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An Friedrich Jacob Soret

Beykommendes Schreiben zu übergeben wählen sie wohl gefälligst eine schickliche ruhige Stunde; es sind die ersten Worte die ich an Ihro Königliche Hoheit [160] in diesen traurigen Zuständen zu richten wage und denen ich wohl einen freundlich-gnädigen Empfang zu wünschen alle Ursache habe. Auch dieses Spärliche hat mich viel gekostet, denn ich scheue mich, an dasjenige mit Worten zu rühren was dem Gefühl unerträglich ist.

Lassen Sie mich indessen von dem wohlthätigen Einflusse sprechen, den unser botanisches Vorhaben auf mich ausübt. Bey'm Aufwachen, wo ein so großer Verlust immer wieder auf's neue lebendig wird, greife ich nach dem Werke des Herrn De Candolle und bewundere ihn, wie er alle die unendlichen Einzelheiten zu behandeln weiß. Auch wird mir immer klärer, wie er die Intentionen ansieht, in denen ich mich fortbewege und die in meinem kurzen Aufsatze über die Metamorphose zwar deutlich genug ausgesprochen sind, deren Bezug aber auf die Erfahrungs-Botanik, wie ich längst weiß, nicht deutlich genug hervorgeht.

Wie er in's Licht zu setzen sey wird uns denn gar wohl gelingen, wenn es in den Sternen geschrieben ist, daß unser gemeinsames Unternehemen zu Stande kommen soll.

Die Frau Generalin hat mir manches für den Augenblick Tröstliches mitgetheilt; das Gleiche hoffe von der Frau Ober-Cammerherrin und dem Herrn Canzler, welches denn auch von seiten Herrn Hofrath Vogels, den ich nur einen Augenblick gesehen, nicht ermangeln kann. Demohngeachtet unterlassen [161] Sie ja nicht, mich von Zeit zu Zeit mit einem zutraulichen Worte zu erfreuen.

Für die geneigte Aufnahme und Bewirthung des guten Walther danke zum schönsten; er schien bey seiner Rückkehr anmuthiger noch als sonst.

Meine allseitigen Empfehlungen bitte zu meinem Andenken auszusprechen.

treu ergeben

Weimar den 28. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Friedrich Jacob Soret. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6EC3-1