1300. An Marie Hesse

1300. An Marie Hesse


Mechtshausen 24. Mai 1901.


Liebe Frau Heße!

Ich danke Ihnen für Ihren Brief, woraus ich zu meiner Freude ersehe, daß es Ihnen recht gut geht.

[174] Was mich betrifft, so hab ich es schon längst für paßend gefunden, seitab von der "großen Welt" zu wohnen. Nur schwach aus der Ferne hör ich das Knarren und Sausen des Räderwerks.

Der Frühling ist mal wieder in ganzer Fülle erschienen, und da ist denn der geräumige Garten kein übler Platz, um als betagter Mensch drin zu wandeln und das neue Wachsen und Werden mit aller Aufmerksamkeit zu betrachten. Die Kirschen- und Birnenblüthen sind schon verweht, aber die Äpfelbäume stehen noch da in ihrem röthlichen Schmuck. Der nahe Buchenwald wird auch mitunter besucht. Der Roggen steht in Ähren, und über das wogende Feld hinweg seh ich die blauen Vorberge des Harzes. Übrigens:

Der ewige Sonnenschein wird allnachgerade bedenklich. Für den nützlichen Gemüsegarten wäre Regen erwünscht.

Leben Sie wohl, liebe Frau Heße! Mit freundlichen

Grüßen

Ihr alter Wilh. Busch.


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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. 1300. An Marie Hesse. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-0F71-6