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An Johann Friedrich Cotta

Wenn Ew. Wohlgeboren lange nichts von mir vernommen, so liegt die Schuld an dem provisorischen Zustande in welchem wir uns alle mehr oder weniger befinden. Den Blick auf jenen Ort gerichtet, woher uns das allgemeine heil kommen soll, wagt man in[101] seinen eigenen Angelegenheiten keinen Entschluß zu irgend einem bedeutenden Unternehmen. Da indeß Ew. Wohlgeboren mir die besten Hoffnungen geben und der Wunsch, meine Werke nächstens wieder hervortreten zu sehen, auf eine friedliche Aussicht hindeutet, so erlauben Sie daß ich über diese mir so wichtige Angelegenheit mich umständlich erkläre.

Zuvörderst will ich meine Hoffnung und Erwartung nicht verfehlen, daß der Vortheil, den mir diese Ausgabe bringen möchte, demjenigen wenigstens proportionirt sey, den mir die vorige gebracht, und da ich dießmal mich zu zwanzig Bänden verpflichten kann, so würde wohl auch hiernach der Maaßstab anzulegen seyn.

Zunächst kommt auch bey mir in Betrachtung, daß es vielleicht das letzte Mal seyn möchte, daß mir persönlich der Genuß aus den Arbeiten und Bemühungen meines ganzen Lebens zu Theil wird, als ich den allgemeinen Wunsch des Publicums, meine Werke endlich einmal complett käuflich zu sehen, auf meiner ganzen dießjährigen Reise, laut vernommen. Wobey ich bemerke, daß sowohl nach einer Prachtausgabe, als nach Abdrücken auf Velinpapier verlangen, weshalb eine Subscription vielleicht nicht unräthlich seyn möchte.

Meine biographischen Eröffnungen haben die Wirkung gethan die ich hoffe, indem, außer dem Antheil,[102] den man meinen Arbeiten im ethischen und ästhetischen Sinne schenkt, man auch nunmehr darin die Stufen meiner Bildung aufsucht, die man um so mehr zu eignem Vortheil zu erkennen strebt, als so manche Jüngere sich an mir gebildet zu haben mit Offenheit und Vergnügen gestehen. Es sind deshalb im vergangenen Jahre, nach Ausgabe des dritten Theils, so viele und mannigfaltigen Ansinnen an mich ergangen, denen ich, wenigstens zum Theil, bey der gegenwärtigen Ausgabe genug thun kann. Unter diesen Betrachtungen will ich unbewunden gestehen: da ich die Summe von sechzehn tausend Thalern sächsisch, dem was ich zu liefern und zu leisten gedenke angemessen glaube, dagegen ich den Termin bis Ostern 1823 gerne zugestehe, sowie auch nach Verlauf dieser Zeit das Vorrecht vor andern Buchhändlern, bey gleichen Bedingungen.

ich werde die erste Sendung bereit halten, daß sie auf eine gefällige Erklärung sogleich abgehen kann, ob mir gleich die Redaction der kleineren Gedichte, welche ihren ersten Platz behaupten wollen, noch immer zu schaffen macht; sie sind dergestalt angewachsen, daß ich sie in zwey Bände zu theilen genöthiget bin.

Mich zu fernerem wohlwollenden Andenken angelegentlich empfehlend

ergebenst

Weimar d. 21. Dez. 1814.

Goethe. [103]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6B08-0