35.

Sollen namenlos uns länger
Tag' um Tage so verstreichen?
Kommt, verliebte Müßiggänger,
Trinker, kommt, die Stunden schleichen:
Sammelt rings euch um den Sänger,
Daß er sei bei seinesgleichen!
Was Vernünft'ge hoch verehren,
Taugte Jedem, der's verstünde;
Doch zu schwer sind ihre Lehren,
Zu verborgen ihre Gründe:
Sie, die von der Tugend zehren,
Ließen übrig uns die Sünde.
Was wir fühlen, was wir denken,
Halten drum wir im Geheimen,
Denn wer möcht ein Korn versenken,
Wenn's noch nicht vermag zu keimen?
Laßt indes uns in den Schenken
Liebliche Gedichte reimen!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Platen, August von. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1834). Romanzen und Jugendlieder. 35. [Sollen namenlos uns länger]. 35. [Sollen namenlos uns länger]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-792D-2