die zeit kam, in der er seines gefallens ein schiff fand. Seinen wirt abzalt, sich zů dem patronen verdingt zů faren biß gen Lunden an das port; also mit grossem leyd von seines herren begrebnus schiffet, allen tag sich zů undrist in das schiff füget, seinen allerliebsten herren mit gantzem fleiß klaget.

62. Wie des ritters knecht wider in Engelandt schiffet

[349] 62.
Wie des ritters knecht wider in Engelandt schiffet und seines herren hertz mit im in einem ledlin verschlossen füret, und als er zů undrest in dem schiff lag, seinen herren klaget, im das hertz gestolen ward, wie ir vernemmen werdt.

Als nun des abgestorbnen ritters knecht mit grossem leyd auff dem mör allen tag zům wenigsten seinen herren ein stund klagen thet, sich eines tags begab, das er sein ledlin ab dem gürtel gethon unnd das an seiner gemeynen legerstatt ligen hatt lassen, aber zů undrest in dem schiff sein klag füret – begab sich, das ein portugalesischer bůb, eines kauffherren son, welcher seinem vatter ein grossen theil seins gůts verthon hat, derselb lotter in sunder wargenummen hat, das des ritters knecht das ledlin also wol verwaret. Darumb er meynt, er wer ein zollerier und fůrt köstlich steyn, so er dem künig gon Engelandt bringen wolt. Deshalb er fleißig acht nam, wo der knecht das ledlin hat ligen lassen, sich heymlich dahin schmeychet, das ledlin nam, zůruck des schiffs in ein finstern winckel verstossen thet, da sein nyemandts warnemmen mocht. Sein rechnung machet, das ers bei nacht auffbrechen wolt, die kleinot, so darinn weren, heraußzů nemmen und heymlich in seine kleyder vernegen, demnach das ledlin in das mör zů werffen.

Als nun der knecht seiner klag ein end geben hatt, wider heruff kam, allererst gewar ward, das im die lad an seinem girtel manglet, grossen schrecken empfieng, allenthalb hinder im unnd vor im sůchen thett, aber nichts fand. ›O gott‹, sprach der knecht, ›der ellenden stund, so ich erlebt hab! O du mein frummer und allerliebster herr, nun wie mag ich dir deinen letsten willen erfillen, dieweil mir das, so du mir in allen trewen hast empfohlen, gantz entwert ist! Ach, das mir nit all mein hab dafür genummen ward!‹

Der knecht mit solchem jämerlichen schreien und klagen sich also übel gehůb, das alle die, so mit im zů schiff waren, groß mitleiden mit im hatten. Der patron sie allsamen [350] zů dem höchsten ermanet, ihm das sein wider zůzůstellen. Aber nyemandts daran schuld tragen wolt, wiewol yederman auff den schalckhafften bůben zweiffelt. Der sich aber mit ersten zů dem betrübten knecht füget, im allenthalb sůchen halff, sich erzeyget, als wenn er groß mitleiden mit im hett.

Als nun der knecht sich des ledlins mit dem hertzen gantz verwegen hatt, der obgemeldt naß knab sich zů im satzt, im mit listigen worten außerfaren thet, was doch in dem ledlin verborgen wer. Des ihm der knecht nit verhalten wolt, sunder im alle ding zů wissen thet. Als nun der schalck vermarckt, das nichts anders in dem ledlin was dann einn hertz, so balsamiert wer, gedacht er: ›Was ist mir das hertz nütz, unnd das ich den gůten jüngling umbsunst bekümmern soll! Ich wills im heymlich wider an das ort legen, da ichs genummen hab.‹

Als nun die nacht kummen was und yetz yederman zů rhů sich gelegt hatt, der knecht die gantz nacht ungeschlaffen vertrib, der dieb, so ihm das ledlin gestolen hat, heymlich hinzůschleych, nit anderst meynt, dann er schlieff, und legt im das ledlin zů seinem haupten. Der arm knecht seer erschrack; dann er meynt, er wolt in seines gelts auch berauben; zůhandt auffwuscht, in bei einem arm fasset, so lang hůb, biß ihm die andern zůlieffen; dann er mit seinem schreyen alle, so zů schiff waren, erwecket.

Als nun der patron mit andren kauffleüten hinzůgelauffen kam und den schandtlichen bůben also fanden, bezwungen sie in, das er die warheyt bekennen můßt. Als nun der knecht sein verlornes hertz wider überkummen hat, frölich und gůter ding ward. Der patron mit raht aller andren kauffleüt den bůben in das schiff schmiden ließ, da er nachgohns an dem riemen ziehen můßt und darzů mit grossen streychen geplagt, so lang biß sie das engelisch port erreychten.

Yederman den patron abrichtet; vom schiff tratten, iren geschefften nachgiengen. Des ritters knecht sich nach seinem besten fleiß verstellet, damit er onangefochten an dem küniglichen hoff sein befelch außrichten möcht. Aber nit nach seinem willen zů end gieng, wie ir das nachgohns wol vernemmen werdt.

63. Wie der Philomena ihr allerliebster ritter einer nacht fürkam

[351] 63.
Wie der junckfrawen Philomena ihr allerliebster ritter einer nacht fürkam und mit einem schweren seüfftzen on alles reden wider von ir schied.

Als nun des abgestorbnen ritters knecht mit dem hertzen wider in Engelandt kummen was, und aber nit weg finden mocht, das er zů Philomena der junckfrawen kummen und ir das hertz überantworten kündt. Dann sich die junckfraw, von dem an der ritter auß dem landt gefaren was, sich gantz nit sehen ließ, dann so sie es eren halben nit underlassen kundt. Sie hat auch in solcher zeit kein fröliche kleydung nye angelegt sunder als eine, so ire liebste freund verloren hett, in gantz schwartzer kleydung sich sehen lassen. Es ist auch nit ein klein von ir schöne abgewichen, ja als wann sie mit einer schweren kranckheyt beladen wer gewesen, welches irem brůder, dem künig, nit kleinen schmertzen bracht hat. Dann er sie zům dickern mal understund davon abzůwenden; die junckfraw aber gantz keinen trost annemmen wolt.

