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An Alfred Nicolovius

[Concept.]

Schreibe es, mein theurer Neffe, dem vielfachen Drang zu, mit dem ich am Ende des Jahres und dem Anfange des neuen zu kämpfen hatte, wenn du auf deine vielfachen guten Ausrichtungen und treulichste Besorgung bisher keine Antwort und Nachricht erhalten. Jetzt, da ich mich einigermaßen erleichtert fühle, verschiebe ich meinen Dank nicht länger, sondern entrichte ihn desto treulicher und lebhafter.

[233] Der wackre Heinrich, der uns durch seine Gegenwart sehr wohlthätig war, da wir aus seinen vertraulichen Mittheilungen so wie aus seinem Betragen das Beste für dessen Zukunft hoffen durften, indeß wir ihn in der Gegenwart liebten, wird schon von unsern bekannten und wenig veränderten Zuständen manches erzählt, besonders aber auch deinem Herrn Vater die dringende Bitte vorgetragen haben: es möge derselbe im Laufe des Jahres, etwa zu schöner Frühlings- oder Sommerzeit, sich zu einem geneigten Besuche bey uns die nöthige Muße bereiten. Dieser längst gehegte Wunsch ist mir durch den Besuch des Herrn Geheimde Rath Streckfuß erst wieder recht lebendig geworden, da ich durch persönliche Bekanntschaft zu diesem vorzüglichen Manne unmittelbar ein wahres Verhältniß gewonnen und dadurch für meine übrige Lebenszeit beruhigt bin. Da fand ich es doppelt und dreyfach wünschenswerth, in gleichem Sinne meinen Bezug zu einem nächsten Verwandten vollendet zu sehen, der mir schon so vielfach verbunden, werth und theuer war und nun durch seine Söhne mir und den Meinigen ganz eigentlich vereint worden. In einem früheren bewegten Leben entbehrt man manches und läßt es gut seyn; späterhin, wenn man tiefer fühlt und gründlicher einsieht, was besser hätte seyn können und sollen, wünscht man, daß das Ermangelnde wo möglich nachgebracht werde. Thue das Deinige zu diesem frommen Werke.

[234] Nun wieder zu unseren kleinen Geschäften. Herr Reinhardt ist nunmehr durch die Zahlung des dritten Termins für seine Forderung, die Stoschischen Abdrücke betreffend, völlig befriedigt, laß dir deshalb ein kurzgefaßtes schriftliches Bekenntniß ausstellen, die einzelnen Quittungen sind in meinen Händen. Zugleich möcht ich wohl in dem nächsten Stück Kunst und Alterthum etwas über seine neusten Fortschritte und Leistungen aussprechen. Es liegen zwar hiezu verschiedene von dir früher gesendete Blätter in meinen Tecturen, daraus müßt ich nun aber erst das Behufige ausziehen und zusammenschreiben und doch ginge das Neuste mir ab. Sage also das bündig und kürzlich, wie es um ihn steht, so wird mir dieß angenehm und ihm kein Schaden seyn. Über die große Sammlung, deren Verdienst, Nutzen u.s.w. werde ich mich besonders herauslassen, einige Beyspiele geben, wie ich mich deren zu meinen Zwecken bedient.

Alsdann habe die Gefälligkeit, einen Mann aufzusuchen, der sich G. Gerber unterschreibt sich Plastiker nennt und Neu-Kölln am Wasser Nr. 21 wohnt. Dieser hat mir schon im Monat August mein Profilbild in Elfenbein geschickt, und ich habe ihm hierauf, wie so vielen Zuschreibenden, nichts vermelden können. Nun wollte ich dich ersuchen, ihm die Medaille von Bovy einzuhändigen (ich schicke dir ein ander Exemplar) und ihn zu fragen, was er für [235] einen solchen Kopf in Elfenbein zu schneiden verlangt, da ich ihm denn vielleicht einige Bestellung machen, auch seine frühere Sendung vergüten könnte.

Ferner sollst du den schönsten Dank haben für die Granitmuster, auch für den lithographirten großen Felsblock; gib mir doch auch einige ausführliche Notiz von der Fabrik, in welcher man diesen festen Stein bearbeitet; man hat, wenn ich nicht irre, Säulen in's neue Museum daraus gedreht; eine Schale, sagst du, sey nach England bestellt. Fertigen sie wohl auch größere und kleinere Tischplatten? und um welche Preise? Auch solche Notizen würde ich in's nächste Stück von Kunst und Alterthum inseriren.

Noch aber sind meine Aufträge nicht alle; denn ich habe ferner zu wünschen, daß du den Herren Rauch und Tieck für die bedeutende Sendung dankest, womit sie mir das neue Jahr ausschmücken wollen. Herren Beuth würdest du das Gleiche ausrichten und so einem schuldigen Erwidern einige Stundung zu verschaffen wissen.

Hiemit sey denn geschlossen; manches Andere nächstens. Auch sende etwas Geld, damit du zu deinen freundlichen Bemühungen nicht auch noch Gläubiger werdest. Deinem Herrn Vater empfiehl mich wiederholt zum allerschönsten und gedenke mein zu guter Stunde.

Weimar den 12. Januar 1828.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Alfred Nicolovius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6D91-8