569. Syrene auf Christburg.

(S. Hennenberger S. 46. Poetisch behandelt v. Ziehnert Bd. I. S. 261 etc.)


Die Stadt Christburg an der Sorge, im Stuhmer Kreise des Regierungsbezirks Marienwerder, ward 1266 von dem Landmeister Heinrich Vida gegründet. Im Jahre 1266 thaten Diwan, ein Kriegsfürst im Bartner Lande, und Linko der Pogesanier Hauptmann einen Raubzug ins Kulmer [557] Land und wußten die Macht des Ordens listig zu theilen, indem sie, während der Komthur von Christburg, Konrad von Thierberg, sie mit starker Heeresmacht verfolgte, die wichtige Burg Trappeinen belagerten. Sogleich eilten nämlich die Ritter von Christburg mit den Besatzungen der Ordenshäuser Pusilie und Fischau und den Bürgern von Christburg herbei um Trappeinen zu entsetzen, und kamen dahin, als die Preußen eben den Sturm begannen. Dieselben ergriffen jedoch sogleich die Flucht und nun zog das Ordensheer an den Sirgunefluß, lagerte beim Dorfe Poganse und überließ sich sorglos der Ruhe. Dies erfuhren die von Trappeinen verjagten Preußen, sammelten sich bei Marienwerder, gingen bei Nacht über die Sirgune, überfielen das Ordensheer im Schlafe und tödteten zwölf Brüder und fünfhundert Mann. Nun saß aber auf Christburg ein tapferer Preuße, Namens Syrene, gefangen. Der hatte das Christenthum angenommen und seine Landsleute verlassen und war ins Schloß Christburg gekommen, um auf der Seite der Ordensbrüder zu kämpfen. Diese trauten ihm aber nicht und sperrten ihn bei elender Kost in einen Thurm ein. Während nun aber die auf Christburg zurückgebliebenen Ritter von der Niederlage ihrer Brüder keine Ahnung hatten und so sorglos waren, daß sie die Zugbrücke, welche zum großen Thore führte, nicht aufgezogen, auch das Thor selbst offen und unbewacht gelassen hatten, hatten sich die Preußen heimlich bis an das Schloß geschlichen und waren bis in die Vorburg gekommen und schon im Begriff in das Thor zu dringen. Als Syrene durch sein vergittertes Fenster die Feinde erblickt, zerreißt er seine Fesseln, sprengt die Pforte und stürzt sich seinen Landsleuten entgegen. Es gelingt ihm auch mit der Keule, die seine einzige Waffe war, die Eingedrungenen von der Brücke herabzudrängen und muthig verfolgt er sie, da ziehen die endlich durch das Waffengeklirr und das Rufen Syrene's muntergewordenen Ritter hinter ihm die Zugbrücke in die Höhe und überlassen ihn feiger Weise seinen wüthenden Feinden. Er aber um nicht lebendig in ihre Hände zu fallen, springt kühn hinab in den Graben, schwimmt nach dem Thor und es gelingt ihm auch trotz dem Regen der feindlichen Pfeile unversehrt an demselben emporzuklettern. Nun wären aber die Burgbewohner jedenfalls Hungers gestorben, denn die Preußen fingen alle Nahrungsmittel auf, die ihnen zugeführt wurden. Doch speisete sie heimlich Samile, ein Pomesanischer Edelmann aus Pommern nicht weit von Prunschmark, der es heimlich mit den Brüdern, öffentlich aber mit seinen Landsleuten hielt. Dem haben aber Letztere, als sie dahinter kamen, heiß Wasser in den Mund gefüllt und ihn an hellem Feuer gebraten, daß er kaum noch Leben in sich hatte, und so aufs Schloß geschickt.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. West- und Ostpreußen. 569. Syrene auf Christburg. 569. Syrene auf Christburg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4B64-2