Eines tags begab es sich, das der künig aber zů seiner schwester in ir gemach kummen was, sie aber von irem fürnemmen vermeynt abzůwenden, auff semliche meynung mit ir anhůb zů reden: ›Mein allerliebste schwester Philomena, was ist doch das, so dich also in schwere gedancken gesetzt hatt? Ich bitt, mir das anzeygen wöllest. Fürwar kein ding auff erden nit sein soll, so es mir anderst müglich ist zů bekummen, es soll dir werden. Du solt mir aber keineswegs dein anligen verhalten.‹

Die junckfraw Philomena, wiewol sie noch nie ir hertz gegen irem brůder auffgethon hat, noch bewegt er sie mit seinen gůten worten, das sie ims nit lenger verbergen wolt; dann sie meynet, so der künig ye hören würd, was irs fürnemmens wer, er würd sie irs begerens geweren. Darumb hůb sie an und sprach: ›Allerliebster brůder und herr, ir sond wissen, das ich nye willens gewesen bin euch mein anligen zů entdecken. Dann mir ist zůvor wol wissen, das euch die ding unverborgen seind. Damit ich euch aber ein gantzen[352] entscheyd geben mög, so ist das mein entlich fürnemmen und meynung, nymmer kein küniglich kleinot anzůlegen, so lang ir mir nit meinen allerliebsten ritter zů kummen verschaffen, welchen ir von meinetwegen befohlen hand mit tödtlichem gifft hinzůrichten. Das aber gott gewendt hat; dann der, so im das netz gespannen hat, selb darin gefallen ist. Wo aber mein außerwölter ritter hinkummen sei, mir gantz verborgen ist, allein das ich sorg, ir habendt im so lang nachgestellt, das er umbkummen sei. Gott wolt, ich das wissen möcht! Ich wolt im ein trewe nachfolgerin sein.‹

Als nun der künig das steiff fürnemmen seiner schwester vernam, auß falschem hertzen also zů ir sprach: ›Schwester Philomena, biß getröst! Glaub mir, solt ich gewißt haben, das du also ein grosse liebe zů dem ritter getragen hettest, er solt von meinem hoff nit kummen sein. Ich hab aber sorg getragen, dir sei die liebe des ritters zůwider und, wiewol du sein nit achtung gehabt, noch möcht er dich mit seinem wesen in ein verdacht bracht haben; das mir dann deinethalb seer leyd gewesen wer. Doch so biß getröst und stand auff! Dann ich mit allem fleiß nach dem ritter will fragen lassen. Ist er noch bei leben, er soll in kurtzer zeit wider an meinen hoff kummen.‹

Die junckfraw sprach: ›Das wöll gott! Aber ich besorg, die wort und hertz, so ir mir versprechen, nit gleich seiendt, oder aber stat es nit wol umb den edlen unnd theüren ritter Gabriotten. Dem aber sei, wie im wöll, so würt mich kein mensch nymmer frölich sehen, ich hab dann ein gewissen bůchstaben von meinem lieben Gabriotten.‹ Der künig seiner schwester von newem versprach, nach dem ritter zů fragen; also urlaub von ir nam, von dannen gieng.

Die junckfraw wider anhůb nach Gabriotten zů gedencken. In dem die zeit kam, das man zů rhů gon solt. Philomena sich zů bett niderlegt, nach langem weynen und klagen entschlieff. In dem schlaff bedaucht sie, wie sie iren allerliebsten Gabriotten in einem weissen kleyd vor ir ston seh, welcher sie mit einem dieffen seüfftzen und trawrigen angesicht ansehen thet, also ungeredt von ir schied. Die junckfraw im mit gantzer begierd nachsah; als sie aber marckt,[353] das er von ir gohn wolt, hůb sie an mit lauter stimm zů schreien: ›O mein ritter Gabriott ker wider zů mir, deiner allerliebsten junckfrawen!‹

Die junckfraw also mit voller stimm geschrawen hat, das sie selbs auß dem schlaff erwachet, deßgleichen ire kammerjunckfrawen erweckt hat. Deren eine schnell auffstund, zů der junckfrawen kam, sie fraget, was ir gebrech. Die junckfraw züchtiglich antwort: ›Nichts‹, sprach sie, ›dann das mich ein schwerer traum angefochten hat. Gond hin und seind rüwig!‹ Als nun die junckfraw von ir gieng, Philomena die übrig nacht nirgendt mit anderst dann mit weynen, seüfftzen und klagen zů vollem zů end bracht, so lang der morgenstern die duncklen wolcken mit seinem liechten schein verjagen thet.

Die junckfraw auffstund, on alles rumor auß der kammer gieng zů Rosamunda gemach, an dem sittlichen anklopffen thett. Die junckfraw Rosamunda, welche yetzundt auch ihren schlaff geendt hat, das züchtig klopffen wol erkannt. Derhalben bald uffstund, sich, so schnellest sie mocht, anthet, die kammer auffschloß, ir allerliebste junckfraw empfahen thet; ires frügen auffstons wunder nam.

Philomena nit lang verzog, zů Rosamunda sprach: ›Ach mein allerliebste junckfraw, ich bitt, on alles saumen mit mir in mein gemach gon wöllest. Dann ich fürwar sunst von allen meinen sinnen kummen můß; dann gewißlich würd ich in kurtzen tagen ein schwere und trawrige bottschafft von meinem allerliebsten ritter vernemmen.‹ Die junckfraw Rosamunda sich nit lang saumet, mit Philomena zů ihrem gemach gieng, allda sie die thür noch offen fanden. Hinein giengen, zůsamen sassen, ir leyd einander klagten, den tag also in grossem trawren vertriben.

