1311. Der schwarze Tod und die großen Heiden.

(S. Jahrb. Bd. X. S. 48.)


Im Jahre 1350 wüthete die große Pest, der sogenannte schwarze Tod, in dem ganzen Lande Schleswig und Holstein. Man erzählt sich dort noch mit Grausen, daß die Kinder sich scheuten, die Leichen ihrer Eltern zu begraben, viele Häuser wurden menschenleer und das Vieh lief wild auf den Feldern herum. Ein kleines Mädchen, welches Holz zur Feuerung bei Rudbäk oder Skovberge (Kirchspiel Vedstad, Propstei Törninglehn) holte, ward unterwegs von einem Stier verfolgt; wie sie entfloh, ward sie von der Pest erfaßt und fiel todt nieder.

Nach einer in Nordschleswig und Jütland verbreiteten Volkssage entstanden die großen Heiden auf dem Landrücken der Halbinsel erst zur Zeit des schwarzen Todes. Während der Pestseuche war das Land ein ganzes Jahr Tag und Nacht mit einem giftigen und übelriechenden dicken Nebel bedeckt, der wie das Menschenleben, so auch die Pflanzenwelt zerstörte und nur den Wölfen und dem giftigen Gewürm nichts anhaben konnte. Ein ganzes langes Jahr fiel kein Sonnenstrahl durch den dicken Pestnebel, der auch die höchsten Höhen bedeckte. Man glaubte, daß derjenige, dem es gelänge, sich auch nur von einem Sonnenstrahle bescheinen zu lassen, von der Seuche verschont bleibe, und darum suchten auch die Menschen zur Mittagszeit die höchsten Punkte auf; aber es gelang Keinem, einen Sonnenstrahl aufzufangen. Als der schwarze Tod endlich aufgehört hatte zu wüthen, zerstreute sich der Nebel und die Sonne schien wieder herab auf das verödete Land und entlockte demselben neues Leben. In die Erdart des Landrückens jedoch waren der Pestnebel und der Pesthauch zu tief eingedrungen, als daß die Sonne es vermocht hätte, in der schwarzen Ahlerde Lebenskeime zu wecken, und der Ahl blieb seit jener Zeit unfruchtbar.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schleswig-Holstein. 1311. Der schwarze Tod und die großen Heiden. 1311. Der schwarze Tod und die großen Heiden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-3E4F-0