462. An Marie Hesse
462. An Marie Hesse
München 19. März 1880.
Liebe Frau Heße!
Ich bin eigentlich nur ungern hier und will auch baldmöglichst wieder nach Wiedensahl. Meine genauesten Bekannten sind nach Italien abgereist; ich dachte wohl mal dran mitzufahren, aber dann fiel mir gleich unser guter angestammter deutscher Frühling ein, den ich auch heuer mit Andacht zu genießen hoffe. Ich sah neulich einen Korb frisch aus Neapel angekommener Camelien neben unsern heimischen Schneerosen; diese, wie vom lieben Gott gemacht, jene, als hätte sie der Conditer mit Himbeersaft gefärbt. – Im Theater hört ich Tristan u. Isolde, einmal ganz durch, dann noch mal den zweiten Act, der mir die wunderschönste Quintessenz aller liebenden Verhimmelung zu sein scheint.
So wäre ja wohl alles wie ehedem. Ich denke noch oft und gern an meine lieben Heßens und möchte recht bald von Ihnen hören, daß sie munter und gesund sind.
Ihr getreuer Freund Wilh. Busch.