[633] [639]Monographie der deutschen Postschnecke
Beitrag zur Naturgeschichte
der Mollusken und Testaceen

Es ist sehr einfältig, daß ich gleich vorn sage: ich werde mich in dieser Abhandlung über vaterländische Postwägen satirisch auslassen; denn indem ich durch dieses Geständnis die Überraschung störe, übertrete ich die heilsamsten Polizeigesetze der Redekunst. Aber kann ich anders? Ist nicht zu fürchten, jene gelehrte Überschrift werde alle Leser abschrecken, wenn sie nicht bald erfahren, daß es damit Scherz gewesen? Sie sollte aber keinen abschrecken als den Zensor, zu seinem und meinem Vorteile, und da dieser jetzt schon getäuscht ist und der falsche Paß der verdächtigen Abhandlung glücklich über die Grenze geholfen hat, so ist längere Verstellung unnötig. [639] Wahrlich, Menschenliebe, Mitleid und Rührung durchwärmen mich nie stärker, als wenn ich an einen Zensor denke, der besser ist als sein Amt. Leidet er nicht an den schmerzlichsten aller Plagen, an solchen, die mangibt? Muß er nicht, als lebten wir noch in den Zeiten Ludwigs XIV., aller englischen Freiheit in Reden und Gärten gram erscheinen und, ein Schüler des Le Nôtre, jeden überrankenden Zweig mit der Schere abschneiden? Darf er andere Blumenbeete dulden als solche, die mit glänzenden Scherben zerbrochener Gefäße übersäet sind? Hat er nicht die vollsten, kühnsten Bäume in Affen, Bären und andere Viehgestalten umzustutzen? Muß ihm nicht selbst oft wehe sein bei seiner Aufsicht über die schnurgerechte Denk- und Schreibart, und wird er nicht jedem Schriftsteller danken, der, gleich mir, ihn überlistet, unter einer naturgeschichtlichen Überschrift über die öffentlichste aller Staatsangelegenheiten, über Postwägen, schreibt und erst, nachdem sich die betastenden Finger entfernt haben, seine Fühlfäden aus dem Schneckenhause streckt? Er dankt mir gewiß. Über Postwägen aber habe ich schon auf früheren Fahrten die besten satirischen Einfälle gefunden, doch sie auch alle wieder verloren. Mein Ideenmagazin ist zu klein und gibt mir keinen Platz, um Gedankenernten, die ich nicht gleich verzehre und niederschreibend verarbeite, aufzuspeichern. Gedanken über Postwägen konnte ich aber nie gleich aufschreiben, da der Stoß dieser mit dem Anstoße zu jenen immer zusammenfiel. Noch auf meiner letzten Fahrt sah ich, wie einem Commis voyageur, der während des Fahrens einen badenschen Kupferkreuzer, den er durch den Schlag einem Bettler zugeworfen, seinem Prinzipalen zur Rechnung bringen wollte, durch das Rütteln des Wagens so stark die Hand schwankte, daß das 1 statt in die Kreuzer- in die Guldenreihe kam, worüber der junge Mensch ganz untröstlich war; denn, sagte [640] er, es sei nicht mehr zu ändern, da er sich durch Radieren bei seinem Prinzipalen verdächtig machen würde.

Ich brauche nur fortzufahren, denn wie ich merke, bin ich, ohne darauf zu denken, bereits satirisch gewesen. Es wäre Unverstand von mir, wenn ich das langsame Fahren der Postwägen innerhalb der Städte aus dem Grunde tadeln wollte, weil Knigge in seinem Buche Über den Umgang mit Menschen das Gegenteil anratet. Knigge nämlich sagt, in Städten solle man schnell fahren, damit, wenn am Wagen etwas Zerbrechliches sei, er da zerbräche, wo Hülfe in der Nähe wäre. Kondukteurs und Postillione können hinlänglich beweisen, daß sie jenes Werk über feine Lebensart niemals gelesen haben; vielmehr sind die Vorteile dieses langsamen Fahrens auffallend. Nach den Fenstern guter Freundinnen kann man oft und lange zurücksehen; guten Freunden begegnet man zweimal auf der Straße; hat ein Reisender vergessen, seine Rechnung im Gasthause zu bezahlen, so kann ihm der Wirt nachgehen und ihn daran erinnern. Ein Ehemann, der mit mir nach Stuttgart gereist wäre und 15 Minuten auf dem Wege vom Rahmhofe bis zur Brücke zugebracht hätte, würde sich getröstet und gedacht haben: jetzt endlich hat die Teure ihre Tränen getrocknet, und ich will es auch tun und mich den Eindrücken der schönen Natur hingeben, sobald ich draußen bin vor dem Affentore. Ohne jenes langsame Fahren hätte der mitreisende Franzose niemals seinen Dukaten Silbermünze wiedergefunden. Er sagte mir nämlich auf der Zeil, er habe einen Dukaten wechseln lassen und sei dabei ganz gewiß betrogen worden, denn alle Kaufleute wären Spitzbuben; ich möchte so gut sein und das Geld nachzählen. Als ich ihm bemerkte, ich sei kein Handelsmann, erwiderte er in logischer Zerstreuung: Tout le monde est marchand ici. Ich fing an zu zählen, da kam aber einer jener fürchterlichen Erdstöße, die [641] unter dem Himmel der Postwägen so häufig sind, und schleuderte das Geld aus meiner Hand zum Wagen hinaus. Der Franzose stieg aus, und hatte schon nach fünf Minuten den letzten Groschen von der Fahrgasse wieder aufgelesen, worauf er dem Postillion zurief, er könne jetzt fortfahren. So eitel war der Narr, daß er sich einbildete, man hätte seinetwegen stillgehalten, welches gar nicht der Fall gewesen.

Schwerer aber ist zu entschuldigen, daß das langsame Fahren auch auf der Landstraße fortgesetzt wird. Zwar kann man dafür folgenden nicht unbedeutenden Rechtfertigungsgrund anführen. Der plötzliche Wechsel der Schritte, von langsamen zu geschwinden und umgekehrt, ist den Pferden, wie bekanntlich, sehr schädlich. Da nun nach obigem in Städten und Dörfern langsam gefahren werden müsse und das ganze Land zwischen Frankfurt und Stuttgart so gesegnet und bevölkert ist, daß jede halbe Stunde ein Dorf oder eine Stadt liegt, so könne man nie dazu kommen, rasch zu fahren. Denn habe man, aus einem Orte kommend, den langsamen Schritt eine Viertelstunde fortgesetzt, so müsse man ihn wegen des nächsten Ortes zur Vermeidung des schnellen Wechsels von neuem anfangen und so immer weiter. Dem ist allerdings so; doch der Grund gegen das langsame Fahren auf der Landstraße ist von größerem Gewichte. Menschen-und Pferdekenner wissen, daß langsames Gehen am meisten ermüdet, weil man dabei länger gehen und mehr Schritte machen muß. Wirklich waren Kondukteur, Postillion und Pferde bald so abgemattet, daß sie schon in Sprendlingen liegen bleiben mußten, um sich zu stärken. Dort hatte ich einen ganzen Schoppen Zeit, durch Horchen und Fragen herauszubringen, daß die junge schöne Frau, die mir im Wagen gegenübersaß, die Neuvermählte ihres Begleiters sei, der sie vor neun Wochen in Memel, ihrem Geburtsorte, geheiratet hatte und [642] am Tage nach der Hochzeit mit ihr abgereist war, um sie nach Triest in sein elterliches Haus zu bringen. Er hatte sich auf dem Wege nach Frankfurt nicht länger aufgehalten als der Postwagen. Der Gedanke erquickte mich ungemein, daß diese junge Frau so viel glücklicher sei als andere Neuvermählten, weil sie, statt der üblichen Flitterwochen, sich langer Flittermonate erfreuen dürfe; denn der erste häusliche Zwist kann nur zu Hause, aber in keinem Postwagen entstehen. Ja, ich trieb die Sache weiter, ich bedachte, wie sehr die schlechten Herbstwege die Fahrt verzögern müssen, und berechnete, daß die harrende Schwiegermutter in Triest nicht bloß eine geliebte Schwiegertochter, sondern auch einen Enkel werde bewillkommen und küssen können.

