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An Johann Christian Kestner

[Frankfurt, Anfang November 1772.]

Der unglückliche Jerusalem. Die Nachricht war mir schröcklich und unerwartet, es war grässlich zum angenehmsten Geschenck der Liebe diese Nachricht zur Beylage. Der unglückliche. Aber die Teufel, welches sind die schändlichen Menschen die nichts geniessen denn Spreu der Eitelkeit, und Götzen Lust in ihrem Herzen haben, und Götzendienst predigen, und hemmen gute Natur, und übertreiben und verderben die Kräffte, sind schuld an diesem Unglück an unserm Unglück. Hohle sie der Teufel ihr Bruder. Wenn der verfluchte Pfaff sein Vater nicht schuld ist, so verzeih mirs Gott, dass ich ihm wünsche er möge den Hals[33] brechen wie Eli. Der arme iunge! wenn ich zurückkam vom Spaziergang und er mir begegnete hinaus im Mondschein, sagt ich er ist verliebt. Lotte muss sich noch erinnern daß ich drüber lächelte. Gott weis die Einsamkeit hat sein Herz untergraben, und – seit sieben iahren kenn ich die Gestalt, ich habe wenig mit ihm geredet, die meiner Abreise nahm ich ihm ein Buch mit das will ich behalten und sein Gedencken so lang ich lebe.

Danck euch ihr Kinder alle, das ist heilsamer herrlicher Trost, wenn ich euer Andenken seh, und eure Freude. Es war doch gut dass es so zusammen kam, leben und Todt, Trauer und freud. Wie anders wie anders als wie sich Goue sollte erschossen haben. Lebt wohl. Grüsst Lotten tausendmal. Wie glücklich seyd ihr.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1772. An Johann Christian Kestner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8291-D