730. An Hermann Nöldeke
730. An Hermann Nöldeke
Wiedensahl 25. April 88.
Lieber Hermann!
Seid bedankt, Sophiechen und du, für die freundlichen Zeilen, die Ihr mir nach Wolfenbüttel geschrieben. – Onkels Augenübel scheint seinen Sitz im Magen zu haben; es geht ihm beßer, wenn auch noch nicht ganz gut. – Sonnabend Nachmittag kam ich von Wolfenbüttel zurück. In der Post erfuhr ich von Docters Lida, daß Tante Sophiechen sehr krank gewesen, die Gefahr aber vorüber sei. Heute erhielt auch Mutter auf ihre Anfrage von Bückeburg Nachricht; es scheint doch sehr schlimm gewesen zu sein.
Montag war Fritz im Garten beschäftigt. Nur eine von den alten Rosen war erfroren; sämmtliche andern, auch die im Herbst neu angepflanzten, sind gut geblieben. Den von der Laube an's Haus hinauf gezogenen wilden Wein haben wir doch aus verschiedenen Gründen wieder herunter genommen und zurück= und über die Laube geklappt, deren Südhälfte nun überdeckt, während die Nordhälfte, wo eine Akazie herausgewachsen, offen geblieben ist. Fritz erbaute darin das Gerüst einer Bank von ein paar Eichenpfählen aus der Bleiche; Nachbar Denker vollendete dann Sitz und Lehne, welche, sobald das Wetter günstig, von Nickels schön angestrichen werden sollen. Seit Montag Nachmittag hatt's nämlich wieder geregnet. Die erste Spinatreihe sproßt lustig aus der Erde heraus. – Wie's bei Euch aussieht, davon hoffe ich mich in einigen Wochen mal persönlich zu überzeugen. Zunächst muß ich wohl mal auf ein paar Tage nach Celle. – Mutter und Else laßen herzlich grüßen.
Dein getr. Onkel Wilhelm.
P.S. Tante Alwine ihre Nußbaummöbeln, die sie vor 25 Jahren in die Aussteuer bekam, fangen auf ihre alten Tage an zu platzen und zwar ganz entschieden.