In Langen, als der ersten Station oder Bet[t]fahrt, dachte ich gar nichts, sondern schlief während dem Umspannen der Pferde sanft im Bette, um nachzuholen, was ich in der vorigen Nacht wegen der Abschiedszeche versäumt hatte. Wir kamen um halb sches Uhr abends in Darmstadt an. Dies war gewiß gut gefahren; denn erst um zwölf Uhr hatten wir Frankfurt verlassen, und mich, der ich in ebensoviel Zeit den Weg zu Fuß mache, pflegen gute Freunde einen guten Fußgänger zu nennen. Wieviel schwerer aber ein beladener Postwagen fortzubringen sei als ein 120pfündiger Doktor, bedenke man gehörig! In Darmstadt hatte ich sowohl am als im Darmstädter Hofe – welcher auch der Wiener Hof genannt werden könnte, denn der Wirt jenes Gasthauses heißt Wiener – folgende gute Gedanken. Ich zog eine künftige Zeit ganz nahe zu meiner Einbildungskraft herbei, eine schönere Zeit, da man nicht mehr die schlechten Menschen zu geheimen Aufsehern über die guten bestellt, sondern umgekehrt. Ich dachte mir, wieviel besser es alsdann sein würde, wenn lohnsüchtige Wächter durch erlogene Gefahren nicht länger Fürsten und Völker mit [643] Argwohn erfüllten und sie ängstigten. Alsdann, dachte ich, wird man mich wohl auch zum geheimen Kundschafter gebrauchen, und irgendein unsichtbarer Ober-Tugend-Direktor gibt mir den Auftrag, Deutschland zu durchreisen, um die Stimmung des Volks zu untersuchen und zu erforschen, ob nirgends unzärtliche verdächtige Triebe sich offenbarten. Ich wäre hierauf eiligst von Frankfurt abgereist und hätte aus dem Darmstädter Hofe zu Darmstadt folgendes berichtet:

»Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor!

Zufolge erhaltenen Auftrags bin ich heute mittag um zwölf Uhr von Frankfurt im Postwagen abgegangen und um halb sechs Uhr abends in Darmstadt angekommen, von wo aus ich die Ehre habe, Ihnen zu berichten. Wenn ich nicht fürchtete, Zweifel gegen meinen Diensteifer zu erregen, so würde ich sogleich wieder zurückreisen, da der Zweck meiner Sendung schon vollkommen erreicht ist. Ich habe auf dem ganzen zurückgelegten Wege auch keine Spur von dem gefährlichen bösen Geiste der Einwohner, sondern im Gegenteile überall einen guten gefunden. Zugleich aber sind mir die stärksten Beweise geworden, daß der nämliche gute Geist das ganze deutsche Volk beseelt. Der Postwagen überzeugte mich davon. Posthalter, Kondukteurs, Postillione, Wagenmeister, Packer wie überhaupt das ganze Hochfürstlich Thurn-und-Taxischfahrende Personal gehen bei ihrem Geschäft mit solcher Bedächtigkeit zu Werke, daß man wohl sieht, es sind gute, ruhige Bürger, die Deutschen, die nichts Gewagtes unternehmen. Desgleichen die Passagiere, deren keiner über das langsame Fahren ungeduldig wurde und etwas aus der Haut fuhr. Ja, selbst der junge Mann, der in Heilbronn Hochzeit machen wollte, zeigte mehr Zufriedenheit als Unzufriedenheit, daß der Wagen zwischen Frankfurt und Darmstadt sich [644] dreimal erquickte mit Wein und kalten Speisen, nämlich in Sprendlingen, Langen und Arheiligen. Beweist nicht schon das häufige Trinken die besten Gesinnungen? Menschen, die verdächtige Gedanken hegen, sind auf ihrer Hut und trinken Wasser, weswegen auch die Diligencenpostillione im revolutionssüchtigen Frankreich kein Trinkgeld fordern, damit sie nicht versucht werden zu trinken. Sie werden, Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor, aus dem Gesagten mit Vergnügen entnehmen, daß in Deutschland alles ruhig ist und bleiben wird; denn Sie sind viel zu gerecht, eine einzige Ausnahme dem ganzen Volke anzurechnen. Eine solche Ausnahme ist mir allerdings aufgestoßen. Unter den Passagieren war einer, der durch seine Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung der Postdinge deutliche Spuren neologischer Denkungsart zeigte. Er trippelte vor Ungeduld mit den Füßen, schnalzte mit den Fingern und gebärdete sich überhaupt wie toll. Mehrere Male rief er den Postillionen zu, sie sollten doch in's Teufels Namen nicht so rasch fahren, er verliere den Atem, er werde schwindlig, und die schönsten Gegenden flögen an ihm vorüber. Ich hörte, wie jener Passagier auf der Station Langen zum Postillion sagte: ›Ehrwürdiger Greis, wie Ihr doch noch so sehr munter und rüstig seid! Da habt Ihr nicht bloß die 8 kr. Taxe, sondern noch 2 weitere, und macht Euren jüngsten Enkeln, die noch unverheiratet sein können, eine Freude damit!‹ Dies war deutlich genug gespottet. Ja, in Arheiligen, da der Kondukteur etwas Wein zu sich nahm, spottete er noch offener und sagte, es wäre zweckmäßig, wenn in jedem Postwagen ein Hochfürstlich Thurn-und-Taxisches Stückfaß gestellt würde, damit das fahrende und gefahrene Personal daraus zapfen und trinken könnte, ohne sich aufzuhalten, und eine vollständige Restauration der Postwägen sei noch wünschenswerter. Dieser gefährliche Passagier hat [645] noch auf andere Weise seine verdächtigen Gesinnungen an den Tag gelegt. In Darmstadt machte er beim Aussteigen einen großen Sprung über einen Kothaufen, ob er zwar sehr bequem hätte durchgehen können. Es ist gar nicht zu zweifeln, daß er hierbei ein Turnziel zu erreichen gesucht. Bei solchen bedenklichen Zeichen habe ich jenen gefährlichen Passagier stets im Auge behalten und werde ihn ferner beobachten, auch ihn durch andere Vertrauten beobachten lassen. Ich bin so gewisser, daß er keinen Schritt tun und kein Wort reden kann, das ich nicht erführe, da ich selbst dieser Passagier bin. In Stuttgart werde ich die Ehre haben, Ihnen weiter zu berichten. Genehmigen Sie, Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor, die Versicherung meiner Hochachtung.«

Ich wollte eben den Brief versiegeln, da trat der Kondukteur in die Gaststube des Darmstädter Hofes und lärmte stark. Er fragte mich, ob ich denn nicht wisse, daß ich auf einem Postwagen fahre, der keinen Augenblick Zeit verliere und auf niemanden warte. Ich solle eilen, denn er könne sich nicht länger aufhalten, als bis er seinen Schoppen Wein werde getrunken haben, den ich ihm soeben hätte vorsetzen lassen. Nach einer halben Stunde gingen wir beide ans Posthaus, und wirklich war der Sattelgaul schon vorgespannt. Ich erschrak; wie leicht hätte ich zu spät kommen können!

