279. Die Sagen vom Rübezahl.

Seit dem Anfange des 16. Jhdts. bis zu dem des 18. hat sich im Riesengebirge ein Gespenst sehen lassen, welches man Johannes Rübezahl genannt hat. Es sind über dasselbe verschiedene Bücher geschrieben, auch seine Thaten, die eigentlich meist auf boshafte Neckereien hinauslaufen, einfach erzählt worden, allein über seine Person oder seinen Ursprung ist man nie recht aufs Reine gekommen. Man hat gesagt, Rübezahl bedeute so viel als Riesenzahl, oder Valle und Roy d.h. Thalkönig, oder es sei das Wort soviel alsRiphaeorum Zabulus, oder er sei gleichbedeutend mit dem Riesen Enceladus, oder er komme her von dem Namen eines italienischen Mönches Roncevale, oder von einem adeligen französischen Geschlechte Ronsevale, oder er habe seinen Beinamen von dem Hussitengeistlichen Rokezan, oder Rübezahl heiße eigentlich Rippezagel (Zagel bedeutet im Schlesischen einen Schwanz) und sei einer von den alten Eselsfressern gewesen, der von dem großen ungeheuern Hasen eine Rippe abgeklaubet und den Schwanz gefressen habe. Noch Andere sagen, er sei des Römers Curtius Diener gewesen, der seinem Herrn die Rüben zugezählt habe, die er hernach, auf der Bank sitzend, auf dem Heerde gebraten habe, und was dergleichen Unsinn mehr ist. 1 Gewöhnlich kommt man aber darin überein, er sei der Geist eines venetianischen Juden Rubiasco, der lange Zeit im Riesengebirge mit Hilfe des Teufels den Arzt gemacht und nach seinem Tode sich hier als Berggeist habe sehen lassen. Nach einer alten Liegnitzischen Chronik wäre er jedoch ein Schuhmacherssohn aus Liegnitz gewesen, den seine böse Mutter in der Wiege schon verwünscht habe, so daß also aus ihm ein solches Ungethüm geworden. Noch Andere glauben, er sei der Nacht- oder wilde Jäger. Genug er ist ein Gespenst, das in der Gestalt eines Bergmännleins, einer Jungfrau, eines Jägers, eines Knaben, eines Mönches und verschiedener Thiere (einer Kröte, eines Esels, einer Nachteule, eines Bärs, eines Hahns, eines Satyrus, eines Pferdes, einer Kuh) die Reisenden erschreckt, denen, so ihn ausgelacht und verspottet, allerhand Unglück mit Donner, Hagel, Regen, Wind und dergleichen angethan, den Leuten ihr Vieh, Felder und Gärten beschädigt, hingegen Andern wiederum Gold und Silber genug gegeben und sie in der Welt glücklich, reich und vergnügt gemacht hat. Nach der Ansicht des Scholiasten zu Henel. Silesiographia Renovata Cap. II. § 18 hätten [306] seine Possen und Erscheinungen aufgehört, nachdem auf der Schneekoppe eine Kapelle erbaut und dort jährlich Messen gehalten worden wären.