64. Wie der künig von seinem hoffgesind underricht ward

64.
Wie der künig von seinem hoffgesind underricht ward, das des ritters knecht wider in Engelandt kummen wer; der künig zůhandt gebot, das man in für in [354] bringen solt, das zůhandt geschah, und wie es hernach gieng

Ir hand gehört, mit was sorgen des ritters knecht in Engelandt umhergieng unnd wie er sich verkleydt hat. Noch mocht er sich vor ettlichen des künigs hoffgsind nit verbergen. Dieselben vermeynten, dem künig ein groß wolgefallen daran zů thůn, derhalben sie sich gantz schnell zů im fügten, im die zůkunfft des knechts zů wissen thetten. Sobald der künig des gewar ward, von stund an ettlich seiner diener bestellet, die solten im des ritters knecht zůhanden bringen. Dann der künig besorgt, der knecht wer darumb zů landt kummen, das er im sein schwester heymlich hinwegfüren wolt, dieweil er hort, das er sich niemant zů erkennen geben wolt.

Als nun die, so befelch von dem künig hatten, zů dem knecht kamen, in mit seinem nammen nannten, im anzeygten, was des künigs befelch wer, fieng er an sich gantz unbekannt zů stellen. ›Lieben fründ‹, sagt er, ›ir mögendt wol seer unverstanden leüt sein. Ir wend mich eines nammens bereden, welchen ich nie an mir gehabt, noch von keinem menschen also genennt ward. Ich bitt euch, sagendt ewerem herren dem künig, wie ir euch selb geirrt haben, damit ich nit für sein majestet kummen dörff.‹ Die red thet er zů inen. Es was aber alles umbsunst; dann sie in uß der maßen wol erkannten, und wie fast er sich widert, noch fůrten sie in mit gewalt zů dem künig, davon er seer grossen schrecken empfahen thet.

Als er nun für den künig kam, der künig in zůhant mit ruhen und erschrocklichen worten anfaren thett, also sprach: ›Jüngling, wer hat dir gerathen, so unverschampt in mein künigreich zů kummen und dich also schnöder verrähterig wider mich zů gebrauchen? Gedenck und zeyg an, was du willen habest! Du würst sunst mit grosser marter dazů bezwungen werden. Dann ich ye dein fürnemmen wißen will, auch wo dein herr sei, mit dem du heymlich on alles urlaub uß disem künigreich entritten bist.‹

[355] Der gůt jung von dem grausamen anfaren des künigs nit wenig schrecken empfieng, anhůb und also sprach: ›Allergnädigster herr und künig, ich bitt, mir verziehen wöllen, das ich mich also schwerlich gegen ewern küniglichen gnaden übersehen hab. Dann mir warlich verborgen gewesen ist meines herren fürnemmen, welcher yetzundt dem todt ergeben ist. Dann ich, weil er mein herr was, ye verbunden gewesen bin im gehorsam zů sein. Darumb ich gantz kein schuld daran hab.‹

›Was ursacht dich aber‹, sprach der künig, ›das du also dein nammen und gstalt verkert hast? Das dann nirgendt umb geschehen, dann das du mich uß befelch deines herren understanden hast zů verrahten. Dann ich weyß, das er noch nit todt ist.‹ – ›Sicher‹, sprach der jüngling, ›er ist in Portugal an einem port gestorben, allda hab ich in zů der erden bestatten lassen.‹

›Warlich‹, sprach der künig, ›ich befind, das du mir mit grosser verrähterey umbgahst.‹ Befahl damit seinem volck, den gůten jungen in gefencknus zů legen und die schergen zů im zů füren, die solten mit grosser marter an in setzen und sein heymligkeyt von im erfaren.

Davon der jüngling grossen schrecken empfieng, für den künig uff die erden fiel, also sprach: ›Genadent mir, allergnädigster herr und künig, und glaubendt meinen worten! Das ir meines herren todt ein gewiß zeichen haben, so nemment war, in disem ledlin hab ich sein hertz, das ich uß seinem leib hab lassen schneiden, deßgleich einen ring sampt einem brieff, so mir der ritter befohlen hat an seinem letsten end, an die ort zů überantworten, wie das ewer majestet wol lesen würt. Ein semlichs ich im als meinem lieben herren versprochen hab. Gott wolt, er noch in leben wer, was mir doch darumb zůstünd zů leyden! Dann er mir warlich ein lieber herr gewesen ist. Ich wolt auch, so mir das nit fürkummen wer, seinen befelch vollzogen haben. Darumb bin ich alles, so mir zůhanden gat, willig zů leiden.‹

Der künig nun zůmal ein gůt vernügen hat, alles von dem jungen empfieng, yedoch verschafft er in zů verwaren; das dann nach des künigs befelch on als verhindern vollstreckt ward. Demnach der künig mit im selbs beraht schlůg, was [356] er weiter mit seiner schwester fürnemmen wolt, also beschloß, das er ir alls, das von dem ritter geschickt wer, überantworten wolt, als er dann zůletst thet.

65. Wie der künig seiner schwester alles selb überantworten thet

65.
Wie der künig seiner schwester alles, so ir von dem ritter geschickt was, selb überantworten thet, auch wie die edel junckfraw begert den botten zů ir zů bringen, des ir der künig verwilliget, und wie ir Gabriotten hertz über tisch bracht ward.

Als nun der gůt jung in grossen sorgen stund, auch fast fleißig verwart ward, hůb er erst an seinen allerliebsten herren zů klagen. Den lassen wir also sein zeit vertreiben und sagen fürbaß, wie es mit dem hertzen gangen sei.

