99.

Gern bringt man die zersetzende Kraft der Leiche mit der reinigenden des Wassers in Verbindung. Warzen, Ausschlag, Geschwüre, kranke Augen bestreicht man mit dem Morgentau von Leichensteinen. – Warzen wäscht man auf einem Leichensteine und spricht:


Doden, Doden in dat Graff,
nimm mi mine Waarten aff. –

Wenn es regnet, gehe man drei Abende hinter einander auf den Kirchhof und benetze die Warzen mit dem Wasser, das sich auf einem Leichensteine gesammelt hat. Auf dem Wege hin und zurück muß man schweigen. Nach drei Wochen sind die Warzen verschwunden (Delmenh.). – Man wäscht die Warzen mit fließendem Wasser in demselben Augenblicke, in welchem eine Leiche über dasselbe gefahren wird (Lastrup). – Während zur Beerdigung geläutet wird, oder während der Zug um die Kirche geht – beides pflegt zusammen zu treffen – wäscht man die Warzen mit »striekend (fließendem) Wasser« und spricht dazu einen der folgenden Sprüche:


»Sett man de Liken in dat Graff,
wask ick mi mine Waarten aff.«
[90]
»Se leggt den Doden in dat Graff,
ick wask mi all de Waarten aff.«
»Se bringt de Liken woll in dat Graff,
nu wask ick mi de Waarten aff.«
»Se lüdet den Doden int Graff,
ick wask mine Waarten aff. (Rastede).«

In Butjadingen heißt es: Wenn zur Beerdigung die Glocken anfangen zu läuten, soll man sich an ein Grabenufer setzen, dreimal die mit Warzen bedeckten Hände mit Wasser begießen und dabei sagen: Es walte Gott der Vater, Sohn und h. Geist. Nach einiger Zeit verschwinden die Warzen. Anderswo sagt man wieder:


Se lüdt den Doden in dat Graf,
Ik waske mine Hand in striekend Water af.

(Schweiburg).


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 99. [Gern bringt man die zersetzende Kraft der Leiche mit der reinigenden]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2590-3