629. An Paul Lindau

629. An Paul Lindau


Wiedensahl 13. Februar 1885.


Lieber Lindau!

Immer neckischer geht's zu auf diesem alten rubberichten Globus. Wer mag noch mit Vergnügen Polizist oder Potentat sein, so lange die Kieselguhrgruben, aus denen die Dynamitäter ihre Blechbüchsen füllen, nicht militärisch besetzt sind? Wer kann noch sein Geld anlegen oder seine Geliebte[260] sitzen laßen und ruhig weiter leben? Jeder verwickelte Banquier, jede ärgerliche Tante trägt den Revolver im Sack. Detonationen in allen Ecken. Da thut's dann freilich wohl, thut's doppelt wohl, den traulichen Zuspruch eines alten Bekannten zu vernehmen, thut's dreifach wohl, nachdem er sich so lange in Schweigen gewickelt. Also meinen Dank, lieber Lindau, für Ihr freundliches Schreiben.

Die Photographie des kleinen Ritters von der fröhlichen Gestalt (sein Brief lag nicht dabei) hab ich mit Theilnahme betrachtet und gebe sie hiermit redlich, aber ungern, zurück. Er ist angetreten in glücklicher Umgebung. Laßen Sie den netten, drolligen Kerl gewähren. Der schelmische Ernst, der falsche Gegensatz, die kleinen Dummheiten und Malheurs, die rücksichtslose Behandlung einer sonst so widerspänstigen Wirklichkeit – all das Zeugs, bei dem man sich dermaßen sicher und gescheidt vorkommt, daß man lachen muß – er will's auch besehen oder schaffend aus sich herausprojiciren. Freilich, noch weiter nach links, da sitzen die diabolischen Lacher. Sein zweiter, milder, ernsthafter Genius wird ihn warnen und erinnern, daß Alles in der Tiefe eine gemeinsame Wurzel hat.

Für »Nord und Süd« kann ich Ihnen nichts versprechen, bin augenblicklich mit mir selber in Zwist. Aber »Pack schlägt sich, Pack verträgt sich«. – Komm ich mal wieder nach Berlin, so besuche ich Sie mal wieder. Die Bildniße von Ihnen und der liebenswürdigen Frau Anna hängen derweil noch immer in der besten Stube meiner Erinnerung.

Die herzlichsten Grüße an Sie und die Ihrigen von Ihrem

alten Wilh. Busch.

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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Briefe. 629. An Paul Lindau. 629. An Paul Lindau. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-140A-9