Von der Nacht habe ich nichts mitzuteilen. Nur wenigen guten Freunden (ich reiche nicht weiter) fülle ich ein Glas von meiner echten Bergsträßer Freudenstation. Ich erwachte wie ein Mühlknappe aus dem festesten Schlafe, da die Räder stillstanden und nicht mehr klapperten. Der Wagen hielt vor der Posthalterei – eines Dorfes, wie ich dachte; denn das Haus lag abgesondert von dem Orte, und man konnte nicht merken, daß es einem Städtchen zugehöre. Ich trat hinein, stieg eine Treppe hinauf und öffnete rasch und gebieterisch die Stubentüre. [646] Nichts anderes suchte ich als einen Schnaps und die dazugehörigen Umgebungen, aber was traf ich, und wie ward ich betroffen! Um einen städtisch geordneten Abendtisch saßen vierundzwanzig Augen (worunter mehrere schön), die frugen mich alle zugleich, was ich hier wollte? Mir aber war im Innern voller Jämmerlichkeit, im Bewußtsein meiner äußern. Einem vom Viehmarkte heimkehrenden Ochsentreiber sah ich nicht sowohl ähnlich als gleich. Die brünette Nachtmütze auf dem Kopfe war mit einem Schnupftuche umwunden, nicht zu mehrerer Wärme des Kopfes, sondern zu größerer Sicherheit der Mütze. Der Postwagen nämlich hatte gleich einem jungen muntern Kater seine Freude daran, mit der Mütze zu spielen, er machte häufige Sprünge und warf sie in die Höhe; da mußte ich sie festbinden. Eine angeschneite Halsbinde hing als gewässertes Ordensband in weiten Kreisen um meinen Nacken. Mein Ganzes umgab ein schabiger Biber. Ich riß beim Eintreten schnell Mütze und Tuch vom Kopfe und sagte halb fragend, halb positiv: »Ich weiß nicht, ob ich recht bin?« Die Postmeisterin sagte: »ja« und hieß mich Platz nehmen, indem sie den nahe am Tische stehenden leeren Stuhl etwas zurückschob. Diese Exkommunikation aus der Familiengemeinde fuhr wie ein Bannstrahl durch mein Herz und zündete. Ich fühlte, wie fremd ein Fremder sei in jedem häuslichen Kreise, wo Liebe wohnt, und daß er nur da nicht störe, wo er kein Glück zu stören findet. Kleiner war mein Kummer, daß ich hungerte, und zu der traurigen Scheidung vom Bette auch die Scheidung vom Tische kam. Als endlich der Blitz ausgebrannt hatte, ward ich kalt, erbost, ich dachte höhnisch: Kleider machen Leute, und schlug meinen Mantel zurück, damit die ganze Gesellschaft den eleganten englischen Frack darunter sähe, wie ihn wohl kein Ochsentreiber zu tragen pflegt. Aber ich Unglückseliger [647] hatte vergessen, daß ich in Darmstadt den Frack weggelegt und einen Nachtpelz angezogen hatte, der aus mehreren Katzenfellen ganz elend zusammengesetzt war. Jetzt fühlte ich, daß meine gekränkte Eitelkeit errötete, und ich eilte, das Befestigungstuch in meiner rechten Hand als Maske meiner Verlegenheit zu gebrauchen. Aber mein böser Geist verfolgte mich; mit dem Tuche war noch die Mütze verwickelt, und so machte ich mir, als wolle ich die ganze Post verhöhnen, eine lange baumwollene Nase, deren Spitze die hundertästige Quaste bildete. Jetzt konnte es der Posthalter nicht länger aushalten, das Lachen stand ihm schon an der Unterlippe; er ergriff schnell ein Glas und trank, aber das Weinwasser war zu seicht, er konnte das Lachen nicht ertränken, und es kam lebendig aus dem Glase wieder hervor. Es platzte los; ich glühte.

Da erbarmte sich meiner ein Engel in der höchsten Not, die Tochter des Posthauses. Ihre zwei dunkelblauen italienischen Nachthimmel strahlten die süßesten Sterne auf den Geliebten herab, der an der Seite des Mädchens saß und, zur Gitarre singend, mit fröhlichen und schmachtenden Liedern in das Herz und Auge der seligen Braut einzog. Das seidenumsponnene Köpfchen lag auf seiner Schulter, und ihr Arm war zwischen dem seinigen und, von dem roten Bande der Gitarre umringelt, gar wunderlieblich geflochten. »Wilhelm«, sprach sie, sanft seine Hand und das Spiel hemmend, »so einen Tigerpelz, wie der Herr hat, mußt du dir kommen lassen, der hält wohl warm.« Ich dankte es dem guten Mädchen, das meinem schüchternen Katzenfelle durch Erwähnung seiner vornehmen Verwandten Mut einsprach. Sie frug mich nach dem Ziele meiner Reise, und das Tauwetter ihrer warmen Stimme schmolz das Eis um meinem Herzen. Jetzt folgte Vater und Mutter der freundlichen Führung der Tochter, man lud mich zum [648] Punsche ein, ich rückte den Stuhl näher an den Tisch und pries zum ersten Male die zögernde Fahrt. Eine Stunde schlich diebischleise vorüber. Ich stieg in den Wagen, die Stampf- und Walkmühle kam wieder in den Gang, und ich erwachte erst am Morgen an den steinigen Ufern des Neckars.

