934. An Franz von Lenbach
934. An Franz von Lenbach
Wiedensahl 30. Oct. 93.
Liebster Lenbach!
Für Dein Brieflein und die Photographien sage ich Dir meinen Dank, insbesondere für die, wo der Vater mit dem Kinde drauf ist; denn ganz so seelenlos, wie Du mich verdächtigst, gegenüber von dergleichen Familienerscheinungen, bin ich denn doch nicht.
Ich nehme zuversichtlich an, daß euch allen dieser Sommer, der uns heuer ausnahmsweise so schön und dauernd erwärmte, sehr gut bekommen ist.
Mir war er recht. Nur die Vegetarier, wie Kühe, Schnecken u.s.w. sahen besorgt aus, und auch die Frösche und Stechmücken, welche in Pfützen und Regentonnen ihr üppiges Wesen treiben, waren mit den Ergebnißen [18] ihrer Fortpflanzungsbestrebungen wohl kaum recht zufrieden. Den Regentonnen lösten sich die Reifröcke; sogar ihre Freundinn, die Gießkanne, klagte über Öde und Hohligkeit, so wie man nur dranstieß.
Schade, daß wir auch dies Jahr Holland nicht wiedersahn. Ich bemerkte öfters, daß auf den Fahrplänen der Dampfer beiläufig bemerkt stand: Wind und Wetter vorbehalten. So schon öfter auch auf meinen Fahrplänen. Daher sei Milde gegen Andere mein höchstes Bestreben, womöglich. Den Juni hindurch saß ich erwartungsvoll; ich hoff, den nächsten wirds beßer rutschen.
Mal war ich halbwegs nach der flämischen Grenze, in Münster, wo dereinst die Wiedertäufer, trotz Mangel an Dynamit, manch schönen Erfolg erzielten. Von gesinnungstüchtigen Künstlern ist und wird aber alles wieder aufs beste in Ordnung gebracht.
Leb wohl! Grüß Frau Gemahlin und Tochter und empfiehl mich den Bekannten.
Stets Dein getreuer altehrwürdiger Freund
Wilh. Busch.