1080. An Grete Meyer
1080. An Grete Meyer
Wiedensahl 4. Sept. 96.
Liebe Grete!
Nun will ich mich auch gleich bedanken für den schnellen und guten Bericht, den du mir abgestattet hast über die denkwürdige Reise, die ihr drei lieben Leutchen, Else, Du und Martin der kleine, jüngst von Hunteburg [75] bis Münster so muthig unternommen und glücklich zu Ende geführt habt. Den Verlauf derselben hast du mir durchaus anschaulich gemacht. Und wenn auch das Hauptpersönchen nicht, wie man vorher vermuthen thät, allerlei intereßante Streiche verübte, so hat das allerdings den Stoff der Beschreibung vermindert; dagegen die Achtung vor dem geselligen Charakter des Helden ist gestiegen.
Da darf man denn wohl annehmen, daß die Rückfahrt ebenso löblich geruhsam verlaufen wird.
Bei meiner Heimkehr überraschte mich der Herbst, als ob ich ihn noch gar nicht bemerkt hätte. An den Rosen sitzen viel gelbe Blätter, der wilde Wein färbt sich roth. Die Bohnen sind dürr bis an den Hals; nur hoch oben, wo sie sich wölben, hängen noch welche, die nur per Leiter gepflückt werden können. Oh, wie gefährlich ist doch dieses!! –
Gestern Nachmittag macht ich einen Bogenspatziergang über Rosenhagen herum, von dem ich eine Pilzjagdtasche voll Kapuziner mitbrachte. Sie schmoren jetzt grad, um nachher in Begleitung von Pellkartoffeln zu Tisch zu gehn.
- Ja, und in diesem Welplage war es wirklich gemüthlich – auch abgesehn von den Hühnern und Küken und den Berghäusern und den alten Bäumen in Haldem und der Mühle und dem Teich bei Damme und Herrn Wentzel am Dümmer.
Leb wohl, liebe Grete! Herzliche Grüße, auch von Tante, an Dich und deine Eltern und Else und Martin (wenn diese zwei noch da sein sollten) von deinem
alten Onkel Wilhelm.