Bedenken

Selber liebe ich den Sport,
Doch die Frage quält mich immer:
Ist er passend, schickt er sich
Für ein junges Frauenzimmer?
Früher war es allgemein
Und mit Heftigkeit bestritten;
Man verlangte sehr bestimmt
Züchtigkeit und milde Sitten.
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Erstens war man überzeugt,
Daß es selten Gutes brächte,
Wenn ein Mädchen viel verkehrt
Mit dem anderen Geschlechte.
Außerdem und nebenbei
Ist es ja dem Sporte eigen,
In des Spieles wilder Lust
Manches unverhüllt zu zeigen.
Es verschiebt sich oft ein Rock,
Oder fliegt vom Wind gehoben,
Und man sieht das Wadenbein
Weiter unten oder oben.
Und ein Jüngling, der es sieht,
Faßt verwerfliche Gedanken;
Ja, er übersteigt sofort
Innerlich der Sitte Schranken.
Sei es, daß es ihm gelingt,
Oder nicht, man soll bedenken:
Besser ist es, nicht den Blick
Und den Wunsch darauf zu lenken.
Andrerseits ist wiederum
Dieses eine zu bemerken:
Daß die Mädchen durch den Sport
Ihre Wadenbeine stärken.
Freilich blieb' es außer Acht,
Gält es nur, der Lust zu frönen,
Doch die Rassenbildung will,
Daß wir uns damit versöhnen!
Und ich sage ohne Scheu,
Müßt' ich selber mich vermählen,
Würd' ich pflanzungsvorbedacht
Eine gut Gebeinte wählen.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Bedenken. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-51E4-6