Eines morgens umb primzeit sich der künig zů seiner schwester fügen thet, das hertz, brieff und ring heymlich zů im nam, zů seiner schwester kam, ir einen gůten morgen wunscht. Die junckfraw im mit züchten dancket. Der künig anhůb und sprach: ›Schwester, so ich gesichert wer, das du von deinem trawren abston woltest, du müßt bald bottschafft von deim Gabriotten vernemmen. Du můst mir aber zůvor versprechen, sunst mag dir solicher brieff nit zů sehen werden.‹

Die junckfraw vor freüd und leyd nit wußt, was sie daruff antworten solt; zůletst hůb sie an und sprach: ›Ach brůder, nit verziehendt lang mit solchem brieff! Dann er sei, wie er wöll, so seind des sicher und gewiß, das er meinem trawren ein end geben würt. Des hand euch mein trew zů pfandt.‹

Der künig sprach: ›Liebe schwester, ich glaub, wo du des ritters wolfart, gesundtheyt und vermüglichkeyt vernemmest, du werdest dich größlich erfrewen. So aber das widerspil vorhanden ist, wie wilt du dich dann halten?‹ – Ihm sei, wie im wöll‹, [357] sprach Philomena, ›so würt sich mein trawren enden.‹ Damit sie aber irem brůder volß herußhalff, sprach sie weiter: ›Was ist mir von nöten weiters zů trawren, so ich vernimb, das es wol umb meinen ritter stat! Was hilfft mich dann klagen und weynen, so er gestorben ist! Dann ich in damit nit widerbringen mag.‹

Der künig von den worten seiner schwester zům theyl ettwas freüd empfieng; yedoch wolt er ir noch nichts verjehen; dann im zůhandt ein ander gedancken fürkam. Zů seiner schwester sprach: ›Wolan, Philomena, dieweil ich die trostlich antwort an dir erlangt hab, so will ich nit lenger verziehen dann disen künfftigen ymbiß. Yedoch so wiß zůvor, das ich dir die ding nit vor allen deinen junckfrawen offenbaren will. Darumb so erwöl dir eine oder zwo, den du am basten vertrawen thůst, die schaff zů dir in dein gemach zů kummen! So will ich dir den brieff und das, so damit kummen, bei meinem truckseßen schicken. Ich hoff auch, du werdest deinem zůsagen statt thůn.‹

Die junckfraw an den worten des künigs wol abnam, das die sach nit so gantz wol umb den ritter stünd. Damit aber sie die recht warheyt erfaren möcht, sprach sie: ›Allerliebster brůder, herr und künig, dieweil mir semlich gnad von euch widerfaret, so bitt ich, wöllent mir noch einer bitt gehorchen und mir den brieff bei dem botten, wer der sei, so in bracht, überschicken. Hergegen ich euch versprich und zůsagen will, allem meinem zůsagen statt zů thůn.‹ Der künig seiner schwester gäntzlich versprach zů willfaren, demnach von ir schied. Philomena zůhand nach Rosamunda und Laureta schicket; die sich nit saumpten, zů ir kamen, aller sachen von ir verstendigt wurden.

Als nun der künig meynet und gäntzlich in hoffnung was, sein schwester Philomena würd nach irem zůsagen iren unmůt hinlegen, nam er des ritters knecht uß gefencknüs und redt mit im also: ›Jüngling, demnach du gefangen worden bist, alles darumb geschehen, das ich in zweiffel stand, du gangest mit der unwarheyt umb. So ich aber gewiß wer des, so ich von dir vernummen hab, dir solt kein leyd von mir geschehen.‹

Der knecht von des künigs worten in newes leyd kam, [358] also sprach: ›Es ist leyder war; ich wolt aber darinn diese und noch grössere not leyden, das mein herr noch bei leben wer.‹ – ›Davon sei genůg gesagt‹, sprach der künig, ›ich will deinen worten glauben geben und, so dirs gelegen sein will, zů einem dieber uffnemmen. Yedoch můstu mir in einem ding willfaren und dem also thůn. Dann so würstu auch deines herren lotsten willen erfillen.‹

Der gůt jung uß forcht dem künig zů thůn versprach alles, so er an in begeret. ›Du solt wißen‹, sprach der künig, ›das mein schwester ein bancket mit ettlichen iren junckfrawen haben würt. Wann sie dann in mitten des mals sind, můstu ir die gaben, so dir von deinem herren befohlen sind, bringen, deßgleichen warnemmen alles des, so sie dich fragt. Daran soltu ir gantz nichts verhelen und mir dann, was sie dir zů antwort gibt, anzeygen.‹ Der knecht des künigs befelch nit wenig freüd empfieng, damit er seines herren seligen willen auch erfüllen möcht. Als nun die stund kam, der künig dem diener das ledlin gab seiner schwester zů bringen, als dann geschah.

Nun hat Philomena einen seer köstlichen ymbiß zůbereyten lassen; bei ir was Laureta und Rosamunda und nyemants anders. Als sie nun in halbem essen waren, so kumpt der knecht mit dem ledlin hineingon. Als er in nun die speiß und tranck gesegnet, zůhandt uff seine kney für den tisch fallen thet, uff solche meynung anhůb zů reden: ›Allergnädigste junckfraw, ich bitt, mir unseligen botten meiner leydigen bottschafft zů verziehen. Dann sie leyder nit anderst an ir selbs ist, gott müß erbarmen.‹ Als er diß geredt, fieng er kläglich an zů weynen.