In Heidelberg hielten wir uns nicht lange auf; ich hatte nur Zeit, sechs Professoren, den Schloßgarten und die nächsten Umgebungen der Stadt zu besuchen. Es waren liebe alte Freunde meiner Studienjahre. Dort machte der Franzose einer Landsmännin Platz. Ich konnte auf dem ganzen Wege nicht recht klug aus ihm werden; denn ich hatte La police dévoilée par Manuel und die Briefe eines reisenden Franzosen über die geheime Polizei in Wien gelesen und war zu klug daraus geworden. Er war ein großer, starker, zerlumpter Kerl, der sich für einen reisenden Weinkrämer ausgab; aber er hatte seinen Flassan im Kopfe so gut als einer und sprach von der Politik des Duc de Choiseul, als wäre er dessen geheimer Sekretär gewesen. Allerdings war der Kerl verdächtig; denn er war Franzose und erhob die Deutschen über seine eigenen Landsleute. Die ihn zu Heidelberg ablösende Landsmännin wollte eine Gouvernante vorstellen, die nach Lausanne, ihrem Geburtsorte, reiste. Im Postwagen nahm sie ihren Platz und die Passagiere zu gleicher Zeit ein. Hinter dem Schleier, der über das niedliche Spitzenhäubchen herabhing, wetterleuchteten zwei schwüle Augen. Der kleine Mund lächelte bezaubernd, wenn er schwieg und wenn er sprach. Sie warf ein breites Netz aus, dessen Maschen sehr eng waren. Von einem Schreinergesellen, der aus Paris kam, ließ sie sich ein deutsches Zettelchen übersetzen; der Schreiner leimte mühsam, aber stolz und zufrieden die Worte zusammen. Die junge Ehefrau aus Königsberg nahm sie ein, indem sie gegen ihren Gemahl einsilbig war, und [649] diesen gewann sie durch verstohlenes Treten der Fußzehen. Ich selbst betete sie schon aus Dankbarkeit, obzwar im stillen an, da der Strom ihrer Rede mein Tintenfluß war, aus dem ich für den Charakter einer Französin zu einem künftigen Ostern- oder Michaelisromane unaufhörlich schöpfte. Sie setzte ihre feine Aufmerksamkeit sogar fort, wenn wir Passagiere des Nachts schliefen, und sie fragte den Heilbronner Bräutigam im Dunkeln mit der herzlichsten Teilnahme: warum er so stille und zerstreut sei. Unter allen Passagieren war sie gegen mich am artigsten aus keinem andern Grunde, als weil ich grob war. Denn man gewinnt die Weiber nie häufiger, als wenn man sie für Nieten hält. Obige Gouvernante ist für unsere Naturgeschichte von der äußersten Wichtigkeit; denn sie sagte über die Physiologie der Postwägen die frappantesten Dinge. Als wir in der Gegend von Neckergemünd aussteigen mußten, weil es bergan ging, bemerkte sie: wenn auf der See ein Schiff erleichtert werden sollte, würden die Güter über Bord geworfen, nicht aber die Mannschaft wie hier. Sie habe überhaupt die traurige Erfahrung gemacht, daß man auf Postwägen die Ballen höher schätze als die Menschen, und jedes gefühlvolle Passagierherz müsse darüber seufzen. Ein Passagier, er möge noch so schwer sein, brauche für seine Person kein Übergewicht zu bezahlen und zahle überhaupt weniger als tote Ware. Ihr Platz nach Stuttgart koste ihr kaum sechs Gulden, und sie wiege doch 100 Pfund brutto, die Fracht für einen Zentner Seidenzeuge aber betrüge mehr als das Doppelte. Dieser Tarif beleidige die Würde der menschlichen Natur auf das gröblichste. Auf den Stationen würden beim Auf- und Abladen des Wagens die Pakete mit der ängstlichsten Sorgfalt nachgezählt und nicht eher weitergefahren, bis man sich versichert, daß keines fehle. Um die Passagiere aber bekümmere man sich nicht, [650] und sobald der Kondukteur sich satt getrunken habe, fahre man fort, mag zurückgeblieben sein, wer da wolle ... Jetzt konnte es der Kondukteur in concreto, der hinter ihr herging, nicht länger aushalten. Er ward giftig und sagte (als Rheinländer und rezidiver Patriot): ja, ci-devant, werde Mademoiselle mit 4 Einquartierungspferden dans une voiture générale bequemer gefahren sein, das habe sich aber jetzt geändert. Er wollte sagen: in einem Generalswagen. Die Französin verstand ihn aber nicht und fuhr in der Weise des Boileau fort. Ja, zu Heilbronn im Falken machte sie es ärger und hielt an der Wirtstafel öffentliche satirische Vorlesungen über unsere vaterländischen Postwägen. Sie frug, warum so ein lourd animal »diligence« hieße und nicht, was richtiger wäre, paresse oder négligence. Man solle ihr Kamillentee machen, sie sei von dem starken Schaukeln ganz seekrank geworden, und es wäre ihr jämmerlich um das Herz. Ob es hierzulande nicht bekannt wäre, daß man, wenn die See hoch ginge, die steilen Wogen durch ausgegossenes Öl breche und hierdurch dem Schiffe einen sanften Weg bahnte; warum man Achsen, Federn und sonstiges Eisenwerk des Postwagens durch einiges Öl nicht ebenfalls geschmeidiger zu machen suche. Die langsame Fahrt des Postwagens habe ihr schon einmal ein großes Glück vereitelt. Sie sei nämlich unter sehr vorteilhaften Bedingungen von Stralsund nach der Gegend von Halberstadt berufen worden, um bei der Tochter einer Landedelfrau Erzieherin zu werden. Einen Tag nach Empfange der Einladung wäre sie auch schon im Postwagen gesessen. Als sie aber an Ort und Stelle gekommen, habe sie ihren Zögling als Gattin gefunden. Während ihrer Schneckenfahrt hätte sich das Fräulein in einen jungen Husarenoffizier verliebt und denselben nach langem Widerstande der Eltern endlich geheiratet. Mit Not hätte sie ihre Reisekosten wieder erstattet bekommen ... [651] Einen reisenden Flötisten an der Wirtstafel fragte sie, ob er niemals auf die vielen Instrumente achtgehabt, die alle der Postwagen spiele? Sie habe sich erstaunt über die mannigfaltigen Laute, die er bald gleichzeitig, bald abwechselnd während des Fahrens von sich gebe. Er ächze, seufze, stöhne, klappere, grunze, schnurre, rassele, zische, maue, belle, knurre, schnattere, quäke, brumme, klimpere, pfeife, murmele, schluchze, singe, klage und schmolle. (Die muntere Französin machte alle die hergezählten Laute mit Zunge und Lippen akustisch nach, welches artig genug war.) Alle Klagetöne des Jeremias gäbe er von sich. Sie habe im Sächsischen vierundzwanzig solcher Jammertonarten gezählt und auch durch fleißiges Nachforschen jedesmal deren Entstehung entdeckt. Bald klimperte das Wagenfenster in seiner Fuge, bald rasselte die Kette des Hemmschuhes, bald ächzte der lederne Sitz unter dem grausamen Drucke seiner sechs Tyrannen. Nur ein einziges Mal habe sie einen gewissen Tongrund unergründlich gefunden, durch Beharrlichkeit aber ihn doch endlich entdeckt. Das ohrenzerreißende Klappern sei von zwei sechspfündigen Vorhängeschlössern entstanden, welche die Pakete in dem Sitzkasten des Postwagens ängstlicher schützten, als nötig war. Dieses mörderische Geklapper sei ihr so lästig gefallen, daß sie auf der nächsten Station, nachdem die übrigen Passagiere ausgestiegen waren, vermittelst eines Fadens die Schlösser geschickt befestigt habe, damit sie sich nicht mehr rühren können. Über diese Arbeit habe sie der Kondukteur ertappt und sie als Postdiebin angeklagt. Der Amtmann, dem sie vorgeführt, hätte sie eine Cartouche, eine Schinderjohanna genannt; denn, habe er gesagt, er wisse recht gut, wie es die Spitzbuben machten, und daß sie vermittelst eines Zwirnsfadens die festesten Vorhängeschlösser öffnen können. Sie sei damals in [652] große Not gekommen, und nur mit Mühe wäre es ihr gelungen, durch Vorzeigen vielen Geldes, und indem sie, den reichsten und mächtigsten Fürsten gleich, vor einem gefallenen Napoleon sich zu bücken verschmähte und kaum hinabsah, den Richter von ihrem Überflusse und ihrer Unschuld zu überzeugen. Während der Untersuchung sei der Postwagen abgefahren und habe einen Vorsprung von zwei Stunden genommen, weswegen sie genötigt gewesen, mit Extrapost nachzueilen, und ob sie zwar schon nach einer halben Stunde den Wagen wiedereingeholt und die Extrapost zurückgeschickt habe, hätte sie doch die ganze Station zahlen müssen.

