Auftrag zu Folge habe ich mit HE. v. Derschau gesprochen, Herr
Boisserée hatte gemeint, daß er die Majolica wohl um den in
meinem letzten Briefe erwähnten Preis veräußern möchte; er besteht
aber auf eine viel höhere Summe, - auf 40 Carolins. Er habe, sagt
er, diese aus einer großen Menge Majolica, welche durch seine
Hände gegangen, ausgelesen, sie bestehe aus lauter vorzüglichen
Stücken. Ich ersuchte ihn, mir ein Verzeichniß davon mitzutheilen; er
versicherte noch keines verfertigt zu haben und meinte, daß es dem
Käufer auch wenig nützen könne; man müsse die Sachen sehen, und werde
dann den Preis gewiß nicht hoch finden. Ich glaubte nicht zur
rechten Stunde gekommen zu seyn und bin später nochmahls, unter einem
andern Vorwand, zu ihm gegangen, habe aber keinen günstigern Bescheid
erhalten. Daß diese Majolica von den Besten ist, welche ich noch
gesehen habe, kann ich bezeugen, über den Werth derselben wage ich
jedoch nicht zu entscheiden. Herr Minister v. Altenstein, welcher die
Sammlung neulich sah, fand die Forderung nach den Pariser und
Berliner Preisen nicht zu hoch. Die 2 größten Schüsseln (angeblich
[375v]nach Raphael) sagte er mir, würden in Paris jetzt das Stück wohl mit
100 Francs bezahlt, und für die Email-Schale wäre 12 bis 15 Ducaten dort
noch ein sehr mäßiger Preis. Unter den kleinern Tellern des Herrn v. Derschau
sey einer, welcher blos des Gegenstandes wegen (es stellt einen Faun mit
einem Mädchen dar, angeblich von Julio Romano) gewiß mit 3 bis 4 Carolin
bezahlt würde. Nach der Berechnung des Herrn v. D. würde das Stück un-
gefähr 1 Carolin zu stehen kommen. Einzelne Stücke zu verkaufen scheint
er nicht gesonnen zu seyn. Belieben Sie nur zu bestimmen, ob ich ein
höheres Gebot legen soll.
Herr v. Altenstein hat uns gestern verlassen. Er sowohl als Herr
(Geh.)Geheimer Staatsrath v. Niebuhr, welcher vor etwa 3 Wochen hier war, haben
es sehr bedauert, (Ew.)Euer Excellenz nicht in Weimar getroffen zu haben.
Herr Prof. Hegel wird uns in 3 Wochen verlassen; er geht als Professor
der Philosophie nach Heidelberg. Wenige Tage nachdem er jene Anstellung
angenommen hatte, erhielt er einen Ruf nach Berlin an Fichte's Stelle,
und kurz darauf wurde er auch von der Bayerischen Regierung zum Prof.
eloquentiae und Director des philologischen Seminariums in Erlangen
ernannt. - Einige Freunde haben auch mich zur Professur der Physik
in Heidelberg in Vorschlag gebracht. Etwas Officielles ist mir noch nicht zuge-
kommen, auch soll die Stelle, wie man sagt, Ostern erst besetzt werden. Ich
habe nicht unterlassen wollen Ihnen hiervon Nachricht zu geben, da Sie
mir zu einer Beförderung nach Weimar vor einiger Zeit die Aussicht
[376r]zu eröffnen die Güte hatten. Wäre ich genöthigt eine Professur
anzunehmen, so würden meine bisherigen Untersuchungen wenigstens für
einige Zeit eine Unterbrechung erleiden. Ich muß jedoch wünschen daß
sich etwas entscheidet, da der Zustand von Ungewißheit in welchem ich
mich schon lange befinde, mir immer drückender wird.
Das hiesige Realinstitut ist vor einigen Tagen aufgehoben worden.
Die Apparate und Sammlungen werden schwerlich hier bleiben, und ich
verliere dadurch auch einige Hülfsmittel. Herr Prof. Schweigger, welcher
bey diesem Institut angestellt war, soll als Mitglied zur Akademie
nach München kommen, oder, wie andere behaupten, nach Erlangen versetzt
werden, wo seit Hildebrands Tod eine Professur der Physik und Chemie
erledigt ist.
Mich und die Meinigen gehorsamst empfehlend
ergebenster
den 9ten September
1816
- Rechtsinhaber*in
- Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 9. September 1816. Seebeck an Goethe. Z_1816-09-09_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-355D-E