Die junckfraw von disen worten ein solichen grossen schrecken empfieng, das sie dem diener gantz kein antwort geben kundt; das ledlin, darinn das hertz versperrt was, stillschweygendt von im empfahen thet. Der diener ir den schlissel auch zůwarff, damit sie es uffschliessen solt; das aber der junckfrawen nit müglich was zů thůn. Laureta ir das uß der handt nam, das zůhandt uffschloß; der geruch von dem balsam zůhandt in dem gemach gantz wol riechen thet. In dem sich Philomena ein klein erholt hat, das ledlin zů iren handen [359] nam. ›Ach gott‹, sprach die junckfraw zů dem diener, ›wie lebt mein allerliebster ritter? Dann ich sih hie den ring, so im seer geliebt hat, welchen er on merckliche ursach nit von im gelassen.‹ Demnach nam sie den brieff, schloß in uff und laß den, gantz stillschweygendt thet sie in mit iren zehern gantz übergiessen. Als sie nun bericht was, das ires ritters hertz in dem ledlin verwicklet was, wand sie es uff (dann es in ein schön seidin düchlin gebunden lag), also bloß das zů tausent malen kusset, an ir hertz trucket, aber gantz ungeredt ein güte zeit so kläglich gebar, das Laureta und Rosamunda in grossen schrecken kamen. Dann sie wußten nit, was sie davon abnemmen sollen, wiewol sie meynten, es wer ettwas anders; dann sie keinen gedancken hatten, das es Gabriotten hertz sein solt.

Als nun Philomena ein semlich ellendts wesen lang zeit gefürt, fieng zůletst an, trücknet ir ungesicht, und mit einer kecken stimm hůb sie an und sprach: ›O du mein allerliebstes hertz, nun mag ich erst erkennen die liebe, so du bei deinem leben zů mir getragen hast, dieweil du also verordnet nach deinem absterben zů mir kummest. Was grossen dancks bin ich dir von recht schuldig, das du mir also ein getrewen geleidtsman geben wilt und nit von mir in meinem letsten sterben scheyden wilt! O du schalckhaffter brůder, nun ist dir dein böser und schantlicher will erfillet, so durch deinen falschen anschlag zůwegen gericht worden ist. Du solt aber gewiß sein, das du bald deiner schwester beraubt würst. Die du hast meynen zů behalten, würstu erst verlieren und beraubt sein.‹ Demnach sie sich zů dem botten keret und sprach: ›Mein allerliebster jüngling, ich bitt dich, zeyg mir an, wo und wann doch mein allerliebster ritter verscheyden ist, ob er doch mein in keinen weg gedacht hab!‹

Der knecht mit trawrigen worten anhůb und sprach: ›Allergnädigste und liebste junckfraw, ir sond mir sunder zweiffel glauben, das mein herr, seidher er uß Engelandt gefaren ist, kein stund ewer vergessen hat, sunder zů aller zeit nach euch gesinnet und gewinschet. Auch sein letst wort ist diß gewesen; als im sein sel ußgon wolt, sprach er: Frew [360] dich, du edle seel; dann du würst bald bei deiner liebsten Philomena sein. Denmach sein geist uffgab.‹

›Nun wolan‹, sprach Philomena, ›dieweil num gott das also gefügt, das du edles und ußerwöltes hertz in leiblicher gstalt nimmer zů mir hast mögen kummen und aber on mich nit hast mögen vergraben werden, so danck ich gott solcher reichen gaben, auch meinen brůder. Demselben ich billichen danck schuldig bin zů sagen, dieweil er mich mit einer solchen trawrigen und doch reichen gaben verehrt hat. So will ich im auch mein versprochne zůsagung halten und von allem meinem trawren abston und gantz frölich mit meim allerliebsten hertzen von disem jamertal scheyden. Das dann in kurtzer zeit geschehen soll, und můß davon mich nyemants entledigen. Darumb bitt ich euch alle samentlich, wöllent von mir nit weichen und mir die letst gsellschafft nit entziehen. Dann sich warlich nit lang vorziehen würt, das mein seel zů meines allerliebsten ritters gesellschafft kummen würt.‹

Mit dem Philomena ungeredt und mit gantz frölichem angesicht des ritters hertz zů ir trucket, unlang hernach mit lachenden mund und lauter stimm anhůb und schrey: ›Nun frew dich, geliebte sel meines ritters; dann die mein sich bald zů dir gesellen würt.‹ Als sie das gesagt, hat sie Rosamunda angesehen und gesprochen: ›Nun gesegne dich gott, du mein aller liebste freündin und gesellin in allen meinen freüden, ein trösterin in meinem leyd! Gott geb dir in deiner liebe einen frölichern ußgang, dann ich hab! Ich bitt dich, wöllest mir Reinhart trewlich gsegnen. Und du, mein geliebte Laureta, gott geb dir nach meinem abscheyd ein fröliche zeit!‹ Mit disen worten geredt schloß sie iren mundt hart zů, und gleichendt als hett man gehört in irem leib ettwas zerbrechen, ließ es einen krach und schied also von diser welt.

Was grosser klag nun Laureta und Rosamunda gefürt hand, nit zů beschreiben ist. Dann als sie vernamen den ritter Gabriotten todt sein und yetzund augenscheinlich ir allerliebste junckfraw todt vor in ligen sahen, mit bitterlichem klagen und weynen ob ir stunden. Rosamunda anfieng und sprach: ›O mort und ach des ellenden tags und stund, so ich an meiner allerliebsten junckfrawen erlebt hab! O du mein Reinhart, [361] was würstu sprechen, so du vornimpst, deinen allerliebsten freünd und brůder also verloren hast, darzů Philomena, welche uns ein trewe mithelfferin und gesellin gewesen ist! Ach gott, wie ungleich ist diser tag dem, uff welchen ir beyd mit großen freüden uff dem turnier euch dummleten und das best kleinot davon brachten! Nun ist es aber als in trawren und leyd verkert. Gott müß erbarmen, das ich solichen tag und stund erlebt hab.‹

Laureta nit minder klag fůrt dann Rosamunda. Das lond wir also umb kürtze underwegen; dann yedes in im selbs erwegen und bedencken mag, was gůter zeit sie miteinander gehabt hand, und nun zůmal aber so kläglichen ußgang nemmen thet.