Nur Bosheit kann es für Bosheit erklären, daß die Französin auf gemeldete Weise länger als zwei Stunden ironisch war. Hatte sie nicht mit der Zeit dazu (die Zögerung des Postwagens verschaffte sie) zugleich das Recht dazu erlangt? Was sie über verwandte deutsche Angelegenheiten pythisch sprach (der Glühweinnapf gab die delphischen Dünste), verschweige ich mehr unwillig als freiwillig. Ich half ihr mit größerer Hochachtung und weniger Geschicklichkeit in den Wagen, als ich ihr neun Viertelstunden früher heraus geholfen hatte. Der Bräutigam blieb zu Heilbronn zurück, aber sein Herz machte als blinder Passagier noch die ganze Nachtreise mit. Er hatte bald in den Gesichtszügen der schönen Französin mehr Unähnlichkeit als Ähnlichkeit mit seiner Braut gefunden, und seine Blicke sangen unter vollständiger Seufzerbegleitung die rührendsten Liebeslieder. Deutsche Mädchen könnten die Treue ihrer Liebhaber auf keine bessere Probe stellen, als wenn sie sie eine funfzig Meilen weite Reise auf einem vaterländischen Postwagen machen und sie nach der Rückkunft schwören ließen, daß auf dieser Ulyssesfahrt nie eine Circe ihr Heimweh gemildert habe. Wenn sie nicht falsch schwören, dürfen sich die guten Mädchen wenigstens auf 52 Flitterwochen Hoffnung machen.

[653] Eine Stunde hinter Heilbronn, um Mitternacht, hielt der Wagen auf freiem Felde still. Die Türe wurde hastig aufgerissen, und eine fürchterliche Gestalt in langem Barte und Schwert an der Seite drohte einzusteigen. Der Neuvermählte schrie: »Herr Jesus!« Seine Frau wollte schnell ihre Ohrringe abziehen und kneipte mir mit den Worten: »Da, lieber Herr!« so fürchterlich ins Ohr, daß ich später mein zaghaftes Schreckgeschrei verschönernd in einen Schmerzesruf verwandeln konnte; die Französin sagte gelassen: »Hätten wir nur eine Laterne« (sie hoffte, der Räuber würde sie schonen, sobald er sie sähe); der Schreinergesell blieb ruhig. Wir wurden es auch alle wieder, da der Kondukteur erklärte, der Herr wolle ein wenig einsteigen, weil es schneie. Der Fußgänger, der, wie sich später ergab, um sich abzuhärten, gern in Winternächten reiste, nahm den Bräutigamsplatz an der Seite der Französin ein. Er verriet bald durch Worte und Taten, daß er sich vor kurzem aus einer Turnpflanzschule gerissen (einige Erde hing ihm noch an der Wurzel), und daß er sich nach Ludwigsburg zu versetzen gedenke, um dort Ableger zu machen. Als die Französin ihre Sprache, die sie keineswegs verloren, sondern nur versteckt hatte, wieder herbeigeholt, ließ der Turnsetzling das Wagenfenster nieder und sagte, er müsse Luft schöpfen. Es werde ihm immer engbrüstig, sobald er die Sprache des Erbfeindes höre. In seiner baldigen Erziehungsanstalt werde er, zum Nutzen seiner Zöglinge, die das Französische unglücklicherweise früher kennen gelernt als ihn, eine falsche französische Grammatik und ein desgleichen Wörterbuch drucken lassen, damit sie es daraus wieder verlernten. Auch dürften sie nie eine Halsbinde tragen. Er kenne nichts, was die Stabilität der Zwingherrschaft stärker schütze als jene beiden Dinge. Der verderbliche Einfluß der französischen Sprache sei jedermann hinlänglich bekannt; der der Halsbinden [654] aber weniger. Eine Halsbinde bilde eine unübersteigliche Mauer zwischen Kopf und Herz, weswegen beide nie zusammenkommen könnten. Darum wären auch die Soldatenhälse am engsten zugeschnürt. Die Weiber, welche keine tragen, dächten gefühlvoller und fühlten verständiger; sie hätten stets Liebe im Kopfe und liebten nie ohne vernünftigen Zweck. Die freien Griechen hätten nie Halsbinden getragen 1.

Die Französin erfuhr früher aus den Handlungen als aus den Reden des Turners (sie verstand das Deutsche wenig), daß er die Höflichkeit zu den Lastern des Erbfeindes zähle. Wir männlichen Passagiere alle hatten uns aus Rücksicht ihrer auf der ganzen Reise des Rauchens enthalten. Als ich mir hinter Heidelberg die erste Pfeife gestopft, wußte sie (noch hatte der Zunder im Kopfe nicht gezündet) ein vorläufiges Husten geschickt nachzumachen und sagte, der Rauch mache ihr Reiz. »Sie haben dann einen Reiz mehr«, hatte ich ihr artig erwidert. Sie faßte dankend den Sinn, ohne die Worte zu verstehen, wie man bemerken kann, daß selbst ein zweijähriges lallendes Mädchen lächelt, wenn man ihm etwas Schönes sagt. Aber es half mich nichts. Sie sagte, als Französin sei ihr Vaterland überall, und wie ich wissen werde, sei das Rauchen aus ländischen Tabaks in Frankreich verboten. Ich mußte nachgeben. Aber der Turner bekümmerte sich nicht darum und dampfte. In Besigheim auf der Station führte die Französin Klage beim Posthalter und berief sich auf ihren Heidelberger Postzettel, worin es heißt: »Das Rauchen ist untersagt.« Der Turner [655] zeigte einen Stuttgarter Postzettel vor, der ihm vor wenigen Tagen nach Heidelberg ausgefertigt worden und worin es Art. 15 heißt, das Rauchen aus wohlverschlossenen Pfeifen sei erlaubt; nun aber könne nicht geleugnet werden, daß es ganz der nämliche Weg sei, der von Heidelberg nach Stuttgart und von Stuttgart nach Heidelberg führe. Der Posthalter wagte weder das badensche noch das württemberger Landrecht zu beleidigen und enthielt sich der Entscheidung. Ich aber hatte einen glücklichen Gedanken. Ich trat ernst vor den Turner hin und sprach: »Wandersmann, die alten Deutschen haben nie geraucht!« Da warf er heftig die Pfeife zur Erde, umarmte mich, drückte mich an seine Brust und sprach: »O Bruder!« Darauf holte er aus dem Wagen einen Aschenkrug, der auf dem Leichenfelde der zweiundzwanzigsten Legion in der Nähe von Mainz ausgegraben worden war. Daraus schenkte er mir Met in ein Horn ein und trank mir zu. Wir ließen die freundschaftstiftenden Poststationen hochleben. Kurz vor dem Einsteigen sagte ich dem Teutonen: »Bruder, du bist ein Narr! Dir es mündlich zu beweisen, ist jetzt die Zeit zu kurz. Ich will es aber schriftlich in meiner Monographie der deutschen Postschnecke dartun.« Er wolle sich gedulden, sagte er. Darauf fuhren wir weiter.