Die Hauptschriften über ihn sind: Joh. Praetorius, DaeMonoLogJa RVbJnzaLJJ sJLesJJ. Das ist ein ausführlicher Bericht von dem wunderbarlichen sehr alten und weit beschrienen Gespenste dem Rübezahl, welcher sich auf den Gebirgen in Schlesien und Böhmen den Wandersleuten zu öftern in possirlicher und mannigfaltiger Gestalt und mit seltzame Verrichtungen vorzeiget. Leipzig 1668-73. 3 Theile (III. Ausg.) in 12., und Satyrus etymologicus oder der reformirende und informirende Rüben-Zahl in hundert Namens-derivationibus sampt einer Compagnie der possirlichsten Historien v.J. 1672 in 8°. 2; S. Fried. Stentzel Disputatio de Spiritu in monte Giganteo Silesiorum qui vulgari nomine Rübezahl appellatur, apparente. Wittenberg 1673 in 4°.; D. Zeller, Hirschbergische Merkwürdigkeiten Th. II. S. 55-108; Vergnügte und unvergnügte Reisen auf das weltberufene schlesische Riesen-Gebirge, welche von 1696 bis 1737 theils daselbst den Allerhöchsten zu preisen, theils die erstaunenden Wunder der Natur zu betrachten, theils sich eine Gemüthsvergnügung oder Leibesbewegung zu machen, theils den berufenen Rübezahl auszukundschaften von allerhand Liebhabern angestellt worden, die sich denn zu einem beständigen Andenken in die daselbst befindlichen Schneekoppen-Bücher namentlich und meistens mit beifälligen merkwürdigen Gedanken in gebundener und ungebundener Rede eingeschrieben haben. Hirschberg, Krahn 1736 in 4° (83 Geschichten) 3; Schlesischer Rübezahl, Leipzig 1730 in 8°; Die Geschichte des berühmten Berggeistes Gnome in dem schlesischen Sudetengebirge. Mit Figuren herausgegeben von einem Freunde der Freude. Gedruckt in diesem Jahr in 8°; Rübezahl der Herr des Gebirges. Volkssagen aus dem Riesengebirge. Erzählt vom Kräuterklauber. Leipzig 1847 in 8°.

a) Von einem Schatz, so nit weit vom Hirschbergischen warmen Brunn, auff dem Gebirge lieget, und durch den Rüben-Zahl verwahret gehalten wird, wie man darzu gelangen und groß Reichthumb daher bekommen kann.

Folgende 4 Description hat mir mein guter FreundAnno 1580, den 6. December mitgetheilet. Ich Hans Man von Regenspurg ein Kaufmann daselbst, durch Verhängnüß des Allmächtigen Gottes, da ich in voller Possession mit meinem Gut in die 80000 fl. war, in kurzen Jahren hernach durch Schuld verarmete, daß ich mit 10 fl. von meinem Weib und Kindern scheiden mußte, und wie ich in solcher Angst und Noth war, beschehret mir Gott einen guten alten Italiäner, der viel mit mir in Handelschafften gewest, sich meiner erbarmet, und mich mit nachfolgender Schrifft, davonn ich dann aus allem meinem Kummer und Noth, mit Ehren wieder zu meinem Weib [307] und Kindern kommen, getröstet, und das mit Hülffe des Allmächtigen. In Schlesien ist eine Stadt, Hirschberg genannt, von derselben seynd 2 Meilen ins Gebürge, da ist ein Dorff Warmbrunn, allda ein Warmbad, dasselbe Dorff gehe gar hinauf, bald stößt daran ein Dorff, Hermannsdorff genannt, lieget unter dem Kinast, davon gehe auff Petersdorff, von dannen auff ein klein Dörfflein, heißt der Schreiberhau, dasselbe Dorff gehe eben auß, wohl drey Feldweges, gegen einem Berge, den man heißt den Schwartzen, bey einer großen Tannen, sind viel Zeichen eingehauen, dabey ist ein alter buchener Stamm, darein mancherley Zeichen verborgen gehauen, und geschnitten, unter welchen

das bekänntlichste, da kommet bei dem Stamme ein Rasenweg, gehet umb den Berg hinan ein Fluß, da vor Zeiten eine Glasehütten gestanden, in demselben Fluße, findet man gut Seiffen-Gold zu waschen, siehe gar eben auff einen verraseten wilden Weg, am Anfange desselben stehet eine große Haselstaude am andern Orte, dem Wege folge nach, wohl anderthalb viertel einer Meilen, so kommest du auff brüchicht, und schwappicht Erdreich, ist auch strittig von großen Kräutern, und fleusset ein klein Wässerlein verborgen, denn es mit Moß bedeckt, lege dich nieder, so hörest du es klingen, hebe das Moß auff, so findest du gut Gold, als Haselnüsse groß, wilt du aber noch besser fort, habe Acht und siehe nach dem Auffgang der Sonnen, da sie umb S. Johannistag auffgehet, so wirst du eine große rumpichte Birke sehen, ganz bemoset, oben zweyer Ehlen hoch über der Erden, und seynd viel Zeichen darinnen, unter dem verborgen gehauen, siehe nach der rechten Seiten, hebe das Moß auff so findest du diß