(Als nun die junckfraw mit großem leyd und kläglichem weynen und klagen iren liebsten ritter klaget und sich gantz befandt den todt nit weit sein, hůb sie ire augen frölichen uff, und mit lachendem mund růfft sie iren liebsten ritter mit eim hellen schrey, gab damit iren geyst uff und verschied also züchtiglich, das niemant meynt, das sie yetzundt todt wer, so lang sie gantz nichts mer von ir vernemmen kunten. Da aber Rosamunda und Laureta ir junckfraw yetzund verscheyden sahen, da bedarff niemandts fragen, ob sie sich fast übel gehebt hand. Dann solt ir klag von wort zů wort beschriben werden, man bedörfft ein groß bůch darzů. Das wend wir alles underlaßen umb kürtze willen und wöllendt fürbaß sagen von dem künig, wie er sich nach seiner schwester todt gehalten hat, auch wie es Reinharten ergangen, als er vernam sein allerliebster gesell todt sein, als ir hernach alles bericht werden.)

66. Was klag der künig von seiner schwester todt empfangen hat

66.
Was grosser klag der künig von seiner schwester todt empfangen hat, auch wie sich Reinhart in disem handel gehalten hat.

Demnach Philomena die junckfraw verscheyden was und nun solche mär für den künig, iren brůder, kam, von großem schrecken nit wissen mocht, wes er sich halten solt, schnell und bald zů seiner schwester gemach lauffen thet.

Als er aber sie gantz verscheyden sah, anhůb kläglich zů weynen und sprach: ›O Philomena, du mein allerliebste schwester, [362] wee mir, das ich ye an deinem todt schulding ward! Ach gott, ich bin dises ellenden todts allein ein ursach. Nun hab ich mit meinem neidigen ratschlagen drei junger edler menschen ubbracht. Wie mag mir doch semlich immer vergeben werden! O des jämerlichen ellenden anblicks, so ich an dir, mein liebste schwester Philomena, sehen můß! Ach, warumb hab ich nit den edlen Gabriotten an meinem hoff bleiben lassen! Was ühels hab ich doch je von im gehört! Gott wolt, das ir beyde noch in leben weren. Mich solt kein müh noch arbeyt rewen, so lang ich den edlen Gabriotten ankummen möcht und in für einen schwager haben. O gott, wer würt mich gegen dir immer und ewiglich entschuldigen, dieweil ich durch mein bösen anschlag mein allerliebste schwester sampt zweyen edlen jünglingen umbbracht hab! O du unstätes glück, wie kanstu die menschlich hoffnung in so schnelles klagen und trawren verkeren! Nun was ich heüt morgen einer semlichen hoffnung, mein schwester solt ires ritters gantz vergessen, so sie vernem, das er nit mer in leben were. O Philomena, das ist nit die zůsagung, wie du mir versprochen hast, als du sagtest, ich solte dir gwisse bottschafft von deinem ritter verkünden, du woltest von deinem trawren abston. Ja, dein trawren hat sich geendt, aber mir zů einem grossen nachteil. Ich aber hah nit mögen verston, wie du ein solchs gemeynt hast, jetzundt aber sih ich augenscheinlich. Gott von himmel müß sein erbarmen.‹

Solche und dergleichen klag der künig lang füren thet. Die leydig geschicht yetzundt uff dem palast erschallen was. Als nun die rät des künigs die sach vernummen, hand sie sich schnell zů dem künig in seiner schwester gemach gefüget. Da sie den künig in grossem klagen und jämerlichen geberden ob der todten leich ston fanden, so best sie mochten, in trösten theten. Aber alles umbsunst was; dann sein klag sich keinswegs mindret, sunder krefftiglich zůnam und meret. Als nun die fürsten und herren semlichs spürten, einer under in den künig mit sanfften worten straffen thet und in von seinem fürnemmen eines teils abwandt und dannen fürt. Rosamunda aber und Laureta ir klagen und weynen erst anfiengen.

In dem die mär auch für Reinharten kam, wie Philomena [363] verscheyden wer. Er aber mocht die ursach irs schmellen todts nit wißen; durumb er sich dann offt zů Laureta gemach füget, aber nit fand; dann sie noch bei der abgestorbnen leich ir weynen und klagen vollbringen thet. Die nacht also anfiel. Der künig zů Laureta und Rosamunda schicket, sie bitten ließ, das sie die nacht bei der leich bleiben wolten; das sie dann mit geneygtem willen vollbrachten. Darumb Reinhart dest minder zů Laureta kummen mocht, damit er die ursach hett mögen vernemmen, warumb doch Philomena so schnell von diser weit gescheyden wer.

Sich also in grossem unmůt zů bet niderlegt. Mancher frembder gedancken im seines gesellen halben fürkam, aber nye gedacht, das er todt sein solt. Er lag also die gantz nacht ungeschlaffen, nichts anders thet dann an seinen allerliebsten Gabriotten zů gedencken. ›O mein allerliebster gsell und brůder‹, sprach er, ›nun was wilt du sagen, wann du vernimmpst, das die, so du ob aller weit lieb hast, also schnell mit todt abgangen ist! Fürwar dir würt nichts anders daruß folgen, dann das du den übrigen teyl deins lebens mit grossem schmertzen und klagen beschließen und enden würst. O mein allerliebster Gabriotto, wie wiltu sagen, wann ich dir ein semliche trawrige botschafft zůschick, dieweil du nichts dann frölicher mär von mir warten bist!‹

Mit semlichen gedancken Reinhart die gantz nacht ungeschaffen vertreiben thet, im solchen unmůt fasset, das in ein groser frost anstieß, nit anders meynt, dann das in ein feber ankummen wer. In dem der liecht morgenstern an dem blawen himmel erscheinen thet, die vogel in allen feldern ir stimmen erklingen ließen. Des im Reinhart ein wenig wider můt schöpffet, uffstund, sich anthet, hin und her an dem küniglichen hoff spacieren gieng, biß der tag mit vollem gewalt das gantz erdtrich erleüchtet.