In Ludwigsburg frug ich den Kondukteur, warum der schwerbeladene, nur mit zwei Pferden bespannte Beiwagen dem mit vieren bespannten Postwagen hart vorführe, wodurch der Lauf des letzteren notwendig gehemmt werden müßte? Er antwortete, dieses sei notwendig, die Hochfürstlich Thurn-und-Taxischen fahrenden Postpferde hätten zuviel Feuer und würden, um den Peitschenhieben auszuweichen, zu arg rennen, wenn man ihnen nicht, gleich den Soldaten beim Spitzrutenlaufen, ein gelassenes Hindernis vorangehen ließe. »Dieses erfahre ich noch zur rechten Zeit«, bemerkte ich. »Ich hatte [656] geglaubt, die Pferde gingen vorsätzlich aus unverzeihlicher Trägheit so langsam, und ich wollte in meiner wahrscheinlichen Satire über die vaterländischen Postwägen den Rat erteilen, man solle den Gäulen vor dem Anspannen einige Originalfläschchen von den so beliebten als magenstärkenden Diabolini, mit welchen der Konditor Schnell in Frankfurt bestens versehen ist, verschlucken lassen, damit sie den Teufel in den Leib bekämen und toll fortrennten, um eher zum Stalle in den Kreis der ihrigen zurückzukehren. Jetzt aber sind sie überflüssig, der Teufel und der Rat.« »Allerdings sind sie das«, er widerte der verständige Kondukteur. »Sie glauben nicht«, fuhr er fort, »welche große Mühe eine hohe Viehpolizei hat, das Feuer der raschen Tiere zu mäßigen, und wie wehe es ihr selbst tut, den Mißbrauch der tierischen Freiheit nicht anders verhüten zu können als durch das Verbot ihres vernünftigen Gebrauches. (Hier sah ich den Wagen- und Passagieraufseher mit dummen Augen an und zog meine Fühlhörner vorsichtig in mein Schneckenhaus zurück.) Der nicht bloß mit Habe und Gut der einzelnen, sondern auch mit steuerpflichtigen Bürgern und Staatsgeldern reich beladene Postwagen würde in Trümmer gehen, wenn man den vorgespannten Pferden freien Lauf ließe. Nur durch die schwerfälligsten Postwagen sei dieser zu hemmen, weswegen auch jeder Wagen, sobald er durch einigen Gebrauch abgeschliffener, geschmeidiger und leichter geworden wäre, sogleich ab- und dafür neue alte angeschafft würden, wie Sie sich am nächsten 8. Dezember in Frankfurt überzeugen können, wo die Fürstlich Thurn-und-Taxische Hauptexpedition fahrender Posten im Rahmhofe zwei für den Dienst nicht mehr verwendbare Diligencen öffentlich an den Meistbietenden, mit Vorbehalt höherer Ratifikation einer hochpreislichen Generalpostdirekton, würde versteigern lassen. Jenen [657] beiden Diligencen fehlt es aber an nichts als an Gewicht.«

In Ludwigsburg räumte der altdeutsche Nachzügler und Spätturner seinen Platz Nr. 6 einem Manne ein, der sehr niedergeschlagen schien und in der hohen Postwagenversammlung nur Sitz und keine Stimme nahm. Erst eine Stunde später munterte ihn die Präsidialstimme (die der Französin) zum Reden und Klagen auf. Er sei ein Hutmachermeister, erzählte er, und in Ludwigsburg wohnhaft. Vor einigen Monaten sei er von der Wanderschaft zurückgekommen und habe bald darauf eine Frau und das Meisterrecht genommen. Sein Schwiegervater, ein Weinwirt, habe ein glänzendes Hochzeitfest gegeben und die feinsten, gebildetsten Honoratioren als starke Hutkonsumenten dazu eingeladen. Die Gäste, als sie spät am Morgen weggegangen, hätten ihren Dank nur stammeln können, so voll sei ihnen Kopf und Herz gewesen. Zwei Tage später sei ihm dieser und jener der Hochzeitgäste auf der Straße in den Weg gekommen, und da habe er mit mehr Verdruß als Erstaunen bemerkt, daß ihn keiner bald mehr habe kennen wollen. Es hätte niemand den Hut vor ihm abgezogen, und höchstens habe man mit einer leichten Handbewegung seinen Gruß erwidert. Darüber sei er nun in keine große Verwunderung geraten; denn auf seiner Wanderung habe er die vornehme Welt hinlänglich kennen gelernt und erfahren, daß, wenn sie es auch nicht immer verschmäht, sich mit den Geringern gemeinschaftlich zu vergnügen, der Schlamm ihrer Gesinnung doch jedes mal wieder zum Vorschein komme, sobald die Weinüberschwemmung abgelaufen sei. Er für seine Person habe im Herzen die Hochmütigen verlacht und, seines Gewerbes eingedenk, die Höflichkeit gegen sie verdoppelt, indem er seinen Hut als sein ambulantes Warenschild und Muster stark vor ihnen geschwenkt. Eines Tages, da er diesen vor [658] einem Gerichtsassessor, der auch bei seiner Hochzeit gewesen, besonders tief geneigt, sei jener zu ihm getreten und habe erzürnt gesprochen: »Wie können Sie sich unterstehen, den Hut vor mir abzuziehen? Sie sind ein Flegel, wissen Sie das?« Er, Hutmachermeister, habe dem Erzürnten kalt und unbeweglich wie ein Schneemann nachgesehen und einer ganzen Viertelstunde bedurft, um von den Straßensteinen wieder loszufrieren. Selbst seine Frau, die den Assessor als einen sonst lieben Menschen gekannt, da er in ihrer elterlichen Weinstube oft gesessen, habe gesagt, sie könne nicht klug daraus werden. Aber noch am nämlichen Tage habe sich das Rätsel gelöst. Die Hutmachergeschwornen hatten auf den Abend sämtliche Meister zusammenberufen lassen und ihnen vorgestellt, daß dem Handwerke große Gefahr drohe. Die gebildetsten Stände der Stadt hätten sich nämlich vereinigt, gemeinschaftlich grob zu sein, den Hut nicht mehr vor einander abzuziehen, sondern sich beim Begegnen bloß starr anzusehen. Was in dieser Not zu tun sei? Aber keiner habe Rat gewußt. Wie nun seitdem das Nichthutabnehmen täglich zunehme, nehme der Hutverbrauch täglich ab, und sechs brot- und hoffnungslose Meister hätten sich vorgenommen, nach Rußland auszuwandern. Er, Passagier, reise nach Stuttgart, um sich einen Paß zu holen.