Zeichen, und dagegen über noch einen alten bemosten Stein, auch also bezeichnet, durch welchen du den alten Weg erkennen wirst, dem gehe nach eine gute Weile, so kommest du zu einem Flüßlein, hat rötlicht Wasser, und gut Seiffen-Gold, auch wirst du in den Stöcken und Bäumen immerdar mancherley Zeichen finden, dem Flüßlein gehe ein wenig nach, so kommet aber ein Flüßlein auff der linken Hand, und fällt ins erste, dem gehe nach, du wirst an eine große Buche kommen, darinnen viel Zeichen gehauen, folge umb zweyer Feld-Weges weit vor dich fort, so siehest du einen Stock, darein schneeweiße Zeichen, gehauene Messer-Krahlen, und andere Zeichen sind, da findest du gut Seiffen-Gold, einer Bonen groß. Gefält dir das nicht, überschreit das Floß, gegen dem strack über, so wirst du eine große dicke Tanne sehen, darein ein groß Kreutz gehauen ist, siehe eben wo das Kreutz hinzeiget, dem gehe nach, umb ein Steinwurff weit, wirst du sehen ein klar Flößlein kommen, dem gehe nach hinauff, so wirst du auf der linken Seite des Flößleins einen erhabenen Stock sehen, ist gantz dürre, darinn viel Zeichen, unter denen du auch dieses findest

das Flößlein hat auch roth Gold, gehe demnach eine gute viertel Meile hinauff am Berge, wo es entspringet, da findet man Gold, größer als Haselnüsse, wilt du weiter gehen, siehe bey dem Ursprung des Flößleins stehet auf der rechten Seite eine zweifältige große Tanne, ist auff der rechten Seite gezeichnet also

weisende auff einen großen Weg, dem gehe eine gute Weile den Berg auff nach, so wirst du sehen 4 Erlen an einem Stamme, unten dran viel Zeichen gehauen sind, weisende auff einen Rasen-Weg, [308] dem gehe eine gute Weile auff die rechten Hand nach, so kommest du aber zu einem Flößlein, zwischen Steinen rauschend, das hat auch gut Gold, siehe dich umb gegen Abend, den Berg auff, so wirst du gewahr, einer großen Tannen, die Zeichen

an derselbigen Seiten aber wirstu einen Rasen-Weg finden, dem gehe nach einer viertel-Meile, gegen der linken Hand, so wirstu einen großen Stein finden, hoch in die Höhe langende gehe umb den Stein, gegen der rechten Seite, unten zu der Erden, das mit Mooß bedeckt, hebe das Mooß auff, so wirstu viel Zeichen sehen, darunter wie vorgemeldet

