982. An Nanda Keßler

982. An Nanda Keßler


Wiedensahl 22. Oct. 94.


Meine liebe Nanda!

Ich muß Dir doch sagen, welche herzliche Freude es mir gemacht, daß ich mal wieder leibhaftig bei Euch Frankfurtern gewesen; daß ich unter anderm mal wieder zwei reizende Augen, zwei zierliche Ohren, zwei goldige Kinder gesehn. Und ein neckisches Vöglein hab ich pfeifen gehört, abends lustig und morgens betrübt, das mir, förcht ich, wohl nie auf ein Zweiglein kommt, wo's sich zufrieden giebt, wo's seine dauern-[de] Ruhe findet. Da heißt's: auf und ab, bald hier, bald dort und immer Was Anderes. Einen ungemein festen Käfig müßt Der schon haben, der es finge und sicher behalten möcht. Der Schnabel! Die Krallen!

Aber zunächst erst mal, wenn das Unterstübchen wieder völlig in Ordnung ist, heißt's: Auf! Zu Pferd! Das wird sich gut machen. Wie Jener sprach: "Ich sag Euch, Kinder! Ein Corpus delicti!!" und dabei hat er geschmatzt, wie ein dreimonatliches Ferkel am Trog. –

Wegen des Decamerone hab ich sofort selbst angefragt beim Buchhändler. Hoffentlich giebt's eine leidliche Übersetzung.

Leb wohl mit deinen Kindern, liebste Nanda! – Küß die Hand! Denn sentimental zu werden, das paßt sich nicht recht für Deinen

braven Onkel

Wilhelm.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Briefe. 982. An Nanda Keßler. 982. An Nanda Keßler. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-1096-9