Auszug

[72r]

p p

Von den acht Sofitten von Pietro da Cortona im Pallast Pitti
zu Florenz habe ich zwei kopirt, die sechs andern aber,
welche ganz im Schatten und nicht so gut sind, habe ich, da
man sie der großen Entfernung wegen nicht deutlich sehen
konnte, nicht kopirt. Habe aber zwei schöne Bilder von
Titian, eines Maria, Christus und die heil. Chatarina
vorstellend, und das andere ebenfalls Maria, Christus
und Johannes als Kind, klein in Oel kopirt. Sie sind
mir nach aller Meinung sehr gut gelungen, und obschon
man sie mir öfters abkaufen wollte, so habe ich sie
doch als Studien behalten wollen, denke aber das
größere mit den übrigen Arbeiten an Ein Hohes
Ministerium einzusenden. Ich hatte mir noch vorge-
nommen in Florenz Ihr Lieblingsbild von Raphael
die Vision Ezechiel's zu kopiren, es war aber nicht
möglich da bey meiner Abreise von dort, noch vier
andere Künstler vor mir die Erlaubniß dazu hatten,
habe mir aber in der Hoffnung, es bey meiner Rück-
reise kopiren zu können. indeß die Umrisse gezeich-
net. Noch schwieriger als in Florenz ist es in Rom
ein vorzügliches Bild kopiren zu können, indem die
[72v]meisten, bey der Menge der Mahler bis 14mal ver-
geben sind, und jeder die Erlaubniß auf drey Mo
nate hat. Die aldobrandinische Hochzeit habe ich
angefangen, und denke eine sehr treue Kopie da-
von zu machen, da die Herrn Gebrüder Rippenhau-
sen
die Gefälligkeit gehabt, mir eine gute Durch-
zeichnung zu borgen. Jetzt kann ich aber der
trüben und kalten Tage wegen nicht daran ar-
beiten, da das Bild schlecht beleuchtet, und man
sich demselben nur auf 3 Schritte nähern darf;
auch kann man bey dem, dieses Jahr hier ungewöhn-
lich strengen Winter in dem kalten mit Mar-
mor gepflasterten Saale nicht gut arbeiten,
indem man sich durch Erkältung leicht ein Fieber
zuziehen kann, von dem man denn in Rom nicht
leicht befreit wird. Uebrigens arbeite ich auch
an einem, für die Schlesische Kirche bestimmten
Altarbilde, habe auch schon einige von den mir
aufgetragenen architect: Verzierungen gezeich-
net, da ich mich im Bezug auf den künftigen
Lehrplan in Bonn, auf dieser Reise vorzüglich
[73r]mit architectonischen Sachen beschäftige. Weßwegen
ich Sie auch ersuche, bey Einem Hohen Ministerio
anzufragen, ob ich nicht für Bonn einige der bes-
ten Ornamente soll abgießen laßen, da eben Herr
Bildhauer Wichmann von Berlin, welche für die
dortige Akademie formen läßt. Bey Sr. Excellenz
dem Herrn Staats Minister von Altenstein bitte ich
mich wegen meines langen Stillschweigens zu ent-
schuldigen, und mich Höchstdero fernern Wohlgewo-
genheit zu empfehlen, ich glaubte Höchstdemselben
nicht eher schreiben zu dürfen, als bis ich etwas
von meiner Arbeit einschicke, was nun, sobald
die aldobrand. Hochzeit fertig ist, geschehen soll[.]
Ich werde die Sachen nach dem von Einem Hohen
Ministerio erhaltenen Befehl, von hier an Sr.
Excellenz den Herrn Geheimen Rath und Staats-
Minister von Goethe nach Weimar senden.

p p

gez. Joseph Raabe

Lizenz
CC-BY-NC-SA-4.0
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2023). Raabe, Josef. 29. Januar 1820. Raabe an C. L. F. Schultz (Auszug; Abschrift). Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-BCA4-4