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An Carl Friedrich Anton von Conta

Wenn ich Ew. Wohlgebornen Schreiben nicht gleich beantworte, so geschah es weil ich mich wirklich in einer Art von Verlegenheit befinde, was ich eigentlich darauf zu erwidern habe. Ich kann nicht läugnen, daß es mein Wunsch, sogar meine Absicht war, aus [101] Carlsbad über Prag nach Wien zu gehen, um beyde Städte, welche ich unverantwortlicher Weise noch nicht besucht, endlich einmal zu sehen und soviel werthen Gönnern und Freunden daselbst aufzuwarten. Auch befinde ich mich gegenwärtig ganz wohl; nur muß ich in beständiger Sorge leben, weil mein Übel gewisse Paroxysmen macht vor denen ich kaum sicher bin, wenn ich mich auch noch so sehr in Acht nehme, und es also noch weniger seyn würde, wenn ich mich auf der Reise oder in den Zirkeln einer großen Stadt bestände. Schwerlich glaube ich daher, daß ich mich dießmal zu einer solchen Tour entschließen werde. Eben so wenig wüßte ich zu sagen, wie lange ich mich in Carlsbad aufhalten werde, weil ich theils von Zeit zu Zeit kleine Excursionen mache, theils auch meine frühere oder spätere Rückkehr von mancherley Umständen abhängt.

Haben Sie die Gefälligkeit dieses der Frau von Savigny mit meinen besten Empfehlungen zu hinterbringen und ihr zu versichern, daß es mir unendlich leid thue, sie, wie ich schon längst gewünscht, dießmal nicht persönlich kennen zu lernen, um so mehr als ihre Schwester Bettine mich vor kurzer Zeit in Weimar durch ihren Besuch sehr glücklich gemacht hat. Möge sichs doch auf irgend eine Weise fügen, daß wir bald irgendwo zusammentreffen.

Der ich in dem lebhaften Wien Ew. Wohlgeboren recht vergnügte Tage wünsche, ob ich gleich [102] daran nicht ganz ohne Empfindung des Neides denken kann.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Carlsbad den 30. Junius 1807.

J. W. v. Goethe. [103]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Carl Friedrich Anton von Conta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6AE4-6