Die Französin hörte dieser Erzählung um so aufmerksamer zu, je weniger sie der ihr fremden Sprache wegen davon verstand. Ich aber schämte mich der Albernheiten meiner Landsleute und hütete mich, den Dolmetscher zu machen. Ich log ihr eine unglückliche Liebe vor und lockte dem guten Mädchen eine Träne in die Augen. Den Hutmachermeister aber tröstete ich. »Beruhigen Sie sich, lieber Freund«, sagte ich, »unsere deutschen Landsleute sind glücklicherweise keine chronische Narren, sondern nur akute; das Hutfieber wird bald vorübergehen. Kehren [659] Sie nach Hause zurück, doch wollen Sie sich von Ihrem Auswanderungsvorhaben nicht abbringen lassen, so eilen Sie sich wenigstens nicht, indem Sie zu Fuße aus Deutschland wandern, sondern fahren Sie lieber im Postwagen, und ehe Sie die deutsche Grenze übertreten, wird sich die Gesinnung der groben Gesellschaft gebessert haben.« Meine Zusprache blieb nicht ohne Erfolg, und als ich den Hutmachermeister aufmerksam machte, wie sehr durch das Rütteln des Postwagens die Hüte gequetscht und abgenützt würden, man habe sie nun auf dem Kopfe, auf dem Schoße oder oben im Netze, so erheiterte sich sein Gesicht, und er sagte, er bemerke dieses mit Vergnügen, und die Beulen, welche die Hüte von den Schlägen des Wagens empfingen, wären wahre Pestbeulen für sie, woran sie sterben müßten. Als ich ihn fragte, ob es für einen Hochfürstlich Thurn-und-Taxischen fahrenden Postpassagier kein Mittel gebe, seinen Hut unbeschädigt zu erhalten, riet mir der Schelm, ich solle ihn auf den Boden des Wagens stellen und abwechselnd den rechten und linken Fuß hineinsetzen, wodurch nicht allein der Hut unerschütterlich, sondern auch der Fuß warm gehalten würde, für welche Wärme die wenigen Strohhalme nicht genug sorgten.

In Stuttgart zerbrach ich den ironischen Mantel, zog die Glocke in die Höhe und ließ sie frei ihre Jammertöne über vaterländische Postwägen in der Trinkstube ausbrummen. »Herr Major«, sagte ich, »hätte ich einen Säbel wie Sie, meine ästhetischen Flüche gehörig zu unterstützen, hol' mich der Teufel, ich haute ein, und es gäbe blutige Köpfe. Ist der Passagier ein Narr jedes Postmeisters, Kondukteurs und Postillions, und muß er liegen bleiben, sooft es diesen Herren gefällt, Wein zu trinken oder auszuschenken? Kommt man in ein Nest und trägt nicht Lust, im Postwagen zu warten und zu frieren, umdreht der Eigentümer des Ofens unsern schlotternden [660] Leib wie die Katze den Brei, und tausend Fragezeichen im Gesichte zweifeln, was man befehle? Muß ein armer Passagier leben wie die große Welt in Paris und um Mitternacht Koteletts essen? In Zeit von 46 Stunden, worunter 14 nächtliche, habe ich 12 Schoppen Wein getrunken und noch einige mehr bezahlt für den Kondukteur. Wie weit ist es, Herr Major, von Frankfurt nach Stuttgart? Also kaum 40 Stunden! und auf diesem kurzen Wege haben wir 15 Stunden Rast gehalten 2. Ich bin von Straßburg nach Paris, und von Paris nach Metz auf der Diligence gereist und hatte kein Sohlleder unter mir, sondern gute Verviers-Mitteltücher, und auf [661] diesen beiden Reisen zusammen hat sich der Wagen nicht 10 Stunden aufgehalten. Ist das nicht zum Tollwerden, nämlich das erstere? Ist es nicht Schimpf und Schande, daß das Zusammentreffen der Postwägen auf den Kreuzwegen so schlecht eingerichtet ist, daß ich – ich erzähle es Ihnen jetzt schon, Herr Major, ob es mir zwar erst acht Tage später auf meiner Rückreise begegnen wird – daß ich in Bruchsal 24 Stunden liegen bleiben und auf den Straßburger Wagen warten mußte, bis ich weiter konnte nach Frankfurt? Warum gibt man den Reisenden nicht wenigstens Wartegeld, gleich den quieszierenden Staatsdienern, bis sie einen Platz und ihr Fortkommen finden? Wer verstattet mir meine Auslagen für zwei Lagen Postpapier, die ich in Bruchsal zu dieser Monographie verwendete, und, Herr Major – ich benutze diese Gelegenheit, mich zu unterrichten –, warum nennt man feines Papier so uneigentlich Postpapier? Ich weiß nicht, ob Sie die Abendzeitung lesen, Herr Major? dort erzählt Herr Mühlen in Nr. 33 dieses Jahrgangs die Anekdote von einem Sonderling, der viel gereist sei. Auf diesen Reisen (wird erzählt), die er stets mit Extrapost machte, verursachte ihm aber nichts so viel Ärger als die Postmeister, Posthalter und Postillione, und wenn er auf diese zu sprechen kam, so war er unerschöpflich in Sarkasmen und Schilderungen ihrer Roheit, Habgier und der Langsamkeit auf den Stationen und im Fahren. Dieser Antagonismus sprach sich auch in seinem letzten Willen aus. In seinem Testament hatte er nachstehendes verordnet. Nachdem er diejenigen namentlich aufgeführt, welche seine Leiche zur Ruhestätte begleiten sollten, hieß es: ›Ich verlange ausdrücklich, daß die vorgenannten Personen in mit Extrapostpferden bespannten Wagen meiner Leiche folgen sollen, und sind die diesfälligen Kosten aus den zu meinem Begräbnis ausgesetzten Summen zu bestreiten; denn da es [662] der Anstand erheischt, daß ein Leichenzug feierlich undlangsam vor sich gehen muß, so werden die Postillione das letztere unfehlbar am besten ausrichten.‹ Hätten Sie, wie ich, die Abendzeitung gelesen, Herr Major, wären Sie nicht auch auf meinen nachfolgenden Gedanken gefallen? Man sollte nicht die Leidtragenden, sondern die Leichen selbst auf Hochfürstlich Thurn-und-Taxischen fahrenden Postwägen zum Begräbnisse führen, damit sie Zeit gewönnen, aus dem Scheintode zu erwachen, da, wenn in der Asche des Lebens nur noch ein Fünkchen glimmt, das Rütteln des Wagens es zur Flamme anfachen müsse. Wäre dieses nicht eine sehr gute ambulante Totenschau?«

Nachdem ich mich auf diese Weise schlau zu revolutionären Äußerungen verleitet hatte, ging ich eiligst auf mein Zimmer, um alles, was ich von mir gehört, wie folgt zu berichten.

»Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor!

