162) Der Betrug um die Leichengebühren zu Stendal. 1

Zu Stendal lebte vor vielen Jahren eine adlige Wittwe, die mit ihrer Tochter dorthin vom Lande gezogen war. Nun war die Tochter aber eine sehr geizige Person. Als die Mutter endlich nach einigen Jahren gestorben war und ihre Leiche, wie sie festgesetzt hatte, aus der Stadt fortgeführt und auf dem Dorfe, wo sie her war, begraben werden sollte und die Kirchenväter der Domgemeinde, bei welcher die Verstorbene ihre Seelenweide gehabt hatte, den üblichen Abtrag für das Abführen der Leiche forderten, da führte die Tochter sie mit einer frechen Lüge zurück und ließ die Leiche heimlich zur Stadt hinaus führen. Dafür traf sie aber ein harter Fluch, denn von Stund an gingen ihre Sachen zurück und in wenigen Jahren war ihre ganze Erbschaft so weit verthan, daß ihr Mann in den Krieg ziehen, ihre Kinder aber zu mildherzigen Menschen ausgethan werden mußten. Sie selbst starb aber in der bittersten Armuth.

Fußnoten

1 S. Temme S. 11.


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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. 162. Der Betrug um die Leichengebühren zu Stendal. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4239-1