67. Wie Reinhart vor großem leyd in onmacht fiel

67.
Wie Reinhart vor großem leyd in onmacht fiel, im seine bede adern der median angiengen, also. in onmacht von diser welt schied.

[364] Als es nun tag worden war, und alles hoffgsind uffgestanden was, Reinhart sich schnell zů eim scherer füget, im die beiden der median schlagen ließ, das feber, so er meynt haben, damit zů vertreiben. Demnach der künig allem hoffgesind gebot, sich umb tertzzeit zů samlen in den palast, ein yeder in schwartzer kleydung angethon. Dazwischen Reinhart alle forcht von im legt, in junckfraw Philomena gemach sich fůget, da er sein Rosamunda, Laureta sampt dem frawenzimmer in gantz schwartzer kleydung trauriglich sitzen fand.

Reinhart, sobald er der todten leich ansichtig ward, das weynen nit vorhalten mocht, sich zů Laureta füget, sie fraget, was doch die ursach des schnellen todts und sterbens sein möcht. ›O Reinhart‹, sprach Laurcta, ›ist dann dir verborgen das, so alles hoffgesind gůt wissen tragen thůt? Dein allerliebster freünd und gsell mit todt abgangen ist, hat seiner liebsten junckfrawen verschafft sein hertz zů bringen, welches du hie in disem ledlin selbs sehen magst.‹ Damit gab sies Reinharten zů seinen handen. Der das mit grossem leyd und schmertzen empfahen thet, sich bald zů Rosamunda, seiner liebsten junckfrawen, nidersetzet: ›O Rosamunda, mein allerliebste junckfraw, was sih ich hie jamer und leydt vor meinen augen!‹ Mit disen worten gantz in omacht fallen thet, in der junckfrawen schoß nidersanck, die zůmal ser erschrecken thet.

In solcher omacht Reinharten beide adern angiengen, so fast blůteten, ee das man sein warnam, den merern teil seines geblůts verrört hat. Laureta zům ersten des geblůts warnam, dem jüngling sein einen ermell bald uffschneyd, die ader, so best sie mocht, verbinden thet, aber leyder zů spat kam; dann im die ander ader gleich einen brunnenquellen springen thet, deren niemants kein acht nam.

Rosamunda in grossen sorgen und nöten was, wiewol sie vor andren junckfrawen keins gleichen thůn dorfft In dem Reinhart der junckfrawen, seiner liebsten Rosamunda, noch einen lieblichen blick gab, mit seinem mund zů verston gab, wie das er gern mit ir geret und seinen letsten abscheyd gemacht het, aber mer sein mocht. Also ungered seiner allerliebsten Rosamunda in iren armen verschyed.

[365] Was grossen leydts der edlen junckfrawe da zůstund, nit zů schreiben ist, als sie vernam, das der, welchen sie ob allen menschen liebt, in iren armen todt und verscheyden lag. Sie hůb an und sprach: ›O mort mir ellenden junckfrawen!

Was unglückhafftiger stund thůt mich hie überfallen, dieweil ich mein allerliebste junckfraw verloren hab und nun disen edlen jungen ritter in meiner schoß todt ligen sehen můß! O du ungůtiger todt, kumb und löß mich von solchem schweren leyd, dieweil du mir heüt so nahen gewesen bist, mir mein junckfraw an der seiten und disen jungen ritter in meiner schoß hingenummen hast! Ich bitt, nim mich auch yetzundt mit diser edlen und wirdigen gesellschafft dahin. Wo mögent mir immer mer lustiger wegferten zůston dann Philomena, Reinhart und Gabriotto, welcher gewißlich noch hie zůgegen umb den leib seiner liebsten junckfrawen schwebet!‹

Die mär auch bald dem künig zů wißen kam, wie Reinhart also verscheyden wer. Davon im ein newes leyd zůstund, bald verordnet, das man im ein eerliche begrebnüß zůrichten ließ, deßgleich sein schwester in ein künigliches grab sampt dem hertzen zů begraben.

68. Wie man Philomena und Reinharten zu grab trug

68.
Wie man Philomena und Reinharten zů grab trůg, Rosamunda den leichen nachvolgt, bei dem sarch sich uff des ritters leich legt, also mit kleinem rumor irem liebsten ritter nachvolget und starb; also warden die vier uß befelch des künigs in einen sarch begraben.

Demnach nun alles von dem ritter dem künig gesagt ward, gebot er, das man seiner schwester küniglich begrebnüß zůrichten solt. Das hertz des ritters ward auch in einem guldinen gefeß zů ir gelegt. Darzů verschůff der künig, das man Reinharten erlichen zů der erden bestatten solt. Als es yetz ward umb nonzeit, wurden die drei liebhabenden hertzen mit nander zů grab getragen mit einen herrlichen und großen gebreng, davon nit not zů schreiben. Dann da was das hoffgesind [366] den leichen nachfolgen; dergleich das gantz frawenzimmer in schwartzer kleydung hinnach folgten, und insunders Rosamunda, die sich mit grossem klagen und weynen zůnechst bei der leich Reinharten des ritters halten thet, von grossem schmertzen unnd kläglichem weynen zům dickern mal nidergesuncken wer, wo sie Laureta nit erhalten hett, die dann zů allernechst bei ir was.

In solchem kläglichem woynen und klagen sie yetzundt zů dem küniglichen grub kummen waren, die leich allda nider salzten. Rosamunda sich nit lenger enthalten mocht; mit vollem leib sie sich uff die leich des ritters niderließ, also züchtig on alles rumor irem leben ein end gab. So stillschweygendt zůgieng, das alle umbstender nit anders meynten, dann sie verharret allein also in irer klag. Zůletst Laureta hinzůgieng, understund die junckfraw uffzůheben; aber alles umbsunst was.

