1153. An Franz von Lenbach
1153. An Franz von Lenbach
Wiedensahl Sept. 1897.
Lieber Lenbach!
Ich danke Dir für Deine freundlichen Zeilen. Unser Schreibwerk, allerdings, ging etwas langsam vonstatten, letzther. – Allein, gemüthvoll, bei parallel stehenden Augenachsen, in traulichem Dämmerlichte betrachtet, erscheint dergleichen kaum wesentlich. Giebt's doch ehrenmannische Autoritäten, die uns fest versichert haben, daß die Zeit ideal sei. Wer sich die Freud macht, dran zu glauben, dem ist insoweit ganz wohl, dem kommt's auf ein paar Tausend Jahre nicht an, für den ist's egal, wann die Griechen ihre Schulden bezahlen. Zu sagen darüber braucht er nicht viel, weil ja die Sach schon ohnehin unklar genug ist; nur thut er gut, derweil fein still abseits zu sitzen, wo er die Welt, die sogenannte, bloß leise summen und pfeifen hört, wie die Dreschmaschine am andern Ende des Dorfes. –
Den Frühling, den Sommer lang hab ich munter gegraben, geharkt, hab Erbsen und Bohnen gelegt, habe Kohl gepflanzt und Salat, und zugesehn, was für Manieren sie haben. Leider, das zeigt sich bald mehr und mehr, ist [109] auch die Moral der Vegetabilien, so harmlos sie aussehn, nicht vollkommen tadellos. Das Zeug ist eigenwillig; dabei gönnt eins dem andern nichts, weder über noch unter der Erde. Und gar das Ungeziefer! Erst grollt man ihm, dann prüft man sich selbst, dann denkt man gelinder. Selbst, an den Rosen, die Malefizblattläuse – wenn ich sehe, daß ihnen ein winziges Schlupfwespchen seine Eier in die lebendigen Leiber legt, trotzdem sie unwillig ablehnend die Bürzel regen – sie können mir leid thun, beinah. –
Leb wohl! Ich grüße Dich herzlich. Sonst grüß ich so hin. Der Marconi, oder wie heißt er, der Tausendzappermenter, telegraphirt, hör ich, schlechtweg ins Blaue hinein, mit gutem Erfolg.
Dein alter Wilh. Busch.