Es war zum Glücke der Welt, daß ich nicht von Darmstadt sogleich wieder umgekehrt bin, sie wäre selbst umgekehrt worden, die Welt, wenn ich es getan hätte. Ich habe die Wurzel der Verschwörung entdeckt und halte sämtliche Verschwornen, ihre Namen nämlich, in meinen Händen. Schon wollte ich mich außer acht lassen, da ich seit jener Turnübung, wovon ich Ihnen früher berichtet, sonst keine verdächtigen Gesinnungen geäußert hatte, da habe ich mich noch zu rechter Zeit ertappt und die Überzeugung erhalten, daß ich nicht allein des Verdachtes verdächtig, sondern höchst wahrscheinlich wirklich verdächtig bin. Zu Heilbronn im Falken belauschte ich ein Gespräch, das ich mit dem Oberkellner geführt, und das ich stellenweise hierhersetzen will. Ich: Welche Zeit ist es?Kellner: Ich habe die Uhr nicht schlagen hören. Ich: Wo ist Ihr Herr? Kellner: Er sitzt dort am Tische [663] und trinkt roten Wein. Ich: Wo ist der Hausknecht? Kellner: Er liegt im Stalle und schläft. Ich: Wo kauft man Apfelsinen? Kellner: Bei Wolf auf dem Reismarkt.Ich: Bringen Sie mir Karbonaden! Kellner: Die letzte Kohle ist ausgelöscht. Ich: So bringen Sie mir eine Hammelskeule ... Der Herr, der Blut trinkt – der schlafende Knecht – der reißende Wolf in den Apenninen – die ausgelöschte Kohle – der Keil – Karbonari ... Das war der eigentliche Sinn jener Unterredung, die kleinen heuchlerischen Abänderungen an den Worten konnten mich natürlich nicht irremachen. Die Vermutung meiner karbonarischen Umtriebe bestätigte sich in der Folge noch mehr. Ein Vertrauter, von dem ich mich in Stuttgart hatte beobachten lassen, berichtete mir, der Postwagenkondukteur habe irgendwo erzählt, er hätte mich gefragt wo ich in Stuttgart einkehren wolle, und mir das Waldhorn empfohlen, worauf ich aber mit Hastigkeit erwiderte: ›Nein, nein, ich logiere jedesmal im Römischen Kaiser und werde auch dieses Mal dort logieren, ich lasse nicht vom Römischen Kaiser.‹ Sie werden, Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor, von selbst daraus entnehmen, daß ich meine Anhänglichkeit an die alte deutsche Reichsverfassung und das ehemalige Reichsoberhaupt hinlänglich an den Tag gelegt und den verbrecherischen Wunsch, die Einheit Deutschlands wiederhergestellt zu sehen, offenbart habe. Weiter wurde mir berichtet, ich hätte bei Tische mit einem Franzosen sehr eifrig von jambon de Mayence gesprochen und wäre leichtsinnig genug gewesen, zu glauben, es werde keiner merken, daß ich den ehemaligen Mainzer PräfektenJean Bon St.-André im Sinne führe. Höchst wahrscheinlich ist dieser Napoleonische Präfekt nicht gestorben, wie er vor einigen Jahren auszubreiten gesucht, sondern präfektiert in Mainz heimlich fort.

Da ich auf diese Weise die Wurzel der Verschwörung [664] entdeckt hatte, ging ich ihrem Stamme und ihren Zweigen nach und war so glücklich, die wichtigsten Entdeckungen zu machen. Die alta vendita der deutschen Karbonari ist in Ludwigsburg, und bereits hat sie zu Tübingen, Stuttgart, Frankfurt und Offenbach Töchterlogen errichtet. Statt der ausgelöschten Kohle haben sie, wegen Gleichheit der Farbe, den Hut zum Sinnbilde genommen, und sie nennen sich Brüder vom standhaften Hute. Ihr geheimer Zweck ist: Gleichheit, Liebe, Höflichkeit; öffentlich aber sind sie grob und stellen sich fremd gegeneinander, um sich nicht zu verraten. Ihr Grundsatz ist, die Welt sei nicht wegen der Hutmacher auf der Welt, worunter sie sinnbildlich verstehen, die Völker seien nicht wegen der Regierungen geschaffen; denn da der Kopf den Menschen beherrscht, so sind die Hüte die Residenzen und Hauptstädte der Menschheit. Sie grüßen sich nicht durch Hutabziehen, sondern auf militärische Art, durch Winken mit der Hand. Über die Gefahr einer solchen Verbindung stimmen Sie gewiß mit mir ein, Herr geheimer Ober-Tugend-Direktor. Durch das Aufbehalten der Hüte werden die Köpfe warm gemacht, und welches Unglück erhitzte Köpfe über die Welt verbreiten, haben wir genug erfahren. Die soldatische Begrüßungsweise ist nichts als eine versteckte Waffenübung, und es ist klar bewiesen, daß die Brüder vom standhaften Hute eine heimliche Landwehr bilden. Es ist dringend, diesen karbonarischen Umtrieben Einhalt zu tun. Nur allein durch die Mobilität der Hüte kann in Deutschland die Stabilität der Köpfe erhalten werden.

Ich muß eiligst den Bericht schließen; denn man meldet mir soeben, daß ich ausgehen werde, und ich muß mir nachfolgen, meine verdächtigen Schritte ferner zu beobachten.

Der Ihrige.


[665] Nachschrift. Da ich bemerkt habe, daß ich beim Trinken gern plaudere, so habe ich mir auf meine Kosten mehrere Male Wein vorsetzen lassen und bin so frei, die Rechnung der gemachten Auslagen Ihnen beifolgend zu überschicken.«

Auf meiner Rückreise von Stuttgart nach Frankfurt fuhr der Wagen mit lobenswerter Schnelligkeit. Schon wollte ich meinen satirischen Feldzug wieder einstellen, diesen gerechteren Krieg als die üblichen; denn er sollte die Feinde dafür bestrafen, daß sie mit der Zeitnicht fortgingen. Aber unglücklicherweise wurden zu Bruchsal die versäumten Versäumnisse nachgeholt. Ich mußte 24 Stunden dort liegen bleiben. Da ließ ich mein Kriegsmanifest ergehen und rückte vor. Dem Turner aber schrieb ich in der Eile folgende Zeilen nach Ludwigsburg.


Trübsal, den 9. Nov. 1820

»Bruderherz!

In Besigheim versprach ich, Dir ein anders Mal zu beweisen, daß Du ein Narr bist, aber Du mußt Dich gedulden; denn ich bin gegenwärtig sehr beschäftigt, da mein Vortrupp noch in dieser Stunde ins Taxische einrückt. Nur so viel sei Dir gesagt: Du bist kein Hofnarr, aber ein Volksnarr, und das ist schlimmer; denn das heißt: aller Leute Narr.

Der Ort, wo ich mein schreibendes Hauptquartier aufgeschlagen habe, heißt Bruchsal, aber mir ist er ein Trübsal und Scheusal. Wenn die Verzweiflung Witz gibt oder nimmt, so werde ich hier ein Voltaire oder eine Kretine. Ich möchte aus der Haut fahren, wäre nur eine Öffnung groß genug, mich durchzulassen, da ich ganz geschwollen bin vor Wut. So einen geschlagenen Hund, wie ich, gab es noch nicht. Nur zwei Wünsche habe ich jetzt. Erstens wünsche ich, daß zehentausend Millionen [666] Donnerwetter in das verfluchte Nest schlügen, und zweitens wünsche ich das nämliche noch einmal. Ich gehe zu streiten für die gute Sache. Falle ich, so lasse Deine Jungen jedes Jahr an meinem Sterbetage einen Burzelbaum über meinen Grabeshügel schlagen. Lebe wohl, Bruderherz!«


Notizen
Entstanden 1821.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Börne, Ludwig. Monographie der deutschen Postschnecke. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3CAE-F