Davon Laureta zůmal grossen schrecken empfahen thet. ›O Rosamunda‹, sprach sie, ›wiltu mich arme, dein getrewe Laureta, allein in disem trawrigen leben vorlassen? Ach stand uff und ker wider mit mir in den küniglichen palast! O gott, mir armen verlassnen weib! Nun hab ich kein zůflucht auff allem erdtrich mer; dann ich die allerliebsten verloren hab.‹

Von disem geschrey der künig noch zů grösserm leyd bewegt ward, wiewol im der todt der junckfrawen noch verborgen was. Der künig seinen marschalck zů Laureta schicket, ließ ir gebieten, das sie von irem klagen und jamerlichem geschrey abstünd. Das also an sie gelangt ward, aber sie nit dest minder ir klag für sich fůrte. ›Ach gott‹, sprach sie, ›wie mag ich von meinem klagen lassen, dieweil meine allerliebsten junckfrawen allhie todt vor mir ligen!‹ – ›Wie?‹ sprach der marschalck, ›beide jungfrawen? Ist dann Rosamunda auch etwas leydts widerfaren?‹ – ›Ja leyder‹, sprach Laureta, ›dann sie gleich so wol als Philomena todt hie liegen thůt.‹ – ›Das erbarm gott‹, sprach der marschalck; damit von Laureta zů dem künig gieng, im all ding zů verston gab.

Der künig mit grossem unmůt [sich] schnell zů den toden cörpeln [367] füget; sein hertz im von newer in grösser leiden und leyd bewegt ward; dann im Rosamunda von wegen seiner schwester seer geliebt hat. Also verschůff der künig, das man die beyde zů seiner schwester und dem hertzen vergraben solt, dieweil sie in irem leben solche einbrünstige liebe gehabt hetten, des dann ir sterben ein gnůgsame anzeygung was. Nach dem mit sampt seinen räten wider in den küniglichen palast giengen. Da der künig lange zeit mit grossem leyd vertreiben thet, grossen rewen gewann, das er die vier personen nit in freüden bei einander gelassen hat; aber sein rewen gar zů spat was.

Dieweil sich nun semliche sachen verloffen hatten, was der alt Gernier nye anheymisch gewesen; dann er auß befelch des künigs ettlicher geschefften halben außgeritten was. Als er aber yetzundt wider heym kam, nit lang stund, im dise leydige geschicht zů wissen kam. Davon der gůt alt ritter in solchen grossen schmertzen kam, das nit ein wunder gewesen wer, der alt ritter wer ihn auch mit todt nachgefolgt.

›O gott, ich klag dir‹, sprach Gernier, ›das ich in Engelandt ye kummen bin. Dann ich dardurch meines sons beraubt, auch meinen gůten und lieben freünd Reinharten nit mehr sehen mag. So ist der künig auch umb sein schwester kummen, dergleichen Rosamunda, die zart unnd edel junckfraw, ir leben drumb geben hat. Weh mir armen verlassnen alten! Zů wem soll ich mich hinfürter kehren! Meine liebsten freünd unnd kind sind dahin. Gott wolt, ich nur auch bei in in ir begrebnüs leg!‹ Dergleichen ein ernstliche klag Gernier ein lange zeit an dem küniglichen hoff vertreiben thet.

Das ward dem künig zůletst angesagt. Der künig groß bedauren mit dem ritter hat, nach im schicket. Als nun Gernier für in kam, der künig anhůb unnd sprach: ›Gernier, dein leiden und kummer mir von hertzen leyd ist, und hab auch warlichen nit klein bedauren mit dir, dieweil du also ein alt betagt mann bist. Aber biß getröst! Ich will dich alles deines leyds ergetzen unnd dich mit einem rüwigen ampt versehen. Dann mir grossen schmertzen bringt, das ich deinen son Gabriotto und mein liebste schwester nit bei einander haben mag; das aber leyder nit mehr sein mag. Darumb, [368] Gernier, solt du an statt deines sons lieb wert an meinem hoff gehalten werden.‹

Der ritter dem künig seins erbietens dancksaget, also lange zeit seines liebsten sons nye vergessen mocht.

69. Wie der künig der Rosamunda vatter seiner tochter todt wissen thut

69.
Wie der künig der junckfrawen Rosamunda vatter seiner tochter todt zů wissen thůt.

Demnach es nit lang anstund, der künig dem graffen, Rosamunda vatter, seiner tochter sterben zů wissen thet. Der graff unnd die gräffin grosse klag umb ir tochter fürten, sich zůhandt uffmachten, in Engelandt kamen. Da sie erst aller sachen bericht wurden, erst mit grossem jamer ir allerliebste tochter klagen wurden, als sie vernamen, das Reinhart also ein edler ritter gewesen was unnd ihnen aber das verborgen gewesen wer.

Der graff anhůb zů klagen unnd sprach: ›O Rosamunda, mein allerliebste unnd einige tochter, warumb hast du mir nit dein anligen zů verston geben, dieweil ich doch vernimb den ritter ein so ehrlichen mann gewesen sein! Gott wolt, das ich dich bei leben haben möcht und deinen liebsten ritter! Ich wolt euch beyde aller ewer hoffnung ergetzen; das aber leyder nit mehr geschehen mag. Das ich gott von hymmel klagen můß.‹

Dergleichen klag der graff unnd die gräffin lang fůrten umb ir allerliebste tochter Rosamunda und in langwirigem trauren unnd weynen ir leben zůletst auch endeten. Also hat die einbrünstig liebe so krefftig an disen jungen menschen gewürckt, das sie dardurch ir leben geendt hand. Denen gott die ewig růg geben unnd verlihen wölle, uns auch alle nach disem zergenglichen jamerthal zů im in sein ewigs reich nemmen.

AMEN.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Wickram, Georg. Romane. Gabriotto und Reinhart. Gabriotto und Reinhart. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A61D-8