614. An Marie Hesse
614. An Marie Hesse
Wiedensahl 25. Juli 84.
Liebe Frau Heße!
Meinen Dank für Ihren freundlichen Brief von Mitte Juni. – Ich möchte Ihnen nun auch mittheilen, wie es bei uns hier geht und steht. – Eigentlich wollt ich heuer nicht weiter hinaus; sondern gedacht so für mich in Garten, Feld und Wald herum zu spatzieren. Der Neffe Adolf hat einen Zug durch die Schweiz gemacht; von Tübingen aus; wird Anfang August in die Ferien kommen. Hermann und Otto wollten Holstein durchwandern. Diesen Beiden, beschloß ich kurz und gut, mich anzuschließen. Mit Otto macht' ich vorher einen Abstecher nach Helgoland, dem rothen, graugestreiften, sonderbaren Felsbrocken in der Nordsee, wo der faule oder getrocknete Fisch durchweg den vorherrschenden Geruch verbreitet. Dann trafen wir Hermann in Lübeck; besuchten selbdritt ein paar holsteinsche Seen, Brutstätten der Mücken; umfuhren erst die Kieler Bucht, dann die Flensburger Föhrde; erfreuten uns an der Fernsicht von den Düppeler Schanzen aus; dampften nach Sylt hinüber und nach ein paar Tagen zurück; betrachteten den Dom in Schleswig und trennten uns [254] schließlich in Neumünster; Hermann nach Rastorf, wo er noch bis September bleibt, Otto und ich nach Wiedensahl. – Lange, sehn Sie wohl, hat's nicht gedauert. – Während der Meerfahrt und am Strande von Sylt haben wir natürlich auch mehrfach unserer lieben Heßens gedacht. Hermann wie Otto haben mir Grüße an sie aufgetragen. – Möchten Sie doch diese Zeilen bei guter Gesundheit antreffen. Das wünscht herzlich
Ihr ergebenster Wilh. Busch.