an derselben Seite wirstu aber einen Rasen-Weg finden, merck eben auff wohin sie zeigen, vor sich auff die rechte Hand gegen Abend auff einen Weg, dem gehe nach auff 3 Armbrustschüsse so wirstu auff einen Plan kommen, da schöne hohe Kräuter, unter welchen du sehen wirst einen erhabenen Stein, der hat sieben Ecken, und zwo Stuffen, auff der dritten Stuffen stehet er, gehe umb diesen Stein, gegen Morgen findest du ein Loch daran, suche mit Fleiß eine dicke Haselstaude, darinnen wirst du einen Knittel finden, den stoß in das Loch, und wiege, so wird sich der Stein auffwiegen, lege ihm was unter, nim jetzt das Gott bescheret, denn du genug Gold alda finden wirst, so du aber keinen Knittel findest, hastu gegen dem Loch über Äschen-Bäume, haue dir einen, wiege den Stein auff, darnach laß ihn wieder nieder, wiltu aber weiter gehen, und besehen die Bürcke, die man nennet die Abendröthes Bürcke, so gehe wieder umb den Stein, und siehe daß du dich gleich gegen Abend kehrest, so kommest du gleich wieder ins Holtz. Mercke es stehen kurze Stämme zweene gegen einander über, haben viel eingehauene Zeichen, unter welchen auch die vorhergehende Zeichen. Da wirstu einen veralteten Weg sehen, dem gehe nach, er wird sich seltzam drehen, aber habe acht, du wirst stets die Zeichen, jetzt an Buchen, bald an Tannen, bald an Fichten finden, wenn du nun wohl an Berg kommest, so habe acht auff eine Buche auf der rechten Hand, und dann eine große Bürcke, auf der linken Hand, mit vielen Zeichen, darunter das vorige auch, so ergieb dich Gott gänzlich, denn du viel Anstöße haben wirst, kehre dich an nichts, gehe nur getrost wohl umb ein Gewande, so wirstu eine Klufft gerichts gegen den Abend liegend im Berge gebogen finden, darinnen du sehen wirst, eine schöne Thür, zugericht von schönen Marmelstein, der ganz braun leuchtet, mit einer rothen blechenen Thür, beyneben ein gevierdt Fenster, auch mit einem rothen blechenen Laden, gehe darzu, da wirst du sehen ein gölden Crucifix über der Thür, knie nieder, bete, 5 Paternoster, 5 Ave Maria, und ein Credo, zu Dancke dem Leiden unsers Herrn, darnach habe Acht auff die rechte Seiten, unten an der Thür gerichts herab, hebe das Mooß auff, so findest du ein Loch, darinnen ein Schlüssel, der schließt die Thür auff, mache den Laden auff, so wirstu Wunder Gottes sehen, es ist kein reicher Stelle auff Erden, denn diese, die wird vergunt wegzutragen, so viel du kannst, mache die Burck mit Fenster und Thür zu, lege den Schlüssel wieder an seine Stell, gehe davon, und wende das Gut zu Gottes Ehren, so wird dirs gerathen.

Diß hab ich obgemelter Hans Man von Regenspurg zweymahl gefunden, aber übel angewendet, derhalben mich Gott gestraffet hat, daß ichs zum drittenmahl nicht finden können.

[309] Die Zeit im Jahre, so findig erwehneter Ort ist, ist die Marterwoche, 14 Tage, in den Osterlichen Zeiten, wo es nicht sehr großen Schnee hat; item am Tage des h. Creutzes Erhebung, in der Creutzwoche alle Tage; in der Pfingstwochen alle Tage; an St. Johannis des Täuffers. St. Margarethä. S. Bartholomäi und Aegidi, und alle Quatember drey Tage.

Der leidige Satan aber der Rübe-Zahl thut manchen erschröcken, denn er läst sich ernstlich sehen in Gestalt eines großen grauen Münchens, mit einer Lauten, schlagende, daß die Erde erbebet, reichende über alle Bäume, darnach wirft er die Lauten nieder, wie ein großer Donnerschlag, jetzt kommt er in ein großen Bären-Gestalt, dann in eine andere grausame Monstra verwandelet, dergleichen nie gesehen seyn, bald läßt er ein großes Feuer von ihme scheinen, dann ein großes Feuerflott, gegen ihm weltzen, und deß Schröckens ist viel. Letzlich, wenn man zu der Burck gehet, wirfft es Hagel, als messinge Büchsenkugel, es ist nur Blendwerk, kehre dich nichts daran.

Zu Fettersdorff hat ein Man mit Namen Krebs, gewohnet, ein Schneider seines Handwerks, der sonsten auch alte Schäden zu heilen gepfleget, dieser hat die Laute auffm Berge anzuweisen gewußt, sein Sohn ist noch vorhanden, namens Christoff Krebs, da frage nach. 1615.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schlesien und die Niederlausitz. 279. Die Sagen vom Rübezahl. 1. Von einem Schatz, so nit weit vom Hirschbergischen. 1. Von einem Schatz, so nit weit vom Hirschbergischen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-571C-7